Melly oder wie zähme ich meinen Vampir von kateling ================================================================================ Kapitel 1: Prolog ----------------- Prolog Mein Name ist Melanie. Melanie Fuller. Aber eigentlich rufen mich alle Melly. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, einen Meter fünfundsechzig groß und habe dunkelblondes, schulterlanges Haar. Ich habe keine besonders auffällige Figur. Bin nicht gertenschlank wie eines dieser Supermodels aus dem Fernsehen. Nein ich habe Busen und Arsch. Nicht dass ich dick bin, oder so. Aber ich bin… kurvig. Ja so kann man es sagen. So alles in allem gehöre ich zum absoluten Durchschnitt. Ich bin eine der Frauen, die Kerle auf der Straße nur mit einem kurzen Blick streifen und im nächsten Moment schon wieder bergessen haben. Außer sie haben mir in die Augen gesehen. Denn meine Augen sind mein auffälligstes Merkmal. Sie sind grün. Und nicht diese braun-grün Gemisch, auf das alle so stolz sind, sondern richtig grün. Woher das kommt, keine Ahnung. Ich habe keinen Plan von Genetik, aber jede Frau in meiner Familie hat so strahlend grüne Augen. Meine beiden Schwestern, meine Mutter, meine Tante, ihre drei Töchter und meine Großmutter. Aber seltsamerweise nur die Frauen. Die Augen meines Bruders sind braun wie die von meinem Vater und die meiner Cousins blau. Deswegen steche ich allerdings nicht wirklich aus der Masse heraus. Ich bin normal. Ich gehe gerne mit meinen Freunden abends einen trinken, bin ein richtiger Sportmuffel. Meine Laufschuhe ziehe ich freiwillig nur an, wenn ich mit meiner besten Freunde durch die Läden ziehe. Immer auf der Jagd nach den neusten Schnäppchen. Dann legen wir aber auch locker mal ein paar Kilometer zurück. Außerdem liebe ich Tiere. Seit einem halben Jahr habe ich jetzt Becca, eine Promenadenmischung aus dem Tierheim, aber zum Knuddeln süß. Also Becca ist ein Hund, für alle, die das Wort Promenadenmischung nicht kennen. Es heißt einfach so viel, dass ich eigentlich keine Ahnung habe was für eine Rasse sie ist, sie ist ein Mischling und heißt eigentlich Rebecca. Aber zum Rufen ist das einfach viel zu lang. Mhh, was mache ich noch gerne. Ach ja, ich koche für mein Leben gerne. Und gut, behaupte ich mal so… zumindest hat sich noch niemand beschwert! Also alles nichts besonderes, wie Milliarden andere Menschen auch. Das einzige was nicht so ganz Mainstream ist, ist wohl mein Job. Ich bin gelernte Krankenschwester. Ja, ja denkt ihr jetzt, was ist daran schon so besonderes? Ist es nichts glaubt mir, das ist auch nur ein Beruf. Aber mein Arbeitgeber… der ist etwas Besonderes. Denn es ist eine Untergrundorganisation. Und nein ich arbeite nicht für das organisierte Verbrechen! Ich bin eine Nachtwächterin. Okay, das klingt jetzt auch nicht nach dem großen Wow-Effekt. Wir Nachtwächter gehören zu einer geheimen Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat das Gleichgewicht der Welt zu wahren. Welches Gleichgewicht? Das Gleichgewicht zwischen magischen und nichtmagischen Wesen. Ich als Mensch gehöre zu den nichtmagischen und das macht es mir schwer. Ich bin für die Dämonen, Vampire, Gestaltwandler, Hexen, Satyrn und allen anderen unerkannt unter uns Menschen lebenden Wesen eine wirklich leichte Beute. Ich habe ihnen nicht wirklich etwas entgegen zu setzten. Dass ich Nachtwächterin wurde habe ich meinem Partner zu verdanken. Und meiner Ausbildung zur Krankenschwester. So von wegen medizinisches Personal können sie nie genug haben. Aber der Hauptgrund ist mein Partner, Cyr. Seien vollen Namen kenne ich nicht. Ich frage mich manchmal, ob überhaupt noch jemand existiert, der seinen Namen kennt. Denn Cyr ist ein Vampir. Ein sehr, sehr alter Vampir. Auch wenn er nicht so aussieht, aber das tun diese Untoten ja nie. Keiner würde ihn älter als fünfundzwanzig schätzen. Cyr ist eins dreiundneunzig groß und wiegt knapp fünfundsiebzig Kilo. Woher ich das weiß? Ich habe seine Akte gelesen. Nicht, dass das besonders viel drinne steht. Ich weiß eigentlich nur das von ihm, was ich in den zwei Jahren, die wir jetzt schon zusammen arbeiten zufällig mitbekommen habe. Er ist schlank, aber muskulös. Nicht diese auftrainierten Muckis aus dem Fitnessstudio. Sein Körper ist eine einzige tödliche Einheit. Sein Haar ist pechschwarz. Er trägt es kurz, nur oben am Kopf ist es länger und manchmal hängen ihm ein paar vorwitzige Strähnen in die Stirn. Sein Gesicht ist makellos und trägt edle Züge. Ein entschlossenes Kinn, hohe Wangenknochen, gerade Nase und perfekte Lippen. Unter fein geschwungenen, strengen Augenbrauen stechen silbrig graue Augen hervor. Der lebendig gewordene Traum jeder Frau. Und auch so manchen Mannes. Ich habe schon den ein oder anderen gesehen, wie er versucht hat Cyr anzugraben. Und es waren nicht alle schwul gewesen. Keiner kann ihm widerstehen und erstrecht nicht, wenn er es darauf anlegt zu verführen. Okay da bin ich, aber das ist etwas anderes. Ich bin absolut immun gegen jegliche Manipulation meines Geistes oder meiner Gefühle. Fragt mich nicht warum, aber Cyr meint es läge an meinem starken Willen. Ja, ja der Wille einer Frau… wir bekommen immer was wir wollen, auf die ein oder andere Art… Was wollte ich jetzt eigentlich? Ach ja… ich sehe das kalte und grausame Gesicht des Vampirs hinter seinem charmanten Lächeln. Cyr hält nicht viel von Menschen und schon gar nicht von Frauen. Sein Äußeres ist schlicht und einfach eine Überlebensstrategie der Natur. So wie diese komische Fliege, die eine Biene nachahmt um nicht gefressen zu werden. Schwebfliege, heißen die oder so ähnlich. Vor Jahrzehnten, als Vampire sich wirklich noch von Blut ernährten, war es sicherlich von Vorteil, dass sie ihre Beute anzogen wie das Licht die Mücken. Aber jetzt in Zeiten des Kunstblutes… Und Cyr ist definitiv kein Playboy. Solange ich ihn kenne hat er nie auch nur eine Frau oder auch einen Mann erwähnt. Vielleicht ist er einfach untervögelt? Können Vampire überhaupt? Blöde Frage! Ich bin in meinem zweiten Einsatz in eine vampirische Sexorgie gestolpert. Also können sie definitiv. Aber Empfinden Vampire dabei ähnlich wie wir Menschen? Mhhh… das wäre sicherlich eine Frage wert. Wenn Cyr mir jemals eine Frage nach seinem Privatleben beantworten würde. Schon wenn ich nur wissen will was es bei ihm gestern zum Abendessen gab, schaut er mich an, als wollte er mir die Kehle durchschneiden. Vielleicht kommt seine ständige schlechte Laune auch von dem Kunstblut. Denn gelinde gesagt schmeckt es einfach nur scheußlich! Ich habe es probiert und wenn ich das schon schlimm finde, wie muss es dann erst Cyr gehen, dessen Sinne wesentlich schärfer sind als die meinen? Doch auch diese Frage wird er mir wohl nie beantworten. Cyr ist ein Einzelgänger, wie er im Buche steht. Abweisend und verschlossen. Wenn ich mich nicht an ihn kletten würde, nähme er mich wohl nicht mal zu unseren gemeinsamen Aufträgen mit. Dabei hat er ich mich als Partnerin doch ausgesucht. Diese Entscheidung verstehe ich bis heute nicht. Ich bin nur ein stinknormaler Mensch, vielleicht mit einem ziemlich starken Willen, wenn Cyr recht haben sollte. Was keineswegs bewiesen ist. Aber eben doch nur ein Mensch. Das erste Mal das wir uns begegnet sind ist jetzt zwei Jahre her. Cyr war auf der Jagd, ich habe ihn nicht einmal gesehen. Bin ihm allerdings unbewusst ausgewichen. Und genau das ist es, was ihn auf mich aufmerksam gemacht hat. Denn ich habe mich entgegen meiner menschlichen Natur verhalten. Immerhin suchen wir normalerweise seine Nähe. Tja von da an verfolgte er mich, bis die Organisation mich auflas und durchcheckte. Ich habe keine Gabe. Nichts, was Cyrs Faszination erklären könnte. Er wollte mich trotzdem als Partnerin. Und dafür trainieren wir täglich. Diese Einheiten sind brutal, schlauchend und meistens einfach nur deprimierend. Und das sage ich nicht nur, weil ich ein bekennender Sportmuffel bin! Okay vermutlich rettet mir das Training im Einsatz das Leben. Was noch lange nicht heißt, dass ich die Kämpfe gegen Cyr mögen muss. Natürlich habe ich gegen ihn nicht die geringste Chance. Er ist schneller, wendiger und stärker. Trotzdem tut er sich das Tag für Tag an. Meine Unzulänglichkeit, wie er es immer so schön nennt. Aber irgendwie sind diese zwei Stunden der einzige Zweitpunkt, zu dem ich Cyr einigermaßen locker erlebe. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass es ihm Spaß macht. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass er mich immer wieder auf die Matten des Trainingsraumes werfen und mir dann meine Unzulänglichkeit vorhalten kann. Aber es ist auch der einzige Moment in dem ich ihm nahe komme, ihn berühre. Manchmal frage ich mich ob Cyr nicht einsam ist. Wenn er bereits Jahrhunderte erlebt hat… hat er dann nicht auch immer und immer wieder diejenigen, die ihm nahe standen altern, leiden und sterben sehen? Ist er deswegen so verschlossen? Auch das sind Fragen, die wohl unbeantwortet bleiben werden, falls ich überhaupt den Mut finden sollte, sie zu stellen. Da frage ich ihn ja noch lieber nach seinem Sexleben. Oder noch besser lasse mich von der schwarzen Witwe fangen, die wir jagen sollen. Mein Blick schweift zu Cyr, er starrt konzentriert aus dem Fenster des schwarzen Sportwagens und lenkt ihn sicher durch den Verkehr. Warum mache ich mir überhaupt so viele Gedanken, ich sollte mich wieder mit dem Fall beschäftigen. Jede kleine Ablenkung könnte uns… oder eigentlich nur mich im Einsatz das Leben kosten. Ich richte meine Augen wieder auf die Akten in meinem Schoß. Eine schwarze Witwe also… Kapitel 2: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1: Mit Cyr zu tanzen ist irgendwie komisch. Schon alleine, dass ich ihn dann anfassen darf. Meine Hände liegen auf seinen Schultern und er hat mich nah an sich gezogen. Nichts Außergewöhnliches für unsere Arbeit, wir spielen des Öfteren ein liebendes Paar. Aber noch komischer ist es, wenn er mal wieder über meinen Kopf hinwegsieht. Okay ich bin es ja gewöhnt, dass die Männer über mich hinweg schauen. Aber nicht wenn ich zehnzentimeterhohe High-Heels trage. Cyr ist trotzdem fast zwanzigzentimeter größer. Mein Blick fährt über seinen schlanken durchtrainierten Körper in dem schlichten schwarzen Smoking. „Und siehst du sie?“ Sie. Unser Zielobjekt. Seine grauen Augen blicken kurz zu mir und schweifen dann zurück zu einem der Gäste. „Blonde Locken. Etwa deine Größe. Fast schwarze Augen. Sie scheint die Männer um sich zu scharren.“ Seine dunkle Stimme schickt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Er klingt genervt. Ich weiß, dass er nur ungerne den Lockvogel spielt, aber diesmal ging es nicht anders. Unsere Zielperson ist eine schwarze Witwe. Eine männermordende Dämonin. Und Cyr war definitiv ein Mann und attraktiv genug um eine schwarze Witwe anzulocken. „Dann misch dich mal unter ihre Bewunderer!“ flüstere ich nahe seinem Ohr und fahre ihm mit der linken Hand durch die goldenen Locken in seinem Nacken. Der Vorteil eines Vampirs. Er kann sein Aussehen jederzeit und nach Belieben ändern. Nur seine Augen bleiben immer die gleichen. „Bleib in der Nähe!“ Damit löst Cyr sich von mir und verschwindet in Richtung des anderen Saalendes. Ich schlendere zum aufgebauten Büffet und nehme mir eine der vielen bunten Pralinen. Genüsslich beiße ich in die zarte Schokolade und wende mich der Gruppe zu, der sich Cyr gerade angeschlossen hat. Etwa zehn Männer umgarnen eine zierliche Blondine in einem blutroten Abendkleid. Wie passend. In ihren dunklen Augen steht blanke Gier und diese ist vordergründig auf Cyr gerichtet. Unauffällig sehe ich immer wieder zu der Gruppe hinüber, während ich an einem Glas Champagner nippe und mir noch ein paar Pralinen schnappe. Der Wein ist echt gut. Schade dass ich nicht viel trinken kann. Aber wenn Cyr gejagt hatte, fuhr besser ich den Wagen. Es dauert eine ganze Weile bis die Witwe Cyr und einen schlaksigen Jüngling mit braunem Haar. Richtung Tür führt. Auch das ist nach Plan und das gewohnte Vorgehen der Dämonin. Sie lässt ihre beiden ausgewählten Freier um ihre Gunst kämpfen. Einer stirbt sofort, der andere kommt vor seinem Tod auf seine Kosten. >Fünf Minuten< Cyrs Stimme in meinem Kopf. Eine weitere seiner Gaben. Manchmal ist es nervig, dass er jederzeit in meinen Kopf eindringen kann. Aber im Einsatz hat diese Art der Kommunikation definitiv ihre Vorteile. >Pass auf. Das Bürschchen scheint zu allem bereit!“ Antworte ich und merke mir durch welche Tür sie den Saal verlassen. Die Gruppe Männer, die sich gerade noch um die schwarze Witwe gescharrt hat, löst sich auf. Ich seufze leise und streiche eine imaginäre Falte meines hellblauen Kleides glatt. Eigentlich hasse ich Kleider. Zumindest wenn ich sie bei der Arbeit tragen muss. Habt ihr schon mal versucht einen Dämon in einem hautengen Kleid und halsbrecherisch hohen Schuhen zu jagen? Das ist lebensgefährlich! Aber diesmal wird es keine Jagd geben. Zumindest nicht, wenn Cyr seinen Job ordentlich macht. Langsam mache ich mich daran der Spur meines Partners durch das große Anwesen dieses reichen Schnösels auf dessen Party wir hier waren. Die Richtungsweiser, die Cyr hinterlassen hat sind unauffällig und winzig. Jeder andere würde sie übersehen. Aber nach fast zwei Jahren als seine Partnerin kenne ich seine Handschrift. Und so stehe ich keine zwei Minuten später vor einer dunklen Holztür. Ich lausche an der Tür. Einfach hineinzuplatzen war keine gute Idee. Ich könnte sonst wo rein geraten. In einen Kampf zum Beispiel. Aber hinter der Tür ist es still. Außerdem ist die Zeit rum. Vorsichtig schiebe ich die Tür auf. Okay, scheint ganz sicher zu sein. Also stoße ich die Tür endgültig auf und bleibe etwas überrascht im Rahmen stehen. Cyr sitzt mit angezogenen Beinen an der Wand und starrtauf die zu langsam zu Asche zerfallende Leiche der Witwe. Der junge Bursche liegt auf der anderen Seite des Zimmers. Ein nur spärlich möbliertes Gästezimmer. Der Junge zuckt sich nicht. „Du bist spät!“ Seine Stimme war seltsam. Dunkel, rau. Er knurrte fast schon. Erst jetzt wird mir bewusst, dass seine Haare wieder kurz und pechschwarz waren. Vorhin waren sie noch lang, blond und lockig. Was wohl bedeutet, dass hier etwas faul ist. Ich gehe neben Cyr auf die Knie. „Was ist los? Ist irgendetwas passiert...? Besser was ist passiert?“ Er sieht mich mit leeren Augen an und zieht dann seinen Smoking ein wenig zur Seite. Sein weißes Hemd ist blutgetränkt. Scheiße. Mein Blick fährt zu seinen Augen. Ausdruckslos. Kalt. „Sie hat sich gewehrt.“ Fluchend sehe ich mich in dem Zimmer um und gehe dann zu dem Kleiderschrank. Ein paar T-Shirts. Sieht aus, als hätte sie jemand hier vergessen. Ich nehme eines, gehe zurück zu Cyr und drücke das zusammengefaltete Kleidungsstück auf seine Seite. Er zieht scharf die Luft ein. „Festhalten!“ Ich nehme das Tuch von meinen Schultern. „Kannst du den rechten Arm heben?“ Er reagiert nicht. Also ist seine Schulter auch verletzt. Da mir nichts anderes über bleibt wurschtele ich das Tuch irgendwie unter seinen Armen durch und ziehe es fest, dass Cyr kurz die Augen zusammen kneift und wimmert. Dieses Geräusch… So voller Schmerz… Ich hebe die Hand und streiche ihm tröstend über die Wange. Eine Berührung auf persönlicher Ebene. Ich weiß nicht was mich dazu treibt. Ich habe ihn noch nie so berührt. Was ist auf einmal mit mir los? Habe ich etwa Schuldgefühle, weil ich nicht da war? Darüber sollte ich mir vielleicht später Gedanken machen. Cyrs Wunde sollte schnellstmöglich ordentlich versorgt werden. Auch wenn sie für einen Vampir nicht tödlich ist, so doch bestimmt verdammt schmerzhaft. „Was ist mit dem Jungen?“ frage ich und schließe Cyrs Smoking vorsichtig. „Wir sollten ihn mitnehmen! Er hat zu viel gesehen!“ Und wie stellt er sich das bitte vor? Der Junge ist doch nicht einmal bei Bewusstsein. Falls er überhaupt unverletzt ist. „Und wie stellst du dir das vor?“ Er stemmt sich schwerfällig hoch, ich greife ihm unter den gesunden Arm. Er schaut mich böse an, sagt aber nichts. Also lasse ich ihn auch nicht los, als er zu dem Jungen hinüber geht. Ich schaue hinab in ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und etwas schiefer Nase. Sein dunkles braunes Haar ist wirr. Cyr sieht mich einen Moment an, dann schließt er kurz die Augen. Als er sie wieder öffnet sind sein Haare wieder blond und er der reiche Playboy Richard Colt. Dann stößt er den Burschen mit der Schuhspitze an. Er stöhnt, dann flattern seinen Augenlieder. Strahlend blaue Augen leuchten zu uns herauf. „Wo ist Delilah?“ Verwirrt sehe ich ihn an, während er sich etwas ungelenk erhebt und sich suchend umblickt. „Sie hat sich unentschieden. Sie ist nicht weiter an dir interessiert!“ Cyrs Stimme ist hart. Aha, Delilah war also die Witwe. Passend, denn der Name Delilah bedeutet verführerisch. Wirklich passend. „Klar!“ Die Stimme des Burschen klang spöttisch. „Delilah war definitiv mehr an mir interessiert, als an ihnen!“ Ohoh ich sehe wie Cyrs Blick sich bei den Worten verdunkelt. „Das glaubst auch nur du! Du kommst mit mir mit!“ Knurrt Cyr und dreht sich zur Tür. Der Junge folgt ohne irgendein Gegenwort. Tja, Cyr lässt seinen vampirischen Charme spielen. Ich blicke zu ihm auf, noch immer bei ihm eingehakt. Zum Glück ist nichts von den Blutflecken zu sehen, bei geschlossenem Smoking. „Schaffst du es durch den Vordereingang?“ Ein träges Lächeln umspielte seinen Mund. Halb ausgefahrene Reißzähne blitzenzwischen seinen Lippen. Wir sollten uns beeilen! Kapitel 3: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2: Wir kamen ohne Probleme aus dem Anwesen. Der Gastgeber war zwar enttäuscht, dass wir schon so früh gehen, aber was soll man machen… Außerdem ist es zwei Uhr nachts als wir in den schwarzen Sportwagen steigen und ich den Motor starte. Ich sehe zu Cyr, der sich auf dem Beifahrersitz niedergelassen hat. „Alles in Ordnung?“ Er sieht mich nicht an, antwortet nicht. Klasse, selbst wenn er verletzt ist ignoriert er meine Fragen. Echt Spitze! Der Bursche auf der Rückbank schweigt und starrt noch immer irgendwie verklärt zu Cyr. Vampirischer Charme, ich sags ja. Gott wie nervig. Gut das die Fahrt bis zum Quartier der Organisation nicht so lange dauert. Ich lenke den Wagen in die Tiefgarage und stelle ihn auf dem vorgesehenen Platz ab. „Aussteigen!“ Faucht Cyr den Burschen an. Es war ein richtiges Fauchen. Verwaschen, hart und kaum menschlich. Ich sehe ihn erschrocken an. Er beißt die Zähne zusammen und sieht mich an. „Bringst du ihn rein! Ich gehe zum Arzt!“ Jetzt klingt er klarer, aber immer noch etwas geknurrt. „Nein!“ Erkläre ich hart. Das ist totaler Blödsinn, außerdem wäre das für Cyr eine Chance dem Arztbesuch und dem Aufenthalt in der Krankenstation zu entgehen. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen. „Ich werde dich in die Krankenstation begleiten! Und dann den Jungen wegbringen!“ Ich steige aus und gehe dann um das Auto herum um ihm die Tür zu öffnen. Cyr sieht wütend aus, seine grauen Augen blitzen regelrecht. Okay, das muss ich mir merken. Reize keinen verletzten Vampir. Egal jetzt ist es eh schon zu spät. „Komm!“ Ich versuche meine Stimme so beruhig wie möglich zu halten, trotzdem habe ich Angst. In seinem jetzigen Zustand ist Cyr unberechenbar. Cyr steigt aus dem Wagen. Seine Bewegungen sind lauernd und fließend. Wenn ich es nicht gesehen hätte, würde ich niemals denken er wäre verletzt. Ich gehe an ihm vorbei und öffne die hintere Tür des Autos. Da wo der Bursche sitzt. Cyr hebt das Kinn ein wenig, er schnuppert. Seine voll ausgefahrenen Eckzähne blitzen zwischen seinen geöffneten Lippen. Scheiße. Schnell nehme ich die Spritze, die ich neben meiner Pistole im Oberschenkelholster stecken habe und steche dem Burschen in den Hals. Ein Beruhigungsmittel. Klar so geplant war das nicht. Ich wollte den Burschen eigentlich gleich mit nehmen. Aber in seinem momentanen Zustand ist Cyr eine tickende Zeitbombe. Wenn ich den Jungen mitnehme und nur eine Sekunde unaufmerksam bin kann das unseren Tod bedeuten. Denn Cyr ist gefährlich, besonders jetzt wo seine Natur ihn dazu zwingt Blut aufzunehmen. Da ist es egal, dass er eigentlich nur Kunstblut zu sich nimmt. Jetzt ist sein Verlangen nach Blut verdammt stark. Ich lasse ihn keine Sekunde aus den Augen, während ich das Auto abschließe. „Geh vor!“ Seine grauen Augen brennen sich in meine. In ihnen steht blanke Gier. Hunger nach meinem Blut. Ich erwidere seinen Blick, auch wenn ich am liebsten zurückweichen und wegrennen würde. Meine Hände sind eiskalt und zittern. Ich kralle meine Finger in die Falten meines Kleides. Keine Schwäche zeigen. Denn wer Schwäche zeigt ist tot. Die erste Lektion, die Cyr mir beigebracht hat. Vielleicht auch um mich vor sich selbst zu schützen. Bestimmt. Innerlich lache ich über mich selbst. Als ob Mein Leben irgendetwas für ihn bedeuten würde. Plötzlich sehe etwas in seinen Augen flackern. Seine lauernde Haltung lässt ein wenig nach, dann dreht er sich um und geht auf die Tür der Tiefgarage zu. Ich folge ihm. Wachsam. Als er die schwere Tür aufzieht sehe ich wie sein Blick sich wieder verändert. Der Schmerz weckt den Vampir, der nach Blut verlangt um wieder zu Kräften zu kommen. Nach meinem Blut. „Geh weiter!“ Ich lege alle Autorität in meine Stimme, die ich habe. Cyr faucht wütend. Ich weiche nicht zurück, sehe ihn eindringlich an. Ein Schauer läuft durch seinen Körper. Ich sehe wie er um seine Selbstbeherrschung kämpft. Er schwankt umklammert seinen verletzten Arm. Ich taste nach meiner Waffe. Wenn er die Kontrolle endgültig verliert werde ich schießen müssen. Cyr fährt herum. Ich reiße die Pistole hoch. Er stürzt sich auf mich. Ist bei mir bevor ich überhaupt abdrücken kann. Sein Körper presst sich fest gegen meinen. Seine linke Faust donnert neben meinem Kopf gegen die Betonwand der Tiefgarage. Ich sehe direkt in seine grauen Augen. In ihnen tobt ein Sturm. Seine Kiefer mahlen aufeinander. Er sagt irgendetwas. Zu verwaschen in seinem Fauchen, als dass ich ihn verstehen kann. Ich bin wie gelähmt. Der Lauf meiner Waffe liegt direkt über seinem Herzen. Wenn ich jetzt abdrücke werde ich ihn töten. Die magischen Kugeln die ich verwende können keinen Vampir töten, außer ich schieße ihm direkt ins Herz. Cyr senkt langsam den Kopf. Sein Blick liegt auf meinem freien Hals. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Macht es nicht besser. Er beobachtet meinen Puls. Seine Nasenflügel beben. Ich kann abdrücken… Nur eine kleine Bewegung meines Fingers… Ich kann nicht. Ich kann Cyr nicht einfach so töten. Ich kann einfach nicht. Langsam löst sich meine Hand von dem Griff der Pistole. Sie donnert zu Boden. Ich atme tief durch. Selbst wenn Cyr mich beißt heißt das nicht, dass er mich gleich töten wird. Cyr tötet nie ohne einen guten Grund. Ich schließe meine Augen. Konzentriere mich voll und ganz darauf mich zu beruhigen. Ich vertraue Cyr bei jedem Angriff mein Leben an, warum also auch nicht jetzt. Bin ich jetzt vollkommen bescheuert? Ich stehe hier unbewaffnet vor einem Vampir, einem verletzten Vampir? Einem ausgehungerten, verletzten Vampir! Ich bin lebensmüde. Er wird mich töten. Ich spüre wie Cyr sich noch näher an mich presst. Seine glatten Lippen legen sich auf meinen Hals. Hauchzart. Irgendwie… sanft! Mein Puls schießt sofort wieder in die Höhe. Ich atme tief ein und aus. Versuche mich zu beruhigen. Für Panik ist es definitiv zu spät! Cyr murmelt wieder etwas, während er seine Nase in meinem Haar vergräbt. Warte. Ich dachte er würde mich gleich beißen?! Ich reiße überrascht die Augen auf. Seine Schultern wirken irgendwie entspannter als noch vor ein paar Minuten. Hilfe was ist denn jetzt passiert? „Lavendel!“ Seine Stimme ist noch immer mehr Fauchen als alles andere. Aber ich versehe was er sagt. Trotzdem verstehe ich den Sinn nicht. „Was?“ frage ich definitiv zu atemlos. „Du riechst nach Lavendel!“ Cyrs Worte klingen völlig irrational. Was labert er da gerade? Geht es wirklich um mein Parfüm? „Ich mag deinen Duft. Irgendwie… beruhigend!“ Was zum Teufel? Hat mein Parfüm ihn jetzt etwa davon abgehalten mich zu beißen? Ganz langsam löst er sich von mir und tritt einen Schritt zurück. Jetzt stütz er seinen verletzten Arm wieder mit der gesunden Hand. „Danke, dass du nicht geschossen hast!“ murmelt er und weicht meinem Blick aus. Ohne ihn aus den Augen zu lassen hebe ich meine Waffe auf. „Danke, dass du mich nicht gebissen hast!“ erwidere ich unsicher und verstaue die Pistole wieder in ihrem Holster. „Lass uns in die Krankenstation gehen!“ Wortlos gehen wir nebeneinander durch die leeren Gänge. Ich spüre Cyrs Nähe. Mein ganzer Körper kribbelt noch immer. Dann kommen wir in einen belebteren Teil des Gebäudes. Als die anderen Cyr sehen, weichen sie zurück. Alle spüren seine mangelnde Kontrolle. Sie sehen mich entsetzt an. Ich bin ein Mensch, wage mich in seine Nähe. Ich werfe den Schlüssel einem der Flurwächter zu. „Menschlicher Zeuge betäubt im Wagen.“ Er versteht was ich meine und er wird sich darum kümmern. Weil ich als Cyrs Partnerin ein Sonderstellung habe und weil ihm gerade jetzt keiner in den Weg kommen will. Dann erreichen wir die Krankenstation. Die Schwester am Tresen sieht Cyr entsetzt an. „Raum eins!“ piepst sie und springt von ihrem Stuhl auf. „Ich hole Mirko!“ Und schon ist sie verschwunden. Ich folge Cyr in den genannten Raum. Ein Behandlungszimmer mit Liege, Regalen und einem Bett. Er setzt sich auf die Liege, öffnet den Knopf seines Smokings. Ich gehe zu ihm und helfe ihm beim Ausziehen. Er zieht scharf die Luft ein. Meine Hand wandert wie ferngesteuert zu seiner Wange und streicht sanft darüber. Ein Räuspern lässt mich zurückzucken. In der Tür steht Mirko. Der leitende Arzt. Ein Heiler. „Cyr!“ Er tritt auf meinen Partner zu und legt ihm ohne Vorwarnung die Hand auf die Stirn. Cyr faucht und versucht auszuweichen. Doch Mirko ist mit seiner Untersuchung bereits fertig. „Melly, hilf ihm beim ausziehen, dann leg dich hin, Cyr!“ Ich folge den Anweisungen. Während Mirko alles vorbereitet. Als ich von der Liege zurückweichen will, schließt sich Cyrs unverletzte linke um mein Handgelenk. Mein Blick fährt über seinen nackten Oberkörper. Seine Schulter ist blau verfärbt und hat einen seltsamen Höcker. Ausgerenkt, deswegen wollte er vorhin den Arm nicht heben. Er kann es gar nicht. Über seine Flanke zieht sich ein klaffender riss von knapp unter der Brustwarze bis fast zum Becken. Die Wunde blutet noch immer leicht. Mirko tritt neben mich. Sein Blick aus tiefschwarzen Augen fällt auf Cyrs Hand, die meinen Arm umklammert hält. Er greift nach Cyrs rechtem Arm. Vorsichtig, trotzdem zuckt er zusammen. „Du kennst das Spiel ja! Es ist nicht das erste Mal, dass ich dir die Schulter einrenke!“ Er wartet nicht auf Cyrs zustimmendes Nicken. Zwei kurze Handgriffe, ein knirschendes Geräusch und schon ist es vorbei. Cyr packt mein Handgelenk noch fester, als der Arzt sich jetzt seiner Seite zuwendet. Ich winde mich. Das tut weh. Cyrs schmerzverschleierte Augen sehen mich irgendwie flehend an. „Nimm meine Hand!“ flüstere ich leise, Cyr gehorcht und drückt auch nicht mehr so fest. Mirko desinfiziert die Wunde, näht und verbindet sie. Dann nimmt er ein Glas mit einer dunkelroten Flüssigkeit und hält sie Cyr hin. „Trink!“ Kurz zögert der Vampir, dann gehorcht er. Mirko hilft ihm noch in eine Armschlinge und kommandiert ihn dann in das Bett. Ich sehe wie Cyr vergeblich versucht die Augen offen zu halten. Seine Hand in meiner entspannt sich. Mirko sieht nickend auf ihn hinab und sieht mich dann fragend an. „Bist du in Ordnung?“ Ich nicke nur. Und streiche mir ein paar wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Cyr schläft jetzt für mindestens zwei Stunden! Du hattest es nicht leicht mit ihm, oder?“ Ich atme tief durch. Nein. Er hätte mich fast gebissen. Hat er aber nicht! Ich sehe noch mal auf meine Partner hinab. Auf sein entspanntes Gesicht und das wirre Haar. „Ging schon. Ich schreibe meinen Bericht und komme dann wieder her.“ Irgendetwas sagt mir, dass ich Noch einmal nach Cyr sehen sollte bevor ich für diese Nacht nach Hause fahre. Kapitel 4: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3: „Verdammt, Cyr! Das meinst du doch nicht ernst oder?“ Ich sehe den Vampir entsetzt an. Als ich vor zwei Minuten das Krankenzimmer betreten habe, saß er auf der Bettkante und zieht sich an. Oder versucht es, trifft es wohl eher. Seine grauen Augen sehen mich aufs äußerste entschlossen an. Er will doch tatsächlich nach Hause. Alleine. Trotz der Verletzungen, die es ihm kaum erlaubten sich zu bewegen. „Hier bleibe ich bestimmt nicht!“ kurte er und greift nach seinem blutgetränkten Hemd. Ich nehme es aus seiner Reichweite und werfe es in den Mülleimer neben der Tür. Jetzt funkelt er mich wütend an, ich erwidere seinen Blick ernst. Als ob er die Klamotten von heute noch einmal hätte anziehen können. Aber nur in schwarzen Boxerbriefs und dem großflächigen Verband um seine Brust und die rechte Schulter kann ich ihn auch nicht herum laufen lassen. Denn es würde ihn definitiv nicht davon abhalten herum zu laufen. Fordernd strecke ich meine Hand aus. „Gib mir deinen Spindschlüssel! Ich hole dir Wechselklamotten!“ Fünf Minuten später sitzt er in Jogginghose und einem dunkelblauen T-Shirt vor mir. Ich habe gerade die letzte Schlinge seines Gilchrist-Verbands festgezogen, da springt er schon auf. Kurz verzieht er das Gesicht und verlässt dann wesentlich langsamer das Zimmer. Ich ihm direkt auf den Fersen. Vielleicht kann ich ihn doch noch irgendwie zur Vernunft bringen. Auf dem Flur begegnen wir Mirko. Seine dunklen Augen liegen tadelnd auf Cyr. „Du brauchst mich gar nicht so ansehen! Mit diesen Verletzung lasse ich dich bestimmt nicht alleine nach Hause.“ Ich sehe wie Cyr sich verkrampft und lege meine Hand behutsam auf seinen gesunden Arm. „Er kommt mit zu mir!“ Die Überzeugung im meiner Stimme… Ich habe keinen Plan woher die kommt. Cyr lässt sich ja sowie so nichts vorschreiben. Und ich habe bereits jetzt ein schlechtes Gewissen. Immerhin war das eine glatte Lüge. Cyr würde niemals mit mir mit kommen. Und eigentlich ist mir das ganz recht. Auch wenn er mich nicht gebissen hat, war das vorhin wirklich gruselig. Der Arzt sieht fragend zu meinem Partner. „Ist das die Wahrheit Cyr?“ Er will bestimmt widersprechen. Ich weiß es. Dann allerdings nickt er nur. Okay… Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Er hat sicher nur zugestimmt um ohne Diskussion an Mirko vorbei zu kommen! „Gut, aber Cyr… Kein Training, keine größere Belastung für deine rechte Schulter! Ich komme alle zwei Tage vorbei! Wenn du dich nicht an die Regeln hältst und dich nicht ausruhst bist du schneller wieder hier als du denkst!“ Das sind keine leeren Drohungen und Cyr weiß das. Er nickt zur Bestätigung. „Okay, dann hole ich dir schnell die Schmerzmedikamente und dann könnt ihr gehen!“ Kurz verschwindet der Arzt und kommt kurz darauf mit zwei Packungen Tabletten zurück. Cyr nimmt sie wortlos entgegen und stopft sie in seine Hosentasche. Auf dem Weg in die Tiefgarage sprechen wir kein Wort. Unten angekommen gehe ich entschlossen auf meinen Wagen zu. Ich spüre Cyrs durchdringenden Blick in meinem Rücken. „Fährst du mich nach Hause?“ Ich drehe mich zu ihm um und schüttele langsam den Kopf. „Nein Cyr! Ich habe das ernst gemeint! Du kommst mit zu mir!“ Einen Versuch ist es zumindest wert. Lange sieht er mich einfach nur an. Er ist blass, noch blasser als sonst. Und er wirkt erschöpft. Auffordernd öffne ich die Beifahrertür. Er zögert, steigt dann überraschenderweise ein. „Okay, aber ich brauche ein paar Dinge aus meiner Wohnung!“ Das macht mich sprachlos. Habe ich richtig gehört? Wie erstarrt stehe ich neben dem Wagen. „Kommst du jetzt oder muss ich es mir anders überlegen?“ Seine Worte reißen mich aus meiner Starre. Verwirrt gehe ich um das Auto herum. Was ist mit Cyr los? Er will wirklich mit zu mir kommen? Ich steige ein und sehe ihn musternd an. „Geht es dir wirklich gut genug?“ Sein Gesicht verfinstert sich und er legt die Hand irgendwie schützend auf seine rechte Seite. „Melly, ich sage es nur einmal! Ich hasse die Krankenzimmer da drin. Mir ist alles Recht um da raus zu kommen!“ Wortlos starte ich den Wagen und lenke ihn hinaus auf die Straße. Ich verstehe Cyr. Die sterilen unpersönlichen Krankenzimmer… Wirklich keine angenehme Atmosphäre um sich zu erholen. Und wir sind Partner. Auch wenn wir nicht wirklich Freunde sind und ich um ehrlich zu sein etwas Angst vor ihm habe, werde ich ihn unterstützen. Ich parke vor dem Mietshaus in dem Cyr seine Wohnung hat. Im siebten Stock, ohne Aufzug, wenn ich mich richtig erinnere. Ob das noch aktuell ist, keine Ahnung! Ich habe ihn nur einmal ganz am Anfang unserer Partnerschaft mal an der Wohnungstür abgeholt. Allerdings auch damals sein privates Reich nicht betreten. Cyr schnallt sich ab und stemmt sich sichtlich mühsam aus dem Wagen. Ich folge ihm langsam. Schon die zwei Stufen zur Haustüre scheinen ihm schwerzufallen. Ich nehme ihm seinen Hausschlüssel aus der Hand. „Warte im Auto. Mit den Wunden sind die sieben Stockwerke Treppen zu viel des guten. Ich rufe dich auf dem Handy an, wenn ich oben bin. Dann kannst du mir sagen, was du brauchst.“ Er beißt sich auf die Unterlippe und schließt für ein paar Millisekunden die Augen, dann gibt er nach. Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, dass Cyrs Verletzungen schwerer sein mussten, als alle vorhergegangenen. Ich habe ihn noch nie so nachgiebig und fügsam erlebt. Vielleicht sollte ich ihn nicht zu lange alleine lassen. Fast schon im Dauerlauf erklimme ich die Stufen und komme nur minimal außer Atem in seiner Wohnung an. Ich muss sagen, das Training bringt doch etwas. Der Schlüssel klemmt etwas, dann betrete ich einen sauberen, aufgeräumten Flur. Aufgeräumt ist falsch. Leer, der Flur ist einfach nur leer. Keine Pflanzen, kein Foto, keine Dekor, nichts. Der einzige Gegenstand ist ein schwarzer Wintermantel an einem einzigen Haken. Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und wähle Cyrs Nummer. Nach dem dritten Klingeln hebt er ab. „Okay, ich bin jetzt in deiner Wohnung!“ Naja nicht ganz, also trete ich über die Schwelle und schließe die Wohnungstür hinter mir. „Rechts ins Schlafzimmer!“ Ich folge seiner knappen Anweisung. Dunkles Holz, schwarze Laken. Bis auf Schrank und Bett ist das Zimmer leer. Er wirkt alles irgendwie…unbewohnt. „Oben auf dem Schrank ist eine Sporttasche. Such dir einfach ein paar Klamotten aus!“ Ich öffne die erste Tür. Schwarze Jeans, Jogginghosen und nur graue und schwarze T-Shirts. Ernsthaft hier gibt es nicht einen einzigen Farbkleks. Kopfschüttelnd klemme ich mein Handy zwischen Schulter und Ohr und packe genug für zwei Wochen ein. ich glaube kaum, dass Cyr so viel länger bleiben wird. Hinter der Doppeltüre finde ich Anzüge und Hemden. Ordentlich in Reih und Glied nach Farbnuance sortiert. Hier gibt es immerhin das ein oder andere dezente blau. Ich greife nach fünf Hemden in Weiß, grau und hellblau. Zumindest für die ersten Tage wird er sich mit dem anziehen so wesentlich leichter tun. Auf dem Bord darüber liegen Pullover und das einzige bunte Kleidungsstück in diesem Schrank. Ein grün-türkisfarbener Hoodie. Ich dachte nicht, dass er den behalten hätte. Ich habe ihn mal während einem Einsatz gekauft, Car hat mich total entsetzt angesehen. Aber er hat ihn immer noch. „Erinnere mich daran, dich niemals in meinen Schrank schauen zu lassen!“ murmele ich und packe noch weitere Pullover in die Tasche. Und das meine ich wirklich ernst. In meinem Kleiderschrank herrscht nämlich pures Chaos. Er ist vollgestopft und bunt. Zuletzt packe ich Cyrs schwarze Turnschuhe und Unterwäsche ein. Auch da kennt er nur eine Farbe. Schwarz! „Okay ich bin im Schlafzimmer fertig, und jetzt?“ Ich schultere die Sporttasche und trete zurück auf den Flur. „Bad gegenüber!“ Cyr ist echt kurz angebunden. „Zahnbürste, Zahnpasta, Rasierzeug und Duschgel!“ Ich tue wie geheißen und packe alles ein. „Mein Laptop und das Ladekabel vom Handy sind auf dem Küchentisch!“ Auch das sammle ich ein. Und öffne dann den Kühlschrank auf der Suche nach irgendwelchen verderblichen Lebensmitteln. Aber… Leere. Auch in den anderen Schränken ist nichts zu finden. Außer einer Blechdose mit rötlichem Pulver, dem Kunstblut. Und einer Flasche Whiskey. Auch das wandert in die Tasche und auf dem Weg aus der Wohnung schnappe ich mir noch den Mantel im Flur. Sorgsam schließe ich hinter mir ab und verlasse dann das Haus. Cyr steht an meinen Wagen gelehnt, die Schultern schützend gegen den schneidenden Wind hochgezogen. Ich krame den Schlüssel aus meiner Tasche und schlage mir innerlich die flache Hand gegen die Stirn. Ich schicke ihn zurück zum Auto, ohne Schlüssel! Wie blöd bin ich eigentlich? Es ist mitten im November und er trägt nicht mehr als ein T-Shirt. Das habe ich mal wieder toll hin bekommen! „Tut mir leid!“ Er brummt nur etwas Unverständliches und steigt ein. ich verstaue schnell seine Sachen im Kofferraum und tue es ihm dann gleich. Kurz mustere ich sein erschöpftes Gesicht. „Du gehörst ins Bett!“ Der Vampir schnaubt nur kurz und lehnt dann den Kopf an das Seitenfenster. Da will einer wohl nicht reden. Ich akzeptiere es und so verbringen wir die Fahrt zu meinem Haus schweigend. Ich liebe mein kleines, gemütliches Haus und verstehe nicht wie Cyr, trotz dem vielen Geld, das wir verdienen, in diesem Mietshaus wohnt. Ich schließe die Tür zu meinem Reich auf und streife mir die Schuhe von den Füßen um sie in das weiße Regal zu stellen. Cyr folgt meinem Beispiel und bleibt dann unsicher im Flur stehen. Er ist das erste Mal, so wie ich vorhin in seiner Wohnung. Was er wohl von den bunten Wänden, den vielen Kleinigkeiten und Bildern überall hält? Ich bin definitiv ein wenig kitschig und sentimental veranlagt. „Cyr das Schlafzimmer ist oben!“ Theoretisch habe ich auch noch ein Gästezimmer, aber bis jetzt habe ich noch nicht das passende Bett dazu gefunden! Cyr kneift die Augen zusammen. „Das Sofa reicht!“ Sein Ernst? Das ist doch… Er ist verletzt! Ich lasse ihn bestimmt nicht auf dem Sofa schlafen! „Cyr, wie oft haben wir jetzt schon zusammen in einem Bett geschlafen?“ Okay, das waren Hotelbetten, aber er hatte nie Probleme damit! „Es ist dein Bett!“ murmelt er und schiebt die Hand in seine Hosentasche. Seinen Einwand verstehe ich jetzt nicht, aber weiter darüber nachdenken kann ich auch nicht, denn ein braunes Fellbündel stürzt fast die Treppe hinunter. Dann springt Becca freudig kläffend an mir hoch. Ich hocke mich zu der Hündin hinunter und streiche ihr über das weiche Fell, während sie sich an mich schmiegt. „Hey Becca warst du schön brav?“ Ich weiß, dass sie mir nicht antworten kann, aber seit ich den Mischling vor sechs Monaten aus dem Tierheim geholt habe kann ich es einfach nicht lassen mit ihr zu reden. „Becca?“ Bei Cyrs leiser Stimme hört sie auf mit dem Schwanz zu wedeln und sieht ihn aufmerksam aus braunen Augen an. „Der Vorbesitzer hat sie Rebecca getauft, aber Becca scheint ihr besser zu gefallen.“ Zu meiner Überraschung kniet Cyr sich neben mir auf das Parkett und streckt Becca die Hand entgegen. Vorsichtig schnuppert die Hündin an seinen langen schlanken Fingern. Und lässt sich dann hinter den Ohren kraulen. „Na du Hübsche.“ Ich beobachte seine sanften Bewegungen. Becca scheint es zu genießen. Schließlich richtet er sich auf und sieht mich an. „Also wo ist das Sofa?“ Wortlos nehme ich seinen Arm und ziehe ihn die Treppe hoch und in mein Schlafzimmer. Becca läuft uns schwanzwedelnd nach. Mit einer resoluten Bewegung ziehe ich die bestickte Tagesdecke herunter und schlage das Bett auf. „Cyr, erspare uns einfach die Diskussion und leg dich hin!“ Er zögert noch immer, fühlt sich sichtlich unwohl in meinem Schlafzimmer. Er wirkt wie ein kalter dunkler Fremdkörper in meinem sonnengelbgestrichenen Zimmer mit dem verschnörkelten Bett und den vielen bunten Kissen. Irgendwann setzt er sich doch auf mein Bett und legt sich vorsichtig auf die linke Seite. Ich streiche ihm kurz übers Haar und decke ihn dann zu. Mein Blick fällt auf den Wecker. Sechsuhrzweiunddreißig. Ich seufze leise und schaue an mir hinunter. Ich trage immer noch das schwarze Kleid, habe vorhin einfach nur ein graues Sweatshirt drüber gezogen. Ich sollte duschen und später muss ich noch einkaufen. Meine Schränke sind fast so leer wie Cyrs vorhin. Aber nur fast. „Brauchst du noch etwas?“ Cyr schüttelt den Kopf. Ich lasse die Rollladen runter. „Ich lasse Becca raus, gehe dann duschen und einkaufen! Stört es dich, wenn Becca hier ins Zimmer kommt, während ich weg bin?“ Wieder nur ein Kopfschütteln. Okay dann werde ich die Schlafzimmertür nur anlehnen. „Das Bad ist genau gegenüber! Falls irgendetwas sein sollte, ruf mich an! Egal was ist!“ Ich lösche das Licht und verlasse nach kurzem Zögern das Zimmer. „Danke!“ Cyrs leise Stimme lässt mich noch einmal inne halten. Ich sehe zurück auf seine dunkel Gestalt im Bett. „Bitte!“ Dann ziehe ich die Tür zu und gehe ins Bad. Kapitel 5: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4: Es ist kurz nach elf, als ich von meiner Einkaufstour zurück komme. Ich stelle die Tüten nur schnell in der Küche ab und gehe dann nach oben um nach Cyr zu sehen. Becca liegt vor dem Bett auf dem Boden und sieht mich an. Ich habe mich schon gefragt, warum sie mich nicht begrüßt hat. Sie ist bei Cyr geblieben. Der schwarzhaarige hat sich tief in den Kissen vergraben. Ich setze mich vorsichtig auf die Bettkante und betrachte sein entspanntes Gesicht. So friedlich habe ich ihn noch nie gesehen. Am besten lasse ich ihn einfach weiterschlafen! Gerade als ich aufstehen will, legt sich eine kühle Hand auf meine Arm. Überrascht sehe ich in Cyrs müde graue Augen. „Du bist wieder da!“ Er wickelt sich noch fester in die Decke. „Ja, seit ein paar Minuten. Wie geht es dir?“ Er dreht den Kopf und vergräbt die Nase in den Kissen. Mal wieder bekomme ich keine Antwort. Typisch. Seufzend fahre ich mir durchs Haar und wechsle das Thema. „Ich mache mir etwas zu essen. Möchtest du auch etwas?“ Aufmerksam beobachte ich wie er das Gesicht verzieht. Zumindest den Teil, den ich sehen kann. „Brauche nichts!“ Ne, aber das Kunstblut löst er anscheinend in Whiskey! Das ist ja so viel besser! „Wenn ich das Kunstblut unters Essen mische wird der Geschmack Großteils überdeckt!“ Sein Kopf ruckt ein winziges bisschen herum. Ah, jetzt habe ich also seine Aufmerksamkeit. „Ich war doch letzten Monat auf dem Seminar über Vampire! Nach dem Vortrag hat mir der Referent ein paar Tipps gegeben.“ Der junge Vampir hatte sich wirklich gefreut, dass ich scheinbar als einzige daran interessiert war etwas über das Leben eines Vampirs herauszufinden. Und nicht nur wie man ihn am besten umlegt. Jetzt sieht Cyr mich unsicher an. Er ist der Grund, warum ich dieses Seminar überhaupt besucht habe und es hilft tatsächlich besser mit ihm auszukommen. Zumindest etwas. „Meinst du wirklich, das funktioniert?“ Also schmeckt ihm das Kunstblut wirklich nicht, sonst hätte er niemals nach gefragt. Ich zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Aber probieren schadet nicht!“ Der Ausdruck seiner grauen Augen schwankt irgendwo zwischen Hoffnung und Skepsis. Dann nickt er. „Ich komme mit runter!“ Er versucht sich aufzustützen, sackt aber mit einem leisen Wimmern zurück in die Kissen. Sofort knie ich mich neben das Bett um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. Ich greife nach seiner eiskalten Hand. „Cyr, ist es die Wunde an deiner Flanke?“ Ein kaum erkennbares Nicken. Die Lippen presst er fest zusammen. Am besten bliebe er wohl im Bett, aber etwas Bewegung tut ihm mit Sicherheit auch gut. Vorsichtig schiebe ich ihm einen Arm unter die Schultern. „Ich helfe dir! Auf drei, okay?“ Er atmet tief durch und nickt dann zögernd. „Eins… Zwei… Drei…!“ Ich ziehe ihn ein wenig hoch, Cyr stützt sich mit der gesunden Hand ab und schwingt vorsichtig die Beine aus dem Bett. Sein Atem stockt, ich setze mich vorsichtig neben ihn. Einen Arm um seine Taille geschlungen. Wenn Cyrs sonst so perfekte Maske Risse bekommt, müssen seine Verletzungen ziemlich schlimm sein. Vielleicht sollte ich noch einmal mit dem Arzt reden! Aber jetzt ist erst einmal Cyr dran. Nach einem kurzen Moment kommt er auf die Beine. Diesmal ohne meine Hilfe. Bei der Treppe sind seine Bewegungen zaghaft und zögernd, dass ich ihn kurzerhand stütze. Cyr sagt nichts dazu, obwohl er sich so selten berühren lässt. Wenn ich so darüber nachdenke hat er heute sowieso viel mehr durchgehen lassen. Ich habe ihn so oft berührt, ohne dass er sich dagegen gewehrt hat. In der Küche angekommen bugsiere ich ihn auf einen Stuhl. „Möchtest du einen Tee?“ Er zuckt minimal mit den Schultern. Also mache ich ihm einen Pfefferminztee. Der Vampir aus diesem Vortrag meinte, dass Pfefferminze den Geschmack des Kunstblutes gut überdecken würde. Und Cyr muss das Zeug zu sich nehmen. Durch die Verletzung sogar noch mehr als sonst. Skeptisch beäugt er die Tasse, die ich vor ihm abstelle. Dann streckt er zaghaft die Hand danach aus. Seine Finger zittern. Fragend beobachte ich wie er die Tasse vorsichtig mit umschließt und näher an sich heranzieht. „Sag mal, ist dir kalt?“ Irgendwie ertappt sieht er mich an. Ohne ein weiteres Wort hole ich die bunte Flickendecke aus dem Wohnzimmer und lege sie um seine Schultern. Ich habe Cyr noch nie frieren sehen. Um ehrlich zu sein wusste sich nicht einmal, dass Vampire frieren können. Anscheinend ist mein Gesicht ein einziges Fragezeichen, denn Cyr seufzt leise. „Es hängt mit der Verletzung zusammen. Meinem Körper fehlt die Kraft meine Temperatur konstant zu halten. Sie sackt immer wieder ab.“ Er starrt blind in den mit Kunstblut vermischten Tee. Unsicher stehe ich in der Küche und blicke auf meinen Gast hinunter. „Kann ich sonst noch irgendetwas für dich tun?“ frage ich schließlich vorsichtig und setze mich auf den Stuhl neben ihm. „Du hast schon genug getan! Immerhin lässt du mich hier bleiben. Und aus dem Bett!“ Die letzten Worte sind so leise, dass ich ihn kaum verstehe. Und der Sinn bleibt mir so oder so verborgen. „Was meinst du mit: `Ich lasse dich aus dem Bett´?“ Er sieht mich nicht an, schiebt die Tasse zwischen seinen Fingern hin und her. „Mirko hätte mich heute sicher nicht aufstehen lassen, geschweige denn aus dem Zimmer!“ Das stimmte wohl. Der Arzt der Organisation war streng und er hatte definitiv die Macht Cyr einzusperren. Dabei wäre das sowas von falsch. Denn um Cyr einzusperren gab es nur einen einzigen Weg. Sein Ehrgefühl, seine Treue und in Verbindung damit die Drohung sein Arbeitsverhältnis zu beenden. Denn einfach den Schlüssel herumzudrehen würde nicht funktionieren, egal wie stabil die Tür auch wäre… Cyr ist stärker. Ich habe ihn schon einen Banktresor aufbrechen sehen. Mit bloßen Händen. „Solange du es nicht übertreibst!“ murmele ich nur als Antwort. Etwas Besseres fällt mir nicht ein. also fange ich endlich mal an meine Einkäufe weg zu räumen. „Schon klar, dass ich das Training erst einmal vergessen kann! Aber vielleicht kann ich zumindest mal kurz aus dem Haus. Fünf Minuten reichen!“ Was? Cyr hört sich ja fast schon an, als würde er betteln. Um fünf Minuten aus dem Haus zu kommen. Langsam realisiere ich, dass es nicht die Atmosphäre in der Krankenstation ist, die ihn so stört, sondern die aufgezwungene absolute Ruhe. Klar ist Ruhe wichtig, aber Cyr einfach kalt zu stellen, ihn ins Bett zu zwingen… Nein! Das kann und werde ich nicht tun! „Ich gehe nach dem Essen mit Becca spazieren, wenn du willst kannst du mit kommen!“ Mit Cyr werde ich definitiv nur die kleine Runde gehen. Allerhöchstens eine halbe Stunde! „Du lässt mich wirklich?“ Er sieht mich mit großen Augen an. Überrascht und ungläubig. „Ich werde dich nicht einsperren! Dich auch nicht aufhalten wenn du gehen willst. Und ich werde dir keine Vorschriften machen!“ erkläre ich ernst und sehe ihm dabei fest in die Augen. „Was willst du dafür?“ Seine Worte sind hart und lauernd. „Dass du mir zwei Dinge versprichst!“ Eindringlich sehe ich ihn an und hole noch einmal tief Luft. „Als erstes: Versprich mir, dass du auf dich Acht gibst! Dass du auf deinen Körper hörst und es nicht übertreibst! Und zweitens: Versprich mir, dass du zu mir kommst, wenn es dir schlecht geht oder du etwas brauchst! Egal wann oder wo!“ Kurz sehe ich in seine überraschten silbergrauen Augen, dann senkt er den Kopf und starrt in seine Tasse. „Ich verspreche es!“ sagt er schließlich leise. Ich erhebe mich von meinem Stuhl. Ich habe ihm gerade sozusagen alle Freiheiten gegeben. Es liegt alleine an Cyr wie er jetzt mit der Situation umgeht. „Okay, was möchtest du Essen?“ Ich trete an den Herd. Becca folgt mir schwanzwedelnd und sieht mich aus ihren braunen Hundeaugen bettelnd an. Ich streichle ihr sanft über den Kopf. „Dich habe ich ja ganz vergessen, Süße. Du hast Hunger, nicht wahr?“ Ich hole das Hundefutter aus dem Schrank und fülle ihren Napf. Con Cyr habe ich immer noch keine Antwort. Also gut, dann mache ich einfach Nudeln mit Tomatensoße. Und wenn es ihm nicht schmecken sollte… Pech! Ich habe gefragt, was er will. während ich koche herrscht Schweigen in der Küche. Aber es ist keine unangenehme Stille. Irgendwie ist es angenehm Cyr am Tisch zu wissen und Becca daneben auf ihrem Kissen liegen zu sehen. Summend werfe ich immer wieder einen Blick über die Schulter zu Cyr. Er sitzt starr auf dem Stuhl und nippt immer wieder an seiner Tasse. Das erste Mal hebt er denn Blick als ich ihm einen Teller vorsetze. Sein Blick folgt mir, als ich das Besteck hole und mich ihm dann gegenüber setze. „Iss.“ Fordere ich ihn auf. Sanft. „Ich dachte du wolltest mir keine Vorschriften machen?“ Im ersten Moment zucke ich zusammen, dann sehe ich ihm in die Augen. Sie sind irgendwie weicher als sonst. Seine Worte sind nicht böse gemeint. Er nimmt auch einfach seine Gabel und fängt an zu essen. Ich beobachte ihn einen Moment, dann beginne auch ich zu essen. „Willst du noch?“ frage ich, als er seinen leeren Teller zur Seite schiebt. Er schüttelt nur leicht den Kopf. Also bringe ich unser Geschirr zur Spüle. Als ich Wasser in das Becken lasse spüre ich Cyr plötzlich neben mir. „Kann ich irgendwie helfen?“ Erst will ich ablehnen, aber dann sehe ich zu Cyr. Seine Augen sind fragend und auf mich gerichtet. Da ist es wieder. Er will etwas tun. „Spülen oder Abtrocknen?“ Ich halte Lappen und Handtuch hoch. Cyr nimmt zweiteres und ich fange an zu spülen. Dabei beobachte ich ihn aus den Augenwinkeln. Mit dem Besteck funktioniert das ja noch ganz gut. Aber bei den Tellern wird es schon echt kreativ. Er steht mit dem Becken an die Arbeitsfläche gelehnt und fixiert mit der verletzten Hand den Teller. Ist die eine Seite trocken dreht er ihn mit der gesunden Hand um und macht die andere Seite. Ich räume das Geschirr weg und sehe ihn dann an. „Wollen wir raus?“ Er nickt und legt die Decke auf einen Stuhl. Er sollte sich vielleicht vorher noch etwas über ziehen. Immerhin trägt er noch immer nur ein T-Shirt. „Ich hol dir schnell einen Pullover und meine Jacke!“ Bevor er etwas einwerfen kann bin ich schon die Treppe hochgespurtet und nehme meinen Anorak und einen von Cyrs Pullis und gehe wieder nach unten. Cyr hat seine Schuhe schon an und Becca sitzt schwanzwedelnd zu seinen Füßen. „Hier…!“ Statt seinen Pulli zu nehmen öffnet er die Laschen seines Gilchrist. „Was wird das?“ Er sieht mich nicht an, macht einfach weiter. „Das Teil muss über meinen Mantel, sonst passt er nicht!“ Ich beiße mir auf die Lippen und schlucke meine Widerworte hinunter. Der Gilchrist sitzt über dem Mantel beschissen. Aber ich habe ihm versprochen mich nicht einzumischen. Also helfe ich ihm und nehme mir fest vor morgen in die Stadt zu fahren und ihm einen Anorak zu besorgen, der weit genug ist um die Armschlinge darunter zu bekommen. Jetzt allerdings Leine ich erst mal Becca an und verlasse bei Cyr untergehakt das Haus. Kalte Luft schlägt uns entgegen. Aber Cyr lächelt. Kapitel 6: Kapitel 5 -------------------- Kapitel 5: Natürlich waren wir länger als eine halbe Stunde unterwegs. Wer hat auch mit etwas anderes gerechnet? Ich vermute mal niemand. Immerhin ist es Cyr mit dem ich hier spazieren war. Nicht dass er irgendwie seinen Willen durchgesetzt und den Weg vorgegeben hatte. Nein, das war es nicht einmal. Er ist einfach nur langsam gelaufen. Nicht geschlichen oder so, ich habe es nicht einmal mitbekommen wie langsam wir unterwegs waren. Aber wir waren es, wie meine Armbanduhr deutlich anzeigte. Für die Strecke, die ich normalerweise in knapp zwanzig Minuten mit Becca schaffte, hatten wir sage und schreibe eine Stunde und fünf Minuten gebraucht! Gott waren wir langsam gewesen. Ich schaue zu Cyr auf. Er steht neben mir im Flur und streift langsam seine Schuhe ab. Vielleicht hätte ich ihn doch nicht mitnehmen sollen, er ist blass wie eine Wand und seine Augen sind richtig trüb. Das war definitiv zu anstrengend für ihn, das nächste Mal muss ich die Strecke noch weiter verkürzen, wenn er so langsam unterwegs ist. Warum denke ich überhaupt darüber nach noch einmal mit ihm spazieren zu gehen? Ist das nicht zu viel für ihn? „Melly…“ Cyrs leise Worte holen mich aus meinen Gedanken und ich sehe zu ihm auf. Er trägt noch immer seinen Mantel und zieht etwas unruhig an den Bändern seines Gilchrist. „Kannst du…?“ Vorsichtig helfe ich ihm beim ausziehen und merke, dass er total steif ist und jede Bewegung vermeidet. Aber ich habe ja versprochen ihm keine Vorschriften zu machen. Also warte ich einfach ab, was er jetzt vor hat. Zu meiner Überraschung geht er ohne Aufforderung zur Treppe und steigt die Stufen empor. Ich folge ihm langsam und beobachte jede seiner Bewegungen. Oben angekommen steuert er zielstrebig mein Schlafzimmer an und legt sich auf das Bett. „Das war zu viel, nicht wahr?“ frage ich leise und setze mich auf die Bettkante. Er antwortet nicht, aber was habe ich erwartet. Stattdessen greift er zum Nachttischschränkchen, auf den ich gestern Abend seine Medikamente gelegt habe. Umständlich öffnet er eine der Packungen und drückt eine der Tabletten heraus. Noch zögert er, dann schluckt er sie einfach trocken. Das… Wie kann man Tabletten einfach trocken schlucken? Ohne zumindest etwas zu trinken oder so? Ich seufze leise und hole ihm ein Glas Wasser. Cyr nimmt es tatsächlich an. Allerdings dreht er sich danach wortlos auf die Seite und mir damit den Rücken zu. Wäre ja auch viel zu einfach gewesen, wenn er sich jetzt plötzlich wie ein normales Wesen verhalten würde. Ich spare mir jedes weitere Wort. Was soll ich denn auch sagen. Cyr will mal wieder nichts von mir wissen. Das bin ich ja schon lange gewohnt. Ich interessiere ihn nur, wenn er einen Vorteil darin sieht. Trotzdem tut es irgendwie weh, immer nur weg gestoßen zu werden. Wir arbeiten jetzt schon seit über zwei Jahren eng zusammen, mit jedem anderen hätte ich schon längst Freundschaft geschlossen. Aber Cyr… er will meine Freundschaft nicht. Ich verlasse mein Schlafzimmer und gehe hinunter ins Wohnzimmer. Und was soll ich jetzt machen? Normalerweise wenn ich mal frei habe bin ich unterwegs. Dann besuche ich meine Familie, meine Freunde oder mache das, wofür ich sonst keine Zeit habe. Und auch jetzt hat sich wieder mal eine ganze Liste angesammelt. Da wäre zuerst einmal der Hausputz. Irgendwie ist das schon eine Tradition für mich geworden. Ich bin eigentlich sehr ordentlich, aber bei meinen Arbeitszeiten und der ständigen Abrufbereitschaft blieb immer mal wieder was liegen. Und deswegen habe ich mir angewöhnt, wenn ich mal frei hatte mein ganzes Haus auf den Kopf zu stellen und mal Richtig zu putzen. Okay. Der Punkt fällt schon mal definitiv flach. Immerhin schläft Cyr oben und wecken will ich ihn nun wirklich nicht. Seine Laune ist auch so schon schlecht genug! Der zweite Punkt lautete Kino. Und zwar mit den Zwillingen. Oder einfach den Kindern meines Bruders. Das habe ich ihnen schon vor Wochen versprochen und langsam sollte ich mein Versprechen mal halten. Außerdem ein noch ausstehendes Date, dass ich zweimal absagen musste, weil mir die Arbeit dazwischen kam. Vielleicht sollte ich Marcell anrufen und ihn fragen ob er heute Abend Zeit und Lust hätte. Aber Cyr alleine lassen..? Zumindest eine wesentlich bessere Idee, als tatenlos hier unten zu sitzen und darauf zu warten, dass Cyr sich mal dazu herab lässt normal mit mir zu reden! Und wehe es kommt mir jetzt einer mit, er ist doch verletzt und da kann man schon mal etwas grob sein. Vergesst es. Cyr ist immer so. im einen Moment total nett und im Nächsten wieder eiskalt. Das ist einfach nicht mehr auszuhalten. Da tue ich ihm schon etwas Gutes. Lasse ihn hier bei mir wohnen, damit der nicht auf der Krankenstation bleiben muss und was bekomme ich dafür? Die kalte Schulter gezeigt. Danke schön. Ja ich bin wütend! Dabei weiß ich nicht mal wirklich warum eigentlich. Ich habe es doch schon lange aufgegeben von Cyr irgendetwas zu erwarten. Er erwartet ja auch nichts von mir. Und wisst ihr was, viele denken es ist schlimm, die Erwartungen anderer nicht erfüllen zu können sei schlimm. Ich will denen mal was sagen. Es ist viel schlimmer, wenn andere überhaupt keine Erwartungen an einen haben. Man fühlt sich völlig überflüssig und nutzlos. Ich fühle mich so. Wenn ich mit Cyr einen Fall bearbeite, wenn wir zusammen trainieren, egal was wir tun. Er behandelt mich nicht schlecht oder so. Aber es ist ihm vollkommen egal was ich tue oder wie ich es tue, solange ich ihm nicht in die Quere komme. Also was solls. Ich werde Marcell anrufen und mir einen schönen Abend machen. Und Cyr, wenn er etwas dagegen haben sollte, dann soll er gefälligst den Mund auf machen und endlich mal mit mir reden, statt jede meiner Fragen zu ignorieren. Ich hole mein Handy und wähle Marcells Nummer. Er geht sofort ran und freut sich riesig, dass ich den Abend mit ihm verbringen möchte. Ich fahre mir durch die Haare und entschließe mich dann Cyr mal über meine Abendpläne zu informieren. Er zuckt sich nicht, als ich in mein Schlafzimmer komme. Also gehe ich um das Bett herum und sehe tatsächlich in seine geöffneten Augen. „Ich bin zum Abendessen verabredet! Ich stell dir etwas zum Essen hin. Musst du dir dann nur noch warm machen. Wann ich wiederkomme weiß ich noch nicht!“ Keine Reaktion. Aber was habe ich auch anderes erwartet. Nichts. Ich nehme mir eine dunkel Jeans und eine dunkelblaue Bluse aus dem Schrank. Cyr kann mich mal. Ich werde mir einen schönen Abend machen, soll er doch hier einen auf unnahbar machen. Um kurz nach sechs klingelt es an der Haustür. Ich verabschiede mich kurz von Becca. Cyr habe ich schon gesagt, dass ich gleich gehe. Er hat mal wieder nicht reagiert. Ich schlüpfe in meine bequemen Winterstiefel und öffne die Tür. Marcell trägt eine schwarze Lederjacke und beige Jeans. Sein blondes Haar ist verstrubbelt und er lächelt breit. „Hallo Süße. Du siehst mal wieder umwerfend aus!“ Er gibt mir einen Wangenkuss und zieht mich dann zu seinem Wagen. „Ich habe beim Italiener reserviert. Ist dir das Recht, oder möchtest du wo anders hin?“ Sein Lächeln ist ansteckend und ich merke wie langsam die Anspannung der vergangenen Nacht abfällt. „Italiener klingt gut!“ erwidere ich und schaue zu meinem Begleiter. Ich habe ihn vor drei Monaten auf einer Party kennen gelernt. Er war mir sofort sympathisch. Und auch das erste Date mit ihm hat mir richtig gut gefallen. Er ist einfach grundlegend anders als Cyr. Offen, freundlich und ehrlich an mir interessiert. Jetzt denke ich schon wieder an den Vampir. Kann er nicht endlich mal aus meinen Gedanken verschwinden. „Wie läuft’s bei der Arbeit? Muss ja ziemlich viel los gewesen sein in den letzten Wochen!“ „Kann man so sagen!“ Ein Auftrag nach dem anderen und dann auch noch zu den blödesten Zeiten. Aber das kann ich Marcell so nicht sagen. Über meine Arbeit darf ich nicht reden. Es ist nicht einfach alle anzulügen, aber notwendig für meine Sicherheit und die meiner Lieben. „Mein Partner geht mir ziemlich auf die Nerven. Also lass uns am besten über etwas anderes reden, als die meine Arbeit. Was hast du alles gemacht, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben?“ Ich verdränge Cyr aus meinen Gedanken. Ich werde mir einen schönen Abend machen. Zusammen mit Marcell! Kapitel 7: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6: Kurz nach halb zwölf verlasse ich Arm in Arm mit Marcell das italienische Restaurant. Ich grinse breit, wie schon den gesamten Abend. Der Abend war angenehm und wir hatten sehr viel Spaß zusammen. Marcell fährt mich nach Hause und parkt seinen Wagen am Straßenrand. Wir sitzen nebeneinander im Auto und genießen die Stille. Sehen uns gegenseitig an. Langsam beugt sich Marcell zu mir herüber, sein Gesicht nähert sich meinem. Ich spüre seinen Warmen Atem über meine Lippen streifen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich schließe meine Augen. Marcell kommt mir noch näher und… „Da brennt Licht in deinem Erdgeschoss!“ Seine Worte zerstören die Stimmung. Seufzend drehe ich mich zum Fenster und sehe zum Haus. Das Licht in meiner Küche brennt. Na super. Cyr, wer sonst. Muss er mir jetzt auch noch den Abend ruinieren? Marcell und ich hätten uns fast geküsst! Ich kann ihm doch schlecht sagen, dass ein Mann bei mir wohnt. Auch wenn es `nur´ mein Partner ist. „Ich habe Becca das Licht angelassen. Dann ist sie ruhiger.“ Ich lächle Marcell unschuldig an. Hoffentlich glaubt er mir das. „Und warum ist dann das Licht gerade erst angegangen?“ Innerlich verfluche ich Cyr. Musste er ausgerechnet jetzt in die Küche runter. „Bewegungsmelder. War eine Idee meines Bruders. Wenn ich mal wieder länger wegen der Arbeit weg bin, sieht es so aus, als wäre jemand zuhause, wenn Becca durch das Haus läuft.“ Gott ich lüge hier das Blaue vom Himmel. Und das wo ich eigentlich nicht gut im Lügen bin. Okay, vielleicht eher war, denn seit ich für die Organisation arbeitete hatte ich oft Lügen müssen. Marcell wirft noch einen Blick auf mein Haus und seufzt dann leise. „Jetzt hat deine Hündin die Stimmung ruiniert. Und du bist sicher, dass das nur der Hund ist. Nicht dass ein Einbrecher in deinem Haus ist!“ Ein Einbrecher. Fast lache ich laut los. Kann es aber gerade noch unterdrücken. Mein Haus ist momentan das sicherste in der ganzen Stadt. Denn Cyr ist da. Nur beendet er mein Date gerade abrupt. „Nein, da ist niemand außer Becca. Sie vermisst mich, dann tigert sie meistens durchs Erdgeschoss. Ich geh jetzt einfach zu ihr, dann beruhigt sie sich und alles ist in Ordnung.“ Ich steige aus dem Auto und höre wie hinter mir sich auf die Fahrertür öffnet. Marcell folgt mir. „Ich begleite dich wenigstens zur Haustüre.“ Scheiße. Hoffentlich lässt Cyr sich nicht blicken, sonst muss ich Marcell noch mehr Lügen erzählen. Tief durchatmend schließe ich die Tür auf und rufe nach Becca. Gott sei Dank kommt sie wirklich aus der Küche geflitzt und rennt mich vor Begeisterung fast um. Ich wuschle ihr durch das braune Fell und drehe mich zu meinem Begleiter um. „Siehst du, es war nur Becca.“ Er sieht noch immer skeptisch aus, aber fragt nicht weiter nach. Ich gebe ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht Marcell und Danke für den schönen Abend.“ Dann schließe ich die Tür und lehne mich von innen dagegen. Verfluchter Mist. Bestimmt denkt er jetzt ich habe sie nicht mehr alle! Und da hat er definitiv recht. Wie bin ich nur auf die Idee gekommen Cyr mit zu mir zu nehmen. Wenn ich es nicht getan hätte, hätte ich Marcell jetzt hereinbitten und den Abend gemütlich ausklingen lassen können. Mit ihm zusammen. Stattdessen bin ich jetzt total frustriert weil ich nicht einmal einen romantischen Kuss bekommen habe. Wie ungerecht die Welt doch ist. Ich hocke mich zu Becca auf den Boden und schlinge meinen Arm um ihren warmen Körper. „War unser Gast brav?“ frage ich sie seufzend. Eine Antwort bekomme ich natürlich nicht. Zumindest nicht von Becca. „Ich habe nichts kaputt gemacht, falls du das meinst!“ Cyr steht in der Küchentür. Die gesunde Hand in der Tasche seiner Jogginghose vergraben und den Kopf leicht gesenkt. „Dann ist ja gut!“ erwidere ich vielleicht etwas pampig, denn er zuckt kurz zusammen. Ich stehe auf und gehe zur Treppe ohne ihn weiter zu beachten. „Melanie…“ Er ruft leise nach mir. Sehr leise. Ich höre es trotzdem und bleibe auf der letzten Stufe stehen. Langsam drehe ich mich zu ihm um. Irgendwie sieht er geknickt aus. „Kann… kann ich einen Tee haben?“ Ich verdrehe die Augen. „Teebeutel sind im Schrank neben dem Kühlschrank. Den Rest wirst du ja wohl alleine hinbekommen.“ Cyr beißt sich auf die Unterlippe und stapft dann die Treppe hoch und an mir vorbei. „Schon gut. Ich brauche nichts!“ Was zum Teufel ist denn jetzt los. Ich werfe einen Blick in sein blasses Gesicht. Seine Augen wirken stumpf und müde. Irgendwie sieht er resigniert aus. Na wenn er meint… Ich schaue noch einmal nach unten und sehe dass das Licht in der Küche noch immer brennt. Klasse. Jetzt muss ich noch einmal nach unten. Genervt gehe ich nach unten. Auf dem Herd steht der Topf mit Cyrs Abendessen. Unangetastet. Daneben liegt allerdings die Anleitung vom Herd. Was… Hat Cyr vielleicht nachgeschaut wie er ihn anbekommt? Cyr ist ein Vampir. Ich weiß dass er sich seit Jahren nur von dem Kunstblut ernährt. Ist er mit meinem modernen Herd ja einfach überfordert. Obwohl er ja eigentlich technisch ziemlich auf dem neusten Stand ist. Zumindest was sein Handy und den Laptop betrifft. Aber so wie ich das ganze sehe hat er einfach keine Ahnung von Küchengerätschaften. Irgendwie ist das ja lustig. Ich meine Cyr verzweifelt an meinem Herd. Der Cyr, dem man normalerweise nichts vormachen kann. Vielleicht sollte ich ihm erklären, wie man damit umgeht. Aber nicht mehr heute. Ich stelle Wasser auf und hole eine Tasse. Als der Tee gezogen ist nehme ich die Tasse und trage sie nach oben in mein Schlafzimmer. Cyr sitzt auf der Bettkante, starrt vor sich auf den Boden. „Hier.“ Ich halte ihm die Tasse hin. Er sieht mich überrascht an und irgendwie dankbar. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren nehme ich meinen Schlafanzug und verschwinde damit im Bad. Ich ziehe mich um und putze mir die Zähne. Dabei mache ich mir ernsthaft Gedanken, ob ich nicht auf dem Sofa schlafen sollte. Ich meine es ist mein Zuhause und irgendwie ist es da etwas anderes in einem Bett mit Cyr zu schlafen. Klar heute Morgen habe ich noch zu Cyr gesagt, dass es doch auch nichts anderes wäre als in einem Hotelbett. Nur das wir immer dann wenn wir zusammen ein Zimmer nahmen eine gefakte Beziehung hatten. Und hier in meinem Haus gibt es nur die geschäftliche Beziehung zwischen uns. Wir sind Partner, ja. Aber das ist auch alles. Wir sind ja nicht mal Freunde. Nur ist es vermutlich eine schlechte Idee Cyr jetzt zusagen, dass ich auf dem Sofa schlafen werde. Er würde es nicht zu lassen. Und ihn mit seiner Verletzung würde ich definitiv nicht auf dem Sofa schlafen lassen. Da bin ich immer noch derselben Meinung wie heute Morgen. Auch wenn ich momentan etwas sauer auf Cyr bin wegen des versauten Kusses. Aber eigentlich kann Cyr ja gar nichts dafür. Ich meine er kann ja nicht riechen, dass Marcell und ich direkt vor der Tür stehen. Nein riechen vielleicht nicht, aber er kann meine Gedanken hören. Zumindest wenn ich mich nicht auf meine Barriere konzentriere. Aber selbst dann kann er meine Anwesenheit ausmachen. Das heißt es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder Cyr ist aufgrund seiner Verletzung momentan zu schwach um seine Gaben zu kontrollieren. Wie in dem Moment wo ich ihn neben der schwarzen Witwe gefunden habe und er seine Tarnung nicht aufrecht gehalten hatte. Oder er hat unseren Kuss mit voller Absicht gestört. Dann stellt sich allerdings die Frage nach dem warum. Resolut fahre ich mir durch die Haare. Ich sollte einfach aufhören darüber nachzudenken. Das macht mich alles nur verrückt und außerdem sollte ich endlich mal etwas schlafen. Immerhin habe ich letzte Nacht kein Auge zu gemacht. Also schiebe ich sämtliche Gedanken zur Seite und gehe zurück ins Schlafzimmer. Cyr sitzt noch immer auf der Bettkante. Er reagiert nicht auf mich. Ich seufze und lege mich auf die andere Bettseite. „Cyr. Ich mach das Licht aus. Legst du dich hin, oder was?“ Er zuckt zusammen, sein Kopf schießt zu mir herum. Hat er etwa nicht mitbekommen, dass ich hereingekommen bin. Das würde meine erste Theorie bestätigen oder zumindest begünstigen. Er legt sich langsam vorsichtig auf die andere Seite des Bettes. Da seine rechte Schulter verletzt ist, liegt er wieder auf der linken Seite. Mit dem Blick zu mir. Ich lösche das Licht. „Melly…“ Seine silbernen Augen leuchten irgendwie in der Dunkelheit. „Tut mir leid, wegen vorhin. Ich wollte euren Kuss nicht stören.“ Er holt tief Luft. „Ich hab dich einfach nur zu spät bemerkt.“ Schwäche. Er gibt tatsächlich eine Schwäche zu. Einfach so. Und er hat es nicht mit Absicht gemacht. Irgendwie ist das erleichternd. Ich strecke meine Hand aus und streiche ihm vorsichtig über die Schulter. Er verkrampft sich im ersten Moment und schließt dann seine Augen. Ich brauche nichts zu sagen. Ihm geht es schlecht. Ich werfe ihm nicht vor, dass er uns gestört hat, immerhin ist er mit seinen momentan eingeschränkten Sinnen auch nicht anders als ein Mensch. Und der hätte unmöglich wissen können, dass Marcells Auto vor dem Haus steht. „Gute Nacht, Cyr.“ Irgendwie ist meine Wut auf ihn verschwunden. Einfach so. Cyr ist kompliziert. Und es ist definitiv nicht einfach mit ihm auszukommen. Aber Cyr ist kein schlechter Vampir. Verschlossen und ziemlich schwer zu durchschauen, aber ehrlich. Und genau deswegen liege ich auch vollkommen entspannt neben ihm im Bett und dämmere langsam weg. „Gute Nacht, Melly!“ Cyrs Stimme ist leise und das letzte dass ich höre, bevor ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf falle. Kapitel 8: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7: Als ich am Morgen aufwache spüre ich einen warmen Körper neben mir. Wer zum Henker… Marcell kann es ja nicht sein. Ich habe ihn gestern gar nicht ins Haus gelassen. Demnach kann es nur Cyr sein. Halt wartet! Das ist doch nicht zu glauben. Der sonst so verklemmte Vampir hat doch tatsächlich den Kopf auf meine Schultern gelegt. Das hat er noch nie getan. Nicht einmal in all den Nächten, die wir zusammen im selben Bett geschlafen haben, hat er mich berührt. Er ist immer auf seiner Bettseite geblieben. Und jetzt das. Ich drehe den Kopf und sehe auf sein verwuscheltes schwarzes Haar. Es ist wirklich Cyr, der da so eng an mich geschmiegt in meinem Bett liegt. Sein warmer Atem streift über meine Schulter. Dann bewegt er sich, streckt sich ein wenig. Er ist am aufwachen! Und jetzt? Er springt mit Sicherheit sofort auf, wenn er merkt, dass ich mitbekommen habe wie er sich an mich kuschelt. Das ist ja jetzt auch nichtSinn der Sache. Aber was kann ich dagegen machen? Wenn ich meine geistige Barriere hochziehe, merkt Cyr sofort, dass ich wach bin. Eine Barriere ist nämlich etwas sehr bewusstes. Warum versuche ich eigentlich Cyr etwas vor zu machen? Es funktioniert doch sowieso nicht. Trotzdem schließe ich die Augen und denke an meinen letzten Strandurlaub. Wenn ich schon weiß, dass er mir so nahe gekommen ist, will ich mir wenigstens nicht vor ihm so offensichtlich Gedanken über das warum machen. „Melly?“ Huh, was ist denn jetzt los? Er ist ja gar nicht von mir weg gerückt. Oder Aufgesprungen. Er verbirgt sein Gesicht an meinem Hals und atmet mehrmals tief durch. Sorgen spülen über mich hinweg. Irgendetwas stimmt mit Cyr definitiv nicht! Seine Atmung wird immer schneller und unregelmäßiger. Er keucht. Seine Stirn liegt unnatürlich heiß an meinem Hals. „Cyr, was ist los?“ Ich schlinge meinen Arm fest um seine Taille und ziehe seinen zitternden Körper an mich. „Bitte...Geh nicht!“ Seine Stimme klingt so verletzlich und flehend. Er wimmert. Verkrampft sich. „Ich bleib ja hier. Cyr es ist alles in Ordnung. Ich bleib ja hier!“ Ein paar Minuten liegt er nur zitternd in meinen Armen, dann wird er langsam wieder ruhiger. Seine Muskeln verlieren an Spannung und er sinkt erschöpft zusammen. Dann richtet er sich langsam auf. Mit der gesunden Hand fährt er sich über das schweißnasse Gesicht. Er wirkt wie erschlagen. „Cyr was war das eben?“ Ganz langsam dreht er sich zu mir. Sieht mich an. Seine grauen Augen wirken vollkommen leer. „Ich… eine Art Alptraum!“ Was bedeutet das? Eine Art Albtraum? Das verstehe ich nicht. Alpträume hat man nicht, wenn man bereits fast wach ist und Cyr hat sich die ganze Nacht nicht gezuckt. Wirklich seltsam. Vorsichtig lässt Cyr sich zurück auf die Matratze sinken und legt den Arm über sein Gesicht. Ich drehe mich auf die Seite um ihn betrachten zu können. „Kann ich irgendwas tun?“ Er reagiert nicht, aber das bin ich ja bereits gewohnt. Ich schaue auf die Uhr. Halb neun. „Hast du Lust auf Frühstück im Bett?“ Er seufzt leise. „Ich hätte Lust auf eine ausführliche Dusche!“ Das klingt sehr menschlich. Nur kann ich ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Nicht solange seine Wunden noch so frisch sind und er diesen großflächigen Verband trägt. Aber ich kann Mirko anrufen. Vielleicht findet sich ja eine Lösung. Ich nehme mein Handy aus dem Nachttisch und suche Mirkos Nummer heraus. Der Arzt geht nach kurzem Klingeln ran. „Melanie, gibt es Probleme?“ Er klingt alarmiert. „Nein. Zumindest nichts Dringendes. Ich will nur fragen, ob ich Cyr den Verband abnehmen kann, damit er sich waschen kann.“ Cyrs Kopf ruckt zu mir herum. Seine grauen Augen sehen mich geschockt an. Er schüttelt den Kopf. Ich lege fragend den Kopf schief. Was ist so verwerflich daran sich waschen zu wollen? Das ist ja kaum eine Schwäche, die man vor anderen verheimlichen muss. „In Ordnung. Sag mir dann wie die Wunden aussehen!“ Mirko scheint irgendwie gestresst zu sein. Woran ich das merke? Er stellt weder ausführliche Fragen noch kommen irgendwelche Ermahnungen. „Gib mir Cyr mal kurz!“ Ich gehorche. Cyr nimmt das Handy eher unwillig entgegen. Nach zwei Minuten in denen er kein Wort sagt legt er auf. Fragend sehe ich ihn an. Er beißt sich auf die Unterlippe. „Du sollst mir den Rücken waschen!“ nuschelt er in seinen nicht vorhandenen Bart. Ist ihm das etwa peinlich? So schlimm kann es ja nicht sein. Ich habe das schon mit hunderten Patienten gemacht. Das Waschen gehört im Krankenhaus zum Alltag. Aber für Cyr ist es das nicht. Er ist schon seit Jahrhunderten selbstständig. Und jetzt muss er sich von mir beim waschen helfen lassen. „Also erst waschen!“ Ich rolle mich aus dem Bett und hole Cyr frische Kleidung, währen er mir mit den Augen folgt. Dann steht auch er auf. Vorsichtig und ziemlich steif. Ich folge ihm ins Bad und stelle den Plastikhocker in die großräumige Dusche. Dann hole ich einen Stapel Handtücher. Cyr zieht sich währenddessen aus und setzt sich dann vollkommen nackt auf den Hocker. Ich kann den Blick von seinem durchtrainierten Bauch nicht sofort lösen. Fein definierte Muskeln und feine Härchen. Nein. Ich drücke ihm den aushängbaren Duschkopf in die Hand und drehe mich um. „Bis unter den Verband kriegst du das auch selber hin!“ Ich atme tief durch um die Röte aus meinen Wangen zu vertreiben. Trotzdem bin ich mir sicher, dass Cyr das mitbekommen hat. Dann ist nur das Rauschen des Wassers zu hören. Ich kremple mir schon mal Ärmel und Beine meines Schlafanzuges hoch, damit ich ihn gleich nicht so durchnässe. „Und weiter?“ Cyrs Stimme klingt unsicher. Ich nehme ihm den Duschkopf ab und weiße ihn an sich zurückzulehnen, damit ich ihm die Haare waschen kann. Seine schwarzen Haarsträhnen gleiten durch meine Finger. Cyr lässt es sich schweigend gefallen, dass ich ihm das Haar trocken rubble und ihm dann den leicht feuchten Verband abwickle. Seine rechte Schulter ist schwarz-blau verfärbt und das bis fast zur Mitte des Oberarms. Um ehrlich zu ein sieht das ziemlich schmerzhaft aus. Dagegen wirkt die Wunde an seiner Flanke ja fast schon harmlos. Vielleicht aber auch nur, weil Mirko sie genäht hat und sie so nicht so gravierend wirkt. Ich nehme einen Waschlappen und beginne damit Cyrs verletzte Schulter zu waschen. Er ist vollkommen steif, zurückzucken tut er aber erst, als ich über seine Flanke fahre. Ich bin vorsichtig, versuche der Naht nicht zu nahe zu kommen. Als ich mit der Seite fertig bin und mich an Cyrs restlichen Oberkörper mache wirkt er nicht mehr so verkrampft. Er sitzt vollkommen still. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er das ganze genießt. Ich fahre über seinen starken Rücken, fühle seine festen Muskeln unter meiner Hand. Er hat wirklich eine erstklassige Figur. Aber schließlich bin ich fertig und mache mich daran auch seinen Körper um abzutrocknen. Die Beine macht er selbst und zieht sich zumindest mal seine Boxershorts an, bevor er sich so auf den Klodeckel setzt, dass ich gut an seine Wunde herankomme. Ich desinfiziere die Wunde und verteile großflächig Salbe darauf. Auch Cyrs Schulter reibe ich mit einer Schmerzlindernden Salbe ein, ehe ich sie wieder verbinde. Und währenddessen reden wir kein einziges Wort. Wir schweigen uns einfach an. Schließlich räume ich die benutzten Utensilien weg und Cyr zieht sich fertig an. „Jetzt hätte ich Lust auf ein Frühstück im Bett.“ Überrascht sehe ich zu Cyr. Er steht vor mir in einem weißen Hemd und schwarzer Jogginghose. Irgendwie ulkig und es passt so gar nicht. Aber genau deswegen hat es was. Seine grauen Augen wirken fragend. „Gut, dann Frühstück im Bett.“ Ich mache mich auf den Weg in die Küche um uns eine Kanne Tee zu machen, etwas Obst zu schneiden und … Ja was denn jetzt eigentlich? Soll ich Nougatcreme auf Cyrs Brot machen oder doch lieber Marmelade? Oder Wurst und Käse? Für mich gibt es Omas Apfelmarmelade. Aber das hilft mir bei Cyr nicht weiter. Mag er es süß oder lieber deftig? Ich lass das einfach jetzt mit dem Nachgrübeln und mach eins mit Marmelade und das andere mit Salami und Käse. Dann kann er es sich aussuchen. Ich balanciere das Tablett, auf das ich alles gestellt habe in mein Schlafzimmer. Cyr hat den Nachttisch etwas abgeräumt und sitzt im Schneidersitz auf meinem Bett. Schnell stelle ich meine Last ab und reiche ihm seinen Teller mit den beiden Broten. „Ich wusste nicht, was dir lieber ist!“ Er greift zuerst zur Wurst und lehnt sich gegen das Kopfteil. Ich kuschele mich wieder unter die Decke und nehme meine Teetasse. In Cyrs habe ich unten schon einen Löffel Kunstblut gemischt, also muss ich jetzt aufpassen, welche Tasse ich nehme. Gemeinsam schlagen wir uns den Magen voll. „Wie war eigentlich dein Date gestern?“ Überrascht sehe ich zu Cyr, dessen Blick interessiert auf mir liegt. „Es war wirklich schön. Marcell hat einen tollen Humor, wir haben viel gelacht.“ Erwidere ich nach einigem Zögern. Es kommt selten vor das er nach meinem Privatleben fragt. Da muss schon was ziemlich an mir nagen, damit er sich herablässt zu fragen. „Er scheint ein netter Kerl zu sein!“ Also jetzt müsste man meine Kinnlade eigentlich auf dem Boden aufschlagen hören. Träume ich oder habe ich ganz zufälligerweise den Weltuntergang verpasst? „Du hast ihn doch gar nicht kennen gelernt!“ Plötzlich liegt so die Idee eines Lächelns auf seinen Lippen. Seine Gesichtsmuskulatur bewegt sich keinen Millimeter, aber ich kenne dieses Blitzen in seinen Augen. Das ist eines von Cyrs seltenen Lächeln. Und das kommt eigentlich nur, wenn er sich über mich amüsiert. „Brauche ich gar nicht. Du hast von ihm geträumt!“ Oh scheiße. Sofort schießt mir das Blut in die Wangen. Ich hab keinen Plan was ich geträumt habe oder was mein Unterbewusstsein aus dem gestrigen Abend gemacht hat. Das könnte alles sein, von einem harmlosen Gespräch bis zu heißem… Nein, darüber werde ich jetzt ganz sicher nicht nachdenken. Nicht vor Cyr, sonst sieht er doch noch etwas in meinen Gedanken, was mein Unterbewusstsein ihm hoffentlich letzte Nacht vorenthalten hat. „Du hast meine Träume belauscht!“ versuche ich empört zu sagen. Doch ich glaube die Scham macht meinen Tonfall eher verzweifelt. „Belauscht würde ich nicht sagen!“ Cyr beginnt nun auch sein zweites Brot zu essen. „Du träumst einfach sehr laut. Da kann man einfach nicht weg hören!“ Was soll das denn heißen? Laut Träumen? Rede ich etwa im Schlaf? Oder Schnarche? Wohl kaum. Sonst hätte mir mein Ex das sicher mitgeteilt. Er hat jedes Geräusch im Schlafzimmer gehasst. „Klar doch!“ „Nein wirklich. Du träumst sehr laut!“ erklärt Cyr. „Wenn ich neben dir liege und du schläfst, dann sind deine Träume für mich, wie das Licht für eine Motte. Sie ziehen mich an. Deine Träume sind wie ein Magnet. Ein bunter, lauter, freundlicher Magnet. Glaub mir, wenn du sie einfangen könntest und dann verkaufen würdest. Es wäre das beste Schlafmittel der Welt!“ Jetzt schleicht sich auf Cyrs Gesicht tatsächlich ein richtiges, echtes Lächeln. Seine Mundwinkel wandern zwei Millimeter nach oben. Ich bin verwirrt. „Ähm … Danke!?“ Soll das jetzt etwa heißen er benutzte meine Träume um besser einschlafen zu können? Oder irgendetwas anderes? Da hier ist genauso seltsam wie gestern mit meinem Parfüm. Das fand er auch beruhigend. Und es hat mir das Leben gerettet. Ansonsten hätte er mich vielleicht gebissen. Aber auch wenn er seit dem bestimmt nicht genug Blut zu sich genommen hat, hat er keine Anstalten gemacht mich erneut anzugreifen. Er hat sich im Griff. Ist auch gut so. Ich sehe zu Cyr, der gerade seine Tasse weg stellt und sich dann sich wieder in die Decke einrollt. Er sieht mir in die Augen. Ich kann nicht in seinem Gesicht lesen. „Das sollten wir öfter machen!“ Seine Augen fallen zu und er ist eingeschlafen. Während ich wach und verwirrt neben ihm liege und einfach nicht schlau aus ihm werde. Was sollten wir öfter machen? Zusammen Frühstücken oder über meine bunten, lauten und freundlichen, magnetartigen Träume reden? Also zu zweiterem hätte ich noch ein paar Fragen, aber die muss ich nach einem Blick auf meinen schlafenden Partner wohl auf wann anders verschieben. Kapitel 9: Kapitel 8 -------------------- Kapitel 8: Cyr schläft und das inzwischen schon seit fünf Stunden! Und dabei kann man nicht einmal sagen die Nacht wäre für ihn so anstrengend gewesen, dass er jetzt den ganzen Vormittag verschlafen muss. Ich meine, letzte Nacht hat er geschlafen! Ich kann das bezeugen, ich lag im selben Bett! Und habe normalerweise einen sehr leichten Schlaf. Wenn mein Bettgenosse aufsteht, bin auch ich sofort auf den Beinen. Inzwischen ist es zwei Uhr Mittags und mir ist sterbenslangweilig. Ich habe bereits mit Mirko telefoniert, der mich haargenau über den Zustand von Cyrs Verletzungen ausgefragt hat. Dabei gibt es dazu ja nichts Besonderes zu sagen. Immerhin sahen sie heute Morgen beim Verbandswechsel sehr gut aus. Sie zeigen keinerlei Anzeichen einer Entzündung und scheinen gut zu verheilen. Und jetzt sitze ich hier am Küchentisch und weiß nicht was ich machen soll. Ich bin es einfach nicht gewohnt auf jemanden Rücksicht nehmen zu müsse. Bis jetzt war immer ich alleine es, der meine Freizeit bestimmt hat. Ich könnte mal wieder lesen. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. In den letzten Monaten habe ich kaum die Zeit dazu gefunden. Ich bin gerade aufgestanden und auf dem Weg zum Bücherregal, da klingelt mein Telefon. Ich sprinte fast schon zu der Station im Wohnzimmer und reiße es heraus. Hoffentlich ist Cyr davon jetzt nicht aufgewacht. Wenn er den Schlaf braucht, dann soll er ihn bekommen, auch wenn es mich sehr verwirrt. Immerhin heißt es ja immer Vampire würden nicht schlafen. Diese Auffassung kommt allerdings eher aus den Filmen und wirren Hirnwendungen der Menschen. Natürlich schlafen Vampire, nur haben sie einen anderen Stoffwechsel und brauchen damit wesentlich weniger Schlaf. Sie können sogar über einen Zeitraum von drei Wochen ganz ohne Schlaf auskommen. Allerdings nicht schwer verletzt, wie es scheint. Okay meine Feldstudie hat genau einen einzigen Teilnehmer. Der noch dazu kein typischer Vampir ist. Der typische Vampir ist jünger als dreihundert Jahre, Triebgesteuert, sehr selbstbezogen und verteidigt sein Revier verbissen gegen alle magischen Wesen. Cyr dagegen ist verdammt alt. Mich interessiert wirklich wann er geboren wurde. Denn manchmal ist sein Verhalten … seltsam. So als würde es auf einer weit zurückliegenden Erziehung basieren. Triebgesteuert ist Cyr definitiv nicht. Ich kenne keinen, der sich so gut unter Kontrolle hat wie Cyr. Selbstbezogen trifft zu. Aber ein Revier hat Cyr auch nicht, zumindest weiß ich von keinem. Vielleicht sollte ich meine Gedanken endlich mal auf das klingelnde Telefon in meiner Hand lenken. Kopfschüttelnd drücke ich den grünen Hörer und halte mir das Gerät ans Ohr. „Melanie Fuller!“ „Hallo Schatz!“ Oh, meine Mutter. Mit ihr habe ich auch schon lange nicht mehr telefoniert. Ich setze mich im Wohnzimmer auf die Couch. „Hallo Mama!“ Ich lehne mich zurück und schließe die Augen. „Wie geht es dir? Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Du arbeitest in letzter Zeit viel zu viel!“ Die anklagende Stimme meiner Mutter klingt in meinen Ohren. Eigentlich führen wir dieses Gespräch alle paar Monate. Um genau zu sein immer dann, wenn sich die Organisation nicht vor Aufträgen retten kann und ich fast vierundzwanzig Stunden auf der Jagd nach abtrünnigen magischen Wesen bin. „Es geht mir gut Mama! Es tut mir leid, aber du weißt doch, dass meine Arbeitszeiten kompliziert werden können.“ „Ich weiß! Wie sieht es momentan aus? Kannst du morgen zum Mittagessen?“ Ich seufze leise und fahre mir durchs Haar. „Ich kann leider nicht, Mama!“ Nicht solange Cyr bei mir wohnt. Die Mittagessen bei meinen Eltern dauern immer bis in die späten Abendstunden und so lange will ich den Vampir wirklich nicht alleine lassen. Vor allem wo er ja immer noch nicht mit dem Herd klar kommt. „Musst du Arbeiten?“ Wenn ich jetzt ja sage ist das Gespräch schnell beendet, aber ich habe noch nie viel davon gehalten meine Eltern anzulügen, zumindest nicht mehr als ich es eh schon tun muss. „Nein, das nicht. Aber ich habe Besuch!“ „Ein Mann? Kenne ich ihn?“ War ja klar, dass die Frage kommt. Ich verdrehe die Augen. „Nein, du kennst ihn nicht! Und er ist nur ein guter Freund!“ Nicht dass meine Mutter jetzt auf die Idee kommt mich mit Cyr verkuppeln zu wollen. „Dann bring ihn doch mit zum Essen.“ Ab durch die Mitte. Ich glaube das ist der Leitspruch meiner Familie. Aber Cyr bei meinen Eltern. Irgendwie ist das schwer vorstellbar. „Ihm geht es nicht gut. Deswegen habe ich ihm angeboten so lange bei mir zu bleiben. Mitbringen ist da vielleicht nicht die beste Idee.“ „Ach Schatz… es kommt mal wieder die ganze Familie zusammen. Dein Bruder mit den Zwillingen und Alina ist ausnahmsweise auch mal zuhause! Und sie bringt ihren Freund mit.“ Okay das ist wirklich selten, dass alle gleichzeitig können. Alina ist meine jüngere Schwester. Sie ist gerade achtzehn geworden und ständig mit ihren Freunden unterwegs. Mama beschwert sich immer mal wieder, dass sie kaum etwas von ihren Töchtern hatte und damit meint sie nicht immer nur mich. Und mein Bruder Samuel arbeitet normalerweise um diese Zeit. Die Zwillinge sind dann sowieso meistens bei meinen Eltern. Inzwischen hat sich das ganze eingespielt, aber am Anfang als Lisa sich von ihm getrennt hat und nichts mehr von den gemeinsamen Kindern wissen wollte war es nicht einfach. „Dann kann ich ihn erst recht nicht mitbringen. Das ist viel zu anstrengend für ihn!“ Cyr würde das ganze ziemlich mitnehmen. Mit Gesellschaft kommt der Vampir einfach nicht gut klar. Erstrecht nicht, wenn es um privaten Kontakt geht. Und das Risiko ihn mitzunehmen nehme ich erstrecht nicht auf mich, wenn ich ihn nicht richtig einschätzen kann. Was mir momentan noch schwerer fällt als sonst. Und vor allem würde er nicht freiwillig mitkommen. „Wenigstens eine Stunde, danach könnt ihr ja wieder gehen. Ich würde euch nur gerne mal wieder an einem Tisch haben!“ Ich würde ja schon gerne, aber… „Ich komme mit! Eine Stunde werde ich deine Familie schon aushalten!“ Überrascht drehe ich mich zur Tür. Wie lange steht Cyr da schon? Er lehnt am Türrahmen und sieht zu mir. Ich nehme den Hörer vom Ohr und halte die Sprechmuschel zu. „Willst du wirklich mit kommen? Ich kann meiner Mutter auch absagen!“ Er schüttelt den Kopf. „Es ist deine Familie! Und es ist meine Schuld, dass du nicht einfach zu ihnen fahren kannst.“ Ich habe Cyr schon öfter gefragt ob er meine Familie kennen lernen möchte. Vor allem am Anfang. Er hat immer abgelehnt. Warum will er jetzt auf einmal mit kommen? „Bist du dir sicher?“ Er zögert kurz, dann nickt er. Ich sehe ihn noch einen Moment durchdringend an und wende mich dann wieder dem Telefon zu. „Okay Mama, wir kommen vorbei.“ Dann beende ich das Gespräch und wende mich wieder Cyr zu. „Hast du ausgeschlafen?“ frage ich ihn lächelnd. Kurz beißt er sich auf die Unterlippe. „Hör auf dich über mich lustig zu machen.“ Knurrt er dann leise. Das war doch gar nicht böse gemeint. Anscheinend versteht er das aber nicht. „Cyr, ich mache mich nicht über dich lustig! Ich bin es nur nicht gewohnt, dass du so lange schläfst.“ Er sieht mich an. Irgendwie fragend und doch wieder kühl und unnahbar. „Ich kann hier einfach gut schlafen!“ Bekomme ich schließlich doch noch eine Reaktion. Allerdings verwirrt diese mich noch mehr. Was will er mir damit jetzt sagen. Also wenn ich von mir ausgehe, dann kann ich da gut schlafen, wo ich mich wohl fühle. Heißt das jetzt er fühlt sich bei mir wohl? „Willst du etwas essen? Ich kann dir das Mittagessen aufwärmen!“ Er nickt und wir gehen zusammen in die Küche. Diesmal schaut Cyr mir über die Schulter, als ich den Herd bediene und weil ich schon mal dabei bin, erkläre ich ihm auch noch schnell den Wasserkocher. Dabei sieht er etwas verschämt aus. Vielleicht weil ich mitbekommen habe, dass er sich damit nicht auskennt? Egal. Ich beobachte Cyr beim Essen. Er isst langsam und die Menge würde nicht einmal mich satt machen. Aber wenn man bedenkt, dass er vermutlich seit Jahrzehnten keine feste Nahrung mehr zu sich genommen hat. Da ist es nur verständlich, dass sich der Körper erst wieder daran gewöhnen muss. Wenigstens nimmt er etwas zu sich. Das war auch eine Frage die Mirko mir am Telefon gestellt hatte. Cyrs Essverhalten. Er war zwar nicht überschwänglich, aber ich habe seine Erleichterung gehört. Und so wie ich es verstanden habe, braucht ein Vampir keine normale menschliche Nahrung um zu überleben, aber sie kann trotzdem als Energielieferant genutzt werden. Und ein verletzter Körper braucht nun mal mehr Energie um sich zu regenerieren. „Ich will kurz in die Stadt, dir eine andere Jacke kaufen. Eine die du über den Gilchrist ziehen kannst. Kommst du mit?“ Cyr schüttelt gleich den Kopf, legt dann sein Besteck zur Seite. „Aber wenn du dann mit Becca spazieren gehst, würde ich mitkommen. Um diese Uhrzeit ist es in der Stadt so voll.“ Aber morgen will er mit zu meiner Familie. Kapitel 10: Kapitel 9 --------------------- Kapitel 9: Es ist halb zwölf, als wir das Haus verlassen und zu meinem Auto gehen. Cyr trägt seine neue Jacke, die ich ihm gestern gekauft habe. Sie ist schwarz, wer hätte es erwartet? Etwas anderes habe ich mich gar nicht zu kaufen getraut. Ich hatte lange geschwankt zwischen einer weiß blauen und dieser schwarzen. Aber dann habe ich überlegt, was Cyr wohl mit mir machen würde, wenn ich mit einer bunten Jacke ankäme. Und mich entschieden, dass ich das gar nicht wissen will. Also habe ich die schwarze genommen. Sie ist nicht wirklich weit, aber es reicht damit er den Gilchrist unter der Jacke tragen kann. Besonders begeistert war Cyr gestern trotzdem nicht, als ich gestern von meinem kurzen Shoppingtrip zurückkam. An der Jacke selbst hatte er allerdings wenig auszusetzten gehabt. Eher fand er es nervig, dass er überhaupt eine andere Jacke brauchte. Und das nur wegen seiner Verletzung. Es war ihm deutlich anzusehen, dass sie ihm ganz schön auf den Sack ging. So wirklich klar geworden ist mir das gestern beim Abendessen. Er wollte den Tisch decken, dabei ist ihm ein Teller runter gefallen und zerbrochen. Er hat geflucht in etlichen Sprachen, von denen ich die Hälfte nicht einmal benennen konnte, geschweige denn verstand. Ich habe ihm gesagt, dass mit dem Teller sei nicht schlimm. Da hat er mich dann angesehen und mir ist bewusst geworden, dass es gar nicht um den Teller ging. Und seitdem habe ich angefangen Cyr heimlich zu beobachten. Wenn er sich umzog brauchte er eine kleine Ewigkeit für die Knöpfe, den Reisverschluss oder seine Schnürsenkel. Über jede einzelne kleine Bewegung schien er sich im Vorfeld Gedanken machen zu müssen. Doch manchmal reichte das nicht, dann zuckte er zusammen und biss die Zähne fest zusammen. Ich habe ihn vorhin noch mal gefragt, ob wir wirklich zu meinen Eltern wollen. Er hat ja gesagt. Langsam zweifle ich wirklich ob das eine gute Idee ist. Aber Cyr noch einmal zu fragen, würde ihn nur noch gereizter machen, als er eh schon war. Indirekt würde ich ihn dann als schwach bezeichnen, weil ich ihm den Besuch nicht zutraute. Und das würde seinen männlichen Stolz ankratzen. Ganz schlechte Idee. Dabei waren wir seit dem Telefonat mit meiner Mutter gut miteinander ausgekommen. Wir waren zusammen mit Becca spazieren, dann haben wir Pizza gegessen und uns einen Film im Fernsehen angeschaut. Und so ist es mir definitiv lieber. Auch heute Morgen haben wir friedlich zusammen gefrühstückt und uns dann etwas über das Wetter unterhalten. Okay, das ist jetzt kein atemraubendes Thema oder so, aber mehr als wir in den letzten Jahren geredet haben. Ich halte Cyr die Beifahrertür auf und steige dann selbst ein. „Los geht’s!“ Ich hoffe ich tue hier nichts Falsches. Cyr lehnt sich in seinem Sitz zurück und schließt die Augen. Er hat letzte Nacht schlecht geschlafen. War immer wieder wach gewesen. Er hat irgendetwas von `nicht müde´ gemurmelt, und dass er in den letzten Tagen einfach zu viel geschlafen und zu wenig getan hat. Allerdings nehme ich ihm diese Erklärung nicht so ganz ab, wenn ich sehe, wie er jetzt neben mir im Auto sitzt. Mit blasser Haut und dunklen Schatten unter den Augen. Die Fahrt zu meinen Eltern verbringen wir schweigend, nur Becca, die auf der Rückbank liegt, steckt ab und zu ihren Kopf zwischen den Sitzen durch und schnaubt leise. Meine Eltern wohnen etwa eine halbe Stunde entfernt in einem kleinen Ort. Cyr schaut aus dem Fenster und betrachtet die kleinen Häuser mit den großen Gärten. Schließlich biege ich in den Hof meines Elternhauses und stelle den Motor ab. Ich wende mich Cyr zu. „Meine Familie kann etwas… aufdringlich sein. Sie meinen es gut, aber wenn es dir zu viel wird, dann sag Bescheid!“ Statt einer Antwort öffnet er seine Tür und hievt sich aus dem Wagen. Ich folge ihm seufzend, lasse Becca auch raus und gehe dann vor zur Haustür. Ich brauche nicht mal klingeln, da wird die Tür von innen geöffnet und meine Mutter sieht mich strahlend an. „Da bist du ja schon, Schatz!“ Ich umarme sie und lasse mich auf die Wange küssen. Becca drückt sich an uns vorbei ins Haus. Dann entdeckt meine Mutter Cyr. Sie lässt mich los und sieht ihn forschend an. „Das ist also ein Freund von dir?“ Ich schaue Cyr entschuldigend an und nicke dann. „Ja, das ist Cyr.“ Ich sehe wie sie ihn mustert und versuche meinen Partner mit ihren Augen zu sehen. Er ist einen Kopf größer als ich, schlank, trägt nur schwarz und ist sichtlich blass um die Nase. „Frau Fuller!“ Er nickt meiner Mutter kurz zu, ich glaube kurz Unsicherheit in seinen grauen Augen aufblitzen zu sehen. Dann hält er ihr die linke hin. Meine Mutter lächelt ihn freundlich an und ergreift seine Hand. „Schön dich kennen zu lernen. Sag doch ruhig Anna!“ Gemeinsam betreten wir das Haus und Mama geht zur Küche vor. Am Küchentisch sitzt bereits Alina. Ihr dunkelblondes Haar ist zu einem flotten Pagenschnitt gekürzt. Das letzte Mal als ich sie gesehen habe hatte sie noch Locken bis zum Po. Das ist wirklich ein überraschender Anblick. Aber noch seltsamer wirkt der junge Bursche neben ihr. Er ist muskulös, hat dunkelbraune Haare, die ihm in die Augen hängen und mehrere Piercings in der linken Augenbraue und im Ohr. Eigentlich müsste er alleine von seiner Statur her einschüchternd wirken, doch an seinem Blick ist deutlich zu sehen, dass er sich ziemlich unwohl fühlt. Und irgendwie kann ich auch verstehen warum. Ihm gegenüber sitzt mein Vater und schaut ihn durchdringend an. Ich kenne diesen Blick. So hat er bisher auch alle meine Freunde bei ihrem ersten Aufeinandertreffen angesehen. Und Papa kann wirklich furchteinflößend wirken. Okay Cyr könnte ihn definitiv übertrumpfen, wenn er es darauf anlegen würde. Aber Papa vertritt das Motto, er müsse seine kleinen Mädchen vor den bösen, bösen Männern beschützen. Jetzt sieht er auf und sein Blick fokussiert sich sofort auf Cyr. Ich muss schwer schlucken. Hoffentlich geraten die beiden nicht aneinander. Er steht auf. „Du bist also Melanies Freund?“ Cyr weicht seinem Blick nicht aus, sondern erwidert ihn stumm. Und ich muss ihm zugestehen, das ist das Beste was er tun kann. Wer vor meinem Vater zurückschreckt hat schlechte Karten bei ihm. „Ich bin Cyr ja!“ Er verbessert auch nicht, dass er höchstens ein Freund von mir ist und nicht der Freund. Jetzt stehen sie sich gegenüber und starren sich gegenseitig in die Augen. Mama legt meinem Vater eine Hand auf den Unterarm. „Philipp. Jetzt lass den Jungen doch erst mal seine Jacke ausziehen, bevor du ihn in die Mangel nimmst!“ Mama lächelt Cyr freundlich an und geht dann zur Küchentheke. Papa schaut weiter grimmig den Vampir an. Wenn man die beiden so sieht wie sie sich anstarren, da würde man denken mein Vater ist im klaren Vorteil. Er ist genau so groß wie Cyr, aber wirkt mit seinen breiten Schultern und den massiven Muskeln wesentlich breiter und stärker. Nur weiß ich es besser. Cyr ist zwar schmaler gebaut, aber die enorme Kraft, die in seinem Körper steckte würde ihm so keiner zutrauen. Ich helfe Cyr aus seiner Jacke und hänge sie über eine Stuhllehne. Der Blick meines Vaters schweift über das schwarze Hemd und den weißen Gilchrist, der sich irgendwie krass davon abhebt. Dann bietet er Cyr wortlos den Stuhl neben seinem an und der Vampir setzt sich tatsächlich. „Möchtet ihr etwas trinken?“ Mama stellt uns zwei Gläser hin. Zögernd sieht Cyr zu mir und dann wieder zu Mama. „Könnte ich einen Tee haben?“ Er klingt ein klein wenig zögernd und vorsichtig. Ich sehe wie die Augen meiner Mutter weich werden. Sie berührt ihn ganz sanft an der Schulter. Cyr zuckt zusammen. „Natürlich Junge! Möchtest du eine bestimmte Sorte? Apfel, Vanille, Pfefferminz…?“ „Pfefferminz klingt gut!“ Cyr versucht sich an einem kleinen Lächeln. Mama kümmert sich um den Tee, während ich mir eine Flasche Wasser aufmache und mich dann auf Cyrs andere Seite setzte. Ich schaue meine Schwester an und dann zu ihrem Freund, der jetzt nicht nur meinen Vater ängstlich, sondern auch noch Cyr bewundernd anblickt. „Hi Schwesterchen. Ich bin Melanie und du bist?“ Der Junge sieht mich etwas verschreckt an, streckt dann aber doch die Hand über den Tisch. „Mein Name ist Simon!“ Und das ist auch alles was er mit mir redet. Mama stellt Cyr seinen Tee hin und ich mische einen Löffel seines Kunstblutes darunter. Was uns wiederum einen fragenden Blick meines Vaters einbringt. Allerdings harkt er nicht nach, als ich ihm etwas von Medizin erzähle. Dann klingelt es an der Tür und kaum ist Mama im Flur kommen Maximilian und Marco schon in die Küche gestürmt. Die Zwillinge bleiben allerdings abrupt stehen, als sie die beiden fremden Männer am Tisch sehen. Allerdings hängen ihre Blicke mehr auf Cyr als auf Simon. „Wer ist der komische Mann da?“ fragen die sechsjährigen im Chor. „Das ist Tante Mellys Freund Cyr!“ antwortet meine Mutter ihnen. „Cyr? Komischer Name!“ Maximilian sieht ihn aus zusammengekniffenen Augen, während Marco sich eher etwas schüchtern hinter seinem Bruder versteckt. Cyr beugt sich etwas zu den Jungs herunter. „Wer sagt, dass dein Name besser ist?“ fragt er vollkommen ernst. Maximilian verschränkt die Arme vor der Brust und reckt das Kinn etwas nach oben. „Du weißt doch gar nicht wie ich heiße!“ Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Da irrte er sich aber gewaltig. Cyr weiß selten etwas nicht. „Und woher willst du wissen, dass ich deinen Namen nicht kenne?“ Ein dunkles Lachen erfüllte die Küche. In der Tür steht Samuel. Sein blondes Haar hängt ihm lockig in der Stirn, genau wie seinen beiden Söhnen. Sie sehen aus wie eine Miniversion meines älteren Bruders. Die gleichen schokoladenbraunen Augen, die gleichen blonden Locken und diese süßen Grübchen. „Tja Max. Da hast du wohl deinen Meister gefunden.“ Er kommt auf mich zu und gibt mir einen Kuss auf die Wange, dann wuschelt er Alina durchs Haar, die sofort kreischend aufspringt und ihre Frisur wieder richtet. Ich pruste in mein Wasserglas. „Hi ich bin Samuel!“ Grinsend hält mein Bruder Cyr die Hand hin. Cyr zögert. Ich kann es ihm ansehen und Samuel anscheinend auch, denn er lässt die Hand wieder sinken und wendet sich stattdessen Simon zu, der noch eingeschüchterter wirkt. Immerhin ist Samuel die jüngere Ausgabe meines Vaters. Wie seine Söhne die von ihm. Mama löst die Spannung auf, als sie beginnt das Essen aufzutischen. Es gibt Rippchen mit Kraut und Kartoffelsalat. Ich beobachte wie Cyr sich mit dem Fleisch abmüht und helfe ihm schließlich. Das kann ja keiner mit ansehen, wie er das arme Rippchen misshandelt. Ich spüre die forschenden Blicke meiner Eltern und Geschwister auf uns liegen. „Woher kennt ihr beiden euch eigentlich?“ fragt schließlich Samuel. „Von der Arbeit!“ antworte ich sofort. „Wir sind Kollegen!“ Mein Vater sieht Cyr durchdringend an. „Sie sind Krankenpfleger?“ Verwirrt sieht der Vampir ihn an, dann schluckt er den Bissen hinunter. „Nein. Ich gehöre zum … Sicherheitspersonal!“ Ja so könnte man es betrachten. Es kamen keine weiteren Fragen. Vielleicht auch, weil Cyrs Blick immer düsterer zu werden schien. Aber ich konnte sehen, dass das ganze ihn anstrengte und er sich auf das Tischgespräch zu konzentrieren versuchte. Den Nachtisch rührte er nicht an. Ich half meiner Mutter den Tisch abzuräumen. An der Küchentheke sieht sie mich ernst an. „Fahrt nach Hause, ich habe das Gefühl er wird immer blasser!“ Ich stimme ihr im Stillen zu. Cyr sieht wirklich nicht gut aus. Also verabschiede ich mich von meiner Familie. Maximilian hält mich am Ärmel fest. „Wann gehen wir ins Kino?“ Ich beiße mir auf die Lippe. Ich will die beiden nicht anlügen. „Sobald es Cyr wieder besser geht! Seid mir nicht böse, Jungs, aber er braucht mich momentan!“ Maximilian fährt sich durch die Locken und sieht zu meinem Partner. „Kommt er dann auch mit?“ Ich zucke mit den Achseln. „Vielleicht!“ Kapitel 11: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10: Auf der Rückfahrt ist Cyr deutlich anzumerken, dass es ihm definitiv nicht gut geht. Er ist noch stiller, leichenblass und hat die gesunde linke zur Faust geballt. Ich spreche ihn erst an, als ich zuhause in die Auffahrt fahre. „Komm Cyr wir sind da!“ Nur langsam hebt er den Kopf. Seine Augen sind trüb und verschleiert. Verdammt ich hätte ihn nicht mitnehmen sollen. Das mit seinen Verletzungen ist doch erst vorgestern gewesen! Es ist erst der dritte Tag. Ich hätte wissen müssen, dass das nicht gut geht! Aber nein. Ich musste ja zu meinen Eltern fahren. Ich harke mich bei Cyr unter und bugsiere ihn Richtung Haustüre. Becca springt freudig um mich herum. Plötzlich bleibt sie abrupt stehen. „Wo zum Teufel wart ihr?“ Cyr bleibt abrupt stehen. Ich schaue nach rechts und direkt in Mirkos strenge Augen. Er lehnt an der Wand neben der Tür. Cyr verkrampft sich neben mir. „Ich dachte ich habe mich klar genug ausgedrückt.“ Sein Blick durchbohrte Cyr. Ich sehe wie Cyrs gesunde Hand sich zur Faust ballt. Seine Knöchel treten weiß hervor Dann entspannt er sie wieder, Gelenk für Gelenk, Finger für Finger. „Wir waren doch nur Mittagessen!“ werfe ich ein, doch Mirko hat nur Cyr im Blick. „Du hast mir dien Wort gegeben, Cyr! Also pack deine Sachen!“ Cyr zuckt zusammen und lässt den Kopf hängen. Das meint der Arzt jetzt nicht ernst, oder? Cyr hält sich doch an die Regeln. Ich meine er hat doch nur am Tisch gesessen und sonst nichts. Er hat nicht trainiert oder so. Und wenn ist das doch alles meine Schuld! Aber warum zum Teufel widerspricht Cyr nicht? Langsam wendet er sich ab und geht zur Haustür. Ich folge ihm. „Kann ich nicht bleiben?“ Seine Worte sind so leise, dass selbst ich sie kaum verstehe. Ich schließe ihm die Tür auf und drücke dann ganz leicht seine Hand. „Geh schon mal hoch. Wir kommen gleich nach.“ Er hebt nicht mal den Blick, sondern verschwindet einfach im Haus. Becca läuft ihm nach und ich drehe mich zu Mirko um. „Cyr bleibt hier!“ Seine Augenbrauen schießen in die Höhe. Ich verschränke meine Arme vor der Brust. „Aha, warum sollte ich meine Meinung ändern?“ Ich atme tief durch. Jetzt gilt es. Cyr hat endlich mal gesagt, was er möchte. Okay, es war eine Frage, warum sich an dem momentanen Zustand etwas ändern sollte. Aber trotzdem. So wie ich es verstanden habe, wollte er gerne bleiben, also würde ich mich dafür einsetzen. „Weil es für Cyr besser wäre!“ Ich fahre mir durchs Haar. „Cyr in ein Krankenzimmer zu sperren und ins Bett zu zwingen ist falsch! Er braucht Freiraum!“ „Nein, er braucht Ruhe!“ unterbricht mich Mirko hart. „Aber das schließt sich doch nicht gegenseitig aus! Ruhe hat er hier genug. Er schläft viel und isst. Er hat weder trainiert, noch sich irgendwie überbelastet. Wir waren nur bei meinen Eltern Mittagessen!“ Er sieht mich skeptisch an. Sehr, sehr skeptisch. So als würde er mir nicht glauben. „Vielleicht ist er etwas erschöpft, aber schau dir seine Verletzungen an. Er hält sich an die Regeln!“ Mirko sieht noch immer nicht überzeugt aus. Ich seufze resigniert und gehe ins Haus. Wenn er mir nicht zuhören will, dann muss ich es ihm eben zeigen. Von Cyr ist nichts zu sehen. Ich habe vorhin gesagt, er soll schon mal hoch gehen. Vielleicht ist er ja wirklich im Schlafzimmer. Ich gehe nach oben. Cyr steht vor dem Schrank. Sein ganzer Körper ist angespannt, sein Gesicht ausdruckslos. Er hat sich nicht mal die Jacke ausgezogen. Und was zum Teufel macht er da? Er zieht seinen Stapel T-Shirts aus dem Fach, das ich extra für seine Sachen frei geräumt habe. „Er packt freiwillig!“ gibt Mirko hinter mir von sich. Nein das tut er nicht, aber das muss ich dem Arzt wohl erst noch klar machen. Ich trete auf Cyr zu und nehme ihm die T-Shirts aus der Hand. „Komm, zieh die Jacke aus und das Hemd. Mirko wird sich erst mal die Wunden ansehen, bevor er entscheidet ob du gehst oder bleibst!“ Sein Blick ist voller unterdrückter Hoffnung. Ich streiche ihm über die Schulter und führe ihn dann zum Bett. „Setz dich!“ Cyr gehorcht und ich helfe ihm beim ausziehen, dann mache ich Platz und sehe Mirko auffordernd an. Wortlos lässt er sich von dem Arzt den Verband abnehmen und die Wunde an seiner Seite neu versorgen. Er zuckt nicht einmal zusammen. Dann wendet sich Mirko seiner Schulter zu. Vorsichtig bewegt er den Arm in alle Richtungen. Cyrs Zähne bohren sich in die Unterlippe. Er gibt keinen Laut von sich. Nichts. Mirko tastet ihn ab. „Schmerzen?“ Er schließt die Augen. „Ja!“ Mirko legt ihm einen Salbenverband an und hilft ihm dann wieder in den Gilchrist. „Das sieht ganz gut aus!“ Nickend setze ich mich zu Cyr auf die Bettkante. Egal ob ihm die Nähe jetzt gut tut oder nicht. Es hilft wahrscheinlich, wenn Mirko mitbekommt, dass er mich an sich ran lässt. „Also bleibt er hier!“ Ich fixiere den Arzt, doch statt einer eindeutigen Antwort reagiert er nur mit einem weiteren Befehl. „Ich will mit dir unter vier Augen reden!“ Ich spüre wie Cyr neben mir zu zittern anfängt. >Leg dich hin! < Die Worte möchte ich nicht laut aussprechen, weil ich ganz genau weiß, dass er Widerworte geben würde. >Warum? Damit ich in fünf Minuten wieder aufstehen muss? < Hab ichs nicht gesagt? Sein Knurren kann ich schon fast wirklich hören. >Cyr! Du legst dich hin und ich kümmer mich um alles andere, okay?!< Silbergraue Augen fixieren mich lange, dann nickt er langsam und legt sich vorsichtig auf den Rücken. Ich decke ihn zu. „Ich bin gleich wieder da!“ erkläre ich sanft und verlasse das Zimmer. Mirko folgt mir auf den Fuß. „Melanie, was soll das?“ Ich schließe die Küchentür hinter uns und fülle den Wasserkocher auf. „Mirko! Cyr geht es schlecht! Ja das ist mir bewusst! Sein Kreislauf ist instabil. Ihm wir immer wieder schwindelig und seine Körpertemperatur schwankt extrem. Ich bin nicht blind! Ich bekomme das mit! Die letzten zwei Tage ist er nur zum Essen runter gekommen und um eine halbe Stunde mit mir und Becca an die frische Luft gegangen. Ich habe die Zeit mich um ihn zu kümmern. Ich habe die Zeit zu warten bis er zum Essen kommt, wenn er Hunger hat.“ Während ich rede koche ich Tee und fülle die Wärmflasche. „Cyr braucht niemanden, der seinen Zustand überwacht, der ihm zu festgelegten Zeiten einfach das Essen hinstellt. Ein wenig Fürsorge lässt er zu, aber es wird ihm schnell alles zu viel! Er ist nun mal ein Einzelgänger!“ Ich hole eine Packung Kekse aus dem Schrank und mische das Kunstblut unter den Tee. Entschieden sehe ich Mirko an. „Cyr bleibt hier!“ Er verschränkt die Arme vor der Brust. Sieht mich lange an. „Na gut, er kann bleiben! Aber wenn irgendetwas ist… Ruf mich an! Ich werde alle zwei Tage vorbeikommen. Und wenn sich sein Zustand auch nur ein winziges bisschen verschlechtert werde ich ihn mitnehmen!“ Erleichtert atme ich durch. „Wie lange ist er krankgeschrieben?“ Frage ich leise in die entstandene Stille. „Erster Januar!“ Das sind noch über sechs Wochen. Ich frage mich ob Cyr wirklich so lange die Füße still halten kann. Scheinbar sind mir die Gedanken anzusehen. „In zwei drei Wochen wird er mit einem leichten Training anfangen können, aber einsatzbereit ist er erst wieder im neuen Jahr.“ Okay das klingt logisch und ist bei jemandem wie Cyr mit Sicherheit auch sinnvoll. Aber jetzt sollte ich vielleicht erst mal nach Cyr sehen. Ich trage alles nach oben und stelle es auf den Nachttisch. Der Vampir hat sich zusammengerollt und zittert. Seine Augen sind geschlossen und er beißt sich auf die inzwischen schon blutige Unterlippe. Vorsichtig lege ich ihm eine Hand in den Nacken und fahre sanft durch sein schwarzes Haar. „Cyr? Ich hab dir eine Wärmflasche gemacht.“ Silbergraue Augen blinzeln mich erschöpft unter dunklen Wimpern an. Er hebt die Decke ein winziges Stück und ich schiebe ihm die Wärmflasche darunter. Lächele ihn an. „Du darfst hier bleiben!“ Die Erleichterung in seinem Blick tut mir in der Seele weh. Und ich kann nicht anders, als mich neben ihn aufs Bett zu setzen. Er rutscht ein Stück zur Seite. Es dauert nicht lange, da schmiegt sich Cyrs kalter Körper an mich. Ich lehne mich in die Kissen zurück und ziehe die zweite Decke über ihn und mich. Ein leises Räuspern lässt mich aufsehen. Mirko steht im Türrahmen. Sein Blick ist ungewohnt weich. Er nimmt seine Tasche und sieht Cyr direkt in die Augen. „Du hast wirklich Glück mit deiner Partnerin.“ Dann geht er ohne weitere Einwände. Ich spüre wie Cyr das Gesicht an meiner Schulter vergräbt und sich langsam entspannt. Seine Temperatur steigt auch langsam wieder auf ein normales Level. Meine Hand zaust durch sein weiches Haar. „Was hast du zu ihm gesagt?“ „Als ob du es nicht gehört hättest.“ Er schnaubt empört. „Im Normalfall lausche ich nicht!“ Ich weiß, dass das stimmt. Immerhin war er ziemlich erleichtert, als ich ihm gesagt habe, dass er bleiben kann. Das wäre er nicht so gewesen, wenn er es schon vorher bewusst hätte. „Nicht viel. Die Wunden sehen gut aus. Ich habe ihm nur klar gemacht, dass du hier besser aufgehoben bist, als bei ihm.“ Cyr erwidert nichts, richtet sich kurz auf um seine Tee leer zu trinken. Dann rückt er noch etwas näher an mich heran. Er liegt einfach nur neben mir und starrt ins Leere. Nach einigen Minuten nehme ich mein Buch vom Nachttisch und beginne zu lesen. Becca stuppst die Schlafzimmertür auf und legt sich in ihr Körbchen, nachdem sie sich versichert hat, das ich auch da bin. Das macht sie immer so, stellt sich kurz am Bett auf und schaut nach. Und irgendwie habe ich das Gefühl sie hat auch Cyr gesehen. Kapitel 12: Kapitel 11 ---------------------- Kapitel 11: Irgendwie hat sich etwas zwischen mir und Cyr verändert. Seit dem Besuch bei meinen Eltern und der Diskussion mit Mirko. Ich habe das Gefühl, Cyr sucht mehr meine Nähe. Früher, also vor seiner Verletzung… Das klingt komisch, wenn ich da früher sage… immerhin war das erst vorgestern. Aber egal. Also vor der Begegnung mit der schwarzen Witwe, die für Cyr nicht so schön geendet hat, war er anders. Viel scheuer. Wie ein Tier. Er war richtig gehend Menschenscheu. Er hat es immer geschafft in einer Menschenmenge niemanden zu berühren und wenn ihn doch unvorbereitet jemand angefasst hat, ist er zusammengezuckt. Ich habe mich nie getraut ihn anzufassen. Ich hatte immer Angst vor ihm und vor dem wozu er im Stande ist. Das hat sich geändert. Obwohl er mich da in diesem Flur der Organisation angegriffen hat, habe ich weniger Furcht. Vielleicht liegt das daran, dass ich in diesem Moment irgendetwas in seinen Augen gesehen habe. Etwas, dass ihn menschlicher macht. Er war immer so kontrolliert, unnahbar. Aber in diesem Moment war er schwach. Der Vorfall hat ihn irgendwie Menschlich gemacht. Ich habe seine schlimmste Seite gesehen, den Vampir in ihm. Unkontrolliert. Und doch macht mir das weniger Angst als diese aufgezwungene Kontrolle, dieses einkerkern seiner Natur. Cyr hat Schwächen, ebenso wie ich und jedes andere Wesen auf diesem Planeten. Und eine davon ist seine Natur, zumindest scheint er es so zu sehen, denn ich habe das Gefühl, dass er sie immer mehr unterdrückt. Aber jetzt zurück zu dem, was sich seit dem verändert hat. Cyr sucht mehr meine Nähe. Ich glaube das habe ich schon mal gesagt. Früher war immer ich es, die auf ihn zu gegangen ist. Ich habe ihn auf den Bällen zum Tanz aufgefordert, ich habe seine Hand ergriffen, wenn wir mal wieder ein Paar spielten und ich habe immer um Hilfe gefragt. Wenn uns keiner Beobachtete ging er auf Abseits und wenn wir doch irgendetwas zusammen tun mussten, dass irgendwelchen Körperkontakt, egal welcher Art beinhaltete, so tat immer ich den ersten Schritt. Und genau das hat sich verändert. Erstens zuckt Cyr nicht mehr zusammen, wenn ich ihn unvorbereitet berühre. Und zweitens gehen Berührungen auch von ihm aus und er hält keinen Sicherheitsabstand mehr. Das erst mal so wirklich fällt mir das aus, als ich nach dem Abendessen beschließe etwas fern zu sehen. Cyr ist noch in der Küche und kocht sich einen Tee. Inzwischen kann er mit meinem Wasserkocher umgehen. Ich mache es mir schon mal auf dem Sofa bequem. Mein Sofa hat so eine L-Form und davor steht ein Glastisch. Ich setze mich auf die Seite wo ich meine Beine hochlegen kann und frontal zum Fernseher sitze. Auf der Lehne liegen zwei Decken. Ich nehme mir eine davon und schnappe mir dann die Fernbedienung. Kaum läuft das Gerät kommt Cyr durch die Tür. Er hält eine Tasse in der Hand und sieht einfach nur schlecht aus. Seine Haut ist weiß wie ein Laken, richtig fahl. Ich habe ihm einen Pullover gegeben, den Samuel das letzte Mal vergessen hat, weil er einfach wesentlich dicker ist, als alles, was er so besitzt. Aber mein Bruder ist nun mal um einiges breiter gebaut, was zur Folge hat, dass Cyr in dem Pullover zu verschwinden scheint. Dadurch wirkt er verloren und verletzlich. Aber am meisten erschrecken mich seine Augen. Das sonst so leuchtende harte Silber. Ist matt und glanzlos und gleichzeitig wirken seine Augen glasig. Cyr geht um den Tisch herum und ich rechne eigentlich fest damit, dass er sich ganz ans andere Ende des Sofas setzt. Doch das tut er nicht. Ganz langsam lässt er sich direkt neben mir auf das Polster sinken und stellt die Tasse ab. Sein Arm berührt meinen. So nah sitzt er neben mir und starrt blicklos auf den Fernseher. Ich bin wie erstarrt. Was ist denn jetzt kaputt. Okay vorhin im Bett hat er sich auch an mich gekuschelt, aber da habe ich es mir mit Mirkos Anwesenheit erklärt. Cyr wollte es einfach nur überzeugender machen. Aber das jetzt kann ich so nicht erklären. Immerhin sind wir alleine. Bis auf Becca, aber sie ist ein Hund und wird Cyr deswegen wohl kaum komisch beäugen. Plötzlich fällt mir auf das Cyr zittert. Friert er? Er zieht die Beine auf das Polster und schlingt den gesunden Arm um seine Knie. Er friert! Ich nehme die zweite Decke und lege sie über seine Schultern. Er zieht die Schultern ein wenig hoch und lehnt sich dann an mich. Ich sehe ihn überrascht an. „Cyr?“ Seine trüben Augen sind starr auf den Fernseher gerichtet. „Lass uns einfach den Film schauen!“ Ich wende meinen Blick nach vorne. Viel habe ich bis jetzt nicht mitbekommen. Ich war viel zu sehr auf Cyr fixiert. Und das wird auch nicht viel besser. Cyr rutscht immer weiter nach unten, bis er mit dem Kopf in meinem Schoß liegt und die Beine ausgestreckt hat. Aber er bekommt genauso wenig mit. Seine Augen sind geschlossen. Ich betrachte sein angespanntes Gesicht. Blass mir dunklen Ringen unter den Augen. Zu Abend hat er nichts gegessen, nur Tee mit Kunstblut zu sich genommen. Er saß still mir gegenüber. Ihm geht es momentan ziemlich schlecht und eigentlich gehört er ins Bett. Aber er wollte diesen Film mit schauen. Aber vielleicht geht es ihm gar nicht um den Film, sondern um meine Gesellschaft? Neee, ich meine das ist Cyr, oder? Der Cyr, der nichts von Körperkontakt hält, der der noch heute Mittag zusammen gezuckt ist, als meine Mutter ihm über die Schulter strich. Immer noch derselbe Mann. Derselbe Mann, über den ich nichts weiß, der sich bis vorgestern noch weigerte meine Familie kennen zu lernen. Der immer nur über die Arbeit mit mir gesprochen hat. Der sich nicht berühren ließ. Es ist immer noch Cyr, der da dösend in meinem Schoß liegt. Ich weiß immer noch nicht mehr über ihn. ich kenne ihn noch immer nicht besser. Und doch hat sich zwischen uns was Grundlegendes verändert. In dem Moment, wo ich die Waffe habe fallen lassen, wo ich ihn mit zu mir genommen habe und begonnen habe für ihn da zu sein. Ich streiche ihm über die Flanke, genau über den Verletzungen. Er zuckt nicht mal. Es verändert sich nicht mal der Tonus seiner Muskulatur. Kein Anspannen. Nichts. „Cyr?“ Spreche ich ihn leise an. Ist er überhaupt noch wach? Als Antwort bekomme ich nur rein leises grummeln, dass einfach alles heißen kann. „Cyr, hey. Hier kannst du nicht schlafen! Die Couch ist viel zu unbequem für dich mit deinen Verletzungen!“ Davon werde ich nicht abrücken. Außerdem jetzt wo er scheinbar keine Probleme hat mit mir zu kuscheln, sollte er doch ohne Schwierigkeiten mit mir in einem Bett schlafen können! „Können wir nicht einfach hier bleiben?“ Jetzt verstehe ich ihn, wenn auch mühsam. „Nein. Ich mache jetzt den Fernseher aus, dann gehen wir hoch ins Bett und schlafen.“ Er rührt sich keinen Millimeter, auch wenn ich sanft gegen seinen Rücken schiebe. „Cyr, du kannst hier vielleicht so schlafen, aber für mich ist das mehr als unangenehm!“ Ich spreche leise und eigentlich sind die Worte auch nicht für Cyr bestimmt. Aber er hört sie natürlich trotzdem. Fast sofort sitzt er aufrecht. Und hält sich dabei stöhnend die Flanke. Ich lege schnell die Decken zur Seite. Alles andere werde ich morgen machen. Ich folge Cyr die Treppe nach oben und zusammen legen wir uns schlafen. Es dauert keine fünf Minuten, da hat er sich wieder dicht an mich geschmiegt. Ich bin viel zu müde, als dass ich mir da noch weiter Gedanken machen kann. Mitten in der Nacht weckt mich ein nerv tötendes, viel zu lautes Piepen. Das Bett neben mir ist leer. Wo ist Cyr? Ein leises Bumm, ein unterdrückter Fluch. Er steht rechts vom Bett und hat sich gebückt um dieses Piepende Ding, das er scheinbar hat fallen lassen vom Boden aufzuheben. Sein Handy wie ich kurz darauf feststelle als er ran geht. Ich verstehe kein Wort des Gesprächs. Cyr hört nur zu. Ab und zu stellt er eine Frage oder gibt einen Zustimmenden laut von sich. Nach Fünf Minuten legt er auf und dreht sich zu mir. Er ist immer noch so blass. „Wir müssen in die Zentrale.“ Er beginnt sich anzuziehen. „Warum? Außerdem darfst du gar nicht mit deinen Wunden!“ Kein Zögern. „Es ist scheinbar wichtig. Sie haben Mirkos Zustimmung!“ Okay, ich krieche aus meinem warmen, weichen Bett und beginne ebenfalls mich anzuziehen. Was zum Teufel war so wichtig Cyr mitten in der Nacht aus dem Bett zu klingeln, noch dazu wo er verletzt ist?! Kapitel 13: Kapitel 12 ---------------------- Kapitel 12: Die Fahrt zur Organisation verläuft schweigend. Cyr hängt mehr wie ein nasser Sack auf seinem Sitz und ich werfe ihm immer wieder besorgte Blicke zu. Was ist so wichtig, dass sie Cyr schwer verletzt in die Organisation beordern. Vor allem wo Mirko ihn sechs Wochen krank geschrieben hat. Und so weit ich weiß gibt es nur eine einzige Person, die es wagen würde dem Arzt zu widersprechen. Und das ist Lucian Clark. Der Leiter der Organisation. Der wohl mächtigste Mann der magischen Welt. Sein Einfluss auf die magischen Wesen ist unbeschreiblich. Aber welchen Grund hatte Lucian Cyr her zu beordern? Aber meine Fragen müssen wohl warten, denn jetzt lenke ich den Wagen in die Tiefgarage. Wir werden bereits erwartet. An der Tür zum Gebäude steht Lucian. Groß, dominant, mächtig. Hinter ihm stehen zwei Männer seiner persönlichen Garde und Mirko, der alles andere als begeistert wirkt. Kaum habe ich den Motor abgestellt ist Lucian neben dem Auto und reißt die Beifahrertür auf und redet auf Cyr ein. In dieser fauchenden, knurrenden Sprache, die nur Vampire beherrschen. Lucians langes schwarzes Haar ist zu einem strengen Zopf geflochten und hängt über seine Schulter nach vorne. Seine goldbraunen Augen fixieren Cyr fest und ich habe das Gefühl, dass er sich gerade bei Cyr entschuldigt. Dabei verstehen sich die beiden normalerweise sehr schlecht. Cyr und Lucian gehen sich normalerweise aus dem Weg. Und wenn sie sich doch mal über den Weg laufen sehen sie sich eiskalt an. Und jetzt das. Lucian hilft Cyr vorsichtig aus dem Auto. Die beiden Vampire sind gleich groß, sogar ihr Körperbau ist ähnlich, nur hat Cyr weniger Masse. Langsam lässt Lucian Cyr los. Wir gehen durch die langen Flure bis zur Kommandozentrale. Davor bleibt Lucian stehen und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, ich fühle mich plötzlich winzig. „Sie bleibt draußen!“ Damit bin dann wohl ich gemeint. Na super, jetzt darf ich mir den Rest der Nacht in einem der Aufenthaltsräume um die Ohren schlagen. Immerhin muss ich ja auf Cyr warten. Seufzend wende ich mich ab, als Mirko sich räuspert. „Lucian! Ich habe Melanies Anwesenheit zur Bedingung gemacht. Also wird sie bei Cyr bleiben!“ Lucian sieht mich genervt an. Cyr knurrt irgendetwas. Und dann gibt Lucian nach. Überrascht sehe ich den beiden Vampiren nach, die jetzt den Raum betreten. Ich folge ihnen schnell. In der Kommandozentrale sind eine Menge Leute. Während Cyr sich direkt an die Stirnseite neben Lucian setzt bleibe ich an der Wand stehen. Ich bin hier vollkommen fehl am Platz. Ich bin nur die Partnerin eines Vampirs. Bei Besprechungen war ich nie dabei. Und vor allem nicht, wenn es um so etwas Großes geht, dass die halbe Organisation mitten in der Nacht auf den Beinen ist. Cyr beugt sich über eine dicke braune Akte. Leise unterhält er sich mit Lucian, ich verstehe kein Wort. Allerdings kann ich nicht sagen ob aufgrund der Lautstärke im Raum oder sie in einer anderen Sprache sprechen. Ich beobachte die einzelnen Mitarbeiter. Mikael und Ian sitzen an der riesigen Computerwand. Auf einem der Bildschirme ist eine Landkarte zu sehen. Die beiden sind Zwillinge. Und eine der wenigen Menschen außer mir, die hier Arbeiten. Ihr Talent liegt in der Technik. Da sind sie wirklich unschlagbar. Sie tragen das gleiche blaue T-Shirt, ihre blonden Haare stehen ab, als wären sie sich schon mehrfach mit beiden Händen hindurch gefahren. Die Tür wird geöffnet und lenkt mich von den Zwillingen ab. Alisha betritt den Raum. Die Nymphe trägt ein türkises Kleid, das gerade mal ihren Po bedeckt. Was mich allerdings viel mehr überrascht ist, dass keiner der Männer auch nur aufsieht. Alisha hat Traummaße. Das wünscht sich jede Frau. „Ich habe ein Bild!“ Mikaels Stimme ist nicht laut, trotzdem bringt er alle zum Verstummen. Lucian und Cyr sind aufgesprungen und hinter den Computercrack getreten. Cyr ist noch blasser als vorhin. Wie lange wir schon hier sind? Ich weiß es nicht, aber es muss schon eine längere Zeit sein. „Cyr, wir brauchen ein Gesicht!“ Cyr beugt sich nach vorne und betrachtet mit zusammengekniffenen Augen das Bild. Darauf ist ein Park zusehen. Am helllichten Tag. Entweder sind das keine aktuellen Bilder oder sie sind von der anderen Seite der Welt. „Da ist er nicht drauf! Er sitzt neben irgendeinem Gebäude auf einer Bank. Ich sehe hier nichts, dass annähernd so aussieht.“ Der schwarzhaarige schüttelt langsam den Kopf. Lucian flucht in etlichen Sprachen. „Gibt es noch weitere Kameras in diesem Park? Mikael?“ Der Beißt sich auf die Unterlippe, hackt auf seinen Computer ein und schüttelt dann den Kopf. „Nein! Keine, die auch nur irgendwie in der nähe eines Gebäudes ist. Ich habe hier die beiden Zugänge. Mehr kann ich nicht tun!“ Lucian wendet sich Cyr zu. „Halte die Verbindung aufrecht! Und ihr durchsucht die Aufnahmen der Kameras. Wir haben einen etwaigen Zeitpunkt zu dem er den Park betreten hat.“ Cyr dreht sich wieder zu seinem Stuhl um und schwangt plötzlich. Mit der gesunden Hand versucht er sich auf der Lehne abzustützen. Verfehlt sie aber. Ich springe vom Boden auf und bekomme ihn gerade noch zu fassen. Sein Gesicht hat jegliche Farbe verloren. Mühsam halte ich ihn aufrecht. „Melly… m… is… schlecht!“ Kaum hat er es ausgesprochen, beginnt er zu würgen und übergibt sich schwallartig zu meinen Füßen. Scheiße. Das ist alles zu viel für ihn. Ich versuche seinen krampfenden Körper aufrecht zu halten. Vergeblich. Cyr entgleitet mir. Doch er stürzt nicht. Lucian kommt mir zur Hilfe. Hält ihn bis Cyr sich über den Mund fährt und erschöpft den Kopf hängen lässt. Vorsichtig nimmt er ihn auf seine Arme. „Ich bringe dich auf die Krankenstation!“ murmelt Lucian leise. Doch Cyr schüttelt den Kopf. „Ich… ich h…hab… ihn noch… wenn er …Park verlässt…!“ Einen Moment zögert der Leiter der Organisation. „Es tut mir leid, Bruder!“ Er spricht so leise, dass ich ihn kaum hören kann. Obwohl ich neben ihm stehe. Dann setzt er Cyr vorsichtig auf einen Stuhl. „Holt ein Bett! Und sorgt dafür, dass hier aufgewischt wird!“ Sofort bricht rege Betriebsamkeit aus. Cyr drückt sich die Hand gegen die Stirn. Ich laufe nach einem kurzen Blick auf Cyr aus dem Raum. In der Krankenstation renne ich Mirko in die Arme. „Was ist Melanie?“ Ich schlucke schwer. „Ich brauche eine Schale Wasser, ein Tuch und etwas gegen Übelkeit… Cyr…“ Ich fahre mir durchs Haar. „Natürlich Melly! Aber ich möchte ihm keine Medikamente geben! Zumindest noch nicht! Probieren wir es mit Anis-Fenchel Tee!“ Ich nicke, nehme alles von Mirko entgegen und mache mich dann auf den Rückweg. Cyr liegt bereits an auf einem der Krankenbetten, dass jemand in die Kommandozentrale gebracht hat. Lucian sitzt auf einem Stuhl daneben und hört ihm aufmerksam zu. Ich weiß nicht worüber er spricht, aber er sieht schrecklich aus. Ich setze mich neben ihn auf die Bettkante und streiche ihm das Haar aus der Stirn, dann wasche ich ihm vorsichtig das Gesicht ab. Cyr hält nicht in seinem Monolog inne. Nur wenn er kurze Pausen macht schaffe ich es ihm ein paar Schlucke Tee einzuflößen. Und so geht das noch Stunden. „Er verlässt den Park.“ Die Worte von Cyr sind nur noch leise und kraftlos. Er hat inzwischen das dritte Mal gebrochen. Klar nur ein wenig Flüssigkeit, die ich ihm mühevoll eingeflößt habe. „Bei ihm ist ein Mann. Er bückt sich bindet sich die Schuhe!“ „Ich habe ihn!“ Ian springt auf und hackt auf der Tastatur seines Bruders herum. Cyr schließt erleichtert seine Augen. Ich drücke sanft seine Eiskalte Hand, die ich schon die ganze Zeit halte. Lucian beugt sich über meinen Partner. Flüstert etwas und legt ihm die Hand auf die Stirn. Cyr reißt erschrocken die Augen auf, scheint sich gegen irgendetwas zu wehren. Dann fallen ihm die Lieder zu und seine Atmung wird ruhig und gleichmäßig. „Was hast du getan?“ flüstere ich entsetzt. Goldbraune Augen fixieren mich. „Ich habe ihn zum schlafen gebracht!“ Ich sehe auf Cyrs blasses Gesicht. Er ist vollkommen am Ende. Lucian hat ja recht. Aber ihm ist es bestimmt nicht recht einfach so dazu gezwungen zu werden. Vorsichtig streiche ich über seine Wange. „Ich würde dir so gerne helfen!“ Egal was, Hauptsache etwas tun. „Dann gib ihm dein Blut!“ Kapitel 14: Kapitel 13 ---------------------- Kapitel 13: "Dann gib ihm dein Blut!" Lucians Worte Hallen in meinem Kopf wieder. Das ist doch nicht sein ernst. Seit es das Kunstblut gibt ist es so gut wir verboten, dass ein Vampir von einem Menschen trinkt. Zumindest nicht ohne Seitenlängen Vertrag. Wenn es in beidseitigem Einvernehmen geschieht sehen wir auf unseren Einsätzen weg. Allerdings würde kein Vampir, der etwas auf sich hält von einem Menschen trinken. Oder? Ganz ehrlich... Ich habe keine Ahnung. Immerhin bin ich kein Vampir. Ich sehe hinunter auf Cyrs leichenblasses Gesicht. Selbst im Schlaf wirkt er angespannt und unruhig. Ich will ihm so gerne helfen. Aber kann ich nichts anderes tun, als ihm mein Blut zu geben? "Das ist vielleicht nicht die beste Idee." Lucian sieht auf und direkt in Mirkos verkniffenes Gesicht. Er sieht auf Cyrs hinunter. "Ich hab dir gesagt, dass es so enden wird!" Was meint der Arzt damit? Was hat er Lucian gesagt? "Ich lasse ihn auf die Krankenstation bringen..." Nein! Aber ich bleibe still. Mirko hat ja recht. Cyr ist dermaßen am Ende, alleine bekäme ich ihn nicht mal bis zum Auto. "Nein. Lass ihn gehen. Du weißt dass Cyr sich hier nicht wohl fühlt." Lucian setzt sich für Cyr ein!? Was ist hier los? Ich dachte immer die beiden können sich nicht ausstehen. Aber anscheinend habe ich mich da geirrt. "Klar doch. Und wie soll er in seinem momentanen Zustand die Treppe in Melanies Haus hoch kommen. Oder überhaupt bis zu ihrem Wagen?" Mirko hat definitiv recht mit seiner Argumentation. Aber Lucian scheint anderer Meinung zu sein. "Mirko, ich kümmere mich darum, dass er zu Melanie kommt und dort die Treppe hoch. Aber lass ihn gehen!" Das Blickduell zwischen den beiden zieht sich lange bis Mirko schließlich nachgibt. "Na gut. Melly kommst du kurz mit in mein Büro! Ich werden die etwas für Cyr mitgeben." Das war weniger eine Bitte, als ein Befehl. Also folge ich Mirko. Er schließt die Tür hinter uns. "Setzte dich, Melly!" Ich gehorche. "Ich möchte dich zu nichts zwingen, oder dich zu etwas überreden?" Ich nicke verwirrt. Er seufzt leise. "Auch wenn du es vielleicht für falsch hältst. Wäre echtes Blut für Cyr in seiner jetzigen Situation das beste. Ich müsste es mit einigen Medikamenten mischen, damit er zu es verträgt. Aber es würde ihn schneller wieder auf die Beine bringen." Ich will mich nicht beißen lassen. Cyr hatte seine Zähne schon mal an meinem Hals und irgendwie macht mir die Vorstellung Angst. "Also würdest du sozusagen Blut spenden? Dann können wir das gleich hier machen!" "Wie gleich hier?" entfährt es mir. Das verstehe ich nicht? Cyr ist doch nicht hier. Wir soll er dann mein Blut trinken? "Wenn du zustimmst werde ich dir jetzt Blut abnehmen und es mit den Medikamenten vermischen. Wenn Cyr später wieder wach ist wärmsten du es einfach auf. Danach musst du dich darum kümmern, dass er genug Flüssigkeit zu sich nimmt. Am besten das Kunstblut. Aber alles andere tuts auch." Okay, damit komme ich klar. Eine Nadel flößt mir definitiv weniger Angst ein, als Cyrs messerscharfen Zähne an meinem Hals. Ich Stimme zu und lasse Mirko seine Arbeit tun. Als ich zu Cyr zurück komme ist er wieder wach. Allerdings hängt er von Lucian gestützt über der Bettkante und übergibt sich gerade ein viertes Mal. Wohl nicht die beste Gelegenheit ihm jetzt das Blut zu geben. Lucian sieht auf und mir direkt in die Augen. Dann hebt er Cyr auf seine Arme. Der wehrt sich halbherzig, lässt sich dann allerdings ohne große Widerworte tragen und lehnt den Kopf an Lucians Brust. Wortlos Folge ich den beiden. Lucian steuert in der Tiefgarage direkt auf mein Auto zu und setzt Cyr auf den Beifahrersitz. Dann steigt er hinten ein. Die Fährt zu mir verbringen wir in absolutem Schweigen. Lucian bringt Cyr die Treppe hoch und direkt in mein Bad. Dort setzt er Cyr auf den Rand der Badewanne. "Möchtest du duschen?" Lucian sieht Cyr aufmerksam an. Mein Partner sieht aus, als würde er einfach umkippen. Kurz abduschen wäre aber bestimmt keine schlechte Idee. So durchgeschwitzt wie er es ist. Ich stelle den Hocker wider in die Dusche und hole ein flauschiges Handtuch. Lucian hilft Cyr beim ausziehen und unter die Dusche. Ich gehe ihm frische Kleider holen. Dann stehe ich tatenlos im Bad und beobachte wie Cyr sich von dem langhaarigen Vampir beim waschen helfen lässt. Nicht dass er ihn besonders nah an sich heran lässt. Aber er schweigt dazu. Zehn Minuten später liegt er im Bett. Eine Tasse Tee in der Hand, in die ich ein Mittel gegen Übelkeit gemischt habe. Mirko hat es mir gegeben. Er meinte ich solle zumindest bis zum Morgen warten, bis ich ihm das Blutgemisch gebe. Und dann auch nur, wenn er nicht mehr alles Bericht, was ich ihm einflößen. Cyr nippt an dem Tee nur und stellt ihn dann zur Seite. Mit trüben Augen sieht er mich an. Kurz werfe ich einen Blick auf den Wecker. Halb fünf Uhr morgens. Wir waren fast die ganze Nacht unterwegs. Ich drehe mich zu Lucian um, der sich in die Zimmerdecke zurückgezogen hat und von Becca skeptisch beäugt wird. "Ich kann die das Sofa im Wohnzimmer ausziehen, wenn du bleiben willst!?" Warum zum Teufel klinge ich so unsicher. Der Vampir nickt. Als ich aufstehen will, hällt er mich allerdings mit einer knappen Handbewegung zurück. "Bleib hier! Ich bekomme das hin. Cyr..." Mit einem knappen nicken verschwindet er aus dem Schlafzimmer und ich hören ihn die Treppe hinunter gehen. "Was war denn das gerade?" Verwirrt sehe ich noch immer auf die Für. "Sein schlechtes Gewissen." murmelt Cyr leise hinter mir. Ich setze mich auf die Bettkante und streiche ihm über das noch feuchte Haar. "Es war ja auch nicht gerade die beste Idee, dich in deinem Zustand in die Organisation zu bestellen, was auch immer er da von dir gelangt hat." Cyr schließt die Augen. "Ich sollte jemanden aufspüren. Lucs Informant konnte uns nur eine etwaige Position geben. Aber für eine Festnahme brauchen wir mehr als einen falschen Namen und einen ungefähren Aufenthaltsort." Ich verstehe nicht so wirklich was Cyr mir damit jetzt sagen will. Aber ich lasse es gut sein. Cyr soll sich ausruhen, damit sein Magen sich wieder beruhigt und ich ihn wieder aufpäppeln kann. Ich streiche ihm über die Wange und lege mich dann neben ihn unter die Decke. Sofort kuschelt Cyr sich nahe an mich. "Weck mich wenn irgendetwas ist!" Flüsterte ich ihm noch zu und schließen dann erschöpft die Augen. Jetzt habe ich zwei Vampire im Haus. Und trotzdem Fälle ich bald in einen tiefen und traumlosen Schlaf. Kapitel 15: Kapitel 14: ----------------------- Kapitel 14: Als ich aufwache ist es hell. Ich bin von einer Sekunde auf die andere wach. Irgendwie fühlt sich mein Bett so leer an. Leer und Kalt... Cyr!!! Ich fahre hoch und sehe mich suchend um. Das Bett neben mir ist leer. Und auch in meinem Schlafzimmer ist er nicht zu sehen. Scheiße wo steckt er? Ich springe aus meinem Bett und schnappe mir ein Sweatshirt um es über mein dünnes Nachthemd zu ziehen. Hoffentlich ist ihm nichts passiert! Ich verlasse mein Schlafzimmer. "Cyr? Wo bist du?" Meine Stimme hallt laut durch den Flur. "Melanie! Wir sind im Bad!" Lucian. Er steckt den Kopf durch die Tür und ich betreten das Bad. Cyr kauert auf dem Boden, hat den Kopf gegen die Wand gelehnt und die Augen geschlossen. "Was ist los?" Fragend sehe ich Lucian an. Der seufzt leise. "Er ist schon eine ganze Weile wach. Mehr weiß ich auch nicht." Na super. Ich knie mich neben Cyr auf den Boden. "Hab ich dir nicht gesgesagt, du sollst mich wecken, wenn irgendetwas ist?!" Er rührt sich nicht. "Hast du!" Aha. "Und warum hast du es nicht gemacht?" Jetzt sieht er mich doch an. Seine grauen Augen sind klar und sanft. "Du hast so ruhig geschlafen!" Das ist natürlich DAS Argument schlechthin. Innerlich schlage ich mir die Hand gegen die Stirn. Allerdings versuche ich mir mein Unverständnis nicht anmerken zu lassen. "Warum bist du überhaupt aufgestanden?" Er sieht aus den Boden. Irgendwie wirkt er schuldbewusst. " Ich konnte nicht mehr schlafen." Ich warte. Das ist mit Sicherheit nicht alles. Und nach ein paar Minuten... "Mir war schlecht." Da haben wir es. Er heißt sich auf die Unterlippe. Seine Stimme ist leise und schuldbewusst. Na immerhin. "Hast du gebrochen?" Frage ich möglichst sanft, jetzt wütend auf Cyr zu sein bringt nicht viel. Er nickt leicht. Ich lege meine Finger unter sein Kinn und zwinge ihn vorsichtig dazu mir in die Augen zu schauen. "Cyr, solange du hier bei mir bist, möchte ich dass du mich mit einbeziehst. Wenn es dir schlecht geht, dann sagst du mir das!" Er sieht mich ängstlich an. " Du bist mir wichtig! Und es ist verdammt scheiße aufzuwachen und nicht zu wissen, wo du bist oder ob es dir gut geht!" Erleichterung steht in seinen Augen und ganz plötzlich lehnt er sich zu mir nach vorne und zieht mich in meine Arme. "Ich hab mich nicht getraut, dich zu wecken." Flüsterte er kaum hörbar. Vergräbt die Nase in meinen Haaren. Ich halte ihn einfach nur fest. Nach ein paar Minuten schiebe ich ihn etwas von mir. "Du gehst jetzt zurück ins Bett und ich kümmere mich darum, dass du etwas in den Magen bekommst!" "Ich bringe ihn ins Bett! Er kann sich kaum auf den Beinen halten." Erst jetzt wird mir Lucians Anwesenheit wieder bewusst. Ich mache dem Vampir Platz und er hebt Cyr ohne große Umstände hoch "Nein! Ich komme mit runter!" Lucian ist mit ihm bereits auf dem Weg zur Tür, als Cyr sich zu wehren beginnt. "Das ist nicht dein Ernst! Du kannst kaum alleine stehen!" erwidert der langhaarige. Cyr schafft es die Beine auf den Boden zu stellen und windet sich aus den Armen seines Vorgesetzten. Er schwankt und muss sich am Türrahmen festhalten. "Ich komme mit runter!" Cyr bleibt sturr. Ich sehe, dass Lucian ebenso dickköpfig reagieren wird. "Dann geh doch! Du kannst ja nicht mal alleine Stehen! Wie willst du die Treppe runter kommen?" Die beiden Vampire sehen sich starr an. Von denen wird keiner nachgeben. Na super. Jetzt muss ich mich wieder um alles kümmern. " Jungs, lasst gut sein!Lucian hilf ihm die Treppe runter! Cyr kann sich aufs Sofa legen! Und ich mache uns eine Kleinigkeit zu essen!" Beide Vampire sehen nicht begeistert aus. Aber ich lasse nicht mit mir diskutieren. Lucian hebt Cyr wortlos auf seine Arme und trägt ihn die Treppe nach unten. Ich helfe Cyr sich so zu setzen, dass weder seine verletzte Schulter, noch seine Flanke Schmerzen verursacht und hole ihm dann eine Decke. " Wehe du bewegst dich hier weg ohne mir Bescheid zu geben! Ich hol die jetzt was zu essen!" Ich gehe in die Küche und komme fünf Minuten später mit dem Blut zurück, das Mirko mir abgenommen und mitgegeben hat. " Hier!" Er nimmt den Becher, schnuppern daran. Ich sehe wie seine Augen sich weiten. "Das ist Menschenblut!" "Ja!" Er betrachtet den Becher eingehend. " Das... Das ist dein Blut?!" Die Verwunderung und Überraschung in seiner Stumme schmerzt in meinem Herzen. Ist es wirklich so unwahrscheinlich, dass ich ihm mein Blut gebe? "Ja, ist es!" Er starrt die rote Flüssigkeit eindringlich an. Er zögert. "Das kann ich nicht annehmen!" Er will mir den Becher zurückgeben. Aber ich nehme ihn nicht. Was soll ich auch jetzt noch damit? Es mir zurück in die Adern füllen? "Trink! Es wird dir helfen!" Cyr zögert noch immer. Lucian tritt neben ihn ans Sofa. Sieht ihm ernst in die Augen. " Hör auf deine Partnerin! Es wird dir helfen!" Doch er schüttelt den Kopf, stellt das Blut auf den Wohnzimmertisch. "Ich kann nicht! Das habe ich nicht verdient!" Langsam werde ich ernsthaft sauer! Was denkt sich Cyr denn? " Klar! Weise meine Hilfe einfach ab. Ich bin inzwischen ja schon daran gewöhnt! Das machst du ja schon seit Jahren. Warum mache ich mir überhaupt noch die Mühe es dir immer wieder anzubieten?" wütend drehe ich mich um und rausche aus dem Wohnzimmer. Er kann mich mal! Immer wenn ich ihm meine Hilfe anbieten, ignoriert er es oder reagiert abwesend. Ganz ehrlich?! Es wundert mich, dass er immer noch hier ist und nicht schon längst wieder abgehauen ist. Wütend reiße ich meinen Küchenschrank auf und hole einen Topf heraus. Dann mache ich wenigstens mir etwas zu essen. Ich nehme die Kartoffeln aus ihrer Kiste und beginne sie zu schälen. Ich hören Cyr und Lucian reden. "Wo willst du hin? Bleib liegen!" Lucian. "Das kann dir doch egal sein! Das einzige, das dich hier hält ist dein schlechtes Gewissen!" Ich habe Cyr noch nie so bitter gehört. "Jetzt nach mal halblang! Ohne mich wärst du gar nicht hier!" Wahre Worte. Ohne Lucians Einsatz hätte Mirko uns bestimmt nicht gehen lassen. "Klasse, was für eine Leistung! Mehr als Befehle geben kannst du auch nicht! Klar das Mirko auf dich hören muss! Du stehst in der Rangordnung über ihm!" Cyr wird immer lauter. "Ich stehe in der Rangordnung über dir!" faucht Lucian zurück. Plötzlich ist es mucksmäuschenstill in meinem Wohnzimmer. Ich habe schon längst Messer und Kartoffel zur Seite gelegt. " Falls du es vergessen hast Lucian... Deinen Rang hast du lediglich inne, weil ich es zulasse... Ein Wort von mir und du bist nichts weiter mehr als ein Ausgestoßener! " Leise, drohend. "Das Cyr würdest du niemals tun!" Lucian klingt ruhig und absolut überzeugt. "Ach, meinst du?" Cyr dagegen lauernden und kalt. "Ich weiß es. Erstens: Du willst meinen Job nicht machen! Zweitens: Ich bin verdammt gut in dem was ich tue! Und Drittens: Das Chaos das das ganze auslösen würde können wir Momentan absolut nicht brauchen! Und das weißt du!" worüber sprechen die beiden? Cyr steht über Lucian? Warum? Wie? Ich trete zur Für und sehe ins Wohnzimmer. Cyr lehnt an der Wand zum Flur. Leichenblasses und zusammen gesunken. "Cyr, lass dir einen Rat geben." Lucian nähert sich ihm. "Lauf nicht weg! Nimm Melanies Hilfe an. Sie tut dir gut!" Cyr lässt den Kopf hängen. "Ich kann ihr nichts zurückgeben! Ich bin das gar nicht wehrt." "Natürlich bist du das wert. Sie ist wirklich eine bemerkenswerte Frau. Ich kenne wirklich niemanden, der es gewagt hätte dich in seiner Verfassung mit zu sich zu nehmen." Cyr stößt sich von der Wand ab und taumelt zurück zum Sofa. Da greift er nach dem Blutbecher. "Ich muss mich bei ihr entschuldigen!" Er will Richtung Küche, doch Lucian bugsiert ihn aufs Sofa. "Du bleibst sitzen und machst das, wenn sie wieder kommt. Sie wird nicht erfreurpt sein dich auf den Beinen zu sehen. Ich gehe zurück zum Herd um mir endlich meine Kartoffelsuppe zu kochen. Etwas zappeln lassen werde ich Cyr noch. Aber verziehen habe ich ihm schon längst. Kapitel 16: Kapitel 15 ---------------------- Kapitel 15: Ich verlasse die Küche erst wieder, als meine Suppe fertig gekocht ist. Mit dem Teller in der Hand lasse ich mich mit einigem Abstand zu Cyr auf der Couch nieder. Er beobachtet mich. Ich spüre seinen durchdringenden Blick auf mir. Als ich ihm jedoch in die Augen sehen möchte, schaut er weg. Weicht mir aus. Sein Blick fixiert sich auf den Becher in seiner Hand... Mein Blut... Das er immer noch nicht getrunken hat. Na super. Er hat sich also immer noch nicht eingekriegt. Und ich dachte er wäre endlich zur Besinnung gekommen und hätte das Zeug getrunken. „Melanie... ich...“ Er fährt sich mit der gesunden Hand durchs Haar, dass ganz im Gegensatz zu sonst wirr in alle Himmelsrichtungen absteht. Ich warte. Wenn er mir etwas sagen möchte, dann soll er dass ruhig tun. Ich werde ihm die Worte nicht aus dem Mund nehmen. Ich werde ihn nicht länger zappeln lassen. Ich werde mich auch nicht querstellen, aber er muss den ersten Schritt tun. Also beginne ich zu essen. Lucian stitz auf dem Sessel, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augenbrauen zusammengezogen. Sein rechter Fuß klopft einen leisen Takt auf den Boden. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Die Stille lastet schwer auf dem Wohnzimmer. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Das macht mich noch verrückt. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Ich werfe Lucian einen genervten Blick zu. Doch der Langhaarige achtet gar nicht auf mich. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Sein Blick ist auf Cyr gerichtet. Dunkel, Hart. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. So kann man doch gar nicht in Ruhe essen. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Geschweige denn Nachdenken. Tat-Tat Tat-Tat-Tat. Dieses Getrampel und dann auch noch Cyrs Blicke, jedes mal wenn ich ihn nicht ansehe. Und jetzt schleicht auch noch Becca unruhig durchs Wohnzimmer. Die gedrückte Stimmung schlägt scheinbar auch auf sie an. Lucian überschlägt die Beine und wippt nur noch mit dem Fuß. Danke. „Melly, ich...!“ setzt Cyr zum zweiten Mal an und verstummt dann wieder. Er wirkt total verkrampft. Ist es denn so schwer sich einfach zu entschuldigen? Scheinbar schon. Mit zitternder Hand stellt er den Blutbecher wieder auf den Tisch. Was soll das jetzt. „Trink das! Ich habe mir nicht umsonst Blut abnehmen lassen!“ Ich knurre Cyr ja schon fast an. Das zusammenarbeiten mit einem Vampir muss abgefärbt haben. Mein Partner zuckt zusammen. Er starrt mich erschrocken an. Doch meinen Blick kann er immer noch nicht erwidern. „Melly, ich... ich kann nicht!“ Leise, kaum verständlich. Nicht sein Ernst?! Ich knalle meinen Suppenteller auf den Tisch, dass er überschwappt. „Jetzt komm mir nicht so!“ Ich schreie schon fast. Aber das ist mir egal. So viel zum Thema Entschuldigung. Er bringt sie nicht über die Lippen vor mir. Stattdessen lehnt er weiter meine Hilfe ab. „Ich.. ich kann nicht!“ Ich funkele ihn wütend an, was er gar nicht sieht, weil er mir mal wieder nicht in die Augen schaut. Sondern irgendwo auf meinen Hals. „Nenn mir einen guten Grund!“ Er schweigt. Keine Antwort. Enttäuscht schließe ich die Augen. Was habe ich auch anderes erwartet? Das mit mir und Cyr würde nie funktionieren. Warum gebe ich mir eigentlich überhaupt noch die Mühe, irgendwie mit ihm klar zu kommen. Ihm vielleicht auch noch irgendwie zu helfen? „Warum bist du dann überhaupt noch hier? Ich dachte wir sind zumindest so etwas wie Freunde. So ein winziges bisschen. Aber du benimmst dich nur, als würde dir das alles am Arsch vorbei gehen! Du interessierst dich nicht für mich, du stößt mich immer wieder weg! Um ehrlich zu sein habe ich die Schnauze voll von deinem Verhalten! Ich habe die Schnauze voll davon dass du mich seit inzwischen zwei Jahren nur herumkommandierst und dir meine Ratschläge nicht mal anhörst. Ich habe die Schnauze voll davon, dass du mich ignorierst, dass dir gar nicht auffällst, was ich alles für dich tue! Weißt du was ich langsam glaube? Das einfach kein anderer mit dir zusammen arbeiten will und du mich nur deswegen ausgesucht hast. Ich habe mir verdammt noch mal Mühe gegeben! Aber davon bemerkst du ja scheinbar nichts!“ Schwer atmend stehe ich mitten im Wohnzimmer und sehe auf Cyr. Er starrt stumm geradeaus. Sein Blick ist absolut emotionslos. Er antwortet nicht. Meine Augen finden den Blutbecher. Ich greife danach und halte ihn Cyr direkt vors Gesicht. „Das hier... Mein Blut... Ich hätte alles getan um dir zu helfen. Aber du hast mich wieder nur weg gestossen! Das kann ich nicht mehr!“ Ich drehe mich zu Lucian um. „Ich kündige. Ich werde nicht mehr für die Organisation arbeiten!“ Es ist absolut still in meinem Wohnzimmer. Dann höre ich hinter mir ein leises Stöhnen. Ich fahre herum. Cyr erhebt sich schwerfällig von der Couch und geht an mir vorbei zur Tür. „Gut, ich hole meine Sachen!“ Kalt, ruhig, als hätte ich ihn nicht gerade rausgeschmissen. Und damit ist er im Flur verschwunden. Lucians goldene Augen sehen mich tadelnd an. „Musste das ausgerechnet jetzt sein?“ Entgeistert sehe ich ihn an. „Ich dachte ihr habt euch arrangiert. Aber scheinbar habe ich mich geirrt.“ Kopfschüttelnd erhebt er sich ebenfalls. „Deine Kündigung bekomme ich noch einmal schriftlich. Du kannst deine Sachen jederzeit aus der Zentrale hohlen.“ Dann dreht er sich um und folgt Cyr. Meine Beine sacken unter mir weg. Und ich muss mich an der Couch festhalten, damit ich nicht falle. Warum fühle ich mich so... so... als hätte ich mich von meinem Freund getrennt? Wir waren nicht mal richtig befreundet gewesen. Trotzdem kann ich die Tränen nicht aufhalten. Ich höre Schritte, und sehe auf. Mein Blick trifft Cyrs. Seine silbergrauen Augen sind hart, sein Gesicht vollkommen emotionslos. Dann dreht er den Kopf weg, die Haustür schlägt zu. Er ist weg. Ich sacke auf der Couch zusammen und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Ich werde Cyr nie wieder sehen. Denn meine Kündigung hat noch ganz andere Auswirkungen. Sie werden mein Gedächtnis manipulieren. Ich werde mich nicht an die Zeit bei der Organisation erinnern könne. Sie werden mir jeden Moment mit Cyr nehmen. Ich werde ihn vergessen. Ich werde alles vergessen, was wir zusammen erlebt haben. Ich werde mich nicht daran erinnern können, wie er in der Küche meiner Eltern saß, wie er neben mir im Bett lag, wie er mit mir durch die Welt gereist ist. Dabei wird es wohl definitiv besser sein. Was bringt es denn mich an ihn zu erinnern, wo doch definitiv ich es bin, die mehr an ihm hängt, als er an mir. Wenn ich mich nicht daran erinnern kann, dann kann ich auch nicht darunter leiden. Ich werde morgen in die Organisation fahren und das alles hinter mich bringen, dann habe ich nie mehr etwas mit Cyr zu tun. Ich wische mir die Tränen von den Wangen und atme tief durch. Es ist vorbei. Ich nehme den Becher Kunstblut vom Tisch und gehe damit zur Spüle. Mein Blick klebt an der roten Flüssigkeit. Mein Lebenssaft. Ich war dazu bereit ihm mein Blut zu geben. Einem Vampir. Diesem Vampir. Ich habe ihm mein Leben anvertraut. Ohne überhaupt darüber nach zu denken. Weil er mir wichtiger war. Weil er mir etwas bedeutete. Das rote Blut versickert im Abfluss. Ich kann den Blick nicht abwenden. Es ist als würde mit jedem Tropfen mein Herz mehr schmerzen. Es ist als würde es um jeden Tropfen weinen. Weil er vergeudet wird. Weil es abgewiesen wurde. Weil Cyr mir mehr bedeutet, als ich mir selbst gegenüber eingestehen kann und will. Aber ich würde es wieder tun. Einem Vampir. Diesem Vampir. Ich würde ihm mein Blut geben. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen. Weil er mir wichtig ist. Weil er mir etwas bedeutet. Ich habe mich in ihn verliebt. Ich habe ihn ein Stück meines Herzens erobern lassen. Und er hat mich weggestossen. Es ist besser so. Es ist besser so. Das Telefon reißt mich aus meinen Gedanken. Das Blut ist schon längst im Abfluss versickert. Meine Augen sind trocken. Ich greife nach dem Höhrer. „Hallo Süße! Hier ist Marcell!“ Ich lehne mich an die Wand. „Hallo Marcell!“ „Ich habe heute kurzfristig den Nachmittag frei bekommen. Und dachte vielleicht hättest du Lust etwas mir mir zu unternehmn?“ Ich starre einen Moment auf die Haustüre. „Ja, gerne. Ich bin in einer halben Stunde fertig.“ Scheiß auf Vampire. Ich werde mir einen schönen Tag mit Marcell machen. „Cool. Ich hol dich also in einer halben Stunde ab! Bis dann Süße!“ Kapitel 17: Kapitel 16: ----------------------- apitel 16: „Weißt du wo Cyr steckt?“ Ich starre Lucian und Mirko an. Die beiden stehen vor meiner Tür. Ich habe mir gerade eine Tasse Tee gekocht, da hat es an der Tür geklingelt. Und jetzt das. Jetzt steht mein Boss vor mir und sieht mich eindringlich an. Ja Lucian ist immer noch mein Boss. Und ich habe auch meinen Job bei der Organisation noch. Warum? Weil Lucian mich nicht gehen lassen wollte, bevor ich nicht noch einmal mit Cyr geredet habe. Ganz ehrlich ich würde diesem Gespräch gerne aus dem Weg gehen. Feige ja, aber ich bin mir sicher, dass Cyr nur etwas neben der Spur wirken muss und ich gebe nach. Egal ob er mir eine Entschuldigung oder Erklärung liefert. Naja aber bis jetzt kam noch kein Anruf, dass Cyr mit mir reden wollen würde. Stattdessen stehen sie jetzt hier vor der Tür. Ich kneife die Augen zusammen. Wie kommen die eigentlich auf die Idee, dass ich wissen würde wo Cyr ist. Ich habe ihn seit vier Tagen nicht mehr gesehen. Seit er mein Haus verlassen hat. Warum sollt ich ihm nachtelefonieren, -laufen, etc. Wenn ich ihn doch eigentlich gar nicht mehr sehen möchte. Einfach um mit all dem abzuschließen. „Nein!“ entgegne ich knapp und schiebe noch ein „Ich weiß nicht wo er steckt!“ hinterher um nicht ganz so abweisend zu klingen. Lucian fährt sich fahrig über das Gesicht. „Hast du irgendeine Idee, wo er sich aufhalten könnte? Hat er dir gegenüber jemals einen Ort erwähnt, an dem er sich gerne aufhält?“ Verwirrt sehe ich sie an. „Nein darüber hat er nie mit mir geredet. Ich weiß überhaupt nichts über ihn. Und gesehen habe ich ihn seit vier Tagen nicht mehr.“ Irgendetwas stimmt nicht. Das ist den Männern definitiv anzusehen. Und es hat etwas mit Cyr zu tun. Jetzt mache ich mir schon wieder Sorgen um den Vampir. Dabei habe ich das doch abgehagt. Aus uns wird nichts mehr. Egal in welcher Hinsicht. `Gesteh dir doch endlich ein, dass du ihn magst.´ Meine innere Stimme. In den letzten Tagen verfolgt sie mich immer häufiger. Und sie geht mir auf den Senkel. Cyr ist mir nicht wichtig. Er hat sich gegen mich entschieden. Und das mehr als einmal. Immer wenn er sich von mir distanziert, mir nicht geantwortet, mich zurückgestoßen hat. `Du hast dich in ihn verliebt, sonst würdest du dir nicht solche Sorgen machen.´ Ich weiß, dass meine innere Stimme recht hat. Aber was hilft es mir, wenn ich es mir eingestehe? Gar nichts! Es würde sich nie etwas ändern. Cyr würde sich nicht ändern. Also was bringt es weiter darüber nach zu denken? „Du kennst ihn mit am Besten, fällt dir wirklich nichts ein?“ Nein, mir fällt wirklich nichts ein. Wenn ich so darüber nachdenke hat Cyr mit mir immer nur über die Arbeit geredet. Über sonst gar nichts. Langsam schüttele ich den Kopf. Lucians Schultern sacken herunter, er wirkt verzweifelt. „Seit Cyr dein Haus verlassen hat ist er spurlos verschwunden. Er hat seine Tasche neben meinen Wagen gestellt und war einfach weg. Er geht nicht ans Telefon und blockt meine mentale Suche ab. Er ist weder in der Organisation noch zu Hause aufgetaucht.“ Gibt Lucian eine knappe Info. Oh. Es war nicht das erste Mal, dass Cyr spurlos für ein paar Tage verschwand. Da war er allerdings, weder verletzt noch geschwächt gewesen. Und meistens wusste zumindest Lucian bescheid, dass der Vampir sich eine Auszeit genommen hatte. „Ich kann euch wirklich nicht helfen! Ich sag euch bescheid, wenn ich ihn sehe. Aber mehr kann ich wirklich nicht tun. Er hat nie über solche Dinge mit mir geredet.“ Wenn er das getan hätte, dann wären wir jetzt nicht in dieser Situation! Dann wäre ich nicht wütend, dass er mich immer wegschiebt und auf Abstand hält und Cyr wäre nicht verschwunden. Mirko und Lucian ziehen mir einem leisen Seufzen und hängenden Köpfen ab. Ihnen ist ihre Ratlosigkeit deutlich anzusehen. Ich stehe in der Tür betrachte den grauen Himmel und die ersten Schneeflocken, die langsam zu Boden sinken. Es ist eiskalt geworden und Cyr ist irgendwo da draußen. Ich mache mir Sorgen. Und schimpfe mich selbst dafür. Es ist doch sowieso alles für die Katz. Den Tag über wird der Schneefall immer stärker. Die Nachrichten geben für die Nacht eine Sturmwarnung heraus. Ich stehe am frühen Abend am Fenster. Sehe hinaus in meinen vollständig zugeschneiten Garten. Es ist nur noch weiß zu sehen. Und es ist kalt draußen. Mein Termometer zeigt gerade einmal zwei Grad an. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu Cyr. Er ist jetzt irgendwo da draußen. Ob es ihm gut geht? Ist es meine Schuld, dass er nicht aufgetaucht ist? Hätte ich mehr auf ihn zugehen sollen? Oder ihn einfach in Ruhe lassen? Hätte das etwas geändert? Tausende Fragen schwirren durch meinen Kopf. Ich kann nicht mehr klar denken. Etwas nass kaltes an meiner Hand lässt mich erschrocken einen Sprung nach hinten machen. Mit klopfendem Herzen sehe ich auf Becca hinunter. Sie steht schwanzwedelnd vor mir. Scheinbar hat sie mich mit ihrer Nase angeschubst. Vielleicht tut mir ein Spaziergang ganz gut! Ich stapfe durch den fast knöchelhohen Schnee. Der Wind wird immer heftiger und eigentlcih will ich einfach nur heim. Ich sehe kaum noch meine Hand vor Augen. Auch Becca wird immer unruhiger. Ihr ist das immer dichtere Schneetreiben nicht geheuer. Doch irgendetwas treibt mich weiter. Wir sind im Park. Nicht weit von der kleinen Kapelle in seiner Mitte entfernt. Der Ort wo ich Cyr zum ersten Mal getroffen habe. Ich bleibe abrupt stehen. Da auf den Stufen ist ein dunkler Fleck in all dem Weiß. Ist das... Vorsichtig nähere ich mich. Plötzlich beginnt Becca freudig mit dem Schwanz zu wedeln und zieht an der Leine. Das da auf den Stufen ist ein Mensch. Kann das sein? Ein grün-blaues Sweatshirt. Schwarze Haare. Cyr! Ich lasse Beccas Leine los und falle vor ihm auf die Knie. Er ist ganz eingeschneit. Sein Haar wirkt unter dem ganzen Schnee schon fast grau. „Cyr?! Was machst du hier? Wo ist deine Jacke?“ Ganz langsam öffnen sich seine Lider. Das Silber seiner Augen ist matt und glanzlos. Es wirkt wie angelaufen. „Mel...!“ Krächzend, kaum zu verstehen. Seine Lippen sind bläulich und eingerissen. „Ich musste Gehen...!“ Er streckt die Hand aus, als wollte er mcih berühren. „Es ist meine Schuld! Es tut mir leid!“ Seine Hand sackt wieder in seinen Schoß. Seine Haut ist leichenblass, fast schon durchscheinend. „Ich stoße dich immer weg. Ich kann nicht anders! Ich will es dir erklären. Schon so oft. Aber ich kann nicht! Es würde nichts ändern! Du würdest mich nur erstrecht hassen! Zu recht!“ Er sicht mich nicht mal richtig an. Blickt durch mich hindurch. Was ist los? Ich bin doch da?! Ich stehe vor ihm! Warum scheint es dann, als würde er mehr mit sich selbst reden? „Cyr...“ flüstere ich erstickt. „Ich würde mir wünschen, du wärst jetzt hier bei mir, Melly... Ich werde dich nie wieder sehen! Du bist gegangen. Hast es nicht mehr mit mir ausgehalten...“ Er verstummt. Etwas klitzert in seinen Augenwinkeln. Tränen! Ich strecke die Hand aus, lege die Finger an seine eiskalte Wange. Er schmiegt sich mir entgegen. „Cyr! Ich bin wirklich hier! Sieh mich an!“ Ich umschließe sein Gesicht mit beiden Händen. Zwinge ihn sein Gesicht zu mir zu drehen. Cyrs Augen fixeren sich auf mich, werden einen Moment klar. „Melly, ich... Du solltest nicht hier sein! Ich...“ Ich unterbreche ihn, indem ich ihm einfach einen Finger auf die aufgerissenen Lippen lege. „Shhh, Cyr! Natürlich sollte ich hier sein! Ich könnte dich niemals im Stich lassen!“ Er lässt sich einfach in meine Arme fallen, drückt seinen eiskalten, zitternden Körper an mich. Ich halte ihn fest. „Das habe... ich … nicht verdient!“ bringt er schluchzend hervor. Ich ziehe umständlich mein Telefon aus der Hosentasche. Cyr ist total unterkühlt. Ein Blick auf mein Handy lässt mich allerdings fluchen. Ich habe keinen Empfang. Scheiße! Verdammter Sturm! Was soll ich jetzt tun? Cyr sieht nicht so aus, als ob er auf eigenen Beinen stehen könnte. Muss Mutter Natur ausgerechnet jetzt so toben? „Cyr, du musst mir jetzt helfen! Du musst raus aus diesem Wetter! Aber ich kann dich nicht tragen! Du musst auf die Beine kommen!“ flehe ich den Vampir eindringlich an. „Lass mich....einfach! Es bringt d... och eh.. n.. nichts!“ wimmert er, schiebt mich etwas von sich. Allerdings hat er keine Kraft. Ich stehe auf und ziehe ihn an den Armen mit mir hoch. Er schwankt, fast fallen wir zusammen rückwärts in den Schnee. Ich lege mir seinen Arm um die Schulter und nehme noch Beccas Leine wieder auf. Mit jedem Schritt den wir zurücklegen wird Cyrs Gewicht auf mir größer. Er kann sich kaum noch auf den Beinen halten. „Verdammt Cyr! Jetzt streng dich an! Wir haben es fast geschafft!“ Mühsam setzt er einen Schritt vor den anderen. Taumelt immer wieder. Seine Augen sind fast ganz geschlossen. Seine Atmung geht angestrengt und unregelmäßig. Ich habe Becca schon lange abgeleint um beide Hände für Cyr frei zu haben. Wir schaffen es gerade noch durch das Gartentor, dann sackt er einfach zusammen. Ich gehe mit ihm zu Boden und schlage hart irgendwo mit dem Knie auf. Ungelenk rappele ich mich wieder hoch. Starre einen Moment auf Cyrs schlanke dunkle Gestalt in dem weißen Schnee. Seine Haut hat ungefähr die selbe Farbe. Ich laufe schnell vor und stelle den Schirmständer vor die Tür, damit der inzwischen starke Wind sie nicht wieder zuwirft. Becca verschwindet sofort im Haus. Ihr ist das Wetter auch nichts. Mühsam hieve ich Cyrs leblosen Körper hoch und schleife ihn mehr als das ich ihn trage nach drinnen. Dort werde ich vor eine erneute Herausforderung gestellt. Die Treppe bekomme ich ihn in seinem Zustand nicht nach oben. Also auf die Couch. Ich zerre ihn ins Wohnzimmer und versuche ihm sanft die durchweichten Klamotten auszuziehen. Vergeblich. Dann halt anders. Ich laufe in die Küche und hole eine Schere. Kurzerhand schneide ich ihm die Klamotten auf, auch wenn es schade um den Pullover ist. Nach kurzem Zögern entferne ich auch den Verband. Seine Schulter sieht schrecklich aus. Der bluterguss ist fast pechschwarz. Seine Seite dagegen sieht besser aus. Auch wenn sie noch etwas geblutet hat, zumindest sieht der Verband so aus, hat sie sich doch gut geschlossen. Ich wickele Cyr in eine warme Decke. Etwas hilflos betrachte ich ihn. Und jetzt? Ich habe keine Ahnung, was ich tun muss um einen unterkühlten Vampir behandele. Ich greife nach meinem Festnetztelefon. Tot. Verfluchter Sturm. Jetzt kann ich nicht mal Mirko anrufen und nachfragen. Bei einem Menschen wüsste ich, was ich machen müsste, aber bei Cyr? Vampire sind im allgemeinen nicht so anfällig wie Menschen. Also sollte ich versuchen ihn aufzuwärmen. Von den Extremitäten lasse ich wohl lieber mal die Finger. Aber mit seinem Rumpf kann ich anfangen. Ich hole mir eine Schale mit lauwarmen Wasser und ein Tuch. Damit wasche ich Cyrs Brust und Bauch und reibe ihn sofort mit einem Tuch trocken. Er regt sich, seine Lieder flattern. Vorsichtig streiche ich ihm durchs Haar. „K..ka...kalt!“ Seine Zähne klappern aufeinander. Ich ziehe ihn in eine sitzende Position. „Komm. Steh auf! Du musst dich bewegen!“ Cyr kommt nur mühsam auf die Beine. Ich muss ihn stützen. Die Decke schlinge ich um seine Schultern. Wir gehen drei mal um die Couch bis er nicht mehr kann und sich erschöpft auf das Polster sinken lässt. Er sieht mich aus großen Augen an. „Lass... m... mich nicht alleine!“ Ich drücke ihn fest an mich. „Das werde ich nicht! Aber ich muss aufstehen um dir einen Tee zu machen und ein paar trockene Klamotten zu suchen.“ Er lässt mich zur zögerlich aufstehen und verfolgt mich mit seinem Blick. Ich brauche keine fünf Minuten um mit einer Tasse Tee, einem T-shirt das Cyr beim packen vergessen hat und ein paar dicker Wollsocken wieder ins Wohnzimmer zu kommen. Cyr sitzt zitternd da, sein Atem geht unnatürlich schnell. Ich sinke vor ihm auf die Knie, suche seinen Blick. „Ruhig, Cyr! Du musst dich beruhigen!“ Seine grauen Augen suchen mich. Streifen über mein Gescicht. Bleiben an meinem Hals hängen. „Verschwinde! Ich... ich kann micht zurückhalten!“ Ein knurren fast nicht mehr menschlich. Plötzlich schießt seine Hand vor, zerrt mich an seine Brust. Ich habe gezögert. Er hat mir die Chance gegeben zu fliehen. Ich habe sie nicht ergriffen. Cyrs Muskeln sind bis zum zerreisen gespannt. Seine kalten, wunden Lippen liegen an meinem Hals. Seine voll ausgefahrenen Vampirzähne kratzen an meiner Haut. „Cyr!“ murmele ich erstickt. Er krallt seine Finger in meinem blonden Haar. „Du riechst so gut! So rein! Ich muss...“ knurrend, nuschelnd, kaum verständlich. Seine Zunge fährt über meine Ader. Mein Puls schießt in die Höhe. Ich bin steif wie ein Brett. Er wird mich beißen. Er wird seine messerscharfen Zähne in meine Haut rammen. Warum wehre ich mich nicht? `Weil du es im Grunde so willst!´ Meine innere Stimme ist zurück! Aber sie hat recht. Irgendwie will ich das. Ich will Cyr nahe sein. Langsam schließe ich meine Augen. Ein kurzer stecchender Schmerz zieht durch meinen Körper. Dann spüre ich nur noch ein leichtes Saugen und Cyrs Lippen an meinem Hals. Es dauert nicht lange, dann zieht er seine Zähne zurück, leckt noch ein letztes Mal über die Wunden. Ich öffne meine Augen wieder und sehe ihn direkt an. Einen Moment wirkt Cyr noch weit weg, dann weiten sich seine Augen erschrocken. Er sieht mich panisch an. Springt auf, weicht zurück. „Was habe ich getan?“ Die Couchlehne hält ihn nicht auf, er stürzt einfach darüber. Es tut einen riesen Schlag. Erschrocken springe ich auf. Cyr liegt dahinter auf dem Boden, starrt zu mir herauf. In seinen Augen liegt Schuld. Kapitel 18: Kapitel 17 ---------------------- Kapitel 17: Ich starre hinunter auf Cyr. Er blinzelt nicht mal. Sieht mich nur aus weit aufgerissenen Augen an. „Was habe ich getan?“ Tonlos verlassen die Worte seine Lippen. Er fährt sich mit der gesunden Linken über die Augen. Ich bin wie erstarrt. Da vor mir auf dem Boden liegt eine der gefährlichsten Kreaturen der Welt. Ein Vampir. Ein verletzter, unterernährter und ausgekühlter Vampir. Er hat mich gebissen, mein Blut getrunken. Und doch stehe ich noch immer hier. Ich bin am Leben. Cyr unter mir rappelt sich auf. Sieht mich noch immer voller Schuld an. „Es tut mir so leid, Melly. Ich hätte das nicht tun dürfen! Es tut mir so leid!“ Er stolpert Richtung Tür. Nur mit Boxerbriefs bekleidet. „Ich verschwinde. So wie du es wolltest.“ Er stammelt. Ich habe Mühe überhaupt zu verstehen, was er da von sich gibt. Er verlässt das Wohnzimmer, verschwindet aus meinem Blickfeld. Ich höre wie eine Tür aufgezogen wird und schwer wieder ins Schloss fällt. Die Haustüre! Plötzlich fällt die Starre von mir. Entsetzt springe ich auf. Er ist wieder raus in die eiskalte Nacht. Wie kann man nur so blöd sein. Habe ich ihn nicht erst vor einer halben Stunde da rausgeholt? Und jetzt ist er wieder da raus. Nur mit Unterwäsche bekleidet. So kann ich ihn doch nicht gehen lassen! Ich laufe ihm nach. Am Gartentor hole ich ihn ein. „Cyr, Cyr!“ Ich packe ihn am Oberarm und ziehe ihn herum. Er ist schmal noch schmaler als sonst. Hat er in den letzten Tagen überhaupt etwas zu sich genommen? Jetzt sollte ich mir erst mal Gedanken darüber machen wie ich ihn dazu bekomme zu bleiben. Zumindest bis mein Telefon wieder geht und ich Mirko anrufen kann, damit er ihn abholt. „Du willst doch nicht ernsthaft einfach wieder abhauen?!“ Aus zusammengekniffenen Augen sehe ich ihn an. Er lässt den Kopf hängen, fährt sich wieder durchs Haar. „Ich gehöre nicht hier her.“ Irgendwie hat er mit seinen Worten ja Recht. Wir haben ja eindeutig gemerkt, dass das mit uns unter einem Dach nicht so wirklich funktioniert. Aber das heißt noch lange nicht, dass er da draußen zu einem Eisklotz frieren muss. „Mag sein Cyr, du bist ein Vampir, ich ein Mensch. Jäger und Beute. Aber du kannst immer noch abhauen, wenn es nicht mehr so kalt draußen ist.“ Er sieht mich lange an. Die grauen Augen starr und ausdruckslos. „Ich habe dich gebissen! Ich habe dein Blut genommen… ohne deine Zustimmung!“ Er entzieht seinen Arm meinem Griff und dreht sich wieder zum Gartentor. „Cyr hör mir zu!“ Ich atme tief durch. „Ich habe dir mein Blut angeboten. Also hast du nichts Falsches getan!“ Traurig sieht er mich über seine Schulter hinweg an. „Ich habe abgelehnt und du hast unsere Partnerschaft beendet…Du musst mich eigentlich hassen!“ Ich schließe die Augen und entscheide mich dazu ehrlich zu sein. Was habe ich auch zu verlieren? „Ja, ich habe es beendet. Aber nicht weil ich dich hasse! Nein im Gegenteil. Ich mag dich! Nur kann ich nicht länger mit ansehen wie du leidest!“ Cyr steht vor mir im Schnee. Starr und regungslos. „Melanie glaub mir daran kannst du nichts ändern!“ sagt er leise und greift nach dem Griff des Törchens. „Wenn du meinst Cyr!“ erwidere ich ruhig. „Du kannst jetzt gehen. Es ist ganz alleine deine Entscheidung. Aber beantworte mir eine letzte Frage: Warum hast du es dann überhaupt die beiden Jahre mit mir ausgehalten?“ Er steht noch immer mit dem Rücken zu mir. Seine Schultern sind heruntergesackt und er lässt den Kopf hängen. „Ich fühle mich in deiner Gegenwart wohl!“ Ein Satz. Sieben Worte. Aber sie machen mich sprachlos. Ich stehe da in meinem zugeschneiten Garten und sehe auf den schmalen Rücken des Vampirs. Seine Schultern beben. Er verschränkt die Arme vor der Brust. Langsam gehe ich um ihn herum, sehe ihm ins Gesicht. Dunkle Haarsträhnen hängen ihm ins Gesicht, verdecken seine Augen. Etwas glänzendes zieht über seine Wangen. Sind das etwa Tränen? Weint Cyr? Ich nehme sein Gesicht zwischen meine Hände, wische ihm die feuchten Tränen vom Gesicht. Warum weint er? „Warum willst du dann gehen?“ frage ich leise. Meine Stimme schwnakt. „Was soll ich denn sonst tun?“ Er klingt verzweifelt. „Einfach mal mit mir reden?“ Vielleicht klinge ich etwas patzig, aber genau das scheint er zu brauchen, denn er seufzt leise. „Als ich dich als meine Partnerin ausgesucht habe… da lag das nicht an deiner Gabe. Zumindest nicht nur. Du hattest etwas an dir… etwas, dass mich angezogen hat. Ich weiß nicht, ob es an deinem Geruch liegt, an deiner Art oder wie du mich an siehst. Aber egal was es ist … es hat mich irgendwie fasziniert. Und in den zwei Jahren, in denen du meine Partnerin warst, da habe ich mich irgendwie nicht so einsam gefühlt. Du warst einfach da, obwohl ich dich immer weg gestoßen habe…“ Er sackt vor mir in die Knie, vergräbt das Gesicht in den Händen. Mit großen Augen sehe ich ihn an. Was? Cyr ist einsam? Er fühlt sich wohl in meiner Gegenwart? Ich fahre mir durchs Haar. Dann lasse ich mich vor Cyr auf in den Schnee sinken. „Warum zum Henker willst du dann gehen?“ Ich versuche ihm in die Augen zu blicken, vergeblich, er nimmt die Hände nicht herunter. „Weil ich dich damit verletze. Immer und immer wieder! Meinst du ich merke das nicht? Deine Enttäuschung?“ Er reißt den Kopf hoch. Seine silbrigen Augen schwimmen. Ich packe ihn an den Schultern. Fest. Er zuckt zusammen. „Warum änderst du es dann nicht einfach?“ Jetzt stehen auch mir Tränen in den Augen. „Weil du irgendwann sterben wirst!“ Er schreit. Dann ein unterdrücktes Schluchzen. „Weil du irgendwann sterben wirst… und dann…“ Er wird immer leiser, sackt nach vorne gegen mich. „…dann bin ich wieder alleine. Ich kann das nicht mehr! Ich kann nicht mehr zusehen wie alle um mich herum sterben. Du weißt nicht wie das ist! Du weißt nicht wie das ist, wenn man nicht sterben kann!“ Er zittert am ganzen Körper. Seine Tränen durchweichen meine Schulter. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Wie ich reagieren soll. Egal was ich jetzt sage… es klingt falsch. Ich kann niemals nachvollziehen wie es Cyr geht. Wie es ist seine Lieben immer und immer wieder sterben zu sehen. Ich streiche ihm über den Nacken, durch sein dunkles Haar. „Es tut mir so leid, Cyr!“ flüstere ich leise. „Du kannst doch nichts dafür!“ erwidert er, schlingt seine Arme um meine Taille. Nein, ich kann nichts dafür. Aber ich habe auch nie darüber nachgedacht. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht wie es sein muss Jahrhunderte zu Leben. Generationen um Generationen, ja ganze Völker zu überdauern. Cyr war immer so stark, ich hätte nie gedacht, dass sich hinter seiner Maske ein solcher Schmerz verbirgt. „Ich kann dir nicht helfen… ich weiß ja nicht mal, was ich dazu sagen kann. Aber etwas weiß ich. Wenn du es willst, dann kannst du bei mir bleiben.“ Er nickt an meiner Schulter. Langsam, zögerlich. Mein Herz wird ganz warm. Ich habe mich tatsächlich verliebt. Allein diese Umarmung in meinem eiskalten Garten lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen. Es war mir noch nie so bewusst wie heute. Ich liebe Cyr. „Ein Fr… jemand hat mal gesagt, lieber wenige Zeit glücklich zusammen, als keine Zeit zusammen und Jahrhunderte der verpassten Chance nachgetrauert.“ Er sieht mir tief in die Augen. Sein Gesicht nähert sich immer weiter dem meinen. Sein warmer Atem schlägt gegen meine Haut. Seine rissigen Lippen legen sich auf meine. Ein Kuss. Flüchtig, hauchzart. Ein Kuss. Schneeflocken wirbeln um uns herum durch die Dunkelheit. Ich vergesse wie eiskalt es eigentlich ist, dass meine Knie vom Schnee durchweicht sind. Dass noch immer der Schneesturm um uns herum tobt. In diesem Moment sind da nur Cyr und ich. Nur wir beide. Zusammen. Ich liebe ihn. Kapitel 19: Kapitel 18: ----------------------- Kapitel 18: Ich liebe Cyr. Dort vor meinem Haus im Schnee kniend gestehe ich es mir selbst ein. Ich liebe ihn. Langsam lösen unsere Lippen sich voneinander. Ich sehe ihm tief in die silbernen Augen. Sein Blick ist viel weicher, als sonst. Nicht so kalt und abweisend. Meine Finger streichen sanft durch seine dunkeln Strähnen. Schneeflocken haben sich in darauf gesammelt und schmelzen jetzt unter meinen Fingern. Schnee… Scheiße! Wir sind ja immer noch draußen! Und Cyr ist so gut wie nackt! Verfluchter Mist! Wie kann man nur so blöd sein und das vergessen?! Ich springe auf und stolpere fast über meine eigenen Füße, so eilig habe ich es. Cyr kniet vor mir im Schnee, den Kopf leicht schief gelegt, die Hand nach mir ausgestreckt. Ich ergreife seine eiskalten Finger. Wie lange haben wir hier draußen im Schnee gesessen? Ich weiß es nicht. Ich ziehe Cyr auf die Beine und Richtung Haus. Er stolpert, bewegt sich ziemlich steif. Aber was erwarte ich auch anderes. Er muss vollkommen durchgefroren sein. Irgendwie schaffe ich es ihn die Treppe nach oben in mein Bett zu bugsieren. Er streckt sich aus und vergräbt sich unter der Decke. Er zittert. „Ich bin gleich wieder da.“ Ich poltere die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Der Tee, den ich Cyr gekocht habe ist inzwischen kalt. Wie lange waren wir da draußen im Schnee? Ich koche eine frische Tasse und gleich noch eine Wärmflasche. Das Chaos hier unten kann ich auch morgen noch beseitigen. Cyr hat sich keinen Millimeter bewegt. Er liegt starr auf meinem Bett und starrt an die Wand. „Cyr…“ Ich flüstere. Irgendwie traue ich mich gar nicht lauter zu reden. Er blinzelt und sieht mich dann direkt an. „Melly…“ Er rutscht etwas zur Seite und schlägt die Decke auf. Ich winde mich aus meiner Nassen Jeans und dem Pullover. In T-Shirt und Unterhose krabble ich neben ihm unter die Decke. Eine Weile liegen wir einfach nur stumm nebeneinander. Ohne uns zu berühren. „Darf ich dir eine Frage stellen?“ Durchbreche ich schließlich leise die Stille. Cyr sieht mich lange durchdringend an und nickt dann. „Wie alt bist du wirklich?“ Er zuckt zusammen und sieht weg. „Das willst du nicht wissen!“ Seine Stimme klingt rau. Warum sollte ich das nicht wissen wollen? Natürlich will ich es Wissen, sonst hätte ich doch nicht gefragt! Ich warte. Vielleicht bekomme ich doch noch eine Antwort. „Drei…“ nuschelt er schließlich. Allerdings verstehe ich ihn nicht. Drei-was? Dreihundert? Das ist sehr unwahrscheinlich. Dann wäre er niemals so mächtig. Aber dreitausend? Ich habe noch nie von einem Vampir gehört, der überhaupt Tausend Jahre alt geworden ist. Geschweige denn Dreitausend. Das ist eine Drei mit drei Nullen. DREI! So alt wird doch keiner! „Dreitausend?“ frage ich entgeistert nach. In der absoluten Überzeugung nach, ich hätte mich verhört. Was ich auch habe, wie er mir beweist. „Dreitausendvierhundertsechsundneunzig!“ Ich bin sprachlos. Geschockt starre ich sein Profil an. Das kann doch nicht wahr sein. Das ist eine unvorstellbar große Zahl. „Drei… Dreitausend…vierhundert…sechs…sechsundneunzig?“ stottere ich schließlich und fahre mir mit beiden Händen durchs Haar. Cyr ist 145-mal so alt wie ich. Er ist ganze dreitausendvierhundertzweiundsiebzig Jahre älter als ich. Das ist doch mal ein Altersunterschied, oder? Da ist das aus der Zeitung mit den zweiundfünfzig, über die sich alle so echauffieren, doch gar nichts. „Ich wurde 1481 vor Christus in Babylonien geboren.“ Vor sage und schreibe dreitausendvierhundertsechsundneunzig Jahren. Ich kann es immer noch nicht glauben. Das ist so lange her. „Waren deine Eltern auch Vampire?“ Cyr schüttelt neben mir den Kopf. „Nur mein Vater. Er war kein geborener Vampir. Er wurde verwandelt, war kaum ein Jahr alt. Er hat meine Mutter geschwängert und sie dann verlassen. Kennen gelernt habe ich ihn erst fast tausend Jahre später.“ Oh scheiße. Ich weiß, dass Vampire Kinder zeugen können. Sowohl untereinander, als auch mit Menschen. Also ist Cyr ein geborener Vampir. Ungleich mächtiger als Gewandelte. „Lebt, lebt dein Vater noch?“ Das wäre… wenn Cyr noch Familie hat, dann… „Nein. Er ist Tot. Er wurde getötet. 44 vor Christus.“ Irgendwoher kommt mir das Datum bekannt vor. 44 vor Christus. Wo habe ich das nur schon einmal gehört. „Caesar?“ frage ich schließlich entsetzt. „Nur einer von vielen Namen, die er in den Jahren seiner Existenz trug. Er war machtversessen. Genau das hat ihn am Ende umgebracht.“ Sein Vater war also Tausendfünfhundert Jahre alt gewesen. So übern Daumen gepeilt. Und etwa fünfzig Jahre lang Gaius Julius Caesar, der römische Heerführer? Welche Leben hat Cyr dann alles geführt? Welche bekannten Personen aus der Geschichte war dann er gewesen? Wie viele Namen er wohl schon getragen hat? „Cyr? Wie heißt du wirklich?“ Er sieht mir zum ersten Mal wieder in die Augen. „Meine Mutter gab mir den Namen Cheiron.“ Sein Name ist also Cheiron. „Und wie kamst du zu Cyr?“ Ich will es wissen. Ich will etwas über ihn wissen. Wir haben uns geküsst. Keine Ahnung ob wir zusammen sind, oder nicht, aber ich möchte etwas über Cyr erfahren. Über meinen Freund. „Ich war einige Zeit in Persien. Dort gaben sie mir den Namen Kurosch aufgrund meiner Stellung. Als ich dann in den lateinischen Sprachraum kam wurde daraus dann Cyrus. Aus Cheiron hat mein Vater durch das Latein Chiron gemacht. Daraus dann Chir. Die Vampire damals haben aus Chir und weil ich von den Menschen Cyrus gerufen wurde irgendwann dann Cyr gemacht. Der Name hat sich in den magischen Kreisen bis heute gehalten. So oft ich meinen Namen schon gewechselt habe. Cyr blieb irgendwie.“ Das ist… unbeschreiblich. Cyr kommt aus Babylon. Hat das persische und römische Reich erlebt. „Hast du Alexander den Großen kennen gelernt?“ Cyr zieht bei meiner Frage die Augenbrauen zusammen. „Wieso?“ Ich zuck mit den Schultern und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „War mein Lieblingsthema in Geschichte.“ Allgemein habe ich Geschichte in der Schule immer gerne gemocht. Und jetzt war ich mit einem Zeitzeugen zusammen. Der dreitausendvierhundertsechsundneunzig Jahre Weltgeschichte miterlebt hat. Irgendwie ist das etwas unheimlich. Was Cyr alles gesehen haben muss. Alle anderen Vampire, die ich bisher kennen gelernt habe sind viele Jahrhunderte jünger. Um ehrlich zu sein, hat von denen wohl keiner überhaupt die Tausend erreicht. Außer Lucian vielleicht. Er scheint auch ziemlich alt zu sein. „Weißt du wie alt Lucian ist?“ Cyrs Muskulatur unter mir spannt sich an. „Zweitausendneunundfünfzig.“ Erwidert er tonlos. Auch ziemlich alt. Aber tausendvierhundertsiebenunddreißig Jahre jünger als Cyr. Deswegen hat er wohl gemeint, dass er mächtiger als Lucian ist und ihn vom Thron stoßen könnte. Nur scheint keiner zu wissen, dass Cyr so alt ist. Außer mir jetzt natürlich. Ich komme immer noch nicht mir den Zahlen klar. Das ist so eine lange Zeit. Da kommt mir plötzlich ein ganz anderer Gedanke. Was ist mit seinen Eltern. Vermisst er sie? Wie viele Beziehungen hat er all die Jahre gehabt? Wie viele Frauen hat er geliebt? Wie viele Kinder hat er in die Welt gesetzt? Wie ist das, wenn man so lange lebt? Da müssten seine Kinder ja ein ganz eigenes Volk geründet haben können? „Ich habe keine Kinder gezeugt. Nie. Ich kann ihnen das nicht antun. Unsterblichkeit ist grausam. Und jetzt hör auf dir darüber Gedanken zu machen!“ Cyrs Stimme schneidet scharf durch die Stille in meinem Schlafzimmer. Mist, ich habe meine Barriere vergessen. Aber ich verstehe es, dass er nicht darüber reden möchte. Es muss ihn an all die Menschen erinnern, die ihm etwas bedeutet haben und die er hat sterben sehen. Und es muss ihn daran erinnern, dass er auch irgendwann einmal mich wird sterben sehen. Ich versuche die Gedanken zu verdrängen, was mir allerdings nur mäßig gelingt. Irgendwann schlafe ich über meine Grübeleien ein. Kapitel 20: Kapitel 19 ---------------------- Kapitel 19: Am nächsten Morgen wache ich früh auf. Ich habe nur wirres Zeug geträumt. Dass ich mich dabei an kaum etwas erinnere, ist da bestimmt nichts außergewöhnlich. Aber das wenige, dass ich noch weiß gibt mir zum Nachdenken. Denn Cyr hat in allem die Hauptrolle gespielt. Ich habe Bilder vor meinem inneren Auge in denen Cyr im Mittelpunkt steht, in denen nur er klar erkennbar ist und alles um ihn herum verschwommen. Cyr blutverschmiert mit einem Schwert in der Hand… Cyr in einfachen Kleidern, auf einem prunkvollen Thron… Cyr auf einem weißen Pferd, edel gekleidet, auf seinem Schoß eine gesichtslose Frau… Cyr lachend… Cyr ernst und entschlossen… Cyr, eine Träne rinnt über seine Wange, seine Augen sind leer… Cyr mit langen Haaren… Cyr nackt… Cyr alt, mit Falten und grauem Haar… Cyr alleine… Cyr in Gesellschaft… Cyr in einer Höhle… Als hätte mein Gehirn versucht nachzuvollziehen was er schon alles erlebt hat. Lächerlich. Als könnte es dreitausendvierhundertsechsundneunzig Jahre in nur einer einzigen Nacht nachholen. Mein Blick huscht zu Cyr. Er liegt zusammen gerollt neben mir auf dem Bett. Sein schwarzer Haarschopf lugt unter der Bettdecke hervor. So viele Jahre machen ihn ziemlich verschlossen. Ich weiß nicht, ob mein Traum auch nur annähernd an die Wirklichkeit herankommt. Aber Cyr hat schon verdammt viel erlebt. Ich spüre seine Wärme neben mir. Sie zieht mich wie magisch an. Vorsichtig strecke ich unter der Decke meine Hand aus, bis ich auf weiche, samtige Haut stoße. Meine Finger streichen über eine seiner Brustwarzen. Sie richtet sich sofort auf. Ich beobachte aufmerksam seine schlanke Gestalt unter meiner Decke. Cyr zuckt sich nicht, während ich weiter über seinen Oberkörper fahre. Über seine Rippen, die deutlich hervorstehen, seinen Bauchnabel, die Wunde an seiner Flanke. Ich muss sie wieder verbinden, sobald er wach ist. Das habe ich gestern über sein Geständnis und das alles ganz vergessen. Erst jetzt fällt mir auf, dass Cyr den Gilchrist gar nicht getragen hat, als ich ihn gefunden habe. Was hat er die letzten vier Tage getrieben? „Guten Morgen, Melly!“ Das verschlafene Brummen reist mich aus meinen Gedanken. Cyrs silbergraue Augen sind noch etwas verschleiert und sind auf mich gerichtet. „Morgen…“ erwidere ich leise und streiche ihm eine dunkle Haarsträhne aus seiner Stirn. „Wie geht es dir?“ Ich betrachte ihn aufmerksam. Seinen Wangen fehlt noch immer Farbe und unter seinen Augen liegen bläuliche Schatten. „Erschöpft… und meine Schulter…“ murmelt er und schließt die Augen wieder. „Was hast du die letzten Tage gemacht?“ frage ich vorsichtig. Vielleicht hat er sich da mit seiner Schulter irgendetwas getan… Er schüttelt allerdings nur den Kopf, statt zu antworten. „Du weißt, dass ich Mirko anrufen muss…“ Er stützt sich mit dem gesunden Arm auf. „So schlimm ist es nicht.“ Wirft er ein. „Und Lucian müssen wir auch anrufen!“ Das fällt mir gerade so ein. „Was?“ Cyr sitzt steil im Bett, seine Augen sind weit aufgerissen. „Was willst du von Lucian?“ er klingt lauernd, so als ginge ihm das total gegen den Strich. „Ihm sagen, dass du wieder aufgetaucht bist. Er war gestern sogar hier und hat mich nach dir gefragt.“ Erkläre ich und sehe die Resignation in seinem Blick. „Wenn du ihn anrufst wird Mirko diesmal auf einem Aufenthalt in der Krankenstation bestehen. Und Luc wird ihm zustimmen!“ Das ist mir bewusst, aber trotzdem… „Sie haben sich wirklich Sorgen gemacht. Und da du einfach abgehauen bist und gestern in einer ziemlich schlechten Verfassung warst, haben sie vielleicht recht…“ Cyrs Augen werden dunkel und er lässt sich zurück in die Kissen sinken. Dann rattert er eine Nummer herunter. So schnell, dass ich sie kaum verstehe, geschweige denn weiß ich was sie bedeuten soll. „Was war das?“ Verwirrt sehe ich ihn an. „Lucians Nummer.“ Ich verdrehe die Augen. „Kannst du das wiederholen? Mein Gedächtnis ist nicht so gut wie deines! So schnell kann ich mir das nicht merken!“ Ich schnappe mir schnell mein Handy um mit Cyrs Wiederholung der Zahlen nachzukommen. Kurz schaue ich in Cyrs müdes Gesicht, dann drücke ich die grüne Taste. „Melanie hast du Cyr gesehen?“ Sind die ersten Worte, die aus dem Hörer schallen. War ja klar. „Ja, ja er sitzt neben mir.“ Sage ich langsam. „Wie geht es ihm?“ Kommt es sofort. „Er ist erschöpft.“ Antworte ich ihm knapp und schaue zum Fenster. Einfach um Cyr nicht ansehen zu müssen. Wir haben mindestens fünfzig Zentimeter Neuschnee. Im November! Nächsten Sonntag ist der erste Advent. „Wir kommen!“ Damit legt Lucian auf. Was habe ich auch anderes erwartet. Ich seufze leise und werfe mein Handy auf die Bettdecke. „Wir haben fünfzehn Minuten.“ Cyr rollt sich auf die Seite. „Dann solltest du unten vielleicht etwas aufräumen. Ansonsten wird es wahrscheinlich noch schlimmer.“ Da stimme ich ihm zu. Sie müssen nicht sehen wie schlimm es ihm wirklich gestern ging. Ich habe kaum die Überreste der gestrigen Nacht beseitigt, da klingelt es an der Haustüre. Mirko und Lucian stürzen am mir vorbei und die Treppe hoch. Ich folge ihnen. Cyr sitzt im Schneidersitz auf meinem Bett. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt. Allerdings kann ich nicht sagen, ob es eine abwehrende Geste sein soll oder er einfach nur seine Schulter stützt. „Wie kamst du nur auf die beschissene Idee einfach so zu verschwinden?“ faucht Lucian den anderen Vampir an. Mirko stattdessen stellt seine Tasche auf dem Bett ab und sieht mich tadelnd an. „Wo ist der Verband?“ Ich weiche seinem Blick aus. Er würde es eh nicht verstehen. Ich verstehe ja selbst nicht wie ich Cyrs Verletzungen vergessen konnte. Zum Glück fragt er nicht weiter, sondern greift nach Cyrs gesunden Arm. Der faucht ihn an und weicht zurück. Sofort schießt Lucian auf ihn zu. Mein Schlafzimmer ist sofort von Fauchen und Knurren erfüllt. Becca verschwindet mit eingezogenem Schwanz aus dem Zimmer. Lucian verfolgt Cyr durchs halbe Zimmer, bis Cyr plötzlich stehen bleibt und die Zähne bleckt. Obwohl er nur eine Unterhose trägt und erschreckend dünn ist wirkt er größer als Lucian. Der Langhaarige lässt sich allerdings nicht einschüchtern, packt Cyr an den Oberarmen. Cyr wehrt sich, wimmert. Lucian schleift ihn zum Bett, wirft ihn auf die Matratze. Ich rechne damit, dass Cyr sofort wieder aufspringt. Doch nichts. Er bleibt genau so liegen wie Cyr ihn hingeworfen hat. Irgendetwas stimmt da nicht. Ich bin vor den beiden Männern bei ihm. Sehe in sein schmerzverzerrtes, fahles Gesicht. Cyr ist auf der rechten Schulter gelandet. Bevor ich irgendetwas tun kann, wird Cyr auf den Tücken gerissen. Ich sehe auf und direkt in Lucians golden schimmernden Augen. „Hast du sie noch alle?“ frage ich wütend und schiebe mich zwischen den Vampir und das zitternde Häufchen Elend auf meinem Bett. „Geh mir aus dem Weg! Er hat es verdient!“ faucht Lucian wütend. Ich schüttele entschieden den Kopf. „Egal welche verquere Rechtsvorstellung du hast! Du hörst jetzt auf Cyr zu verletzen.“ Meine Stimme ist ruhig und ernst. Ich werde nicht zur Seite gehen und Cyr Lucian überlassen. Ich frage mich was er eigentlich hat. Muss er Cyr so angreifen? Was hat er ihm getan? Ist das alles wirklich nur, weil er ein paar Tage verschwunden war? „Ich bin sein Vorgesetzter! Er hat mir gegenüber Meldepflicht!“ Lucian ist wirklich wütend. Jetzt mischt Mirko sich ein. Beschwichtigend legt er eine Hand auf die Schulter des langhaarigen Vampirs. „Lass mich erst nach Cyrs Verletzungen sehen!“ In meinem Schlafzimmer herrscht eine angespannte Stille. Ich knie mich neben Cyr aufs Bett und streiche ihm beruhigend über die Brust, während Mirko die Wunde an seiner Flanke säubert und straff verbindet. „Gut, die Wunde heilt gut!“ Mirko klebt zwei Streifen Pflaster auf das Ende des Mulls um ihn zu fixieren. „Jetzt zu deiner Schulter. Sie bereitet dir das größere Problem, nicht wahr?“ Mehr eine Feststellung, statt einer Frage. Cyr nickt unwillig und zuckt vor Mirkos ausgestreckter Hand zurück. „Setz dich gerade hin!“ Ein sanfter Befehl. Cyr gehorcht, dreht sich allerdings halb zu mir und vergräbt sein Gesicht in meiner Schulter. Ich schlinge meinen Arm um seine Taille und beobachte Mirko wie er Cyrs Schulter abtastet. Cyr zuckt mehrfach unter seiner Berührung weg. Plötzlich spüre ich Cyrs Zähne an meinem Hals. Nicht seine scharfen Vampirzähne wie gestern Abend, sondern sein menschliches Gebiss. Wenn Mirko einen besonders schlimmen Punkt erwischt verbeißt sich Cyr fester in meinen Hals, dann lässt er wieder locker. Jedes Mal zucke ich zusammen. Dass ist schmerzhaft. Aber vermutlich keineswegs so schlimm wie Cyrs Schulter. Als Mirko beginnt sie in alle Richtungen zu bewegen, beißt Cyr so fest zu, dass ich leise aufjapse und meine Fingernägel nun meinerseits in Cyrs Nacken vergrabe. Sofort lässt er mit einer gemurmelten Entschuldigung von meinem Hals ab. Stattdessen beißt er sich bei der nächsten Bewegung die Lippe blutig. Mirko nimmt mit einem gemurmelten Fluch die Hände von Cyrs Schulter. „Was hast du getrieben? Deine Muskeln und Sehnen sind vollkommen überreizt. Das Beste was du tun kannst ist schonen!“ Mirko nimmt eine Salbe aus seiner Tasche und reicht sie mir. Cyrs Kopf sinkt wieder an meine Schulter. „Hier, reibe ihm damit die Schulter ein!“ Ich schraube langsam den Deckel auf. „Die Salbe wirkt den Schmerzen entgegen. Und nimm bitte eines der Schmerzmittel, das ich dir gegeben habe. Ab Mittwoch möchte ich, dass du regelmäßig alle zwei Tage zur Physiotherapie gehst.“ Eindringlich sieht Mirko ihn an. „Ja.“ Murmelt Cyr leise. Ich drücke etwas Salbe aus der Tube und fange an sie vorsichtig auf Cyrs Schulter zu verteilen. Cyr verspannt sich, lässt aber diesmal die Zähne von meinem Hals. „Lucian…“ Mirko wendet sich dem Leiter der Organisation zu. „Holst du bitte Cyrs Tasche aus dem Wagen.“ Knurrend verschwindet der Vampir aus meinem Schlafzimmer. „Er hat dich gebissen, nicht wahr?“ Stellt er ruhig fest, während er auch Cyrs Schulter verbindet. Ertappt sehe ich Mirko an und Cyr wird unruhig. „Ihm geht es zu gut für das was in der letzten Woche geschehen ist! Echtes Menschenblut… Das erklärt auch, warum ihr euch trotz des Streites wieder so nahe seid!“ Unser Gespräch wird von Lucian unterbrochen, der mit Cyrs Tasche und dem Gilchrist zurück ins Zimmer gestürzt kommt. Ich helfe Cyr ein Hemd überzuziehen und Mirko hilft ihm in den Gilchrist. Dann ist es still in meinem Schlafzimmer. Keiner sagt etwas. Cyr sitzt stumm da, den Kopf gesenkt, die Augen starr auf seine Finger gerichtet, die unruhig an seinem Hemdsaum zupfen. Mirko sitzt neben ihm auf der Bettkante, räumt seine Utensilien wieder in die Tasche. Mein Blick wandert zu Lucian. Er lehnt an der Wand neben der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt und sieht Cyr noch immer wütend an. Ich verstehe noch immer nicht was er hat. Noch ein paar Minuten habe ich die gedrückte Stille nicht mehr aus und stehe vom Bett auf. „Wie wäre es mit Frühstück?“ Cyr steht ebenfalls etwas wackelig auf und zieht eine Jogginghose aus seiner Tasche. Ich streiche ihm über den Arm. „Soll ich dir etwas bringen?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich komme mit runter!“ Ich widerspreche ihm nicht. Nehme ihn einfach nur an der Hand und zusammen gehen wir nach unten. Lucian folgt uns auf den Fuß. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Cyr setzt sich an den Küchentisch ich schalte schon mal den Wasserkocher ein. „Was möchtest du essen?“ frage ich leise. „Brot mit Marmelade!“ murmelt er und beobachtet mich, wie ich alles herräume. Mirko setzt sich neben Cyr. Ich koche ihm und Lucian Kaffee. Irgendwie ist es seltsam mit den dreien am Tisch zu sitzen. Es ist so still. Unangenehm still. Wie geht es jetzt weiter? Kapitel 21: Kapitel 20 ---------------------- Kapitel 20: Irgendwie sind noch immer viele Fragen offen. Seit dem Morgen an dem Lucian und Mirko in meiner Küche saßen, ist es immer noch ziemlich… Keine Ahnung was. Mirko hat zu meiner Überraschung nicht darauf bestanden, dass Cyr mit auf die Krankenstation kommt. Er hat das überhaupt nicht zur Sprache gebracht, sondern ist mit Lucian nach dem Frühstück einfach gegangen. Lucian Clark, dagegen war scheinbar überhaupt nicht mit der Entscheidung des Arztes einverstanden. Das Ganze ist jetzt zwei Wochen her. Seit dem ist der Organisationsleiter ziemlich mies drauf. Jedes Mal wenn Lucian und Cyr sich auf den Fluren begegnen knurrt er meinen Partner an. Ich weiß noch immer nicht, was zwischen den beiden nicht stimmt. Cyr will nicht darüber reden. Er wohnt immer noch bei mir, ich fahre ihn in die Organisation zur Physiotherapie und er überwacht mein Training. Mein Trainingspartner ist Sandy. Er ist ebenfalls ein Vampir, noch ziemlich jung, nicht einmal hundert Jahre alt. Cyr hat ihn ausgesucht. Warum? Fragt jemand anderen. Ich weiß es nicht. Aber wirklich schlimm finde ich es nicht mit Sandy zu trainieren. Er ist nicht so brutal wie Cyr. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er Hemmungen hat richtig zuzugreifen. So, als hätte er Angst mich zu verletzen. Vielleicht irre ich mich da aber auch und es kommt daher, dass Cyr an der Abgrenzung des Trainingsbereiches steht und uns die ganze Zeit zusieht. Und um ehrlich zu sein beeinflusst das auch mich. Seine silbergrauen Augen liegen auf mir. Ich versuche ihn zu ignorieren. Vergeblich. Dementsprechend verläuft auch die heutige Trainingseinheit. Beschissen. Ich kann mich nicht wirklich konzentrieren und lande immer wieder auf der Matte. Auch wenn Sandy sich wirklich bemüht mir nicht weh zu tun tut mir inzwischen jeder Knochen im Leib weh. Beim fünfzehnten Mal bleibe ich erschöpft auf der Matte liegen. Sandy geht neben mir in die Hocke. „Was ist los? Habe ich dich verletzt?“ Seine dunklen Augen sind erschrocken geweitet. Ich schüttele den Kopf und seufze leise. „Momentan läuft’s einfach nicht so…!“ murmele ich. „Liegt es an mir? Mir Cyr bist du nämlich wesentlich besser!“ Er streckt mir die Hand entgegen. Ich ergreife sie und Sandy zieht mich auf den Beinen. „Da sieht er mich ja auch nicht die ganze Zeit so durchdringend an!“ Stöhne ich leise und fahre mir durch die wirren Haare. „Das kenne ich!“ Verstohlen sieht er zu Cyr. Cyr legt leicht den Kopf schief und ich weiß sofort, dass er genau weiß was hier läuft. „Am besten lassen wir es für heute. Und morgen kommst du am besten ohne ihn!“ Ich verdrehe die Augen. Als ob Cyr das zulassen würde. Seufzend schnappe ich meine Sachen und trete von den Matten. Cyr kommt langsam auf mich zu. Er trägt Jogginghose und ein graues T-Shirt. Den Gilchrist trägt er seit zwei Tagen nicht mehr. Mirko und sein Arzt sind der Meinung, dass er ihn nach gut drei Wochen nicht mehr ständig zu tragen braucht. Cyr ist noch immer sehr vorsichtig. Ich sehe es daran wie er sich bewegt. „Du musst lernen dich besser zu konzentrieren. Meine Anwesenheit darf dich nicht dermaßen aus dem Konzept bringen.“ Er sieht mich kurz an, dann seufzt er leise. „Lass uns gehen! Teddy wartete bestimmt schon.“ Er dreht sich um und geht die Flure entlang. Ich folge ihm. Cyr hat sich am Anfang ziemlich gewehrt, gegen die Physiotherapie und das alles. Nicht dass er nicht hingehen wollte oder so… Aber er hat sich von dem menschlichen Physiotherapeuten nicht anfassen lassen. Teddy hat ziemlich lange gebraucht um Cyr so weit zu bekommen, dass er sich langsam auf ihn einlässt. Inzwischen funktioniert es ganz gut mit den beiden. Der ältere Mann erwartet uns bereits an der Tür zu seinem Behandlungszimmer. „Hallo, Cyr!“ Mein Partner geht ohne ein Wort an dem fünfzigjährigen vorbei. Teddy seufzt leise. „Hallo Melanie!“ Ich nicke ihm kurz zu. „Ich gehe schnell duschen und hole ihn dann wieder ab.“ Teddy lächelt. „Ich will nach der Therapie noch mit ihm ins Schwimmbad. Mal schauen wie er sich so macht.“ Ich nicke. Das wird Cyr freuen, er ist schon die ganze Zeit so unruhig. Manchmal kann er nicht schlafen, weil ihm die Bewegung fehlt. Zumindest sagt er das. Dreißig Minuten später betrete ich das Schwimmbad. Es ist ein fünfzig Meter langes Becken mit Sprungturm bis zehn Meter. Das Schwimmbad ist leer bis auf Teddy und meinen Partner. Der Physiotherapeut hockt am Beckenrand und unterhält sich mit Cyr, der bis zur Brust im Wasser steht. Seine Schulter ist immer noch verfärbt. Nicht mehr so schlimm wie noch vor zwei Wochen. Die Haut schillert allerdings in verschiedenen Grün- und Blauschattierungen. „Zwei Bahnen, langsam mit sauberen Bewegungen!“ Cyr nickt und wendet sich dann seiner Bahn zu. Dann taucht er unter. Ich trete zu Mirko. „Wie sieht es aus?“ Teddy dreht sich halb zu mir um, ohne Cyr dabei aus den Augen zu lassen. „Ganz gut. Wenn er es nicht übertreibt kann er in einer Woche mit dem normalen Training anfangen.“ Cyr hat das andere Ende der Bahn erreicht und schwimmt wieder zurück. Vor Timo hält er an. Sein Blick fixiert sofort mich. „Wie fühlst du dich? Wie reagiert deine Schulter?“ Cyrs Augen flackern zu Teddy. „Alles in Ordnung! Mir geht es gut!“ Cyr stützt sich auf dem Beckenrand ab und hievt sich aus dem Becken. Mit der linken wischt er sich das nasse Haar aus der Stirn. Ich lasse mich nicht von ihm täuschen. Cyr ist anzusehen, dass er nicht hundertprozentig fit ist. Ich nehme ein Handtuch aus dem Schrank neben dem Eingang und lege es Cyr um die Schultern. Er trocknet sich das Gesicht ab. Teddy schiebt das Handtuch etwas zur Seite und legt die Hand vorsichtig auf Cyrs Schulter. Cyr zuckt zusammen. „Vielleicht warten wir noch ein paar Tage mit dem Schwimmen.“ Cyr beißt sich auf die Unterlippe. „Teddy, bitte! Ich brauche etwas Bewegung!“ Der Physiotherapeut zögert einen Moment. „Fünfzehn Minuten. Langsam, ruhige Bewegung! Und nur an den Tagen an denen du nicht zu mir kommst!“ erklärt er hart, bevor er sanfter wird. „Und jetzt geh duschen. Für heute reicht es!“ Ich sehe Cyr nach. Er hat das Handtuch eng um seine Schultern geschlungen, doch es verbirgt nicht, dass er deutlich abgenommen hat. Ich seufze leise. „Mach dir keine Sorgen, Melanie! Cyr ein paar Bahnen schwimmen zu lassen ist nicht falsch. Mirko hat seine Zustimmung gegeben.“ Ich schüttle den Kopf. „Das ist es nicht. Die Bewegung wird ihm gut tun, dann wird er ruhiger. Und ausgeglichener.“ In den letzten Wochen war er zwar erschöpft, selbst nach einem zehnminütigen Spaziergang, aber wenigstens dann nicht mehr so ruhelos. „Er hat extrem abgenommen!“ Wir betreten den Vorraum, von dem die Umkleiden abgehen. „Für Cyr ist das nichts Ungewöhnliches. Er nimmt immer ziemlich schnell ab, wenn er verletzt ist. In zwei, spätestens drei Wochen hat er wieder sein Normalgewicht.“ Cyr kommt mit seiner Tasche über der Schulter und noch feuchtem Haar aus der Umkleide. „Lass uns gehen!“ Cyr lächelt mich flüchtig an. Ich verabschiede mich schnell von Teddy und folge ihm dann zur Garage. Auf halbem Weg begegnen wir Lucian. Ich rechne schon mit seinem Geknurre. Aber Fehlanzeige. Er sieht Cyr nur eindringlich an. „Was willst du Lucian?“ Cyrs Augen werden dunkel. „Deine Hilfe, Bruder!“ Bruder? Lucians goldene Augen werden ebenfalls dunkel. So dunkel wie Cyrs. Plötzlich huscht ein fieses Lächeln über seine Lippen. „Dann lass uns die Jagd eröffnen!“ Kapitel 22: Kapitel 21 ---------------------- Kapitel 21: Jagd? Was für eine Jagd? Cyr ist doch immer noch krankgeschrieben. Der darf doch bestimmt nicht jagen gehen?! Oder geht es um die Jagd nach… Nein, es geht bestimmt nicht um Blut. Da hätte Lucian doch wohl kaum um Hilfe gebeten. „Cyr du bist krankgeschrieben!“ merke ich vorsichtig an. Silber graue Augen treffen mich anklagend. Ich zucke unter seinem Blick zurück. Was ist denn jetzt wieder los? Warum redet hier aber auch keiner miteinander. Im Gegensatz zu den beiden Vampiren vor mir kann ich keine Gedanken lesen. Also woher soll ich wissen um was es geht? „Das geht dich gar nichts an!“ faucht Cyr. Was ist denn jetzt kaputt? In den letzten zwei Wochen hat er nicht mehr so reagiert. Er hat mir ganz normal gesagt, dass er über ein bestimmtes Thema nicht sprechen möchte. Aber vor allem hat er mich nicht mehr so angefahren. Ich kneife die Augen zusammen und erwidere seinen Blick. „Und warum geht mich das nicht an?“ Er schaut zuerst weg. Dreht sich einfach zur Seite und will an mir vorbei. So nicht mein Freund! Ich stemme die Arme in die Seiten und stelle mich ihm in den Weg. Cyrs Muskulatur spannt sich. Ich kann es genau sehen. Es sieht aus, als wolle er sich gleich auf mich stürzen. Ich weiche nicht zurück. Warum auch? Er hat mir noch nie etwas getan. Und ich bezweifle, dass er es jemals könnte. Auch jetzt wird sein Blick weicher und langsam entspannt er sich wieder. „Melly, bitte…“ Ich seufze leise. Normalerweise ist das jetzt für mich das Zeichen nicht weiter zu fragen, aber diesmal ist es anders. Ich kann mir nicht sicher sein, ob er nicht seine Gesundheit aufs Spiel setzt, wenn ich jetzt schweige. „Cyr… Du bist noch nicht wieder gesund! Ich mache mir doch nur Sorgen!“ Jetzt fährt er sich schweigend durchs Haar, während ich ihn eindringlich mustere. „Es wird keinen Kampf geben!“ meldet sich zu meiner Überraschung jetzt Lucian zu Wort. Na super, das hilft mir jetzt wirklich. „Ist es so ein Geheimnis, dass du mir nicht einfach sagen kannst, was los ist?“ Statt mir zu antworten sieht er jetzt Luc an. „Können wir sie nicht mitnehmen?“ Lucians goldene Augen bohren sich in Cyrs silberne. „Lass deine Beziehungsstreits zu Hause!“ murrt er dann. „Sie ist meine Partnerin. Das hier hat überhaupt nichts mit unserem Privatleben zu tun!“ erwidert Cyr kühl. „Klar doch!“ Lucian lacht. „Warum nur sagst du das seit zwei Jahren das erste Mal?“ fragt er richtig gehend provozierend. Ich kann nicht sagen, ob er dabei mich oder Cyr meint. Aber Cyr fühlt sich definitiv angegriffen. Er dreht sich einfach um und geht Richtung Tiefgarage. „Dann such dir doch einen anderen!“ Lucian lässt resigniert den Kopf sinken. Irgendwie habe ich das Gefühl er würde die Bemerkung wieder zurücknehmen. Aber er sieht nicht so aus, als wolle er sich entschuldigen. Ich seufze und fahre mir durchs Haar. „Was zum Teufel ist nur mit euch beiden los?!“ fahre ich auf. Das Ganze geht mir so was von auf den Senkel. Jetzt starren mich beide an. „Ihr benehmt euch wie kleine Kinder die um einen Lolli streiten. So habe ich und mein Bruder uns benommen… vor zwanzig Jahren!“ Bei dem Wort Bruder sehen die Beiden sich gegenseitig an. Häh? Was soll das jetzt? Verschwören die beiden sich jetzt per Telepathie schon wieder miteinander? Oder hat das irgendwas anderes zu bedeuten? Ich mustere sie eindringlich. Sie sind etwa gleich groß, mit breiten Schultern, durchtrainiert und Pechschwarzem Haar. Cyr ist etwas schmaler, aber er hat trotzdem die gleiche Figur wie sein Bruder. Meine Augen weiten sich überrascht. Der Gedanke ist mir nur so durch den Kopf geschossen. Aber jetzt wo ich genauer darüber nachdenke. Die beiden sehen sich wirklich sehr ähnlich! Ob sie wirklich Brüder… „Ihr seid…“ Ich sehe von einem zum andern. Jetzt gibt auch mehr einen Sinn. Lucian hat Cyr schon mehr als einmal Bruder genannt und auch das mir den Machtverhältnissen, dass Cyr die Führung übernehmen könnte, wenn die Wahrheit herauskäme… „Sprich es nicht aus!“ Hart peitschen die Worte durch den Flur. Ängstlich sehe ich Lucian an. Er schnappt mein Handgelenk und zieht mich in sein Büro. Cyr folgt uns langsam. „Wehe du lässt hier in der Organisation auch nur ein Wort darüber fallen!“ Ich sehe ihn an. Warum? Was ist daran so ein großes Geheimnis? „ Lucian war der jüngste von uns!“ Cyr lässt sich auf die schwarze Ledercouch in der Zimmerecke fallen und sieht auf seine Hände. „Wir Vampire suchen uns unseren Anführer in erster Linie nach seiner Abstammung aus. Unser Vater wurde von einem der mächtigsten Vampire erschaffen, der jemals auf der Erde existiert hat. Er hat fast tausendfünfhundert Jahre an der Spitze unserer Population gestanden. Nach seinem Tod, wurde Ahasveros der Herrscher. Er war damals knapp fünfhundert Jahre alt. Der Sohn unseres Vaters und einer griechischen Adeligen.“ Er spricht leise, so als wäre er in seinen Erinnerungen versunken. „Ahasveros ermordete Caesar. Er war es der den tödlichen Stich setzte. Er war es, der sich mit Gewalt den Weg zum Thron freiräumte. Hätte er meine oder Lucians Abstammung gekannt, hätte er uns sicher töten lassen.“ Warum hatte Cyr damals nicht den Thron für sich beansprucht? Er war doch der Ältere. „Cyrus hätte nur ein einziges Wort sagen müssen und jeder Vampir wäre vor ihm auf die Knie gefallen. Und so ist es noch heute. Cyr ist mächtig!“ Lucian sieht seinen Bruder an und legt ihm dann eine Hand auf die Schulter. „Er hat sich damals dagegen entschieden Ahasveros zu bekämpfen. Er hat mich und meine Mutter damals aus Rom weg gebracht. Er hat mir das Leben gerettet. Als Ahasveros schließlich doch dahinter kam, dass ich sein Halbbruder war, wusste ich genug über meine Natur um mich vor seinen Schergen in Sicherheit zu bringen. Im fünfzehnhundert gab es Aufruhr unter den Vampiren. Es kamen Gerüchte auf, da sAhaveros nicht der einzige Sohn Ceasars sei! Eine lange Zeit, aber wir haben auch ein langes Leben.“ Die beiden Brüder sehen sich an, als hätten sie schlechte Erinnerungen an diese Zeit. „Lucian und ich waren von da an auf der Flucht, bis Ahasveros uns schließlich aufspürte. Er wusste nicht, wer ich war. Er wusste nicht, dass ich tausend Jahre älter und um einiges mächtiger war. Für ihn war ich nichts weiter, als der Leibwächter eines Vampirs, der es seiner Meinung nach nicht würdig war ihm den Thron streitig zu machen…“ Spricht Cyr weiter und lächelt bitter. „Es gab einen Kampf. Die unterschiedlichen Lager bekriegten sich. Ahasveros Anhänger und meine. Dabei kamen viele alte Vampire ums Leben. Sie töteten sich gegenseitig. Cyr hat mir damals das Leben gerettet. Er hat über den angeblich mächtigsten Vampir der damaligen Zeit triumphiert. Ich sehe es noch immer deutlich vor mir! Wie er blutbesudelt auf dem Schlachtfeld steht, über Ahasveros Leiche gebeugt, in der einen Hand den Dolch mit dem er ihn getötet hatte und in der anderen die schmale goldene Krone. Doch er hat niemals auch nur Anstalten gemacht den Thron zu besteigen, egal wie unterschiedlich unsere Meinungen auch waren. Stattdessen hat er mir den Thron überlassen. Die Voraussetzung für die Leitung der Organisation. Macht und Einfluss. Cyrus bleibt im Hintergrund, doch sein Triumph bleibt immer in den Köpfen der magischen Wesen. Ich bin sozusagen König von Cyrs Gnaden.“ Lucian sieht mich ernst an. Ich bin sprachlos. Ich habe Cyr definitiv unterschätzt. Wirklich unterschätzt. Ich kenne ihn kaum. Und ihn kenne zu lernen, wo ich doch nur ein Menschenleben habe… „Ich will deine Macht nicht! Außerdem weiß doch keiner, dass wir Brüder sind!“ Jetzt sehen beide mich an. Die Köpfe auf die gleiche leicht misstrauische Art schief gelegt. Es weiß niemand. Außer mir… „Ich werde es niemandem verraten!“ Cyr nickt nur auf meine gehauchten Worte, dann steht er auf und geht zur Tür. „Die Jagd, Luc!“ Und schon sind die beiden auf dem Flur. Warum bin ich auch nur so langsam! Ich bin immer noch in Gedanken bei der Geschichte, die die beiden mir gerade erzählt haben. Verdammt. Ich renne fast schon aus der Tür und bleibe dann abrupt stehen. Von den beiden Vampiren ist nichts zu sehen. Verfluchter… Das haben die mit Absicht gemacht. Nur deswegen haben sie mir die Geschichte erzählt. Um mich los zu werden! Wie hinterhältig!!!! Da kann Cyr noch was erleben, wenn er später zurück kommt. Und diesmal lasse ich mich nicht so einfach abspeisen. Entweder er rückt mit der Wahrheit über diese Jagd heraus oder er kann heute Nacht im Wohnzimmer schlafen! Alleine! Wütend stapfe ich zu meinem Auto. Ach was, für die Aktion kann er auch gleich auf dem Boden schlafen! Egal, ob er mir die Wahrheit sagt oder nicht! Kapitel 23: Kapitel 22 ---------------------- Kapitel 22: Ich packe den Türgriff und ziehe Lucians Bürotür mit Wucht zu. Donnernd schlägt sie ins Schloss. Ich bin stink wütend. Wie kann Cyr mich einfach nur so stehen lassen? Da kann ich ja nicht mal sagen, ob die Geschichte die er und Lucian mir erzählt haben überhaupt wahr ist oder ob er mich einfach nur angelogen hat. Ich greife nach meinem Handy und ziehe es aus der Hosentasche. Ich scrolle im Nummernverzeichnis nach Cyrs Nummer. Kurz starre ich auf die schwarzen Ziffern auf weißem Hintergrund, dann lasse ich meine Hand sinken. Soll ich mich wirklich so… Nein, ich werde ihn nicht anrufen und ihm zeigen wie wütend ich bin! Ich ramme meine Hände in die Hosentaschen und stapfe in die Tiefgarage und zu meinem Auto. Dort angekommen lasse ich mich in den Sitz fallen und halte erst mal inne. Wo will ich denn jetzt eigentlich hin? Ich fahre jetzt bestimmt nicht nach Hause und warte wie das brave Hausfrauchen bis Cyr kommt. Wenn er heute überhaupt wieder auftaucht. Nein ich werde bestimmt nicht den ganzen Nachmittag damit verbringen Däumchen zu drehen und nichts zu tun. „Fuck! Dieser blöde…“ Ich schlage mit der flachen Hand gegen das Lenkrad. Ich muss dringend etwas unternehmen, sonst werde ich heute noch verrückt! Das Klingeln meines Handys reist mich aus meinen Gedanken. Fahrig wurschtele ich es aus der Hosentasche starre dann für eine Sekunde auf den Bildschirm. Es ist nicht Cyr wie ich einen Moment gehofft hatte, sondern mein Bruder. Ich hebe ab. „Hi, Samuel!“ Ich schließe die Augen. „Hey, Schwesterchen…“ Irgendwie klingt er gestresst. „Stress, bei der Arbeit?“ frage ich deshalb. „Ja, es gibt Probleme und ich kann hier nicht weg. Hast du Zeit? Könntest du die Zwillinge aus der Mittagsbetreuung abholen und vielleicht etwas mit ihnen unternehmen?“ Da habe ich meine Ablenkung. „Klar, kein Thema! Ich mache mich gleich auf den Weg!“ „Danke, Süße!“ Ich schnalle mich an und pfriemele den Schlüssel ins Zündschloss. „Kein Problem, Sam. Ich habe Zeit! Ruf mich einfach an, wenn du mit der Arbeit fertig bist, dann bringe ich sie dir vorbei.“ Dann verabschieden wir uns und ich fahre los um die Zwillinge abzuholen. Ich betrete die Küche der Mittagsbetreuung. Maximilian entdeckt mich sofort, springt von dem kleinen Tisch auf in der Mitte des Raumes auf. „Tante Melly!“ Und schon fällt mir der kleine Wirbelwind in die Arme. Dicht gefolgt von seinem Bruder. „Warum holst du uns ab und nicht Dad?“ Marco sieht mich fragend an, seine Augenbrauen zusammengekniffen. „Euer Dad, muss heute länger arbeiten, deswegen hole ich euch ab. Also sammelt eure Sachen ein und dann geht’s los!“ Max freut sich wie ein Schneekönig und Marco lächelt zumindest schüchtern. Ich hole die Jacken der beiden, während sie ihre Taschen packten und sich von den anderen Kindern und der Betreuerin verabschieden. „Also worauf habt ihr Lust?“ frage ich die beiden, als wir bei meinem Auto stehen. „Spielplatz!“ Rufen die beiden wie aus einem Mund. Ich schließe den Kofferraum auf und lege die Rucksäcke der beiden Jungs hinein, dann nehme ich sie an der Hand und wir laufen zusammen die Straße hinunter. Der Spielplatz ist nicht weit entfernt von der Mittagsbetreuung. Ich setze mich auf die Bank und schaue den Jungs zu, wie sie durch den Schnee toben und über das Klettergerüst. Außer uns ist niemand hier. Liegt vielleicht daran, dass es ziemlich kalt ist. Aber ich finde das nicht schlimm. Warum die Kinder drinnen behalten, nur weil das Wetter mal nicht so mitspielt. Ich verstehe nicht wie manche Eltern das mit ihren Kindern machen können. Und Gott sei Dank vertrete ich in meiner Familie diese Meinung nicht alleine. Schon ich bin als Kind mit Samuel bei jedem Wetter draußen herumgetollt und warum also sollten wir es den Zwillingen verbieten? Uns hat es ja auch nicht geschadet. Bei Gelegenheit muss ich mit den beiden mal wieder Schlittenfahren gehen. Jetzt wo so viel Schnee liegt. Letztes Jahr war das ziemlich chaotisch. Vielleicht hat Samuel ja Lust auch wieder mitzukommen. Und Alina mit ihrem Freund. Irgendwann scheint Marco genug zu haben, denn er klettert neben mir auf die Bank. Max dagegen baut gerade einen Schneemann. „Du, Tante Melly, darf ich dich etwas fragen?“ Er sieht mich schüchtern von unten herauf an, seine Finger wandern unruhig über seinen Jackensaum. „Natürlich mein Kleiner, was gibt es denn?“ Aufmerksam betrachte ich ihn. „Ist es schön… mit Cyr?“ Ich verstehe ihn fast nicht, so leise spricht er. Und was zum Teufel, meint er mit seiner Frage? „Wenn er sich nicht gerade aufführt wie ein Idiot ist es eigentlich ganz schön!“ antworte ich resigniert. Marcos Augen weiten sich. Und das stimmt. In den letzten zwei Wochen haben wir uns super verstanden. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, in Ruhe zuhause auf dem Sofa. „Wo ist Cyr?“ Ich lege meine Hand auf Marcos Schulter. „Er ist mit seinem Bruder unterwegs. Ich weiß nicht wo sie sind. Sie haben mich einfach stehen gelassen!“ Jetzt kommt meine Wut wieder hoch. Ich bin wirklich angepisst von Cyr und Lucian. Aber der schien mich ja noch nie wirklich zu mögen. „Er ist seltsam.“ Ich denke noch immer über Marcos Worte nach, als wir zu meinem Haus fahren. Bevor ich hatte nachharken können, kam Maximilian und weil die Jungs inzwischen doch durchgefroren waren machten wir uns auf den Weg. Ich schließe die Haustüre auf und begrüße kurz Becca, dann hole ich den Zwillingen trockene Klamotten. Zusammen mit frisch gekochten Tee und Keksen setzen wir uns an den Wohnzimmertisch. Maximilian holt ein Kartenspiel aus dem Wohnzimmerschrank. Wir sitzen bis in den frühen Abend und nach einer großen Portion Nudeln mit Tomatensoße holt Samuel die beiden ab. Ich habe ihm zwar angeboten die Zwillinge zu ihm zu fahren, aber er meinte mein Haus läge fast auf dem Weg. Wirklich böse bin ich allerdings nicht, der Tag war doch ziemlich anstrengend. Allerdings bin ich jetzt wieder mit Becca alleine zuhause und habe jetzt doch nichts anderes zu tun, als auf Cyr zu warten. Inzwischen bin ich zwar nicht mehr ganz so wütend auf ihn, besonders begeistert allerdings auch nicht von seiner Aktion. Und noch dazu mache ich mir inzwischen doch wirklich Sorgen um ihn. eigentlich hat er das ja nicht verdient. Aber ich kann nun mal nichts dagegen machen, dass ich ihn mag. Dass ich ihn wirklich gerne mag. Verdammt, aber ich kann es nun mal nicht ändern. Inzwischen ist es halb elf und Cyr ist immer noch nicht zurück. Wenn ihm irgendetwas passiert ist, dann töte ich Lucian. Cyr hat heute schon trainiert, und ich habe doch schon gemerkt, dass das Schwimmen eigentlich anstrengend genug gewesen war. Seufzend entschließe ich mich dazu Zähne zu putzen und ins Bett zu gehen. Unten im Wohnzimmer zu sitzen und einfach nur auf ihn zu warten bringt ja auch nicht viel. Ich liege noch nicht lange in meinem Bett und habe das Licht ausgeschaltet, da höre ich die Haustür unten. Ich habe Cyr letzte Woche einen Schlüssel gegeben. An den leichteten Schritten höre ich, dass es wirklich Cyr ist, der da die Treppe herauf kommt. Vor meiner Schlafzimmertür zögert er, mein Herz schlägt viel zu schnell in meiner Brust. Dann schiebt er langsam die Tür auf… Kapitel 24: Kapitel 23 ---------------------- Kapitel 23: Cyrs leise Schritte verhallen vor meiner Tür. Er zögert. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich habe keine Ahnung wie ich auf seine Anwesenheit in meinem Schlafzimmer reagieren soll. Jetzt habe ich mich den ganzen Nachmittag über sein Verhalten aufgeregt, den ganzen Abend über Sorgen gemacht. Aber darüber nach gedacht wie ich darauf reagiere, wenn er wirklich vor mir steht… Nein darüber habe ich keinen Gedanken verschwendet. Schlafend stellen ist nicht drinnen. Cyr geht es gut genug, dass ihm das sofort auffallen würde. Bevor ich mir weiter den Kopf zerbrechen kann, wie ich jetzt reagieren soll, drückt er die Klinke der Schlafzimmertür herunter und schiebt sie leise auf. Mein ganzer Körper spannt sich an, dann höre ich Cyr leise seufzen. „Melly, ich…“ Unruhig beginnt er auf und ab zu gehen. Ich bleibe stocksteif liegen, starre blicklos in die Dunkelheit. Einfach werde ich es Cyr sicherlich nicht machen. Plötzlich senkt sich die Matratze auf der anderen Seite ab. Er muss sich auf die Bettkante gesetzt haben. „Bitte sprich mit mir!“ flüstert er leise. Ich schließe kurz die Augen und drehe mich dann auf den Rücken. Cyr sitzt auf der äußersten Kante meines Bettes, die Hand so halb nach mir aus gestreckt. Mehr kann ich in der Dunkelheit nicht erkennen. Sein Gesicht liegt komplett im Schatten. Ich warte einfach ab. Sage nichts, bewege mich nicht, warte einfach nur darauf, dass Cyr weiterspricht. „Es tut mir leid, wegen heute Mittag.“ Seine Stimme dringt kaum zu mir, so leise wispert er die Worte. Dann ist es wieder absolut still zwischen uns. Ich starre Cyr einfach nur an. Er hat sich entschuldigt. Trotzdem ist da immer noch diese Wut in mir. Und was noch viel schlimmer ist, dass er mir scheinbar nicht vertraut. Sonst hätte er mir ja einfach die Wahrheit sagen können, worüber auch immer. Cyr fährt sich mit beiden Händen durchs Haar. „Wir haben dich nicht angelogen. Lucian ist wirklich mein Bruder. Wir mussten etwas klären.“ Damit steht er auf und geht langsam zur Tür. „Und das nennst du Jagd?“ frage ich. Meine Stimme trieft nur so vor Sarkasmus. Er zuckt zusammen. „Das ist etwas zwischen mir und Lucian!“ murmelt er verschlossen. „Nein ist es nicht!“ fauche ich und setze mich auf. Er bleibt stehen. „Mein Privatleben geht niemanden etwas an!“ Tonlos und ziemlich genervt. Jetzt platzt mir aber der Kragen! Das kann er doch nicht ernst meinen, oder? Das… Ich schlage mit der flachen Hand auf das Bett. „Verdammt! Das kann doch nicht dein Ernst sein?! Dein Privatleben geht niemanden etwas an?“ Ich werde immer lauter, starre ich wütend an. Und ich bin wirklich wütend. „Ich dachte wir sind ein Paar! Mann und Frau! Ein Paar! Hieße das nicht zwangsläufig, dass dein Privatleben auch meines ist? Oder siehst du das anders?! Scheinbar schon, sonst würdest du einfach mit mir darüber reden, anstatt mir irgendwelche Geschichten aufzutischen. Und dann zu verschwinden, während ich noch darüber nachdenke!“ Ich gestikuliere wild mit den Händen, Cyr dagegen wird auf einmal total ruhig. „Mehr als dreitausend Jahre. Du würdest das nicht verstehen!“ Was für ein schlagkräftiges Argument. Das reicht ja nicht mal für eine Fliege. „Was würde ich nicht verstehen? Du redest ja nicht mit mir, wie soll ich da auch nur ansatzweise etwas verstehen?“ Ich sehe genau den Moment in dem Cyr einknickt. Seine Schultern verlieren die Spannung und er dreht den Kopf weg, sodass ich sein Gesicht nicht mehr sehen kann. „Das war keine Geschichte.“ Verteidigt er sich kraftlos. „Ahasveros, unser Bruder, der Mörder unseres Vaters. Ich habe ihn wirklich getötet um Lucian zu schützen. Damals ging das Ganze nicht ohne Schwierigkeiten über die Bühne. Als ich Ahasveros tötete habe ich die gesamte Vampirwelt in einen Zwiespalt gestürzt. Ich war ein unbekannter. Niemand kennt meine Herkunft. Niemand weiß, dass ich Ahasveros älterer Bruder bin. Dass ich älter als Lucian bin. Und ich habe nie auch nur den Wunsch verspürt daran etwas zu ändern. Meine bedingungslose Treue Luc gegenüber, hat die Vampire dazu veranlasst zu glauben, er ist etwas Besonderes. Doch auch nach der eigentlichen Schlacht waren die Vampire in zwei Lager gespalten, sind sie immer noch. Ahasveros hat einen Sohn. Talon. Er versucht schon seit dem Tod seines Vaters die Führung zu übernehmen. Lucian hat mehr Anhänger, aber es gab schon mehr als einen Anschlag auf Lucian. Wir wollen ihn unschädlich machen. Wenn Talon es schaffen sollte Lucian vom Thron zu stoßen, dann gibt es Krieg. Schlimmer als der Zweite Weltkrieg.“ Cyr macht ein paar Schritte zurück, lehnt sich erschöpft mit dem Rücken zur Tür. „Und anstatt mir das einfach zu erzählen, hört ihr in der Mitte auf und macht euch vom Acker?“ frage ich ruhiger. Meine Wut ist ziemlich abgeklungen. Jetzt will ich eigentlich nur noch verstehen, was da eigentlich los ist. „Es… Nach diesem Zusammenstoß mit der schwarzen Witwe… Als Lucian mich herbestellt hat Mitten in der Nacht… Da ging es darum Talon aufzuspüren. Wir hatten ihn, aber kurz darauf ist er wieder untergetaucht. Heute Morgen kam eine Frau auf Luc zu, die behauptete Talon hier in der Stadt gefunden zu haben. Es musste schnell gehen. Ich sollte ihn wieder aufspüren. Darin bin ich gut.“ Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Und? Habt ihr ihn gefunden?“ frage ich direkt. Irgendwo kann ich Cyr verstehen. Er will seinen Bruder beschützen. „Nein. Er ist nicht in der Stadt, ansonsten hätte ich ihn aufgespürt. Es tut mir leid, dass wir dich einfach stehen gelassen haben. Aber Lucian wollte es dir erst nicht erzählen. Deswegen diese blöde Aktion. Es tut mir leid!“ Cyr klingt ziemlich erschöpft und geknickt. Ich muss das alles erst einmal verdauen. Es ist doch schon nicht einfach, wenn man erfährt, dass sein Freund von dessen Bruder bedroht wird. Auch wenn dieser nicht einmal weiß, dass sie verwandt sind. Irgendein Vampir will Lucian töten. Wegen etwas das vor tausendfünfhundert Jahren geschehen ist. Und Cyr steht dabei zwangsläufig im Kreuzfeuer. Jetzt stößt er sich langsam von der Wand ab. „Darf ich unten auf der Couch schlafen, oder soll ich gehen?“ Es ist zu dunkel um mehr als Cyrs Profil zu erkennen. Aber seine Stimme ist nahezu emotionslos, nur einen Hauch von Melancholie liegt darin. Ich bin erst einmal sprachlos, was Cyr dazu veranlasst sich endgültig umzudrehen. Ich springe auf und laufe zu ihm. „Du kannst hier bleiben, bei mir… Aber ich möchte, dass du mir etwas versprichst!“ Ich sehe zu ihm auf, seine silbrigen Augen liegen erschöpft auf mir. Egal was er den Nachmittag mir Lucian getrieben hat, es hat ihn ziemlich mitgenommen. Er wirkt müde. „Das nächste Mal, wenn so etwas ist, dann sag es mir ehrlich. Erklär es mir, okay? Aber lass mich nicht einfach so blöde stehen!“ Er nickt. „Okay, ich bin dann unten!“ Cyr verlässt das Schlafzimmer. Ich springe auf und laufe ihm nach. Hole ihn am Treppenabsatz ein. „Cyr. Mit hier bleiben, da habe ich mein Schlafzimmer gemeint.“ Ich habe seinen Arm gegriffen. Lasse meine Finger nach unten zu seiner Hand gleiten und drücke sie fest. Plötzlich zieht er mich in seine Arme und hält mich einfach nur fest. „Du bist ja eiskalt!“ entfährt es mir. Cyr lässt seine Wange auf meinen Scheitel sinken. „Melly es ist Winter und es liegt Schnee!“flüstert er leise. „Ein klares Zeichen, dass du ins Bett gehörst. Ich habe es schon mal etwas angewärmt…“ Cyrs leises Lachen klingt frei und gelöst. Er hebt mich hoch und trägt mich ins Schlafzimmer. „Cyr, deine Schulter!“ quietsche ich auf. „Dich Leichtgewicht kann ich auch noch mit einem Arm heben!“ lacht er und wirft mich in die Kissen. Keine Minute später liegt er neben mir und hat mich eng an seine breite Brust gezogen. „Gute Nacht, Melly!“ „Nacht Cyr!“ Ich muss gähnen und schließe dann die Augen. Kuschele mich nahe an ihn. Kapitel 25: Kapitel 24: ----------------------- Kapitel 24: Am Morgen fahre ich zusammen mit Cyr in die Organisation. Mein Training spielt dabei ehr eine Nebenrolle. Stumm sitze ich am Beckenrand und beobachte Cyr beim Schwimmen. Lächelnd hievt er sich schließlich aus dem Becken. Es ist ihm anzusehen, dass er sich über jeden Fortschritt freut. Eigentlich wollte ich ihn nach der gestrigen Aktion gar nicht trainieren lassen. Wenn es auch nur das bisschen Schwimmen ist. Aber er schien nicht groß angeschlagen zu sein. Zumindest nicht mehr als durch seine Verletzungen eh schon. Ich reiche ihm ein Handtuch. „Ich dachte…“ Bevor er weiter reden konnte, kommt Ian ins Schwimmbad gestürmt. „Cyr! Lucian sagt, du sollst sofort kommen! In sein Büro!“ Cyr kneift die Augen zusammen und springt dann sofort auf. Er sieht mich kurz an und dann läuft er aus dem Schwimmbad. Ohne sich anzuziehen oder auch nur seine Sachen aus der Umkleide zu holen stürmt er davon. Ich seufze leise. Jetzt geht das schon wieder los oder was? Ian sieht mich verwirrt an. Er hat also genauso wenig eine Ahnung was hier vorgeht wie ich. Ich beeile mich Cyrs Tasche zu holen und renne dann zu Lucians Büro. Ohne anzuklopfen stoße ich die Tür auf. Cyr sitzt immer noch in seinen nassen Badeshorts auf dem Sessel gegenüber dem Schreibtisch. Lucian geht wütend auf und ab. „Warum müssen wir auf sie warten?“ knurrt er und sieht mich dabei an, als wäre ich das böse in Person. „Sie weiß es und jetzt hör auf. Warum bin ich hier?“ Ich stelle Cyrs Tasche neben den Sessel und er beginnt sich anzuziehen. „Deswegen!“ Lucian wirft ein Foto auf den Tisch. „Ich habe ja keine Ahnung, was momentan mit dir los ist! Aber Talon ist hier!“ Cyr hält inne. Seine Hose nur halb geschlossen. Mit zitternden Fingern nimmt er das Foto auf. „Ich habe ihn nicht gespürt!“ Lucian donnert beide Handflächen auf den Schreibtisch. „Weil du dich nicht darauf konzentrierst! Du bist mit deinen Gedanken nur bei Melanie! Es geht um mehr als nur deine kleine Liebschaft! Wir stehen kurz vor einem Krieg!“ Lucian wird immer lauter. Cyr kneift die Augen zusammen und erhebt sich halb. „Jetzt mal immer mit der Ruhe!“ Ich stelle mich zwischen die beiden und sehe sie abwechselnd eindringlich an. „Lucian! Cyr ist immer noch verletzt. Du hast ihn gestern nach dem Training mitgenommen, also was erwartest du?!“ Während Lucian mich total perplex anstarrt, zieht Cyr sich fertig an. „Er hat noch nie einen Fehler gemacht!“ Lucian sieht seinen Bruder eindringlich an. Cyr fährt sich durchs Haar. „Wo ist dieses Bild aufgenommen worden?“ fragt er leise. „In einem Club in der Innenstadt!“ murmelt Lucian. „Dann haben wir ja diesmal einen genaueren Anhaltspunkt im Gegensatz zu gestern!“ Er steht auf und geht zur Tür. „Lass uns gehen!“ Diesmal versuchen die beiden nicht mich abzuschütteln. Ich folge ihnen in die Tiefgarage und zu einem schwarzen Geländewagen. Lucian klemmt sich hinter das Steuer. Die Fahrt bis zu diesem Club verläuft schweigend und in ungemütlicher Atmosphäre. Ich betrete das Gebäude hinter den beiden Vampiren. Der Barkeeper der gerade dabei ist die Bar aufzufüllen sieht genervt auf. „Wir öffnen erst in zwei Stunden!“ Cyr und Luc reagieren gar nicht auf die Worte, sondern bleiben einfach Stumm in der Mitte des Clubs auf der Tanzfläche stehen. Der Barkeeper kommt wütend um die Theke herum. Bevor er Cyr und Luc erreicht stelle ich mich ihm mit einem Lächeln in den Weg. „Entschuldigen Sie, aber wir sind auf der Suche nach unserem Neffen. Haben sie diesen jungen Mann hier schon einmal gesehen?“ Ich zweige ihm das Foto, das ich vorsichtshalber mal eingesteckt habe. Der Barkeeper sieht sich tatsächlich das Foto an und legt die Stirn in Falten. „Mmh, ja, er war gestern Abend hier. Mit so einem riesigen Kerl mit Glatze und einer Statur wie ein Türsteher. Sie haben viel geredet.“ Ich lege den Kopf schief und nicke. „Wissen Sie vielleicht zufällig worüber sie gesprochen haben?“ „Irgendetwas von wegen Park, mehr kann ich ihnen leider nicht sagen.“ Ich bedanke mich freundlich bei dem Mann und trete dann zu Lucian und Cyr. Cyr massiert sich die Schläfen. „Das ist verdammt schwer, wenn ich nicht einmal einen ungefähren Zeitpunkt habe, Luc!“ Ich lege ihm einen Arm um die Schultern. „Er war gestern Abend hier! Zusammen mit einem großen Mann mit Glatze.“ Lucian sieht von mir zu dem Barkeeper und wieder zu mir. Doch ich habe nur Augen für Cyr. Er wirkt hoch konzentriert, in Gedanken ganz wo anders. Plötzlich fokussiert sich sein Blick wieder. „Ich hab seine Spur!“ Lucian folgt ihm sofort zur Tür, während ich dem Barkeeper noch ein schnelles. „Entschuldigen sie die Störung und Danke!“ zuwerfe. Kaum stehe ich auf der Straße muss ich zusehen, dass ich Cyr und Lucian einhole. Die beiden legen ein ganzschönes Tempo vor. Wir laufen fast eine halbe Stunde quer durch die Stadt bis Cyr plötzlich abrupt stehen bleibt. Wir stehen in einem kleinen Park an einem Brunnen. Kein Mensch ist zu sehen. „Hier… irgendetwas… überdeckt seine Spur.“ Er presst beide Hände an die Schläfen und atmet schwer. So als hätte er Schmerzen. „Cyr!“ Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. Er sieht mich an. Seine Augen sind total verschleiert. Plötzlich sinkt er auf die Knie, krümmt sich. Hilflos stehe ich daneben. „Verdammt!“ Lucian zischt neben mir. Ich folge seinem Blick. Drei dunkle Gestalten kommen auf uns zu. Formlos, verwaschen. „Aka Manah!“ Ich kenne diesen Namen. Wenn ich mich recht erinnere einer der sieben Daeva. Ein Dämon aus Mittelpersien. Ein Verführer des Bösen. Und wie es scheint hat er es und seine beiden untergebenen auf uns abgesehen. „Eine Falle! Versuch Cyrs Verbindung zu dieser verdammten Spur zu unterbrechen!“ Lucian stellt sich schützend zwischen Cyr und die Dämonen. Ich falle neben dem Vampir auf die Knie, lege beide Hände an seine Wangen. „Cyr! Ich bin hier! Lass die Spur los!“ Er sieht durch mich hindurch. Verdammte Scheiße was mache ich denn jetzt? Kurz schaue ich über die Schulter, Lucian versucht die drei Dämonen fern zu halten. Aber sie sind schnell. Ich zieht meine Pistole aus der Tasche. Damit ich sie griffbereit habe. Dann wende ich mich wieder Cyr zu. Sein Oberkörper ist nach vorne gesunken. Er stützt sich nur noch mit den Ellbogen im Schnee ab. „Cyr!“ Ich brülle und rüttle ihn an der Schulter. Keine Reaktion. „Melly, Achtung!“ Bevor ich auf Lucs ruf reagieren kann, werde ich am Nacken gepackt und hoch gerissen. Die Pistole entgleitet meinen Fingern. Ich greife nach der Hand an meinem Hals, winde mich. Vergeblich. Angst steigt in mir hoch, ich schreie. Lucian liegt auf dem Rücken im Schnee, einer der Dämonen auf ihm. Der Dritte hat sich über Cyr aufgebaut. In seiner Hand ein langes Messer. Ich schreie auf. „Neeeeiiiiiin!“ Wie in Zeitlupe sehe ich das Schwert fallen, meine Stimme versagt. Ich schaffe es meinem Angreifer einen Ellbogen in den Bauch zu rammen, sein Griff lockert sich etwas. >Cyr< Mein einziger Gedanke. Und als hätte er das gehört taumelt Cyr zur Seite. Das Messer gräbt sich in den Schnee. Mühsam rappelt er sich auf, sieht sich orientierungslos um. „Hinter dir!“ Eine Millisekunde sieht er mir in die Augen, dann wirbelt er herum. Seinen Finger graben sich in die Brust des Dämons. Die dunkle Gestalt sinkt in sich zusammen. Schwarzes Blut tropft von dem noch schwärzeren Herz, das Cyr in seiner Hand hält. Der Griff um meinen Nacken wird wieder fester. „Arg!“ Wieder winde ich mich. Cyrs silbrige Augen fokussieren sich auf mich. Schneller als das menschliche Auge folgen kann, ist er neben mir, reißt meinen Angreifer von mir weg. Als auch der zweite Dämon tot zu Boden fällt schwanke ich und sehe zu Lucian, der den Dritten ebenfalls besiegt hat. Allerdings ist der noch am Leben. Ich sehe zu Cyr, der sich blass durch die Haare fährt und sich dann wieder die Schläfen hält. „Cyr?“ Leise spreche ich ihn an. Er ist über und über mit Dämonenblut besudelt. Mit glasigen Augen sieht er mich an. Aber immerhin ist sein Blick auf mich fokussiert und geht nicht mehr ins Leere. Lucian tritt neben uns, legt seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. „Eine verdammte Falle. Deswegen hast du gestern die Spur nicht gefunden. Er leitet uns in die Irre.“ Zwei blutige Kratzer laufen über seine Wange. „Schon gut, Luc. Das ist nicht deine Schuld!“ Cyr lehnt den Kopf an meine Schulter und atmet mehrfach tief durch. Ich lege ihm eine Hand in den Nacken und streiche ihm durch das dunkle Haar. Mit der anderen wische ich ihm das Blut aus dem Gesicht. Es dauert nur ungefähr zehn Minuten bis ein Team der Organisation eintrifft. Lucian geht ihnen entgegen und scheint Befehle zu geben. Dann kommt Sandy auf uns zu und drückt Cyr ein sauberes Hemd in die Hand. „Ich fahre euch nach Hause!“ Ich helfe Cyr in das frische Hemd und nicke Sandy dankbar zu. Cyr lässt sich erleichtert in die weichen Sitze des Geländewagens fallen und schließt die Augen. „Lucs spontane Aktionen bringen mir meistens Kopfschmerzen ein!“ murmelt er. Ich lege eine Hand auf seinen Oberschenkel. „Aber ansonsten ist alles okay?“ Ich betrachte ihn eindringlich. Er nickt. „Sie haben über die Spur meinen Geist blockiert. Das ist unangenehm, aber nichts weiter.“ Nichts weiter? Dieser Dämon hat ihn beinahe erstochen. Erst jetzt wird mir klar, dass ich Cyr hätte verlieren können. Ich muss schwer schlucken. Ich hätte meinen Freund heute sterben sehen können. Es war verdammtes Glück, dass er diese Blockade noch rechtzeitig brechen konnte. Ich habe das ganze immer noch nicht vollkommen verwunden, als Sandy den Wagen in meine Hofeinfahrt lenkt. Etwas wackelig steige ich aus und warte dann auf Cyr. Gemeinsam betreten wir das Haus. Becca springt freudig an mir hoch. Sandy steigt wieder in den Wagen und fährt los, gerade als ich die Haustüre hinter uns schließe. Cyr zieht mich ins Wohnzimmer und setzt sich auf die Couch. Mich in seine Arme gezogen. So sitzen wir lange. Einfach nur eng aneinander gekuschelt und still. Ich glaube ihm ist das ganze genauso nahe gegangen wie mir. Er zittert ein wenig. Seine langen schlanken Finger zwirbeln eine meiner Haarsträhnen. „Du hättest tot sein können.“ Flüstert er plötzlich leise. Ich sehe ihm in die Augen. Noch immer sind sie glasig. „Du auch!“ erwidere ich vorsichtig. Er zieht mich noch näher an sich. „Berufsrisiko!“ Da hat er wohl recht. Das Risiko in unserem Beruf zu sterben ist nicht gerade gering. Auch nicht für einen Jahrtausendealten Vampir, wie wir heute gesehen haben. Wäre er nur einen Augenblick später wieder zu sich gekommen… „Du hast mir das Leben gerettet!“ flüstere ich und küsse ihn flüchtig. „Und du mir!“ Irgendwie ist die ganze Situation unwirklich. Wie soll ich Cyr das Leben gerettet haben? Ich habe nichts gemacht. „Ich habe doch gar nichts gemacht!“ spreche ich meinen Gedanken laut aus. „Melly…“ Er legt die Finger an mein Kinn und dreht meinen Kopf, sodass ich ihm direkt in die Augen schaue. „Ich hätte diese Blockade nicht brechen können, hättest du nicht Verbindung zu mir aufgenommen!“ Verwirrt sehe ich ihn an. „Ich bin ein Mensch!? Ich kann keine Verbindung aufnehmen.“ Geschweige denn habe ich auch nur irgendetwas davon bemerkt. Ich habe ihn ohne Stimme gerufen, aber das war doch nur ein Gedanke. Das kann ihn ja kaum aus dieser Blockade befreit haben! Cyr legt seine Stirn an meine. „Aber du hast es geschafft!“ Cyrs Lider hängen auf Halbmast und verbergen seine silbergrauen Augen teilweise. Er ist sichtlich erschöpft. Es ist besser, wenn ich das Thema für heute beende. Es war ein anstrengender Vormittag. Sanft streiche ich ihm über die Schultern. „Lass uns nach oben gehen!“ Nach einem kurzen Abstecher ins Bad schiebe ich Cyr auf mein Bett. Träge sieht er mir beim Umziehen zu. Ich lege mich neben ihn und bette meinen Kopf auf seine Schulter. Er vergräbt sein Gesicht in meinem Haar und es dauert nicht lange bis er eingeschlafen ist. Etwas umständlich krame ich mein Handy aus der Hosentasche und öffne das SMS-Fenster. Kurz zögere ich, dann tippe ich auf Lucians Kontakt. » Ich muss mit dir reden! Morgen 10.00 in deinem Büro!« Kapitel 26: Kapitel 25 ---------------------- Kapitel 25: Kurz vor zehn klopfe ich an Lucians Bürotür. Warum ich genau diese Uhrzeit gewählt habe? Cyr hat einen Termin bei Mirko. Er bekommt also nicht mit, dass ich mich mit seinem Bruder treffe. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ja ich fürchte mich davor, mit Lucian zu reden. „Melanie!“ Lucian öffnet mir die Tür und sieht mich von oben herab an. Ich dränge mich an dem Vampir vorbei und lasse mich vor seinem Schreibtisch auf einen Stuhl fallen. Ich atme tief durch. „Du willst mit mir reden?“ Lucian lehnt sich an die Tischkante und verschränkt die Arme vor der Brust. „Es geht um Cyr, oder nicht?!“ Er klingt jetzt schon, als wolle er alles Kommende abblocken. „Ja!“ Ich fahre mir durch das offene Haar. „Er braucht dringend eine Pause!“ Lucian zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Klar!“ wehrt er meine Worte ganz einfach ab. „Lucian! Ich meine das Ernst! Cyr braucht dringend eine Pause! Und damit meine ich nicht ein paar Tage! Das gestern…“ Ich sehe Lucians goldene Augen trüb werden. „So einfach ist es nicht…“ Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Das glaube ich dir! Ihr lebt schon seit Jahrtausenden! Du stehst an der Spitze der magischen Welt. Cyr direkt unter dir…Aber das hat nichts mit…“ „Melanie! Stopp!“ Wütend funkelt er mich an. Ich zucke zusammen. „Die Position die Cyr innehat ist mit Gefahr verbunden. Cyr jetzt von hier fern zu halten wäre unverantwortlich!“ Ich sehe ihn wütend an. „Unverantwortlich? Hast du eine solche Angst vor deinem Neffen? Das ist verdammt noch einmal selbstsüchtig!“ fahre ich auf. Er kann doch Cyr nicht in seiner Nähe behalten, weil er… „Das hat nichts mit mir zu tun!“ Lucian baut sich vor mir auf. „Und es hat auch nichts mit Talon zu tun. Zumindest nicht mehr!“ Er wird leiser und lächelt dann müde. „Talon hat sich selbst den Todesstoß verpasst! Ohne Cyr hätte ich die Spur niemals gefunden. Das gestern… Mir und auch Cyr war von Anfang an klar, dass Talon uns eine Falle gestellt hatte.“ Lucian geht um seinen Schreibtisch herum und lässt sich dahinter in den Stuhl fallen. „Heißt das du hast Cyr bewusst in diese Falle tappen lassen?“ Entgeistert sehe ich ihn an, doch Lucian schüttelt den Kopf. „Cyr kannte das Risiko. Aber die Falle war besser, als wir dachten. Aber Cyr hat zwischen den ganzen falschen Signalen Talons richtige Spur gefunden. Ich habe euch nach Hause geschickt und mit den anderen Wächtern Talons Versteck auf den Kopf gestellt. Dabei hat er sich selbst erschossen.“ Mit großen Augen sehe ich Lucian an. „Was soll das heißen?“ Lucian verzieht das Gesicht. „In den letzten Jahren haben sich Talons Anhänger immer mehr von ihm abgewandt. Aka Manah war einer seiner letzten Verbündeten. Die Falle seine letzte Chance doch noch an die Macht zu kommen. Er war ungeduldig. Einen Fehler, den Cyr mir schon in den ersten Jahren ausgetrieben hat. Wir haben eine ganze Ewigkeit, also warum die Dinge überstürzen? Naja auf jeden Fall ist die Sache mit Talon endgültig vorbei.“ Ich schaue ihn mit großen Augen an. Irgendwie ist das gerade schwer zu begreifen. Ich habe erst gestern von der jahrtausendlangen Familienfehde erfahren und heute soll sie beendet sein. einfach so? Das ist ein seltsames Gefühl. „Hast du es Cyr schon gesagt?“ Lucian schüttelt den Kopf. „Nein, ich werde es ihm sagen, wenn er von Mirko kommt.“ Ich frage mich wie Cyr darauf wohl reagieren wird. Wenn es für mich schon so seltsam ist, wie wird das dann erst für ihn sein? Plötzlich kommt mir ein Gedanke. „Warum zum Teufel willst du Cyr dann hier in deiner Nähre behalten, wenn Talon doch tot ist?“ Lucian sieht mir direkt in die Augen. „Durch Talons Tod steht die magische Welt vor einer wichtigen Entscheidung. Ich selbst habe die Führung erhalten in dem Moment in dem Cyr Ahasveros tötete. Wenn das Volk sich gegen mich gestellt hätte, dann wäre ich niemals an der Spitze geblieben. Bestätigt wird meine Position alle einhundert Jahre um Weihnachten herum. Dann kommt die ganze magische Welt zusammen und schwört mir ihre Treue. Das bedeutet aber auch, dass sie sich alle einhundert Jahre einen neuen Führer suchen können, wenn sie das wollen. Dieses Jahr ist es wieder soweit…“ Ich höre ihm aufmerksam zu. „Aber Lucian, was hat Cyr damit zu tun?“ Der Vampir leckt sich kurz über die Lippen und lehnt sich dann etwas nach vorne. „Cyr ist meine rechte Hand. Seine Abwesenheit kann das empfindliche Gleichgewicht zerstören. Das kann ich nicht riskieren. Es könnte die ganze Welt in Krieg stürzen. Talon war nicht der einzige, der sich gerne an der Macht sähe. Wenn ich Cyr jetzt so zu sagen beurlaube, dann werden einige versuchen ihn abzuwerben. Auch mit Gewalt und das nur weil sie glauben werden, dass zwischen ihm und mir Streit herrscht.“ Das muss ich jetzt erst einmal verdauen. Langsam fahre ich mir durch die Haare. Das was mir Lucian gerade erzählt hat bedeutet im Klartext, wenn es auch nur Gerüchte gäbe, dass Cyr und Lucian sich zerstritten hätten, dann könnte das einen Krieg auslösen. „Okay, aber versprich mir eines! Solange Cyr krankgeschrieben ist gibt es keine Aktionen mehr wie gestern!“ Einen Moment starren wir uns in die Augen, dann nickt Lucian langsam. Ich seufze und stehe von dem Stuhl auf. „Danke und jetzt geh und erzähl deinem Bruder was gestern passiert ist!“ Lucian erhebt sich ebenfalls und geht dann zur Tür. Er schaut über die Schulter zu mir. „Cyr ist mein Bruder. Ich hasse es solche Dinge von ihm verlangen zu müssen, aber er ist nun mal der Beste. Und genau deswegen werde ich immer versuchen ihn zu beschützen.“ Damit verlässt er den Raum. Ich bleibe noch einen Moment sitzen und mache mich dann langsam auf den Weg Richtung Krankenstation. Mirko kommt mir auf dem Flur entgegen. „Hallo Melly, hast du alles mit Lucian geklärt?“ Ertappt sehe ich ihn an. „Woher weißt du das?“ frage ich leise. „Cyr bekommt so einiges mit…“ Vielsagend sieht er mich an. Ich beiße mir ertappt auf die Unterlippe und weiche seinem Blick aus. Hinter Cyrs Rücken mit dessen Bruder über ihn zu sprechen ist vielleicht nicht so das wahre gewesen… „Mach dir keine Gedanken, Mädchen. Er ist dir deswegen nicht böse.“ Mirko lächelt. „Lucian ist gerade zu Cyr ins Zimmer. Am besten wartest du einfach vor der Tür. Die beiden haben einiges zu bereden!“ Damit lässt er mich stehen und verschwindet in einem der Behandlungszimmer. Es dauert eine gute halbe Stunde bis Lucian aus einer der Türen tritt. Er kommt direkt auf mich zu. „Keine Einsätze, bis Silvester. Aber ihr müsst schon ab und zu vorbeischauen und ich habe genug Papierkram für ihn zu erledigen! Aber das kann bis morgen warten. Nimm ihn mit nach Hause und macht euch einen schönen Tag!“ er klopft mir auf die Schulter und geht dann den Flur hinunter, während ich zu Cyr gehe. Epilog: Epilog -------------- Epilog: Die Wochen bis Weihnachten vergehen ziemlich schnell. Cyr und ich fahren morgens in die Organisation, arbeiten uns durch unendliche Stapel von Akten und am frühen Nachmittag gehen wir zu mir nach Hause. Inzwischen hat Cyr auch die restlichen Sachen aus seiner Wohnung geholt und ist mehr oder weniger bei mir eingezogen. Am Anfang hat er meinen Vorschlag abgewiesen, ich war einen Tag ziemlich eingeschnappt gewesen, bis Lucian mir einen seltsamen Tipp gegeben hat. Naja, aber am besten fange ich vorne an. »Es ist in Cyrs Büro, kurz nach meinem Gespräch mit Lucian. Ich liege auf dem Sofa in der Zimmerecke, die Beine auf der Rückenlehne und eine Akte in den Händen. Darin geht es über einen Fall, der aus dem letzten Jahrhundert stammt und sprachlich eine einzige Katastrophe ist. Zumindest aus heutiger Sicht. Ich habe das jetzt schon zum dritten Mal gelesen und verstehe den Vorfall immer noch nicht eindeutig. Als die Tür sich öffnet, lasse ich die Akte sinken und sehe auf. Cyr kommt mit einem weiteren Papierstapel herein. „Sag mir bitte, dass die Interessanter sind als das was ich hier gerade lese!“ Der Vampir grinst schief. „Oberste Geheimstufe, die bekommst du nicht zu sehen!“ erklärt er. Ich verdrehe die Augen und wende mich wieder meiner Arbeit zu. Dann lese ich den nächsten Satz. Und dann kommt mir eine Idee, die ich sofort ausspreche: „Zieh doch endgültig zu mir!“ Ich schiele zu Cyr hinüber, der mit dem Rücken zu mir steht. „Klar doch!“ murmelt er. „Ich meine das ernst!“ Darauf bekomme ich von ihm keine Antwort mehr. Ehrlichgesagt macht mich das etwas wütend. Eingeschnappt verbarrikadier ich mich hinter meinen Akten und ignoriere Cyr für den Rest des Tages. Ein wenig kindisch vielleicht, aber er hätte meinen Vorschlag schon etwas ernster nehmen können. Auch die Mittagspause verbringe ich heute ohne Cyr. Unruhig gehe ich auf dem Flur auf und ab. „Mein Bruder nimmt solche Angebote viel zu selten ernst!“ Lucian lehnt an seiner Bürotür und beobachtet mich scheinbar schon etwas. „Fahr mit ihm in seine Wohnung und frage ihn dann noch mal! Dann glaub mir, wird er ja sagen!“« Und Lucian hatte Recht. Ich habe zwar bis heute noch nicht heraus bekommen, woher er das wusste, aber er hat recht behalten. Naja auf jeden Fall wohnt Cyr jetzt bei mir. Die Dachmittage und Abende verbringen wir ruhig zu Hause oder hin und wieder auch bei meinen Eltern. Mama und Papa haben ihn ins Herz geschlossen, schon seit ich das erste Mal mit ihm bei ihnen gewesen war. Seit dem bemuttert Mama ihn regelrecht und auch Papa behandelt ihn richtig freundlich. So hat er noch keinen meiner Freunde behandelt. Und ja Cyr ist mein Freund. Wir sind jetzt offiziell zusammen. Meine Mutter ist richtiggehend ausgeflippt als ich es ihr Cyr als meinen Freund vorgestellt habe. »„Hallo Mama!“ Sie hat uns die Tür geöffnet und sieht jetzt Cyr freundlich an. „Hallo Schatz. Hallo Cyr, schön dich wieder zu sehen.“ Er scheint nicht ganz so schüchtern wie beim ersten Mal. Er nickt meiner Mutter zu. „Guten Abend Anna!“ Gemeinsam gehen wir ins Wohnzimmer wo auch mein Vater sitzt und jetzt den Fernseher ausschaltet. „Ich muss euch etwas erzählen!“ platze ich heraus und greife nach Cyrs Hand. Sanft lächelt er zu mir herunter. „Cyr und ich sind zusammen!“ Meine Mutter umarmt erst mich und dann Cyr freudestrahlend. Mein Freund steht steif mitten im Raum und wirkt etwas überrumpelt. Vor allem als auch Papa ihn in eine kurze aber feste Umarmung zieht. Dann verbringen wir einen gemütlichen Abend zusammen. Und Cyr wird immer lockerer. Ich glaube er mag meine Eltern auch.« Inzwischen ist auch diese Treueschwurveranstaltung von der Lucian gesprochen hat vorbei. Ich war nicht mehr als eine Randfigur, aber es war überwältigend. Während ich mit den anderen menschlichen Mitgliedern der Organisation ganz hinten im Saal stand, stand Cyr vorne auf der Erhöhung hinter dem Thron seines Bruders. Die Macht die von den beiden Brüdern ausging spürte ich durch den ganzen Raum, trotz der vielen magischen Wesen, die einer nach dem anderen nach vorne trat und Treue schwor. Ich kann mich nicht an viel erinnern. Eigentlich habe ich nur während der ganzen Veranstaltung Cyr angesehen. Es ist alles so gelaufen wie die Brüder es sich erhofft haben. Lucian steht noch immer an der Spitze. Die meisten haben ihm die Treue geschworen und von denen die es nicht getan haben, geht keine akute Gefahr aus. Ich habe danach Cyrs Erleichterung gespürt. Es gab keine offizielle Party wie man es vielleicht erwartet hätte. Eher bestand das ganze aus einem Drink in Lucians Büro, dann habe ich Cyr mit nach Hause genommen. Und Lucian hat ihm frei gegeben. Bis heute. Heute ist Heiligabend. Gemeinsam mit Cyr und Luc sitze ich in meinem Wohnzimmer. In der Ecke steht ein Tannenbaum, den ich gestern zusammen mit Cyr geschmückt habe. Darunter liegt schon ein Stapel Geschenke. Becca liegt auf ihrem Kissen und schnarcht fröhlich vor sich hin. Der Tisch ist gedeckt und das Essen so gut wie fertig. Dann klingelt es an der Tür. Ich gehe aufmachen. Meine Familie ist da. Mama küsst mich auf die Wange und drückt sich mit einer riesigen Plätzchendose an mir vorbei, Papa ist mit Geschenken beladen. Meine kleine Schwester verzieht sich gleich in eine ruhige Ecke um bei ihrem Telefonat mit Simon nicht unterbrochen zu werden, der Momentan in England bei seinen Großeltern ist. Die Zwillinge stürzen sich gleich auf Cyr. Seit wir vier im Kino waren haben sie einen Narren an meinem Freund gefressen. Samuel grinst breit und gesellt sich dann zu Luc. Er hat Cyrs Bruder zufällig kennen gelernt, als er die Zwillinge mal zu mir gebracht hat. Lächelnd stehe ich in der Tür zum Wohnzimmer und beobachte das Treiben. Vor nicht einmal zwei Monaten hätte ich im Traum nicht damit gerechnet Cyr und Luc in meinem Wohnzimmer zu haben. Geschweige denn mit meiner Familie und ihnen zusammen Weihnachten zu feiern. Cyr sieht mich über die Köpfe der Zwillinge hinweg an und lächelt sanft. Kurz nach Mitternacht stehe ich unten im Wohnzimmer. Es ist nur noch die Lichterkette vom Tannenbaum an und ich schaue aus dem Fenster nach draußen in den verschneiten Garten. Meine Eltern und Lucian sind schon vor Stunden aufgebrochen. Die Zwillinge und mein Bruder schlafen im Gästezimmer (In dem inzwischen tatsächlich ein Bett steht). Die Jungs sind fast im stehen eingeschlafen. Im Fensterglas sehe ich wie Cyr das Wohnzimmer betritt und auf mich zu kommt. Er schlingt die Arme um meine Hüften und legt das Kinn auf meinem Scheitel ab. „Hey, was machst du noch hier unten?“ murmelt er leise. Ich lehne mich an ihn. „Es war ein schöner Abend!“ erwidere ich. „Ja, das war es.“ Ich sehe Cyr in der spiegelnden Scheibe lächeln. Ich drehe mich zu in seinen Armen. „Lass uns nach oben gehen, Cyr.“ Er beugt sich zu mir herunter und haucht mir einen sanften Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich Melly!“ Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken. „Ich liebe dich auch Cheiron.“ Mit Schwung hebt er mich auf seine Arme und trägt mich die Treppe hoch. Es ist egal, dass Cyr 145-mal so alt ist wie ich. Es ist egal, dass er ein Vampir ist und ich ein Mensch bin. Wir lieben uns. Und egal was in der Zukunft passiert… daran wird sich nichts ändern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)