Der Prinz . . . und die Diebin von irish_shamrock (Es war einmal . . . [Nami & Sanji]) ================================================================================ Kapitel 3: III -------------- Der Prinz und die Diebin ────────────────── Es war einmal . . . III Laut hallten seine Schritte von den Wänden des Kerkers wider. Ein letztes Mal noch würde er dem Mädchen jene Gnade zuteil werden lassen, sich zu erklären, denn schon bei Sonnenaufgang wäre es um sie geschehen. Grisellas Worte hatten den jungen Prinzen zum Nachdenken gebracht, doch genügten sie kaum, um auch Einsicht zu schenken. Ein Teil in ihm, so winzig er auch sein mochte, gab dem Gesagten der Oberköchin seine Zustimmung. Dennoch überragten Eitelkeit und Egoismus jenen kleinen Funken an Mitgefühl und Verständnis. Niemand vermochte die Qualen des Jungen zu verstehen oder verspürte jene Einsamkeit, wie es ihm zu eigen war. Sanji schritt die letzte Stufe hinab und erblickte die Wache. Stur, und wie befohlen schweigsam, blickte der Diener an die steinerne Mauer vor sich, während hinter ihm, in Gewahrsam genommen, das Mädchen saß, angekettet und dem Mut den Rücken gekehrt. »Verlasst Euren Posten!«, befahl der Prinz und sah, wie der Aufseher, beim Klang seiner Stimme, zusammenfuhr. Eiligst wandte der Mann seinen Fokus auf den Jungen, der nur noch wenige Schritte von ihm entfernt aus dem Dunkel in das schummerige Licht der Fackeln trat. »Aber ... aber mein Prinz ...«, hob die Wache verdutzt und stotternd an, doch Sanji gab nichts auf die Müdigkeit in den Augen des Kerkerdiensers, die ihm nicht verborgen blieb. »Sofort!«, bellte er, ehe sein Blick dem Gardisten nach hing, der sich verwirrt und verwundert trollte. Sowie Stille das Verlies einhüllte, richtete der junge Mann seinen Blick auf das Mädchen. Die Dunkelheit hatte sie beinahe verschlungen, dennoch schienen die Kettenglieder ihrer Fesseln im Schein der Fackeln gefährlich zu schimmern. »Hey!«, donnerte der Prinz und fixierte die Gaunerin mit schmalen Augen. »Wach auf!« Als er keinerlei Regung vernahm, erhob Sanji erneut die Stimme und trat näher an die Stäbe des Gitters heran. Noch immer wagte die diebische Elster nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben. Zorn wallte in dem jungen Prinzen auf. Ob sie ihn abermals zum Narren hielt? Doch bemerkte er das Klirren, welches sacht an seine Ohren drang. Wieder taxierte er ihre Gestalt und erschrak kaum merklich, als er sich ihrem Blick gewahr wurde. Ihre stumme Drohung kam dem beängstigden, schummerigen Licht der Leuchter nahe. Tapfer schluckte der Königssohn an dem Kloß in seinem Halse. Kein Unbill würde über ihn kommen, solang das Mädchen an die Mauern gekettet hinter Gittern bliebe. Schweigend betrachtete er die Maid. Einzig ihre Augen folgten seinen Bewegungen, während sie starr verharrte. Wie lang er wortlos blieb, vermochte nur der Mond wissen, der vor Stunden aufgezogen war und nun langsam und stetig seine Bahn zog. Doch ob der Tag bereits graute, war ihm fern. Denn hier, in den Kerkern, gab es keine Fenster, die Möglichkeiten zur Flucht boten, oder den Gefangenen zeigten, wie lang ihnen noch bis zum Tode blieb. Hier war es kalt und nass und der moderige Duft allgegenwärtig. Was den jungen Prinzen dazu bewog, Atem an das Mädchen zu verschwenden, wollte ihm nicht in den Sinn, doch etwas, das er nicht zu beschreiben im Stande war, ließ ihn seine Stimme erheben. »Ich wäre gern genauso frei wie du«, murmelte er und hoffte, das Mädchen habe seine letzten Worte nicht bemerkt. Doch er irrte sich. Die Gefangene schnaubte verächtlich, während sie ihren Blick von ihm nahm und von ihm abließ. »Ich bin nicht frei, wie Ihr seht, Prinz!« Wieder war es ihr gelungen, ihn zu verspotten, doch Sanjis Mundwinkel hoben sich zu einem bedauernswerten Lächeln. »Offenbar sind wir beide gefangen«, meinte er und überbrückte die letzte Distanz zwischen sich und der eisernen Barriere, die beide von einander trennte. »Du hinter kalten, harten Gitterstäben und ich in einem goldenen Käfig.« »Ein nicht sehr treffender Vergleich, findet Ihr nicht?« Ein schiefes Grinsen zeigte sich auf ihren Lippen. »Oh, ich halte ihn für sehr vortrefflich, passend gar«, entgegnete der Prinz und begann, sich in Bewegung zu setzen. Still ging er vor der Kerkerzelle auf und ab. »Nun denn, was bedrückt Euch, Prinz?« Dass sie es wagte, das Wort an ihn zurichten, doch Sanji tat jenen kurzen und dummen Gefühlsausbruch mit dem Gedanken ab, dass das Ende für sie bereits gekommen war. Der junge Thronerbe hielt inne, doch blieb ihm das flüchtige Grinsen auf ihren Lippen verborgen, denn die Schatten vermochten es, Dinge zu verstecken. Wieder trat Schweigen an die Seite des Prinzen, abermals taxierte er ihr im Halbdunkel liegendes Gesicht, doch etwas, das ihn erneut erstarren ließ, schlug ihn in seinen Bann. Ihre Augen. Augen so voller Leid, Schmerz, doch auch voller Leben, Neugierde und Willen. »In wenigen Stunden steht dein Ende bevor«, setzte Sanji an und ohne, dass es ihm zu willen war, holperten ihm die Worte über die Lippen. Doch die Silben waren gesprochen. Er sah das Aufblitzen in ihren Augen. Schmerzlich, erniedrigend, dennoch konnte sich der junge Prinz dem Gesagten nicht mehr entziehen. »Steht dir der Sinn nach einer Henkersmahlzeit? Ich wäre geneigt, dir gnädig und gütig ...« »Henkersmahlzeit?« Das Mädchen schnappte nach Luft, doch ihr Spott löste eine bittere Regung in ihm aus. »Eine Henkersmahlzeit? Das nennt Ihr gnädig und gütig?« »Gut«, fauchte er störrisch. »Oder ziehst du es vor, langsam zu verhungern?« »Verhungern ist der Tod, langsam und schleichend. Wisst Ihr, wie es ist, Hunger zu leiden? Erliegt Ihr manches Mal dem Glauben, wie es sei, ständig um das eigene Leben zu bangen, wenn der Magen rebelliert? Und glaubt Ihr dann, etwas Brot würde den Schmerz lindern und Euch zu Kräften kommen lassen?« Die Stimme des Mädchens, erst in leisen Tönen, schwoll mit der Flut an Worten zu einem lauten Gebrüll an. Verzweiflung ließ sie den Kopf niedersinken. Leises Klirren der Fesseln, der schwere Atem, den sie zu schöpfen versuchte. Als das Mädchen wieder sprach, bemerkte der Prinz keine Spur mehr in ihren Worten, die Wut mit sich zog. »Vielleicht stand mir der Sinn, mich an euren Gütern gütlich zu tun, doch es war mir nicht vergönnt. Vielleicht wäre es mir gelungen, mich einzuschleichen und nach etwas Essbarem zu spähen, doch Ihr, mein Prinz, ward mir zuvorgekommen. Euer Glück ist nun mein Leid. Und doch wird Euer Gewissen bezahlen für die Schmach, die Ihr erleiden werdet, wenn Ihr eine Unschuldige in den Tod schickt. Doch ob ich nun an einem Strick baumele oder qualvoll auf den Straßen Eurer Stadt verende, Ihr werdet nichts dergleichen bemerken ...« Ihre Kraft schien versiegt. Kein Funken an Hoffnung mehr, der ein letztes Aufbäumen zustande brächte. Der Morgen streckte bereits seine Fühler über die Ländereien. Nebel wog über Hügel und Felder, während der junge Prinz keinen Schlaf fand. Der trotzige Glanz, der Lebenswillen zeigte, schien erloschen. Die Augen des Mädchens glichen trüben Teichen, einem Meer aus Schlick und Schlacke, dem jegliches Licht abhanden gekommen war. Was hatte sie getan? – Nichts, nichts hatte sie getan. Sie war nur ein dummes Kind, das darauf aus schien, etwas Nahrung zu erbeuten. Doch ihre Tat ward vereitelt. Hatte sie es auf den Prinzen abgesehen? – Wohl kaum, doch auch wenn dies ihr Begehr gewesen sein mochte, so war ihr auch dies nicht gelungen. Und ihr Anschlag wäre bei weitem nicht von einem solchen Erfolg gekrönt. Da hatte sein Vater weitaus niederträchtigere Versuche, nach seinem Leben trachtend, über sich ergehen lassen. Wie man es drehte und wendete, womöglich ward sie nur zum falschen Zeitpunkt im Schlossgarten umhergestreunt. Doch das Glück musste unweigerlich mit ihr gewesen sein, denn er hatte sie bemerkt. Wäre ihr jenes Schicksal mit seiner Leibgarde widerfahren, dann säße sie nicht länger im Verlies. Nein, ihr wäre sofort der Kopf von den Schultern geschlagen worden! In den Angeln jammernd, wurde das eiserne Tor zu den Kerkern geöffnet. Das Mädchen, schlaff in den Ketten hängend, hob den Kopf und wappnete sich für die bevorstehende Hinrichtung. Sie vermochte nicht einmal an dem Kloß in ihrer Kehle zu schlucken, die vor Angst zu pochen begann. Eine Gestalt, eingehüllt in einer langen, dunklen Kutte, deren Kapuze über Haupt und bis über die Augen gezogen war, verharrte vor dem Gitter. Flink pirschte sich der Fremde an sie heran. Die Diebin, kaum begreifend was dort vor sich ging, fiel dem steinernen Boden entgegen, als man ihre Hände von den Fesseln löste. Hart schlugen ihre Knie auf den feuchten und unbarmherzig kalten Grund, während es ihr wohl all ihre noch verbliebene Kraft abverlangte, den Kopf zu heben. Noch ehe sie das Wort an ihren Retter zu richten vermochte, packte dieser sie grob am Arm. Abermals überkam sie jenes Gefühl, das ihr Ende beschrieb. Eiligst raufte sie sich, so gut es ihr gelang, zusammen. Sammelte die letzten Funken auf, stieß den Fremdling beiseite und hastete mit schnellen Schritten aus dem Verlies. An der Treppe angelangt und die Stufen empor hastend, stieß sie mit einer ebenso vermummten Erscheinung zusammen und erschrak. »Lauf! Flieh, Mädchen! Ich bringe dich aus dem Schloss«, flüsternd gelangten jene Worte an ihre Ohren. Schweigend und mit Angst und Schrecken in den Augen, nickte die Maid und ließ sich durch die Küchen in die Freiheit führen. »Hier herunter!«, wisperte die Stimme und deutete auf einen langen Gang, der finster vor ihnen lag. »Nimm die Fackel. Der Tunnel führt zu einem Ort, weitab des Schlosses. Und nun geh. Eile!« Mit einem erneuten Nicken, das knapp und verstörend zu gleich erschien, machte sich die junge Frau auf den Weg. Hastig stolperte sie durch das Dunkel und vernahm alsbald das Plätschern eines Baches, der sie empfing. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)