Babysitten für Fortgeschrittene von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 6: Schuleinschreibung ----------------------------- Die Nachtluft roch nach Sommer in der Großstadt; warm, voll und giftig. Bereits jetzt fragte ich mich, was ich hier eigentlich tat. War es für Teenager nicht normal, sich nachts aus dem Haus zu schleichen? Ich kam mir vor wie eine Glucke und das war mir äußerst unangenehm. Trotzdem folgte ich Takeshi die dunkle Straße hinunter, stets einen angemessenen Sicherheitsabstand zwischen uns, von dem ich jedoch das Gefühl hatte, ihn überhaupt nicht zu benötigen. Ich würde den Kindern bald beibringen müssen, wie man die Anwesenheit von Verfolgern bemerkte und ihnen entkommen konnte. Im Moment gereichte es mir jedoch zum Vorteil, dass der Junge sich völlig unbedarft bewegte. Nur ein Mal wurde es ein wenig brenzlig, als Takeshi stehen blieb und sich umsah, genau während ich unter einer Laterne stand. Es gelang mir gerade noch, mich in den Schatten zu flüchten. Zuerst wusste ich nicht, wo er hin wollte, doch dann kam mir der Weg immer bekannter vor, bis mir schließlich das Ziel klar wurde; das Industriegebiet. Aha, seine „Freunde“ wohnten also auch in einer verlassenen Lagerhalle. Vielleicht war das gerade in und ich hatte einen Trend verpasst. Wenn dem so war, hingen dem Trend noch nicht allzu viele Leute nach. Bis auf eine Katze, die scheppernd hinter ein paar nahestehenden Mülltonnen flüchtete, war die Straße verlassen. Die Fabrikhallen hoben sich schwarz vom schwarzen Nachthimmel ab und eine warme Briese trug brackige Gerüche heran, gegen die mein Magen rebellierte. Takeshi wohnte jetzt in einer schönen Gegend mit sauberen Straßen und warmen Wasser – Was zur Hölle zog ihn ausgerechnet hierher zurück? Schließlich kamen wir in das Randgebiet des Industriegebiets, in dem sich Casinos und Strippschuppen zwischen die Lagerhäuser mischten. Hier war mehr los als vorher und die Straßen waren nicht mehr ganz so schmuddelig – Oder zumindest ließ das schummrige Licht aus den Gebäuden es so erscheinen. Ich lehnte an einer Häuserecke und beobachtete Takeshi aus einiger Entfernung. Er ging ohne zu zögern auf eines der Casinos zu, und obwohl ich erwartet hatte, dass er sofort weggeschickt würde, zeigte er den beiden Türsteher-Gorillas etwas, das ihm Einlass verschaffte. Äußerst verstört von dieser Szene blieb ich noch eine Weile stehen und wartete, doch der Junge kam nicht mehr aus dem Gebäude. Hier war also der Grund des Geheimnisses meines kleinen Mitbewohners. Ein vorbeischlendernder Mann, der mich schon zuvor bemerkt hatte, musterte mich misstrauisch, als er an mir vorbei lief, doch ich fauchte nur: „Was?“, und er verkrümelte sich wieder. Es war also sogar in einer zwielichtigen Gegend ungewöhnlich, an Häuserecken herumzulungern und Minderjährige zu beobachten. Ich stieß mich von meiner Wand ab und schlenderte zu dem Tür-Gorilla, der mich schon im Näherkommen ungnädig aus seinen kleinen, schwarzen Knopfaugen musterte, obwohl er das Wort ´ungnädig` vermutlich selbst nicht kannte. Mit einem sehr demonstrativen Schritt in die Mitte der Tür sagte er: „Geschlossene Gesellschaft.“ Natürlich ließ er mich nicht in ein Spielhaus, in dem sehr wahrscheinlich eine illegale Geschichte ablief, wenn sie schon Kinder hineinließen. Ich war als Shinobi bekannt wie ein bunter Hund, und noch dazu der direkte soziale Kreis unseres hochgeschätzten Hokages. Manchmal war es wirklich anstrengend. Nicht, dass mich das aufhalten würde. „Du weißt, wer ich bin?“, fragte ich, unauffällig einen Schritt auf ihn zutretend und ohne den Blick von seinem zu lösend. Er nickte stirnrunzelnd, wich aber nicht zurück – Wahrscheinlich war er zu dumm, um Angst zu haben. „Ich habe hier privat etwas zu erledigen, aber das kann ich leicht ändern. Was meinst du? Hätte dein Chef gerne zehn, fünfzehn Shinobi im Haus?“ Das kastenförmige Gesicht des Türstehers verdüsterte sich und seine Muskeln pumpten sich noch ein bisschen mehr auf. Bald würde er Hulk Konkurrenz machen. „Drohst du mir?“ „Ich sage nur, dass ich in diesen Laden möchte. Und das werde ich mit oder ohne Ärger tun.“ Hinter den Stirnfalten rasten offensichtlich mehr Gedanken herum als in den letzten drei Jahren, dann brüllte er völlig unvermittelt: „Hikari!“ Einen Moment später tauchte ein mürrisches, dürres Mädchen mit blau gefärbten Haaren auf, die mich neugierig beäugte, bevor sie sich mit verschränkten Armen an den Gorilla wandte. „Ich sitze zwei Meter entfernt, weißt du?“, klärte sie ihn auf. „Du brauchst nicht so brüllen.“ „Sag dem Chef, dass wir besonderen Besuch haben und frag, ob er rein darf. Er sagt, er sei privat hier“, ignorierte ihr Kollege ihre Bitte. Sie verdrehte die Augen und verschwand in den Untiefen des Casinos, sodass ich in unbehaglicher Stille mit dem Türsteher zurückblieb. Natürlich hätte ich mir einfach Zutritt verschaffen oder, wie bereits angedroht, mit ein paar Kollegen anrücken können. Aber erstens hatte ich keine Beweise für meinen Verdacht, dass hier etwas Illegales abging und zweitens nutzte ich nur ungern meine Beziehung zu Naruto, um irgendwelche Befehle durchzusetzen. Das stand mir, so sehr es mich oftmals wurmte, als einfacher Ausbilder nicht mehr zu. Ich stand in der Rangfolge des Dorfes nur wenig über meinen eigenen Schülern, was mich wahnsinnig frustrierte. Gleichzeitig war aber genauso ein Schüler der zweite Grund, aus dem ich keine spontane Razzia anberaumte oder den Türaffen niederstreckte; solange Takeshi da drinnen war, wollte ich so wenig Ärger wie möglich verursachen. Wenn nämlich tatsächlich etwas Illegales ablief und mein Schüler und Mitbewohner da mit drinnen hing, hätte das nach seinem Vorstrafenregister mit Sicherheit Auswirkungen auf seine Ausbildung, vielleicht würde Naruto ihn sogar rausschmeißen müssen. Ich gab es ja nur ungern zu, aber ich wollte den Jungen nicht auf der Straße sehen. Seine Anwesenheit in meinem Haushalt hatte mir einige Aufregung gebracht, was mich zwar eigentlich nervte, den Alltag aber irgendwie auch spannender gestaltete. Zudem war sein Querkopf eine willkommene Herausforderung in meiner Arbeits-Tristesse. Und wenn er schon unter staatlicher Aufsicht in derart dubiose Kreise geraten war, wollte ich gar nicht wissen, was ohne seine Ausbildung aus Takeshi werden würde. Nein, wenn ich es verhindern konnte, wollte ich ihn da rausholen, ohne, dass es jemand bemerkte. Wenig später kehrte das dürre Mädchen zurück, inzwischen mit einem Kaugummi bewaffnet, um ihre Langeweile noch besser zur Schau stellen zu können. „Der Chef sagt, er kann rein. Und…“ – Sie erlaubte sich ein undamenhaftes Grinsen – „Dass du ein Hornochse bist.“ Ohne ihre Diskussion weiter zu beachten, schob ich mich zwischen ihnen durch und fand mich in dem schummrigen beleuchteten Eingangsbereich des Casinos wieder. Dem Licht nach zu urteilen war hier alles ziemlich dreckig, der älteste Trick der Welt. Ich gab mir jedenfalls Mühe, nichts zu berühren, während ich zwischen den Automaten und den Spielern hindurchlief. Manche von ihnen hatten leere Augen, als wären sie schon längst in ihr Spiel hineingesaugt worden. Das war ein sehr beunruhigender Anblick, den ich gerne vermieden hätte, wenn ich nicht jemand bestimmten gesucht hätte. Aber nach einer Runde durch den Laden stellte ich fest, dass Takeshi nicht hier war. Das war gar nicht möglich. Ich hatte ihn eindeutig hier reingehen sehen und danach die ganze Zeit vor der Tür gestanden. Er konnte nicht verschwunden sein… „Hey“, unterbrach eine Stimme hinter mir meine Überlegungen. Sie gehörte dem dürren Empfangsmädchen, das mich neugierig und ohne Scheu musterte. Als ihre Inspektion fertig war, fuhr sie fort: „Uchiha, oder? Der Chef hat dich zu seiner Privatvorstellung eingeladen. Wenn du mir bitte folgen würdest…“ „Ich bin beschäftigt.“ Ein amüsiertes Leuchten erschien in ihren dunkelgrünen Augen. „Ich fürchte, ich muss darauf bestehen“, erklärte sie und in dem Moment fielen mir drei Männer auf, dem Türgorilla nicht ganz unähnlich, die in der Nähe herumstanden und uns beobachteten. „Soll das eine Drohung sein?“, erkundigte ich mich unbeeindruckt. In Gedanken legte ich mir schon eine Strategie bereit, um mit den Muskelpaketen fertig zu werden. Sollte kein allzu großes Problem darstellen. Jetzt lachte die Kleine ganz offen. „Aber nein. Es ist eine Einladung, wie bereits gesagt. Allerdings ist der Chef es nicht gewöhnt, einen Korb zu bekommen.“ „Es gibt immer ein erstes Mal.“ „Da bin ich mir sicher“, stimmte sie zu. „Also? Kommst du?“ Ich überschlug meine Möglichkeiten. Offenbar war dieses Etablissement das Zentrum der Prügel, die mein Schüler regelmäßig bezog. Wenn ich jetzt eine Szene machte und die Aufpasser niederstreckte, würde ich hier nie mehr reinkommen und entsprechend nicht herausfinden, was Takeshi des nächtens in solch zwielichtigen Gegenden trieb. Außerdem war er verschwunden und das Angebot des Klappergestells erschien mir die vielversprechendste Möglichkeit, ihn wieder zu finden. Ich nickte. Sie zeigte beim Lächeln ein Piercing im Zahnfleisch, dann wandte sie sich zum Glück ab und ich folgte ihr. Ich hatte nichts gegen Körperschmuck, aber im Mund stellte ich mir das sehr unhygienisch vor. Glücklicherweise ging mich die Reinlichkeit dieser jungen Dame rein gar nichts an, sodass wir in friedlichem Schweigen das Casino durchqueren konnten, bis wir zu einer Tür mit der Aufschrift „Private – Staff only“ gelangten. Höflich hielt das Mädchen sie mir auf und ich betrat einen schummrigen Flur, wobei es mir etwas unangenehm war, sie im Rücken zu haben. Nicht, dass sie mir etwas hätte tun können, es ging einfach ums Prinzip. Ich sah mich in dem Gang um, der aussah, als würde er für die Strom- und abwasserversorgung des Gebäudes genutzt. Lose Kabel hingen von den dreckigen Wänden, einige Kisten standen herum und der Geruch von unverputzter Wand hing in der Luft. Der Flur zog sich hin. Wir kamen an einigen Biegungen vorbei und an mehreren Türen – Vermutlich Lagerräumen – Aber beachten taten wir keine von diesen Durchgängen. Schließlich fiel mir eine Stahltür auf, auf der „High Voltage – Betreten verboten!“ stand und ich blieb ungefragt stehen. Meine Begleitung zeigte wieder den Zahnfleischring. „Warst du doch schon mal hier?“, erkundigte sie sich amüsiert, als sie sich an mir vorbei schob um die Tür aufzusperren. Ich zuckte nur die Schultern. Wenn man lang genug im Geschäft war entwickelte man einen siebten Sinn für sowas. Mit offensichtlichen Schwierigkeiten zog die Hostess die Tür auf, hinter der uns absolute Schwärze entgegen leckte. Diesmal ging sie wieder vor, aber ich zögerte, ihr zu folgen. Natürlich hatte ich keine Angst vor einer dürren Frau, aber der Grundsatz, nicht alleine in unbekannte, düstere Grüfte zu steigen, war eine der Säulen, auf der das Überleben in meinem Beruf beruhte. Meine Begleitung drehte den Kopf zu mir, aber wegen dem Schatten, den ich von oben auf sie warf, konnte ich nur den Glanz ihrer Zähne im Schein der Lampe hinter mir erkennen. „Du kannst auch umkehren, wenn du Angst hast“, schnarrte sie und ging weiter. Mit einem leisen Schnauben folgte ich ihr die Treppe runter – Vielleicht gerade wegen des leichten Unbehagens, das sie bei mir auslöste. Wenn Takeshi hier irgendwo war, musste ich ihn da rausholen, das war meine Pflicht. Wir stiegen die Treppen hinunter und zuerst konnte ich es nicht richtig einordnen, doch dann hörte ich ein leises Dröhnen, das aus der Tiefe zu kommen schien und immer lauter wurde, je weiter wir gingen. Kurz darauf erreichten wir eine zweite Tür, diesmal in rotem Stahl und mit einem Scharnier auf Augenhöhe, gegen das meine Begleitung klopfte. Ein Riegel wurde hinter dem Scharnier zurückgezogen und schwarze Augen unter abrasierten Augenbrauen kamen zum Vorschein. Sie registrierten erst das Mädchen, dann mit einiger Skepsis mich. „Passwort?“, verlangte eine überraschend sanfte Männerstimme. Die Frau verdrehte die Augen und klopfte ungeduldig gegen den Stahl. „Mach keinen Scheiß, Senda. Der Kleine...“ – Ich war zwanzig Zentimeter größer und vermutlich zehn Jahre älter als sie – „Ist ein Gast vom Chef. Jetzt mach die Tür auf oder soll ich ihn holen?“ Die Knorpelwülste, auf denen eigentlich die Augenbrauen hätten sitzen sollen, zogen sich zusammen, ein mürrisches Brummen war zu hören, dann schloss sich der Riegel und die Tür wurde geöffnet. „Spiel dich nicht so auf, Hikari“, beschwerte sich ein gutaussehender Mann mit Undercut und Piercing in der Falte direkt über dem Kinn. Ich fragte mich, ob ein Gesichtspiercing Pflicht war, wenn man hier arbeiten wollte, dann wurde meine Aufmerksamkeit von einer Bewegung hinter dem Türwächter angezogen. Wir befanden uns in einem schummrig beleuchteten Raum, dessen genaue Größe ich nicht abschätzen konnte, weil er zum einen gesteckt voll mit Menschen war – Bereits einen halben Meter hinter Senda drängten die Leute gegeneinander wie eine wogende Masse – Und weil zum anderen die gesamte Raummitte mit einem Stahlkäfig ausgefüllt war. Die Konstruktion war bestimmt fünf auf fünf Meter groß und zog meinen Blick an wie ein Magnet. Darin bewegten sich zwei Gestalten, die ich zuerst für Tiere hielt, doch dann erkannte ich, dass es Frauen waren. Tranceartig machte ich einen Schritt nach vorne und sah dem Geschehen gebannt zu. Eine der Frauen, groß und mit langen roten Haaren, wich gerade ihrer zierlichen Gegnerin mit hellbraunen Rastalocken aus. Mit einem Hechtsprung war sie an der Käfigwand, an der sie hochkletterte wie eine Spinne, bis sie kopfüber an der Decke hing, dann ließ sie los und stieß sich mit bestialischem Kampfgebrüll auf ihre Konkurrentin. Diese sah grinsend zu der Rothaarigen auf und wartete bis zur letzten Sekunde, bevor sie zur Seite sprang. Dabei wurde sie von den langen, klauenartigen Nägeln der anderen erwischt und schrie auf, jedoch schaffte sie es im nächsten Moment, mit ineinander verschränkten Fingern auf den Rücken der am Boden liegenden Hünin zu schlagen. Die Rothaarige rührte sich träge, was die Rastafrau zum Anlass nahm, ihr ins Gesicht zu treten. Die Menge brüllte begeistert, offensichtlich dachten alle, die Siegerin stünde nun fest, doch sie hatten die Rechnung ohne die Rothaarige gemacht, die mit einer blitzschnellen Bewegung und leuchtend goldenen Augen das Bein ihrer kleineren Gegnerin schnappte und sie zu Fall brachte. Die beiden rangelten miteinander, doch die Rothaarige schaffte es, sich auf die Beine zu kämpfen, noch immer den Fuß ihrer Kontrahentin in den Händen, und fing an sich zu drehen wie beim Kugelstoßen bis die Rastafrau einige Zentimeter über dem Boden rotierte. Sie versuchte zwar, sich zu befreien, konnte aber nicht verhindern, mit voller Wucht und lautem Geschrei gegen den Zaun geschleudert zu werden – An dessen Boden sie reglos liegen blieb. Die Siegerin hob die Arme wie eine Preisboxerin und offenbarte dafür eine ganze Menge Muskeln, vor allem für eine Frau. Die Menge jubelte und geriet noch mehr in Aufregung, dann kamen drei Männer in den Ring. Zwei davon trugen die Bewusstlose raus, der letzte trug ein Mikrofon und ein breites Grinsen, mit dem er die Hand der Rothaarigen nahm und in die Luft stieß. Sie war ein ganzes Stück größer als er, sodass er es nicht bis ganz nach oben schaffte. „Hier haben wir die stolze Gewinnerin – Kamina! Was für ein Kampf! Wir müssen erstmal das Blut aufwischen, bevor es mit den Männern weitergeht, aber das ist auch gut so! Ihr solltet euch nämlich erstmal abkühlen, denn der nächste Kampf wird heiß!“ Die Rothaarige machte sich los, schien den Moderator anzuknurren und verließ den Käfig, vor dessen Tür sie von einem dunkelhaarigen Mann begrüßt wurde, den sie stürmisch küsste, als wäre er ihre Kriegstrophäe. Der Moderator sah ihr mürrisch nach, dann machte er eine Geste zu einem DJ-Pult, dessen Besitzer das Licht auf der Bühne dämpfte und hypnotische Bässe abspielte. Im ganzen Raum herrschte jetzt eine indirekte blaue Beleuchtung, die den Anwesenden etwas Geisterhaftes gab und ihnen zusammen mit der kühlen Luft einen Schauder nach dem anderen über den Rücken jagte. „Spannend, oder?“, weckte die Stimme meiner Führerin mich aus meinen Gedanken. Sie sah zu, wie ein unbeeindruckt wirkender Mann die gröbsten Flecken wegwischte, während halbnackte Frauen in der Menge Bier verteilten. „Was ist das hier?“, überging ich ihre Frage, weil ich nicht ehrlich antworten wollte. Sie lächelte. „Ein Kampf- und Wettring. Komm, ich führ dich ein bisschen rum. Bis zum nächsten Kampf dauert es noch etwas.“ Damit war sie schon in die Menge eingetaucht und ich hatte keine Zeit, mich zu entscheiden, ob ich ihr überhaupt folgen wollte, ich tat es einfach. Wir schoben uns durch die schwitzenden Menschen, die größtenteils standen. Einige hatten sich in abgesperrten Separees niedergelassen, in denen die Bedienungen fast noch weniger anhatten als in der Menge. Bei einer „Kellnerin“ war ich mir nicht mal sicher, ob sie ihrem Gast gerade einen Lapdance gab oder ob er wirklich in ihr steckte. Der Anblick verursachte mir ein seltsames Flattern im Magen und es fiel mir schwer, mich abzuwenden, als Hikari ihren Weg zur Bar fortsetzte. Der Anblick erregte mich nicht und ich fand ihn nicht abstoßend, sondern obszön auf eine Art, die ich so noch nie gesehen hatte. Der Mann fickte ein bezahltes Mädchen, während seine Kollegen neben ihm gut gelaunten Smalltalk hielten. Es war surreal, genauso wie der ganze Ort hier. Ich war fasziniert. „Finden die Kämpfe jeden Tag statt?“, erkundigte ich mich mit betont gleichmütiger Stimme, als meine Begleitung und ich an der Bar darauf warteten, bedient zu werden. „Nein, nur einmal die Woche. Wie du an dem Mädel mit den Rastas gesehen hast, brauchen die Teilnehmer oft ein Weilchen, um sich wieder zu erholen“, erzählte die Kleine. Sie stützte sich auf den Tresen, bis sie fast darauf lag, und winkte dem Barkeeper. Dessen mürrischer Blick verschwand sofort als er sah, wer die aufdringliche Kundin war. Entweder, er stand auf sie, oder Hikari hatte hier einiges zu sagen. Das würde ich noch rausfinden. Jetzt erzählte sie erstmal weiter: „Es gibt ein Mal die Woche freie Kämpfe, zu denen sich jeder anmelden kann. In den Fights kann man Punkte sammeln, die man braucht, um später an dem jährlichen Turnier teilzunehmen. Für einen Sieg bei den freien Kämpfen gibt es eine Prämie von 70000 Yen, beim Turnier gibt es für jede Runde, die man weiter kommt, 90000. Der Turniersieg bringt 700000 Yen. Natürlich sind das nur die Gagen. Wenn die Kämpfer auf sich selbst wetten, können sie noch einiges mehr abstauben, aber das machen die wenigsten. Man weiß nämlich nicht, gegen wen man antritt, bis man in den Ring steigt, und es gibt ein paar Leute, die hier schon seit Jahren Sieg um Sieg einfahren.“ „Und niemand im Dorf ahnt etwas davon.“ „Du bist der Busenfreund vom Hokage und hattest keine Ahnung, oder?“ Sie grinste selbstgefällig und griff mit spinnengleichen Fingern nach den Bierflaschen, die der Barkeeper uns reichte. Als ich zahlen wollte, winkte sie ab. „Der Chef lädt dich ein.“ „So…?“ Ich ließ das Getränk in der Flasche kreisen, jetzt schon sicher, nichts davon anzurühren. Die Leute hier wussten, wer ich war und behandelten mich dafür viel zu offenherzig. Mit dem, was ich bereits gesehen und gehört hatte, könnte ich alle hier Anwesenden einbuchten lassen, allen voran diesen ominösen ´Chef`, von dem die Angestellten ununterbrochen sprachen. Es war gut möglich, dass dieser Drink ein Versuch sein sollte, mich möglichst einfach zu beseitigen. „Womit komme ich zu dieser Ehre?“ „Sag du es mir.“ Hikari trat auf mich zu, sodass ich an die Bar gedrückt war, und ließ die dünnen Finger über meine Brust tanzen. „Du bist nicht mehr der böse Junge, der du mal warst. Du bist jetzt ein spießiger, kleiner Bürokrat mit einer fünftage Woche, einer kleinen Wohnung, einer kleinen Freundin…? Nein? Auch gut. Jedenfalls bist du ein Speichellecker unseres goldigen Staatsoberhauptes, dem es an nichts mangelt. Du hast keinen Grund, hier zu sein, Sasuke Uchiha, der ehemalige Rächer. Also sag mir, was du hier in dieser Spelunke willst, die nicht zu dem Leben passt, das du jetzt führst.“ Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde breiter mit jeder Sekunde, die ich nichts sagte, aber mir wollte einfach keine passende Erwiderung darauf einfallen. Natürlich war ich nicht hierhergekommen, um mich an irgendwelchen illegalen Geschäften zu beteiligen – Ich hatte ja noch nicht mal etwas von diesem Club gewusst. Aber das machte mich nicht zu einem spießigen Speichellecker. Genau wie früher tat ich immer genau das, was ich wollte und ließ mich dabei von niemandem beirren. Ich hatte einfach aufgehört, immer den schwierigsten Weg auszusuchen… War ich dabei aber vielleicht auf den Langweiligsten gekommen? Ich schluckte die Zweifel, die ich weder mir noch ihr eingestehen wollte, herunter und antwortete trocken: „Ich habe etwas verloren und bin gekommen, um es zu suchen.“ Hikaris Grinsen wurde höhnisch. „Du hast HIER etwas verloren? Na klar…“ Bevor wir unser Gespräch fortsetzen konnten, wurde der Spot wieder auf den Käfig gerichtet und der Moderator betrat mit einem breiten Grinsen die Bühne. „Seid ihr noch alle da?“, brüllte er in sein Mikrofon, woraufhin sich die Menge von ihren Drinks abwandte und ihm einen gewissen Lärmpegel als Antwort gab. „Ich kann euch nicht hören?!“, behauptete er und der daraufhin einsetzende Lärm der Gäste zerriss mir fast das Trommelfell. „Na schon besser! Wir haben heute etwas ganz besonderes für euch; den letzten Qualifikationskampf für das alljährliche Shadowdance-Turnier!“ Erneut johlte die Menge in befriedigendem Maße bis der Mann beschwichtigend die Hände hob. „Ich seh schon, ihr seid genauso heiß auf den Fight wie die Kämpfer! Lasst sie uns begrüßen! In der rechten Ecke haben wir… Zieht eure roten Klamotten aus und begrüßt mit mir: Bullfango!“ Auf den Klang seines Namens und den Jubel der Zuschauer hin öffnete ein untersetzter, haariger Mann die Käfigtür. Er trug zu enge Kleidung, die wohl spanisch aussehen sollte, und bei seiner Ehrenrunde durch den Ring hob er die Hände an den Kopf wie die Hörner eines Bullen. Ich warf Hikari mit hochgezogenen Brauen einen Blick zu und sie zuckte die Schultern nach dem Motto: „Ich sagte doch, dass sich JEDER anmelden darf.“ Nachdem Bullfango mit seiner Einlage fertig war, fuhr der Moderator fort: „Sehr schön, sehr schön… Und jetzt kommt etwas Spannendes: Ein Frischling! Bei seinen bisherigen Kämpfen hat er sich gut geschlagen, aber ob er auch bei den großen Jungs mitspielen darf, wird sich heute zeigen. Hier ist… Wolfskind!“ Der zweite Teilnehmer war genauso klein wie der erste, was allerdings daran lag, dass sein Name keine Erfindung war: Er war tatsächlich ein Kind. Ich schob Hikari beiseite, als ich einen Schritt nach vorne machte. Das konnte doch nicht wahr sein… Aber dann drehte sich das „Wolfskind“ mit einem breiten selbstgefälligen Grinsen in meine Richtung und winkte selbstbewusst in die Menge. Der Junge hatte die langen, schlaksigen Glieder des typischen Heranwachsenden, sein dunkles Maulwurfhaar hätte dringend einen Frisör gebraucht und er strahlte das lässige Selbstbewusstsein von jemandem aus, der noch nie einen wirklichen Gegner gehabt und entsprechend auch noch nie verloren hatte. Er sprang an die Gitter des Käfigs, rüttelte wie wild daran und stieß ein langgezogenes Heulen aus, das Begeisterungsstürme beim Publikum auslöste. „Takeshi…“, flüsterte ich, alles andere als begeistert. „Oh… Hast du gefunden, was du verloren hattest?“, fragte Hikari amüsiert, als sie zwischen dem Jungen, dessen Wangen vor Aufregung im Scheinwerferlicht rot glänzten, und mir hin und her geschaut hatte. „Oho, ich seh schon, unser Jungspund ist ganz scharf darauf, loszulegen!“, kreischte der Moderator offenbar begeistert. Takeshi bot ihm einiges an Gesprächspotential. Jetzt kam er erstmal von den Gitterstäben runter und umkreiste seinen Kontrahenten, immer um den Anheizer in der Mitte herum, den Blick fest auf den Gegner geheftet. „Ihr kennt die Regeln: Keine Jutsu“ – Bei diesem Hinweis warf er dem Jungen einen skeptischen Blick zu, was klärte, ob er dessen Identität als Shinobi-Lehrling kannte – „Keine Waffen, keine tödlichen Angriffe. Wer ohnmächtig wird oder aufgibt hat verloren und scheidet aus dem Vorentscheid für den Shadowdance aus. Alles klar? Dann fangt an!“ Damit zog er sich rasch zurück und verließ den Ring. Die Kontrahenten umkreisten sich noch einen Moment, dann zuckte Takeshis Mundwinkel, er täuschte mit einer flüchtigen Bewegung des Fußes einen Angriff vor und Bullfango ging voll auf die Finte ein. Er stürzte sich auf die rechte Seite des Jungen, der seinen Vorteil nutzte, indem er dem Älteren den Fuß stellte. Gelächter und Gejohle schallte aus dem Publikum als er auf seinem feisten Wanst landete und Takeshi badete in der Aufmerksamkeit, indem er die Arme in die Luft schmiss und eine Ehrenrunde durch den Käfig lief. Dabei übersah er, dass sein Gegner sich mit wutverzerrtem Gesicht wieder auf die Beine rappelte und hörte, vermutlich wegen der lauten, peitschenden Musik, auch nicht das Gebrüll, mit dem er sich auf ihn stürzte. Ich machte unbewusst einen Schritt nach vorne als Bullfango sich auf meinen Schüler stürzte und ihn mit seinem beträchtlichen Gewicht zu Boden riss. Der Dicke nahm Takeshi in die Beinschere und ich sah den Jungen schon genauso hilflos am Boden liegen wie vor Kurzem bei unserem Kampf, doch scheinbar hatte in dieser Hinsicht an sich gearbeitet: Mit den gefalteten Händen knickte er den Ellbogen seines Gegners ein und rollte ihn mit Schwung zur Seite, um selbst in die Mount zu gehen. Daraufhin entstand ein Gerangel, bei dem man nicht genau sagen konnte, wer die Oberhand gewann. Klar war jedoch, dass Bullfango jede Gelegenheit nutzte, meinen Schüler mit den Fäusten zu malträtieren, die kaum abgewehrt wurden. Es wunderte mich, dass Takeshi noch etwas sehen konnte, so viele Treffer waren schon in seinem Gesicht gelandet. Endlich schaffte der Junge es, seinen Gegner in eine Sidemount zu nehmen, allerdings sah ich schon von hier, dass er den Griff nicht sauber ausführte. Sein Gegner schaffte es leicht, sich mitsamt Takeshis Ellbogen zur Seite zu drehen und sein Gewicht zu nutzen, um von dem Jungen wegzukommen. Beide Kontrahenten nutzten die Gelegenheit für eine kurze Verschnaufpause, in der sie sich misstrauisch umkreisten. Ich war, ohne es wirklich zu merken, immer näher zum Ring gegangen und stand jetzt in der dritten Reihe vor dem Käfig, noch immer mit Hikari an meiner Seite, die das Schauspiel mit leuchtenden Augen verfolgte. Offensichtlich störte sie die Misshandlung eines Minderjährigen wenig, solange der sich freiwillig dafür meldete. Die lässige Arroganz hatte der Junge inzwischen verloren. Er hinkte beträchtlich, in der linken Augenbraue hatte er eine Platzwunde und auch insgesamt machte er nicht den Eindruck, als würde er noch lange durchhalten. Das war auch Bullfango aufgefallen, der zwar ebenfalls einiges abbekommen hatte, wegen seiner schieren Masse aber auch mehr einstecken konnte. Er hüpfte von einem Fuß auf den anderen, dass seine Plauze nur so wackelte, und er spuckte neben sich auf den Fußboden. „War das schon alles, Kleiner?!“, brüllte er. Die klischeemäßigste Herausforderung überhaupt – Aber Takeshi sprang bereitwillig darauf an. Ungeachtet seiner Verletzungen stürzte er sich auf seinen Gegner. Der hatte wohl nur darauf gewartet, denn er stellte sich breitbeinig hin, duckte sich ein wenig und fing den Tritt meines Schülers mit den bloßen Händen ab. Panik blitzte in Takeshis Augen auf, als er zwischen seinem Bein und dem grinsenden Gesicht seines Gegners hin und her sah. Mit aller Kraft versuchte er, sich aus dem Klammergriff zu befreien, aber das nutzte der Pseudo-Spanier nur dazu, in aus dem Gleichgewicht zu bringen. Noch bevor Takeshi sich wieder hochrappeln konnte, wofür er mit jedem Angriff, den er einstecken musste, mehr Zeit brauchte, bückte Bullfango sich nach ihm und hob ihn sich auf die Schultern wie einen erschossenen Rehbock. Er brüllte – Was aus der angeheizten Menge erwidert wurde – Drehte seinen halb ohnmächtigen Gegner zum Rand des Rings und ließ sich mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe fallen. Ich keuchte stellvertretend für Takeshi schmerzlich auf. „Das ist doch verboten. Er kann eindeutig nicht mehr kämpfen“, protestierte ich an Hikari gewandt, doch die zuckte nur die Schultern. „Er hat noch nicht aufgegeben.“ „Er wird ihm das Genick brechen“, fauchte ich, als Bullfango sich immer wieder mit Wucht gegen den Käfig stieß. Inzwischen regte Takeshi sich wieder und versuchte sich zu befreien aber seine Versuche führten nur zu höhnischem Gelächter bei seinem Gegner. „Gib endlich auf, Kleiner. Du hast hier nichts zu suchen!“ „N-nein…“, stöhnte mein Schüler, der mit einer letzten Kraftanstrengung das Knie ins Gesicht seines Gegners rammte. Dabei musste irgendwas gebrochen sein, jedenfalls schossen dem Mann auf einmal Unmengen von Blut aus der Nase, die er sich mit einem Aufschrei zuhielt. Dabei ließ er Takeshi fallen und der robbte ein paar Meter weiter weg, bis er kraftlos in sich zusammensank. Als der Spanier einsah, dass die Hände auf seiner Nase die Blutung nicht stoppen würde, wirbelte er mit feurigem Blick herum. Sein Gesicht war rot gefärbt und seine Haare sträubten sich in alle Richtungen, als er auf den Jungen zustapfte, der sich kaum noch rührte. Ich wusste später nicht mehr genau, wie es passiert war. Plötzlich war da vor mir einfach die Käfigtür, die ich aufriss. Das grelle Scheinwerferlicht blendete mich, sodass ich fast blind durch den Ring stolperte, doch dann kniete ich vor Takeshi, ein leises Knurren auf den Lippen. Bullfango starrte mich an. Das Johlen der Menge war verstummt, nur noch die Bässe der Musik pumpten mir das Blut durch den Körper. Ein Herzschlag drückte neue rote Flüssigkeit aus der Nase des Kämpfers, ansonsten gab es keine Bewegung. „Sen…Sei…?“ Ich drehte mich nicht nach meinem Schüler um. „Ja.“ „Was… Machst du hier?“ Das wusste ich nicht so genau, aber ich kam nicht zu einer Antwort, denn der jetzt sichtlich wütende Bullfango machte einen weiteren Schritt auf mich zu, sodass seine Nase beinahe mein Brustbein berührte. „Geh aus dem Weg, sonst bist du dein hübsches Gesicht gleich los.“ „Ich würde ja dasselbe drohen, aber da gibt es bei dir nichts zu verlieren“, spottete ich und legte die Hand auf Takeshis Schulter, um ihn zur Tür zu führen. Dort wurden wir aber von einem sichtlich verwirrten Moderator aufgehalten. „I-Ich fürchte, du kannst nicht so einfach gehen…“ „Er ist offensichtlich nicht mehr kampffähig“, knurrte ich und wollte mich an ihm vorbei schieben, überlegte es mir dann aber nochmal anders, als sich gleich drei Sicherheitsmänner unauffällig ins Sichtfeld schoben. „Das mag sein…“ Der Moderator räusperte sich; Die mürrischen Rufe aus dem ungeduldigen Publikum machten ihn unruhig. „Aber er hat noch nicht aufgegeben und solange er das nicht getan hat oder ohnmächtig geworden ist…“ „Das hab ich schon gehört“, unterbrach ich genervt. Ich machte eine auffordernde Geste in Richtung Takeshi. „Los. Gib auf, damit wir nach Hause können.“ Der Junge überraschte mich, indem er heftig den Kopf schüttelte und sich von mir los machte, um einen Schritt zurück in den Ring zu machen. „Nein. Wenn ich das mache, bin ich disqualifiziert.“ Ich starrte ihn eine Weile perplex an. Er sah aus wie die Auslage einer Metzgerei und wollte trotzdem nicht aufgeben, das konnte doch nicht wahr sein! Er war so wahnsinnig stur und achtete kein bisschen auf seine eigene Gesundheit, das war eindeutig eine seiner größten Schwächen als Kämpfer. „Ich erlaube dir nicht, dieses Spielchen hier weiter zu spielen. Du wirst jetzt mit mir nach Hause kommen.“ „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen.“ „Zwing mich nicht…“ Bevor ich noch ein paar extra Blessuren zu denen addieren konnte, die Takeshi eh schon aufwies, räusperte sich der zu tiefst verunsicherte Juror: „Na… Na ja, es gäbe da natürlich noch eine andere Möglichkeit…“ „Und die wäre?“, fuhr ich ihn so heftig an, dass er einen Schritt zurück wich. „Ähm… Du könntest für ihn antreten“, erklärte er mit einem Blick auf Takeshi. „Natürlich würde dann auch der Gewinn an dich übergehen…“ „Was? Nein!“, meckerte Takeshi bevor ich überhaupt etwas sagen konnte. „Geht es hier auch mal weiter?“, beschwerte sich Bullfango, der uns ansah als wäre es ihm völlig egal, wen von uns er verdreschen durfte. Mein völlig zerschundener Schüler wandte sich ihm zu und setzte einen Fuß humpelnd vor den anderen, doch bevor er den Schritt auch nur beenden konnte zog ich ihn an der Schulter zurück und trat für ihn vor. „Ja, tut es“, versprach ich und zog mir das Shirt aus: Ich hatte keine Lust auf Flecken. Takeshi fing das Kleidungsstück zwar auf als ich es ihm zuwarf, griff aber noch in derselben Bewegung nach meinem Arm. „Nein, das kannst du nicht machen. Ich… Ich brauche das Geld. Wirklich.“ Natürlich stellte sich jetzt die Frage, wofür er den Gewinn brauchte, aber auf die Antwort würde ich wohl bis nach dem Kampf warten müssen, also zischte ich nur: „Dann solltest du jetzt loslassen, damit ich es für dich gewinnen kann“, und machte mich los. Takeshi war für den Moment zu perplex um etwas zu erwidern und auch Bullfango sah mich jetzt eher skeptisch an. „Kenn… Ich dich irgendwoher?“, fragte er, als gerade der Moderator zwischen uns huschte um seinen Kommentar abzugeben. „Es hat sich eine kleine Änderung im Ablauf des heutigen Abends ergeben – Eine richtige Besonderheit sogar! Dieser junge Mann namens…“ Als er mir einen fragenden Blick zuwarf sagte ich automatisch: „Sasuke.“ Das schien dem Moderator nicht zu gefallen, trotzdem fuhr er fort: „Sasuke hat sich bereit erklärt, für Wolfskind einzuspringen. Ein Teufelsdreier, Leute! Wie findet ihr das? Na? Na?!“, brüllte er nochmal und die Menge johlte bereitwillig auf. Wahrscheinlich war ihnen egal, was passierte, solange es endlich weiter ging. Zufrieden mit der Reaktion wandte der Moderator sich wieder uns zu. „Es gelten dieselben Regeln wie zuvor: Keine Waffen, keine Jutsu, keine Todesstöße. Alles klar?“ Die Frage war an mich gerichtet also nickte ich, woraufhin der Ringsprecher eine übertriebene Handbewegung machte und sich aus dem Käfig rettete. „Dann kämpft!“ Ich war noch ziemlich überfahren von der Situation und hatte nicht damit gerechnet, dass Bullfango sofort auf mich losgehen würde; Falsch gedacht. Noch bevor die Käfigtür zu war musste ich mich unter einem Schlag weg ducken und ein paar Schritte zurückweichen. Aus dem Zuschauerraum war verhaltenes Gelächter zu hören, das mich in den Moment zurück brachte. Ich holte tief Luft und duckte mich leicht, denn mein Gegner holte bereits wieder nach mir aus. Diesmal jedoch fing ich seinen Arm ab und nutzte seinen Schwung um ihn gegen das Gitter zu schleudern. Ich setzte ihm nach, bevor er sich überhaupt bewegen konnte, packte blitzschnell seine Arme, zog sie zurück und stemmte den Fuß in sein Kreuz. Als ich an Bullfangos Handgelenken zog gab der ein gurgelndes Geräusch von sich, das mir eine düsterte Befriedigung verschaffte; wer lachte jetzt, huh? „Du kannst aufgeben, weißt du?“, schnurrte ich, dicht bei seinem Ohr, als er vergeblich versuchte, sich von mir loszumachen. Missbilligend schnalzte ich mit der Zunge und zog stärker an, bis ein Knacken in der Wirbelsäule des Mannes zu hören war, die sicher nicht mehr lange mitspielen würde. Der Gedanke rauschte mir zusammen mit dem Adrenalin durch die Ohren. Ich war diesem Mann eindeutig überlegen, ich konnte ihn zerstören, wenn ich es wollte… In dem Moment blickte ich von Bullfangos schweißnassem Nacken auf und blickte in die entsetzten Augen einer jungen Frau, die nur Zentimeter von uns entfernt vor dem Käfig stand. Als sie meinen Blick bemerkte, machte sie einen ängstlichen Schritt zurück und es war, als würde sie dadurch einen Stöpsel aus mir ziehen, der alle Mordlust, die ich gerade noch gespürt hatte, aus mir laufen ließ. Ich hatte wohl zu locker gelassen, denn mein Gegner nutzte die Gelegenheit um seinen Fuß gegen das Käfiggitter zu stoßen und mich mit seinem gesamten Gewicht zu Boden zu reißen. Stöhnend wurde ich unter ihm auf dem Boden begraben, hörte nur aus der Ferne wie jemand, vielleicht Takeshi, „Sasuke!“, rief. Schneller, als ich es ihm zugetraut hätte, presste Bullfango die Schulter gegen meine Kehle, sodass mir die Luft abgeschnürt wurde. Ich röchelte und griff in sein Haar, fand aber in den schweißnassen Strähnen keinen Halt. Überhaupt wirkte sein Körper wie in Öl eingerieben. Natürlich hätte ich ihn einfach grillen können, aber das war gegen die Spielregeln in diesem Zirkus und irgendwas in dem Blick, mit dem mich Takeshi vorhin angesehen hatte, ließ mich mitspielen. Ich war wohl mehr aus der Form, als ich gedacht hatte, stellte ich grimmig fest, dann mobilisierte ich meine letzten Kräfte, machte mich schmal und rutschte an der verschwitzten Schulter hoch, gerade so weit, dass ich wieder Luft bekommen konnte. Bullfango schien davon überrascht, denn ich schaffte es, meinen Arm zu befreien, ihn am Kopf zu packen und mit Wucht gegen den Betonboden zu rammen. Für einen Moment, in dem ich über meinem besiegten, bewusstlosen Gegner kniete, herrschte überraschte Stille im Publikum, dann brach die Hölle los. Der Moderator sagte irgendwas, das ich wegen des Blutrausches in meinem Kopf nicht hörte, und riss meine Hand hoch. Den Blick noch immer auf Bullfango gerichtet taumelte ich ihm hinterher. Ich blickte erst auf, als jemand die Hände auf meine Wangen legte und aufgeregt auf und ab sprang. „Takeshi“, sagte ich hohl. „Ja! Du warst BRILLIANT!“, rief er und der plötzlich zurückkehrende Geräuschpegel ließ mich zusammenfahren. Hikari stand mit leuchtenden Augen und verschränkten Armen hinter ihm, nickte mir aber nur zu, als unsere Blicke sich trafen. „Als du ihn an der Käfigwand hattest, dachte ich schon, das wär´s jetzt mit ihm gewesen.“ Das hatte ich auch gedacht, schoss es mir durch den Kopf, aber ich konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn jetzt kamen die zwei hübschen Ringdamen zurück und führten meinen Schützling und mich davon. Hikari folgte der kleinen Prozession mit einem Nicken zu ihrem Kollegen am Mikrofon. Ich hörte noch, wie der Moderator Tänzerinnen ankündigte, die nach den „Säuberungsarbeiten“ auftreten sollten, dann wurden wir in ein ruhiges Hinterzimmer geschoben, in dem eine Bank und ein paar Plastikpflanzen in großen Töpfen standen, sonst nichts. Irgendwoher zauberte eine der Damen Getränke und die andere Verbandszeug während Hikari im nächsten Raum verschwand. Takeshi trank gierig eine Flasche leer, deren Inhalt ich für Limonade hielt, und ließ sich bereitwillig von dem halbnackten Mädchen verarzten, während ich die andere verscheuchte, als sie sich mir mit Mullbinden näherte. „Hier warst du also die ganze Zeit…“, zischte ich an den Jungen gewandt, der daraufhin ein wenig blass wurde und das selbstgefällige Grinsen verlor. „Weißt du eigentlich, in welcher Gefahr zu warst? Du hättest sterben können. Ganz davon abgesehen, dass diese ganze Angelegenheit hier höchst illegal ist. Du könntest deine Ausbildung verlieren, wenn nicht sogar ins Gefängnis kommen. Willst du das?“ „Und warum hast du dann mitgemacht?“, murmelte Takeshi trotzig. Für einen Moment wusste ich keine Antwort, dann wischte ich seine Worte mit einer Handbewegung beiseite. „Ich bin hergekommen, um dich zu retten.“ „Das wäre nicht nötig gewesen!“, brauste er auf, aber ich schnaubte nur herablassend. „Ach wirklich? Sah aber sehr danach aus, als dieses haarige Biest dich fast zerquetscht hätte.“ „Das war…“ Die beiden Mädchen räusperten sich nervös und warfen sich unsichere Blicke zu, als sie auf uns zutraten. „Na, na, nicht streiten“, flötete eine von ihnen mit zittriger Stimme und strich mir über die Brust. „Genau – Ihr habt doch gewonnen!“, gurrte die andere in geheuchelter Begeisterung, als sie es sich auf Takeshis Schoß gemütlich machte. Das schien jetzt auch dem Jungen bewusst zu werden, denn er rief: „Stimmt! Wo ist eigentlich mein Gewinn? Sonst gibt Narumi mir den immer sofort.“ Die Mädchen warfen sich zögernde Blicke zu, doch dann entschied die erste, zu antworten: „Hikari muss noch mit dem Chef reden – Wegen der… Ungewöhnlichen Umstände, weißt du? Mach dir deswegen keine Gedanken!“ Allerdings schien mein Schüler durchaus beunruhigt von dieser Verzögerung, was mich darauf schließen ließ, dass ihm seine Belohnung schon mal vorenthalten worden war. Von da an schwieg er sich aus und ignorierte das zunehmend beleidigte Mädchen auf seinem Schoß, bis sie sich zusammen mit ihrer Kollegin vom Acker machte. Kurz darauf ging die zweite Tür auf und Hikari kam heraus, zuerst ein wenig erstaunt, nur uns vorzufinden, doch dann offenbar amüsiert darüber. „Der Chef würde gerne mit euch sprechen“, verkündete sie und hielt uns die Tür auf. Der angrenzende Raum hätte das Büro jeder Steuerkanzlei sein können; ein großer, grauer Schreibtisch bildete das Zentrum, darum herum waren Topfpflanzen und Aktenschränke verteilt. Die einzige Ausnahme von diesem biederen Interieur bildeten die Fotos des Besitzers, die ihn zusammen mit diversen zerschunden aussehenden Personen zeigten. „Ah, das sind die Fotos der Shadowdance-Gewinner“, erklärte ein Mann, der sich gerade hinter dem Schreibtisch erhob und wohl der schon so oft erwähnte ´Chef` sein musste. Der Mann war dünn und hatte das etwa schulterlange braune Haar nach hinten gegelt. Er war mittelgroß, trug ein Sakko über einem blauen Shirt (Das war wohl die Dienstkleidung, denn bisher waren alle Angestellten ähnlich angezogen gewesen) und das einzig auffällige an ihm war ein großer goldener Ring und ein Goldzahn, die an Mund und Hand blitzten, als er mir diese entgegen streckte beziehungsweise lächelte. „Vielleicht könntest du auch bald da hängen, nach dem zu schließen, was mein kleines Singvögelchen hier mir erzählt hat!“, strahlte er und deutete auf Hikari, die die Augen verdrehte und das Büro verließ. Er ignorierte die offensichtliche Ablehnung seiner Angestellten wie jemand, der es gewohnt war und sich nicht darum scherte. „Sie sagte, du hättest Bullfango weggefegt, und der belegt seit Jahren die vorderen Ränge beim Shadowdance. Wie sieht´s aus, Uchiha? Dabei könnte ein hübsches Sümmchen für dich rausspringen.“ „Ich bin nicht an Geld interessiert“, erwiderte ich wahrheitsgemäß, aber Takeshi neben mir wand sich nervös, also fügte ich wiederwillig hinzu: „Aber ihm hier schulden Sie noch seinen Gewinn.“ „Ohne dich hätte er nicht gewonnen, also schulde ich ihm gar nichts“, schnaubte der Chef, dessen dauerhafte gute Laune für einen Moment schwand, bevor er sein Lächeln wiederfand. Das hatte ich bereits erwartet. Mit einem resignierten Seufzen verschränkte ich die Arme. „Diesem Moderator zufolge gibt es sogar eine eigene Regel dafür, wenn ein Kämpfer einen anderen im Ring ablöst. Davon, dass dabei der Gewinn verfällt, hat er allerdings nicht gesagt. Also würde ich vorschlagen, dass du den Jungen ausbezahlst, damit er ins Bett kommt. Das wird nämlich, falls du es nicht mitbekommen hast, von unserem geschätzten Hokage persönlich regelmäßig besucht“ – Das war natürlich maßlos übertrieben – „Und er würde sich doch wundern, seinen Protegé zu dieser Nachtzeit an so einem Ort aufzufinden, noch dazu derart zerschunden…“ „Schon gut, schon gut“, murrte mein Gegenüber, der jetzt endgültig mit dem dämlichen Grinsen aufgehört hatte. Er öffnete eine Schreibtischschublade, kramte etwas darin herum und reichte mir einige knittrige Geldscheine, die ich unbesehen an Takeshi weitergab. „Zähl sie durch“, wies ich ihn an, woraufhin der Chef wütend mit der Zunge schnalzte und noch ein paar Scheine dazu legte. „Du bist ja wirklich hartnäckig… Das gefällt mir – Erinnert mich an mich“, grinste er goldblitzend, dann, als wäre ihm schlagartig etwas eingefallen, schlug er sich gegen die Stirn und reichte mir rasch die Hand. „Wie unhöflich von mir, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt! Mein Name ist Giro… Nach deinem brauche ich gar nicht erst zu fragen – Niemand braucht das! Dieser Name würde uns das Haus füllen! Die Leute würden ausrasten: Uchiha Sasuke… Nein, noch besser: Der Rächer! In meinem Haus! Du wärst eine eigene Sensation. Wir würden in Geld ersaufen, sag ich dir…“ „Ich bin nur hier, um den Jungen abzuholen“, erwiderte ich kühl und legte diesem jetzt die Hand auf die Schulter. „Komm, wir gehen.“ „Aber überleg´s dir, das Angebot steht auf jeden Fall!“, rief Giro mir nach und fügte, kurz, bevor wir aus der Tür waren, hinzu: „Ach, und, Uchiha?“ Ich sah über die Schulter zu ihm und plötzlich war gar nichts mehr Freundliches in seinem Gesicht. „Ich würde aufpassen, was ich meinen Kollegen hierrüber erzähle. Meine Leute arbeiten überall…“ „Willst du mir drohen?“, fragte ich unbeeindruckt. Mit den paar hirnlosen Türsteher-Gorillas würde ich mit Leichtigkeit fertig werden, ich wollte es nur nach Möglichkeit vermeiden. Giro lächelte jetzt wieder, aber es erreichte nicht seine Augen. „Natürlich nicht, ich würde mich ja über eine Geschäftsbeziehung freuen. Nur… Der Junge steckt hier bis zur Nasenspitze mit drin. Wenn du uns alle verpfeifst, reitest du ihn mit rein. Das ist alles.“ Es gefiel mir nicht, derart entlassen zu werden, trotzdem verließ ich das Büro und durchquerte mit Takeshi den Kampfclub, in dem inzwischen eher getanzt wurde. Im Ring hingen Tücher von der Decke, an denen sich eine schöne Frau lasziv wand, aber als Takeshi ihr zu neugierige Blicke zuwarf, schubste ich ihn resolut weiter. Wir schoben uns durch die Menge, vorbei an mehreren Zuschauern, die uns beglückwünschen, und einigen Hostessen, die uns ihre Gesellschaft verkaufen wollten, aber ich hielt nicht an, bis wir aus dem Club raus waren. Takeshi kannte den Weg durch das Kellergewölbe, sodass wir kurz darauf im Casino waren, in dem wir von Hikari empfangen wurden, die uns mit gelangweiltem Blick zur Tür geleitete. Dort hielt sie mich am Arm und sagte: „Auf ein Wort.“ Ich zögerte, nickte dann aber dem fragend dreinblickenden Takeshi zu, er solle sich ein paar Meter zurückziehen. Murrend und nach Steinchen tretend verzog er sich, sodass ich ungestört mit der Organistin sprechen konnte. „Wenn du ihn von hier fernhältst, werden sie ihn holen, und das wird deutlich schlimmer für ihn ausgehen, als ein paar Kratzer.“ Ich schnaubte hochnäsig. „Ich sagte bereits, dass ich mir nicht drohen lasse.“ „Du kannst ihn nicht rund um die Uhr beschützen; sie werden ihn finden, und dann stellt sich die Frage ob er jemals ans Tageslicht zurückkehrt… Und wenn du ihn nicht im Jugendknast sehen willst, würde ich dir abraten, den Hokage da mit reinzuziehen. Takeshi war dem Chef schon bei der einen oder anderen Kleinigkeit behilflich.“ Ihr Lächeln erreichte nicht die Augen und ich wandte das Gesicht ab, um zu meinem Schützling zu blicken, der noch immer frustriert vor sich hin maulte und inzwischen eine Dose malträtierte. Er wollte immer überall mitmischen, aber wo genau hatte er hier seine Nase reingesteckt…? „Was wollt ihr eigentlich von ihm?“, fragte ich resigniert. „Er ist doch nur ein Junge.“ Hikari zuckte teilnahmslos die Schultern. „Schon mal auf die Idee gekommen, ihn das selbst zu fragen? Immerhin hältst du ihn für das Opfer und uns für die Bösen in der Sache, oder?“ Irgendwo aus ihrer Bluse zauberte sie ein Dokument hervor, das sie mir hinhielt. „Das ist das Anmeldeformular für den Shadowdance. Bring ihn uns einfach vorbei, wenn du so weit bist.“ Ein winziges, überhebliches Lächeln huschte über ihre Lippen, dann zog sie die Tür hinter sich zu und schloss mich mit meinem Papierfetzen aus. Ich war so wütend, dass ich den Bogen in der Hand zerknüllte… Aber ich warf ihn nicht weg. Stattdessen wandte ich mich jetzt Takeshi zu, der mich mit einem gelangweilten: „Auch schon fertig?“, begrüßte, das ich jedoch ignorierte. „Also?“, fragte ich und als Takeshi mich ansah wie ein Ufo, machte ich eine Geste, die alles, vom Casino über die Untergrundbar bis hin zu seiner Nahtoderfahrung einschloss. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg nach Hause, obwohl sich wohl keiner von uns danach fühlte, gerade mit dem jeweils anderen in einem geschlossenen Raum zu sein. „Erklär mir das. Macht es dir Spaß, dich in illegale Geschäfte zu verwickeln und jeden Versuch des Hokage, dir zu helfen, zu unterwandern?“ „Nein!“, zischte Takeshi, der rot angelaufen war und über diese Sicht der Dinge scheinbar noch nicht mal nachgedacht hatte. „Das ist meine Sache…“ „Ich denke, nachdem ich gerade meinen Kopf und meinen Job für dich riskiert habe, ist es auch meine Sache“, erwiderte ich kühl, woraufhin er verstummte. Erschöpft seufzend sah ich ihn an. „Niemand wird etwas davon erfahren; nicht Tsubaki und Nishiki, nicht Sakura, nicht Naruto. Wir regeln das zu zweit. Du musst mir nur sagen, worum es geht.“ Der Junge zog abwehrend die Schultern an und fing wieder an, imaginäre Steinchen vor sich her zu kicken. Wir waren schon fast bei meiner Wohnung angelangt, als er endlich mit der Sprache rausrückte. „Mein Vater hatte ein Handelsgeschäft, als er jünger war. Es lief eine Weile gut, aber dann hat er mehrere Lieferungen verloren und niemand wollte ihm einen Kredit geben. Also hat er sich an Geldhaie gewandt. Das half ein paar Monate und er schaffte es sogar, die Raten zurückzuzahlen… Aber dann wurde meine Mum schwanger. Sie wusste natürlich nichts von den Schulden und wollte mich behalten. Er hat versucht, es ihr auszureden, weil sie sich ein Kind nicht leisten konnten, aber weil sie nichts von den Problemen wusste, wollte sie auch nichts von einer Abtreibung hören. Ich schätze, sie hat meinen Vater sehr geliebt“, schnaubte Takeshi geringschätzig, als wäre das eine Straftat. „Jedenfalls bekamen sie mich, aber von da an wurde es nur noch schlimmer mit dem Geld. Mein Vater hat angefangen, mehr Geschäfte mit den Geldhaien zu machen, aber irgendwann konnte er kaum noch die Zinsen ausgleichen. Als immer weniger Zahlungen kamen, sind sie in die Wohnung meiner Eltern eingebrochen, als mein Vater nicht da war. Wahrscheinlich wollten sie meine Mum nur ängstigen, aber sie… Sie hat sich gewehrt und… Und dann ist sie gestürzt, mit dem Kopf gegen eine Tischkante… Sie war sofort tot.“ „Wer hat dir das erzählt?“, fragte ich, anstatt mich mit Mitleidsbekundungen aufzuhalten, die ihm sowieso nichts brachten. Außerdem hatte er die Frau, die ihn geboren hatte, ja nie kennengelernt. „Teils mein Vater, teils die Leute aus dem Casino“, antwortete Takeshi, als wir zu Hause waren. Er ließ sich auf die Couch fallen, während ich uns einen Tee machte und den Verbandskasten aus seinem Zimmer holen ging. „Erzähl weiter“, verlangte ich, als er mit einer Tasse versorgt war und ich mich daran machte, seine Verletzungen zu verarzten. Mit einem mürrischen Seitenblick auf mich ließ er sich die Behandlung gefallen und fuhr fort: „Nach dem Tod meiner Mutter haben wir zu zweit gelebt – Das habe ich ja schon erzählt. Er war immer ziemlich jähzornig und ich habe nie verstanden, wieso… Aber jetzt denke ich, er hat mich dafür verantwortlich gemacht, dass seine Frau gestorben ist. Wenn ich nicht geboren wäre, hätten sie das mit den Schulden geschafft. Dann wäre sie jetzt noch am Leben…“ „Hätte dein Vater sich nicht auf diese Geschäfte eingelassen, wäre es überhaupt nicht dazu gekommen“, wiedersprach ich gelassen, als Takeshis Augen leer wurden und seine Gedanken in eine falsche Richtung zu driften schienen. „Erzähl weiter.“ „Ich hab doch schon gesagt, dass er gegangen ist“, sagte er barsch. „Ich schätze, er hatte eine neue Tussi, ich weiß es nicht. Jedenfalls saß ich auf einmal alleine in der Wohnung und es kam einfach keiner… Also bin ich, als ich Hunger bekam, zu den einzigen Erwachsenen gegangen, die ich kannte: Giro und seine Leute. Er hat dafür gesorgt, dass ich in eine Gastfamilie kam, aber die wurden zu neugierig, also bin ich abgehauen. Das ist ein paar Mal so gelaufen, bis Giro mir den Platz in der Lagerhalle besorgt hat.“ „Wie großzügig.“ Takeshi entriss mir den Arm, den ich gerade verband. „Das ist mehr, als das Dorf je für mich getan hat! Er hat mir ein zu Hause besorgt und einen Job und eine Familie…“ „Ein zu Hause weit weg von ihm, das ihn nichts kostet, einen Job mit dem du – Lass mich raten? – Nur die Schulden deines Vaters abbezahlst und eine ´Familie`, die dafür sorgt, dass du regelmäßig aussiehst wie durch den Fleischwolf gedreht“, führte ich ihm gelassen vor Augen. Noch immer glommen seine Augen wütend, doch auch ein leiser Zweifel hatte sich in sie geschlichen. „Das ist immer noch mehr, als Konoha…“ "Du wohnst in meiner Wohnung. Der Hokage und seine Beraterin kümmern sich persönlich um dich und deine Ausbildung und Unterbringung. Ich habe dich gerade davor gerettet, zu Matsch verarbeitet zu werden“, fügte ich ein wenig selbstgefällig hinzu, nur der Vollständigkeit halber. „Du bist mir nur nachgekommen, weil ich mich deinem Befehl wiedersetzt habe und du das unterbinden wolltest!“, platzte Takeshi heraus, mal wieder erstaunlich spitzfindig für einen Teenager. Ich schnaubte ungnädig. „Vielleicht.“ Dann sah ich ihn sehr ernst an. „Aber wenn du Narutos und Sakuras Bemühungen nicht anerkennst, bist du dümmer, als ich dachte. Sie wollen nur dein Bestes.“ Das wollte ich auch, aber ich konnte es nicht sagen. Geglaubt hätte der sture Bengel es sowieso nicht. Er wurde ein wenig rot, senkte den Blick und sagte eine Weile nichts mehr. Als er wieder sprach, sah er mich nicht an. „Selbst wenn das so ist…“ „So ist es.“ „Selbst dann ändert das nichts daran, dass ich die Schulden meines Vaters geerbt habe. Giro wird keine Ruhe geben, bis er sein Geld hat.“ Jetzt war es an mir, zu schweigen. Natürlich hätte man nach Takeshis Vater fahnden können, aber nach sechs Jahren konnte er überall sein. In Konoha war er wohl nicht mehr, sonst hätten Giros Ganoven ihn sicherlich schon aufgegriffen. Ihn außerhalb des Dorfes zu suchen, wäre enorm viel Aufwand für einen Jungen – Davon abgesehen, dass ich schlecht einfach abhauen konnte, und Naruto sagen, was ich vorhatte, konnte ich nicht. Wie der Besitzer des Kampfrings nämlich schon gesagt hatte, hätte das meinen Schüler in den Ruin getrieben. Takeshi hatte einfach schon zu viel auf dem Kerbholz, um sich eine jahrelange Mitgliedschaft in einem illegalen Sportverein leisten zu können. Natürlich konnte ich aus diesem Grund den Hokage auch nicht einfach um Geld bitten. Ich war mir ziemlich sicher, dass er mir alles gegeben hätte, worum ich ihn bat – Vermutlich hätte der Idiot noch nicht mal Fragen gestellt – Aber dann würde ich genau das tun, was ich ihm vorgeworfen hatte; meinen privaten Einfluss auf ihn als Staatsoberhaupt ausnutzen. Das kam nicht in Frage. Jetzt war die Frage also, wie sonst wir an das Geld kommen sollten, ohne dass Takeshi jahrelang illegalen Geschäften nachgehen musste. Die Antwort war erschreckend einfach. „Wir hoch sind deine Schulden?“, fragte ich, als wir in der Wohnung waren. Der Junge beobachtete skeptisch, wie ich das Verbandszeug aufräumte. „Jetzt sind es noch etwa 2500000 Yen. Wieso?“ „Ich werde nicht zulassen, dass du dich länger als nötig in Gefahr begibst…“ „Ich nehme kein Geld von Dir!“ „Das werde ich dir auch nicht geben“, unterbrach ich ihn ungeduldig. „Ich werde mit für dich kämpfen. Und ich werde dieses Tournier gewinnen. Den Rest des Geldes, das du Giro noch schuldest, werde ich dafür verlangen, dass ich teilnehme.“ Der Junge sah mich unbehaglich an. „Bist du dir sicher, dass du das tun willst? Die Kämpfe sind illegal, du könntest deinen Job verlieren.“ „Genau deshalb musst du so schnell wie möglich damit aufhören“, sagte ich gelassen. Eine Weile sahen wir uns prüfend in die Augen, dann nickte er langsam. „Danke.“ Ein „Danke“ musste reichen, dafür, dass ich meine Verbannung riskierte. Seltsamer Weise spürte ich, wie meine Mundwinkel sich zu einem schmalen Lächeln hoben, als ich: „Natürlich“, antwortete. * - * Hallo, ihr Lieben :D Das hat jetzt ´etwas` länger gedauert als geplant… *hust* Danke für die Geduld, die wohl leider auch weiterhin nötig sein wird, weil ich keine Kapitel mehr auf Vorrat habe, haha… Tut mir leid. xD° Ich hoffe, ihr hattet Spaß und bleibt dran. lG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)