Abseits der Wege von hunny123 (ein weiteres Abenteuer für Oscar) ================================================================================ Kapitel 18: 18. Tiefe Wunden ---------------------------- Der Stich kam schnell und durchtrennte mühelos Haut, Blutgefäße und Muskelgewebe. Er saß tief und bahnte sich den Weg zwischen zwei Rippen hindurch. Der Schock ließ keine Reaktion zu. Nicht einmal einen Laut konnte de Baux von sich geben, als er Sekunden später zu Boden ging -und mit ihm der Degen, der André eben noch töten sollte. André öffnete die Augen. Er blickte verwirrt um sich und sah, wie sein Gegner in sich zusammen sackte. Erst jetzt realisierte er, was geschehen war. Glänzendes Metall durchbohrte de Baux´s Rücken. Die Wucht des Einstiches war so groß gewesen, dass die Spitze der Klinge vorn in seinem Bauchraum wieder heraus kam. „Alain! André ist verwundet!“, hörte er noch echohaft und verzerrt die vertraute weibliche Stimme rufen, bevor er sich für ein paar Minuten seinem Schmerz ergab und von der Umgebung nichts mehr wahrnahm. Oscar war bei ihm angekommen und sah, wie sein Atem zwar regelmäßig, aber nur flach ging. Doch noch musste ihre Aufmerksamkeit jemand anderem gelten. Sie musste erst dafür sorgen, dass die Gefahr tatsächlich vorüber war. Vorsichtig näherte sie sich de Baux, in seinem Körper noch immer die fest steckende Klinge. Sie hatte ihren Degen mit größter Verzweiflung nach ihm geworfen, als sie gesehen hatte, dass dieser kurz davor war, Andrés Leben auszulöschen. Nun kniete Comte Jacques de Baux kauernd auf dem Boden, den Kopf nach unten gesenkt, schwer atmend. Nur wenig Blut war bisher aus der Wunde entwichen. Auf einmal bäumte sich de Baux ein letztes Mal vor ihr auf, schnappte sich seine Waffe mit der linken Hand und griff mit schmerzverzerrtem Gesicht Oscar tollwütig an. Sie konnte sich jedoch rechtzeitig von ihm wegdrehen, sodass de Baux ´s Angriff ins Leere ging. Er versuchte seinen schmerzenden Körper abzubremsen, doch die Geschwindigkeit seines hektischen Angriffes war zu groß gewesen. Unsanft schlug er mit dem Gesicht auf dem Boden auf. Oscar sah wie sich die Waffe in seiner Nierengegend wieder durch das Fleisch bohrte und de Baux mit einem tiefen Seufzer die Augen schloss. Alain kam mit ein paar Männern heran gestürmt. Gemeinsam versorgten sie André und kümmerten sich ebenfalls um den Herrn des Hauses, der sofort in seinem eigenen Verlies untergebracht und bewacht wurde. „Geht es dir gut, André?“ Oscars Stimme klang besorgt. „Danke... es geht.“ Andrés Stimme war belegt, er hustete und hielt sich weiterhin die brennende Flanke. Er bemerkte ihre warme Hand, die sich flüchtig auf seine Schulter legte, als ob sie ihm sagen würde: Es ist noch einmal alles gut ausgegangen. André richtete sich auf. Ein Stechen jagte ihm mit jedem Atemzug durch Mark und Bein. Er schaute sich nicht mehr um, sondern wollte einfach nur weg. Er konnte die besorgten Blicke der anderen nicht ertragen... vor allem nicht den, von Oscar. Er hatte versagt... Andrés Magen knurrte laut. Erschöpft hielt er immer noch eine Hand an seine Seite. Er hörte Alain beherzt auflachen und schon im nächsten Moment, zerzauste ihm sein Freund das Haar und klopfte ihm behände auf die Schulter. Er wusste, dass Alain nur seine Stimmung auflockern wollte: So, als wäre gerade noch einmal alles gut gegangen,... Doch nichts war gut ausgegangen! André rang sich ein gezwungenes Lächeln ab und fühlte sich hundeelend. Er wollte nur weg von hier, weg von all dem... Von Fersen schloss zu den beiden auf. Er hatte ein paar Kratzer, war blass, jedoch noch in einem ganz ansehnlichen Zustand. „Der Plan hat glücklicherweise funktioniert, Alain!“ André blickte die beiden fragend an und hustete noch immer. „Wir haben uns mit den Männern abgesprochen, dass sie nachkommen sollen, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwindet. Die große Anzahl an Reitern wäre sonst auf der Lichtung aufgefallen und wäre niemals unentdeckt geblieben“, erklärte von Fersen sachlich. André nickte anerkennend. Er setzte sich wieder, hielt sich den Brustkorb fest umschlossen und kämpfte gegen den ständigen Stich seiner Rippen bei jedem Atemzug. Währenddessen wurde Oscar von ihren Männern mit dem aktuellen Informationen versorgt. Sie befahl ihnen, das Chateau zu besetzen und auszukundschaften. Danach schweiften ihre blauen Augen suchend wieder zu André. Dieser hatte sich gerade hingesetzt und lauschte nun vermeintlich den Worten, die Alain ihm gerade widmete. Wenig später entdeckten zwei Corporals ihres Regimentes bei der Suche nach weiteren Militärs den Arzt, der sich während des Tumultes in der Burg mit dem Dienstpersonal verschanzt hatte. Oscar klärte die Sachlage auf und bat ihn, sich um André und die Verwundeten zu kümmern. Der Doktor willigte unter einer Bedingung ein: „Ich werde mich um alle Verwundeten kümmern, egal welcher Seite sie angehören... So verlangt es der Hypokratische Eid.“ Oscar gab ihm ein kurzes Nicken und wollte sich gerade aus seinem Sichtfeld entfernen. „Wartet, Kommandant!“, sagte er sanft, als Oscar sich gerade von ihm abwenden wollte. Er musterte die junge Frau: Ihr Gesicht wirkte gefasst, doch ihre Mimik war angespannt, ihre Haut vor Schweiß glänzend und beinahe kreidebleich. Die linke Schulter hielt sie leicht nach vorn hängend. Das Gewicht ihres Armes musste heftig an der Wunde ziehen. Sie stützte instinktiv die Hand in die Taille, um die Verletzung zu entlasten, während ihr gesamter Körper leicht zitterte. „Ich werde mit Euch beginnen.“ Er sah Oscars widerstrebenden Blick. „Aber, ich muss...!“ Oscar wurde barsch von ihm unterbrochen. Nur wenige Personen konnten sich das erlauben. Der alte Mediziner war einer davon. „...behandelt werden! Keine Widerrede!“, sagte er streng zu seiner bereits vertrauten Patientin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)