Melly oder wie zähme ich meinen Vampir von kateling ================================================================================ Kapitel 19: Kapitel 18: ----------------------- Kapitel 18: Ich liebe Cyr. Dort vor meinem Haus im Schnee kniend gestehe ich es mir selbst ein. Ich liebe ihn. Langsam lösen unsere Lippen sich voneinander. Ich sehe ihm tief in die silbernen Augen. Sein Blick ist viel weicher, als sonst. Nicht so kalt und abweisend. Meine Finger streichen sanft durch seine dunkeln Strähnen. Schneeflocken haben sich in darauf gesammelt und schmelzen jetzt unter meinen Fingern. Schnee… Scheiße! Wir sind ja immer noch draußen! Und Cyr ist so gut wie nackt! Verfluchter Mist! Wie kann man nur so blöd sein und das vergessen?! Ich springe auf und stolpere fast über meine eigenen Füße, so eilig habe ich es. Cyr kniet vor mir im Schnee, den Kopf leicht schief gelegt, die Hand nach mir ausgestreckt. Ich ergreife seine eiskalten Finger. Wie lange haben wir hier draußen im Schnee gesessen? Ich weiß es nicht. Ich ziehe Cyr auf die Beine und Richtung Haus. Er stolpert, bewegt sich ziemlich steif. Aber was erwarte ich auch anderes. Er muss vollkommen durchgefroren sein. Irgendwie schaffe ich es ihn die Treppe nach oben in mein Bett zu bugsieren. Er streckt sich aus und vergräbt sich unter der Decke. Er zittert. „Ich bin gleich wieder da.“ Ich poltere die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Der Tee, den ich Cyr gekocht habe ist inzwischen kalt. Wie lange waren wir da draußen im Schnee? Ich koche eine frische Tasse und gleich noch eine Wärmflasche. Das Chaos hier unten kann ich auch morgen noch beseitigen. Cyr hat sich keinen Millimeter bewegt. Er liegt starr auf meinem Bett und starrt an die Wand. „Cyr…“ Ich flüstere. Irgendwie traue ich mich gar nicht lauter zu reden. Er blinzelt und sieht mich dann direkt an. „Melly…“ Er rutscht etwas zur Seite und schlägt die Decke auf. Ich winde mich aus meiner Nassen Jeans und dem Pullover. In T-Shirt und Unterhose krabble ich neben ihm unter die Decke. Eine Weile liegen wir einfach nur stumm nebeneinander. Ohne uns zu berühren. „Darf ich dir eine Frage stellen?“ Durchbreche ich schließlich leise die Stille. Cyr sieht mich lange durchdringend an und nickt dann. „Wie alt bist du wirklich?“ Er zuckt zusammen und sieht weg. „Das willst du nicht wissen!“ Seine Stimme klingt rau. Warum sollte ich das nicht wissen wollen? Natürlich will ich es Wissen, sonst hätte ich doch nicht gefragt! Ich warte. Vielleicht bekomme ich doch noch eine Antwort. „Drei…“ nuschelt er schließlich. Allerdings verstehe ich ihn nicht. Drei-was? Dreihundert? Das ist sehr unwahrscheinlich. Dann wäre er niemals so mächtig. Aber dreitausend? Ich habe noch nie von einem Vampir gehört, der überhaupt Tausend Jahre alt geworden ist. Geschweige denn Dreitausend. Das ist eine Drei mit drei Nullen. DREI! So alt wird doch keiner! „Dreitausend?“ frage ich entgeistert nach. In der absoluten Überzeugung nach, ich hätte mich verhört. Was ich auch habe, wie er mir beweist. „Dreitausendvierhundertsechsundneunzig!“ Ich bin sprachlos. Geschockt starre ich sein Profil an. Das kann doch nicht wahr sein. Das ist eine unvorstellbar große Zahl. „Drei… Dreitausend…vierhundert…sechs…sechsundneunzig?“ stottere ich schließlich und fahre mir mit beiden Händen durchs Haar. Cyr ist 145-mal so alt wie ich. Er ist ganze dreitausendvierhundertzweiundsiebzig Jahre älter als ich. Das ist doch mal ein Altersunterschied, oder? Da ist das aus der Zeitung mit den zweiundfünfzig, über die sich alle so echauffieren, doch gar nichts. „Ich wurde 1481 vor Christus in Babylonien geboren.“ Vor sage und schreibe dreitausendvierhundertsechsundneunzig Jahren. Ich kann es immer noch nicht glauben. Das ist so lange her. „Waren deine Eltern auch Vampire?“ Cyr schüttelt neben mir den Kopf. „Nur mein Vater. Er war kein geborener Vampir. Er wurde verwandelt, war kaum ein Jahr alt. Er hat meine Mutter geschwängert und sie dann verlassen. Kennen gelernt habe ich ihn erst fast tausend Jahre später.“ Oh scheiße. Ich weiß, dass Vampire Kinder zeugen können. Sowohl untereinander, als auch mit Menschen. Also ist Cyr ein geborener Vampir. Ungleich mächtiger als Gewandelte. „Lebt, lebt dein Vater noch?“ Das wäre… wenn Cyr noch Familie hat, dann… „Nein. Er ist Tot. Er wurde getötet. 44 vor Christus.“ Irgendwoher kommt mir das Datum bekannt vor. 44 vor Christus. Wo habe ich das nur schon einmal gehört. „Caesar?“ frage ich schließlich entsetzt. „Nur einer von vielen Namen, die er in den Jahren seiner Existenz trug. Er war machtversessen. Genau das hat ihn am Ende umgebracht.“ Sein Vater war also Tausendfünfhundert Jahre alt gewesen. So übern Daumen gepeilt. Und etwa fünfzig Jahre lang Gaius Julius Caesar, der römische Heerführer? Welche Leben hat Cyr dann alles geführt? Welche bekannten Personen aus der Geschichte war dann er gewesen? Wie viele Namen er wohl schon getragen hat? „Cyr? Wie heißt du wirklich?“ Er sieht mir zum ersten Mal wieder in die Augen. „Meine Mutter gab mir den Namen Cheiron.“ Sein Name ist also Cheiron. „Und wie kamst du zu Cyr?“ Ich will es wissen. Ich will etwas über ihn wissen. Wir haben uns geküsst. Keine Ahnung ob wir zusammen sind, oder nicht, aber ich möchte etwas über Cyr erfahren. Über meinen Freund. „Ich war einige Zeit in Persien. Dort gaben sie mir den Namen Kurosch aufgrund meiner Stellung. Als ich dann in den lateinischen Sprachraum kam wurde daraus dann Cyrus. Aus Cheiron hat mein Vater durch das Latein Chiron gemacht. Daraus dann Chir. Die Vampire damals haben aus Chir und weil ich von den Menschen Cyrus gerufen wurde irgendwann dann Cyr gemacht. Der Name hat sich in den magischen Kreisen bis heute gehalten. So oft ich meinen Namen schon gewechselt habe. Cyr blieb irgendwie.“ Das ist… unbeschreiblich. Cyr kommt aus Babylon. Hat das persische und römische Reich erlebt. „Hast du Alexander den Großen kennen gelernt?“ Cyr zieht bei meiner Frage die Augenbrauen zusammen. „Wieso?“ Ich zuck mit den Schultern und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „War mein Lieblingsthema in Geschichte.“ Allgemein habe ich Geschichte in der Schule immer gerne gemocht. Und jetzt war ich mit einem Zeitzeugen zusammen. Der dreitausendvierhundertsechsundneunzig Jahre Weltgeschichte miterlebt hat. Irgendwie ist das etwas unheimlich. Was Cyr alles gesehen haben muss. Alle anderen Vampire, die ich bisher kennen gelernt habe sind viele Jahrhunderte jünger. Um ehrlich zu sein, hat von denen wohl keiner überhaupt die Tausend erreicht. Außer Lucian vielleicht. Er scheint auch ziemlich alt zu sein. „Weißt du wie alt Lucian ist?“ Cyrs Muskulatur unter mir spannt sich an. „Zweitausendneunundfünfzig.“ Erwidert er tonlos. Auch ziemlich alt. Aber tausendvierhundertsiebenunddreißig Jahre jünger als Cyr. Deswegen hat er wohl gemeint, dass er mächtiger als Lucian ist und ihn vom Thron stoßen könnte. Nur scheint keiner zu wissen, dass Cyr so alt ist. Außer mir jetzt natürlich. Ich komme immer noch nicht mir den Zahlen klar. Das ist so eine lange Zeit. Da kommt mir plötzlich ein ganz anderer Gedanke. Was ist mit seinen Eltern. Vermisst er sie? Wie viele Beziehungen hat er all die Jahre gehabt? Wie viele Frauen hat er geliebt? Wie viele Kinder hat er in die Welt gesetzt? Wie ist das, wenn man so lange lebt? Da müssten seine Kinder ja ein ganz eigenes Volk geründet haben können? „Ich habe keine Kinder gezeugt. Nie. Ich kann ihnen das nicht antun. Unsterblichkeit ist grausam. Und jetzt hör auf dir darüber Gedanken zu machen!“ Cyrs Stimme schneidet scharf durch die Stille in meinem Schlafzimmer. Mist, ich habe meine Barriere vergessen. Aber ich verstehe es, dass er nicht darüber reden möchte. Es muss ihn an all die Menschen erinnern, die ihm etwas bedeutet haben und die er hat sterben sehen. Und es muss ihn daran erinnern, dass er auch irgendwann einmal mich wird sterben sehen. Ich versuche die Gedanken zu verdrängen, was mir allerdings nur mäßig gelingt. Irgendwann schlafe ich über meine Grübeleien ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)