Are You Sane, Baby? von Blaubeere20 ================================================================================ Kapitel 17: Herausforderung | Ryou ---------------------------------- Etwas misstrauisch war ich anfangs, doch es war ein öffentliches Taxi. So stieg ich ein und verriet dem Fahrer meine Adresse. Er tippte diese in sein Navigationssystem und folgte der Spur. Sobald er sich die nächsten Meter gemerkt hatte, brach er die Stille; “Leute, die aus dem Krankenhaus kommen, haben entweder etwas hinter sich oder haben jemanden besucht, der ihnen am Herzen liegt”. Ich nickte, was er durch den kleinen Spiegel über ihm wahrnahm. “Und diese Leute haben eine nette, kleine Geste verdient. Außerdem ist es heiß und du siehst fertig aus”, er sah konzentriert auf die Straße. “Danke für’s Mitnehmen”, meine Augenlider wurden schon etwas schwerer. Der ganze Stress hatte mich so schwach gemacht. Während der Fahrt unterhielt ich mich noch mit dem Fahrer darüber, dass es nie wem geschadet hat, ein guter Mensch zu sein und dass das mehr Leute einsehen sollten. Er setzte mich vor meiner Stiege ab. “Warten Sie”, warf ich ein und kramte fünf Dollar heraus, die ich ihm übergab. “Es sollte echt mehr Personen davon geben, nicht wahr?”, so verabschiedete ich mich von ihm. Sein Lächeln blieb mir sehr gut in Erinnerung. Ich sperrte die Türe auf, ging in die Stiege und stand dann vor meiner Wohnungstür. Dad ist hier drinnen. Er hat Mum mit einer Vase beworfen… Ich wurde wieder so wütend, es war unbeschreiblich. Vielleicht war er ja sauer, dass ich die Rettung gerufen hatte. Vielleicht würde er mich gleich anschreien. Entschlossen öffnete ich die Türe und trat ein, ehe ich hinter mir wieder zumachte. Leise zog ich mir die Schuhe aus und ging auf Zehenspitzen durch das Wohnzimmer - niemand zu sehen. Ich stieg die Treppe hoch und wollte in mein Zimmer, als ich sah, dass die Türe offen stand und Aurora davor war. “Aurora!”, rief ich freudig. “Du bist also zurück”, erklang es düster vom Zimmer meiner Eltern. Vielleicht hatte ich mich etwas zu laut über meine Katze gefreut. Tief atmete ich durch und drehte mich zu meinem Vater um, der mich böse anfunkelte. “Ich hab’ eine Anzeige am Hals”, sein Blick durchbohrte mich. “Hast du verdient”, behauptete ich entschlossen und stand ihm selbstsicher gegenüber. Augenblicklich ohrfeigte er mich und man hörte ein deutliches dumpfes Geräusch. Immer noch sahen wir uns an, es wurde still. Leicht zitternd blieb ich am selben Platz, wich nicht von der Stelle. “Ich habe keine Angst vor dir”, meine linke Wange schmerzte und fühlte sich gleichzeitig taub an. “Solltest du aber, du respektlose Schwuchtel!”, er holte nochmal aus und schlug auf die selbe Stelle ein. Mutig schluckte ich die Angst hinunter und blieb weiterhin stehen. Das Licht aus dem Zimmer meiner Eltern leuchtete und bot uns ein halbbelichtetes Gesicht unseres Gegenübers. Mein Vater zog eine Augenbraue hoch und fragte mich, seit wann ich - angeblich - nicht mehr vor meinen Problemen davonlaufe. Ich gab keine Antwort, wartete nur darauf, dass wir die Sache geklärt hatten, obwohl es für die Beziehung zwischen uns keine Lösung hatte. Er würde sich nie ändern, weil er keinen Respekt mehr vor seinem eigenen Sohn hatte. Er würde ihn nie tolerieren. Er würde ihm nie den nötigen Raum geben, sich weiter zu entwickeln. Er würde nie. “Du hast gewaltsam Hand an eine Frau gelegt. Und du nennst dich einen Mann?”, mein Ton war ernst und tief. Er war überrascht über meine Aussage, konnte nicht glauben, dass ich einer seiner 0815-Sätze gerade selber verwendete. “Schwing’ dich und deine große Klappe in dein Zimmer!”, befahl er und wusste nicht, wie er sich hätte rausreden können. Spottend lachte ich kurz und drehte mich um. Auch er ging in sein Zimmer und knallte die Türe zu. Ich griff sofort zu meinem Handy, um Mum anzurufen. Sie hob nicht ab und ich fragte mich, was man mit ihr gemacht hat. Im Internet suchte ich mir die Nummer des Krankenhauses heraus und rief an. Mich gut erinnernd fragte ich nach der Patientin in Raum 19f. Die Frau leitete mich weiter. Als mich dann wieder eine weitere weibliche Stimme begrüßte, stellte ich die selbe Frage nochmal. “Die Patientin schläft noch und muss erst einmal wieder zu Bewusstsein kommen. Sie ist jedoch hundert prozentig außer Lebensgefahr”, berichtete sie mir mit einer ruhigen Stimme. Ein Stein fiel mir vom Herzen. “Wann kann ich sie besuchen kommen?”, wollte ich hektisch wissen. “Schwer zu sagen. Wir rufen Sie an, wenn sie wieder bei Bewusstsein ist”, kam es verständnisvoll aus der anderen Leitung. Ich bedankte mich und legte auf. Gleich darauf ließ ich mich ins Bett fallen und atmete tief aus. Es war ein sehr chaotischer Tag, der mich so einiges an Kraft kostete. Ich fragte mich, ob ich die nächsten Tage alleine mit Dad auskommen würde oder ob er mich noch weitere Male ohrfeigen wird. Meine Hand ruhte auf meiner linken Wange, während ich die Augen zusammenkniff. Kurz darauf erhob ich mich und ging in die Küche, um mir Eiswürfel in einen kleinen Beutel zu tun und gegen meine Wange halten konnte. Ich band den Beutel zusammen und nahm ihn mit in mein Zimmer. Aurora folgte mir und legte sich mit mir ins Bett. Laut miaute sie mich an. “Der Idiot hat dir das Halsband wieder zu eng gestellt”, merkte ich und lockerte es ihr. Sie miaute erneut, was mich vermuten ließ, dass sie Hunger hatte. Ich hätte mit meinem verbundenen Fuß nicht so viel gehen sollen, aber ich liebte Aurora und sie liebte mich auch. So füllte ich ihren Futternapf, der im Wohnzimmer platziert war. Ihren fast leeren Wassernapf machte ich auch voll und streichelte das Tier einige Male. Ich setzte mich auf die Couch und versuchte, mich zu entspannen. Wenn man aber versuchte, sich keinen Stress zu machen, war das ironischerweise selbst Stress. Ich hielt mir den kalten Eisbeutel gegen die Wange und zuckte kurz. Es kühlte, aber es war leicht unangenehm. Auroras Schmatzen war neben dem Ticken der Uhr das Einzige, das zu hören war. Die Fenster waren alle zu und es drangen kaum Töne herein. Bevor ich auf der Couch einschlief, rappelte ich mich auf und steuerte wieder in mein Zimmer. Bevor ich hineinging, warf ich einen wütenden Blick auf die Tür des Nebenzimmers; “Rache”. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)