Die vier Jahreszeiten von Black_Desiree ================================================================================ Kapitel 2: 2. ------------- Schadensfroh lachte der rothaarige Junge über seinen älteren Bruder, welcher regungslos auf dem kalten Schnee lag. Es war ein glorreicher Sieg für ihn. Seine kleinen Hände fühlten sich von der eisigen Kälte taub an, doch das interessierte den kleinen nicht. „HA HA…“ Triumphierend hüpfte er an seinem Platz. Mit einem Ruck stand der Ältere wieder auf den Beinen und betrachtete sein Gegenüber missmutig an. „Nun komm schon runter Zwerg, ich habe dich gewinnen lassen.“ Gewinnen lassen? Nein! Der rothaarige wusste, dass das gelogen war. Die Schneeballschlacht hatte er definitiv nicht(!) durch die Großzügigkeit seines Bruders gewonnen. „Du als großer Bruder solltest mir ein gutes Vorbild sein und keine Lügen erzählen!“ Ein Seufzen war zu hören. „Dann war es nur Glück!“ Schließlich wendete sich der Ältere zu seinem jüngeren Bruder und hob ihn hoch. „HEEY! Was soll das?“ „Essen ist bald fertig, wir gehen nach Hause.“ „Ich kann auch alleine gehen.“ „Der ehrenvolle Gewinner wird sich wohl aus meinem Griff befreien können.“ Verärgert schlug er auf den Rücken des Größeren. Er wusste, dass er viel zu schwach war um sich befreien zu können. Den ganzen Weg über ließ er jedoch nicht den Versuch aus es zu probieren. Doch plötzlich blieb sein Bruder stehen und der kleine blickte zurück. Seine Eltern liefen hastig in deren Richtung. Er erinnerte sich daran wie sein Bruder ihn wieder zu Boden ließ und er nach ein paar Sekunden von seinem Vater gepackt wurde. „Schnell! Wir müssen hier weg!“ Noch nie hatte er seine Eltern in so einem Zustand gesehen. In diesem Moment hatte der rothaarige große Angst und wusste, dass er diesen Tag nicht so einfach vergessen würde. *** Voller Freude rannte ein kleines Kind durch die Weide. Wie hypnotisiert sauste er durch das Grüne. Sein einziges Ziel war den verdammten Drachen zum Fliegen zu bringen. Als der Drachen jedoch immer wieder zu Boden sank ließ der Blondschopf enttäuscht die Schultern hängen und setzte sich auf das Gras. Warum bekam er es nicht hin! So schwer konnte es doch nicht sein. In Gedanken versunken überlegte er sich, wie er den Drachen aufsteigen lassen könnte, als er plötzlich die Stimme seines Vaters wahrnahm. „Na mein großer, warum so konzentriert?“ „Vater! Dieser Drachen ist kaputt! Wir brauchen ein Neues.“ Lächelnd sah ihn sein Vater an. „Lass mich mal schauen.“ Sein Vater nahm es ihm ab und Sekunden später betrachtete der kleine Junge seinen Drachen in der Luft schweben. „Doch nicht kaputt, oder?“ Belustigt zwinkerte der Vater dem Jungen zu. „Wie hast du das gemacht?“ Begeisterung konnte man in dem Gesicht des Jungen erkennen. „Komm her mein Sohn.“ Zusammen hielten sie die Schnur und ließen den Drachen durch die Luft gleiten. „Gefällt es dir?“ „Ja Papa. Es ist toll.“ „Wir sollten jetzt aber wieder rein, Mama wartet.“ „Ja Vater.“ Hand in Hand und den Drachen unter dem Arm geklemmt gingen die zwei wieder nach Hause. Schnell zog der kleine seine Schuhe aus und rannte zum oberen Stockwerk indem sich seine Mutter befand. „Mama, Mama das nächste Mal musst du mit, der Drachen ist gigantisch.“ Kichernd sah die Mutter ihren Sohn an, trat ein paar Schritte näher und nahm ihn in ihre Arme. „Morgen gehen wir alle zusammen raus und dann können wir den Drachen steigen lassen.“ Eifrig nickte der Junge. „Versprochen Mama?“ „Ja.“ Das war das letze Versprechen, welches seine Mutter ihm gegeben hatte. Nur leider konnte sie dieses Versprechen nicht halten. *** Glücklich rannte der grau-blauhaarige Junge durch das bunte Laub. Er liebte die Geräusche, welche die trockenen Blätter von sich abgaben, wenn er durch sie lief. Genauso liebte er die bunten Farben, die die Natur angenommen hatte. Fasziniert von allem ging er seinen Weg. „Warte auf uns mein Sohn.“ Der grauhaarige blickte zurück. „Mama, Papa! Jetzt kommt schon. Ihr seid zu langsam.“ „Wir sind ja auch schon alt…“ wiedersprach der Vater. „Los! Los! Wir sind bald da!“ Belustigt ging die Familie weiter, bis sie an ihrem Ziel ankamen. Einen Park umhüllt mit riesigen Kastanienbäumen. „Juhuu!“ Augenblicklich rannte er zu einem der Bäume und sammelte die abgefallenen Kastanien. Obwohl es eine einfache Sache war, bereitete ihm diese Kleinigkeit eine große Freude. Fast den halben Tag verbrachte die Familie im Park, doch es wurde kälter. „Na los mein Sohn wir sollten jetzt gehen.“ Die Stimme seiner Mutter klang sanft. „Können wir nicht noch ein bisschen bleiben Mama.“ „Das Wetter schlägt um und wir müssen noch ein Stück gehen.“ „Wir kommen morgen einfach wieder.“ … mischte sich nun auch sein Vater ein. Enttäuscht nickte er. „Okay.“ Zuhause angekommen ließ sich der Junge auf das Bett fallen. Zu gerne hätte er noch eine bisschen Zeit im Park verbracht. Er hörte, dass seine Zimmertür geöffnet wurde und seine Eltern traten rein. „Was ist denn los kleiner? Bist du beleidigt, weil wir früher gekommen sind.“ Der Junge zuckte mit den Schultern und die Eltern warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Schließlich gingen sie zielsicher zu ihrem Jungen als sie fast gleichzeitig anfingen ihn zu kitzeln. „Hahaha. Nein! Hört auf!“ Doch die Eltern ließen nicht los und der kleine lachte sich schlapp. Die friedliche Atmosphäre verschwand jedoch in blitzeseile, als Voltaire knallhart die Türe öffnete. „Was ist das für ein Lärm hier!“ *** Heiser erklang die Stimme des grauhaarigen Jungen in der finsteren Gasse. „Mama, kannst du mir ein Lied vorsingen?“ Ein kühler Hauch wehte. Schwach nickte die Mutter und legte sich zu ihrem kranken Jungen hinzu. Es brach ihr das Herz, ihn zitternd auf dem dreckigen und feuchten Boden zu sehen. Sachte strich sie ihm über die Stirn und der Kummer in ihr wurde immer größer. Der Fieber stieg, doch leider konnte sie dagegen nichts unternehmen, denn sie wusste, dass sie gesucht wurden. Sie durften nicht aus ihrem Versteck raus. „Du musst stark bleiben mein Sohn.“ Verzweifelt versuchte sie ihm Kraft zu schenken. „Mama, ich friere.“ Schützend legte die besorgte Mutter ihre Arme um ihren Sohn. „Mama, singst du mir jetzt ein Lied vor?“ Die Stimme seiner Mutter war jedes Mal ein heller Licht in dieser dunklen Welt, angenehm und weich. Es löste in dem Inneren des kleinen Jungen Gefühle aus die ihn aus irgendeinem Grund stärker fühlen ließ. „Welches Lied möchtest du denn hören?“ Er überlegte kurz. „Singst du mir ein Schlaflied?“ Sie nickte leicht und begann zu singen. ( https://www.youtube.com/watch?v=rmJn-D994ns ) Zufrieden schloss er seine Augen und lauschte ihrer Stimme. Schlafen konnte er immer noch nicht, doch das wollte er auch nicht. Es war sein Lieblingslied. Ruhig lauschte er den sanften Tönen und versank in eine traumhafte Welt. Heute war er froh darüber nicht geschlafen zu haben. Woher sollte der ahnungslose Junge denn auch wissen, dass er das letzte Mal in den Armen seiner geliebten Mutter lag und ihrer Stimme lauschte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)