Are You Sane, Baby? von Blaubeere20 ================================================================================ Kapitel 21: Sterne | Ryou ------------------------- Wir lösten uns nach dem Kuss und ich wusste wirklich nicht, was ich sagen hätte sollen. Es machte mich so verdammt sauer, dass mich Yami in Lebensgefahr schweben ließ, was andererseits aber nie gefährlich war, da er mich jederzeit hochziehen hätte können. Ich wusste, dass er mich nie fallen lassen hätte, jedoch jagte er mir einfach so eine Angst ein, dass ich dachte, ich würde ihn erwürgen, sobald ich wieder Boden unter den Füßen haben würde. “Du bist so ein Arschloch”, wiederholte ich und stieß ihm gegen die Schulter. Yami lachte auf; “Dann schrei’ es doch in die Welt hinaus”. Er drehte mich zur Aussicht, verschränkte die Arme und sah mich amüsiert und erwartend an. Ich schluckte laut und fühlte, wie der Adrenalinspiegel höher stieg. Die Lichter der Stadt wirkten aus dieser Höhe fast bedrohlich. “Was bin ich?”, fragte Yami, der meine Anspannung erkannte. Ich holte tief Luft, hielt diese kurz an und ließ einen lauten Seufzer heraus. “Arrogant bist du!”, sagte ich in normaler Lautstärke, schritt einige Meter zurück, sodass ich wieder sicherer war, und blinzelte Yami sauer an. “Hast du dich nicht getraut?”, er musste sich bemühen, um nicht noch frech zu grinsen. Er wusste, dass ich gerade einen Gefühlscocktail in mir sprudeln hatte. Ich meine, er wollte mir einzig und allein nur zeigen, dass er mich nie fallen lassen hätte - und wenn, wäre er mitgefallen. Nichts desto Trotz hat es ihn viel zu sehr amüsiert, mich in gefährlicher Höhe runterbaumeln zu sehen. Es hatte ihm viel zu sehr Spaß gemacht. Wenn es das aber nicht getan hätte, wäre es nicht Yami gewesen. Schadenfroher Penner. “Die Lichter scheinen hier viel heller”, bemerkte ich und stand regunglos, fasziniert, fest auf beiden Beinen. “Die Sterne oder die Stadtlichter?”, Yami legte seinen Arm um meine Hüfte und sah mit mir in die unendliche Ferne. Die Sterne? Ich hob meinen Kopf leicht hoch und beobachtete die funkelnden Sterne. Kam Yami von dort? War er von einem anderen Stern? Von einer anderen Welt? Von einer anderen Dimension? Von einer anderen Realität? Was bist du? Eigentlich war es weniger wichtig, woher und was er war; die Hauptsache bestand darin, dass ich jemanden gefunden hatte, der mir wortwörtlich die Wunden leckte. Ich fragte mich, ob es dabei bleiben würde oder ob er verschwinden würde, sobald ich glücklich gemacht wurde. Jedoch gab er mir das Versprechen, immer für mich da zu sein… “Komm mit”, befahl mir der Größere plötzlich, ehe er mich an der Hand nahm und mich die Stufen runterführte. Ihm musste irgendeine Idee in den Sinn gekommen sein, sodass er mich so plötzlich wo anders hinführen wollte. Er beeilte sich, seine Schritte waren zügig. Meine Hand wurde fest gehalten, meine Füße schleiften beinahe hinterher. Es war mir ein Rätsel, weshalb wir nicht den Aufzug nahmen, anstatt vom höchsten Stockwerk runterzugehen. Unten angekommen, drehte sich Yami zu mir und versicherte mir; “Nun hast du wieder festen Boden unter den Füßen, Kleiner”. Ich schmunzelte kurz und blickte hinunter. Er wollte mir nichts Böses. Er wollte mir nie etwas Böses. “Aber wir sind noch nicht da!”, fügte er hinzu und nahm mich wieder an der Hand. Wir begaben uns aus dem Stiegenhaus, raus in die Umgebung. Yami stoppte am Parkplatz vor unserer Stiege. Die Welt sah von hier unten so flach aus, und man fühlte sich so klein. Von oben kam es einem so vor, als würde man auf alles und jeden herab sehen können, die ganze Welt. Von oben war die Welt klein und von unten war man selbst klein. Yami stieg auf die Motorhaube eines PKWs und raffte sich von dort aus geschickt aufs Dach des Autos. Er streckte mir seine Hand aus, die ich planlos annahm. Mit seinen starken Armen zog er mich zu sich hinauf. “Und von hier? Wie kommen dir die Sterne von hier aus vor? Weiter weg, nicht wahr?”, wurde ich ruhig gefragt. Wer hätte gedacht, dass sich dieser Mann so sehr für Perspektiven und Ästhetisches interessierte? Eine andere Möglichkeit wäre auch gewesen, dass er sich auf meine Interessen abstimmen wollte. “Sie scheinen weiter weg, unnahbarer, ja”, bestätigte ich und nickte. Gedankenverloren starrte ich in den Himmel und war fest davon überzeugt, dass es dort irgendwo Leben gab. Vielleicht nicht in unserem Sonnensystem, aber weit, weit weg. Intelligentes Leben, das ihre eigene Sprache hatte und seine eigene Kultur. Angeblich gab es nie eindeutige Beweise dafür, aber ich bin der Meinung, dass man diese einfach nur vertuscht hat. Dass die atemberaubenden Fotos und Videos vor uns geheim gehalten werden. Es konnte nicht sein, dass wir die einzigen im Universum waren. Das konnte nicht stimmen und davon war ich fest überzeugt. Sehr fest überzeugt. “Und was hältst du vom Mond?”, Yami blickte ein paar Grade weiter nach links, als ich. Ich schwenkte meinen Kopf und erkannte einen schönen Vollmond. Ich liebe Vollmond. Er sieht so aus, als würde er viele Geheimnisse und mysteriöse Tatsachen in sich halten. Das Leuchten wirkte immer leicht verschwommen, nicht, wie richtiges Licht. Es war etwas verzerrt und vertuscht. Das gefiel mir am Mond. Er war viel verletzlicher und ruhiger, als die Sonne. Sowie ich. “Der Mond ist ästhetischer, als die Sonne”, gab ich abgelenkt von mir und spürte, wie Yami seine Arme um mich legte. Man hörte ein paar Grillen und sah ein paar Ratten auf der Straße. Obwohl es schon sehr spät war, brannten noch Lichter in unserer Stiege und ich fragte mich, was die Leute, die noch wach waren, gerade taten oder dachten. Ob sie ihren Tag gemütlich ausklingen ließen oder ob sie in ihren eigenen Gedanken ertranken, wie ich vor noch nicht all zu langer Zeit. Es war nur einige Nächte her, als ich die Stille der Nacht noch unerträglich fand. Als die Dunkelheit mich verschlang und mich heimrief. Als sich die Angst durch die dünnste Vene meines Körpers bahnte und regelrecht schmerzhaft kitzelte. Das alles war nur einige Nächte zuvor noch Standart. Es war Standart, bevor Yami kam. Bevor er mich liebevoll in den Arm nahm und mir versicherte, dass ich sicher war. Wäre ich runtergefallen, wäre er mitgefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)