Projekt Traumfänger von KleineEidechse ================================================================================ Kapitel 5: Sequenz 005 ---------------------- »Riddler, Riddler ask me why All mothers beneath the Earth and sky Hold their children's hands for a while Their hearts forever... yours and mine Make me wonder what's the meaning of life What's the use to be born and then die Make me guess who's the one Behind the mask of Father and Son« „Mein Sohn, die erzielten Ergebnisse sind sehr zufrieden stellend. Nicht mehr lange und der nächste Schritt in unserem großen Plan kann gegangen werfen.“ Die körperlose Stimme hallte in seinem Kopf wider und hinterließ ein wohliges Gefühl in seiner Brust. Er hätte es nicht bezeugen können, aber er bildete sich ein, eine Spur Stolz aus der Stimme der Lichtgestalt vor sich heraus gehört zu haben. Die Strategie, die er lange vorbereitet und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet hatte schien zu funktionnieren und aufzugehen. Sie würde dafür sorgen, dass sein Gegenüber vollends mit ihm zufrieden war. „Es läuft alles so wie es soll, Vater. Wenn der aktuelle Fortschritt sich halten lässt, wird es nicht mehr lange dauern, bis wir fähig sind die Welt aus den Angeln zu heben.“ Der elegant gekleidete Mann gestattete sich eine Spur Überzeugung in seine Stimme zu legen. Die formlose Gestalt schien den Bruchteil einer Sekunde in ihrer wabernden Bewegeung inne zu halten, bevor sie minimal aufflackerte. Ob sie empört oder amüsiert war, vermochte der Mann nicht zu sagen. „Du darfst nicht übermütig werden mein Sohn. Übe dich in Geduld. Noch sind wir nicht annähernd am Ziel. Erst wenn erreicht ist, was erreicht werden muss und geschehen ist, was noch geschehen muss, dann erst können wir von Erfolg sprechen. Ziet spielt keine Rolle. Davon haben wir mehr als genug. Jetzt geh und bereite den nächsten Schritt vor.“ Auch wenn der Stimme kein bestimmter Tonfall zuzuordnen war, ließ sie dennoch keinen Zweifel am Nachdruck dieser Aussage. Der Mann nickte. Er hatte den Befehl verstanden. „Ja Vater, ich werde mich darum kümmern.“ Er wartete respektvoll bis sich die Lichtgestalt vor ihm entfernt hatte und auf ein kaum wahrnehmbares Glimmen in der dichten Schwärze verloschen war, bevor er sich abwandte und in eleganten Schritten und das Dunkel schritt. Agent C traf wie erwartet auf ihren Partner, als sie vor der Tür zum Büro ihres Vorgesetzten ankam. Auch der junge Mann hielt ein Blatt Papier in der Hand. Vermutlich hatte er dieselbe Vorahnung gehabt. Sie trat an die schwere Tür heran und klopfe zweimal deutlich dagegen, bevor sie einen Schritt zurück trat und auf ein Zeichen aus dem Inneren wartete. Ihr Kamerad wartete einen Schritt hinter ihr ebenfalls stillschweigend. Es dauerte einige Augenblicke, bis von der anderen Seite der Tür ein deutliches ‚Eintreten.‘ an ihre Ohren gelangte und sie kam den Befehl nach. T folgte ihr und bezog ebenso wie er rs draußen getan hatte, knapp hinter der jungen Frau Stellung. Sie nahmen beide die gewohnte Haltung an und warteten gehorsam darauf, dass ihr Vorgesetzter den Kopf hob und ihnen die Anweisung erteilte zu sprechen. C berichtete knapp aber detailliert über den Vorfal in der Eigenen Welt in der vergangenen Nacht. Der ältere Mann fixierte die lange mit einem starren Blick, während er ihr Fragen zu dem Vorfall stellte. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck. Wenn ihr Vorgesetzter die so ansah, analysierte er sie. Versuchte herauszulesen ob das, was sie sagte der Wahrheit entsprach. Ob sie alles gesagt hatte oder es noch mehr gab, das ans Tageslicht zu befördert werden musste. Sie hatte sich über die Jahre ihrer Ausbildung und des anschliesenden Dienstes als Traumfänger an den bohrenden Blick aus den ausdruckslosen Augen gewöhnt und wusste, wie sie dem beikommen konnte. So fixierte sie ihren Vorgesetzten ebenfalls mit einem starren Blick und stand vollkokmmen ruhig vor ihm, während sie knapp auf alle seine Fragen antwortete. T durfte sich nicht dazu äußern. Warum, konnte sie nicht sagen. Die letzte Frage, die der ältere Mann stellte war die nach dem ‚Mehr‘: „Gibt es noch etwas, von dem wir wissen sollten?“ In Cs Gesicht regte sich kein zusätzlicher Muskel, als sie klar und deutlich antwortete: „Nein, Sir.“ Die Augen ihres Vorgesetzten ruhten noch eine quälend lange Weile auf den beiden Traumfängern, ehe er den Blick abwandte und die Hand ausstreckte. Er verlangte nach den schriftlichen Berichten. C und T schlugen die Hacken aneinander, als Zeichen dass der Befehl verstanden worden war. Gemeinsam legten sie die Blätter auf dem Schreibtisch ab, bevor sie wieder in ihre Ausgangsposition zurückkehrten. C achtete darauf keinen Blickkontakt zu T aufzunehmen, denn das könnte sie verraten und entspräche auch nicht ihrem natürlichen Soldatenverhalten. Das wusste sie und ihr war auch bewusst, dass ihr Vorgesetzter sie länger kannte, als jeder andere. Der ältere Soldat musterte sie beide mit einem langen abschließenden Blick, bevor er ihnen den Befehl erteilte, sich zurückzuziehen. Erneut hallte das Geräusch von aneinander schlagenden Stiefelabsätzen durch den Raum, ehe die Traumfänger sich umdrehten und zügig den Raum verließen. Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, griff er nach dem Hörer des Telefons und wählte eine Nummer. Es dauerte nur einen Augenblick, bis sich jemand am anderen Ende der Leitung meldete. „Er ist wieder in Erscheinung getreten.“, war die knappe Aussage. „Leiten Sie die Berichte weiter.“ „Verstanden.“ Ein Knacken in der Leitung sagte ihm, dass die andere Seite das Gespräch für beendet hielt. Er tat es dem Angerufenen gleich und griff nach einer Schublade in seinem Schreibtisch. Er öffnete sie und zog einen Briefumschlag heraus, in den er die Berichte der beiden Traumfänger gleiten ließ. Sorgfältig beschriftete er ihn schließlich und legte ihn auf den Stapel mit Briefen und Akten, der auf seine tägliche Verteilung durch die Hauspost wartete. C und T legten den Weg zu ihren Stuben schweigend zurück. Weniger aus Angst jemand würde etwas von dem Gespärch mitbekommen, als vielmehr weil es nichts zu sagen gab. Die Meldung war do verlaufen wie es hatte sein sollen. Ihr Vorgesetzter hatte genau die Fragen gestellt, mit denen C gerechnet hatte. Wenn sie den älteren Mann richtig einschätzte, dann würde er ihnen gegenüber keine weiteren Nachforschungen anstellen. Um die Untersuchung des psychologischen Dienstes wären sie also herumgekommen. Zurück auf ihrem Zimmer kam sie nicht umhin noch einmal über die Begegnung mit dem seltsamen Magister nachdenken zu müssen. Sein Erscheinen warf viele Fragen auf, von denen sie genau wusste, dass ein Teil unbeantwortet bleiben würde. Am meisten interessierte es sie aber warum er fähig war sich in der Träumenden Stadt zu bewegen. Er war kein Traumfänger, das hatte sie gespürt, aber was war er dann. Normalerweise besassen Sandmann-Abhängige keine weiterreichenden Fähigkeiten als ihre eigenen Traumblasen, die die Grenzen einer jeden Eigenen Welt darstellten umzugestalten. Um sich in der Träumenden Stadt so frei bewegen zu können wie sie und T das taten durfte man nicht abhängig von Sandmann und den Traumblasen sein. Die Träumenden Stadt war alt. Älter als alles was in ihrer Welt existierte, älter als irgendjemand sich zurück erinnern konnte. Sie war schon Teil dieser Welt gewesen bevor das System zu greifen begonnen hatte. Sie war das Element, was die Eigenen Welten zusammen hielt und dafür sorgte, dass sie nicht durch den Äther drifteten und bei einem Zusammenstoss zerplatzten. Denn dann war es für einen Träumenden unmöglich zurückzukehren. Die Traumblasen waren ein geschützter Ort innerhalb dieser anderen Welt. Wie ein Tor zurück zur Realität. Der Magister musste also definitiv entweder ein nicht registrierter Traumfänger sein und das war er nicht, da war C sich sicher. Oder aber ein Wesen das direkt aus der Träumenden Stadt stammte. C fragte sich unweigerlich ob es sich dabei um eine Figur handelte die ihre Ausbilder Father genannt hatten. Es hiess, dass er sich in jeder nur vorstellbaren Weise zu tarnen und zu wandeln wusste. Wie ein Schauspieler, der ein unendliches Repertoire an Masken und Kostümen besass wusste er sich jeder Situation anzupassen. Wer genau dieser Father war wusste niemand und auch nicht wie er aussah oder wo er zu finden war. Genau das heraus zu finden war allerdings ein Ziel, dass sich das Militär im Auftrag des Regimes gesetzt hatte. Man vermutete, dass er die Rebellen unterstütze auch wenn er angeblich älter als alles was man kannte sein sollte. C wusste nicht, wie viel Wahrheit in den Aussagen steckte, aber so lange sie keinen Beweis für eine Existenz hatte, würde sie auch nicht weiter darüber nachdenken. Es war nicht ihre Aufgabe. C war so sehr in ihre Grübeleien versunken, dass sie um sich herum alles vergass und es erst des lärmenden Einsatzalarms bedurfte um sie zurück in das Hier und Jetzt zu holen. Ein Blick auf die Lämpchen über ihrer Tür sagten ihr, dass es sich um einen Einsatz in der medizinischen Abteilung handelte. Seufzend richtete sie ihre Uniform und legte sie Waffen an, bevor sie aus dem Raum eilte und sich auf dem Weg in den entsprechenden Gebäudetrakt machte. Wie immer wusste sie nicht, was genau sie erwarten würde, aber nach den Ereignissen der letzten Nacht verspürte sie Tatendrang in sich hochsteigen. Ein Mitarbeiter der medizinischen Abteilung klärte sie über den vorliegenden Fall auf. Ein weibliches Subjekt, zwischen vierzehn und sechzehn Jahren. Überdosis Sandmann. Man vermutete eine Angstreaktion aus Verzweiflung. Sie war gerade in ihre vorgegebene Aufgabe hineingeworfen worden. Es ließ sich kaum nachvollziehen ob und wie gut sie darauf vorbereitet worden war, aber offensichtlich nicht gut genug um sich dem Schicksal einfach zu ergeben. Vielleicht war sie auch noch zu jung oder zu lange in der Obhut ihrer Mutter gewesen. Die Gegenwehr gegen eine Rückholung schien in jedem Fall immens zu sein, denn Agent C und ihr Kamerad waren bereits das dritte Pärchen an Traumfängern, das man gegen das Subjekt einsetzen musste. Die anderen beiden unglücklichen Teams waren auf die Krankenstation verlegt worden um sich zu regenerieren. Warum man es nicht einfach in Ruhe ließ, war auch einfach zu erklären. Niemand durfte aus dem System fallen, denn sobald jemand seine vorgegebene Aufgabe nicht erfüllte funktionnierten die Mechanismen nach denen alles geregelt war nicht mehr. Ließ man es einmal zu, den Menschen die Entscheidung zu lassen nicht mehr zurückzukehren, würde es eine Welle an Verweigerungen lostreten und das System würde in sich zusammen brechen. Sie konnte nur Vermutungen anstellen, denn sie selbst war auf ganz andere Weise zur Welt gekommen, aufgezogen und ausgebildet worden als die Kinder, die in den einzelnen Leveln heranwuchsen. Sie kannte das Leben außerhalb der Mauern des Militärgeländes nur durch die Berichte ihrer Ausbilder. Den Großteil ihrer gesamten bisherigen Existenz hatte sie innerhalb der glatt geschliffenen Steinwände verbracht. War mit ihren Regeln und Normen groß geworden und erzogen worden. Die Grundsätze des Regimes und seine Tugenden waren ihr schon von klein auf beigebracht worden und ihr heute in Fleisch und Blut übergegangen. Das Subjekt lag vor ihnen auf einem metallenen Tisch, fixiert mit starken Lederriemen, damit eine vermutete Flucht von vorneherein verhindert werden konnte. Es handelte sich um ein junges Mädchen, mit schlanker Gestalt und zarten Gesichtszügen. In Büchern würde man diese Erscheinung wohl als Elfengleich bezeichnen. Ihre weiblichen Rundungen waren bereits ein Stück weit ausgebildet und versprachen trotz ihrer Unfertigkeiten Männern jetzt schon paradisisch süßes Vergnügen. Es war die ihr zugeteilte Aufgabe. Agent C sah ein Geschöpf auf einem medizinischen Untersuchungstisch liegen, dass noch ein halbes Kind war und für das die Aussicht auf das was sein späteres Leben bestimmen sollte, vermutlich mehr als verstörend gewesen sein musste. Hier vor ihr auf dem Tisch lag ein Stück personifizierte Unschuld. Kinder besaßen anders als Erwachsene noch natürliche Fähigkeiten zu träumen, auch wenn sie dieses dann nicht kontrollieren konnten, wie unter dem Einfluss von Sandmann, besaßen sie dennoch die Fähigkeiten unterbewusst positive Welten um sich herum zu erschaffen. Je älter ein Mensch wurde desto schwächer wurden diese natürlichen Anlagen. Das kam daher, dass ab einem Alter von ungefähr vierzehn Jahren die Menschen dazu angehalten wurden ihren vorbestimmten Aufgaben nachzukommen. Ab da begann die regelmäßige Einnahme von Sandmann. Es kam nur sehr selten vor, dass so junge Menschen eine Überdosis Sandmann nahmen. Das Mädchen musste wirklich verzweifelt sein. Und wieder durch den Strudel zum nächsten Auftrag eintauchen. Widerrede gibt es keine. Also fügen sich C und T ihrem Schicksal. Um sie herum erblicken sie ein sonnendurchschienenes Waldgebiet mit den Gesängen von alten, längst vergessenen Vögeln, welche um die Gunst der Weibchen werben. Eine Oachkatz springt von Baum zu Baum um sich eine Nuss zu holen. An dem dünnen Waldpfad, welcher durch die einzelnen Sonnenstrahlen wie ein gefleckter Moosteppich aussieht, ab und zu unterbrochen durch eine lilane oder weiß-gelbe Blume. T zieht eine Augenbraue hoch, die andere verärgert runter, während C hingegen diesen Anblick unbewusst genießt. Ts schwere Stiefel stampfen unter lautem Krachen von kleinen Ästen, jeder durchhallt diese Idylle wie ein Donnerschlag, den Pfad entlang. C zuckt nur mit den Schultern bleibt aber ein Stück vorsichtiger als ihr Kamerad. Sie gehen eine gefühlte Ewigkeit, doch die Sonne bewegt sich nicht, sie bleibt immer an dem gleichen Fleck. C fällt es zuerst auf. „Warte! Der Ast vor dir ist erst vor kurzem abgebrochen worden und hier ist weit und breit niemand außer uns.“ T bleibt stehen und zieht die Stirn kraus. „Hmmm. Nur wohin gehen wir dann, links oder rechts? Der Kreis ist zu groß um zu erkennen ob er links oder rechts von uns ist.“ Brummt er. „Haben wir einen Orientierungspunkt?“ „Ja, die Sonne. Sie beweg sich nicht und schwebt immer links über uns am gleichen Fleck.“ T gibt einen schnalzenden Laut von sich. „Wäre zumindest einen Versuch wert.“, meint C grinsend und so machen sich die beiden auf den Weg zu dem Punkt unter der Sonne. Und siehe da nach gar nicht allzu langer Zeit kommen sie auf eine Lichtung, gespickt mit übergroßen Plüschtieren, grasenden Pferden mit einem Horn auf der Stirn, ein zwei Rehkitzen und mehreren bunten Hasen. In ihrer Mitte kniet ein kleines Mädchen mit golden-gelockten Haaren. Sie schaut die beiden Traumfänger aus tiefgrünen Augen erstaunt an. „Wer hat euch Einlass gewährt?“ piepst sie. „Unser Verstand.“, knurrt T. „Dann geht doch bitte wieder dorthin wo ihr herkommt. Ich will hier alleine sein.“, piepst sie seufzend. „Das tun wir, aber nur wenn du mit uns kommst.“ C versucht beruhigend auf sie einzureden. „NEIN!“ Ein Blitz schlägt an der Stelle ein, wo T gestanden hatte, doch er war eine Sekunde zuvor einen Schritt beiseite gegangen. „Verstehe doch, du hast keine Chance gegen uns.“, versucht C es weiter. „Lieber sterbe ich!“ Blitze zucken aus dem azurenen Himmel auf die Beiden hinab. C springt, schlägt Haken kommt ihr aber nicht näher im Gegensatz zu T, der ihnen ohne große Mühe und mit nur kleinen Schritten ausweicht. Irgendwie kann er anscheinend vorhersehen wo sie einschlagen. Ein Hase springt unvermittelt vor und verbeißt sich in Ts Oberschenkel. Mit finsterer Miene schaut er das süße Wollknäul an, während sich sein linker Arm und seine Schulter in den Rumpf eines Wolfes verwandeln. Sein schwarzes Fell steht dem stechenden Blick aus rotglühenden Augen in nichts nach. Die Lefzen triefen vom Blut, als er das Häschen ohne Mühe vor den Augen des kleinen Mädchens zerfleischt. C ist kurz abgelenkt, wird von dem Geweih eines Hirsches erfasst und mit Wucht gegen einen Baum geschleudert. ‚Wieso kommt er mit dieser Welt soviel besser zurecht?‘ ,fährt es ihr durch den Kopf als der Aufprall auf einem Baum am Rande der Lichtung ihr die Luft aus der Lunge treibt. Ihre Hände wandeln sich in Klingen und köpfen ihren Angreifer. T schreitet weiterhin nahezu ungerührt und ohne Hast auf ihre anscheinend wirklich zu junge Gegnerin zu. In ihren grünen Augen flackert ein Hauch von Angst gemischt mit Bedauern, aber auch die Willensstärke nicht aufzugeben. C sieht wie die gehörnten Pferde Kurs auf die Beiden nehmen. Zwei auf T, eines auf sie. C springt einfach über ihren Gegner und verfehlt das Tier knapp mit den Klingen. Ts Wolfsarm reißt den linken Angreifer, während er seinen Körper von dem anderen treffen lässt. Doch anstatt aufgespießt zu werden verschwimmt er kurz wie eine Interferenz und das Pferd schießt durch ihn hindurch. Grinsend dreht er sich zu C um. Das Tier wandelt sich. Sein Fleisch fällt von den Knochen, die Haut bricht auf und legt den Blick auf das darunterliegende Gerüst frei. Es beginnt nach Fäulnis zu riechen und wimmelnde weiße Maden bilden nun die Augäpfel. Diese Verwandlung lenkt sie mehr ab als es sollte und so vergisst sie für den Bruchteil einer Sekunde das auf sie fixierte Pferd, welches auch schon mit unglaublicher Geschwindigkeit auf sie zustürmt. Ts untotes Einhorn ist zur Stelle und spießt seinen ehemaligen Artgenossen mit dem Horn in der Mitte auf, schiebt es zur Seite und lässt es dort fallen um sich gemütlich an den Eingeweiden des vor Schmerzen schreienden Fabelwesens zu laben. Sie treffen gleichzeitig ungehindert bei der Kleinen ein. „Wachst du nun freiwillig auf?“ Tränen laufen über ihr Gesicht. Sie verkrampft ihre Hände in dem rosanen Kleid und blickt nach unten als sie mit gebrochener Stimme fleht: „Tötet mich lieber, bitte.“ T lacht laut auf. „Denkst du ich geh mehrere Monate in Einzelhaft nur wegen persönlichen Befindlichkeiten? Wir haben alle unsere Last zu tragen.“ T grinst dabei immer noch. C flüstert versöhnlich: „Wach jetzt lieber auf. Es ist immer noch besser, als wenn wir dich dazu zwingen müssen.“ „NEIN!“ pure Verzweiflung beherrscht das Kind, das einen spontanen Fluchtversuch weg von den beiden Traumfängern wagt. Aber es prallt nur gegen das untote Fabelwesen von T, das zu Cs Erstaunen ein stattlicher untoter Einhornwallach ist. „WARTE!“, schreit sie T an und versucht ihn wegzuschieben, um ihn aus der Konzentration zu bringen, doch er lässt sie einfach vorbei und in den Dreck fliegen. Seine Kreatur nimmt der kleinen Göre gewaltsam ihre Unschuld. Er schaut ohne eine Mine zu verziehen zu um nach getaner Arbeit aufzuwachen. Die Geräuche aus dem Einsatzzimmer hallten noch eine ganze Weile in C Kopf nach. Vor allem das verzweifelte Schreien des Mädchens, als man es vor ihren Augen weggebracht hatte, würde sich in ihr Gedächtnis eingebrannt bleiben. Sie konnte beim besten Willen nicht verstehen, warum das Mädchen so viel Gegenwehr geleistet hatte. Immerhin hatte jeder im System eine Aufgabe, die ihm bereits vor seiner Geburt zugeteilt worden war, zu erfüllen. Man konnte sich das nicht aussuchen. Niemand hatte eine Wahlmöglichkeit, ob er die Aufgabe erfüllen wollte oder nicht. Aber im Allgemeinen dachte auch niemand darüber nach. Ihr Blick verweilte noch immer auf der Tür durch die sie verschwunden waren, während sie darauf wartete, dass man T und sie von den Messinstrumenten abkoppelte. Warum also konnte sich das Mädchen nicht damit abfinden? Sicher, sie war noch fast ein Kind, aber im system hatten auch diese ihren Teil zum Erhalt der Ordnung beizutragen. C schoss der Gedanke durch den Kopf, dass es vielleicht ein so genanntes Phantomkind gewesen war. Diese waren nicht im System registriert und gingen meistens aus körperlichen Gründen hervor. Jedes Kind, das um sie herum geboren wurde, war zuvor im Labor gezeugt worden und dann einer Frau, deren Aufgabe es war ‚Mutter‘ zu sein eingepflanzt. Diese Frauen trugen dann die Kinder aus, die bereits kurz nach der erfolgreichen Verpflanzung registiert wurden und einen Namen sowie eine Aufgabe bekamen und brachten sie zur Welt. Danach kümmerten sie sich noch etwa ein halbe Jahr um sie, bevor die Kinder in die Obhut der regimegeführten Ausbildungsstätten gebracht wurden. Gefühle wie Liebe und Leidenschaft waren verboten, denn sie bedeuteten Individualität und Entscheidungsfreiheit und diese durfte es zum Erhalt des Systems nicht geben. Ebenso waren körperliche Verbindungen zwischen den Menschen nicht erlaubt. Lediglich die ganz treuen Systembefürworter, die ohnehin meistens in Level Null lebten durften sich diesen verbotenen Luxus gönnen. Die Strafen waren drakonisch und jeder der erwischt wurde gnadenlos zur Rechenschaft gezogen. Wenn ein Kind aus dieser Verbindung hervorging bezeichnete man es als Phantomkind. C verwarf den Gedanken daran allerdings schnell wieder, denn die Kinder aus solchen verbotenen Verbindungen überlebten in der Regel die ersten zwei Wochen ihres Lebens nicht, weil sie im Normalfall in Level Vier zum Sterben ausgesetzt wurden. Nur manchmal in seltenen Fällen, wenn das Potential in ihnen außergewöhnlich groß war, wurden sie eingesammelt und in eine Ausbildungsstätte gebracht. Aber das kam so selten vor, dass es kaum der Rede wert war. Der Blick der Traumfängerin war noch immer auf die Tür des Raumes gerichtet. Sie wartete. Die junge Soldatin wusste genau, warum man T und ihr den Befehl im Einsatzraum zu bleiben hatte zukommen lassen. Sie wusste, was jetzt folgen würde und daher war es für sie auch keine Überraschung, dass ihr Vorgestetzter den Raum in Begleitung von vier Soldaten der internen Gefängnisabteilung betrat. Der kalte, harte Blick des älteren Mannes streifte sie ohne, dass es ihr viel ausmachte. Sie war daran gewöhnt. Es war der Ausdruck mit dem man sie in ihrer Ausbildung gestraft hatte, wenn etwas nicht wie gewünscht verlaufen war. Genau so waren die Worte, die er an sie richete keine von neuem Inhalt. „Agent C, aufgrund Ihrer Verfehlungen im jüngst vergangenen Einsatz lasse ich Sie festnehmen und verurteile Sie zu einer Strafe. Sie werden eine Woche in der E-Zelle verbringen. Nutzen Sie die Zeit und denken Sie darüber nach, was ihre Aufgaben und Pflichten sind.“ C antwortete ergeben mit einem ‚Ja, Sir.‘ und spürte wie ein Zucken durch T neben ihr lief. Sie ahnte, dass der junge Mann nicht damit einverstanden war, wie ihr Vorgesetzter sie behandelte. Doch bevor er nur ansetzten konnte um Protest einzulegen, traf ihn Cs mahnender Blick von der Seite und er blieb regungslos stehen. Auf einen Wink des älteren Mannes hin näherten sich die Soldaten der internen Gefängnisabteilung der Traumfängerin langsam. „Sie kennen das Prozedere ja.“ C’s Antwort beschränkte sich auf ein Zusammenschlagen der Stiefelabsätze, als sie sich aus ihrer Haltung löste und den Knoten ihrer Krawatte entfernte. Das Kleidungsstück fiel achtlos neben ihre Stiefel auf den Boden, als einer der Soldaten die oberen Knöpfe ihrer Hemdbluse öffnete und damit ihren Hals vollständig freilegte. T entging der Ring aus feinen Narben um ihren Halsansatz nicht, auch wenn er fast sofort durch ein milchiges Halsband aus Glas verdeckt wurde. Die Hände der Traumfängerin wurden ihr auf dem Rücken fixiert und am Halsband wurden vier Kabel befestigt. Eingerahmt von den Soldaten setzte sie sich auf Befehl hin in Bewegung. Sie kannte den Weg in den Gefangenentrakt und so brauchten ihre Wächter keine großartigen Befehle aussprechen. Sie folgte ihnen auch so, während ihr Vorgesetzter ihnen nachging. Es machte ohnehin keinen Sinn zu widersprechen, auch wenn die Strafe für diesen Fall ungewöhnlich hoch war. Aber sie hatte einen Fehler gemacht und der musste geahndet werden. So verlangten es die Regeln. Soldaten befolgten Befehle und hatten nicht zu zögern oder darüber nachzudenken. T blieb allein in dem Raum zurück und hob nach einer Weile gedankenlosen Starrens auf das Kleidungsstück die weisse Krawatte vom Boden auf. Er wusste nicht wirklich was er damit machen sollte, also nahm er sie erstmal mit auf seine Stube. Er würde ohnehin auf neue Befehle warten müssen, wenn er eine Woche ohne Kameradin war. Ohne Einsätze würden es lange, langweilige sieben Tae werden, das wusste er jetzt schon. Leiser Groll stieg in ihm hoch, ohne dass er sagen konnte gegen wen und warum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)