Abseits der Wege von hunny123 (ein weiteres Abenteuer für Oscar) ================================================================================ Kapitel 15: 15. überraschte Gesichter ------------------------------------- Ein Soldat, in der Uniform ihres Regimentes, blieb mitten im Raum abrupt stehen - das Gewehr im Anschlag haltend, spähte er in das leere Zimmer.   „Alain!?“  Oscars Stimme klang sichtlich erstaunt.   Alain drehte sich überrascht um und hielt den Lauf seiner Bajonettes in Richtung der Stimme.    „Kommandant?“  Seine dunklen Augen sahen perplex seine Vorgesetzte an und verharrten für den Bruchteil einer Sekunde an der falschen Stelle. Er blickte automatisch auf die noch immer halbgeöffnete Bluse, die an ihrer nackten Schulter keinen Halt fand und etwas zu tief saß. Alains Wangen wurden wärmer. Um sich nichts anmerken zu lassen, zog er verlegen seine Mütze tiefer ins Gesicht.   Oscar registrierte sofort die äußerst peinliche Situation und ging auf ihn zu.   Der Soldat verbot sich den äußerst reizvollen Anblick und sah ihr nun mit Erleichterung in die meeresblauen Augen und das blasse Gesicht.  Er räusperte sich. „Kommandant, Ihr seid wohl auf, Gott sei Dank!“   Zu mehr kam er nicht. Ihre Hand traf seine Wange äußerst hart. Nun hatte sein Gesicht tatsächlich eine rötliche Färbung angenommen. Er spürte wie sich die Wärme und der Schmerz in seiner linken Gesichtshälfte festsetzten.   „Lass uns verschwinden, Alain!“ Sie knüpfte die letzten Löcher ihrer Bluse zu und ging, ohne ihn weiter anzuschauen, hinaus in den Flur.   Alain hielt sich kurz die leicht pochende Wange, lächelte und war letzendlich froh, sie endlich gefunden zu haben. Danach setzte er sich in Bewegung und folgte ihr die Treppe hinunter, vorbei an der bewusstlosen Wache, die er zuvor niedergestreckt hatte.    Die Treppe wirkte unendlich lang. Oscars Sichtfeld schwankte leicht und ließ die Familienportraits an den Wänden zu bizarren, beobachtenden Fratzen werden. Jeder Schritt drohte ins Leere zu gehen, da sich der Boden vermeintlich unter ihren Füßen bewegte. Die Wände schienen sie zu verfolgen und bedrängten sie von allen Seiten. Alain war nun dicht bei ihr und Oscar sorgte angestrengt dafür, dass er ihren kleinen Anfall von körperlicher Schwäche nicht wahrnahm.   Ohne auf weitere Hindernisse zu treffen, öffnete sie schließlich die Tür und trat nach draußen in den Hof. Die Dunkelheit der Nacht gab ihr endlich das Gefühl nicht länger beobachtet zu werden! Kühle, klare Luft bahnte sich den Weg in Oscars Brustkorb und wurde mit einem erleichterten Seufzer wieder ausgestoßen. Wie pures Lebenelixier, rauschte nun das sauerstoffreiche Blut durch ihre Adern und schärfte augenblicklich ihre Sinne.    „Hmmmm, ich glaube, wir bekommen Gesellschaft...“ Alain entdeckte zwei patrouillierende Wachen.   „Gib mir Deckung, ich bin gleich wieder zurück!“ Oscars Hand griff entschlossen Alains Bajonett. Dieser blickte sie fragend an und sah das eisige Funkeln in ihren Augen, obwohl das Schwarz der Nacht sie vollendst umhüllte. Er nickte und überließ ihr seine Waffe. Dann schlich er entlang der Mauer und fand im Gebüsch die nötige Tarnung.  Er beobachtete die Patrouille und machte sich bereit, dem Befehl seines Kommandanten, Folge zu leisten.   Oscar fokussierte das kleine nebenstehende Gebäude, das sie vorhin schon einmal mit de Baux betreten hatte. Sie lief einen kleinen Umweg entgegen der Richtung, die Alain eingeschlagen hatte. Angespannt und doch leichtfüßig pirschte sie sich an einen Karren, Sträucher und kleine Bäume gedrängt, näher an ihr Ziel heran. Sie war eins mit der Nacht. Eine Fackel erleuchtete ihren Bestimmungsort und würde auch sie in eine leichte Zielscheibe verwandeln, sobald sie in deren Lichtschein eintreten würde.   Sie verließ ihre Deckung und vertraute auf Alains Fähigkeiten. Niemand war zu sehen. Oscar hebelte die schwere Tür auf und verschwand im Inneren des feucht -kalten Gemäuers   De Baux schien sich keine Mühe zu machen, den Gefangenen zu bewachen. Vorsichtig, um nicht doch noch unangenehm überrascht zu werden, tastete sie sich Stufe für Stufe hinab und blieb an der vergitterten Eisentür stehen. In der Zelle war niemand hinter dem spärlichen Fackellicht zu erkennen.   „André?“ Erst als Oscar seinen Namen flüsterte kam er aus der Dunkelheit hinter der kalten Mauerwand hervor. Er musste in Deckung gelauert haben, um seine Peiniger vielleicht überraschen zu können, wenn sie nach ihm sahen. Er hätte mit Sicherheit alles versucht, um aus diesem Verlies zu entkommen,        ... um sie zu suchen...   Nun war sie es, die ihn befreite.   „Oscar!“   Ihr fiel ein Stein von Herzen, als sie seine Silhouette erkennen konnte. Er war überrascht und rang um Fassung. Seine gefesselten Arme mussten sich nach stundenlangem Ausharren in der gleichen Position hinter seinem Rücken bereits taub anfühlen.   Warme, klare, salzige Flüssigkeit bildete sich in seinen Augen. Unerkennbar für Oscar, die nur auf den dreckigen Leinenstoff blicken konnte, welcher Andrés Gesicht fast komplett einhüllte und ihm die Sicht nahm.   „André...“ Sie hielt mitten in der Bewegung inne und verlor für einen Moment den Gedanken, warum sie eigentlich hier unten war. Doch ihr Kopf schaltete blitzschnell wieder um und ließ für weitere Empfindungen keinen Platz. „Geh bitte zurück. Ich versuche das Schloss aufzusprengen.“   André machte sich klein, duckte sich in die hinterste Ecke, den Kopf weit nach unten geneigt, um keine Splitter ins Gesicht zu bekommen. Sein Rücken zeigte in den Raum hinein und bot ein starkes Abwehrschild.   Der Schuss aus Alains Gewehr war laut und schlängelte sich noch Sekunden danach durch seinen Gehörgang. Doch das Schloss sprang auf und fiel in hohem Bogen auf den Steinboden. Oscar öffnete sofort die Tür und eilte in die Zelle. Sie schnitt mit dem messerartigen Vorbau des Bajonetts Andrés Handfesseln auf und nahm ihm die Augenbinde ab.   Ihre beiden leuchtenden Augen sahen sich an. Ungezügelt und ohne Vorwarnung umschlang André seine befreiten Arme um Oscars schlanken Körper. Seine starke Brust berührte den zierlichen Rumpf der jungen Frau.   Erschrocken erstarrte sie. Ihre Arme verkrampften sich unter dem Druck seiner Geste an ihrer Taille. Ihre Fäuste waren geballt und die bläulich schimmernden Venen traten sichtbar hervor. Ihre Atmung ging flach und zügig, doch...  sie ließ ihn gewähren.   Es war still.   Keiner der beiden sagte ein Wort. Oscars angespannte Schulter-  und Halsmuskulatur entkrampfte sich, während ihre Atmung ruhiger und tiefer wurde. Schließlich schloss sie die Augen und lehnte den immer schwerer werdenden Kopf auf Andrés Brust ab. Ihre Hände wanderten wie von selbst schutz- und haltsuchend an seinen muskulösen Rücken. Sie zog ihn näher heran und ließ ihn nicht mehr los. Zwei winzige, lautlose Tränen entrannen ihren geschlossenen Augen. Er würde sie sicher nicht bemerken. Sie hörte sein Herz klopfen, wild und kräftig. Wie eine Festung stand er da, ohne sich zu bewegen. Eine angenehme Wärme durchfuhr sie und ließ ihren gesamten Körper entspannen. In dieser dunklen feuchten Zelle wurde sie von einem Gefühl von uneingeschränkter Sicherheit umgeben. Die unzähligen Gedanken waren verflogen, übrig blieb nur einer:   „Für einen kleinen Moment loslassen... nur diesen einen Moment.“   Oscar glitt sanft zu Boden, als ihren Beinen plötzlich die Kraft entwich. Andrés Griff um ihren beinahe spannungslosen Körper wurde stärker und war doch so sanft und weich. Ihr Gesichtsfeld begann sich zu verdunkeln. Dunkler, als die sternenklare Nacht, die aus einer kleinen Öffnung am oberen Ende der Zelle, hindurch schimmerte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)