Den Ärger wert von RedRidingHoodie ================================================================================ Epilog: Nachbeben ----------------- Von der Fahrt ins Hospital bekam ich nichts mit, doch weckte mich der Versuch einiger Arzthelfer, mich auf eine Trage zu verfrachten. Unter einiger Anstrengung schaffte ich es, sie davon zu überzeugen, dass ich selbst laufen konnte. Die Ärzte, die das überprüfen sollten, schienen fast ein wenig enttäuscht, dass ich Recht hatte. Auf meine Fragen über Sasuke reagierten sie jedoch einhellig mit besorgten Blicken und Schweigen. Daraufhin versuchte ich, aus den Krankenschwestern Details herauszubekommen, die ganz aufgeregt wirkten, da sie bei der Ankunft meiner besten Freundin einen Teil der Geschehnisse gehört hatten, aber sie konnten mir nur sagen, dass Sasuke am Leben war. „Ihrer Freundin geht es bestimmt bald besser“, beschwichtigte eine Arzthelferin sanft und ich machte mir nicht die Mühe, sie zu korrigieren, dafür war ich nach wie vor zu erschöpft. Nach einem halben Untersuchungs-Marathon wurde ich in ein Einzelzimmer gebracht, wo ich mich ausruhen sollte. Ich hatte jedoch das Gefühl, mich gerade erst ins Krankenhausbett gelegt zu haben, als bereits meine Großeltern ins Zimmer gestürmt kamen. Sobald Tsunade sicher war, dass es mir gut ging, schimpfte sie mich aus, wie ich so etwas Dummes hatte tun können, und jetzt, wo ich langsam zur Ruhe kam, wurde mir klar, wie Recht sie hatte. Nur durch ein Wunder war Sasuke nur so leicht verletzt worden. Sie hätte bei so vielen Gelegenheiten sterben können… Wie leblos sie ausgesehen hatte, als sie auf der Trage davon gebracht worden war… Und trotz allem wollte mir niemand sagen, was bei ihr los war. Meine Großeltern wollten bei mir bleiben, doch ich versicherte ihnen, dass alles in Ordnung war, sodass sie gegen drei Uhr wieder nach Hause gingen, völlig schockiert von allem, was ich ihnen erzählte. Ich dagegen versuchte so lange, mehr Informationen aus einer armen Schwester herauszukitzeln, bis diese mir Beruhigungsmittel verabreichte und ich gezwungenermaßen einschlief. Als ich daraufhin am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich tatsächlich klarer, und ich war der Dame dankbar. Die Erinnerung an die letzte Nacht schien so schrecklich, dass sie mir unwirklich vorkam. Hätte ich nicht im Krankenhaus gelegen, hätte ich das alles für einen Albtraum gehalten. Keine Schwester brachte mir Frühstück, sondern ein jüngerer Arzthelfer. Diesen fragte ich sofort: „Dürfte ich Sas… Ähm, Frau Uchiha sehen?“ Er runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht… Essen Sie erst mal, ich werde nachfragen.“ Doch sobald er aus dem Zimmer war, stand ich auf und fragte im Eingangsbereich nach meiner besten Freundin. Inspiriert von der Schwester am letzten Abend erzählte ich der misstrauischen Empfangsdame, ich sei Sasukes Freund, damit sie mir deren Aufenthaltsort verriet. Zum Glück war sie nicht mehr auf der Intensivstation, das erleichterte mich enorm. Trotzdem erbleichte ich ein wenig, als ich sie später im Krankenhausbett sah. Ihre Haut wirkte gräulich und sie sah erschöpft aus, richtete sich aber auf, als sie mich sah. „Was machst du denn hier…?“, krächzte sie mit angestrengter Stimme. „Dir auch einen guten Morgen“, schoss ich zurück und setzte mich auf den Rand des Bettes, wo ich ihre Hand nahm. „Geht’s dir gut? Was ist gestern Nacht passiert? Weißt du, was sie mit Itachi gemacht haben? Ich hab alle gefragt, aber keiner wollte mir was sagen. Ich dachte schon…“ Mit einem leichten Druck ihrer Finger unterbrach Sasuke meinen Redeschwall. „Ich weiß nicht mehr als du, Naruto.“ „Heißt das, du bist gerade erst aufgewacht?“, fragte ich alarmiert, doch sie verdrehte nur die Augen. „Ich wäre fast ertrunken. Was hast du erwartet?“ Als sie das so nüchtern aussprach, zog meine Brust sich schmerzlich zusammen und bevor ich darüber nachdachte, hatte ich die Arme um sie geschlungen und presste sie fest an mich. „Ich dachte, ich hätte dich verloren, Sasuke. Diesmal endgültig. Ich dachte… Ich dachte…“ Überraschend zärtlich legte sie die Hand auf meinen Hinterkopf und ließ die Finger durch mein Haar gleiten. „Ist doch gut…“, murmelte sie mit belegter Stimme. So kalt, wie sie tat, ließ sie das Ganze nicht, und ich drückte sie eng an mich, um zu zeigen, dass ich für sie da war. Noch immer verstand ich nicht wirklich, was überhaupt passiert war, aber wichtig war nur, dass sie noch lebte. Es tat so gut, sie zu halten, und ich wollte sie am liebsten nie wieder loslassen. In dem Moment ging die Tür auf und wir lösten uns widerwillig voneinander. Einer der Polizisten, die ich bereits kannte, trat ein: Es war der brünette, langhaarige aus der Nacht meiner Verhaftung. Als er uns Hand in Hand sah, lächelte er nachsichtig. „Fräulein Uchiha, wie schön, Sie wach zu sehen. Wie geht es Ihnen?“ Als Sasuke nickte, wandte er sich mir zu und setzte eine strenge Miene auf. „Herr Uzumaki, hatte ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen sich aus Ärger raushalten? Das halbe Krankenhauspersonal ist in Aufruhr, weil Sie verschwunden sind!“ Ich grinste verlegen, was er mit einem Lächeln erwiderte, dann verließ er nochmal kurz das Zimmer, um den Krankenschwestern meinen Aufenthaltsort mitzuteilen. Es klang, als wäre das empörte Krankenhauspersonal erpicht darauf, mich zurück in mein Bett zu verfrachten, doch Hashirama überzeugte sie irgendwie davon, mich noch eine Weile bleiben zu lassen, bevor er zu uns zurückkehrte. „Nun, da Sie beide wieder bei sich zu sein scheinen, würde ich gerne rekonstruieren, was gestern passiert ist“, erklärte der Polizist, der zwischen uns hin und her sah. Sofort verspannte Sasuke sich und wandte den Blick ab. Ich drückte aufmunternd ihre Hand und nickte ihr zu, als sie mich ansah. Sie nickte ebenfalls, holte tief Luft und begann zu erzählen, wie ihr Bruder sie geschlagen hatte, nachdem er sich mit mir gestritten hatte. „Das war nicht das erste Mal, nehme ich an?“, unterbrach Hashirama vorsichtig. Als sie mit gesenktem Blick nickte, fing ich an: „Warum hast du mir nicht…?“, doch der Polizist bedeutete mir zu schweigen, sodass meine beste Freundin fortfahren konnte. „Es… Es war schlimmer geworden in letzter Zeit“, sagte sie tonlos. „Ich glaube, er hat angefangen zu trinken, nachdem er sich mit unserem Vater in die Haare bekommen hatte. Als er dann wegen der Schlägerei verhört wurde, hat es endgültig bei ihm ausgesetzt. Er hat die Kontrolle über die Situation verloren, und das mit Gewalt kompensiert.“ Sasukes Hand zuckte zu ihrer geschwollenen Wange, und nach wie vor schaffte sie es nicht, einen von uns anzusehen. „Nach dem Streit mit Naruto hat er mich zu dem Waldhaus gebracht…“ „Was war das eigentlich für ein Grundstück?“, warf ich ein, bevor Hashirama mich unterbrechen konnte. „Eigentlich sollte dort ein Forschungszentrum entstehen, aber mein… Fugaku hat die Baugenehmigung nicht bekommen. Ich weiß nicht, warum er es danach nie verkauft hat“, erklärte Sasuke. „Und Sie?“, erkundigte sich der Polizist jetzt an mich gewandt. „Was hatten Sie dort zu suchen?“ Ich wurde ein wenig rot. „Wenn ich ihnen nicht gefolgt wäre, wäre Sasuke jetzt tot! Ihr Bruder wollte sie mit einem Messer in dieser komischen Waldhütte erstechen, ich hab´s genau gesehen!“, erklärte ich, beinahe ohne Luft zu holen. Erst dann bemerkte ich Hashiramas nachsichtiges Lächeln. „Wir haben Herrn Uchiha bereits gefasst, sorgen Sie sich nicht. Er ist inzwischen in Untersuchungshaft.“ Erneut fing mein Herz an zu rasen, als ich realisierte, wie knapp das alles gewesen war. Wären die Polizisten nicht da gewesen, wären wir beide im See ertrunken… Aber wieso waren sie überhaupt da gewesen? Als hätte er mir die Frage an der Nasenspitze abgelesen, erklärte Hashirama: „Nun, ich muss zugeben, dass wir ursprünglich Ihretwegen dort waren.“ „Was?“, fragte ich empört. „Wieso?“ „Nun, Sie haben sich vor kurzem mit jemandem geprügelt. Einigen von uns schien die ganze Situation verdächtig, und wir wollten Sie im Auge behalten.“ „Oh.“ Ich fuhr mir durchs Haar und warf Sasuke einen peinlich berührten Seitenblick zu. Diese schien jedoch kaum zuzuhören und ich vermutete, dass sie verdauen musste, dass ihr Bruder gefasst worden war und sie nie wieder belästigen würde. Außerdem sah sie noch immer sehr erschöpft aus, sodass ich nur ihre Hand drückte und mich wieder dem Polizisten zuwandte. „Ich schätze, ich sollte Ihnen dankbar für Ihre Kontrolle sein.“ Hashirama lachte ein wenig schuldbewusst. „Vor allem Kaguya-sama. Sie hat Sie beobachtet und ist Ihnen nachgefahren, als Sie die Uchiha verfolgten. Dabei hat sie einen Einsatz einberufen. Allerdings war sie ziemlich perplex, als Sie diesen Zaun umgefahren haben.“ „Ich wusste nicht, was ich machen sollte!“, rief ich aufgebracht. „Dieser Irre war da mit seinem Messer, und ich hatte keinerlei Waffe und mein Handy ging nicht, um die Polizei zu rufen… Und bis Sie eingetroffen wären, wäre es sowieso zu spät gewesen!“ „Ist schon gut, das war wirklich ein Notfall“, beschwichtigte der Beamte, bevor er wieder ernst wurde. „Jedenfalls waren Sie beide wohl schon auf der Flucht, als die Verstärkung eingetroffen ist. Kaguya ist Ihnen gefolgt, aber als sie aus dem Wald kam, waren Sie und Frau Uchiha schon verschwunden und nur noch Herr Uchiha stand auf der Straße. Er wollte Ihnen folgen, aber Kaguya konnte ihn überwältigen und dann ist der Rest von uns aufgetaucht. Wir dachten eigentlich, dass Sie ans andere Ufer kommen würden – dort haben die meisten Kollegen auf Sie gewartet. Aber Kaguya hatte so ein Gefühl und wollte direkt zum Wasser... Ich glaube, sie wollte Sie im Auge behalten – es hat irgendwie den Anschein, als würden Sie beide sie an ihre Söhne erinnern, obwohl sie das natürlich bestreitet… Aber es war Ihr Glück, wie sich herausgestellt hat“, beendete er seinen Bericht mit gerunzelter Stirn. „Sagen Sie ihr danke von uns.“ „Oh, das können Sie selbst tun. Sie werden noch offiziell über den Tathergang befragt – ich wollte Sie nur vorab informieren, was überhaupt passiert ist… Und ich nehme an, Sie wollen Anzeige erstatten.“ Dabei sah er Sasuke an, die kalkweiß war und mit der freien Hand das Bettlacken umklammerte. Ich wollte fragen, was los war – immerhin war sie endlich frei! – schluckte meine Neugierde aber herunter. Sie hatte schon wirklich viel erzählt und sie war erschöpft. Wir würden uns an einem anderen Tag weiter unterhalten und vielleicht würde sie mir irgendwann alles erzählen wollen, was wirklich zwischen ihr und Itachi vorgefallen war. Denn ich hatte den starken Verdacht, dass ich noch lange nicht alles wusste, was im Hause Uchiha so vor sich gegangen war. Hashirama erhob sich und sah uns mitfühlend an. „Ich denke, ich habe Sie vorerst genug belastet. Wir sprechen erneut miteinander, wenn Sie sich ein wenig erholt haben.“ Damit verabschiedete er sich und verließ das Zimmer. Während wir das Erfahrene verdauten, herrschte Stille im Krankenzimmer, dann war es überraschend Sasuke, die das Wort ergriff: „Die Schwester haben erzählt, du hättest mich aus dem See gefischt…“ „Na ja, ich hab´s versucht, aber dein Mantel ist ganz schön schwer… Im Sommer kaufen wir dir lieber einen anderen Bikini!“, grinste ich, mich verlegen am Kopf kratzend, doch sie sah ernst aus. „Das war gefährlich und dumm. Wenn die Polizisten nicht da gewesen wären, wären wir beide ertrunken, obwohl sie… obwohl sie Itachi gefasst hatten. Das hätte niemandem etwas gebracht.“ Ich verzog das Gesicht. „Du kannst auch nie einfach nur ´Danke` sagen, oder?!“, beschwerte ich mich laut, doch bevor ich es mich versehen hatte, hatte sie sich aufgerichtet, die Arme um meinen Hals geschlungen und mich fest an sich gedrückt. Kurz war ich völlig verwirrt – das schaffte sie echt immer wieder – dann schloss ich die Augen und genoss die vertraute Berührung. Als sie sich löste, lächelte sie schwach und hauchte: „Danke, Naruto. Für alles.“ „Ich glaube nicht, dass das als Dankeschön reicht“, erwiderte ich schmunzelnd, doch bevor ich etwas anderes tun konnte, klopfte es erneut an der Tür und eine missbilligend aussehende Krankenschwester trat ein. „Sie haben noch weiteren Besuch, Frau Uchiha. Fühlen Sie sich bereit, ihn zu empfangen?“ „Wer ist es?“, fragte Sasuke und richtete sich auf. Die Arzthelferin schob die Tür auf und dahinter tauchte ein Mann mittleren Alters mit dunkelbraunem Haar, kantigem Gesicht und grimmigen Augen auf, den ich noch nie gesehen hatte. Er trug einen Anzug und nickte der Dame, die ihn gebracht hatte, höflich zu, dann musterte er mich, meine Hand auf Sasukes Bein und schließlich sie. „Wie geht es dir?“, fragte er, recht barsch dafür, dass die Angesprochene in einem Krankenbett lag. Die Krankenschwester zog sich zurück. „Bestens.“ Verwirrt sah ich zu Sasuke, doch diese hatte ihren abweisenden, verwirrten Blick auf den Neuankömmling geheftet. Mich schien sie völlig vergessen zu haben. Erneut sah ich zwischen den beiden hin und her und langsam dämmerte mir, um wen es sich bei dem Mann handelte, der jetzt nähertrat. „Man hat mir erzählt, was passiert ist…“ Die Stimme von Sasukes Vater verlor sich und er schluckte. Kurz flackerte Entsetzen über seine Züge, doch dann kehrte der Ausdruck würdevoller Abscheu zurück. Allerdings hatte ich nicht das Gefühl, das dieser Widerwillen gegen Sasuke gerichtet war. „Es ist… Schwer zu glauben. Ich hatte keine Ahnung.“ „Ja.“ „Hören Sie mal, Sie können doch nicht behaupten, dass Sie nie irgendwelche blauen Flecke bemerkt haben, oder dass Sasuke Angst vor ihrem eigenen Bruder hat! Sie sind doch nicht blind!“, fuhr ich auf, doch bevor ich aufspringen konnte, nahm Sasuke meine Hand und hielt mich zurück. „Schon gut“, sagte sie leise, beschwichtigend. „Ich…“ Sie holte tief Luft und nickte sich selbst Mut zu. „Ich will mit ihm reden.“ „Bist du dir sicher?“, fragte ich, besorgt die Hand auf ihre Wange legend, die sich noch immer ganz kalt anfühlte. Sasuke legte ihre Finger auf meine und lächelte mich müde an. „Ja.“ Irgendwas in ihrem Gesichtsausdruck ließ mich nachgeben, doch ich warf Fugaku einen warnenden Blick zu, als ich aufstand. „Na gut… Aber wir reden noch, in Ordnung?“ „Ja.“ „Ehrlich. Über alles.“ Wir sahen uns an und sie rang merklich mit sich, nickte dann aber doch. „Ja.“ „Na gut, dann… Dann sehen wir uns später.“ Ich lächelte unsicher und ging. Auf meinem Weg nach draußen nickte Herr Uchiha mir steif zu, was wohl so etwas wie: ´Danke, dass du meine Tochter gerettet hast`, heißen sollte, und ich nickte zurück. Was immer in Zukunft kommen sollte, ich konnte mir nicht vorstellen, nochmal richtig warm mit Fugaku zu werden. An der Tür jedoch wagte ich einen kleinen Blick zurück und sah, wie der Vater sich auf einen Stuhl am Bett seiner Tochter setzte, und ein Hoffnungsschimmer flackerte in mir auf. Vielleicht könnten sie es schaffen, ihre Beziehung ein wenig zu kitten, jetzt, wo er die Wahrheit über das Monster kannte, das sein Sohn war. Allerdings machte ich mir keine Illusionen: Das hier war noch nicht vorbei, nicht für Fugaku oder mich und am wenigsten für Sasuke, obwohl diese sich gerade stark und hoffnungsvoll gab. Aber wenn sie das mal nicht mehr konnte, dachte ich, hatte sie immer noch mich. Egal, was kommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)