The Story of a Bastard Child von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 54: Zweifelhafter Beschluss ----------------------------------- „Schön, dass du wieder öfters hier bist. Ich habe dich wirklich vermisst“, sagte ihre Freundin lächelnd, als sie sich in einer Ecke niederließen. „Es hat mir auch sehr gefehlt“, offenbarte Mimi flüsternd und trank einen Schluck. Der Schweiß stand auf ihrer Stirn und sie bemerkte, wie sehr sie außer Puste war. Schon seit mehreren Wochen war sie nur noch unregelmäßig ins Tanztraining gekommen, da sie andere Dinge im Kopf hatte, die sie beschäftigten. Doch sie war froh, einen kleinen Ausgleich gefunden zu haben, der sie ablenkte. „Und du hast mir natürlich auch gefehlt“, ergänzte sie grinsend. Kari schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich in einen lockeren Schneidersitz. Ihre Trinkflasche ruhte auf ihrem Schoß. „Wir sollten mal wieder etwas zusammen machen. Es ist schon eine halbe Ewigkeit her“, meinte sie gespielt vorwurfsvoll und zog ihre rechte Augenbraue schräg nach oben. Mimi kicherte und nickte nur bestätigend. „Du kannst gerne demnächst wieder bei mir übernachten! Meine Eltern fahren bald nochmal zu meinen Großeltern“, eröffnete sie ihr und sah sie mit leuchtenden Augen an. Mimis Lächeln verschwand jedoch und wich einer ernsteren Miene. „Wir können ja auch was essen gehen, oder zusammen ins Kino“, schlug sie alternativ vor und wandte den Blick von ihr. „Aber letztes Mal war es doch echt lustig. Wir könnten wieder Filme ausleihen.“ „Kari, ich glaube, das ist keine gute…“ „Ist es wegen Tai?“, unterbrach sie sie nachdenklich. Mimi blickte wieder zu ihr auf und hatte das Gefühl, mal wieder von ihr durchschaut geworden zu sein. Ihr fiel es unglaublich schwer, mit seiner Schwester über ihre Beziehung zu sprechen. Sollte sie ihr erzählen, dass sie sich näher gekommen waren? Oder würde es nur Öl ins Feuer gießen? Noch immer hatte sie keine Ahnung, warum er so abweisend zu ihr war. Mit Sora hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt zu sprechen, da die Prüfungen schon begonnen hatten. Bald würde auch der Abschlussball vor der Tür stehen, den das Schülerkomitee vor zwei Jahren ins Leben gerufen hatte. „Was ist denn zwischen euch vorgefallen?“, hakte Kari nach, nachdem Mimi auf ihre Frage nicht reagiert hatte. „Gar nichts“, murmelte sie halblaut und entzog sich ihren fragenden Blicken. „Aber ihr standet euch eine Zeitlang echt nah. Und jetzt ist alles wieder so komisch geworden“, stellte sie resigniert fest. Mimi schnaubte nur und überlegte sich, was sie Kari nur sagen sollte. Die Wahrheit war wohl keine gute Alternative, da sie selbst keine Ahnung hatte, was mittlerweile zwischen ihnen war. Es war zu viel passiert und Mimi hatte den Überblick verloren. Mittlerweile war sie bereit ihm zu verzeihen, aber nun stellte er sich quer und warf ihr komische Sätze an den Kopf, die sie nicht verstand. „Lass uns einfach über etwas anderes reden, okay?“, entgegnete sie schwach, doch Kari runzelte nur die Stirn. „Nein, ich merke doch, dass es dir voll schlecht geht! Ich bin deine Freundin, also sag‘ mir bitte, was vorgefallen ist. Jeder hat schon bemerkt, dass du kaum etwas isst und abgenommen hast!“ Mimi schluckte, denn ihre Worte trafen sie, wie ein Schlag ins Gesicht. Ihr war bewusst, dass sie zurzeit alles andere als gut aussah, das das Essen gegen sie ging, aber mit Tai hatte all das nur bedingt zu tun. Sie trauerte und brauchte diese Zeit, um alles zu verarbeiten. „Das hat wirklich nichts mit Tai zu tun“, antwortete sie schließlich nachdrücklich. „Im Moment ist alles etwas schwierig. Es sind Prüfungen, meine Eltern reden immer noch nicht wirklich miteinander und…“ Sie brach abrupt ab. Unter Schock riss sie die Augen auf und dachte darüber nach, was sie Kari sagen wollte. In ihrem Kopf herrschte Chaos, sodass sie alles durcheinander brachte und tatsächlich von Noriko erzählen wollte. „Und?“, hakte Kari neugierig nach. Mimi fuhr sich nervös übers Gesicht und räusperte sich kurz. Sie blickte sich in der Halle um und hoffte, dass Frau Kurama sie zum Weitermachen animierte. Doch sie unterhielt sich gerade mit zwei Mädchen vom Abschlussballkomitee, die die Halle bald für den Ball dekorieren wollten. Schon in zwei Wochen war es soweit und Mimi war sich immer noch nicht sicher, ob sie überhaupt hingehen wollte. Plötzlich hielt sie kurz inne und legte den Kopf gedankenverloren zur Seite, als ihr plötzlich eine Idee in den Sinn kam. „Und…und ich habe noch kein Date für den Abschlussball“, sagte sie todernst, während Kari verwirrt drein blickte. Normalerweise war der Ball nur für die Abschlussklassen gedacht, doch schon letztes Jahr war Mimi mit den anderen dort gewesen, um die älteren Jahrgänge zu verabschieden und ausgelassen zu feiern. Sie vermisste die gute alte Zeit mit ihren Freunden. Kein Drama und keine verletzten Gefühle, die sie Tag für Tag aufs Neue heimsuchten. Es war alles schwierig geworden. „Tai hatte bis gestern auch noch kein Date gehabt“, sagte Kari auf einmal und hielt sich augenblicklich die Hand vor den Mund, als Mimi sie entgeistert niederstarrte. „Er hat ein Date?“, fragte sie verletzt und bereute nun, das Thema absichtlich darauf gelenkt zu haben. Kari nickte nur, doch ihr Blick sagte alles. Das Mitleid quoll förmlich hervor. Sie berührte ihrem Arm zaghaft und tätschelte ihn behutsam, sodass Mimi gleich wusste, was sie dachte. Doch sie wollte nicht vor Kari zugeben, dass es sie verletzte. Sie hatte ernsthaft gedacht, dass Tai Interesse an ihr haben könnte. Doch sie hatte sich mal wieder getäuscht. Er hatte ein Date und sie blieb mal wieder auf der Strecke. _ Niedergeschlagen machte sie sich nach dem Training auf den Nachhauseweg. Von Kari hatte sie nur noch erfahren, dass Tai Maron, das Mädchen, das auch letztes Jahr auf seinem Geburtstag war, gefragt hatte mit ihm zum Abschlussball zu gehen. Angestrengt hatte sie versucht alles zu ignorieren und sich vollkommen auf das Training zu konzentrieren, doch Frau Kurama merkte sofort, dass sie mit den Gedanken woanders war und scheute es nicht, es ihr vorzuenthalten. Verlegen hatte sie zu Kari gesehen, die ihr die Schrittfolge wieder und wieder zeigen musste, bis es letztlich geklappt hatte und sie völlig verschwitzt in die Umkleidekabine verschwunden war. Ausnahmsweise duschte sie in der Schule und ging mit halbnassen Haaren nach draußen. Es war immer noch frisch, aber für Februar bereits sehr mild. Mimi hatte ihren Jackenkragen aufgestellt und steuerte bereits auf das Schultor zu, als sie ihren Namen hörte. Als sie sich herumdrehte, sah sie Toya direkt auf sie zusteuern. Die meisten waren bereits gegangen, da Mimi sich beim Duschen viel Zeit genommen hatte. Es wunderte sie daher schon etwas, ausgerechnet Toya anzutreffen. Freitags hatten sie noch nie Fußballtraining gehabt. „Was machst du denn hier?“, fragte sie verwundert und legte ihre feuchten Haare locker über ihre Schultern. Ihre Sporttasche hatte sie zwischen ihren Beinen abgestellt. Toya grinste, als er direkt vor ihr zum Stehen kam und sich durch seine dunklen Haare wuschelte. „Ich habe noch mit ein paar Klassenkammeraden gelernt. Nächste Woche schreiben wir Mathe“, erklärte er kurz und schulterte seine Tasche. Mimi nickte nur bestätigend, da sie von Sora bereits wusste, welche Prüfungen noch anstanden. „Dann habt ihr es ja bald geschafft. Sora hat mir erzählt, dass nächste Woche nur noch Englisch und Mathe drankommt.“ „Ja, genau“, antwortete er und verzog leicht das Gesicht. „Mathe wird einfach, aber Englisch…“ Er wankte mit seiner Hand hin und her, um ihr zu signalisieren, dass er sich nicht wirklich sicher war. Mimi kicherte belustigt und nahm ihre Sporttasche wieder auf. „Ach Englisch ist doch leicht, wenn man die Grammatik beherrscht und ein paar gute Vokabeln kennt“, lachte sie und setzte sich gemeinsam mit Toya in Bewegung. „Du hast ja auch leicht reden. Das könnte ich auch sagen, wenn ich mehrere Jahre in den USA gelebt hätte“, murrte er unbeeindruckt und verdrehte unbekümmert die Augen. Sie gingen ein Stück und unterhielten sich über die Prüfungen und Toyas Englischängste. „Du schaffst das sicher schon“, stärkte Mimi ihm den Rücken und blieb vor der Kreuzung stehen. „Vielleicht kannst du mir ja ein paar Tipps geben“, meinte Toya grinsend. „Bock auf einen Kaffee?“ Er deutete auf die Richtung hinter sich, während Mimi etwas unsicher drein blickte. Eigentlich wollte sie nur noch in ihr Bett und vielleicht eine Kleinigkeit vorher essen. Doch ihre Mutter war mal wieder arbeiten und würde vor zehn sowieso nicht nach Hause kommen. Der Umbau war immer noch im vollen Gange, weshalb ihre Mutter auch öfters später nach Hause kam. Es wartete also niemand auf sie. Es wäre somit egal, wenn sie etwas später nach Hause käme. Mimi zuckte mit den Schultern und lächelte lieblich. „Klar, gegen einen Kaffee lässt sich sicher nichts einwenden!“ _ Er hatte sich zu ihr rüber gelehnt und berührte leicht ihren Arm. Er hatte seinen Englischkram vor ihr ausgebreitet, während sie ihm versuchte, die verschiedenen rhetorischen Mittel zu erklären. Ein spitzbübischer Blick hatte sich auf sein Gesicht gelegt, als Mimi bemerkte, dass er ihr gar nicht richtig zuhörte, sondern sie lieber von oben bis unten abcheckte. Sie schlug ihm sachte gegen die Schulter und sah ihn mahnend an. „Hey, ich versuche dir das gerade zu erklären“, meinte sie ein wenig vorwurfsvoll, schwächte es aber durch ein Schmunzeln wieder ab. „Tut mir leid, du lenkst mich schon ein wenig ab“, antwortete er und kam ihr etwas näher. Sie spürte seine Hand an der Außenseite ihres Oberschenkels und erschauderte unter seinen Berührungen. „Ich glaube, deine Hand hat sich etwas verirrt“, meinte sie trocken, hielt sein Handgelenk fest und rutschte etwas von ihm weg. „Sorry“, murmelte er eine leise Entschuldigung und sah etwas peinlich berührt zur Seite. „Du hast mich irgendwie ziemlich beeindruckt und ich möchte dich echt gerne näher kennen lernen, aber leider scheinst du ja kein Interesse zu haben“, entgegnete er frustriert und stützte sein Kinn nachdenklich auf seiner Hand ab. „Das hat wirklich nichts mit dir zu tun“, stellte sie sofort klar und berührte sanft seinen Arm. „Hast du etwa einen Freund?“ Hastig schüttelte sie den Kopf, auch wenn sie automatisch an Tai denken musste. Doch sie waren nicht zusammen. Mimi hatte überhaupt keine Ahnung, obwohl aus ihnen jemals ein „wir“ werden würde. Toya legte einen seltsamen Gesichtsausdruck auf und rückte wieder etwas näher an sie heran, damit sie ihn besser verstehen konnte. „Stehst du etwa auf Frauen?“, fragte er flüsternd und erntete von Mimi einen empörten Blick. „Wie bitte?“, fragte sie schrill und erhaschte die Aufmerksamkeit der anderen Gäste. Toya grinste unverschämt, als Mimi rot anlief. „Also ich schätze mal, dass das ein ‚Nein‘ ist, oder?“ „Wie kommst du nur auf so einen Mist“, zischte sie und zog ihn am Ärmel näher an sich heran. Toya zuckte nur mit den Schultern und wirkte ein wenig gleichgültig auf sie. „Vielleicht wollte ich dich nur ein bisschen aus der Reserve kitzeln“, antwortete er lässig und lehnte sich gegen seine Stuhllehne. „Oder ich suche nach einer logischen Lösung, warum ich einfach nie ‘ne Chance bei dir habe.“ „So ist das doch gar nicht“, sagte sie unüberlegt und säte neue Hoffnungen, die sich in seinem freudigen Gesicht wiederspiegelten. Natürlich fand sie Toya nett und charmant, aber er war eben nicht Tai. Das einzige was beide miteinander verband, war der Anfangsbuchstabe ihres Namens. Toya war viel größer und kräftiger als Tai. Seine Haare waren relativ kurz und fast schwarz, während sie Tais Wuschelmähne immer so faszinierend fand. Seine Augen waren seegrün und strahlten nicht eine solche Wärme aus, wie bei Taichi. Aber dennoch. Vielleicht brauchte sie jemanden, der eben nicht wie Tai war. Jemand, der sie begehrenswert fand und ihr nicht dämliche Blumensträuße schickte, die nichts zu bedeuten hatten. Jemand, der mit ihr zum Abschlussball gehen wollte und nicht mit irgendeiner blöden Klassenkameradin, die ihn nur sporadisch kannte. Mimi atmete tief durch, als Toya ansetzte etwas zu sagen. Sie ahnte schon, was er gleich aussprechen wollte. Gespannt starrte sie auf seine Lippen, als er ihr eine Frage stellte, mit der sie schon längst gerechnet hatte: „Willst du mit mir zum Abschlussball gehen?“ Hosted by Animexx e.V. 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