Zwischen den Welten von Shizana (Das Mary Sue-Projekt) ================================================================================ Prolog: -------- Das laute Hupen eines Autos holt mich aus meinen verlorenen Gedanken und lässt mich aufschrecken. Kurz taumle ich und weiche zwei Schritte zurück, nur um sicherzugehen. „Hey, Vorsicht“, höre ich jemanden sagen. Die Stimme ist mir unbekannt. Ich nehme sie kaum wahr, zu tief sitzt mir der Schreck noch in den Gliedern. Unter meiner Hand, die ich mir im Reflex gegen die Brust gedrückt habe, schlägt mein Herz wie wild. Was war los mit mir? Bin ich weggedriftet? Am helllichten Tage? Und dann auch noch mitten auf der Straße, wo sich neben mir noch weitere Personen aufhalten? Das sieht mir gar nicht ähnlich. Ich bin so sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, dass ich nur am Rande wahrnehme, wie eine Gruppe junger Leute an mit vorbeizieht. Studenten, tippe ich. Nicht viel älter als ich selbst, vielleicht sogar jünger. Eines der beiden Mädchen wirft mir einen Blick zu, der mir sagt, dass sie meine Zurechnungsfähigkeit anzweifelt. Das andere Mädchen unterhält sich mit dem Jungen und ich nehme Wortfetzen wahr, die in etwa lauten: „Das hätte jetzt fast geklappt“ und „Schlimm, dass die Leute nie aufpassen können“. Mir dämmert, dass sie mich damit meinen. Jetzt erst sickert bei mir auch durch, dass ich kurz einen Druck gegen meinen Rücken gespürt hatte. Das war mir erst gar nicht aufgefallen. Vermutlich hätte ich einen von ihnen beinah angerempelt. Ich tippe auf den Jungen, der mich immerhin angesprochen hatte. Die Gruppe biegt um eine rotgeziegelte Mauer. Ich erkenne dann, dass sie sich abwärts bewegen. Im ersten Moment bin ich verwirrt, bis ich verstehe, dass sie die Treppe eines Geschäftes oder etwas in der Art hinuntergehen. Seltsam, ich bin doch sonst nicht so begriffsstutzig. Apropos: Wo bin ich eigentlich? Was mache ich hier, wo auch immer ich bin? Und was wollte ich eigentlich? Kurz schaue ich mich um. Ich stehe vor einem Treppenaufstieg, der nach oben zur Hauptstraße führt. Die Straße, in der ich stehe, sagt mir nichts, also suche ich nach anderen Anhaltspunkten. Unschlüssig gehe ich ein paar Schritte, bis ich vor der rotgeziegelten Mauer stehe. Tatsächlich befindet sich direkt dahinter ein Abstieg, direkt unter der Treppe nach oben. An der Ziegelwand erkenne ich ein Schild. „»Meido no Hitsuji«“, lese ich laut vor. Irgendwie dämmert es mir. Der Name sagt mir etwas. Japanisch? Ich kann noch gar keinen klaren Gedanken fassen, da höre ich eine laute Männerstimme rufen: „Hey, du!“ Ich fahre zusammen. Obwohl ich nicht weiß, ob ich gemeint bin, drehe ich mich nach der Person um. Ich erkenne einen hochgewachsenen Mann, den ich auf die Dreißiger tippe, mit kurzem brünetten Haar und Brille. Sein Gesicht wirkt streng, im einen Arm hält er eine Einkaufstüte, in der anderen Hand einen Holzstock. Aber was mich am meisten beunruhigt: Er sieht mich unverwandt an und steuert mit großen Schritten direkt auf mich zu. „Was stehst du hier draußen herum?!“, fährt er mich an. Seine Stimme erscheint mir von Nahem noch viel lauter und ich höre den Bass, der etwas nachklingt. Ich fühle mich sofort unbehaglich, irgendwie bedroht und wie unter Appell. „Dein Einsatz hat längst begonnen! Rückzug ist eine Niederlage! Der Feind wartet, zurück an die Front!“ „Wa–?“, will ich einwerfen, komme aber nicht dazu, meine Frage zu stellen. Ohne Vorwarnung greift er nach meinem Handgelenk. In diesem kurzen Moment bemerke ich, dass er schwarze Stoffhandschuhe trägt. Das allein würde in mir schon alle Alarmglocken läuten lassen, würde sich mein klar denkender Verstand nicht gerade heftig mit meinem Erinnerungsvermögen fetzen. Sein Griff ist fest, aber nicht brutal. Selbst wenn ich wollte, könnte ich mich nicht daraus befreien. So habe ich keine andere Wahl, als ihm einmal um die Mauer herum zu folgen. Mein Kopf läuft Amok. Dieser Mann ist ein Fremder für mich. Er könnte mit seinen Handschuhen wirklich alles sein von Keimphobiker bis Krimineller. Nur eines ist gewiss: Er ist mir nicht so unbekannt, wie er es wohl sein sollte. Logisch betrachtet. Wir betreten einen Seiteneingang und stehen kurz darauf in einem hellen, schmalen Flur. Zeit bleibt mir keine, mich groß umzusehen. Ich registriere nur, wie die Luft von appetitlichen Gerüchen verschiedener Speisen erfüllt ist. Schon zieht mich der Mann weiterhin unbeirrt hinter sich her. Ich finde keinen Mut, Protest zu erheben, geschweige denn Gegenwehr. Von irgendwoher höre ich das typische Geräusch einer schwenkenden Pfanne mit etwas Brutzelndem darin. „Du hast fünf Minuten!“, appelliert er erneut, kaum dass er mich in einen Raum hineingezogen hat. Das Erste, was ich hier sehe, sind Spinde und Bänke, woraus ich einen Umkleideraum schlussfolgere. „Zieh dich um und rüste dich für den Feind! Wir werden auch die heutige Schlacht nicht verlieren! Fünf Minuten!“ Dann zieht er die Tür mit einem Knall zu.   Tja, und da stehe ich nun. Im Umkleideraum des »Meido no Hitsuji«, wie mir scheint. Ganz entgegen jeder Logik. Noch ganz verwirrt gehe ich zu den Spinden hinüber. An einem davon ist ein Schild mit meinem Namen darauf angebracht. Ich öffne ihn und sehe ein in Klarsichtfolie verpacktes rot-schwarzes Kostüm darin. Mir schwant, dass es meine Arbeitskleidung ist. „Was zum Geier ist hier los?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)