Danger von Maya (-Only One Shot-) ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Hallo ^^ Es hat dieses Mal sehr lange gedauert, bis ich das Kapitel fertig hatte... Die zweite Szene ging mir leicht und schnell von der Hand, aber die erste habe ich gefühlte 50x umgeschrieben und manchmal habe ich tagelang Pause gemacht, weil mich die Szene in den Wahnsinn getrieben hat =.= !! Aber nun ist das Kapitel fertig und ich bin zufrieden ^^ Danger -Only One Shot- Kapitel 4 Teil: 5/? Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder... Raiting: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt) Personen: Kim Donghwan, Lee Sihyuk & Shin Goomin (OCs), Oh Jongseok (Eddy, JJCC), Wu Yifan & Huang Zitao (Kris & Tao, EXO), Kanesaki Kentarou (Actor/Model), Kim Taehyung & Park Jimin (BTS), Jin Hyosang (Kidoh, Topp Dogg) Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit Viel Spaß beim Lesen! Maya Oktober 2014, Ort unbekannt Gelangweilt betrachtete Donghwan seine Fingernägel. Er saß auf dem Rücksitz seines schwarzen Maybach Zeppelins und wartete ungeduldig darauf, dass seine Männer endlich fertig wurden. Lee Sihyuk sah von seinen Papieren auf, als er ärgerlich die Luft ausstieß und seinen Blick nach draußen richtete. Wie lange konnte es schon dauern, jemanden zusammenzuschlagen und abzuknallen? Er hätte es ja selbst getan – aber warum sich die Hände schmutzig machen, wenn man Leute für so was hatte? „Hast du alles?“, fragte er seinen Berater, um die Zeit wenigstens sinnvoll zu nutzen und sein Ausharren erträglicher zu machen. Sihyuk, der ihm gegenüber saß und eine braune Akte auf dem Schoß hatte, nickte, ehe er die Mappe zuschlug und sie seinem Boss reichte. Donghwan durchblätterte das Material – lose Notizen, Kopien, Fotos – und war zufrieden. Im Gegensatz zu Noh Doryeok hatte Boss Goomin erstaunlich viel Dreck am stecken. Er besah sich einige Unterlagen und Bilder genauer und rang sich ein zufriedenes Grinsen ab; seine Spitzel hatten ganze Arbeit geleistet. Die Informationen, die sie in den letzten Monaten zusammen getragen hatten, waren zum Teil schwer zu bekommen gewesen, immerhin war der alte Mann kein Idiot. Er hatte bereits jahrzehntelange Erfahrungen im Geschäft und wusste seine Spuren zu verwischen. Doch jetzt hatte Donghwan so viel gegen den Kkangpae-Boss in der Hand, dass er endlich zuschlagen konnte... Ein Klopfen an der Scheibe riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah nach links und der blonde Mann, der neben der Wagentür stand, nickte knapp mit dem Kopf in die Richtung, aus der er soeben gekommen war. Donghwan gab die Papiere seinem Berater zurück und verzog sein Gesicht zu einer unheimlichen Fratze. „It's Showtime“, gab er dunkel von sich und stieg aus. Er folgte dem Mann über den staubigen Platz Richtung Lagerhaus. Ein Lagerhaus; was für ein Klischee. Doch diese abgedroschenen Stereotype waren ja mittlerweile so etwas wie sein Markenzeichen. Kleine Steine und Kiesel knirschten unter seinen Schuhsohlen, während er versuchte seine Vorfreude in Zaum zu halten. Es war Nacht und deutlich abgekühlt, weswegen er seinen Mantel fester um sich schloss. Sie waren nur noch wenige Meter von der schwere Eingangstür entfernt und er unterdrückte den Impuls, sich gutgelaunt die Hände zu reiben. Stattdessen wandte er sich an seinen schweigsamen Nebenmann. „Und der Narr ist noch bei Bewusstsein?“ Der Blonde nickte, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Kühl und abweisend, wie immer. Donghwan wusste, dass eine weitere Konversation überflüssig wäre – davon abgesehen, dass er auch keinen sonderlichen Wert darauf legte – und verstummte wieder. Mit einem schrecklichen Quietschen schwang die Tür des baufälligen Lagerhauses auf und ermöglichte Donghwan endlich den Blick ins Innere. Es war beinahe stockfinster, nur eine dreckige Lampe, dessen Birne einen Sprung hatte, spendete etwas Licht. In ihrem trüben Schein erkannte er eine Hand voll Personen, die alle auf sein Gesuch hier waren. Ansonsten war das Lagerhaus vollkommen verlassen. Sein wenig redseliger Begleiter ging voran und trat auf einen anderen Mann zu, der mitten im Raum stand und seine Waffe zu Boden richtete. Oder besser gesagt: Auf den reglosen Körper, der zu seinen Füßen lag. Der Mafioso spürte wie ein aufgeregtes Kribbeln durch seine Glieder fuhr – endlich war der Moment gekommen! Demonstrativ rückte er seine Krawatte zurecht und kam näher. Seine Schritte hallten laut von den kahlen Wänden wider; ein gespenstisches Echo, welches sein Opfer das Fürchten lehren sollte. Der Mann am Boden rührte sich nicht mehr, nur sein angestrengtes Atmen verriet, dass er noch lebte. Und als Donghwan neben ihm stehen blieb, blinzelte er zu ihm auf. Kris und Tao hatten ganze Arbeit geleistet: Die Augen waren beinahe komplett zugeschwollen, das ganze Gesicht war von Schrammen und Blutergüssen bedeckt und der einst makellose Anzug war zerrissen und mit Blut bespritzt. Da lag er nun vor ihm im Staub. Sterbend und schutzlos. Noh Doryeok, Boss der Chil Seong Pa und Leiter des Drogengeschäftes in Seoul. „Du hättest kooperieren sollen, alter Mann“, meinte Donghwan selbstgefällig und stieß mit der Schuhspitze an die Schulter des Verletzten. Der gab ein schwaches Keuchen von sich, blickte dann aber wieder hoch; seine Augen waren voll Trotz und Verachtung. „Damit wirst du... nicht durchkommen“, röchelte er und hustete dann angestrengt – schnell zog Donghwan seinen Fuß zurück, damit seine Gamasche nicht dreckig wurde. Er sah kurz auf und nach links. Einige Armlängen von Doryeok entfernt lag dessen Berater und obwohl er es in dem schummrigen Licht nicht genau sagen konnte, sah er doch ziemlich tot aus. Der junge Mann lag in einer kleinen Blutlache und schien nicht mehr zu atmen. Donghwan schnaubte. Oh Jongseok hatte es nicht besser verdient; sollte er doch mit diesem Taugenichts zusammen sterben. „Doch, das werde ich“, erwiderte er dem Boss schließlich grimmig und sah wieder auf ihn herab, „Nur leider wirst du das nicht mehr erleben. Es ist Zeit, dieser Welt 'Lebewohl' zu sagen.“ Er nickte Tao zu, der noch immer die Waffe auf Doryeok gerichtet hatte, und dieser spannte den Hahn. „Noch ein paar letzte Worte?“, fragte Donghwan und mit letzter Kraft zischte der Chil Seong Pa Boss ein „Fahr zur Hölle!“. Ein Zeichen und Tao drückte ab. Kopfschuss. Noch einige Augenblicke sah Donghwan auf den Toten hinunter, doch als das Blut aus der Wunde in seiner Richtung sickerte, machte er einen Schritt zurück. „Beseitigt die Schweinerei und werft die Leichen in den Fluss“, ordnete er die beiden Auftragskiller an und entfernte sich langsam vom Tatort. Als er aus dem Lagerhaus wieder zurück ins Freie trat, nahm er einen tiefen, befriedigten Atemzug und grinste dann. Oh, ja, das fühlte sich gut... Es dauerte nicht lange, bis sich die Nachricht von Noh Doryeoks Tod herumgesprochen hatte. Donghwan hatte dafür gesorgt, dass Boss Goomin ein Foto des Leichnams erhalten hatte – ohne Nachricht, Absender, Fingerabdrücke oder sonstige Botschaften, die ihn hätten verraten können. Was auch daran liegen könnte, dass er Kris das hatte erledigen lassen; sicher war sicher. Alles was er jetzt noch zu tun brauchte war sich etwas in Geduld zu üben. Mehr oder weniger gelassen hatte er also darauf gewartet, bis man ihn offiziell über den Tod des Chil Seong Pa Bosses in Kenntnis gesetzt hatte, bevor er sich bei Boss Goomin einlud. Kanesaki hatte er am Telefon recht schnell abgewürgt und dem letzten der ursprünglich sieben Bosse zu verstehen gegeben, dass es unbedingt notwendig sei ihn zu empfangen. Kurz darauf saß er dann bei Shin Goomin im Büro. Lee Sihyuk hatte die Anweisung bekommen draußen zu bleiben und der ergraute Mann verstand den Wink, schickte Kanesaki Kentarou ebenfalls aus dem Zimmer. Nun saßen sie sich gegenüber; Boss Goomin misstrauisch und mit finsterem Gesichtsausdruck und Kim Donghwan selbstischer und entspannt. Er war nicht nervös. Wieso sollte er? Er saß am längeren Hebel. Der Mann würde spuren. „Was hast du mir so Wichtiges zu sagen, Donghwan-ssi?“ Goomin klang gezwungen neutral. Die Stimmung zwischen den beiden Männern war angespannt. Auch wenn der Jüngere in den letzten Jahren weit aufgestiegen war, so hatten sie sich doch nie gut verstanden und es hatte Meinungsverschiedenheiten und offene Anfeindungen gegeben – es war kein Geheimnis, dass Kim Donghwan und die beiden Chil Seong Pa Bosse sich nicht leiden konnten. Doch das war dem Mittdreißiger egal; er war der Kkangpae nicht beigetreten um Freundschaften zu schließen. „Du wirst mich zu Noh Doryeoks Nachfolger ernennen“, ließ er schließlich die Bombe platzen. Boss Goomins Augenbrauen sanken tiefer. „Du solltest besser schnellstens einen anderen Ton anschlagen“, rügte er ihn mit verärgerter Stimme und lehnte sich in seinem Stuhl weiter vor, um sein Gegenüber streng zu mustern, „Außerdem steht es dir nicht zu, darüber zu entscheiden.“ Donghwan lächelte und überschlug die Beine. „Irgendetwas sagt mir, dass ich das doch tue.“ Der Boss verzog keine Miene, während er ihn weiter anstarrte und bedächtig die Fingerspitzen aneinander legte. „Was denkst du, wer du bist?“, seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn über so viel Respektlosigkeit, „Kommst hierher und glaubst-“ Eine braune Mappe klatschte vor ihn auf den Tisch und unterbrach ihn. Verständnislos sah er auf sie hinunter und eine Augenbraue wanderte nach oben. „Was ist das?“ Donghwan hob in einer scheinbar harmlosen Geste die Hände und grinste dann spöttisch. „Mehr als nur ein Grund, um meinen Willen durchzusetzen.“ Der Mann in dem Nadelstreifenanzug beobachtete Goomins Reaktionen genau, als dieser widerstrebend nach den Unterlagen griff, die Mappe aufschlug und sich die Papiere genauer ansah. Er blätterte sich durch Notizen, Kopien und Fotos und sein finsterer Gesichtsausdruck wurde mit jeder Sekunde weicher und... sorgenvoller. Schweigend ging er alles durch, ehe er den Deckel der Akte wieder zuklappte und nachdenklich drein sah. Donghwan sah es regelrecht in seinem Hirn arbeiten, auch wenn der Chil Seong Pa Boss weiterhin versuchte ein unerschüttertes Gesicht zu machen und sich nichts anmerken zu lassen. Doch Donghwan wusste es besser. „Du hast also vor mich zu erpressen“, stellte der alte Mann fest und legte die Papiere auf den Schreibtisch zurück. Es war keine Frage. Der Inhalt der Mappe war eindeutig und ließ keinen Raum für Spekulationen. Donghwan zuckte unschuldig mit den Achseln. „Erpressung ist so ein hässliches Wort. Nennen wir es doch lieber eine überzeugende Entscheidungshilfe.“ Goomin blickte ihn aus dunklen Augen an, er war deutlich aufgebracht. „Ich sollte dich auf der Stelle erschießen.“ „Tu dir keinen Zwang an. Aber sollte mich ein plötzlicher, vollkommen überraschender und unerwarteter Tod ereilen – dann gelangen diese Informationen nach draußen an die anderen Chil Seong Pa Mitglieder. Und dann warst du die längste Zeit hier der Boss.“ Goomin holte tief Luft und rang um Selbstbeherrschung. „Ich hab stets das Wohl der Familie im Sinn gehabt. Du hast kein Respekt und kein Ehrgefühl. Es geht dir nur um Macht und Geld.“ Der Jüngere der beiden Männer erhob sich aus seinem Stuhl und baute sich vor dem Schreibtisch auf. Er war zwar keine besonders bedrohliche Erscheinung, aber es half seinen Standpunkt deutlich zu machen und dem Boss zu zeigen, dass er die Oberhand hatte. „Das Wohl der Familie, ja? Ich bin sicher, dass man deine Geschäfte mit der Ssang Yong Pa oder deinen geheimen Deal mit dem Polizeichef und dem Staatsanwalt oder-“ Goomin hob energisch die Hand und unterbrach seinen Redeschwall. „Das ist nur zum Besten der Chil Seong Pa!“, ereiferte er sich und stand nun ebenfalls auf, stützte seine Hände auf die Tischplatte, „Diese Arrangements haben uns unseren Status gesichert und sorgen dafür, dass potentielle Gefahren ausgeschaltet werden. Du hast keine Ahnung von diesem Geschäft, Kim Donghwan!“ Verstimmt, aber immer noch siegessicher, blickte er Boss Goomin in die Augen. Er war ergraut und sein Körper langsam gebrechlich, doch in seinen Augen loderte ein Feuer von Wut und Leidenschaft. „Willst du das Risiko eingehen, alter Mann?“, forderte Donghwan ihn heraus, „Allein die Verbindung zu unseren ärgsten Feinden wird die Wellen hochschlagen lassen. Sobald das bekannt wird, sind deine Tage als Boss der Chil Seong Pa gezählt. Von all den anderen Dingen, ganz zu schweigen. Du und Kanesaki werden ausgestoßen und keinen Fuß mehr fassen können – genauso gut kannst du dir gleich die Kugel geben. So oder so: Ich gewinne.“ Shin Goomins Körper zitterte, doch nicht vor Angst oder Schwäche, sondern vor unterdrücktem Zorn, der durch seine Glieder fuhr und sein Herz schneller schlagen ließ. „Was also willst du?“, presste er zwischen mahlenden Kiefern hervor und Donghwan lächelte liebreizend. „Wie ich schon sagte: Noh Doryeoks Nachfolge im Drogengeschäft. Ach, und noch eine Kleinigkeit...“ Mai 2015, Seoul Bahnhofsviertel Taehyung hatte sich von den anderen Jungen im Schließraum verabschiedet und den Bahnhof verlassen. Er war am Strich vorbei gelaufen und hatte auch einen flüchtigen Blick auf die dort anwesenden Prostituierten geworfen, Taemin und Kai jedoch nicht gesehen. Es war Samstagabend und viel los am Bahnhof, die Jungen und Mädchen hatten ausreichend Kundschaft. Er streifte durch die anbrechende Dunkelheit und ließ den regen Betrieb des Hauptbahnhofes hinter sich. Der Junge wusste in etwa, wo Namjoons „Zuständigkeitsbereich“ aufhörte und er andere Dealer finden würde, die andere Zulieferer hatten. In den letzten Wochen war er dem blonden, jungen Mann aus dem Weg gegangen. Immer wenn er ihn in der Ferne gesehen oder von den anderen gehört hatte, dass er da war, hatte er regelrecht die Flucht ergriffen. Es war ihm peinlich, dass er Namjoon um Kokain gebeten hatte. Aber noch unangenehmer war ihm, dass er sich dem Älteren angeboten hatte und zurückgewiesen worden war... Es schmerzte. Namjoons Blick hatte sich in seiner Netzhaut eingebrannt. Voller Wut... Taehyung hatte nicht gedacht, dass er einmal Angst vor ihm haben würde, doch sein Körper hatte vor Furcht gezittert und er hatte – bewusst oder unbewusst – darauf gewartet, dass der andere ihn schlug. Doch er hatte es nicht getan... Während er durch die Straßen wanderte und Ausschau nach seinem neuen Dealer hielt, spürte er, wie ein Schauer durch seinen Körper fuhr. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Namjoon so reagieren würde, aber vielleicht hatte er es sich gewünscht... Und er war schrecklich verwirrt. Er hatte eigentlich nicht mit ihm schlafen wollen, doch zugleich hatte er es provoziert – er hatte sich nach dem Körper des anderen gesehnt, danach von ihm benutzt zu werden, ihm nahe zu sein, ihn zu spüren... Irgendetwas zu spüren. Seit über zwei Jahren betäubte er sich nun mit Alkohol und Schmerz- und Beruhigungspillen. Er musste es tun. Tat er es nicht, wurde er von seinem Schmerz schier überwältigt und glaubte den Verstand zu verlieren. Trauer, Einsamkeit, Sehnsucht... Die vielen Monate ohne Obdach zollten langsam ihren Tribut. Er vermisste seinen Vater nicht, aber ironischerweise misste er dessen Nähe, auch wenn er keine Liebe und nur Schläge für ihn übrig gehabt hatte. Gewalt war lange das einzige gewesen, was er erfahren hatte und die Zeit ohne war ihm erschreckend leer und sinnlos vorgekommen. Was machte noch einen Sinn? Über zwei Jahre lang verbrachte er jeden Tag damit ziellos durch die Straßen zu irren und irgendwie zu überleben... Taehyung hatte die vergangenen zwei Wochen über eisern gespart. Die letzten sechs Tage hatte er kein Mittagessen zu sich genommen und nur zwischendurch einen Snack gehabt, um das Schwindelgefühl zu bekämpfen. Die Pillen wirkten zum Glück recht lange und er hatte einen kleinen Vorrat, sodass er keinen Nachschub hatte kaufen müssen. Das Geld für Kokain nur mit Schlauchen in der Innenstadt zusammen zu bekommen war beinahe unmöglich. Er brauchte eine halbe Ewigkeit, bis er es hatte. Für ein halbes Gramm brauchte er knapp 50 000 Won; je nach Dealer, Qualität, Gegend und Nachfrage ein paar Tausend mehr oder weniger. Er pulte ein Kaugummipapier aus seiner Hosentasche, fischte eine Valium heraus und steckte sie in den Mund, schluckte sie ohne Wasser hinunter. Als er endlich den Dealer, den er gesucht hatte, fand, atmete er erleichtert aus. Hier in der Straße waren einige Clubs und auf einer niedrigen Mauer saß Jin Hyosang, die Basecap falsch herum auf seinem Kopf und seelenruhig rauchend. „Kidoh“, sprach er ihn an, als er in Hörweite war und der Dealer drehte den Kopf in seine Richtung. „Yo!“, grüßte er und hüpfte von der Mauer auf den Gehweg, „V, altes Haus! Wie geht’s, wie steht's?“ Taehyung grinste schief und erwiderte den Handschlag des Älteren. Er hatte keine Ahnung, warum er ihn 'V' nannte, aber auf eine seltsame Art und Weise mochte er es. „Wie immer“, antwortete er auf die Floskel, wissend, dass Kidoh die Wahrheit nicht interessierte – niemand tat das. „Was kann ich heute für dich tun?“, kam Kidoh auch gleich zum Geschäftlichen und schnipste seine Kippe auf den Bürgersteig. Er wirkte zwar fröhlich wie immer, aber er wirkte etwas abgespannter und dünner als bei ihrer letzten Begegnung... Wahrscheinlich hatte auch er eine Weile keine vernünftige Mahlzeit mehr in den Magen bekommen. „Ein halbes Gramm“, stellte Taehyung seine Forderung und kramte sein Geld hervor. Sein Gegenüber nickte und griff ebenfalls in seine Jackentasche; doch bevor er den Stoff zu Tage förderte, nannte er dem Ausreißer den Preis. „55 000 Won.“ Der Jüngere stockte in seiner Bewegung und weitete entsetzt seine Augen. „Fünfundfünfzig?“, keuchte er fassungslos, „Das letzte Mal waren es noch achtundvierzig!“ Kidoh hob abwehrend die Hände. „Ey, man! Ich hab auch meine Aus- und Abgaben und wenn ich meinem Boss zu wenig abliefer, wird mir der Arsch aufgerissen nicht dir“, rechtfertigte er sich und sah tatsächlich irgendwie entschuldigend dabei aus, „Also. Hast du das Geld oder nicht?“ Enttäuscht ließ Taehyung seine Schultern sinken und starrte auf die zerknüllten Scheine in seiner Hand. „Ich... hab nur 49 000 Won...“ Niedergeschlagen sah er hoch in Kidohs Gesicht. Der Dealer runzelte die Stirn und schien nachzudenken. „Dafür kann ich dir leider nur ein Viertel geben. Für fünfunddreißig.“ Taehyung seufzte. Dann blieben ihm noch 14 000 Won... Doch er hatte keine Wahl, er brauchte das Kokain. „Na schön“, gab er sich geschlagen, „Ich nehm ein Viertel. Und... drei Valium und drei Tilidin.“ Kidoh gab ihm das Tütchen mit Kokain und einige Papierkügelchen und Taehyung reichte ihm im Gegenzug 41 000 Won. Von dem Restgeld konnte er auf dem Rückweg noch ein paar Flaschen billigen Soju kaufen und dann war er wieder komplett abgebrannt... Er verabschiedete sich von dem Dealer, der sich bereits den nächsten Glimmstängel zwischen die Lippen schob, und machte sich wieder auf den Weg zum Bahnhof. Allerdings betrat er ihn nicht, sondern lief einige Minuten die Straße weiter hinunter, bog zweimal ab, bis er zu einem herunter gekommenen Haus kam. Es war abrissreif; kaum ein Fenster war mehr ganz und das Mauerwerk bröckelte, das Dach war undicht und die Wände mit Graffiti besprüht. Als Taehyung die windschiefe Tür aufstieß, quietschte diese gefährlich in den Angeln. Die Treppen nach oben waren genauso kaputt wie alles andere und hier und da fehlten ganze Stufen. Es war zugig, die Nacht war hereingebrochen und der kühle Wind fegte durch das Gemäuer. Dennoch stieg er hinauf in den ersten Stock und wandte sich nach links. Er ging einen Flur entlang, der vielleicht einmal hübsch gewesen war und suchte nach dem richtigen Zimmer. Schnell fand er es. Die Tür stand offen und gab den Blick auf einen Raum frei, in dem nichts weiter war als eine alte Matratze mit einem Schlafsack und einige leere Snacktüten und Spirituosenflaschen – vorwiegend Chamsul Soju. Der Heizkörper spendete schon seit Ewigkeiten keine Wärme mehr, aber dafür war das Fenster hier unversehrt. In dem Schlafsack lag ein Junge in Taehyungs Alter. Die Augen waren geschlossen und das rabenschwarze Haar fiel ihm wirr in die Stirn. Der Ausreißer trat näher heran und ließ sich neben ihm auf der Matratze nieder. Sie gab unter ihm nach und rüttelte den Jungen aus seinem leichten Schlaf. Er blinzelte und begegnete schließlich Taheyungs Blick. „Du bist doch gekommen“, gab er mit einem kleinen Lächeln von sich. Es war müde und seine Stimme kraftlos. Taehyungs Mundwinkel bogen sich nach oben und er streichelte durch den Stoff hindurch den Arm des anderen. „Ich hab's doch versprochen, Jimin.“ Während der Schwarzhaarige sich mühsam aufrappelte, betrachtete Taehyung ihn traurig. Die letzten Wochen hatten an den Kräften des Jungen gezehrt. Er war blass und dünn geworden. Als er ihn vor einem Jahr kennen gelernt hatte, war er noch durchtrainiert gewesen und hatte im Stadtpark getanzt. Auch wenn er nicht viel Grund dazu gehabt hatte, war er ihm immer lebensfroh erschienen, voll Energie und Tatendrang und sie hatten miteinander gelacht und Spaß gehabt. Das war erst knapp sieben Monate her. Seitdem war es mit ihm bergab gegangen. Er kannte die genauen Umstände nicht, aber nachdem Jimin seine Unterkunft bei einem Kumpel verloren hatte, war er immer tiefer gerutscht; er hatte zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr im Park sondern in einem Nachtclub getanzt. Dort schien etwas passiert zu sein, denn da begann Jimin plötzlich mit dem Kokain und dem Alkohol. Mittlerweile war er so kaputt, dass er es nicht mehr schaffte zu tanzen und Geld zu verdienen. Taehyung hatte ihn oft fragen wollen, was genau in dem Club geschehen war, aber er wollte ihm nicht zu nahe treten. „Hast du's bekommen?“, riss ihn Jimins Stimme aus seinen trüben Gedanken und er nickte rasch und holte das Kokain hervor. „Ein viertel Gramm... Für ein halbes hat es nicht gereicht...“ Taehyung war noch immer bedrückt deswegen. Das würde für vielleicht drei bis fünf Tage reichen; was bedeutete, dass er bis dahin wieder 50 000 Won oder mehr zusammen haben müsste, um Nachschub kaufen zu können. Wie sollte er in so kurzer Zeit so viel Geld schlauchen? Jimin hob irritiert eine Augenbraue. „Wieso das?“ „Kidoh wollte mehr als letztens. Ist ja aber auch egal.“ Er wollte nicht weiter darüber reden und drückte ihm stattdessen das Tütchen mit dem weißen Pulver in die Hand. Dann sah er zu, wie Jimin den Stoff portionierte und mit einem zusammengerollten Stück Papier durch die Nase zog. Taehyung schmiss noch eine Valium und eine Tilidin nach und kippte etwas Soju hinterher. Die beiden Jungen schwiegen in den nächsten paar Minuten, während sie darauf warteten, dass die Wirkung einsetzte und legten sich nebeneinander auf den Schlafsack. Sie teilten sich den Rest der Flasche und während Jimin immer munterer wurde, wurde Taehyung angenehm müde und schläfrig. Seine Augenlider wurden schwerer, seine Muskeln entspannten sich und als der Junge neben ihm begann zu reden und zu reden und zu reden, drang die Stimme kaum mehr zu ihm durch. Aber es war angenehm. Der Schwarzhaarige kuschelte sich an ihn, lächelte endlich wieder und schien glücklich zu sein. Taehyung wusste, es war ein trügerisches Glück und dass das Kokain Jimin zerstörte, immer mehr, Stück für Stück – doch er brachte es nicht übers Herz ihn leiden zu sehen... Also lauschte er den wirren Erzählungen des anderen und gluckste das ein oder andere Mal, ehe er sich nicht länger wach halten konnte und in Jimins Armen einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)