Stolz von silvernemia (Verrat im 1. Weltkrieg) ================================================================================ Kapitel 1: Stolz ---------------- Stolz Wir schreiben das Jahr 1918. Ich habe für zwei Jahre im Krieg gedient. Viele Kameraden waren zu engen Vertrauten oder sogar Freunden geworden und danach im Krieg gefallen. Ich erinnere mich noch gut an ihre Schreie. An die Rufe der Vergebung. Doch die gab es nicht. Wir befanden uns im Krieg. Wir haben viele Soldaten verloren. Wir haben den Krieg verloren. Und doch sollen wir unseren Stolz noch nicht verloren haben? Eine Niederlage. Wer schon einmal einen Freund hat sterben sehen, kann immer noch nicht den Schmerz nachvollziehen, den wir erleiden mussten. „Wir können gar nicht verlieren!“, „Der Sieg wird unser sein!“ Alles leere Versprechen. Nichts haben wir, nur verloren. Meine Wunde schmerzt. Auch ich bin verletzt worden, mehrmals, und doch lebe, stehe ich noch. Ich stehe hier auf freiem Feld, umgeben von nichts als Leichen. Freund oder Feind, das ist nicht mehr wichtig. Auch der Himmel weint. Große Tropfen fallen auf die leblosen Körper nieder und waschen sie noch einmal sauber, bevor ihre Seelen in den Himmel aufsteigen. Auch ich werde sauber. Meine blutverschmierten Hände, das Blut meiner Feinde, aber auch das meiner Freunde und mein eigenes, meine Kleidung, beschmutzt mit Staub und Erde. Auch rot ist auf meinem schmutzigen Hemd zu sehen. Es ist das Blut eines Freundes, der heute sein Leben gelassen hat. Jemand schluchzt. Es kommt nur dumpf bei mir an. Meine Sicht verschwimmt. Ich sehe in den Himmel. Er weint. Auch meine Augen verlassen leise einige bittere Tränen. Besiegt! Verraten! Und trotzdem noch stolz. Deutschland hat verloren. Und wir mit ihm. Das Land ist stolz. Hat den Schmerz auf dem Feld nicht miterlebt, keine Kameraden verloren. Sie waren Zuhause geblieben und das wichtigste für sie ist ihr Stolz. Und ich stehe hier, auf dem Feld der Entscheidung. Wir haben verloren. Sie haben keine Ahnung. Und ich weine. Aus Trauer um die Toten, Verzweiflung. Ich bin verraten worden. Von meinem Vaterland. Meine Beine tragen mich fort. Laufen wie von selbst. Mein Blick schweift umher. Ich sehe Freunde, deren tot ich noch klar vor Augen habe. Feinde, die sie getötet haben und später selbst gefallen sind. Man hat das Kampfgebrüll noch im Ohr. Schreie der Verzweiflung, der Wehmut, Trauer und Reue. Einige habe ich selbst getötet. Und der Regen wäscht das Blut von meinen Händen. Ich laufe. Ich weiß nicht wohin. Weg von diesem schrecklichen Ort. Mein Bein schmerzt. Das Rot läuft in Bächen heraus und wird danach vom Regen weggespült. Besudelt immer mehr die einst schöne, braune Erde. Ein rotes Schlachtfeld. Voller Toten. Sie kommen. Dumpfe Hufschläge sind zu hören. Der Boden vibriert leicht. Ich laufe weiter darauf zu. Was für einen Sinn hätte es, jetzt noch umzukehren? Niemand könnte mich jetzt aufhalten, nicht einmal der Tod. Ich laufe. Ohne Ziel. Nur geradeaus. Ich laufe einfach, um den Ort des Krieges hinter mir zu lassen, ihn nicht mehr sehen zu müssen. Die Reiter kommen immer näher. Die französische Flagge an der Spitze des Zuges. Ich lächle. Es ist vorbei. Meine Sicht verschwimmt wieder. Kurz bevor die Reiter bei mir ankommen knicken meine Beine weg. Ich falle. Dann wird es dunkel und still. So sterbe ich. Auf dem Feld, auf dem wir verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)