Between the Lines von Karo_del_Green (The wonderful world of words) ================================================================================ Kapitel 23: Vielleicht, vielleicht…erst recht --------------------------------------------- Kapitel 23 Vielleicht, vielleicht…erst recht Als ich merke, dass sich der Schwarzhaarige trotz seiner ablehnenden Worte nicht von mir entfernt, bleibe ich bei ihm stehen. Keinen Millimeter weichen wir voneinander. Stattdessen lässt Kain seine Hand über meine Schulter hin zu meinem Rücken gleiten. Die Hitze in mir wird stärker. Unbewusst lehne ich mich der Berührung entgegen und spüre ihre Sanftheit durch den dünnen Pullover hindurch, der garantiert vor nicht allzu langer Zeit noch Jeff gehörte. „Das heißt also erstmal kein Sex?“, frage ich locker. „Kein Sex“, wiederholt er ernsthaft. Es fühlt sich eigenartig an. Hier mit ihm zu stehen, seine Nähe zu spüren, die mich beruhigt und befriedigt und im selben Moment mein Inneres in Aufruhre versetzt. Ich bin mir nicht sicher, voran es liegt. Vielleicht an der Tatsache, dass Kain in so kurzer Zeit so weit in mich vorgedrungen ist, wie kein anderer. Vielleicht auch nur daran, dass ich weich geworden bin. Letztendlich bin ich einfach nur froh, dass Kain trotz der Vorkommnisse nicht mit mir gebrochen hat. Vielleicht, also, sollte ich lernen, es zu genießen. Wenigstens ein wenig. Kains Handy klingelt und durchbricht mit unmelodischen Technomist diese angenehme Ruhe. Obwohl er unmissverständlich seufzt, geht er ran und löst sich dabei von mir. „Hey Marv… ja.“ Ich verdrehe bei dem verwendeten Spitznamen auffällig die Augen. Marv. Es klingt einfach nur albern. Kain bemerkt es, drückt mir seine flache Hand gegen die Stirn und stupst sanft meinen Kopf nach hinten. Dabei streckt er mir kurz die Zunge raus. Diese kindische Aktion lässt mich amüsiert Schnauben. Allerdings wird mir jetzt wieder bewusst, wo wir eigentlich sind und dass wir mitten auf der Straße stehen. Ich sehe mich unauffällig um. Auf dem Parkplatz sind ein paar Studenten, aber kein mir bekanntes Gesicht. Ansonsten ist es ruhig und ich sehe wieder zu dem anderen Mann. „Ich bin bei den Wohnheimen… Mir kam etwas dazwischen…Nein, ich hab es nicht vergessen.“ Kain streicht sich durch die Haare und schaut nach links und rechts, um etwas zu finden, was seine Position genauer beschreibt. Im Grunde sieht hier alles gleich aus. Die 6 Wohnheime sind sich sehr ähnlich und unterscheiden sich nur durch geringfügige Gestaltungselemente und Nummern, die man aber von unserer Stelle aus nicht sehen kann. Als Treffpunkt wählt er den Foodstore in der Nähe des Instituts. „Okay, in 10 Minuten. Bis gleich.“ Damit legt er auf und sieht mich an. Sein durchdringender Blick zwingt fragend meine Augenbraue nach oben. „Was?“, frage ich misstrauisch. „Du kommst mit!“, sagt Kain kurzentschlossen, packt mich an den Schultern, dreht mich um. Er schiebt mich gnadenlos in die Richtung des kleinen Supermarktes. „Wieso? Ich will eurem stumpfsinnigen Muskeldate nicht beiwohnen“, schwatze ich ablehnend rum. Seine Daumen reiben erst sachte, dann energischer über meine Trapezmuskeln, so, als würde das verhindern, dass ich mich gegen diese vorschreibende Taktik wehre. „Tja, würdest du sehen, was ich sehe, dann würdest du nicht so doof fragen! Und halt einfach die Klappe.“ Als ich meine Augen zusammenkneife, merke ich, was er meint. Das linke Auge brennt, trotzdem verdrehe ich alle beide genervt und ächze laut. Schmerz hin oder her. Das muss einfach sein. Kain lässt sich nicht beirren. „Wir besorgen dir ein Kühlpad oder meinetwegen auch ein Liter Vanilleeis“, schmückt Kain seinen Entschluss aus. Gegen das Vanilleeis habe ich nichts einzuwenden. Am liebsten eine gefüllte Badewanne davon. Meine Gedanken schweifen ab. „Bei ´Besorgen´ denke ich an etwas anderes“, murmele ich und bedenke nicht, dass Kain direkt hinter mir ist. Ich beiße mir auf die Unterlippe, als er sich dichter an mein Ohr beugt. „Du bist schamlos, weißt du das?“, knurrt er mir entgegen, klingt dabei weniger ernst. Eher verlegen. „Ich dachte, du stehst drauf?“, säusele ich neckend. „Du solltest den Mund lieber nicht zu voll nehmen“, mahnt er mich an. „Was? Hat es dir beim letzten Mal nicht gefallen?“, frage ich dezent empört in Anspielung auf unsere letzte gemeinsame Begegnung vor meinem Familienzirkus und spüre deutlich, wie ein Ruck durch den größeren Körper geht. Wenn ich mich zu ihm wende, würde ich wahrscheinlich sehen, wie er errötet und dann im nächsten Moment die Augen verdreht. Doch jetzt spüre ich nur seinen Atem, der heiß über meinen Hals streicht. „Übertreib es nicht, Spatz“, flüstert er bestimmt, aber wie schon beim letzten Mal beruhigt mich die Verwendung des Spitznamens mehr, als dass sie mich verärgert. Auch, wenn es eine deutliche Erinnerung seiner vorigen Abfuhr ist. „Ow, nicht mal Dirty Talk?“, frage ich enttäuscht. Ich kann es einfach nicht lassen und provoziere weiter. Nun kann ich sein Augenrollen förmlich hören. Kains Hände drücken meine Schultern und dann lässt er mich vollends los. Er geht neben mir her und meidet den Blick in meine Richtung. Ich erkenne eine feine Röte auf seinen Wangen, die mir ein euphorisches Gefühl beschert. Es sitzt ganz tief und pulsiert. Nun selbst beschämt lächelnd streiche ich mir durch die Haare und beiße mir auf die Unterlippe. Moment! Seit wann empfinde ich Scham? Niemals. Nie. In keinem Fall. Das fehlt in meiner Programmierung. Es muss mit der Erschütterung meines Kopfes zu tun haben. Ganz sicher. Andere Gründe sind gänzlich ausgeschlossen. „Was studiert er eigentlich?“, frage ich schnell, um auch mich aus dieser Situation zu befreien. Frische Luft ist etwas Gutes. Und was, um Himmelswillen, mache ich normalerweise mit meinen Händen? „Ich habe ´Marv´ noch nie im normalen Betrieb auf dem Campus gesehen“, fahre ich fort. Das dümmliche Namenskürzel benutze ich extra übertrieben und schiebe in gelangweilter Zuschaustellung meine Hände kurzerhand in die Hosentaschen. „Sportmanagement“, kommt es knapp vom Schwarzhaarigen und er wirft einen Blick auf sein Handy. Sportmanagement ist nichts, was hier an dieser Uni angeboten wird, aber an einer privaten Fachhochschule, die die Sporteinrichtungen unserer Hochschule mit nutzt. Ich runzele die Stirn und verdränge den Gedanken an Doping für Fortgeschrittene als Hauptfach und rhythmische Bettgymnastik für Profis und Emporkömmlinge. „Wieso machst du nichts in diese Richtung?“, hake ich neugierig nach und frage mich, welches Hauptfach Kain wohl hätte. „Wieso sollte ich?“ Aus ihm spricht die Verwunderung. „Na ja, du ringst, du spielst Football oder war es Rugby? Du bist sehr athletisch und Dauergast im Fitnessbereich…“, zähle ich das Offensichtliche auf. Kain ist ein Sportfreak. „Und deswegen denkst du, hätte ich auch etwas mit Sport machen müssen?“, kommentiert er mit einem beinahe angegriffenen Unterton. Habe ich möglicherweise etwas Falsches angesprochen? „Ich frag ja nur“, erwidere ich schärfer als beabsichtigt. „Entschuldige…“ Kain bleibt stehen. Ich drehe mich nach kurzem Zögern zu ihm um. Es sind nur ein paar Schritte zwischen uns und doch spüre ich seinen Blick so tief eindringen, als stände er direkt vor mir. „Ich hatte es vor. Jahrelang und dann wurde meine Schwester krank.“ Er pausiert und ich schweige. „Weißt du, ich fühlte mich ununterbrochen hilflos und Sport lenkte mich ab. Sehr gut, sogar. Aber nicht lange und ich wollte es irgendwie ändern, irgendwie helfen.“ Seine Stimme ist ruhig und durchtränkt von dieser sanften Traurigkeit, die sich jedes Mal einstellt, wenn er über seine Schwester spricht. Es ist ein wandelndes Klischee, aber es berührt mich. „Und ich will das auch jetzt noch.“ Kains Schultern zucken unsicher nach oben. Dennoch lächelt er. „Fuck, du verdammter Heiliger… du perfekter Schwiegersohn“, gebe ich ernüchtert von mir und frage mich zum wiederholten Male, wieso sich Kain mit mir abgibt. „Haha, Witzbold“, raunt er mir unbeeindruckt zu und gleichwohl beleidigt, „Außerdem ist es nie gut, sein Hobby zum Beruf zu machen. Stresst nur und man verliert die Freude daran.“ Gut argumentiert. Auf mich treffen keine dieser Gründe zu. Ich schreibe nicht, weil ich es liebe, sondern nur weil ich es gut kann. Und die Biochemie ist nichts weiter als ein haltloser Versuch, das zu erklären, was ich selbst nicht wahrhaben kann und was ich mir selbst nicht eingestehen will. Im Grunde bin ich die Definition von leidenschaftslos. Nicht gerade fürsprechend. Mit einem einfachen Hm wende ich mich von ihm ab und setze mich wieder in Bewegung. „Hey, warte!“ Ich spüre seine Hand an meinem Oberarm. „Solltest du nicht schnell zu deinem Date? Nicht, dass dein Muskelberg unleidlich wird…“ Kains Blick und seine stoppandeutende Hand verhindert jeden weiteren meine dümmlichen Kommentare. Obwohl es stark und erregend in mir kitzelt. „Tust du mir einen Gefallen? Nein, tun wir uns gegenseitig einen Gefallen?“, beginnt er. Ich bleibe erwartungsvoll still und sehe ihn aufmerksam an, „Bitte, keine Spielchen mehr. Von nun an nur noch direkt, ehrlich und ohne weglaufen.“ „Beim letzten Mal war mein Direkt noch unsensibel“, merke ich an. Kain macht einen Schritt auf mich zu, steht nun vor mir. Ganz nah. Er greift mir ans Kinn und neigt meinen Kopf nach oben, sodass ich in seine tiefen braunen Augen sehen muss. „Okay, dein Direkt nur besser dosiert.“ Die Berührung prickelt sich meinen Kiefer entlang und scheint über meinem Hals zu explodieren. Sein Blick versetzt mein Inneres in Aufruhre und ich halte unwillkürlich den Atem an. Kain verlangt viel von mir. Er verlangt Vertrauen. Mehr, als ich je jemand anderen zugestanden habe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich kann. „Kriegen wir das hin?“, flüstert er. Ich bin nicht sicher, ob er wirklich eine Antwort will. Wüsste auch nicht, welche ich ihm geben kann. Ich weiß nur, dass ich seit geraumer Zeit nicht mehr geatmet habe. Hauchzart legen sich seine Lippen auf meine, ohne dass er den Augenkontakt bricht. Als ihm bewusst wird, dass wir nicht in einem unserer lauschigen Wohnheimzimmer stehen, stoppt er in der Bewegung. Möglicherweise auch, weil er sich erinnert, dass ich dauerndes Küssen ablehne. „Sorry..“ Kain saugt scharf die Luft ein, ächzt und wendet sich wieder dem kleinen Supermarkt zu. Eigenartig. So viel dazu, dass er noch sauer sei. Ich sehe ihm einen Moment nach und folge dann. Seine Schritte sind deutlich schneller als eben. Im Laden läuft leise das Radio. Niemand sitzt an der Kasse, aber in der Nähe der Hygieneartikel steht eine junge Frau, die missmutig ein paar Döschen Creme einräumt. Kain fragt sie nach unserem gewünschten Artikel und geht zielstrebig in den hinteren Bereich des Foodstores. Ich folge ihm mit Abstand und ignoriere den Blick der Kassiererin. Als ich bei Kain ankomme, setzt ein neuer Song ein, der mich augenblicklich seufzen lässt. ´You have my heart. And we'll never be worlds apart. May be in magazines. But you'll still be my star. Baby, 'cause in the dark. You can't see shiny cars`. Sofort regt sich in mir der Ohrwurm und tanzt samt Regenschirm in meinem Kopf umher. Großartig. Ich sehe zu Kain, der sich leise mitsummend zwischen den Truhen hin und her bewegt. Er sieht sich nach den blauen Gelpads um und bewegt seine Lippen zu ` Under my umbrella, ella, ella, eh, eh, eh`. Er beugt sich in die Gefriereinheit und beginnt, darin zu wühlen. Ich möchte mir am liebsten die Haare raufen. „Gehst du Eiswürfel tauchen?“, fragt Marvin und Kains Kopf ruckt wieder hoch. Der blonde Muskelberg ist plötzlich zwischen den Regalen aufgetaucht und grinst. „Nee, stehe nur auf Gehirnfrost…“ Marvin lacht schrill auf, tritt an Kains Seite und legt ihm kumpelhaft seinen Arm um die Schulter. Ich verschränke meine vor der Brust. „Ihr kennt euch ja“, sagt Kain knapp. „Jo“, kommt es so einsilbig von dem aufgepumpten Muskelberg, wie ich es erwartet habe. Mögen mich die Vorurteile irgendwann niederstrecken, aber Kains bester Freund sieht aus, als wären vierwörtrige Sätze das höchste aller Gefühle. Marvin lehnt sich an eine der Kühltruhen. Ich sehe, wie mich der große Blonde mustert und wie sich nach einem Blick zu seinem Freund ein undefiniertes Lächeln auf seine Lippen schleicht. Kain kramt unterdessen ungerührt in der Truhe rum. „Hat er das blaue Auge von dir?“, fragt Marvin belustigt. Kain richtet sich entsetzt auf. „Nein! Hier“ Im selben Atemzug wirft er mir die blaue Kaltkompresse zu. Ich lasse sie beinahe fallen und drücke mir das kalte Ding ungeschickt gegen die Hüfte, ehe ich es richtig greifen kann. Abkühlung im wahrsten Sinne des Wortes. Marvin lacht erneut. Ich wünschte, er würde einfach in die Kühltruhe fallen. Und ups, die Tür friert zu. „Oh, weil wir schon mal hier sind, ich brauche noch ein paar Dinge…“ Damit verschwindet Kain zwischen zwei Regalen und lässt mich mit dem Herkulesverschnitt zurück. Ich drücke mir das Kühlpack gegen das Auge und sehe gelangweilt zur Seite. Marvin mustert mich. Ich kann seinen Blick regelrecht auf meiner Haut spüren. Als ich ihn böse anfunkle, um ihm zu zeigen, dass ich sein Gestarre sehr wohl bemerke, grient er mir überheblich entgegen. „Was?“, frage ich sichtlich überstrapaziert. „Nichts“, kommt es zu schnell und zu amüsiert von dem anderen. „Gut, dann glotz woanders hin.“ Ich wende meine Augen wieder Richtung Boden, jedoch nur so lange, bis ich von Marvin ein eigenartiges Schnaufen vernehme. Er greift nach einer Packung Einwegrasierer, die an einem Haken über der Kühltruhe hängen. Marvin beäugt sie stirnrunzelnd und ich stelle mir vor, wie er auf dem Wannenrand sitzt und sich die Haare von den Zehen rasiert. Mit einem angewiderten Schütteln verblasst das Bild. Leider nicht so schnell, wie gehofft. „Ich verstehs nicht…“, sagt er plötzlich und unterstreicht seine Ungläubigkeit mit einem passenden Lachen. „Ich denke, es gibt so einige Dinge, die du nicht verstehst…“, entgegne ich trocken. Seine Schultern straffen sich merklich und dann fixiert er mich mit einem besonders durchdringenden Blick. Ich frage mich, was das soll. Er hängt die Packung Rasierer zurück. „Kain hat einen echten Narren an dir gefressen, weißt du das?“ Seine Aussage irritiert mich nur noch weiter. Marvins Kopf neigt sich in die Richtung, in die sein Freund verschwunden ist. Meine Augen folgen ihm. Ich kann Kains schwarzen Haarschopf in einiger Entfernung erkennen. Er überragt die Regale locker und scheint irgendwas zu suchen. „Wie meinst du das?“, frage ich leise, drücke mir das Kühlpack stärker ans Auge und beobachte Kains Bewegungen. Ich höre erst damit auf, als Marvin plötzlich dicht neben mir steht. Er riecht nach scharfem, fast strengem Rasierwasser und irgendwas Süßlichem. In diesem Moment frage ich mich, wie viel Kain dem anderen preisgibt. Bis jetzt war ich mir sicher gewesen, das auch er kein Interesse daran hat, dass irgendjemand von unserem Experiment weiß. Nun bin ich mir nicht mehr sicher. „Na ja, Kain quatscht viel, wenn er betrunken ist. Das passiert selten, deswegen ist es immer wieder ein kleines Highlight. Und du warst der Höhepunkt der letzten Wochen.“ Er macht eine dramaturgische Pause und sieht mich mit seinen starren Augen direkt an. „Hör zu, ich weiß nicht, was das mit euch ist, aber ich kann es nicht leiden, ihn so zusehen.“ „Wie denn?“ Ich scheue nicht zurück. „Durcheinander…verletzt.“ Eindringlich wirft er mir das vor. Ich wollte nie, dass Kain sich so fühlt. Es ist mir so oder so unangenehm. Doch, dass jetzt auch sein bester Freund der Ansicht ist, mir das mitteilen zu müssen, macht es nur noch schlimmer. Auch das übertriebene Grinsen ist aus Marvins Gesicht verschwunden. Kain muss ihm wirklich viel bedeuten. Seine Worte sind keine direkte Drohung, aber ich verstehe sehr wohl, was er mir damit sagen will. „Okay, wir können…“, ertönt Kains vertraute Stimme und er bleibt neben uns stehen. Er scheint die seltsame Stimmung zu spüren, denn er schaut uns fragend an und stellt den gefüllten Einkaufskorb auf der Kühltruhe ab. „Hast du alles?“, erkundigt sich Marvin mit einer wiedererweckten Fröhlichkeit. Er grinst, als er ohne zu fragen in Kains Einkauf rumkramt. „Nein, aber nicht so wild.“ „Tja, nicht jeder Laden führt unsere XXL-Kondome…“, witzelt der Blonde, legt Kain seinen Arm um die Schulter und dreht ihn von mir weg, bevor ich seine Reaktion darauf sehen kann. Ich bin versucht, es zu kommentieren, lasse es aber sein. Ich folge ihnen langsam. Kain legt die Waren aufs Band und sie schäkern immer weiter. Das meiste davon sind Insider oder Belanglosigkeiten. Ich höre gar nicht weiter zu, betrachte stattdessen die verschiedenen Artikel, die Kain kaufen möchte. Müsliriegel. Vollkornbrot und Frischkäse. Feuchttücher. Rasierklingen. Ich bezahle das Gelpack und werde von der Kassiererin schief angesehen, als ich für die paar Euro meine Geldkarte zücke. Vor dem Laden bleiben wir stehen. Ich ziehe die Packung Zigaretten aus der Hosentasche und werde von Marvin tadelnd angeschaut. Jetzt stecke ich mir erst recht einen der Glimmstängel zwischen die Lippen. „Die sind ungesund und minimieren die Potenz“, belehrt er mich. „Steroide auch“, kontere ich sofort. Marvin grinst mich unverhohlen an und schüttelt den Kopf. Er greift Kain an die Schulter, um ihn zum Gehen zu bewegen. Doch der kommt auf mich zu und nimmt mir die Zigaretten aus dem Mund. „Er hat Recht.“ Damit schiebt er sich die Zigarette hinter das Ohr. Ich sehe ihm missmutig dabei zu. Sowas hat er schon mal getan. Auch meine Lunge würde Einspruch einlegen, wenn sie könnte. „Was habt ihr heute vor?“, frage ich, ohne auf die Tadelei einzugehen und um mich abzulenken. „Wir gehen zu dem guten Argentinier am Boulevard. Willst du mitkommen?“ „Und an einer Testosteronüberdosis krepieren? Nein, danke“, lehne ich schnell ab. Überdies macht Kains bester Freund nicht den Eindruck, als würde er mich noch länger dabei haben wollen. Auch jetzt beäugt er mich kritisch und ich widerstehe dem Drang, ihm meinem Mittelfinger entgegen zu strecken. „Wie du willst. Mehr Steak für mich. Du kommst klar?“, fragt er mich fürsorglich und deutet auf mein malträtiertes Auge. „Immer. Außerdem muss ich meine Rache planen.“ „Kain, komm jetzt…ich verhungere“, ruft Marvin dazwischen. Der Angesprochene schnauft. Ich hebe meine Hand und zeige ihm den nicht so freundlichen Finger doch. Er hat es so gewollt. Der Schwarzhaarige zieht meinen Arm wieder runter und schüttelt vorwurfsvoll das Haupt. „Bitte, lass das. Ich werde noch mal mit Merena reden und sie wird sich entschuldigen.“ „Lass gut sein.“ Ich will keine Entschuldigung und sie wird einen Teufel tun. Dank ihrer ledernen Schwungwaffe ist sie als Sieger aus dieser Schlacht hervorgegangen und mein Ego wird noch eine Weile brauchen, um das zu verkraften. Kain entflieht ein leises ´Na gut´ und er verschwindet mit Marvin in Richtung Boulevard. Unentschlossen darüber, direkt ins Wohnheim zurückzugehen oder noch eine Weile dumm rumzustehen, sehe ich ihnen noch einen Moment nach. Der Schwarzhaarige wirkt neben dem großen Blonden fast schmal. Marvin stampft prollig, während Kain fast leichtfüßig tänzelt. Auch, wenn er selbst etliche Muskeln mit sich rumschleppt. Gute, definierte Muskeln im genau richtigen Maß. Ich weiß, wie sie sich anfühlen, wenn er sie bewegt. Die Härte unter weicher Haut. Gerade, als ich über meine eigenen Gedanken den Kopf schütteln will, blickt Kain zurück. Ich zucke zusammen, weil er mich doch tatsächlich beim Starren erwischt. Doch er lächelt nur und dreht sich vollkommen zu mir, um die nächsten paar Schritte rückwärts neben Marvin herzulaufen. Ich kann seine Gesichtsregungen nicht mehr richtig erkennen und brauche es auch nicht. Marvins Hände fuchteln in der Gegend rum und erst, nachdem er dem Schwarzhaarigen mehrfach gegen die Schulter stupst, dreht der sich wieder um. Wirklich seltsam. Und eigenartig befriedigend. Trotzdem denke ich an Marvins Worte. Durcheinander und verletzt hat er gesagt. Kain war anscheinend in den Wochen nach unserem Streit wirklich in keiner guten Stimmung gewesen und es war meine Schuld. Unbestreitbar. Ich atme tief ein. Was für ein Tag. Was für Wochen. Ich muss damit aufhören. Langsam melden sich die Kopfschmerzen zurück. Ich ziehe mir eine neue Zigarette aus der Schachtel und zünde sie schnell an, damit sie nicht wieder wie aus Zauberhand verschwindet. Ich werde die andere zurückfordern. Mit Zinsen und Leidenszuschlag. Der Rauch füllt schnell meine Lunge. Ich spüre das Kratzen und die leichte Bitterkeit an meinem Gaumen und fühle mich trotz alledem vollkommen unbefriedigt. Noch bevor ich am Wohnheim ankommen, werfe ich die halb aufgerauchte Zigarette in die Büsche. Das Kühlpack landet in meiner Hosentasche, während ich Micha kurz zu winke und meinen Weg nach oben fortsetze. „Robin warte! Der wurde für dich abgegeben“, ruft er mir nach. Ich stoppe seufzend, sehe wie Micha einen braunen Umschlag in der Luft umherschwingt und mache kehrt. Mittlerweile kann ich ihn meinen persönlichen Postboten nennen. „Solltest du nicht im Urlaub sein?“, frage ich, als ich den Brief entgegen nehme. „Morgen ist der letzte Tag…dann heißt es Sonne, Strand und kalte Schorle“, singt er vergnügt, schwingt tänzelnd seine Hüfte und macht dabei mit vor der Brust erhobenen Händen kreisende Bewegungen. Dabei erinnert er mich an einen dieser kleinen gelben Hilfsarbeiter, die nur seltsames Silbenblabla von sich geben. Ich weiß nicht, ob es an dem gelben Shirt und der blauen Latzhose liegt oder an dem verrückten Grinsen in seinem Gesicht. Er trinkt nicht mal Bier, sondern Schorle. Herrje. „Woher hast du das blaue Auge?“, fragt er verwundert und nimmt die Arme wieder runter. Ich grinse verlegen und sehe zur Seite, so, als würde mich das aus der Situation retten. Da mir das in der nächsten Zeit sicher öfter passieren wird, sollte ich mich lieber damit abfinden und mir eine plausible Erklärung zurechtlegen, ohne dabei die taschenschwingende Verrückte zu erwähnen. „Ja, also das…alles halb so wild. Ich wünsche dir und deiner Familie einen erholsamen Urlaub…“, rattere ich runter und mache mich vom Acker, ehe er nachhaken kann und das kühlende Etwas in meiner Hose Schaden anrichtet. Bevor ich ins Zimmer gehe, mache ich einen Abstecher ins Gemeinschaftsbad. Vor dem Spiegel offenbart sich mir endlich das Ausmaß der Taschenbegegnung und zu meinem Leidwesen muss ich Kain Recht geben. Schön ist anders. Die Schwellung hält sich in Grenzen, aber da Weiß um meiner Iris ist rötlich unterlaufen. Genauso, wie die Haut drum herum. Spätestens morgen wird dann das immer stärker werdende Violett perfekt mit meiner blau-grünen Augenfarbe harmonieren. Es ist nicht mein erstes und wird auch nicht mein letztes blaues Auge sein. Ich seufze fahrig, presse mir das kühlende Gelpack wieder auf die malträtierte Stelle und bin froh, dass ich bereits zu Hause gewesen bin und wenigstens meiner Mutter gegenüber keine Erklärung finden muss. Ich tippe den Türcode ins Eingabefeld und sehe aus dem Augenwinkel heraus, wie Sina über den Flur schreitet. Seit ihrer offensiven Anmache und meiner wenig schmeichelnden Abfuhr sind wir uns nicht mehr begegnet. Als sie an mir vorüber geht, straffen sich ihre Schultern. Ihre blonden, gelockten Haare wippen im Takt ihrer Schritte. Sie sieht mich unverhohlen an, kokett und lächelnd. Ihr Selbstbewusstsein scheint nicht angekratzt. Im Gegenteil, es wirkt vollkommen unerschüttert. Irgendwie bemerkenswert. Hätte ich nicht diese bizarre Sperre in meinem Kopf, wäre ich spätestens jetzt auf sie angesprungen. Blond hin oder her. Ihre Hüften erzählen Geschichten von außerordentlicher Freude. Oh nein. Es wird Zeit für einen neuen meiner klischeehaften Schundromane. Die Story ganz klar. Eine sextolle Musterschülerin schmeißt sich Hals über Kopf an den schuleigenen Miesepeter heran. Eine vielversprechende Klischeerundfahrt samt eines Happy Ends, welches einen weniger miesepeterischen Schwarzmaler beinhaltet. Brigitta würde es sicher gefallen und das rosarote Sarkasmuseinhorn in meinem Kopf dreht sich hufeklatschend im Kreis. Mein Auge beginnt zu brennen und ich verfluche die rothaarige Hexe. Morgen suche ich mir eine Apotheke. Mein Handy vibriert, als ich endlich die Tür aufdrücke. Während ich es mühsam aus der Hosentasche ziehe, lege ich alles andere zur Seite. Das kaputte Auge lasse ich geschlossen, während ich versuche, etwas auf dem Display zu erkennen. Es ist eine Nachricht von Kain. -Mittagessen. Morgen. Sag ja.- Wer würde bei dieser freundlichen Ansage schon nein sagen? Das wiehernde Sarkasmuseinhorn dreht eine Extrarunde. Ein Hoch auf die Evolution der Sprachverkürzung. Irgendwann kommunizieren wir wirklich nur noch mit Buchstabenkürzel und Icons. Oder per Gedankenübertragung. Wäre in meinem Fall eher nicht so günstig. -Dein momentanes Date ist noch nicht vorbei und du suchst schon ein neues?-, schreibe ich amüsiert. Meine Antwort liest er sofort. Ich lasse mich rücklings aufs Bett fallen, während ich auf eine Antwort warte. -Sehr witzig. Aber interessant zu erfahren, was du für ein Date hältst- -Zwei Personen. Nahrungsaufnahme. Per se Date-, tippe ich ein. Ich hatte nie eine richtige, per gesellschaftlicher Definition genormte Verabredung und habe auch nie eine gewollt. Von daher könnte meine Auslegung etwas hinken. Ich sehe mich nach dem Kühlpack um und entdecke es neben dem Kühlschrank. Der Ort hat eine gewisse Logik, allerdings wäre das Ding in meinen Händen wesentlich hilfreicher. Schwerfällig richte ich mich. Meine Muskeln streiken. Mein Kopf schreit. Ich habe zu wenig getrunken. Ich mache drei große Schritte zum Kühlschrank, greife mir das Pad und eine Flasche Wasser und gehe den gleichen Weg rückwärts zurück. Nach einem großen Schluck Wasser sehe ich mein Telefon blinken. -Mir scheint, als brauchst du mal ein richtiges Date-, schreibt Kain. -Nicht so mein Ding- -Wieso wusste ich, dass du das sagst? Trotzdem morgen, 12:30?- Nach einer knappformulierten Annahme lasse ich mich zurückfallen. Mein Kissen umfängt mich wie Balsam. Ich fühle mich erschöpft und ich habe weiterhin Kopfschmerzen. Liegen ist eine Wohltat für meinen malträtierten Schädel. Mit einer oder zwei Ohrfeigen habe ich gerechnet. Aber nicht mit einer derartigen Attacke. Vielleicht habe ich es wirklich übertrieben, aber die Rothaarige und ihr dummes Getue bringen mich jedes Mal zur Weißglut. Was bildet sie sich ein, mir den Umgang mit Kain verbieten zu wollen? Denkt sie wirklich, dass sie noch eine Chance bei ihm hat? Wie, um alles in der Welt, verhält sich Kain ihr gegenüber, wenn sie immer noch an eine Beziehung glaubt? So weich und lieb, wie gegenüber jedem anderen auch. Es ist absurd. Vor allem, dass ich mir darüber Gedanken mache. Selbst wenn es so wäre, sollte es mir egal sein. Gleichwohl zermürbt es mich. Ich rolle mich hin und her und murre in den ruhigen Raum hin. Frustriert angle ich nach dem Briefumschlag und betrachte ihn, drehe ihn dabei in alle Richtungen. Er ist ungewöhnlich dick, doch als ich den Absender sehe, wird mir einiges klar. Er ist vom Verlag und wurde nicht abgeschickt, sondern tatsächlich abgegeben. Brigitta war also eben noch hier gewesen. Wieso hat sie ihn mir nicht im Café überreicht? Vermutlich, weil ich zu schnell abgerauscht bin, wie ein Softeis in der Sahara. Vielleicht auch, weil sie mich damit in ein grenzenloses Untergangsstimmungstief versetzt hätte und meine Laune bereits Tartarosniveau hatte. Ich denke an das lektorierte Skript, welches in meiner Tasche schlummert und atme geräuschvoll aus. Ich öffne schwer seufzend den Umschlag und ziehe den Inhalt raus. Zwischen den Seiten liegt eine handgeschriebene Notiz meiner Lektorin. `Muffin, ich konnte dich nicht mehr drauf vorbereiten. Lass uns telefonieren. Brigitta´ Beim Lesen flötet die Stimme der kessen Lektorin in meinem Kopf umher. Vorbereiten? Ich ahne böses. Ich entfalte die restlichen Seiten und komme nicht umher, einmal lautstark auf zu jaulen. Ich wusste es. Es geht um diese ominöse Konvention. Ich wiederhole meinen Klagelaut. Immerhin ist niemand da, der mein wehleidiges Beklagen beobachten könnte. Dann höre ich ein leises verräterisches Rascheln und schaue zu der einzig möglichen Quelle. Der Ficus. „Ich hoffe, dir ist klar, wer der Herr des Wassers ist?“, drohe ich der Topfpflanze. Ich sehe die Blätter zittern und fühle Genugtuung. Ich greife nach den anderen Papieren. Es sind eine Hotelreservierung und ein Vorabfahrplan für das erste organisatorische Treffen. Ebenso die Reservierungsbenachrichtigung für ein Hin- und Rückfahrtsticket. Geplant ist das Ganze schon in 11 Tagen. Selbst eine Vorbereitung hätte nichts daran geändert, dass so ziemlich alles in mir Nein schreit. Immerhin sieht der Plan ein kostenfreies Mittagessen vor. Vielleicht gibt es sogar Kekse. Aber auch damit wird der Gedanke nicht besser. Ich bin und bleibe unwillig und nichts wird daran etwas ändern können. Außerdem stößt mir auf, dass ich wieder Mal nicht fragt wurde. Ich hätte ja auch Pläne haben können? Irgendwas Wichtiges und Ernstes. Etwas, dass ich nicht verschieben kann. Leider weiß Brigitta, dass ich der sozialkontaktloseste Mensch der Welt bin. Zu meiner Überraschung stelle ich fest, dass die Besprechung nicht in den Räumen des Verlags stattfindet, sondern in einer Stadt in der Nähe meiner Heimat. Das macht es nicht einfacher. Frustriert lege ich die ganze Zettelei zur Seite und lasse mich ins Kissen fallen. Nun bin ich zu Renés Todestag fast zu Hause. Fast bei ihm. Es fühlt sich ernüchternd an und schmerzhaft. Doch ich weiß, dass ich es nicht jedes Mal wieder aufschieben kann. Nach 5 Minuten lethargisch an die Decke starren, widere ich mich selbst an. Das Kühlpad bugsiere ich ins Gefrierfach, dann schnappe ich mir ein neues Handtuch und stelle mich unter die Dusche. Diesmal schaffe ich es sogar, mich zu rasieren. Und abgesehen von dem blauen Auge sehe ich danach wieder aus, wie ein Mensch. Statt der Kaltkompresse krame ich mir ein richtiges Eis aus dem Fach und sehne mich nach dem versprochenen Liter Vanilleeis. Danach wäre mir sicher schlecht, aber trotzdem ist die Vorstellung mehr als verführerisch. Cremiges, leckeres Sahneeis. Zarter Schmelz und samtige Süße, die auf feine zitronige Schärfe trifft. Stopp. Moment mal. Kains Bonbons passen so gar nicht zu meiner Badewannenfantasie voller Speiseeis. Irgendwas läuft definitiv falsch in meinem Hirn. Seufzend schmeiße ich mich an den Rechner und wickele mein Wassereis aus der Packung. Der Geschmack von Orange kollidiert mit der Vorstellung in meinem Kopf auf vielerlei Hinsicht. Ich drücke den Powerknopf, rutsche im Stuhl soweit runter, dass ich fast liege und sehe dabei zu, wie die Farbe auf dem Desktop mehrere Male hin und her wechselt, ehe mir mein gewohntes Hintergrundbild angezeigt wird. Meine Gedanken driften wieder ab. Ich bin geil und die Schäkerei mit Kain hat nicht dazu beigetragen, meinen Zustand zu verbessern. Kein Sex. Das hat Kain gesagt. Er hat weder eine zeitliche Begrenzung genannt, noch ob die Situation sich durch irgendwas ändern ließe. Das Eis macht plötzlich nur noch halb so viel Spaß. Ich hole das korrigierte Skript aus der Tasche und beginne Brigittas Anmerkungen abzuarbeiten. Mein Gehirn will nur nicht so recht. Ich lasse es sein, als ich nach der fünffachen Umstellung eines einzigen Satzes das Gefühl habe, klingonisch zu sprechen. An irgendeiner Stelle wird mir ein verräterisches Mevyap rot unterstrichen. Stattdessen öffne ich eine andere Datei und wandele meine sexuelle Energie in ein schlüpfriges Geheimtreffen mit Pornoqualität um. Gut, aber nicht genügend. Es ist kein richtiger Sex. Ich hätte länger duschen sollen. Meine Augen wandern zu dem noch feuchten Handtuch und aller Bedenken zum Trotz, verschwinde ich noch einmal ins Gemeinschaftsbad. Am nächsten Tag mache ich mich gegen 12 Uhr auf den Weg zur Mensa. Ich rauche eine Zigarette und bleibe vor dem Hauptgebäude mit dem Stummel in der Hand stehen. Ich sollte aufhören. Natürlich nur für meinen Geldbeutel und nicht für meine Gesundheit. Plötzlich steht jemand vor mir. Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, wer es ist. Mark, Sharis Kumpel. Seine dunkelbraunen Augen blitzen mich scharf an. Ich hätte damit rechnen sollen und doch überrascht es mich. Ich schnipse seufzend den Stummel ins Beet. „Robin, oder?“, beginnt er. „Was willst du?“, frage ich unbeeindruckt und doch rammt sich mein Herz aufgeregt gegen den Brustkorb. Marks Blick wird immer grimmiger. Sein Finger tippt mir hart gegen die Schulter und dann fasst seine Hand nach meinen Kragen. Fest und unnachgiebig. Er ist kräftiger, als er aussieht. Shari ruft Marks Namen und ich werfe abgelenkt einen Blick in die Richtung, aus der die Stimme der schönen Inderin gekommen ist. Sie sieht wie immer zauberhaft aus. „Hey, klopf klopf. Hier spielt die Musik. Sie wird dir nicht helfen“, holt er mich zurück. Ich sehe ihn ungerührt an und mache mit der Hand eine Geste, die ihm andeutet, fortzufahren. „Shari wollte dir nur einen Gefallen tun, weil sie der Überzeugung war, dass das, was du erklärst, gut ist und deine mühsam verfassten Skripte nicht so in die Welt geworfen gehören. Reine freundschaftliche Nächstenliebe und du hast nichts Besseres zu tun, als auszuflippen. Geht’s noch?“ „Ich habe nicht darum gebeten.“ „Hör mal zu, du Biologiefritze, wenn du es noch einmal wagst, mein Blümchen derartig anzugehen, dann mache ich dich schneller zu Kompost als du Polymerasekettenreaktion sagen kannst.“ „Eigentlich Biochemie“, kommentiere ich diesen amüsanten Ausbruch. Ich unterschätze aber keineswegs die Ernsthaftigkeit, die mit seinen Worten einhergeht. „Beides Grünzeug. Haben wir uns verstanden?“ Mein blaues Auge ignoriert er geflissentlich. „Ja“, sage ich knapp, sehe dabei zu, wie sich seine Schultern entspannen und er zu lächeln beginnt. „Braves Schiebchen.“ Es fehlt nur noch, dass er mir niedlich auf dem Kopf pattet. Seine Hand zuckt hoch und ich zurück. „Alter,…“, warne ich und sehe, wie sich in seinem Gesicht ein freches und zu gleich sehr attraktives Lächeln bildet. Jetzt finde ich auch noch das Lächeln eines anderen Mannes interessant. So weit ist es mit mir schon gekommen. „Sehr gut“, flötet mir Mark entgegen, vollführt, als er von mir weggeht, eine Ich-habe-dich-im-Blick-Geste samt bösem Stieren und bleibt bei Shari und einem muskulösen, aber schlanken Mann stehen. Sie haben uns die gesamte Zeit dabei zu gesehen und er lächelt, als der Brünette ankommt. Marks Blick ändert sich sofort. Er wird weich, sanft und unglaublich liebevoll. Sie wechseln ein paar Worte. Ihre Finger verschränken sich miteinander und er küsst Mark sanft auf den Scheitel. Shari hat in einem Nebensatz erwähnt, dass ihr bester Freund schwul ist. Doch entgegen des ablehnenden Gefühls in meiner Brust, welches ich empfinde, wenn ich Abel und Jeff zusammen sehe, fühle ich bei den beiden nur neidvolle Zufriedenheit. Shari schaut zu mir und ich sehe Zurückhaltung, Kummer und auch Zärtlichkeit. Sie ist verletzt und ich dämlich. Ich nehme mir vor, mich nachher bei ihr zu melden. Ich wende mich ab und stehe auf einmal vor Kain. Auch er sieht zu den anderen und ich frage mich, wie viel er von unserer kleinen Auseinandersetzung mitbekommen hat. „Kompost, ja?“, kommentiert Kain. Natürlich alles. Ich seufze laut auf. „Polymerasekettenreaktion. Herrlich und dein Blick erst“, plappert er weiter und kichert kindlich. „Bist du fertig?“ „Ich dachte, er verhaut dich gleich und da wollte ich einen Platz in der ersten Reihe. Schau, ich hatte sogar schon das Handy zum Filmen bereit.“ Das angesprochene Gerät taucht in meinem Blickfeld auf. Wackelnd. Ich erkenne Kains Hintergrundbild. Es ist eine Aufnahme von ihm und seiner Schwester. „Und was wird das?“, frage ich ein wenig affektiert und führe mit meiner Hand eine kreisende Bewegung vor seinem Gesicht aus. Das Grinsen in seinem Gesicht ist nur noch breiter geworden. „Was? Meinst du meine belustigte Gesichtsmimik? Nennt man Grinsen und ist für gewöhnlich ein Zeichen von verspielter Freude. In meinem Fall allerdings ein Zeichen für hocherfreute, amüsierte Genugtuung.“ „Du hättest also mit Freude dabei zugesehen, wie er mir die Nase bricht?“, erfrage ich gespielt entsetzt. „Ich denke nicht, dass er dir mit einem Schlag die Nase bricht, aber … nun gut, ich wäre dir schon zur Hilfe gekommen, wenn die 70 Kilo da ein Problem geworden wären.“ Er deutet lachend in die Richtung in die Mark verschwunden ist und ich sehe ihm nur entgeistert entgegen. „Was hast du ihm getan?“, fragt Kain, als ich ihm einen Kommentar schuldig bleibe. „Ich hab nicht ihm etwas getan, sondern…“, stockend schließe ich kurz die Augen, “Shari… und nein, auch ihr hab ich eigentlich nichts getan. Ich war nur nicht sehr zuvorkommend.“ Eine von Kains dunklen Augenbrauen hebt sich in die Lüfte. Er kann sich genau vorstellen, was ich damit meine. Zu meinem Glück fängt Kain nur an zu lächeln und reicht mir, statt einen weiteren Schlagabtausch einzuleiten, einen seiner gestern gekauften Müsliriegel. „Hunger?“ Danach gehen wir zusammen Richtung Mensa. Die Auswahl an Gerichten ist durch die vorlesungsfreie Zeit eingeschränkt und ich entscheide mich leidenschaftslos für ein einfaches Kartoffelgericht mit einer undefinierten Scheibe Fleisch und Karottengemüse. Eigentlich hätte mir das Kartoffelpüree gereicht. Kain hingegen gönnt sich ein XXL-Schnitzel mit Pommes und in mir keimt der Futterneid. „XXL, ja?“, gebe ich ungerührt von mir, als sich der Schwarzhaarige neben mich setzt. Kain ächzt theatralisch auf. „Ich wusste, dass da etwas kommt. Ich mach dir einen Vorschlag, Du bekommst meinen Pudding, dafür hältst du die Klappe. Okay?“ „Puddingtastisch“, erwidere ich geschwind und greife nach der Schale mit der vanilligen Creme, bevor es Kain sich anders überlegt. Aber er macht keine Anstalten, sondern beginnt nur leise zu lachen. „Apropos Süßes, du schuldest mir einen Kuchen. Einen mit ganz viel Schokolade und Sahne.“ „Ach wirklich? Wovon träumst du nachts?“ „Na ja, hin und wieder von Schokolade und Sahne…“, kommentiert er nonchalant und ich stocke. Ich kann in diesem Moment nicht einschätzen, wie seine Äußerung gemeint ist. Kuchenbetreffend oder versaut. Kain scheint mich nicht aufklären zu wollen und widmet sich grinsend seinem Essen. „Nehm ich sofort. Beides“, sagt eine vertraute, aber nicht erwartete Stimme hinter uns und wir drehen uns beide überrascht um. „Das Boardrestaurant war geschlossen und sie gaben nur schlecht aufgebrühten Kaffee aus. Ich hatte fünf davon“ Jeff lässt sich samt Koffer auf einen der freien Stühle fallen. Er setzt gerade dazu an, uns von seinem schrecklichen Martyrium mit dem öffentlichem Fernverkehr zu berichten, als sein Blick auf mich fällt. „Wow, wer ist mir zu vorgekommen?“, fragt er an Kain gerichtet und grinst. Ich wusste, dass ich mitnichten auf Mitleid hätte hoffen können, aber dass es ihn unterhält, verletzt mich ein wenig. „Merena und ihre Handtasche“, äußert sich der Angesprochene freimütig und ich werfe ihm einen entgeisterten Blick zu. Ernsthaft? Hätte er es nicht ausschmücken können. Hätte er ihm nicht sagen können, dass ich einem gefährlichen Drachen unterlegen war? Wäre ja gar nicht so falsch. „Was ist denn passiert?“, erkundigt sich Jeff weiter und lässt seinen Blick über mein Gesicht wandern. Seine Augenbraue hebt sich fragend in die Lüfte. Mein Mitbewohner sieht müde und abgekämpft aus. Anscheinend hat ihn der böse Zugverkehr wirklich zugesetzt. „Robin und sein charmantes Wesen. Mal wieder“, erklärt der Schwarzhaarige und sieht mich an. Auf seinen Lippen liegt ein Lächeln und ich bin für eine Millisekunde weniger sauer. „Sie hat mich provoziert“, wehre ich mich. „Womit? Ach, lass mich raten, mit ihrem bloßen Dasein? Ihrer Stimme? Oh, die Schuhe...es müssen ihre Schuhe sein.“ „Nein, es sind die Haare…“, mischt Kain dazwischen und entfernt Panade von seinem Schnitzel. „Seid ihr fertig?“ Beide grinsen sich an. Jeff schnappt sich die abgenommene Panade und seufzt genießerisch. „Wieso bist du schon wieder hier?“, frage ich, um das Thema zu wechseln. Jeff beäugt mein Mittagessen gierig und ich widerstehe dem Drang, schützend meine Arme um den Kartoffelbrei zu legen. „Mum fährt übermorgen zum Tantchen und alle anderen treffenswerten Personen sind genau jetzt im Urlaub… und du bist ja auch schon hier und ich wollte nicht allein rumhängen…“ Den Teil mit mir verschluckt er mehr, als dass er ihn wirklich sagt. Kain sieht auf, wechselt mit Jeff und dann mit mir ein paar forschende Blicke. „Hat dich Ezra erreicht?“ Oh, Ezra hatte ich vergessen. Ich habe seine Nachricht bisher gemieden, weil ich befürchte, dass er weiter einen auf alte Bekannte machen will. „Wer ist Ezra?“ „Ein alter Schulfreund. Wir waren letzte Woche bei seiner Bareröffnung und ich glaube, er hat sich ein bisschen in Robin verknallt. War bestimmt der ganze Tequila…Kriege ich etwas von deinen Pommes?“ Jeffs hungriger Blick richtet sich nun auf Kains Teller. Wenn wir nicht aufpassen, dann sitzen Kain und ich bald mit einer neuen luftigen Frisur da. Ich ziehe mein Portemonnaie aus der Tasche und werfe dem Blonden meine Mensakarte zu. Dieser versteht den Wink sofort, klatscht freudig in die Hände und ist so schnell verschwunden, dass für einen kurzen Moment sein schemenhaftes Abbild auf dem vormaligen Sitzplatz zurück bleibt. „Eine Bareröffnung?“, fragt der Schwarzhaarige neugierig. „Ich wurde gezwungen. Aber es gab wie gesagt Tequila. Sehr viel Tequila.“ Ich denke an den Abend zurück, an dem ich nur so viel Alkohol getrunken habe, weil der Schwarzhaarige berechtigterweise in meinem Kopf rumgeisterte. „Ich dachte, du wärst eher der Wodkatyp.“ „Ich würde dir jetzt auf Russisch antworten, wenn ich könnte“, kommentiere ich. Kain lacht sein tiefes kehliges Lachen und wackelt mit den Augenbrauen. Den anderen Ausspruch Jeffs lässt er unkommentiert. Jeff kommt mit einem Berg Kartoffelbrei zurück und lässt sich selig lächelnd auf einen der leeren Plätze nieder. Kain ergreift die Initiative und fragt nach dem Urlaub. Mein Kindheitsfreund schafft es mit vollem Mund einen beeindruckenden Abriss der Erlebnisse wiederzugeben. Alles ausschweifend und detailgetreu. Bunt und voller Sonnenschein. Ich habe wieder das Gefühl, dass er zu ausschmückend ist, sage, aber nichts. Es folgt eine zum Brechen entzückende Kitschgeschichte mit Picknick und Sonnenuntergang am Strand, die zum Glück durch Kains Handy unterbrochen wird. „Entschuldigt“ Er steht auf und entfernt sich ein paar Schritte, bevor er rangeht. Ich frage mich, ob er das wirklich aus Höflichkeit macht oder weil er nicht will, dass man mithören kann. Wenn es das Zweite ist, dann macht er es falsch. „Ja, Te-Club. Freitag 21 Uhr. Klingt gut“, hören wir ihm sagen. Ich versuche, ihn nicht allzu auffällig zu beobachten, doch es gelingt mir nicht. Er wiederholt auch alles so schön stalkergerecht. Irgendwann richtet er seine braunen Augen direkt wieder auf mich, noch während er telefoniert und ich schaffe es nicht, ihnen zu entfliehen. Jetzt plötzlich wegzuschauen, wäre auch albern und verdächtig. Also belasse ich es dabei, interessiert auszusehen. Kain gibt noch weitere genervte Bestätigungen von sich bevor er auflegt und zurück an unseren Tisch kommt. „Du gehst aus? So richtig feiern?“, fragt Jeff überschwänglich und wirklich interessiert. Er kennt den Club sicher, den Kain eben erwähnt hat. Vermutlich war ich auch schon einmal dort und habe es nur vergessen. „Ja, mit Marvin und den anderen Jungs aus der Ringermannschaft. Freitag ist das letzte Mal Training und dann läuten wir die Sommerpause ein.“ Kain klingt, als bedarf es noch etwas mehr Begeisterung für diesen feuchtfröhlichen Abend. Er sieht zu mir. Danach zu Jeff. Ihr Augenkontakt dauert etwas länger. Es ist wie eine stille Übereinkunft, von der ich auch in Hundertjahren nichts wissen werde. Ich vertilge den letzten Rest meines Kartoffelbreis, während die beiden darüber diskutieren, ob Trance das gleiche ist, wie Techno. Ich hielt Techno immer für den Überbegriff, aber was weiß ich schon. Mit einem Blick auf die Uhr verabschiedet sich Kain von uns. Jeff und ich machen uns auf den Rückweg zum Wohnheim. Draußen schaue ich mir unauffällig die Nachricht von Ezra an. Er hat sich gefreut, dass ich bei der Eröffnung dabei war und möchte wissen, ob ich Interesse daran habe, einer Verkostung beizuwohnen. Die besten Whiskeysorten, die sie haben. Mit Jeff natürlich. Ich sehe zu meinem Jugendfreund, der gerade mit seinem übertrieben großen Koffer und der Tür kämpft. Erst als ich mich umdrehe und die böse Zugangsöffnung aufhalte, schafft er es raus. „Danke“, murrt Jeff gereizt und seufzt, „Bei euch scheint alles wieder okay zu sein. Kain und dir?“ Mehr eine Feststellung, als eine Frage. Ich stecke das Telefon zurück in meine Tasche und zucke mit den Schultern. „Scheint so, aber ich bin nur auf Bewährung“, gestehe ich. „Ist das so? Sagst du mir noch, was eigentlich passiert ist?“ „Wenn du mir erzählst, wie euer Urlaub wirklich war. Denn so rosarot und glitzernd, wie du ihn verkaufst, ist er in Wirklichkeit eine Kaffeefahrt gewesen.“ „Was soll das heißen? Mein Urlaub war großartig. Ständig Sonne. Cocktails….viel Sex.“ Die gleiche Leier, wie beim letzten Mal. „Und wenn du bald noch Glitzer scheißt, dann können wir dich offiziell Lonny das Einhorn nennen“, zerfließe ich im Sarkasmus. Jeff scheint einen Schritt rückwärts zu machen. Als ich merke, dass er stehen geblieben ist, wende ich mich um. Er sieht frustriert aus. Grübelnd. „Wir haben uns fast die ganze Zeit gestritten. Wegen Müll und… beschissener Eifersucht. Zufrieden?“ Jeff setzt sich wieder in Bewegung, zieht missmutig und beidhändig seinen Koffer hinter sich her. Drama also. Als er an mir vorbeikommt, halte ich ihn am Arm zurück. „Nein, keineswegs. Jeff, ich weiß, dass ich nicht immer der beste Freund bin, aber du musst mir nicht vorlügen, dass du eine glückliche Zeit hattest, wenn es eigentlich nicht so war.“ „Es war auch schön!“, versucht sich zu rechtfertigen. „Jeff, verdammt, das ist ne glatte Lüge!“, entflieht es mir entrüstet. Der Kerl ist nicht zu fassen. Was soll das? „Okay!“, ruft er laut und atmet tief ein. „Bilder sind eben das perfekte Lügenwerkzeug. Vor allem, wenn man sich nur für 30 Sekunden verstellen muss. Streiten. Versöhnen. Streiten und wieder Versöhnen. Die Phasen, in denen wir einfach nur glücklich sind, werden immer kürzer. Es ist so ernüchternd. Abel ist sofort extrem eifersüchtig, wenn ich nur mit jemand anderen rede oder ihn ansehe, aber er…er flirtet. Ungeniert und direkt vor meiner Nase. Und und und…“ Jeffs Kiefer spannt sich an. Definitiv keine Beziehungen-machen-glücklich-Werbung. Er atmet tief ein und streicht sich die blonden Haare zurück. Dann sehe ich auf einmal Sorge in den blauen Augen meines Freundes. Seine Hand streckt sich nach mir aus und sein Daumen berührt vorsichtig die rot-violette Verfärbung unterhalb meines Auges. „Sieht schlimm aus“, merkt er an. Seine Verärgerung scheint verraucht. Ich greife nach seinem Handgelenk, führe seine Hand nicht fort, aber stoppe ihn in seinem Tun. „Es tut mir leid, was ich am Telefon gesagt hab…und es tut mir leid, dass es mit Abel nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast“, sage ich, ohne noch länger vor meinem Schatten zurück zu schrecken. Es war und blieb unfair, was ich gesagt habe. Ich gebe keine weiteren Erklärungen von mir. Es tut mir einfach nur leid. Jeffs Blick senkt sich zu Boden, bevor er zaghaft lächelnd aufsieht. „Lonny das Einhorn wird wohl jemand anderes werden müssen“, sagt er. „Na ja, es ist sicher auch nicht so angenehm, Glitzer zu scheißen…“, kommentiere ich. „Ja, nur, wenn es dieses schicke, irisierende Glitzerpulver ist…das hätte was.“ Ich sehe Jeff bestürzt an. „Zu viel?“ „Ein kleinen wenig.“ Ich nehme Jeff den Koffer aus der Hand und setze mich kopfschüttelnd in Bewegung. Jeff folgt mir lachend. „Was hat Merena eigentlich gesagt?“, fragt er mich. „Nichts als dummes Zeug. So, wie immer.“ Ich präzisere es nicht weiter und weiche aus. Wenn ich ihm berichte, dass sie von mir verlangte, dass ich mich von Kain fernhalte, dann würde er nur falsche Rückschlüsse daraus ziehen. „Du bist nicht ehrlich.“ Wie ich ihm, so er mir. Er hat Recht. Ich hadere noch eine Weile mit mir, ehe ich ihm antworte. „Weißt du, dass sie wirklich denkt, dass sie wieder mit Kain zusammenkommt? So wirklich wirklich. Sie würden sich lieben, hat sie gesagt“, erzähle ich übertrieben zuckrig und schaue reichlich angewidert drein. „Das hat sie gesagt? Klingt das absurd für dich?“ „Für dich nicht? Ich meine, Kain hatte seine Gründe, sich zu trennen und mir fallen noch zwei Duzend Dinge mehr ein.“ „Über sowas redet ihr? Und deine Gründe zählen nicht. Was interessiert dich eigentlich ihre Wahnvorstellung?“, hakt er nach. „Tut es nicht, aber sie glaubt, ich würde Kain schlechte Dinge über sie einreden und glaub mir, ich halte mich echt zurück.“ „Klar, weil du die zurückhaltendste Person bist, die ich kenne.“ „Mein ich doch!“, gebe ich überzeugt von mir und tippe den Türcode zu unserem Wohnheimzimmer ein. Jeff lacht und schafft es diesmal allein, seinen Koffer durch die Tür zu bugsieren. Er lässt ihn an Ort und Stelle, - also mitten im Raum- stehen und lässt sich auf sein Bett fallen. Er kuschelt sich selig ins Kissen und eine Weile ist der Raum mit verdächtig wohligen Geräuschen gefüllt. Gut, dass ich schamlos bin. Den restlichen Tag verbringen wir mit weiteren freundschaftlichen Neckereien und dämlichen Kommentaren. Auf die Frage, warum er sich nicht sofort von Abel trennt und mit IT-Jake durchbrennt, druckst Jeff nur rum. Anscheinend ist er masochistisch veranlagt oder braucht seine tägliche Dröhnung Drama. Es kann natürlich sein, dass es nicht so einfach ist, sich von seiner ersten ordentlichen Beziehung zu verabschieden. Bei Jeff tippe ich allerdings auf das Drama. So lange Abel noch bei seiner Familie ist, würde sich sowieso nichts klären lassen. Trotzdem erwische ich meinen blonden Mitbewohner dabei, wie er am Abend eine Nachricht an Jake verfasst. Darauf angesprochen erklärt er mir, dass es ausschließlich um seinen alten Laptop geht. Sicher. Ich erinnere mich ungewöhnlich klar an Jeff dümmlich grinsendes Gesicht, als er mir im betrunkenen Zustand erzählte, dass Jake ihn nach einem Date fragen will. Allein der Gedanke hatte ihm ein glückliches Glitzern in die Augen gezaubert und es lag sicherlich nicht an der schmeichelhaften Vorstellung. Am folgenden Tag überredet mich Jeff zu einem Haushaltstag. Es juckt ihm in den Fingern. Mir juckt nur das Auge. Wäsche waschen, putzen und aufräumen. Nur unter Protest entferne ich den mühsam herangezüchteten Staubteppich auf den Regalen über dem Kühlschrank. Immerhin verhindert dieser, dass unsere kaum genutzten Kochutensilien geklaut werden. Abwaschen und Studenten scheint keine gutlaufende Kombination zu sein. Am Nachmittag packt meinem Jugendfreund der vollkommende Rappel und er beschließt, seinen Kleiderschrank neu zu ordnen und meinen gleich mit. Ein Mammutprojekt. Ich vermute, dass das sein Mittel zur Ablenkung ist. Während Jeff das gesamte Zimmer in Beschlag nimmt, auf meinem Bett Pullover und Hemden stapelt und auf seinem Hosen und Unterwäsche, verteilt er auf dem Boden Socken und T-Shirts. Ich sehe eine Weile skeptisch dabei zu. Als er beginnt, darüber zu philosophieren, ob er lieber nach Farben, Marke, Material oder Verwendungszweck sortieren soll, beschließe ich, dass mein Leben zu kurz ist, um freiwillig an einer derartigen Folter teilzunehmen. Mein Beitrag wären auch nur nutzlose Bemerkungen. Ich stöpsele mir meine Ohrstecker ein, nicke noch mehrmals interessiert in Jeffs Richtung und schnappe mir das korrigierte Skript des neuen Buches. Vielleicht klappt es ja heute. Irgendwann trifft mich eine Sockenrolle am Kopf. Jeff steht neben meinem Bett und deutet auf mein Handy, welche bis eben noch unbeachtet rumlag. Es ist Brigitta, die den gestern angedrohten Anruf nachholen will. Im Grunde will sie nur eine Bestätigung für die obligatorische Teilnahme. Ich druckse rum, mache Ausflüchte, jammere theatralisch und sage dann auf dem Höhepunkt meiner Hampelmannkür zu. Am Abend hat sich an dem Zustand unseres Zimmers nichts geändert. Statt halbwegs geordneten Chaos liegen nun überall kleine Stapel mit irgendwie geordneten Klamotten auf dem Boden. Da Jeff mein Bett wieder freigegeben hat, schlucke ich jeden weiteren Kommentar brav runter und lege mich mit Kopfhörer schlafen. Erst, als sich auch Jeff ins Bett trollt, lege ich den Player weg. „Robin!“ Ein hauchzartes Geflüster in meinem Kopf. Ich muss träumen. Es wiederholt sich und mit einem Mal merke ich etwas Schweres auf meiner Schulter und auf weiten Teilen meiner Brust. Ich gebe ein Brummen von mir, ausgelöst durch den plötzlichen, störenden Druck. Zugleich ist es aber warm und wohlig. Ich will einfach weiterschlafen. „Hey, wach auf“, raunt es erneut leise. „Robin.“ Ein weiteres Flüstern meines Namens folgt. Ich spüre einen feinen Schauer, der durch meinen Körper schwebt. Ich rege mich nur langsam, eingelullt durch die angenehme Wärme und der klassischen Ohnmacht nach dem Erwachen. Ich drehe meinen Kopf müde der Stimme entgegen. Doch erst, als warme Lippen auf meine treffen, öffne ich die Augen. Erst eines. Ich schmecke eine herbe Süße mit zitroniger Note. Genau die, die ich schon eine ganze Weile her fantasiere und öffne das zweite Auge. „Kain?“ „Entschuldige, bin leider nicht die vollbusige Blondine deiner Träume“, haucht er mir neckisch gegen die Lippen. Seine Zunge scheint schwer zu sein, denn er benötigt mehr Zeit, um den Satz zu formulieren. „Sagt der, mit der dürren Rothaarigen…Was wird das? Es ist mitten in der Nacht“, kontere ich träge und zu laut. „Psssch, ich weiß. Ich glaube, ich habe einen Stapel Pullover umgerissen“, murmelt er und sieht zu Jeff hinüber. Ich bin zu müde, um darüber nachzudenken, dass mein Jugendfreund im Nebenbett liegt. Allerdings weiß ich auch, dass ihn nichts wecken kann, egal wie laut es ist. Jeff verwandelt sich beim Schlafen zu einem seiner geliebten Steine. Nur, dass er nicht funkelt oder glimmert. Kichernd lockt mich Kain in einen weiteren Kuss, der deutlich leidenschaftlicher ist als der vorige. Ich schmecke neben den bekannten, vertrauten Aromen einen Hauch Alkohol. Ich löse den Kuss halbherzig. Kain lässt sich nicht daran stören, immer wieder nach meinen Lippen zu schnappen oder einfach nur meine Wange zu küssen. Keuchend drücke ich ihn an der Schulter zurück. „Bist du betrunken?“, frage ich irritiert. Das würde diese seltsame Aktion erklären. „Nein! Jein. Nur ein bisschen vielleicht“, murmelt er und küsst sich meinen Kiefer entlang. Er hört von allein wieder auf und ich keuche erleichtert, aber auch enttäuscht auf. „So genug! Komm mit, ich will dir etwas zeigen.“ Er sieht auf meinen Wecker und zieht mir in nur einer Bewegung die gesamte Decke weg. Ich wackele unwillig mit den Füßen. Kain packt spielerisch einen davon und zieht mich runter. Mein Oberteil rutscht dabei ein Stück nach oben und legt Teile meines Bauches und meiner Brust frei. Noch mehr Kälte. Ich ächze. Kains Lippen treffen auf meinen Bauch. Nur ganz kurz und hauchzart. Dann steht er auf und ich setze mich hin. Ich starre in die Dunkelheit. „Komm jetzt.“ Er wirft mir einen Pullover zu und greift zusätzlich nach meiner Jacke. Eine andere Hose darf ich anscheinend nicht mehr anziehen. Kain blickt auf die Uhr, packt meine Hand und zieht mich mit sich mit. Ich blinzele seinen Rücken an, während er mich den Flur entlang führt. Erst, als er die Tür zum Dach aufdrückt, lässt er meine Hand los. Kieselsteine knirschen unter den dünnen Sohlen meiner Schuhe. Ich sehe mich zurückhaltend auf dem flachen Dach des Studentenwohnheimes um. Ist die Bewährungszeit zu Ende und ich kriege jetzt doch noch meine Strafe? Ein Freiflug vom Dach. Ich bin mir nicht sicher, ob die Höhe optimal ist. Ich könnte das überleben. Eine kühle Brise erfasst mich und ich beginne zu bibbern. Mir wird wieder bewusst, dass ich müde bin und mehr oder weniger gekidnappt wurde. Kain blickt wiederholt auf die Uhr und wirkt dabei ungewohnt unruhig, fast hibbelig. Ich habe ihn noch nie betrunken erlebt. Vielleicht ist es normal, dass er sich dann so verhält. Er schiebt mich zum Rand und lehnt sich rücklings ans Geländer. „Was machen wir hier und wo hast du den Schlüssel her?“, frage ich. Nachdem Kain keine Antwort rausrückt, schließe ich meine Jacke und murre. Durch das plötzliche Entreißen aus meinen gemütlichen Federn, merke ich die Kälte ganz besonders. Meine luftige Stoffhose trägt ebenso dazu bei, dass ich nur schwer das Zähneklappern verhindern kann. Trotzdem versuche ich ihm einen angestrengten und genervten Blick zu zuwerfen. „Gleich…“, kommentiert er meine skeptische Fragerei und lässt sich in keiner Weise beeindrucken. Kain fasst nach dem Rand meiner Jacke und zieht mich dichter ans Geländer. Was hat er nur vor? „Hast du mich hier hoch geführt, damit ich erfriere? Ich präferiere Erschießung“, erkläre ich. „Geduld ist eine Tugend, junger Padawan“, säuselt mir Kain mit alkoholbelegter, rauer Stimme entgegen. Es hat etwas, ihn so zu sehen. Sonst so beherrscht und zurückhaltend, wirkt er nun irgendwie verwegen. „Star Wars, ernsthaft?“, frage ich mit gerunzelter Stirn. „Obi-Wan Kenobi?“ Kain ist betrunken also ein Witzbold. Das kann ja heiter werden. „Nicht gut für dich wird sein, mich erfrieren zu lassen“, markiere ich den Yoda und verschränke die Arme vor der Brust. Ich reibe mir fahrig über die Oberarme. Kain macht grinsend den Reißverschluss seiner Jacke auf. Er zeigt mir eine einladende Geste, indem er die Seiten seiner Jacke ausbreitet. Ich betrachte die Szene ungläubig und zögere. Das kann nicht sein ernst sein. Oder doch? Es braucht nur einen weiteren kalten Luftzug und ich werfe meine pingeligen Gedanken über Board. Ich mutiere zu Jeff. Dieses Mal lacht der Schwarzhaarige laut, während ich mich mit angemessener Zurückhaltung gegen seine Brust lehne. Ich spüre die Wärme seines alkoholisierten Körpers und finde es geil. Der Geruch von Alkohol umgibt ihn, genauso, wie die feine Süße, die ich seit neustem öfter an ihm rieche und die mich jedes Mal etwas benebelt. Auch jetzt. „Gar nicht so schlimm, oder?“, raunt er und legt seine Arme um mich. Keine Chance mehr für Hemmungen. „Kein Kommentar“, nuschele ich. Ich will auch nichts anderes mehr sagen, denn in diesem Moment blitzt etwas über den Nachthimmel. Ein weiteres Leuchten, gefolgt von Etlichen mehr. Wie gebannt starre ich nach oben, sehe dabei zu, wie entfliehende Gesteinsbrocken zarte, helle Striche in den dunklen Himmel zeichnen. Ein akzentuiertes Gemälde. Ein unvorstellbares, zauberhaftes Naturschauspiel. Es ist wunderschön. „Ein Meteoritenschauer“, flüstere ich. Dafür hat er mich also mitten in der Nacht aufs Dach gebracht. „Ja, wunderbar, nicht wahr?“, fragt er mich. Ich kann es nur bestätigen. Ich betrachte weiter das ungewöhnliche Schauspiel, bis nur noch vereinzelte Gesteinsbrocken in der Atmosphäre verglühen. Die letzten Sternschnuppen sind kaum mehr zu erkennen. Als ich zu Kain sehe, bemerke ich, dass er mich ansieht und lächelt. Kains Lippen drücken sich sanft gegen meine Schläfe und ich schließe automatisch die Augen, in der Annahme, dass mich ein angenehmes Gefühl erfasst. Ich werde nicht enttäuscht. Ich senke mein Haupt und nähere mich seiner Halsbeuge. Mein Puls steigt unaufhörlich, während ich den wohlbekannten Duft inhaliere, der diesmal gespickt ist mit den klassischen Gerüchen einer durchfeierten Nacht. Das ruhige Atmen fällt mir schwer. Ich öffne meine Lippen und mir entflieht ein fast lautloses Keuchen, welches trotzdem nicht ungehört bleibt. „Ist dir noch kalt?“ Es ist mehr eine rhetorische Frage, denn er muss deutlich merken, dass meine Körpertemperatur stetig nach oben klettert. Allein der Gedanke daran, das Spiel seiner Muskeln unter meinen Fingern zu spüren und seinem heißen Fleisch ausgesetzt zu sein, das mich in Besitz nimmt und umfängt, erregt mich unglaublich. Jeder kleine Funken in meinem Gehirn schreit nach Sex. Alles in mir verlangt danach. Ich versuche mich zu zügeln, doch es funktioniert nicht, solange er in meiner Nähe bleibt. Der Versuch, mich von ihm zu entfernen, Abstand zwischen uns zubringen, misslingt, weil Kain mich davon abhält. Ich meide seinen Blick, konzentriere mich darauf, gleichmäßig und ruhig zu atmen. „Du machst mich fertig, weißt du das?“, murmelt er träge. „Ich dich?“ Ich sehe keinerlei Schuld bei mir. „Ja, du mich. Ich wollte mindestens zwei Wochen sauer sein und jetzt...“ Mit den Lippen fährt er mir hauchzart über den Hals. Kain hat also geplant, auf mich wütend zu sein. Perfide. Gemein. Erregend. Er zieht scharf die Luft ein und wirft dann den Kopf zurück, um sie wieder auszustoßen. „Das ist der Alkohol, der vernebelt dir das Gehirn… und du redest deshalb dummes Zeug.“ „Und welche Ausrede hast du? „Ich? Keine. Ich bin schon die ganze Zeit offen geil“, raune ich mit vollkommender Unschuld. Kain feixt und bleibt danach auffällig still. Seine Augen bekommen wieder diesen Ausdruck. Es ist, als würde er etwas suchen. Diesmal scheint er es zu finden und zu bewahren. „Er hält sich bewusst zurück, lässt seine Lippen über meinen Hals wandern. Küssend. Beißend. Ich zergehe vor Gier.“ Seine Stimme ist ein heißes Flüstern, während ich geräuschvoll die Luft ziehe. Er drückt unvermittelt seine Lippen auf meine, während mir nur langsam in den Sinn kommt, dass er erneut eine Stelle aus meiner Geschichte zitiert hat. Wenn er wüsste, dass ich längst weiter geschrieben habe, das noch mehr Sex und Gier die Seiten füllen. Und das die Geschichte längst nicht mehr nur aus zusammenhangslosen erotischen Szenen besteht. Ich erwidere den Kuss mit Bestimmtheit und halbwegs kontrollierter Dringlichkeit. Es fühlt sich gut an. Kains Hände schieben sich unter meinen Pullover. Seine Zunge vollführt stichelnde Neckerei, lockt und streichelt. Ich greife in seinen Nacken und biete mich ihm an. Ich will alles. Ich will es jetzt. „Zu dir?“, schlage ich vor, „Oder willst du zwei Wochen sauer sein?“ Ich hoffe inständig, dass er nicht die zweite Variante wählt. Nach mehr als 4 Wochen ohne Sex scheint einfach jede seiner Berührungen meinen Körper zu entflammen. Ich brauche es dringend. Ich will es schnell und hart. Und Kain scheint mir diesen unausgesprochenen Wunsch zu erfüllen. Er holt seine Hände unter meinem Pullover hervor, streicht sich durch die Haare und schleift mich bestimmt zum Ausgang. Auf dem Weg zu seinem Wohnheim schweigen wir absichtlich. Alles andere würde die Stimmung versauen. Ich spüre das aufregende Kribbeln. Das Kitzeln der Vorfreude. Kain sicher auch. Mich würde interessieren, was er denkt. Was er sich in diesem Moment vorstellt, aber das behalte ich für mich. Im Flur bemerke ich seine verstohlenen Blicke und grinse bei den nervösen Bewegungen seiner Hände. Wir schaffen es nicht ins Zimmer, bevor wir beginnen übereinander herzufallen. Energisch drückt er mich gegen die Wand. Sein Knie schiebt sich zwischen meine Beine und ich keuche erregt auf. Kains Blick ist gierig. Ich weiche seinem angesetzten Kuss aus und grinse, als er mich forsch anschaut. Er probiert es erneut und ich gestatte ihm nicht mehr, als ein hauchzartes Nippen, ehe ich seine Jacke öffne und ihn damit Richtung Tür ziehe. Kain folgt mir willig. Für den Türcode braucht er vier Anläufe. Und das bei einer Kombination aus 2 Ziffern. Meine Hände sind nicht ganz unschuldig. Ich stehe hinter ihm, grinse in seinen Rücken, während sich meine Finger bestimmt über seinen trainierten Bauch und seiner Brust streicheln. Ich male gerade Kreise um seine Brustwarze, als er sich zum ersten Mal vertippt. Beim zweiten und dritten Mal schiebe ich meine neugierigen Hände geradewegs in seine Hose. Als er sich unvermittelt umdreht, erhascht er meine Lippen. Er macht keinen Hehl daraus, was er will und es gefällt mir. Jeder Kuss entzündet einen Funken und lässt meine Lenden erwartungsfroh vibrieren. Ohne Mühe navigiert er mich zum Bett, weicht abgelegten Klamotten und Bücherstapeln aus. Keine Sekunden löst er dabei den Kuss. Bevor er mich aufs Bett schubst, streift er mir die Oberteile ab. Alles in nur einer einzigen Bewegung. Dann drückt er mich ins Laken. Kain kniet mit einem Bein auf dem Bett und beugt sich über mich. Seine Finger wandern über meine Brust zu meinem Hals, als würde er einer unsichtbaren Linie folgen. Allerdings stoppt sie vor dem mir gewünschten Ende und gleitet wieder nach oben. Einen Augenblick lang habe ich das Gefühl, dass er etwas sagen will, doch stattdessen küsst er meinen Kiefer. Ich schließe meine Augen. Seine Hände nehmen jeden Zentimeter meiner Haut in Besitz, gleiten über meine Brust und meinem Bauch. Ich strecke mich der rauen Berührung gierig entgegen und Kain nimmt jede meiner Regungen mit seinen Augen auf. Meinen rechten Arm drückt er nach oben und macht sich mit feuchter Zunge über meine Seite her. Es kitzelt. Es versetzt meinen Körper in blanke Aufregung. Ich winde mich unter ihm, packe nach seinem dunklen Haarschopf. Kain gibt ein tiefes Raunen von sich, greift meine Hand und drückt auch diese über meinen Kopf. Er schafft es, meine beiden Arme mit nur einer Hand oben zu halten. Ich wehre mich auch nur halbherzig, während sein Mund federleicht über meine Brust flattert. Unkontrolliert hasche ich nach seinen Lippen, als er wieder höher kommt, doch er entzieht sich mir. Er stoppt an meiner Stoffhose und folgt den Pfad zurück zu meinen Brustwarzen. Ich will keine Spielereien. Ich will, dass er mich fickt. Fordernd rolle ich mein Becken gegen sein Oberschenkel, welcher immer dichter an meinen Schritt glitt. „Fick mich“, wispere ich. Heiß und tief. Wieder erfasst mich diese berauschende Zufriedenheit, als ich merke, wie sich Kains Körper für einen Moment lang versteift, wie sich seinen Pupillen erweitern bis ein tiefes Keuchen seinen Lippen entweicht. Er steht drauf. Egal, wie rüde und hart es klingt. Mir geht es genauso. Lächelnd zupft er an dem dünnen Stoff meiner Hose, entblößt mit einem kurzen Ruck meine Beckenknochen und senkt währenddessen seine Lippen auf die empfindliche Haut an meinem Schlüsselbein. Erst jetzt lässt Kain meine Hände los. Gedankenverloren fummele ich an seiner Jacke rum und stöhne leise auf, als er zu beißt. Er wiederholt es und schabt mit den Zähnen über meinen Hals. „Hey,…“, beschwere ich mich schwach. Ich will keine Spuren. Murrend richtet er sich auf und schiebt sich die Jacke von den Schultern. Ich mache die gleichen Andeutungen mit seinem Shirt und auch das fliegt in hohen Bogen zu Boden. Bevor er sich wieder runterbeugt, setze ich mich auf und knie mich hin. Kain bleibt vor dem Bett stehen. Mein Mund trifft seine trainierte Brust, doch ich will ihn nicht streicheln oder liebkosen. Auch wenn es sehr verlockend ist. Ich will mehr. Mit schnellen Handgriffen öffne ich seinen Gürtel und den Knopf seiner Hose. Schon beim Auseinanderziehen des Reißverschlusses kann ich seine harte Erregung unter dem dünnen Stoff seiner Shorts erkennen und mein Puls beschleunigt sich. Ich lehne mich dichter vor, atme heiß gegen sein Sternum und hauche mich tiefer. Kain greift mir in den Nacken, sanft, aber sicher. Bewusst drückt er mich runter. Ich hauche einen Kuss auf seinen Unterbauch und ziehe ihm ruckartig die Hose von den Beinen. Der Schwarzhaarige keucht erschrocken auf, aber versteht den Wink. Ich lasse mich zurück ins Laken fallen, sehe dabei zu, wie Kain aus der Hose steigt. Direkt danach folgen seine Shorts. Da ich nicht mehr als meine Schlafhose trage, ist es für ihn ein leichtes, mich vollkommen zu entblößen. Bevor er sich zu mir gesellt, greift er in seinen Nachtschrank und wirft mir ein Tube Gleitgel zu. Endlich. Nackt und heiß. Ich will ihn fühlen. Ungeduldig drücke ich mir etwas des Gels in die Hand, bringe es an die Stelle, die es nötig hat. „Geduld ist echt nicht deine Stärke“, säuselt er. Ich stehe dazu. Kain grinst und sieht mir dabei zu, wie ich seine Härte in die Hand nehme und das feuchte Gel streichelnd auch darauf verteile. Als ich ihn massiere, schließe sich seine Augen für einen Moment. Ich allerdings, kann meine nicht von ihm abwenden. Sein Bauch spannt sich an und die eh schon gut definierten Muskeln zeichnen sich wie gemeißelt unter seiner Haut ab. Alles an ihm passt zusammen und bildet eine durch und durch perfekte Einheit von berauschenden Anreizen. Ich kann es nicht länger leugnen, aber Kain ist wirklich verführerisch. Nun bin ich es, der nach seinen Lippen verlangt. Er gewährt mir einen Kuss, aber nicht, ohne hämisch zu lächeln. Ich bin heuchlerisch. Ich wehre mich gegen das Verlangen, seine Lippen zu schmecken. Dabei ist es stark und sehnsüchtig. Aber weil es mir gefällt, will ich es erst recht nicht. Kain zieht mein Becken mit gespreizten Beinen auf seinen Schoß. Er streichelt meine Oberschenkel entlang. Seine Daumen bewegen sich federleicht über die Innenseite meiner Schenkel. Ich spüre das Zucken meiner Härte. Dieser verräterische Beweis, dass ich es sehr genieße, dass er mich dominiert. Ich fühle die ungeduldige Anspannung in all meinen Gliedern. Genauso, wie den kribbelnden Reiz, den seine rauen Hände auf meiner Haut hinterlassen. Es macht mich wahnsinnig. Er macht mich wahnsinnig. Mit Bestimmtheit umfasst er meinen harten Schwanz und beginnt mich gemächlich und gleichmäßig zu massieren. Langsam von der Wurzel zur Spitze, bis sein Handballen neckend über meine feuchte Eichel reibt. Nur als kleine Ablenkung. Doch ich brauche sie gar nicht. Ich genieße es, seinen geschickten Finger zu spüren, der sich unaufhörlich tiefer bahnt, streichelnde und berauschende Gefühle schenkend. Seine Sorgfalt ist lobenswert, aber schnell winde ich mich unter seinen Berührungen. Die Hand an meiner Härte neckt mich ruhig und beständig. Die Finger in mir treiben mich in die volle Ektase. Heiser entflieht mir Kains Name und bald schon bin ich mir sicher, dass er es mit Absicht macht. Nur damit er seinen Namen verzückt von meinen Lippen perlen hört. Es muss die pure Genugtuung für ihn sein. „Komm schon…“, stöhne ich ungehalten und nehme mich auch nicht mehr zurück. Kain lässt seine Hände, wo sie sind und betrachtet mich voller Gier. Ich bin mir sicher, dass auch er sich kaum noch zurückhalten kann. Und ich habe Recht. Während er in mich hinein stößt, senkt er seine Lippen endlich auf meine. Kain verharrt in seiner Position. Ich spüre ihn tief und glühend in mir. Mein Unterleib erzittert. Allein dieses Gefühl lässt mich genüsslich aufstöhnen. Ich genieße es, seinen heißen Körper direkt auf meinem zu spüren. Die Schwere. Den Druck. „Mehr…“, hauche ich und bewege mich gegen seinen Schoss. Er ist so tief in mir. Ich will mehr. Tiefer, immer tiefer. Mein Körper reagiert mit eindringlichen Erregungszuständen und ich beuge unwillkürlich den Rücken durch. Auch Kain entlocke ich damit ein tiefes Stöhnen und entfache endlich seinen Bewegungsdrang. Seine Stöße sind langsam und kontrolliert. Ich sehe, wie er jedes bisschen Reibung an seiner Härte auskostet. Seine Augen sind geschlossen. Seine Haare wirr und mit jedem Stoß spannen sich die Muskeln seines Bauches an. Ebenso seiner Arme. Mit halbgeschlossenen Augen gleite ich seinen Körper entlang, sehe zu der Tätowierung auf seinem Oberarm und greife danach. Mit dem Daumen streiche ich die Stelle nach. Docendo discimus. Durch Lehren lernen wir. Die Bedeutung geht mir durch den Kopf, obwohl ich nicht mehr weiß, woher ich sie eigentlich kenne. Kains Hände ziehen mein Becken noch etwas höher. Seine Lippen treffen meine Brust. Er leckt gierig über meine Brustwarze. Erst auf der rechten Seite, dann die linke. Ein kurzes Saugen, während er sich mit erbarmungslos langsamen Stößen in mir bewegt. „Mehr…“, keuche ich. Ich möchte es härter. Schneller. Kain lässt mich betteln. Ich tue es. „Bitte!...Bitte…“ Es kostet mich einen langen, intensiven Kuss, bis er sich wieder aufrichtet und seine Hände meine Hüfte stabilisieren. Er steigert sich langsam, aber hemmungslos. Ich weiß nicht mehr wohin mit meinen Händen. Hebe sie über meinen Kopf und kralle mich im Laken fest. Er treibt sich unaufhörlich und ausdauernd gegen mich. So habe ich es gewollt. So habe ich es mir vorgestellt. Aber es ist noch viel besser. Kains Keuchen erfüllt den Raum und mischt sich mit meinem. Ich fühle die Hitze. Ich bin derartig berauscht, dass ich nicht mehr brauche, als kurzzeitiges Stimulieren meiner Körpermitte, damit ich komme. Kain beobachtet, wie ich in seiner Hand komme, doch seine Bewegungen werden nur einen Moment lang zögernder. Es muss der Alkohol sein. Kain drängt sich unaufhörlich gegen mich. Seine Arme zittern vor Anstrengung, aber das Tempo nimmt nicht ab. Er richtet sich wieder auf und ich schlinge meine Arme um seinen Hals, sodass er mich mit hochzieht. Ich komme auf seinem Schoss zum Sitzen, keuche heiß in seine Halsbeuge. Für einen Moment pausieren wir, atmen unkontrolliert und ausgelaugt. Doch ich spüre ihn noch immer hart und pochend in mir. Kain küsst meinen Hals und bewegt sich dabei sachte und kreisend unter mir. Es ist anders, zarter, leichter und nicht heftig, so wie eben, aber nicht minder intensiv. Zudem sorgt die jetzige Position dafür, dass ich ihn in einem anderen Winkel erlebe. Kains Becken zuckt hoch. Ich stöhne auf. Laut. Deutlich. Es fühlt sich einfach nur gut an. Ich greife in sein volles Haar, ziehe seinen Kopf in den Nacken und mein Blick haftet sich auf seine Lippen. Seine Augen sind halbgeschlossen und leidenschaftlich getränkt mit einem erotischen Schimmer. Er keucht und drückt meinen Körper noch dichter an seinen. Ich beuge mich zu seinem Mund, lasse meine Zungenspitze zärtlich über seine Unterlippen tippen. Küssend bedecke ich seine Oberlippe, koste und schmecke ihn federleicht. Bis er mich in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelt. Seine Hand in meinem Nacken verhindert, dass ich mich zu schnell von ihm löse. Ich will es gar nicht. Unsere Zungen tanzen, während er seine Erregung immer tiefer in mich treibt. Die Kombination macht es nur noch reizvoller für mich. Ich stehe vollständig unter Strom. Mit geschlossenen Augen treibt mich das anregende Spiel wieder in anderen Sphären. Erst, als Kain den Kuss nur noch halbherzig führt, wird mir klar, dass er kurz vor dem Ende ist. Sein Atem geht stoßweise. Der Griff an meiner Hüfte wird fest und die letzten seiner Stöße sind hart und unkontrolliert. Kain stöhnt heiß gegen meinen Hals. _______________________________________________________________________________________________ PS vom Autor: Wie immer ein richtig dickes fettes Dankeschön an all euch tollen, wunderbaren Menschen und an eure Geduld!! Ihr seid großartig! Ihr seid meine Motivation! Danke! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)