Between the Lines von Karo_del_Green (The wonderful world of words) ================================================================================ Kapitel 18: Deeskalationsknigge für angehende Ornithologen und Steinflüsterer ----------------------------------------------------------------------------- Kapitel 18 Deeskalationsknigge für angehende Ornithologen und Steinflüsterer „Du könntest gleich Ben mitnehmen", philosophiert mein Kindheitsfreund fröhlich weiter und schiebt sich munter einen weiteren Löffel Mittag in den Mund. Ich brauche einen Moment, um mich aus meiner Schockstarre zu lösen. „Wie selbst?", kommentiere ich fassungslos und stecke gedanklich noch immer bei der Aufforderung fest, allein nach Hause fahren zu müssen. „Na ja, er kann nicht wochenlang allein im Zimmer bleiben", erklärt Jeff, wischt sich Reiskörner von der Lippe und ignoriert meinen irritierten Gesichtsausdruck. „Warte. Warte. Was heißt, ich muss allein nach Hause kommen?", bringe ich meine eigentliche Irritation zurück auf den Punkt. Jeff sieht fragend auf, während ich ihm einen mehr als entgeisterten Blick schenke und mich weigere, darüber nachzudenken, dass ich nach der Urlaubsankündigung allein darauf hätte kommen müssen. „Unser Flug geht am Montag und du schreibst Mittwoch noch Klausur oder irre ich mich?" Jeff kaut, lächelt und sieht zu dem anderen Blonden, der genauso breit grinsend versucht, einen weiteren Nudelhaufen in seinen Mund zu manövrieren. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass Abels Gehirn für ein solches Multitasking nicht ausgelegt ist. Der Nudelberg fällt von der Gabel, landet in einer Tomatenpfütze und hinterlässt ein paar nette Spritzer auf seinem grauen, zerknitterten T-Shirt. „Ja, schon, aber…Ich bekomme doch jetzt keine bezahlbaren Zugtickets mehr", quengele ich theatralisch. Das mit Jeffs Zimmerpflanze ist immer noch nicht bei mir angekommen. „Es gibt sicher noch günstige Flugtickets. Inlandsflügen sind gar nicht so teuer und es wäre mitten in der Woche“, merkt Jeff an. Kain nickt und zerteilt sittsam die Spaghetti in mundgerechte Stücke. So, wie ich es auch machen würde. Er bleibt schweigsam. „So ein Aufstand, du Dramaqueen. Anscheinend hast du doch Kohle“, grunzt Abel in die Runde und macht dabei eine Bewegung, als würde er sich etwas gegen den Hals spritzen. Die Andeutung verstehe wahrscheinlich nur ich. Ich schenke ihm einen deutlichen Fingerzeig meiner Abneigung ohne ihn noch mal anzusehen. „Hey Jungs, bleibt friedlich.“ Mein Mitbewohner greift nach dem bösen Finger und tadelt mich mit seinem Jeff-Blick. Auch das Tomatengesicht wird gemaßregelt. „Gib ihm einfach das Auto, Jeff und gut ist?“, schlägt Kain vor und spießt einen zu groß geratenen Hackfleischklumpen auf. „Nein“, sagen Jeff und ich gleichzeitig und gleichermaßen energisch. Ich blicke meinem Kindheitsfreund verärgert an, weil ich mit einer derartig ablehnenden Reaktion nicht gerechnet habe, während Jeff über sich selbst verwundert zwischen uns dreien hin und her sieht. Auch Kain blickt uns verblüfft entgegen und mein Zimmerkumpan sieht sich genötigt, das Ganze zu erklären. „Er hat gar keinen Führerschein und ich mag mein Auto.“ Kains Blick verharrt für einen Moment bei dem Blonden und wandert dann zu mir. Ich zucke nur mit den Schultern und warte darauf, dass die Frage kommt, warum ich in meinem Alter keinen besitze. Stattdessen erzählt mein werter Kindheitsfreund freimütig, dass ich zweimal durch die praktische Fahrprüfung gerauscht bin und mich beim dritten Mal geweigert habe, überhaupt vom Parkplatz loszufahren. Wahrlich keine Glanzleistung. Aber ich haben meine Gründe. Kains braune Augen mustern mich mit einer Mischung aus Mitleid und absoluter Belustigung. „Lässt du mich mit deinem Auto fahren?“, fragt Kain an Jeff, nachdem er sich auf die Unterlippe beißt, um nicht doch noch laut los zu lachen. „Wieso?“ Das Misstrauen scheint dem Blonden regelrecht aus dem Gesicht zufließen. „Ich würde Robin bei seiner Familie abschmeißen, fahre weiter zu meiner Schwester und bringe dir dein Auto wohl gehütet zurück, während du in der Sonne brutzelst.“ „Ich dachte, du willst nicht nach Hause?“, fragt Abel kauend. Wieso will Kain nicht nach Hause? „Zuhören ist eine Gabe. Ich sagte gerade ich will zu meiner Schwester. Du hast übrigens die ganze Zeit Essen im Gesicht.“ „Wo?“, fragt Abel hinterher und Kain malt zu meiner Erheiterung einfach nur einen imaginären Kreis um sein Gesicht, der die komplette Fläche andeutet. Jeff reicht seinem Partner seufzend ein Taschentuch. „Also?“, fragt Kain wieder an Jeff gerichtet. Doch bevor wir die aufkommende Diskussion weiterführen können, beginnt sein Handy zu klingeln. Er wirft einen Blick auf das Display und seine Mimik wandelt sich von Clown mit zu viel Lachgas zu Zirkusdirektor mit Verstopfung. Mit einem leisen Schnaufen schiebt er den Regler auf Annehmen und steht vom Tisch auf. Ich kann noch hören, dass er sich jegliche Begrüßung spart. Abel schüttelt seinen Kopf, als Kain vollends hinter einer Säule verschwindet. Auf meiner Zunge kitzeln die Fragen nach dem Wer und dem Grund seiner eigenartigen Reaktion. Ich sehe zu Jeff, doch der versucht, händeringend seinem Partner zu verdeutlichen, wo überall die Reste seines Mittagessens Spuren hinterlassen haben. Abel möchte ich nicht danach fragen. Auch wenn dieser das als willkommene Alternative zu Jeffs laienhaften Theater sehen würde. Diesen Gefallen tue ich ihm definitiv nicht, stattdessen greife ich meinen Rucksack und wende mich zum Gehen. „Warte mal“, ruft Jeff, winkt Abel zum Abschied und greift sich sein halbvolles Tablett. Mit einem leisen Seufzen bleibe ich stehen und ärgere mich prompt über meine ungewöhnliche Gehorsamkeit. Von Jeff ernte ich einen irritierten Blick, der sich umsonst beeilt und dabei fast über seine eigenen Füße fällt. Demonstrativ verschränke ich meine Arme vor der Brust, um wenigstens ansatzweise den Eindruck zu erwecken, dass ich mit der Situation unzufrieden bin. Ich gehorche ein weiteres Mal, wie ein braver Lemming, als mir Jeff die Geschirrabgabe andeutet. Abseits warte ich und sehe mich um. Unbeabsichtigt blicke ich direkt zu Kain. Er telefoniert noch immer und sieht kein bisschen entspannter aus. Seine Schultern sind gestrafft. Er fährt sich durch das dunkle Haar und lässt seine Augen geschlossen. Wer verursacht ihm einen solchen Gesichtsausdruck? Mir fällt Abels Kommentar wieder ein, dass Kain nicht zu seiner Familie fahren würde. Mein eigener Unwille, nicht in die heimelige Idylle zurück zu kehren, ist meist oberflächlich. Bei Kain scheint er tief. Nur warum? Er ist nicht der Typ für Streitereien. Ich weiß kaum etwas über ihn und das wird mir in solchen Momenten besonders deutlich. Jeff lässt sein Tablett geräuschvoll auf das Band fallen. Es scheppert und klirrt. Ich sehe, wie der angehende Geologe hektisch das runtergefallene Besteck vom Boden aufsammelt und wende mich wieder Kain zu. Diesmal schaut er auf. Sein Blick ist betrübt und doch legt sich ein kurzes Lächeln auf seine Lippen. „Bist du sauer?“, fragt Jeff, nachdem er alles an den richtigen Ort verfrachtet hat und bleibt neben mir stehen. Er grüßt Richtung Kain und reibt sich ein paar Curryflecken vom Ballen. Ich wende mich meinem Mitbewohner zu. Und ob ich sauer bin. Fuchsteufelswild. Godzilla ist ein Lamm gegen mich. In meinem Kopf entsteht das Bild eines gigantischen Dinos mit Strickpullover. „Ich bin nur genervt. Zugtickets zu bekommen, wird fast unmöglich und wenn ich fliege, muss mich jemand von Flughafen abholen. Und das ist einfach nur umständlich. Eine kurze Info von deinem Bettwärmer wäre nett gewesen“, erkläre ich meine wenig begeisterte Reaktion. „So flexibel, wie Plutonit“, kommentiert Jeff trocken, verdreht meisterlich seine Augen und grinst. Er kennt mich und meine Anpassungsschwierigkeiten. „Und du bist Astracantha gummifera“, kontere ich mit meinem eigenen Fachvokabular. Jeff grinst und hakt sich bei mir ein. Er zwingt mich damit wenig subtil in seine Nähe und ich ahne Böses. „Was war gestern los mit dir?", fragt er mich nach ein paar Metern. Diese Frage geistert ihm wahrscheinlich schon seit er sich an den Tisch gesetzt hat im Kopf umher. Er überspielte es meisterlich mit der einfachen Erkundigung nach meinem Wohlbefinden und der Hinnahme meiner lapidaren Abspeisung. „Nichts war los. Ich war nur müde und verkatert", gebe ich abwehrend von mir. Doch ich schaffe es nicht, meinen Kindheitsfreund ebenso überzeugend anzusehen. Für jemanden, wie Jeff, der ein Talent dafür hat, jemanden wie mich zu durchschauen, ist das ein gefundenes Fressen. „Verkatert? Komm schon, du bist ausgeflippt.“ „Ha! Das war total harmlos", relativiere ich. Ich versuche es zu mindestens und komme nicht umher, mir selbst eingestehen zu müssen, dass es mehr als blamabel gewesen ist. Jeff sieht es auch so. Sein Blick erklärt mich regelrecht für plemplem. „Tatsächlich? Wenn das harmlos war, bin ich Biene Maya. Selbst Kain war komplett irritiert und der ist echt hart im Nehmen.“ Der letzte Teil wiederholt sich in meinem Kopf. Ich denke unwillkürlich an ein paar vergangene Nächte und Kains eindeutige Härte. „Wehe du nennst mich jemals Willi! …Und wir haben es längst geklärt.“ Feucht und fröhlich. Nun kann ich mir das zweideutige Mundwinkelzucken nicht verkneifen und bin froh, dass Jeff in diesem Moment mit seinem Handy rumhantiert. „Aha. Und was bitte musstet ihr klären?“, bohrt er halbherzig weiter, blickt erneut auf sein Handy und schiebt es sichtlich enttäuscht zurück in seine Hosentasche. „Erwartest du einen Anruf?“, frage ich ausweichend und irgendwie auch neugierig. „Was? Nein! Und gib einfach zu, dass dir Kain den Kopf gewaschen hat, weil du Merena ständig fertig machst.“ Schon wieder die Rothaarige. Jeff sieht mir wissend entgegen. Genervt rolle ich mit den Augen und beginne augenblicklich, dieses brennende Gefühl in meinem Inneren niederzuringen. Dafür löse ich mich aus der Umklammerung. Er nimmt er es als Bestätigung seiner Vermutung und ich lasse ihn in dem Glauben. „Ihr werdet auch keine Freunde mehr, oder?“ Ich antworte Jeff mit einem einfachen, vernichtenden Blick. Die beherrsche ich besonders gut. Er weiß, wie absolut ich bin. Vor allem dann, wenn ich Personen einfach nicht leiden kann. „Merena will Kain wieder zurückgewinnen", sagt Jeff, so, als müsse er mir erklären, wieso die Rothaarige dauernd in seiner Nähe klebt. „Tatsächlich…“, entflieht mir sarkastisch und leidvoller als beabsichtigt. Jeff bemerkt es nicht. Oder er ignoriert es. „Aber ich habe das Gefühl, dass sie sich in der letzten Zeit besonders ins Zeug legen muss, um überhaupt an ihn heran zu kommen. Ich verstehe, warum sie es versucht. Kain ist ein echtes Schnittchen“, erklärt er mit wackelnden Augenbrauen und seufzt übertrieben sehnsüchtig. Fehlt nur noch, dass er zu sabbern beginnt. „Oh, bitte erspar mir das...“, seufze ich und kann mir eine tuntige Handbewegung zur Erklärung nicht verkneifen. Jeff grinst und holt ein weiteres Mal sein Handy hervor. „Denkst du, Kain gibt ihr noch eine Chance?", frage ich nach einem Moment Stillschweigen und versuche, desinteressiert zu klingen. Mit gesenktem Blick schiebe ich meine kalten Hände in die Taschen meiner Hose, um zu verhindern, dass Jeff sieht, wie ich sie zur Faust balle. „Gute Frage. Ja. Nein. Vielleicht. Möglicherweise... Keine Ahnung. Gefühle sind seltsam.“ „Geht es noch etwas kryptischer, Yoda?", kommentiere ich diese eigenartige Anhäufung von Worten, die alles und auch nichts sagen. Ich kriege Kopfschmerzen. Jeff beginnt zu lachen und tätschelt mir die Schulter, so, als würde das seiner Aussage mehr Sinn verleihen. Ich verstehe es noch immer nicht. „Kain ist eigentlich ein totaler Beziehungsmensch, auch wenn er gern das Gegenteil behauptet und sie waren eine lange Zeit zusammen gewesen. Auch danach noch aus Gewohnheit. Jedoch ist er seit geraumer Zeit nicht mehr von selbst zu ihr gegangen, hat nicht mehr bei ihr übernachtet oder mit ihr… aber er... Aber wer weiß“, orakelt der Blonde weiter. Mich stören das erste Aber und die kurze Pause. Sehr sogar. Was aber? Ich starre meinen Kindheitsfreund an, doch das Aber behält er für sich. Ebenso die Quelle seiner Informationen. „Woher kommt dein Interesse?", fragt Jeff. Er sieht mich an und ich drehe schnell meinen Kopf weg. Ich zucke mit den Schultern. „Ach, ich suche nur neues Futter für mehr Gemeinheiten", druckse ich rum. „Oh Robin, nicht doch. Lass das!" „Wieso? Sie ist der Inbegriff einer missgünstigen, dummen Hexe." „Ja, und du bist der Inbegriff eines fiesen, kleinen Teufels, also komm schon." „Deswegen brauche ich mehr Futter! Und was heißt hier klein? Du bist maximal ein Zentimeter größer." „Zwei", gibt er verbessernd Retour und grinst. Diese Diskussion führen wir mehrmals im Jahr. Im Grunde immer dann, wenn Jeff der Meinung ist, auf sein Größersein explizit hinweisen zu müssen. Leider muss ich eingestehen, dass da etwas Wahres dran ist. Er ist größer. Genauso wie Abel und vor allem Kain. Der Schwarzhaarige in so mancher Hinsicht. Mit diesem speziellen Gedanken legt sich ein weiteres Mal an diesem Tag ein eindeutiges Lächeln auf meine Lippen. Doch dieses Mal kriegt Jeff es mit. „Ein Penny für deine Gedanken.“ Er sieht mich an und zwinkert, so, als würde er genau wissen, dass ich an etwas Versautes gedacht habe. Es ist beängstigend. „Jeff!“, ertönt es hinter uns. Wir drehen uns beide zu der Stimme um. Während Jeff wissend winkt, denke ich noch immer darüber nach, dass der Name meines Mitbewohners neuerdings dreisilbig ist. Bei vier Buchstaben eine ziemliche Leistung. Ein zierlicher junger Mann kommt mit überschwänglich winkender Geste auf uns zu gelaufen. Schnaufend bleibt er bei uns stehen, stemmt seine Hand in die Hüfte und verdreht übertrieben die Augen, so, als hätte er gerade etwas Unmögliches gestemmt. Ein Klischee auf zwei Beinen. Ich mustere den anderen Mann skeptisch. Seine Frisur ist zu gestylt. Sein Outfit scheint zu schick für die Uni. Die schmalen Lippen passen nicht in das ovale Gesicht und seine Augenbrauen bestehen nicht einmal aus Haaren. Er ist ein ganzes Stück kleiner, als ich und seine matschbraunen Augen mustern mich auffällig, bis Jeff auf den Trichter kommt, uns einander vorzustellen. „Oh, das ist Kevin. Kevin, Robin“, stellt er uns vor. Anscheinend muss er mich nicht als sein Mitbewohner klassifizieren. „Kev-in…“, korrigiert der andere mit einem Zwinkern und hängt ein helles und nasales Hi hinterher. Sein schmales Becken bewegt sich keck nach vorn und sein Kopf hin und her. Alles ein bisschen zu viel. Alles ein wenig zu übertrieben. Das perfekte Schwulenklischee mit übertriebener YouTube-Attitüde. Ich sehe fragend zu Jeff. „Er ist auch Geologe und wir haben ein gemeines Projekt.“ Eine weitere Erklärung meines Kindheitsfreundes, die mich jedoch verwundert dreinschauen lässt. Ernsthaft? „Der wühlt im Dreck?“, frage ich ungläubig, deute reichlich abfällig mit dem Daumen auf das YouTube-Klischee und ignoriere den geübt empörten Blick. Solch Reaktionen bekommt er wohl öfter. „Kevin spezialisiert sich auf Gemmologie.“ Diamanten. Das ergibt wieder sind. Er quietscht entzückt, als hätte Jeff einen der gepressten Kohlenstoffe aus seiner Hose gezaubert. Das Geräusch ist hoch und penetrant. Mein linkes Augenlid beginnt leicht zu zucken. Kevin sieht es als Anlass, das Gespräch an sich zu reißen. Er spricht ohne Punkt und Komma. Doch nur etwa jeder achte Satz hat wirklich etwas mit dem gemeinsamen Projekt zu tun und inhaltlich ist alles so gewichtig, wie die Tatsache, dass Niagara eine der Trendfarben des Sommers ist. Ich beobachte Kevin dabei, wie er wild gestikuliert, wie seine aufgemalten Augenbrauen im Takt seiner quietschenden Äußerungen keine Regung zeigen. Jedes Mal, wenn Jeff einstimmt, antwortet Kevin zunächst mit einem hellen Quieken. Dabei klingt er wie einer aus diesen Foodporn-Youtube-Videos, in denen sich zierliche Asiaten überschwänglich mit amerikanischen Süßigkeiten vollstopften. Ich sehe ein paar Mal auffällig auf Kevins Füße. „Was machst du da?“, fragt er daraufhin irgendwann. „Ich schauen, ob dir jemand auf den Fuß tritt. Du klingst andauernd wie ein Hundespielzeug.“ Eine seiner künstlerisch ambitionierten Augenbrauen wandert nach oben. Nun wirkt er noch klischeehafter. Unglaublich, dass das möglich ist. „Du bist witzig“, sagt er übertrieben, sieht zu Jeff und beginnt zu lachen. „War nicht meine Absicht“, kommentiere ich trocken. Seine manikürte Hand winkt und patscht dabei sachte gegen Jeffs Schulter. Es folgt ein weiteres Quietschen und ich will einfach schnell weg. „Ich krieg einen Tinitus“, sage ich, ohne auch nur den Anschein einer höfflichen Ausrede erwecken zu wollen. Ich lasse meinen Zeigefinger ungalant vor meiner Schläfe kreisen, sehe zu Kevin und dann zu meinem Mitbewohner. Sein Blick tadelt mich, doch ich zucke nur kurz mit den Schultern und gehe ohne ihn zurück ins Wohnheim. Während ich meinen Computer starte, bekomme ich eine Nachricht von Brigitta. Ich bin ihr noch immer das Exposé für das neue Buch schuldig. Im Mantel klassischer Lektorenäußerungen kann ich die diabetesverursachende Zuckrigkeit herauslesen, die in jeden von Brigittas Worten mitschwimmt. Zum Schluss versucht sie es nicht einmal zu verstecken und verabschiedet sich mit einem typischen klebrigen Kosenamen. Ich öffne das am Samstagabend begonnene Dokument, lese und seufze. Ich habe nichts mehr hinzuzufügen und schicke es ab. Sie wird es nicht mögen und dennoch wird sie mich anhalten, es weiter zu schreiben. Meine Gedanken darin zu verwurzeln und meine Fantasien zu konkretisieren. Ich ziehe meine Kopfhörer hervor, öffne den Ordner mit ruhigen und auch traurigen Melodien und lausche den Klängen von James Blunts ´Tears and Rain´. ´How I wish I could surrender my soul. Shed the clothes that become my skin. See the liar that burns within my needing.´ Ich lehne mich zurück, sehe aus dem Augenwinkel heraus, wie Jeff ins Zimmer kommt. Ich habe keine Lust auf etwaige Diskussionen und Mahnungen, also schenke ich ihm keine Beachtung. Jeff versteht es nach all den Jahren auch ohne verbalen Hinweis. Alles Aufregen und Meckern hätte keinen Sinn. Er hat es oft genug versucht. Es würde nichts ändern, denn ich werde mich nicht ändern. ´Hides my true shape like Dorian Gray´. Ich überfliege die letzte Zeile des Manuskripts. Ich befinde mich noch immer im Bereich der klassischen Prämisse. Obwohl ich keinen Wert auf typische Aufbaustrukturen in meinen Romanen lege, geschieht es fast jedes Mal automatisch, dass sich eine solche festlegt. Mit der Erläuterung der Vorgeschichte meiner Charaktere und unter Bezugnahme der Storyline des vorangegangenen Buches, habe ich wohl oder übel eine annähernde 5-Akte-Struktur. Aus meinen Kopfhörer dringt Adeles ´Love in the Dark´. Ich krame meine Vorüberlegungen hervor. Ich brauche ein Vorkommnis, das die Dynamik zwischen den beiden Männern verändert. Einen Wendepunkt. Vielleicht ein Streit. Ein weiterer menschlicher Faktor wäre möglich. Nein. Zu kompliziert. Ich lehne mich zurück, lasse meinen Finger über der Leertaste schweben und setze meine Hand erst ab, als mir partout keine befriedigende Antwort einfallen will. Nur die eine. Eine sexuelle Gefälligkeit. Ich sehe dabei zu, wie sich mein Finger auf die Leertaste senkt. Sie aber nur vorsichtig bestreicht, ohne sie zu betätigen. Es wäre ein Kniff. Ein Höhepunkt. Für Ryan wäre es der Faden der Hoffnung, der aus langersehnten Wünschen ein reelles Momentum spinnt. Ryan ist verliebt. Unglücklich verliebt und jede noch so kleine Zuneigung seines Freund lässt die Glut weiter glimmen. Nichts weiter als ein tragisches Klischee vieler Romanvorlagen. Aber ein nützliches. ´Please don't fall apart. I can't face your breaking heart. I'm trying to be brave. Stop asking me to stay`. Adeles volle Stimme echot in meinem Kopf umher. Ich mag die mitschwingende Traurigkeit in ihren Liedern. Als ich auf die Uhr sehe, ist es bereits mitten in der Nacht. Ich ziehe mir die Kopfhörer von den Ohren und schaue zu meinem schlafenden Mitbewohner, der mit geöffneten Mund auf dem Rücken liegt. Er schnarcht. Leise, aber beständig. Das macht er sehr selten. Ein letztes Mal wandern meine Augen über die niedergeschriebenen Passagen. Wie ratsam ist es, über etwas zuschreiben, was man selbst noch nicht erlebt hat? Das frage ich mich jedes Mal aufs Neue. Ich war noch nie unglücklich verliebt. Ich war überhaupt noch nicht verliebt. Kein einziges Mal. Ich fühle eine seltsame Ernüchterung. Fast eine Unzufriedenheit. Das passiert mir selten, dass ich an meinen Texten zweifele. Normalerweise fühle ich mich dabei immer sehr sicher. Ich sehe ein weiteres Mal zu meinem sägenden Mitbewohner und beschließe, samt Kopfhörer ins Bett zu gehen, weil ich sonst in einen nächtlichen Blutrausch gerate. Einschlafen kann ich trotzdem nicht. Am Morgen weckt mich eine panische SMS der schönen Inderin. Sie bittet um ein kurzes Treffen. Noch während ich mühsam nach dem 2. Buchstaben des Wortes OK suche, folgt eine weitere Nachricht mit konkreten Fragen, die sie beantwortet wissen will. Ob ich ihr helfen könne? Bereits beim Lesen fühle ich mich wie ein ausgelutschtes Lexikon. Ich verspüre einen kurzen Glücksmoment, als ich endlich das K finde und drehe entsetzt mein Gesicht ins Kissen, als ich begreife, dass es erst halb 7 ist. Das wird mir Shari büßen. Irgendwie. Irgendwann. Irgendwo. Prompt folgt eine digitale Entschuldigungstirade mit so viel liebreizenden Zucker, dass ich sofort vergesse, weswegen ich eigentlich sauer bin. Ein Hoch auf die vielfältige Welt der Emojis. Kain benutzt auch immer eine Unmenge davon. Genauso, wie Jeff. Das höchste meiner digitalen Gefühlswelt ist ´Doppelpunkt Klammer zu´. Ich drehe mich wieder zur Wand, nehme mein Kissen in den Arm und drücke zu. Es wehrt sich nicht. Schreit nicht. Ein dankbares Opfer. Nach einer Weile höre ich, wie sich Jeff rührt. Er gähnt laut und streckt seine Glieder, sodass seine Knochen knacken. „Wer schreibt dir so früh am Morgen?“, fragt er schmatzend und schafft es, sich auf zu richten. Ich gratuliere ihm später. „Shari“, nuschele ich ins Kissen und spüre feuchten Stoff an meiner Wange. Ich drücke es von mir weg. „Die kleine Inderin, die du ins Bett kriegen willst?“ „Ich will sie nichts in Bett kriegen. Ich helfe ihr nur dabei, die Klausur zu bestehen. Wegen des Tutoriums“, murre ich und drehe mich auf den Rücken. Als ich zu Jeff sehe, wirft er mir einen skeptischen Blick samt kurioser Mundverzerrung zu. „Was?“, erfrage ich seine kreative Gesichtsgymnastik. „Ganz ohne Hintergedanken?“, erkundigt sich Jeff misstrauisch. Nun setze auch ich mich auf und suche nach meinen Jeans. Ich bin müde. „Stell dir vor.“ „Wirklich?“ „Du nervst.“ Kurzes Schweigen. „Jetzt bin ich wirklich davon überzeugt, dass du dich mit jemanden triffst. Wer ist es? Sina. Kati. Melli. Shabby, das Unimaskottchen… Kain.“ Gerade als ich meine Hose entdecke und danach greife, fällt der Name des Schwarzhaarigen. Ich verliere den Halt und stürze halb vom Bett. „Himmel, Jeff mach dich nicht lächerlich. Sina ist nicht mein Typ. Kati ist Sina nur mit dunklen Haare. Wer ist Melli? Und wenn ich die Wahl hätte zwischen Kain und Shabby, nehme ich eindeutig Shabby“, sage ich abfällig. Jeff grinst, stellt sich das Ganze genauso vor, wie ich und streicht sich durch die blonden Wuschelhaare. Ich setze mich zurück aufs Bett und streife mir die Jeans über die Beine. „Wusstest du, dass Kain in seinem ersten Semester für ein paar Wochen Shabby war?“ „Gruselige Vorstellung“, sage ich und tue damit das Thema ab. Obwohl ich mich gleichgültig gebe, rumort es in mir. Hat Jeff etwas gemerkt? Mein Mitbewohner ist für solche Dinge feinfühliger. Vielleicht hat er etwas gesehen? Genauso wie Sina. Mein Herz beginnt unwillkürlich zu rasen. Ich und Kain. Nein, Jeff würde es sagen, wenn er ein konkretes Indiz hätte. Aber wieso sollte er etwas ahnen? Es gibt keinerlei sinnvolle Grundlage für eine solche Annahme. Ich selbst habe keine glaubhafte Erklärung für das, was zwischen mir und dem Schwarzhaarigen passiert. Die Vene an meinen Hals pulsiert. Heftig und stark. Ich krame mir ein frisches T-Shirt aus dem Kleiderschrank und drehe mich es anziehend zu Jeff um. Er beobachtet mich. „Was?“ „Du weichst mir andauernd aus.“ „Unsinn. Es gibt nichts, dessen ich ausweichen müsste.“ Laptop, Block und Kopfhörer. Als ich das beieinander habe, greife ich meine Jacke und bin schon an der Tür. Nach kurzen Abstechern in den Waschraum und zum Foodstore setze ich mich nach zwei Zigaretten in die Bibliothek. Ich grüße Marie und bin mir nicht sicher, ob sie mich überhaupt wahrgenommen hat. Ich frage mich auch, wieviel Zeit sie in ihrem Bücherhaufen verbracht hat und ob sie es in den letzten Tagen geschafft hat, nach Hause zugehen. Womöglich ist sie bereits mit den Büchern verwachsen? Ich beobachte sie eine Weile aus der Ferne und fühle, wie sich langsam aber sicher das schlechte Gewissen in mir regt. Meine Lernanstrengungen für dieses Semester halten sich noch immer in engfassten Grenzen. Übermorgen schreibe ich die erste Klausur. Am Freitag die nächste. Auch jetzt fehlt mir die Muße. Statt mich in die Bücher zu vertiefen, öffne ich das Manuskript und scrolle direkt zu der Stelle, an der ich am Abend aufgehört habe. Eine sexuelle Gefälligkeit. Ein Moment. Eine Gelegenheit. Was würde Ryan tun? Er wird es nutzen. Auch, wenn er bereits in diesem Moment erahnt, welchen Kummer es ihm bringt. Wie würde er es tun? Leidenschaftlich. Genießend. Er wird es auskosten. Ich spüre einen feinen Schauer, der sich von meinen Beinen hinauf arbeitet und in meinem Kopf formen sich erste Szenen. Wie fühlt es sich an? Ryans Körper wird vor Erwartungen, Vorfreude und Erregung zum Bersten angespannt sein. Jede Berührung wird seine Sehnsüchte stillen und zugleich weiter entfachen. Ein Zwiespalt. So süß und herb, wie dunkle Schokolade, die langsam auf seiner Zunge schmilzt. Er wird das erregende Gefühl spüren, wenn sich die ersehnten Hände über erwartende Haut streicheln. Er wird wissen, dass sie es womöglich kein weiteres Mal tun werden und es wird umso intensiver sein. Der Gedanken daran, seine Hitze auf den Lippen zu spüren und zu schmecken, wird er genießen. Es wahrhaftig zu spüren, wird er lieben. In meinen Fingerspitzen beginnt es zu prickeln, als ich die ersten Zeilen eintippe. Alle weiteren schreibe ich, wie in einem Rausch. Gegen 10 Uhr beginnt mein Telefon hektisch zu blinken. Eine neue Nachricht von Shari. Wir treffen uns eine halbe Stunde später. Ich habe nichts dagegen, beende den letzten Absatz und damit das Kapitel. Die Unzufriedenheit vom gestrigen Abend verflüchtigt sich. Einen Moment lang bleibe ich sitzen, sehe auf den leuchtenden Bildschirm und packe dann zusammen. Beim Hinausgehen ringe ich Marie ein Lebenszeichen in Form eines mürrischen Lauts ab und unterlasse den Versuch, ihr zu erklären, wie wichtig Schlaf und Pausen für die kognitive Leistung sind. Ich verschwinde ins Hauptgebäude und bin vor der Inderin im Seminarraum. Shari schnauft, als sie die Tür öffnet. In beiden Händen hält sie mehrere orangefarbene Tüten mit weißen Styroporbehältern. Ohne Begrüßung stellt sie die Beutel auf dem Tisch ab und lässt sich schwer seufzend auf den Stuhl neben mir fallen. Ihr Haar ist dieses Mal nur locker zusammengebunden, so, als hätte sie für eine ordentliche Frisur einfach keine Zeit gehabt. Es steht ihr. „Was ist das Alles?“, frage ich, beobachte, wie Shari eine verirrte schwarze Strähne zur Seite pustet. „Das Ergebnis eines Kochanfalls meiner Mutter“, sagt sie und richtet sich wieder auf. „Hier, für dich.“ Sie schiebt mir lächelnd eine der Tüten zu und scheint heilfroh, sie los zu sein. „Trotz der Gefahr, dass ich mich wiederhole, aber: Was ist das?“ Nur mit dem Zeigefinger schiebe ich etwas Plastik zur Seite und mir weht augenblicklich der Geruch von Curry und Chili entgegen. „Essen“, kommentiert Shari verwundert, „Indisches Essen. Meine Mama glaubt immer, wenn ich in Klausurenstress bin, dass Essen das beste Mittel gegen Alles ist. Da ich trotz jahrelangem Training irgendwann einfach kein indisches Essen mehr sehen kann, bin ich darauf ausgewichen, es an meine Freunde zu verteilen. Mein Freund ist gegen Paprika allergisch. Mark und Raphael sprechen langsam schon Hindi und meine Freundinnen unterstellen mir, ich würde sie absichtlich fett machen wollen.“ Shari seufzt und ich fühle mich mit den vielen Informationen überfordert. Mark war der schmale Kerl mit dem starren Blick, oder? Mein Schweigen nimmt sie als Zustimmung. „Wir haben Sabudana Vadas, Samosas mit Kürbis und anderen Gemüsen, Shakarkanad, Kachori und vieles, vieles mehr. Am besten suchst du dir jemanden zum Teilen.“ Die exotischen Begriffe klingen aus ihrem Mund besonders schön und weich, aber kein bisschen verständlicher. Während sie mir die einzelnen Inhalte der Packungen und die dazugehörigen Saucen vorstellt, verteilt sie alles auf dem Tisch. Es riecht interessant und ich wage es nicht, ihr zu gestehen, dass ich noch nie im Leben indisch gegessen habe. Außerdem habe ich augenblicklich jegliche Erklärung wieder vergessen. „Du kannst auch das haben“, sagt sie und legt mir einen schlichten Schokomüsliriegel vor die Nase. Anscheinend ist mein Blick argwöhnischer als beabsichtigt. „Alsooo…“, setze ich an und strecke meine Hand nach dem gepressten Haferflockenbrikett aus, ohne hinzusehen. Shari beginnt zu kichern und im nächsten Moment frustriert zu gucken. Ich lasse den Riegel neben mir liegen, schließe die offenen Styroporbehälter und stecke alles in die Tüte. Ihr Blick wird noch etwas deprimierter, während sie mir dabei zuschaut. „Zum Mittag gibt es wohl indisch“, sage ich und locke das bezaubernde Lächeln zurück. Danach fordere ich sie auf, ihre Fragen hervorzuholen und ertappe mich dabei, wie ich, angesichts der 5 A4-Blätter, in Embryonalstellung zurück in mein Bett möchte. Beim Blättern gesteht sie mir, dass es nicht nur ihre eigenen Fragen sind, sondern einige von ihren Kommilitonen stammen, mit denen sie lernt. Wieso habe ich mich nur darauf eingelassen? Scheiß auf die Note. Es dauert ewig. Doch danach lächelt sie mir derartig glücklich entgegen, dass ich fast ein Glücksgefühl verspüre. Wir verabschieden uns an der Tür. Ich sehe, wie Shari jemanden zu winkt und entdecke Kain, der lässig an einem Spind lehnt. Er winkt ihr grundschulmäßig zurück. Sharis Lächeln ist eine weitere Glucoseinjektion und ich frage mich, ob man tatsächlich so naiv sein kann. Bei mir verabschiedet sie sich mit einer Umarmung und ich mich mit einem versicherten Daumendrücken für die ersten Klausuren. Ich bin mir sicher, dass sie es ohne weitere Probleme meistern wird. Aufregung und Panik gehören einfach dazu. „Hey Spatz, komm mal her geflattert!“ Obwohl es mir allein wegen dem Kosenamen widerstrebt, bleibe ich trotzdem stehen und wende mich nach kurzem Zögern dem Schwarzhaarigen zu. Er winkt mich heran. Ich seufze still, aber mimisch. Mit dem Müsliriegel in der Hand trabe ich zu dem anderen Mann, setze schon während des Gehens mein grimmiges Gesicht auf. „Im Laufen essen, ist nicht gesund, Täubchen“ „Mir dauernd diese Spitznamen zu geben, wird für dich bald nicht mehr gesund sein. Ernsthaft, das gefällt mir nicht...“ Kain grinst herausfordernd und nimmt mir den Müsliriegel weg. Stattdessen drückt er mir einen Zettel in die Hand. Ich will lieber meinen Riegel zurück. „Was ist das?", frage ich und sehe auf das Stück Papier. „Lies!" Mit einem leisen Murren entfalte ich den Zettel. Mir schwungvollen Buchstaben hat er ´Willst du mit mir fahren?“ darauf geschrieben. Darunter steht: Ja. Nein. Vielleicht und daneben mit deutlich krakeliger Schrift der Vermerk, dass das Gewollte anzukreuzen ist. „Ist das dein Ernst?", frage ich und sehe, wie er noch etwas breiter grinst. „Entschuldige, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.“ „Na klar.“ „Immerhin gibt mir Jeff das Auto.“ „Ist das mindeste“, ächze ich übertrieben aufgebauscht und halte nicht damit hinterm Berg, dass ich mich daran störe, dass die beiden Blonden ständig machen, was sie wollen. Nicht, dass Kain das nicht wüsste. Doch bevor ich eine weitere Gewitterfront aufziehen lassen kann, schenkt mir Kain diesen entwaffnenden Gesichtsausdruck. Ich hasse ihn. „Tu nicht so, als ginge dir diese alles bestimmende Art und Weise der beiden nicht auf den Keks. Du bist schließlich derjenige, der seit geraumer Zeit kein eigenes halbes Zimmer mehr hat.“ Ich murre leise und diesmal nur, weil seine schrecklich beruhigende Art auch bei mir wirkt. „Na ja, was soll ich sagen? Mittlerweile finde ich es gar nicht mehr so schlimm“, sagt er und lächelt. Es ist dieses warme, sanfte Lächeln. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. „Jetzt gehst du mir auf den Keks.“ „Meine neuen Lebensaufgaben, schon vergessen?“, kontert er grinsend. Ich hole mir meinen Müsliriegel zurück, beiße demonstrativ ab und lasse die Plastiktüte in meiner Hand munter knistern. Kains Blick folgt dem Geräusch, doch er lässt sich nicht ablenken. „Also? Ich würde keinen allzu großen Umweg fahren, wenn ich dich bei deinen Eltern absetze. Jedoch möchte ich gern schon am Mittwoch los. Wäre das okay für dich?“ „Mittwoch ist mitten in der Woche“, bemerke ich kauend und ziehe fragend meine Augenbraue nach oben. „Und? Ich habe noch einiges zu erledigen“, antwortet er etwas zu schnell, zu ausweichend. Zudem wendet er für einen Moment seinem Blick ab, als er es sagt. „Wieso willst du nicht zu deinen Eltern fahren?", frage ich hinterher und überrumpele ihn. „Ich verstehe mich nicht sonderlich gut mit ihnen", sagt er nach kurzem Zögern. Er lächelt, doch dieses Mal ist es kein frohes. Ich bohre nicht weiter, dennoch sehe ich ihn unbewusst auffordernd entgegen. Es funktioniert. „Meine Eltern sind keine klassischen, liebevollen Familienmenschen. Sie sind eher egozentrisch und unausstehlich. Man kann weder mit ihnen reden, noch haben sie für irgendwas Verständnis." „Das klingt hart…“ „Es ist wahr. Was ist das eigentlich?“, würgt er mich ab. Kain deutet auf das Plastik, in dem sich meine Jahresration indischer Snacks befindet. „Ein Dankeschön von Shari.“ „Das riecht sehr gut! Willst du das etwa alles allein essen?“, fragt Kain ablenkend, hebt statt der Tüte meinen kompletten Arm am Handgelenk an und kommt mir deutlich näher. Ich spüre die Wärme seiner Hand und merke, wie sich augenblicklich Gänsehaut über meinen Arm zieht. So deutlich, dass es auch Kain bemerkt. Dieses Mal schaffe ich es, seinem Blick stand zuhalten und zucke fahrig mit den Schultern. „Also? Ja oder nein?“, flüstert er mir entgegen und ich weiß, dass er damit nicht das Essen meint. Mein Körper beginnt zu kribbeln. Ich mache einen Schritt zurück, entferne mich von der intensiven Hitze des anderen Mannes und ziehe einen Stift aus der Tasche. Den Zettel halte ich in Höher unserer Gesichter. Meine Antwort kreuze ich so an, dass er sie nicht sehen kann. Danach falte ich das Papier wieder zusammen. Noch etwas kleiner, als er es vorher getan hat und reiche es dem Schwarzhaarigen. Ich wende mich zum Gehen. „Spielverderber!“, ruft er mir hinterher, als er meine Vielleicht-Antwort gelesen hat. Aus meiner Hosentasche ziehe ich meine Zigaretten hervor und stecke mir eine in den Mund. Danach drehe ich mich noch mal um. „Meine Antwort ist vollkommen legitim.“ Als ich mich wieder abwende, steht Sina vor mir. Sie sieht zu Kain. Danach fixieren ihre blauen Augen mich. Das Lächeln auf ihren Lippen ist wissend. Als Kati neben ihr auftaucht, nutze ich die Gelegenheit, um wortlos vorüberzugehen und suche schnell das Weite. Die beiden Mädels gehen geradewegs auf Kain zu und ich nehme mir vor, den Schwarzhaarigen das nächste Mal auf Sinas Angebot anzusprechen. Im Wohnheimzimmer angekommen, logge ich mich in die uniinterne Informationsplattform ein und mir schlägt eine Flut an zusätzlichen Lektürevorgaben entgegen. Die freundlichen Hinweise des Dozenten diese und jene Passage noch einmal zu lesen, wirkt nach der fünften Benachrichtigung wie blanker Hohn. Es folgen noch sieben Weitere und ich lehne mich fassungslos zurück. Zwei Tage vor der Klausur. Der spinnt doch! Als wenige Sekunden später mein Mitbewohner durch die Tür spaziert und mich auf den zwei Metern bereits vollquasselt, drücke ich ihm den Korb mit dreckiger Wäsche in die Hand und werfe ihn unter der Versicherung raus, dass ich Ben kein Haar krümme. Der Drucker ächzt. Ich suche nach meinem grünen Textmarker und gebe verzweifelt auf. Pink und Gelb müssen reichen. Die gewonnenen Stunden, in denen sich mein Kindheitsfreund um unsere Wäsche kümmert, sind schneller um, als mir lieb ist. Summend schlägt er samt vollbeladenen Wäschekorb wieder in unserem Zimmer auf. Unter Einsatz jeglicher Ekelhaftigkeit, die ich an den Tag legen kann, kriege ich Jeff dazu, sein Ganzkörper-Pflege-Programm vorzuziehen. Ist nach Handtuch zu riechen wirklich eine Beleidigung? Ich versüße ihm das Ganze mit einer neuen, extra scharfen Rasierklinge und bin zufrieden, als sich die Tür hinter einem summenden Jeff wieder schließt. Ich werfe einen Blick in Sharis ominösen Snackbaukasten und probiere eine der Teigtaschen. Ungewöhnlich. Leicht scharf. Aber lecker. Ich nehme die Styroporpackung mit zum Schreibtisch. Ich ziehe mir erneut die Texte heran und nach eineinhalb Seiten fällt mein Kopf auf den Tisch. Ich bin müde. Lustlos und der Überzeugung, dass ich mit dem heutigen Abend sowieso nichts mehr reißen kann. Jeffs Handy beginnt zu summen. Ich ignoriere es. Auch beim zweiten Mal atme ich nur tief ein. Beim dritten Klingeln will ich mir nur noch die Haare raufen. Mit einem gehörigen Maß an Gereiztheit richte ich mich auf, suche das nervende Gerät zwischen den Bettlaken und gehen ran. „Jeffs Telefon. Er ist gerade nicht verfügbar. Kann ich etwas ausrichten, damit das nervige Gebimmel aufhört?", frage ich scharf, aber trotzdem noch halbwegs freundlich. Am anderen Ende bleibt es für einen Moment erwartet still. „Oh. Hi, spreche ich mit dem Mitbewohner?" „Ja." Am anderen Ende wird erleichtert ausgeatmet, bevor ich eine weitere Reaktion bekomme. „Entschuldigung für die Störung. Könntest du Jeff bitte ausrichten, dass Jake angerufen hat?" „Kann ich." „Danke. Schönen Abend noch." Damit legt er auf und ich sehe einen Moment verwundert auf das leuchtende Display, bis es sich wieder verdunkelt. Ich werfe Jeffs Handy aufs Bett und trabe zurück zu meiner unterirdisch spannenden Fachliteratur. Mein Schädel platzt, wenn ich noch ein weiteres Wort über Matrizen lesen muss. Ich greife in meine Hosentasche und ziehe die Schachtel Zigaretten hervor. Ein paar Minuten später kommt mein frischgeduschter und zufrieden seufzender Mitbewohner wieder zurück. Ich mache mir nicht die Mühe, meinen Kopf von der Tischplatte zu entfernen. „Du machst Fortschritte, wie ich sehe“, kommentiert Jeff munter. „Witzbold! Ach, ich soll dir ausrichten, dass Jake angerufen hat", sage ich und lehne mich mit meinen Schreibtischstuhl weit nach hinten. Den Blonden sehen kann ich trotzdem nicht. Dennoch spüre ich die plötzliche Unbehaglichkeit, die das ganze Zimmer erfüllt. Ich höre, wie er sich auf sein Bett niederlässt und wie er nach kurzem Suchen auf seinem Handy herumtippt. „Jeff, wer ist Jake?", hake ich nach, nachdem es auf der anderen Seite des Raumes seltsam still bleibt. „Niemand“, wiegelt er ab. „Ein Niemand, der dich am Abend einfach so anruft?“ Ich bleibe skeptisch und zeige es ihm deutlich. Jeff seufzt. Zu theatralisch für meinen Geschmack. Ich greife nach einer gefüllten Teigtasche aus dem indischen Sammelsurium und lass es mir schmecken. „Jake ist der IT-Kerl aus dem PC-Pool.“ Schlagartig verschlucke ich mich an der Füllung. „Du… verar...scht mich?“, röchele ich und greife hustend nach einer Flasche mit einer Restpfütze Wasser. „Er hat mir bei einem Problem mit dem Laptop geholfen und dabei sind wir ins Gespräch gekommen. Er ist sehr nett.“ „Du meinst wirklich den großen Dunkelhaarigen?“, frage ich, während sich der Masala durch meine Luftröhre frisst. Ein wahrlich mörderisches Geschmackserlebnis. Jeff nickt und legt sein Telefon sorgsam auf dem Schreibtisch ab. „Davon wird deine Backpflaume von Freund nicht begeistert sein“, kommentiere ich dieses anbahnende Beziehungsdrama und schwanke zwischen bösartiger Vorfreude und Fluchtgedanken, weil ich kein Teil dieser Dramödie werden möchte. „Es gibt nichts, worüber er sich Gedanken machen muss. Wir haben uns nur nett unterhalten…“ „Und Telefonnummern ausgetauscht.“ „Weil er mir hilft, einen besseren Laptop zu finden und den Alten gewinnbringend zu verhöckern.“ „Ja, eine Hand wäscht die andere. Ich bin gespannt, welche vorteilhafte Situation du bald für ihn hast.“ Im hohen Bogen kommt mir ein Paar Socken entgegen geflogen. Ich fange sie lachend und sehe mit Vergnügen dabei zu, wie sich Jeffs Gesichtsfarbe meiner durch atemnotverursachten angleicht. Sie wird tiefrot. „Blödmann“, wirft er ungalant hinterher. Ich nehme mir grinsend eine neue Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und versuche den Hustenreiz endgültig zu vertreiben. „Hey, bitte sag ihm nichts. Ich habe keine Lust auf seine Eifersuchtsanfälle.“ Jeff wendet sich von mir ab und beginnt die Klamotten im Wäschekorb zusammenzulegen. Eifersuchtsanfälle. Ich erinnere mich an den Vorfall zu ihrem Halbjährigen. Den Streit und Jeffs Laune, als er plötzlich im Zimmer aufgetaucht ist. Auch jetzt ist sein Blick eher angestrengt. „Komm, als ob ich freiwillig mit Abel reden würde“, kommentiere ich. Statt Dank ernte ich mit diesem Ausspruch einen säuerlichen Blick. Bevor ich etwas dazusagen kann, öffnet sich unsere Zimmertür und das Subjekt unseres Gespräches betritt den Raum. Ich setze mich samt Flasche zurück an den Schreibtisch, sehe dabei zu, wie Abel seinem betretendreinschauenden Freund begrüßt und sich dann auf Jeffs Bett fallen lässt. Dabei bringt er ein paar der sorgsam gefalteten Klamottenstapel durcheinander. Er quetscht sich das Kissen zurecht und streift sich die Socken von den Füßen. Unvermittelt verspüre ich Übelkeit. Füße sind nicht schön. Eher seltsam, wenn nicht sogar ekelhaft. Ich starre auf Abels viel zu überdimensionalen großen Zeh. Vielleicht erklärt das das geringe Maß an Gehirnmasse in seinem Schädel? Der Blonde lässt einen wackeln und reißt mich damit aus den Gedanken. „Wieso hat Kain dich rausgeworfen?“, fragt Jeff. Das Vorgespräch habe ich nicht mitbekommen und tadelt mimisch das angerichtete Chaos. „Kopfschmerzen!“, murmelt Abel und knetet sich ein weiteres Mal das Kissen zurecht. „Kopfschmerzen? Wäre eine Erklärung mit ganzen Sätzen möglich?“, erfrage ich einmischend. Abel zuckt mit den Schultern. „Ja, die ganze Leserei. Er meint ihm platzt regelmäßig der Schädel, weil er sich jedes verdammte Wort merkt und außerdem hat er schlechte Laune. Vorhin gabs einen Anruf von seinen Eltern. Sahara geht es mal wieder schlechter. Das andauernde Drama nervt“, nuschelt der Blonde runter und verdreht mehrere Male genervt seine Augen. Jeff nickt zustimmend, schubst ein Paar Socken in meinen Schrank und wandert zurück zum Wäschekorb. Ich fange ihn bei der nächsten Möglichkeit ab und halte ihn am Pullover fest. Ich versuche ihm mimisch deutlich zu machen, dass ich keine Ahnung davon habe, wovon der andere Blonde spricht und verzweifele, als mich Jeff zunächst verwirrt anblickt. Ich wiederhole den genannten Namen leise. „Kains Schwester.“ Als Antwort bekomme ich einen 2-Wort-Satz und einen Blick, der mich verurteilt, weil ich das nicht wusste. Jeff widmet sich der Wäsche, meckert ein weiteres Mal mit seinem Partner, weil dieser begonnen hat, die Kleidung wieder auseinander zunehmen und zu begutachten. Als Jeff nach dem Stoff greift, zieht ihn Abel einfach auf sich. Erst leises Murren. Dann feines Kichern. Sie flüstern. Sie küssen. Ich drehe mich endgültig zu meinem Bildschirm zurück, blicke auf meine Notizen und spüre, wie meine Konzentrationsfähigkeit rapide nachlässt. Ich denke an Abels Zimmergenossen. Kains Kopfschmerzen werden schlimmer. Seine Schwester. Das Kichern wird lauter und meine Neugier nimmt überhand. Ich sperre meinen Rechner und greife nach meiner Jacke. „Wo willst du hin?“, fragt Jeff und versucht händeringend, den anderen Blonden für diesen kurzen Moment von sich wegzudrücken. „Ich brauche frische Luft“, sage ich unbestimmt, doch ich habe ein konkretes Ziel. Ich sehe auf das Nummernfeld für den Code und klopfe währenddessen gegen die Tür. Der Schwarzhaarige öffnet mir mit müden Blick die Tür. „Hey“, gebe ich von mir und nutze seine Verwirrung, um mich an ihm vorbei ins Zimmer zuschieben. Chaos schlägt mir entgegen. Es ist noch schlimmer, als beim letzten Mal. Herumliegende Klamotten, Bücher und anderer Kram. Diesmal nicht nur auf Abels Seite. Auch Kain sieht seltsam durcheinander aus. Seine Haare sind wirr und er trägt nur eine Socke. „Was machst du hier?“, fragt er und sieht mir dabei zu, wie ich ein Stück Kleidung mit dem Fuß wegschiebe. Es rollt gegen einen Stapel Zeitschriften und entpuppt sich als Kains fehlender Socke. „Abel ist bei Jeff“, erkläre ich lapidar und hebe ein Buch vom Boden auf. Einführung in die Pathobiochemie. Ich bin mit meinem Exemplar noch immer nicht weiter gekommen. „Dir ist schon klar, dass das keine Antwort auf meine Frage ist?“, gibt der Schwarzhaarige mit matter Stimme von sich. Für mich schon. Ich wende mich von Kain ab und lege das Lehrbuch auf seinem Schreibtisch ab. „Habt ihr schon mal über eine Putzfrau nachgedacht?“, frage ich, statt ihm eine bessere Antwort auf meine Anwesenheit zugeben. „Bist du hier, um mir auf die Nerven zugehen?“ Ich sehe zurück zu Kain, der sich gerade auf sein Bett niederlässt. Fahrig streicht er sich durch die Haare. „Möglich“, kommentiere ich gelangweilt und lehne mich gegen die Tischplatte. „Ich habe für sowas gerade keinen Nerv“, sagt er, klingt ungewöhnlich gereizt „Ich muss noch drei Kapitel lesen und zusammenfassen. Mein Gehirn fühlt sich an, wie Wackelpudding und ich bin hundemüde“, seufzt er mir erklärend entgegen und greift demonstrativ nach seiner Literatur und dem Block, welche beide neben ihm auf dem Bett liegen. Er streicht sich über den Nasenrücken und wartet, dass ich mich in Luft auflöse. Ich bleibe materialisiert und bewege mich auch nicht weg. Ich kann mir vorstellen, dass durch die Leserei der Schmerz nur noch schlimmer wird. Ein Stimmchen in mir flüstert, dass ich ihn in Ruhe lassen soll. Um es zu übertönen, gehe ich auf Kains Bett zu. Erst als ich versuche, ihm das Buch aus der Hand nehmen, reagiert er. Mit Verärgerung, die sich durch eine deutliche Einkerbung zwischen seinen Augenbrauen zuerkennen gibt. Spuren, dieser Falte vertiefen sich auch immer dann, wenn er kurz davor ist, zu kommen. Meine Fingerspitzen beginnen zu kitzeln. „Hey, ich habe keine Zeit für Spielchen“, murrt er und umgreift den Stift in seiner Hand fester. „Rutsch rüber…“ Ich deute in die Ecke seines Bettes. Kain sieht mir verneinend entgegen und macht mir mimische klar, dass ihm langsam der Kragen platzt. Ja, auch ich kann penetrant und nervig sein, wenn ich will. Ich fordere ihn ebenso mimisch auf, endlich zur Seite zu rutschen. Analoge Kommunikation ist etwas Feines. Bevor er etwas erwidern kann, steige ich über ihn rüber, lasse mich neben ihn fallen und nehme mir das aufgeschlagene Lehrbuch. Ich überfliege die Seite und spüre, wie mich Kain dabei anstarrt. Vielleicht sollte ich ihm erklären, dass ich dadurch weder verschwinde, noch explodiere. „Wo hast du aufgehört?“, erfrage ich die Stelle im Text. Kain reagiert nicht, sondern sieht mich weiterhin sauer an. „Okay, dann fang ich am Absatz an.“ Ich beginne vorzulesen. Ruhig und flüssig. „Robin, was wird das?“ Kain unterbricht mich nach ein paar Zeilen. Mein Name und keine dämliche Spitzvögelei. Er muss wirklich fertig sein. „Es liegt am Lesen, oder nicht? Die Kopfschmerzen meine ich.“ Kain nickt und presst seinen Kiefer aufeinander. Auch die Falte wird noch etwas tiefer. „Ich lese dir die drei Kapitel vor. Du machst dir deine Stichpunkte und ich erspare mir eine weitere Dröhnung widerliches Kopfkino, weil ich nicht zu den beiden diabetesverursachenden Verrückten zurück muss. Eine klassische Win-win-Situation.“ Zum Abschluss untermale ich meine glanzvolle Idee mit einem übertriebenen Grinsen. Während ich ihm meine Intension erkläre, verschwindet die Wut aus Kains Gesicht und macht einem anderen Ausdruck Platz. Ein feines Lächeln legt sich auf seine Lippen und ich konzentriere mich wieder auf das Buch, welches schwer in meinen Händen liegt. Weil er schweigt, nehme ich es als Anlass, fortzufahren und unterbreche nur noch mal für den Bruchteil einer Sekunde, als er sich dichter zu mir beugt und mir einen Kuss gegen die Schulter haucht. Ein ungewöhnlich warmes und vertrautes Gefühl durchströmt mich. Ich lese, ohne darauf zu reagieren, weiter. Kain beendet den letzten Stichpunkt und lässt seufzend den Stift fallen. Ich spüre, wie er förmlich in sich zusammensackt und ermattet seinen Kopf in den Nacken legt. Ein Raunen perlt durch den Raum und ich bekomme unwillkürlich Gänsehaut. Ich lese die letzte Zeile des Abschnittes noch mal und sehe erst danach auf. Kain schaut mich an. „Du bist nett zu mir“, stellt er fest. „Gewöhn dich nicht dran“, erwidere ich schnell und schließe das Buch. Ich werfe es ans Fußende des Bettes und richte mich auf. Kain umfasst meinen Arm und hält mich zurück. „Danke“, flüstert er, zieht mich an sich und in einen Kuss. Er ist sanft und ruhig. Ich schmecke einen Hauch von Ingwer, als sich seine Lippen von meinen entfernen und verspüre unwillkürlich das Bedürfnis nach mehr. Es ist keine gute Idee. Ganz und gar nicht gut. Abel könnte jeder Zeit hier aufschlagen. Womöglich noch mit meinem Mitbewohner. Kains Fingerknöchel streicheln über meinen Kiefer, während sich sein Blick nicht von meinen Lippen löst. Meine Fingerspitzen beginnen zu kribbeln und ich greife fester in das Kissen unter mir. Ich beuge mich vor und streiche mir übers Gesicht. „Hast du diese starken Kopfschmerzen öfter?“, frage ich, ziehe die Beine an und lege meinen Kopf auf den Knien ab. „Manchmal. Sie kommen und gehen. Mal leicht, mal etwas schlimmer. Ich versuche den Lesestoff aufs Semester zu verteilen, aber das klappt nicht immer und an Tagen, wie heute, ertrage ich Abels Art umso weniger.“ Kain lächelt müde und streckt seine Hand nach mir aus. Seine Fingerkuppen berühren mein Schulterblatt, streicheln sich tiefer und ich halte unwillkürlich den Atem an. Ich spüre ein feines Kitzeln. Ein Angenehmes. Ich richte mich wieder auf und mache mich breit zum Verschwinden. Kains Hand bleibt an meinem unteren Rücken liegen. Warm und durchdringend. „Abel ist sicher noch eine Weile bei Jeff“, murmelt Kain. „Ich dachte, du hast Kopfschmerzen“, kommentiere ich absichtlich ablehnend. Ich setze meinen Abgang fort, doch Kain hält mich fest, bevor ich vollkommen über ihn drübersteigen kann. Mit beiden Armen stütze ich mich an der Wand ab und sehe zu ihm runter. Ich spüre den trainierten Leib direkt unter mir. Die Muskulatur seiner Beine. Ich kann sehen, wie sich seine Brust unter dem T-Shirt bewegt, spüre, wie sein warmer Körper meine berührten Stellen ins unermessliche erhitzt und merke, wie sich der Schleier der Erregung über jegliche meiner Gedanken legt. Seine bloße Nähe macht aus mir einen sexhungrigen Zombie. „Du tust es schon wieder..." Kains Worte holen mich zurück in die Realität. „Was?", gebe ich wenig gekonnt von mir. Er deutet auf mein Gesicht. Ich sehe ihn nur noch fragender an. „Du ziehst mich mit deinem Blick aus“, raunt er mir neckend zu. Eindeutig Frech. Es ist ihm ein Spaß. „Du hast zu viel Fantasie.“ Fluchtversuch, die zweite. Kain vereitelt ihn mit Leichtigkeit. „Sagt der Richtige“ Er zieht mich am T-Shirt runter in einen Kuss. Was mache ich mir vor? Er hat Recht. Ich ziehe ihn wirklich jedes Mal aus und es erregt mich. Er erregt mich. Warum es so ist, kann ich mir nicht erklären und auch der innere Widerstand, dagegen vorzugehen, wird mit jedem Mal schwächer. Warum muss das, was gefährlich ist, auch immer besonders gut sein? Während des Kusses spüre ich, wie sich seine warme Hand unter meinen Pullover schiebt. Der Geschmack von Zitrone und Ingwer auf meiner Zunge verursacht mir zusätzliche Gänsehaut, die Kain an meinem ganzen Körper spüren kann. Als wir unseren Kuss lösen, perlt ein zufriedenes Keuchen von seinen Lippen. „Weißt du, ich hätte gerade wirklich nichts gegen ein paar Spielchen“, raunt er überzeugend. Ich glaube ihm sofort. Er streichelt sich meine Seite entlang und hinterlässt brennendes Prickeln. Ich richte mich wieder auf. Auf Höhe meiner Brust stoppt er und gleitet mit seinem Daumen neckend an meine Brustwarze vorbei. Dabei legt er meinen Unterbauch frei. Als sich Kain vorbeugt, um mich mit dem Mund zu berühren, drücke ich ihn an den Schultern zurück. Er interpretiert es im ersten Moment als nein. Doch in meinen Kopf regt sich etwas ganz anderes. In meiner Vorstellung treffen meine Lippen auf reine Hitze. Sie ertasten zartes Fleisch, welches bei Druck deutliche Härte offenbart. Ob sich die Haut seiner Spitze genauso sanft anfühlt, wie sie aussieht? „Und schon wieder“, kommentiert Kain erneut. Seine warmen, braunen Augen erblicken mehr als sie sollen. „Sei einfach still“, sage ich ertappt. Kain grinst und zieht mich in einen Kuss. Obwohl ich das intensive Gefühl genieße, förmlich danach giere, kann ich den Gedanken nicht abschütteln. Ich löse mich von seinen Lippen und richte mich wieder auf. „Lass uns spielen“, raune ich. Bevor er erneut seinen Mund auf machen kann, öffne ich seine Hose. Ich habe nicht vor, zu gehen und das soll er ruhig wissen. Unter dem Stoff seiner Jeans erkenne ich die deutliche Wölbung. Mein Puls beschleunigt sich. Aufregung. Neugier. Blitzschnell arbeiten sich diese Gefühle durch meine Nervenbahnen. Er beobachtet mich dabei, wie ich sein T-Shirt höher schiebe und ihm andeute, dass er es ausziehen soll. Ohne Widerrede streift er es sich vom muskulösen Körper und wirft es auf einen der Klamottenberge. Seine Hand greift mir in den Nacken und führt mich dichter an seine Lippen. Doch statt mich der Aufforderung zu beugen, rutsche ich ein gutes Stück zurück zu seinen Knien. Ich ernte ein fahriges Raunen der Unzufriedenheit vom anderen Mann und lasse mich nicht beirren. Er will Spielchen. Er kriegt sie. In der letzten Zeit habe ich mich viel zu oft seinen Vorstellungen angepasst. Seinen Wünschen. Seinen Stellungen. Ich kann ebenso dominant sein. Ich ziehe am lockeren Stoff der Hose. Zwei, drei Mal bis Kain seine Hüfte anhebt und ich die Jeans von seiner Körpermitte entfernen kann. Bevor ich auch seine Beine befreie, beuge ich mich vor. Ich hauche einen Kuss auf den obersten graden Bauchmuskel seiner linken Seite. Fast sofort spüre ich, wie sich Kains Hände über meinen erreichbaren Körper bewegen und ich rutsche ein weiteres Stück nachhinten. Unsere Blicke treffen sich. Das intensive Braun seiner Augen sagt mir deutlich, wie viel Anstrengung es ihn kostet, mich nicht einfach zu packen und ausgiebig zu ficken. Auch mein Körper schreit danach und doch beginne ich in einem langsamen Tempo, seine Hose Stück für Stück von seinen Beinen zuziehen. Seine Augen erfassen jede meiner Bewegungen. Abwartend und gespannt. Kains Atemfrequenz steigt und ich sehe dabei zu, wie sich sein Brustkorb deutlicher auf und ab bewegt. Für einen kurzen Moment erkenne ich das wünschende Blitzen. Die Jeans fällt neben das Bett. Nur in Short sitzt er vor mir und ich genieße den Anblick. Für einen Moment spannt sich der Stoff an seiner Härte, weil sie aufgeregt zuckt. Unter der Haut erkenne ich seine innere Anspannung. Seine Muskeln vibrieren. Seine Blutbahnen pulsieren. Genauso, wie meine. Ich beuge mich vor und lege meine Lippen auf die noch bedeckte Wölbung, küsse mich über den Stoff und spüre die Hitze, die von ihm ausgeht schon jetzt. Ich bewege mich höher, liebkose die festen Muskeln seines Unterbauchs und lasse nebenbei meine Hand über die Innenseite seines Oberschenkels gleiten. Kains ruhige Atmung wird zum Keuchen und als ich kurz aufsehen, erkenne ich, wie er sich zurücklehnt und jede meiner Berührungen genießt. Seine Erregung bewegt sich immer deutlicher in meine Richtung. Er zieht scharf die Luft ein, als das Hinabziehen seine Unterhose eine erste Reibung erzeugt. Auch das mache ich bewusst langsam. Ich will ihn reizen und auf die Folter spannend. Kain streicht mir über den Nacken, den Hals entlang zum Kiefer. Er greift mir unters Kinn und zwingt mich so, ihn anzusehen. „Genug der Spielchen. Komm her“, fordert er mich auf. Er will die Kontrolle behalten. Ich will sie ihm nehmen. „Nein.“ Meine Lippen berühren erneut die weiche, haarlose Haut seines Oberkörpers. Ich folge dem definierten Pfad seiner Muskeln tiefer und lasse währenddessen den letzten Stoff verschwinden. Seine Erregung streift meinen Hals. Ich halte für einen Moment inne. Meine Atmung wird schwer und heißer. Ich blicke auf. In diesem Moment ist mir Kains volle Aufmerksamkeit sicher. Noch während ich ihn ansehe, rutsche ich etwas tiefer, sodass die eben noch meinen Hals streifende Erregung direkt vor mir auftaucht. Es erregt mich, ihn so entblößt zu sehen. Mein Herz erhöht den Rhythmus, schlägt heiß in meiner Brust. Meine Haut kribbelt. Kain streicht mir durchs Haar. „Ich steh drauf, wenn man ihn so ansieht“, raunt er frech, streicht mir ein weiteres Mal über den Kopf und danach über den Kiefer. Seine Berührungen hinterlassen ein erregendes Kitzeln. Ich sehe auf und umfasse ihn im selben Moment. „Tu mir den Gefallen und halt den Mund.“ „Dann komm her!“ Immer das letzte Wort. Statt zu gehorchen lasse ich neckend meine Zunge über seine Spitze gleiten. Nur hauchzart. Probierend. Kain zuckt spürbar mit dem ganzen Körper. Seine Hand greift an meine Schulter und ich mache genauso weiter, wie ich es auch in dem Manuskript geschrieben habe, spüre es genauso, wie ich es beschrieben habe. Ich lecke demonstrativ seine Härte entlang, ehe ich meinen Mund vollends um seine Eichel schließe. Kein Spielchen. Die Hitze auf meinen Lippen ist noch intensiver als ich dachte. Noch ist mein Mund locker und meine Zungenspitze tastet sich hauchzart über das fremde Fleisch. Ich spüre die sanften Rundungen und den feinen Spalt in der Mitte. Kain keucht wohlig auf, während ich genau dort verweile. Meine Bewegungen sind zuerst langsam und zurückhaltend, doch mit jedem Zentimeter, den ich auf meinen Lippen spüre, werde ich schneller, rhythmischer. Ich blicke auf seine pulsierende Erregung hinab, lecke neckisch die gesamte Länge entlang und auch über meine eigenen Finger, bis ich erneut genüsslich um seine Spitze tanze. Kains Keuchen wird heftiger, passt sich meinen intensiven Bewegungen an. Seine Hände wandern von meinen Schultern in meinen Nacken, bis sie fahrig durch meine Haare gleiten. Er übt keinen Druck auf mich aus und das braucht er auch nicht. Ich nehme ihn tief und das von ganz allein. Als sich seine Finger einen Moment fester in mein Haar krallen, lasse ich augenblicklich von ihm ab. Ein enttäuschtes Stöhnen folgt. Ich kenne das Gefühl, kurz davor zustehen und trotz des heftigen Drucks nicht kommen zu können. Ich mache es bei mir selbst, zögere es hinaus. Es erregt mich. Ich sehe auf, blicke in lustverhangenes Braun. Es erregt mich, ihn so zusehen. Sein Atem beruhigt sich. „Mehr...“ Nur ein Flüstern, welches von seinen Lippen perlt, als ich nicht weitermache. Ich bette einen Kuss auf seinen Beckenknochen. Erst links. Rechts. Danach hauche ich einen Kuss auf die feuchte Spitze seiner Erregung, ehe ich sie wieder in den Mund nehme. Allein diese Berührung bringt ihn zum Keuchen. Das Geräusch verursacht mir Gänsehaut. Ich lasse meine Zunge kreisen. Ich entlasse seine Eichel aus meinem Mund und benutze nur noch meine Zunge, während meine Hand ihn zu pumpen beginnt. Meine Lippen gleiten locker über das empfindliche Fleisch. Diesmal nehme ich ihn wieder tiefer, schlucke und verändere die Spannung meiner Lippen. Meine Bewegungen werden intensiver und ich lasse bewusst meine Zunge hart, wenn ich bei seiner Eichel ankomme. Kains Augen sind geschlossen. Seine Brust hebt sich hektisch. Nun umfasse ich ihn mit der gesamten Hand, beginne ihn zu befriedigen, während meine Lippen spielerisch seine Spitze liebkosen. Küssen. Lecken. Leichtes Saugen. Alles fordert unterschiedliche Reaktionen hervor. Tiefes Keuchen. Heftiges Stöhnen. Wohliges Brummen. Unendliche Kombinationen, die in den vier Wänden nur so widerhallen. Ich intensiviere die Bewegung meiner Hand, lasse meine Zunge neckisch kreisen, nehme nur hin und wieder seine Spitze komplett in meinen Mund. Seine Finger an meinem Kopf werden erneut fahriger. Er ist nahe dran. Ich intensiviere die Reibung und höre diesmal nicht auf. Herbe Süße auf meinen Lippen. Sein tiefes Stöhnen erfüllt den ganzen Raum. Ich streiche mir ein wenig Feuchtigkeit aus dem Mundwinkel und werfe einen letzten Blick auf Kains Körpermitte. Es war genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. So, wie ich es mir erdacht habe. Wieso habe ich es getan? Was habe ich mir dabei gedacht? Meine Gedanken beginnen zu rasen und abgesehen von dem durch die Bewegung verursachtem Tempo, wird mein Puls noch einen Tick schneller. Auch die Stille macht mich etwas wahnsinnig. Ich sehe auf. Kains Augen sind geschlossen. Sein Atem geht schnell und normalisiert sich nur langsam. „Ich… geh dann…“, sage ich, fühle plötzliche Unsicherheit und richte mich auf. „Nein. Nein. Nein. Auch wenn das jetzt pures Mitleid war... verdammt…", raunt Kain angetan und zieht mich in einen intensiven Kuss. Sein Geschmack hängt noch immer auf meinen Lippen. Es erregt mich. Ich genieße das Spiel seiner Zunge. Das Necken. Das Streicheln. Es berauscht mich. Ich hätte ihm nicht erlauben dürfen, mich öfter küssen, denn es gefällt mir. Ich zeige es, wenn auch nicht vollkommen absichtlich. Ich kann es nur nicht mehr verstecken. Kain knabbert zärtlich an meiner Unterlippe, bevor er unsere Berührung löst. „Willst du was trinken?“ Ich nicke und sehe dabei zu, wie sich der nackte Körper des anderen Mannes erhebt und zum Kleiderschrank geht. Kain reicht mir beim Zurückkommen eine Flasche Wasser und lässt sich wieder aufs Bett fallen. Jetzt nehme ich das Wohlgefühl bei ihm wahr. Ebenso die Zufriedenheit. Es offen in seinem Gesicht lesen zu können befriedigt mich. Sehr sogar. Nach einem letzten Schluck Wasser richte ich mich auf. „Ich hau dann wirklich ab“, sage ich und deute zur Tür. Kain nickt. „Hey, fahren wir nun zusammen. Ja oder nein?“, fragt er vom Bett aus. Er sammelt sich irgendein T-Shirt vom Boden auf, während ich mir meine Jacke überstreife. „Wenn es für dich kein Aufwand ist.“ Meine Augen wandern über den Schreibtisch des Schwarzhaarigen. Neben dem von mir abgelegten Fachbuch, liegt mein Roman mit dem Bild von Kain und der jungen Frau. Seine Schwester. „Nein, es ist wirklich nur ein kleiner Umweg für mich“, versichert er mir, zieht sich die Jeans über die muskulösen Beine und kommt mit geöffneter Hose auf mich zu. Als er näherkommt, habe ich sofort seinen vertrauten Geruch in der Nase, gepaart mit Sex und einem Hauch Ingwer. „Also ja?“ „Ich habe morgens noch eine Klausur. Danach können wir los.“ Seinem Blick weiche ich aus. „Gut.“ Ein Lächeln auf seinen Lippen. Ich drehe mich weg und öffne die Tür zum Gehen. Draußen wende ich mich noch mal um. „Kain, was ist mit deiner Schwester?" frage ich abrupt, sehe wie Kain aufsieht und ein unangenehmer Schleier auf seinem Gesicht auftaucht. „Es ist kompliziert.“ „Wenn Abel es versteht, verstehe ich es auch…“, knurre ich ihm entgegen. Blöde Ausrede. Kain kommt auf mich zu, packt mich am Kragen der Jacke und zieht mich zurück ins Zimmer. Die Tür schließt sich mit einem leisen Klick. „Abel versteht gar nichts.“, sagt er und schweigt, so als müsste er darüber nachdenken, ob er die nächsten Worte wirklich formulieren will. Seine Hände greifen noch immer in den Stoff meiner Jacke und ich fasse nach seiner Hand. Anscheinend ist auch Kains Leben weit von Perfektion entfernt. Ein kurzes halbseitiges Lächeln flieht über seine Lippen, wie ein ungewollter Schatten. „Meine Schwester ist… Sie hat eine paranoid schizophrene Erkrankung und lebt in einer psychiatrischen Anstalt.“ ------------------------------------------ PS vom Auto: Euch allen wünsche ich noch ein gesundes und frohes Neues Jahr!! (auch wenn es verspätet kommt). Ich hoffe, ihr seid alle gut reingerutscht und fit und munter. Ich muss mich gleich schon wieder entschuldigen, weil das neue Kapitel doch wieder länger gedauert hat, aber Uni ist furchtbar anstrengend und zeitfressend. Ich habe meinen Job gewechselt und habe mich mit einer Freundin selbstständig gemacht. Wir machen hübschen Origami-Schmuck Aber ich schreibe auch! Wirklich! Ununterbrochen in jeder freien Minute! Ich danke euch. Ihr seid toll! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)