Are You Sane, Baby? von Blaubeere20 ================================================================================ Kapitel 26: Ein neuer Anfang | Ryou ----------------------------------- Ich öffnete die Augen und erkannte, dass es schon Morgen war. Als ich mich daran erinnerte, was gestern Nacht passiert war, hatte ich wieder ver Verlangen danach, alles kaputt zu machen und zu zerstören. Ich wusste nicht einmal, welcher Tag es überhaupt war. War noch ganz zerstreut wegen all den Verlusten, die ich in Kürzester Zeit ertragen musste. Anstatt es aber wieder an unschuldigen Objekten oder sogar an Yami auszulassen, beschloss ich, es eine Weile in mir drinnen zu behalten, um nicht das ganze Zimmer zu verwüsten. "Yami?", fragte ich in den Raum, als mir auffiel, dass er nicht da war. "Bitte nicht...", flüsterte ich mir selber zu und ahnte das Schlimmste. Ich dachte daran, was ich gestern sagte. Dass ich im Endeffekt auch noch Yami verlieren würde. Meine Luftröhre verengte sich. Es gab nun keine Möglichkeit mehr, die Wut, die sich in mir staute, still loszuwerden. Voller Wut schmiss ich meinen gesamten Schreibtisch um und fiel schreiend auf die Knie. "Wieso...", wimmerte ich. Plötzlich öffnete sich die Türe und ich konnte nicht richtig identifizieren, wer da gerade vor mir stand. Es war eine Frau, die meiner Mutter verdammt ähnlich sah, jedes Detail passte. Ich hielt inne. "Ryou, was tust du? Hattest du einen Albtraum? Komm essen", sagte sie mit derselben Stimme, die meine Mum hatte. Regungslos blinzelte ich sie an und verstand nicht, was hier vor sich ging. Die Frau schloss die Türe und ging die Treppen hinunter. Verwirrter denn je erhob ich mich und griff mir erst einmal an den Kopf. Ich griff mir meinen Baseballschläger, der in meinem Schrank verstaut war und schlich leise die Treppen hinunter. Ich fühlte mich verwundbar und unsicher in meinem eigenen Haus. Fast ließ ich einen Schrei aus, als ich sah, wie jemand, der meinem Vater ähnelte, am Esstisch mit dieser Frau saß. Der Mann las Zeitung und saß gemütlich auf dem Sessel. "Ryou, hast du neulich wieder Lust auf Baseball bekommen?", fragte er und blickte zu mir herauf. Augenblicklich ließ ich den Gegenstand fallen und rannte voller Furcht in mein Zimmer zurück. Ich wusste nicht, was geschehen ist oder was in dem Moment geschah und was noch alles geschehen würde. Am liebsten wäre ich aus Verzweiflung aus dem Fenster gesprungen. "Ryou, ganz ruhig, ganz ruhig", befahl ich mir selbst un griff aus Reflex an meine Brust, um den Millenniumsring zu fassen, doch der war nicht mehr da. Ich verzog das Gesicht und blickte an mir hinunter - kein Ring. Konnte es sein, dass das alles nur ein Traum war? Ich durchdachte alles noch einmal und kam zur Theorie, dass das da unten wirklich meine echten Eltern waren und ich die Nächte mit Yami nur geträumt hatte. Doch das hätte nicht erklärt, warum mein Vater plötzlich nett war und meine Mutter so wirkte, als wäre ihr nie etwas zugestoßen. Meine Gedanken gerieten aus den Fugen. "Ryou, kommst du frühstücken? Du musst was essen, bevor du in die Schule gehst", die Frau stand in der Tür und beobachtete mich. "Stimmt etwas nicht?", sie näherte sich mir und blickte mich besorgt an. Als ich diese Augen sah, wurde mir bewusst, dass es niemand anderer als meine Mutter sein konnte. Die Augen waren viel zu echt und es hätten keine anderen als ihre sein können. Ich wurde überzeugt. "Ich komme gleich runter...", stammelte ich verwirrt und sah zu, wie sie wieder hinunter ging. Einige Sekunden später bewegte ich mich in die Küche und nahm Platz. "Ist etwas vorgefallen?", wollte mein Vater wissen und legte die Zeitung zur Seite. Es war wie in einem Paralleluniversum; mein Vater war nett zu mir und meine Mutter war nicht tot. Es war eine heile Welt. Mein Herz setzte kurz aus, als ich mich an Yamis Worte erinnerte, dass es seine Aufgabe war, mich in eine heile Welt zu bringen. Ich atmete für eine kurze Zeit nicht mehr. Dad klopfte mir auf die Schultern, ehe ich sagte, dass alles in Ordnung sei. "Alles in Ordnung...", wiederholte ich und starrte leer auf den Tisch. Ich hatte ganz vergessen, wann das letzte Mal in meinem Leben alles in Ordnung war. Es fühlte sich sogar komisch an, diese Worte in dieser Reihenfolge aufzusagen. Ich kannte das Gefühl, sich gut aufgehoben zu fühlen, gar nicht mehr. Ich brauchte erst einmal eine kurze Zeit, um das alles zu verdauen. "Fühlst du dich nicht gut? Willst du heute nicht in die Schule?", Mum sah mich besorgt an. "Schule...", flüsterte ich leise vor mich hin und erinnerte mich an all die Szenarios, die mir widerfahren sind. Das Hänseln der Mitschüler, der ganze Stress und das Gefühl, niemals gut genug gewesen zu sein. Mein Magen verkrampfte sich bei den Gedanken. Hatte ich nicht schon genug Schmerzen erlitten? Mein Vater ließ die Zeitung fallen, stand auf, ging in die Hocke und sah mir ins Gesicht. "Soll ich schnell in die Apotheke?", fragte er und ich bekam fast einen Schock noch dazu, weil ich mir nie vorstellen konnte, dass er mich jemals so liebevoll behandeln könnte. Sein Gesicht mit dieser Stimme gemischt war wie fremd, es war für mich wie etwas, das nicht zusammenpasste. Der kalte, dominante, verachtende Vater war verschwunden und ein neuer, liebevoller kam zum Vorschein. Plötzlich lösten sich all meine körperlichen Beschwerden und ich sah meinem Dad in die Augen und der mir bekannte Hass, der sonst immer in ihm zu sehen war, den konnte ich einfach nicht finden. Egal, wie tief ich in seine Augen sah. Ich zweifelte nicht mehr daran, dass es ein anderer Mensch war. Eine andere Version von ihm. "Es geht schon wieder", ich konnte nicht wegsehen. "Na dann, hopp!", er drückte mir ein bisschen Geld in die Hand und klopfte mir auf die Schulter. "Aber ich bin noch nichtmal duschen gewesen...", stellte ich fest und hatte Angst, zu spät in die Schule zu kommen. Die Türe öffnete sich und ich traute meinen Augen nicht: Yami stand da. Er hatte sportliche Sachen an und einen Rucksack an der linken Schulter runterhängen. "Der Kleine ist ja noch gar nicht mal fertig!", lachte er und schloss die Türe hinter sich. Er näherte sich mir und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich erschrack und blickte ängstlich zu meinen Eltern, die zu meiner Überraschung aber nur in unsere Richtung lächelten. Ich brach in Gelächter aus und fiel Yami um die Arme. Und es war eine heile Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)