Satisfy Me! - Ein neues Mitglied für Team Satisfaction! von Mitsuki_Insanity ================================================================================ Kapitel 12: Thirteenth Satisfaction: Narben ------------------------------------------- Wir lebten in einer Welt, in der „Freiheit“ nur den Menschen zustand, die drüben lebten. Drüben, in der großen Stadt. Sie hatten Alles. Alles, bis auf eine Sache: Träume. Ganz anders, als wir Menschen, die in Satellite lebten. Wir träumten von der Freiheit, die die Menschen drüben besaßen. Doch während manche ihre Träume bereits lange aufgegeben hatten, gab es auch immer noch die Menschen, die für ihre Träume kämpften. Die Menschen, die ihr selbstauferlegtes Ziel erreichen wollten. Sie kämpften tagtäglich um ihr Leben, für den Frieden und für die Freiheit, die doch so unerreichbar schien. Einer der Menschen, der besonders hartnäckig und voller Mut dafür kämpfte, war Kiryuu Kyousuke. Der Anführer von Team Satisfaction. Unser Leader. Mein Lebensretter. Der Mann, der mir eine Zukunft und einen Grund zu leben gegeben hatte. Der Mann, dem ich mein Herz geschenkt hatte. Mit zehn Jahren war ich von Zuhause weggelaufen. Weg von meinem Vater, meinem Erzeuger, wie ich ihn nannte. Raus aus der Hölle, die ich mein „Zuhause“ genannt hatte. Ich war eine Streunerin. Fast fünf Jahre lang lebte ich vom Stehlen und anderweitig kriminellen Aktionen. Bis zu dem Tag, an dem ich Kiryuu Kyousuke getroffen hatte und ein Mitglied von Team Satisfaction geworden war. Seitdem... Hatte sich mein Leben verändert. Mein Name ist Ishida Ryoko. Und heute war der zehnte November. Der Tag, an dem ich fünfzehn Jahre alt wurde. Mein Geburtstag. „Ryoko! Ryoko! Hey, Ryoko-chan! Ist alles okay!?“ Die laute Stimme drang an mein Ohr und völlig aus Reflex schoss meine Faust nach oben. „AUA!“ Erschrocken schlug ich meine Augen auf und saß plötzlich kerzengerade im Bett. Kyousuke saß neben mir und rieb sich die Nase. „W-Wolltest du mir die Nase brechen?“, fragte er mich halb genuschelt. „I-Ich … T-Tut mir Leid.“, antwortete ich stammelnd. „Warum weckst du mich auch so, du Depp!?“ „Ich... Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Du hast dich die ganze Zeit im Schlaf hin und her gewälzt und dabei irgendwas vor dich hin gebrabbelt.“ „Ich hab...“ Kyousuke sah wirklich beunruhigt aus. Er musterte mich mit besorgtem Blick. „Hattest du einen Alptraum?“ Jetzt, wo meine Lebensgeister langsam erwachten, fühlte ich, dass meine Augen brannten. So, als hätte ich im Schlaf sogar geweint. Meine Stirn fühlte sich kalt und verschwitzt an und erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich recht hektisch atmete. Ich griff panisch an meinen Schal, den ich nicht einmal zum Schlafen auszog. Er hatte sich verrutscht angefühlt, aber saß noch an der Stelle, wo er sitzen sollte. Kyousuke hatte Recht. Ich hatte schlecht geträumt. Wieder von ihm. Meinem Erzeuger. Und dieses Mal war es die schlimmste Erinnerung, die ich an diesen Mann besaß. Die Szene, die sich in mein Gedächtnis gebrannt hatte, als wäre es erst gestern gewesen. Widerwärtiger Atem, der nach Schnaps stank. Ich fühlte ihn direkt auf meiner Haut. Seine Stimme in meinem Ohr. Sein Körper direkt über mir als ich zu mir kam. Mein Hals schmerzte. Blutete. Ich musste mich wehren. Ich wollte nicht noch einmal das Bewusstsein verlieren. Da war sie. Die Schnapsflasche. Ich musste an sie herankommen und... und... Ich fühlte eine Hand an meiner Schulter. Hörte eine Stimme und einen Aufschrei. „FASS MICH NICHT AN!“ Dann zuckte ich auf. Ich saß mit dem Hintern auf dem Boden, während meine Beine noch auf dem Bett lagen. Meine rechte Hand war noch erhoben und zitterte wie Espenlaub. Kyousuke saß wie in Schockstarre auf dem Bett und rieb sich die rechte Wange. „R-Ryoko-chan? Ich... Warum soll ich dich nicht anfassen? Du... Ich wollte nur...“ Erst jetzt realisierte ich, was da gerade passiert war. Ich hatte mich so sehr in die Erinnerungen hineingesteigert, dass ich Kyousuke eine gescheuert haben musste, obwohl er mich sicher nur hatte umarmen wollen. Ich war noch keine zehn Minuten wach und hatte ihm schon zum zweiten Mal für heute unbewusst wehgetan. Beschämt ließ ich mir von ihm zurück auf das Bett helfen. „Ist alles okay bei dir? Du hast eben gezittert, als hättest du einen Anfall... “ Ich konnte Kyousuke kaum in die Augen sehen. „Es tut mir Leid. Ich... Ich war irgendwie... weggetreten oder so..“ antwortete ich verlegen. Der Anblick der Bettdecke erschien mir gerade angenehmer. „Ist mir aufgefallen.“, hörte ich Kyousuke sagen. Ein Seufzen entfuhr ihm. „Darf ich dich nun umarmen und dir zum Geburtstag gratulieren oder schlägst du mich dann wieder?“, fragte er und versuchte dabei scherzhaft zu klingen, was mich zumindest wieder ein wenig zum Lächeln brachte. Noch immer beschämt und vermutlich knallrot im Gesicht, nickte ich. Kyousuke legte seine Arme kumpelhaft um mich und pattete mir den Rücken. „Alles Gute zum Geburtstag, Ryoko-chan.“ Verlegen und mit gefühlten fünftausend Herzschlägen pro Sekunde umarmte ich auch ihn. Jedoch nur kurz. „Danke.“ Kyousuke ließ mich wieder los und grinste. „Jetzt ist mein großes Mädchen schon ganze fünfzehn Jahre alt. Wie doch die Zeit vergeht!“, sagte er beinahe theatralisch. „Eh? Sehr witzig, du Depp!“, schmollte ich kurz, aber musste dennoch lachen. Manchmal konnte Kyousuke schon ein wenig bekloppt sein. So hin und wieder zumindest. Oder was heißt bekloppt? Ich glaube, es waren einfach Versuche, mich zum Lachen zu bringen, da ich ja eher dafür bekannt war, eine Fresse zu ziehen und böse drein zu schauen. Nur dass ich es hasste, wie ein Kind behandelt zu werden. Meisten eigentlich. Dennoch konnte ich Kyousuke mittlerweile kaum noch böse sein. Eben weil ich wusste, dass es in neunzig Prozent der Fälle einfach Scherzhaft gemeint war. „Schade, dass du so früh schon eingeschlafen bist, wo wir doch auch reinfeiern wollten.“, hörte ich ihn sagen. „Ich war hundemüde! Weißt du, du hast uns die letzten Tage durch sämtliche Bezirke hier in der Nähe gehetzt. Da brauchst du dich nicht zu wundern, dass ich schon abends um neun total groggy bin und weg penne.“ Nun war es an Kyousuke, verlegen zu wirken. „Ja. Tut mir Leid. Ich... Ich wollte mit unserem Plan vorankommen...“ Vorsichtig stand ich auf. „Langsam glaube ich, du bist ein Workaholic.“ „Ich brauch eben einfach diese Befriedigung!“ Ich warf Kyousuke einen Blick zu und grinste schief. „Wenn du Befriedigung brauchst, dann such dir 'ne Gummipuppe. Im Müll findest du bestimmt eine.“ Mit diesen Worten lief ich aus dem Zimmer und ließ einen mit Sicherheit verdutzten Kiryuu Kyousuke zurück. Ich tappelte ins Bad und warf einen schnellen Blick in den Spiegel. Dabei wurde mir bewusst, dass ich heute dringend duschen sollte. Die letzten zwei Tage war ich nicht dazu gekommen. Eben aufgrund von Oberst Kiryuus Hetzerei. Ich fühlte mich wie ein Müllsack. Dennoch entschied ich mich, erst gegen Abend zu duschen. Abends hatte ich eher meine Ruhe, als morgens. Also erledigte ich einfach nur meine morgendliche Katzenwäsche von vielleicht zehn Minuten und trat wieder aus dem Bad heraus. Vor mich hin lächelnd musste ich an Kyousukes Geburtstag denken. An das Durchfeiern und an unsern Kampf gegen die Duel Gang. Daran, wie Kyousuke mir von seiner Vergangenheit erzählt hatte und an den darauffolgenden Tag, wo wir endlich dazu gekommen waren, den Kuchen zu essen. Ich fühlte, wie mir wieder die Röte ins Gesicht stieg, wenn ich daran dachte, wie Kyousuke zu mir gesagt hatte, dass es der beste Kuchen war, den er je gegessen hätte. Auf dem Weg zum Frühstückstisch begegnete ich Jack. Er musterte mich kurz. „Was ist?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Ich überlege nur.“, hörte ich ihn murmeln. „Hast du heute nicht Geburtstag?“ „Nee, der ist am 31. Februar, weißt du.“, gab ich sarkastisch zurück. Gestern noch, hatte Kyousuke noch einmal alle daran erinnern müssen, dass heute mein Geburtstag war. Nicht, dass es nötig gewesen wäre. Aber Jack hatte scheinbar manchmal ein Hirn wie ein Sieb. Oder er konnte sich einfach keine Geburtstage merken. „Ach so? Erst am 31. Februar?“ Am liebsten hätte ich meinen Kopf durch die Wand neben mir geschlagen. Aber stattdessen beließ ich es bei einem mega fetten Facepalm. So unglaublich auf der Leitung stehen, das brachte auch nur Jack fertig. Manchmal fragte ich mich ernsthaft, was der Mann eigentlich im Kopf hatte. „Eh, warte Mal. Es gibt doch gar keinen 31. Februar!“, rief er plötzlich, als wäre ihm die Erleuchtung gekommen. Frech streckte ich ihm die Zunge raus. „Blitzmerker.“ Ich lief weiter und konnte Jack hinter mir beleidigt grummeln hören. „Verarsch' mich nicht, blöde Zicke!“ Der Frühstückstisch war so voll wie immer, als ich eintrat. Martha huschte noch zwischen diesem und der Küche hin und her. Sie sah zu mir, als ich herein kam. „Guten Morgen, Ryoko-chan.“, rief sie fröhlich. „Du hast doch heute Geburtstag, nicht wahr? Alles Gute!“ Sie nahm sich die Zeit, mich zu umarmen. „Ich hab für heute ein paar Muffins gebacken und Melonenbrötchen besorgt. Mir wurde zugeflüstert, dass du die scheinbar gerne isst.“ Dabei zwinkerte sie mir zu. Ich schluckte und fühlte, wie ich wieder rot wurde. Hatte Kyousuke etwa bei Martha geplaudert? Am Ende hatte er sich auch genauso einen Kopf gemacht, wie ich an seinem Geburtstag. Zögerlich setzte ich mich an den Tisch, wo die Kinder alle gleich lautstark auf mich einredeten und mir zum Teil auch gratulierten. Es war wirklich süß, wie sie an mir klebten. Ich hatte, bevor ich zu Martha gekommen war, gar nicht gewusst, dass ich scheinbar genauso beliebt bei Kindern war, wie Crow. Eigentlich hatte ich eher immer geglaubt, ein Kinderschreck zu sein. Wenn ich mir die Kleinen so ansah, stellte ich mir für einen Moment sogar vor, dass es bestimmt schön wäre, eines Tages selber Kinder zu haben. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon mit einem kleinen Mädchen und einem kleinen Jungen. Das Mädchen in meinem Arm und der kleine Junge auf den Schultern von Kyousuke.. Ich klatschte meine Hand gegen meine Stirn. Halt! Stop! Aus! Das wird nie passieren! „Onee-chan? Warum bist du so rot im Gesicht?“, hörte ich die Stimme von Mariko, einem der etwas älteren Kinder die hier lebten. Ein junges Mädchen von zehn Jahren, mit kastanienbraunen Haaren. „Eh.. I-Ich... A-Ach nichts!“, log ich schnell, schnappte mir die Kanne mit Kakao und hielt diese Mariko vor die Nase. „Willst du?“ Das war so peinlich gerade. Ich sollte wirklich aufhören, mich in irgendwelche Fantastereien hineinzusteigern. Derartige Träume würden eh nie real werden! Nach einer Weile betrat auch Jack das Zimmer. Er wirkte immer noch ein wenig eingeschnappt, aber gratulierte mir dennoch zum Geburtstag. Dabei fiel mir wieder auf, dass seine Wangen einen leicht rötlichen Ton annahmen. Das jedoch, ignorierte ich schnell. Auch Crow ließ nicht lange auf sich warten. Er und Yuusei, den er im Schlepptau hatte, sahen beide aus, als hätten sie zusammen an irgendwas geschraubt. Ich konnte hier und da zumindest Ölflecken oder was auch immer, auf ihren Klamotten erkennen. Ein Anblick, der Martha den Kopf schütteln ließ. „Vielleicht solltet ihr zwei euch erst einmal frische Sachen anziehen, bevor ihr euch an den Tisch setzt!“ Die Zwei entschuldigten sich verlegen und gingen sich wirklich schnell umziehen. Nach einer Weile kamen sie zurück. In der Zwischenzeit war auch Kyousuke hereingekommen. Mir war es immer noch peinlich, ihn anzusehen. Er setzte sich neben mich, warf einen Blick über den Tisch, als überlegte er, was er essen könnte. Viel Auswahl gab es logischerweise nicht. Insgeheim fragte ich mich ja, ob er wegen meinem Satz von vorhin jetzt sauer auf mich war. Immerhin war es ja nur ein Scherz gewesen. „Hier, du kleiner Teufel, reichst du mir eben mal den Kakao?“, hörte ich ihn schließlich fragen. Er grinste. Scheinbar war er mir nicht böse und darüber war ich auch froh. Er hatte verstanden, dass es nur Spaß gewesen war. Nickend drückte ich ihm die Kanne in die Hand und schnappte mir ein Schälchen mit Reis. Eine seltsame Kombination so früh am Morgen, aber ich hatte noch nie Probleme damit gehabt, völlig durcheinander zu essen. Nachdem das Frühstück beendet war, wurde ich von Crow und Yuusei aufgehalten, die mir ebenso zum Geburtstag gratulieren. Der Alptraum in der Nacht und das peinliche Erwachen erschienen mir ewig zurückzuliegen. Aktuell freute ich mich einfach nur wahnsinnig und war unglaublich glücklich darüber, hier bei Martha zu sein und mit den Jungs meinen Geburtstag genießen zu können. „Ach ja, hast du es schon mitbekommen, Ryoko?“, fragte mich Crow nach einer Weile. „Nein. Was denn?“ „Na ja. Das Mädel, was du zusammengeschlagen hast, ist heute Nacht scheinbar abgehauen.“ Ich zuckte mit den Schultern. Irgendwie war das ja zu erwarten gewesen. „Und? Soll sie doch. Wenn sie nochmal ankommt, polier' ich ihr wieder die Fresse. Falls sie nichts dazu gelernt hat.“ Crow grinste und klopfte mir lachend auf den Rücken. „Du bist voll die krasse Schlägerbraut.“ „Und du bist voll der Vogel.“ Irgendwie nahm Crow das auch noch als Kompliment. Kyousuke zumindest lachte. „Ryoko-chan ist keine Schlägerbraut. Sie ist unser kleiner Teufel.“ Ich warf ihm einen Blick zu und wollte gerade etwas sagen, als Martha zu uns kam. „Ryoko-chan? Du und Kiryuu-kun, könntet ihr mir einen Gefallen tun?“ Kyousuke und ich sahen uns an und sahen dann wieder zu Martha. „Uhm. Denk schon.“ „Würdet ihr für mich ein paar Sachen in dem kleinen Supermarkt hier in der Nähe besorgen?“ Kyousuke und ich nickten. Martha wirkte erleichtert und drückte uns eine recht kurze Einkaufsliste in die Hand und ein ganz klein wenig Kleingeld. Der Supermarkt zu dem wir mussten, war nicht weit. Im Grunde war es nicht einmal ein richtiger Supermarkt. Es war ein schäbiger kleiner Laden, der vor allem Konserven verkaufte. Die hielten sich einfach am längsten. Obst fand man hier überhaupt nicht und Gemüse gab es auch nur in Dosen. Ansonsten fand man in den wenigen Regalen noch anderweitige Trockenware vor und Sachen auf Pulverbasis. Ein Regal war bis oben hin voll mit Cup-Ramen. „Das sollten wir abmontieren und Jack bringen. Der wäre glücklich bis ans Ende seiner Tage, meinst du nicht?“, murmelte Kyousuke leise, als wir an diesem vorbeigingen. Ich nickte lachend. „Oh ja. Aber denkst du, ein Regal würde bei ihm reichen?“ „Nein, stimmt. Das müssten schon Tausende von Regalen voller Cup-Ramen sein.“ „Eben.“ Als wir alles hatten, was Martha brauchte, gingen wir zur Kasse. An der Kasse saß eine ältere Frau, die mir irgendwie bekannt vorkam. So richtig zuordnen konnte ich sie jedoch nicht. Wir bezahlten eilig und wollten schnell wieder aus dem Laden raus. Doch.. „Du, junges Fräulein?“ Ich hielt inne und sah zu der alten Dame. „Ich hab nichts geklaut!“, rief ich gleich aus Reflex. Die Dame schüttelte jedoch ihren Kopf. „Das meinte ich nicht. Aber... Du kommst mir bekannt vor. Wie heißt du, wenn ich fragen darf.“ Kyousuke sah irritiert zwischen mir und der Kassiererin hin und her. Etwas baff sah ich auch ihn an und dann wieder die Frau. „Ishida. Ishida Ryoko, wieso?“ Die Frau schlug unerwartet eine Hand vor ihren Mund. „Ryoko-chan! Ich hab es doch gewusst. Die kleine Ryoko. Mensch, was bist du groß geworden, Kind!“ Die Fragezeichen über meinem und vor allem über Kyousukes Kopf wurden immer größer. „Kennst du die Lady?“, fragte er mich verblüfft. Ich zuckte mit den Schultern. „K-Keine Ahnung. Irgendwie kam sie mir schon bekannt vor, aber… “ Die Kassiererin stand von ihrem Platz auf, trat hinter der kleinen Theke hervor und lief auf mich zu. „Du erinnerst dich sicher nicht mehr. Immerhin warst du erst neun oder zehn, als wir uns zuletzt gesehen haben. Ich hab in der Nachbarschaft gewohnt, bin aber vor ein paar Jahren hier her in die Gegend gezogen, da eine von diesen furchtbaren Jugendgangs das Viertel unsicher gemacht hat und die Zahl an Überfällen rapide angestiegen ist.“ Mir klappte der Mund auf. Diese Frau war eine alte Nachbarin meiner Eltern? Ich sollte ihr wohl besser nicht sagen, dass ich nun auch in so einer „furchtbaren Jugendgang“ Mitglied war. Obwohl mein Team ja ganz und gar nicht wie diese Vollspackos war, die sich sonst hier so tummelten. Kyousuke wirkte auch eher unsicher. Vermutlich dachte er gerade das Gleiche wie ich. Sie sah mich lange an. „Du bist damals einfach spurlos verschwunden. Ich habe deinen Vater gesehen, wie er Tage und wochenlang noch nach dir gesucht hat. Er dachte, dir wäre etwas Schlimmes zugestoßen.“ Eigentlich hatte ich glaubt, der Tag würde sich noch zum Guten wenden. Bis auf heute früh war es so lustig gewesen, doch nun fühlte ich, wie mir die Galle hochkam und mein ganzer Körper sich verkrampfte. Auch Kyousuke schien es zu bemerken. Ich fühlte, wie er meine Hand nahm. „Bist du ihr Freund, junger Mann?“, hörte ich die Frau fragen. Ich sah zu Kyousuke, der wirkte, als wäre er leicht rot geworden. „Ich... Ehm... N-Nein! Ich bin nur-“ „Sein Name ist Kiryuu Kyousuke und er ist der Anführer von Team Satisfaction! Dem Team, dass aus Satellite eines Tages einen sicheren Ort machen wird, wenn wir alle anderen Duel Gangs besiegt haben!“ Es platzte einfach aus mir heraus. Kyousuke klappte der Mund auf. „R-Ryoko!“ Auch der Frau stand nun der Mund offen. „Du bist. Du bist auch in so einer...“ „Wir sind nicht so, wie diese kriminellen Idioten!“, fauchte ich. „Wenn Sie uns nun entschuldigen würden!“ Ich zog Kyousuke an der Hand einfach hinter mir her. Obwohl mein Herz abartig gegen meine Brust klopfte. „Und falls mein Vater immer noch nach mir sucht, sagen Sie ihm, dass er mich nie wieder zu Gesicht bekommen wird!“ Krampfhaft versuchte ich, nicht zu sehr auszurasten. Hinter uns war es für einen Moment still geworden. Doch dann... „Dein Vater ist tot, Ryoko... Kurz bevor ich umgezogen bin, hat man seine Leiche gefunden. Hat sich zu Tode getrunken, scheinbar...“ Ein paar Sekunden blieb ich stehen. Mein Alter war also tot? Ohne mich umzudrehen, ging ich einfach weiter und ließ Kyousukes Hand los. Vor dem Laden blieb ich wieder stehen. Ich fühlte Kyousukes Hand auf meiner Schulter. „Das.. Das tut mir Leid, dass dein Vater...“, begann er unsicher, stoppte aber, als er mich leise lachen hörte. „Ryoko?“ Ich konnte nichts dagegen tun. Ich musste einfach lachen. So laut wie schon lange nicht mehr. Es war mir egal, dass mich die Menschen ansahen, während sie an mir vorbeiliefen. Es war mir egal, dass Kyousuke mich gerade anstarrte, als wäre ich verrückt geworden. Vielleicht war ich das auch. Mein Erzeuger war tot. Und es machte mir nichts aus. Im Gegenteil. Ich fühlte mich glücklich. Er hatte bekommen, was er verdient hatte. Für all das, was er mir angetan hatte! Ich lachte so sehr, dass ich im ersten Moment nicht einmal realisierte, dass mir dennoch Tränen meine Wangen hinabliefen. Ob es Tränen der Freude waren, konnte ich nicht sagen. Jedes andere Kind, das erfuhr, das es plötzlich eine Vollwaise war, wäre sicher nie so froh gewesen, wie ich. Als ich aufsah, bemerkte ich, wie Kyousuke mir ein wenig verstört ein altes Taschentuch vor die Nase hielt. Er sah aus, als wollte er etwas sagen, aber nicht die richtigen Worte dafür finden. Ich nahm es zaghaft und schniefte hinein. „D-Danke...“, antwortete ich nach einer Weile und wollte es ihm wieder geben. „Behalt es ruhig.“, sagte Kyousuke langsam. In seinen Augen konnte ich etwas erkennen. War es Mitleid? Angst? Ich wusste es nicht. Ich wollte einfach nur noch zurück, zu Marthas Haus und dann ab unter die Dusche. Ich machte die Tür hinter mir zu, während das Wasser in dem alten Boiler langsam warm wurde. Seit ich hier bei Martha lebte, war ich sehr in den Genuss von warmen Wasser gekommen. Davor hatte ich mich jahrelang ja wenn überhaupt, nur kalt duschen können. Mit gesammeltem Regenwasser aus Regentonnen oder dergleichen. Vorsichtig zog ich erst meine Handschuhe aus. Beachtete nur kurz die verblasste Narbe an meinem rechten Handgelenk. Danach folgte meine lange Jeans, die ich aktuell trug. Nun, wo es kälter war, hatte Martha mir diese gegeben, damit ich nicht zu sehr fror, wenn ich draußen unterwegs war. Wenn ich von hier weggehen würde, würde ich ihr diese jedoch wieder geben. Für andere Kinder. Mir machte die Kälte nichts aus. Ich hatte Jahrelang in meinen eher sommerlichen Sachen gelebt, ohne mir ein einziges Mal eine richtige Erkältung einzufangen. Vielleicht ein wenig Schnupfen, aber das war es dann auch. Das Leben auf der Straße härtete einen ab. In vielerlei Hinsicht. Ich bevorzugte es immer, mich von unten nach oben auszuziehen, wenn ich mich umzog oder duschte. Selbst vor mir selber, schämte ich mich. Meine Finger zitterten, als ich meinen Schal auszog und anschließend mein Oberteil. Der Anblick, der sich mir bot, verstörte mich immer noch. Obwohl ich sie nun schon so oft gesehen hatte. Doch sie ließ mich immer wieder daran zurückdenken, was mein Erzeuger mir angetan hatte. Welche Qualen ich dank ihm hatte erleiden müssen. Die Narbe an meinem Hals. Wie ein halber Ring zierte sie meine vordere Halsseite. Während meine anderen Narben weiß und teilweise verblasst waren, stach sie immer noch dick und geschwollen hervor. Die Linie war auch jetzt, fünf Jahre später, noch deutlich zu erkennen. Selbst meine Striemen am Rücken waren nicht so ausgeprägt, wie dieses fleischliche „Halsband“. Ich wandte meinen Blick von dem Spiegel ab, legte zitternd meine Arme um mich. Er würde mich nie wieder anfassen. Nie wieder. Zum Glück. Kopfschütteln ging ich zum Boiler, prüfte, ob das Wasser nun warm genug war und stellte mich unter die kleine Dusche. Zum Sitzen reichte der Platz nicht. Das Wasser war angenehm. Nicht zu heiß und nicht zu kalt. Ich genoss jeden Tropfen davon auf meiner geschundenen Haut. Versuchte, dabei einfach auszuschalten und nicht weiter an früher zu denken. Nicht daran zu denken, was wäre, wenn... Ich wollte das gar nicht wissen. Als ich fertig war mit Haare waschen und allem, schnappte ich mir ein Handtuch. Ich hielt es vor mir fest und wollte es mir gerade umwickeln. „Jetzt erst einmal schön duschen und-“, ertönte plötzlich eine mir sehr bekannte, sanfte Stimme und ich drehte mich mit Schrecken in den Augen halb um. Kyousuke stand vor mir und starrte mich an. Ihm klappte der Mund auf und zwischen all dem Dampf bemerkte ich, wie er knallrot anlief. Mein Herz raste. Ich wusste nicht was ich denken sollte. Für ein paar Sekunden hatte einfach alles ausgesetzt. Nulllinie. Dann griff ich nach der Seife, die in der Ablage lag und warf sie Kyousuke gegen den Kopf. „PERVERSLING! PERVERSER IDIOT! HAU AB! GAFF MICH NICHT AN!“ Ich warf alles, was in meiner nächsten Umgebung war auf und gegen ihn und Kyousuke verschwand so überstürzt und plötzlich aus dem Bad, wie er hereingeplatzt war. Ich war mir sicher, dass er sogar Nasenbluten hatte. Eine Weile stand ich noch zitternd da. Wickelte das Handtuch um mich und sank dann auf die Knie. Er hatte mich gesehen. Nackt! Er hatte mich so gesehen, wie mich nie je ein Mensch hätte sehen sollen. Erst jetzt wurde mir klar, dass er auch sicher sie gesehen hatte. Alle meine Narben... Tränen liefen heiß meine Wangen hinab und ich zitterte noch mehr. „R-Ryoko-chan... Ich.. E-Es tut mir Leid. Ich wusste nicht... d-dass du da drin bist.“, hörte ich Kyousuke von draußen sagen. Seine Stimme klang zittrig. Aber ich versuchte ihn zu ignorieren. Ich würde ihm nie wieder in die Augen sehen können. Ich würde nie wieder in seiner Nähe sein können. Bestimmt war er eh angewidert von meinem Anblick. Von diesem zerstörten Körper. Ich wusste nicht, wie lange ich weinend in der Dusche saß. Ein paar Mal hatte ich Kyousuke noch draußen zu mir reden gehört. Zumindest hatte er es versucht, aber ich ignorierte alles. Es war still geworden, als ich mich endlich dazu aufraffen konnte, aus der Dusche zu steigen und mich wieder umzuziehen. Mittlerweile waren meine Haare sogar schon getrocknet und wirkten zerzauster denn je. Ich zitterte immer noch. Mein gesamter Körper bebte. Das hätte nie passieren dürfen. Kyousuke hätte mich nie SO sehen dürfen. Sicher hatte er schon den anderen erzählt, was er gesehen hatte. Männern konnte man einfach nicht trauen. Wieder kniff ich die Augen zusammen und verließ fertig umgezogen das Bad. Martha kam mir entgegen, doch ich ignorierte ihre Frage. Ich wollte weg. Einfach nur von hier weg! Am Eingang schnappte ich mir meine Stiefel und verschwand nach draußen. Warum war ich auch so blöd gewesen und hatte vergessen, die Tür abzuschließen? Vielleicht hätte ich auch sagen sollen, dass ich duschen gehe. Eigentlich war ich selber daran schuld, dass das gerade passiert war. Ich ging in Richtung des verlassenen Parks, in der Nähe und ließ mich auf einer Bank nieder. Es war stürmisch draußen und ich zog meine Beine nah an meinen Körper. Verkrampft krallte ich die Finger meiner linken Hand in meinen Schal. Toller Geburtstag. So hatte ich mir ihn echt nicht vorgestellt. Dass dieser Tag genauso madig enden würde, wie er angefangen hatte... Ich konnte zumindest heute niemandem mehr in die Augen sehen. Vielleicht war es sogar das Beste, ganz zu verschwinden. Ich hatte wenig Lust darauf, gemobbt zu werden. Und das würde mit Sicherheit passieren! Ich fühlte, wie mir immer kälter wurde. Heulen musste ich auch schon wieder. Es war ein einziges Elend. Ich hatte mich jetzt schon ewig nicht mehr so erbärmlich gefühlt, wie heute. Es war bereits dunkel draußen, als ich für einen Moment meiner Starre entfloh und mich umsah. Sterne sah man nicht. Dazu war es zu bewölkt. Na ja. Das Wetter passte zumindest zu meiner Stimmung. Die Kälte kroch mir durch Mark und Bein, als ich mich zu sehr bewegte. Schnell kugelte ich mich wieder halb ein. „Hier steckst du!“ Die Stimme ließ mich zusammenfahren. Als ich meinen Kopf hob, blendete mich das Licht einer Taschenlampe. „Hau ab!“, fauchte ich schwach, schreckte aber auf, als ich fühlte, wie mir eine Decke über die Schultern gelegt wurde. „Ich... Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht.“ Kyousukes Stimme klang sanft wie immer. Er setzte sich neben mich und hielt mir eine Tasse vor die Nase mit heißem oder eher gesagt, mittlerweile lauwarmem Kakao. „Hier.“ Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. Doch nur flüchtig. „D-Danke...“ „Tut mir Leid, wegen dem, was passiert ist. Ich wusste echt nicht, dass du da drin bist.“ seine Stimme wirkte ruhig, aber immer noch verlegen. „Das war meine Schuld. Ich... Ich hab vergessen, Bescheid zu sagen und nicht abgeschlossen. Du konntest gar nicht wissen, dass ich im Bad bin.“, nuschelte ich leise. Eine Weile herrschte betretenes Schweigen. „Du hast sie gesehen oder?“, fragte ich schließlich unvermittelt. Ich fühlte, wie Kyousuke neben mir aufschreckte. „W-Was meinst du?“, stammelte er fragend. Hatte er sie etwa doch nicht gesehen?“ „Schon gut.“, antworte ich schnell und wickelte die Decke enger um mich. Nur zögerlich trank ich einen Schluck von dem Kakao. „Diese Narbe an deinem Hals... Und die an deinem Rücken...“, fing er schließlich an. Er hatte sie also doch gesehen. „Hast es sicher schon den Anderen erzählt, wie ekelhaft ich nackt aussehe...“, antwortete ich monoton. „Eh was!? Nein! So etwas würde ich nie machen! Für wen hältst du mich!?“ Kyousukes Stimme wirkte wirklich entsetzt. Ich sah wieder zum ihm. Wahrscheinlich wirkten meine Augen so ziemlich leer und noch dazu rot, vom vielen weinen. „Außerdem finde ich dich nicht ekelhaft! Du.. Du bist ein süßes, hübsches Mädel. Was soll bitte ekelhaft sein?“ Er war wieder rot geworden. Und auch ich fühlte, wie ich rot wurde. Er fand mich süß? Und.. Und hübsch? Aber wahrscheinlich sagte er das nur so... Ich fühlte, wie er einen Arm um mich legte. „Es gibt keine hässlichen oder ekelhaften Menschen. Nur Menschen, mit hässlichem und ekelhaftem Charakter. Außerdem sind Narben nichts ekliges. Sie zeigen nur, dass man gekämpft hat, um zu überleben.“ Ich starrte ihn weiter an und fühlte, wie mein Herz wieder gegen meine Rippen schlug. Dann sah ich jedoch wieder Richtung Boden. „Wenn ich gekämpft hätte, dann hätte ich diese Narben doch gar nicht erst.... Ich hätte schon viel früher weglaufen sollen und nicht erst.. erst...“ Meine Finger verkrampften sich um die Tasse. „Dein Vater hat dir das angetan, nicht wahr?“ Ich fühlte, wie Kyousuke mich in seine Arme zog. Ich wehrte mich nicht einmal dagegen. Seine Wärme tat mir irgendwie gut. Ich fühlte erneute Tränen, aber verkniff sie mir. „J-Ja...“ „Magst du, darüber reden oder so?“, fragte Kyousuke mich sanft. Seine Stimme war so beruhigend. „Mein... Mein… Er... Mein Vater...“ „Nenn ihn ruhig Erzeuger, wenn dir das lieber ist.“ Ich lehnte meinen Kopf an Kyousukes Schulter und lächelte kurz minimal. „Danke.“ Ich wusste gar nicht, wie und wo ich anfangen sollte. Es fiel mir schwer, darüber zu reden, aber ich versuchte es dennoch. Wenn auch, mit sehr gebrochener Stimme. „Nach dem Tod meiner Mutter, ist mein Erzeuger alkoholabhängig geworden. Er war schon früher ein sehr impulsiver Mensch, aber nachdem meine Mutter gestorben ist, wurde es schrecklich mit ihm... Er hat...“ Ich schluckte kurz. „Er hat immer mehr getrunken. Von Tag zu Tag mehr und ist immer gewalttätiger geworden... Erst hat er mich immer nur angeschriehen, wenn er zu viel intus hatte. Mich beleidigt. Mir die Schuld an Mamas Tod gegeben... Irgendwann hat er angefangen zuzuschlagen, seine Flaschen nach mir zu werfen... Ich...“ Erneut musste ich schlucken und kniff meine Augen zusammen. „Ich hab jahrelang in Angst gelebt. Bin immer wieder weggelaufen, hab mich herumgetrieben, um möglichst nicht in seiner Nähe zu sein! Aber damit hab ich es nur schlimmer gemacht. Er hat mich verprügelt. Je älter ich wurde, umso schlimmer wurde es. Manchmal hat er mich mit seinem Gürtel verdrescht. Daher die Narben an meinem Rücken...“ Kyousuke sagte nichts dazu. Stattdessen drückte er mich nur noch fester an sich. Ich sah ihn nicht an, hatte aber das Gefühl, dass er wirklich aufrichtig mit mir mitfühlte. „Die Krönung war schließlich... die Narbe an meinem Hals. Ich wollte wieder abhauen, aber er hat mich erwischt. Ich weiß nicht, wo er das Teil herhatte, aber hatte dieses Drahtseil mit dem er... angefangen hat mich von hinten zu würgen, als er hinter mir stand. Hat es mir von vorne brutal gegen meinen Hals gedrückt, dass ich... kaum Luft bekommen hab. Ich hab geblutet und gedacht, ich müsste sterben. Ich hab echt gedacht, dieser Wichser bringt mich um!“ Meine Hände zitterten so sehr, dass ich beinahe den halben Kakao verschüttete. Kyousuke nahm mir die Tasse ab, stellte sie neben sich und nahm mich nun erst recht in den Arm. „Wie krank kann ein Mensch eigentlich nur sein, seiner eigenen Tochter so etwas anzutun?“, hörte ich seine flüsternde Stimme an meinem Ohr und fühlte regelrecht, wie sie vor Wut zitterte. „D-Das war ja noch nicht alles. Als ich aufgewacht bin, lag er... l-lag er über mir. Ich hab seinen widerlichen Atem gerochen. Er war wieder sturzbetrunken und w-wollte mich... mich...“ Auch meine Stimme zitterte immer mehr und ich hatte mich meinen Tränen ergeben. Ich konnte eh nichts dagegen tun. Kyousuke wirkte noch mehr erschüttert. „Neben mir lag seine leere Schnapsflasche auf dem Boden.. Ich hab versucht sie zu erreichen und als ich das geschafft hab, hab ich sie ihm einfach auf den Kopf gehauen, damit er ohnmächtig wird... D-Danach.. hab ich ein paar Sachen mitgehen lassen und bin abgehauen...“ Nachdem ich geendet hatte, herrschte erneut Stille. Ich weinte mich in Kyousukes T-Shirt aus und fühlte seine Hand, die immer wieder beruhigend über meinen Rücken strich. Er sagte nichts. Keinen Ton. Aber er war für mich da. Hielt mich fest und spendete mir mit seiner bloßen Anwesenheit Trost. Vielleicht wusste er auch einfach nicht, was er sagen sollte. Zumindest war ich mir sicher, dass er nun verstanden hatte, warum mich die Nachricht über den Tod meines Vaters eher glücklich gemacht, anstatt schockiert hatte. „Ich werde nie wieder zulassen, dass dir noch einmal so etwas passiert, Ryoko. Du brauchst nie mehr Angst zu haben. Ich beschütze dich.“, sagte er schließlich. Mein Herz flatterte und ich sah ihn verheult an. „Kyousuke-kun?“ Er kramte in der Tasche seiner Jeans und fischte etwas heraus, das wie eine Kette aussah. „Hier. Die schenk ich dir zum Geburtstag. Ist nichts Besonderes. Hab sie mal auf der Straße gefunden und fand sie ganz hübsch. Aber ist nichts für mich. Magst du sie haben?“ Er lächelte ungewohnt schüchtern. Zaghaft und mit großen Augen nahm ich die Kette. Es war eine alte, silberne Kreuzkette. Sie wirkte an manchen Stellen gerissen, sah aber wirklich schön aus. „D-Danke..“, stammelte ich verlegen und nickte. „Die ist... Wirklich schön.“ Kyousuke grinste leicht und strich mir durch die Haare. „Steht dir sicher, Kleines.“ Dann klopfte er mir sanft auf die Schulter. „Meinst du nicht, wir sollten Mal zurück? Nicht, dass Martha noch nach uns suchen lässt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)