Lost Future - Dark Paradise? von RaoulVegas (Same as it never was...) ================================================================================ Never touch my property! ------------------------ Zwei Monate später - Februar... Langsam aber sicher lernt Raphael mit dem nagenden Gefühl umzugehen, das ihn immer wieder dazu verleiten will, Michael zu unterwerfen und sich einfach zu nehmen, wonach sein Körper schon so ewig verlangt. Er will nicht abstreiten, dass es ungebrochen vorhanden ist und auch irgendwann die Oberhand gewinnen wird, doch sein Gewissen drängt sich oftmals zu sehr in den Vordergrund, als das er es ignorieren kann. Man könnte schon fast sagen, dass es ein schlechtes Gewissen ist, das seit der Nacht vorhanden scheint, indem der Albtraum sie beide verbunden hat. Die Unsicherheit in den Augen des Blonden spiegelt sich immer wieder in Raphaels Gedanken wieder und zeigt ihm, dass der Junge doch eine gewisse Furcht vor dem hat, was passieren könnte und er vielleicht sogar ahnt, was Raph in Betracht zieht zu tun. Das Letzte, was der Saikämpfer aber will, ist das Michael davor Angst hat, sich ihm hinzugeben. Er soll es aus freien Stücken tun, hat Raph doch nicht zum ersten Mal bemerkt, dass der Nunchakuträger scheinbar auch Gefühle für ihn hegt. Deutlich hat er dies gespürt, als der Junge bei einem erneuten Albtraum doch tatsächlich an seine Tür geklopft hat. Das ist gut einen Monat her und damals war Michael schon weit lockerer. Raph konnte gut spüren, wie sich der Junge nach der schützenden Nähe seines Führers gesehnt hat. Sie beide haben es genossen, eng aneinander geschmiegt dazuliegen und sich gemeinsam von den schrecklichen Bildern ihrer Traumwelt zu befreien. Seitdem geht es dem Rothaarigen auch schon erheblich besser. Der furchtbare Albtraum vom Tod seiner geliebten Familie sucht ihn nun viel seltener heim und er kann endlich mal ein paar Nächte am Stück durchschlafen. Zwar konnte er seinen kleinen Bruder bisher nur zwei Mal in den Armen halten und ihm Trost spenden, dennoch scheint es weit mehr bei ihm selbst bewirkt zu haben, als er anfangs dachte. So kann er weit entspannter seiner Arbeit nachgehen und das merken auch alle anderen. Die Meisten empfinden es als äußerst angenehm, auch wenn sie nicht wissen, was der Grund dafür ist. Doch ihren Führer freundlich, ja schon fast ausgelassen zu erleben, ist etwas, dass sie nicht gedacht hätten jemals zu sehen. Es hat das gesamte Zusammenleben vereinfacht und die Flüchtlinge haben weniger Sorgen und gehen ebenso freundlich miteinander um. So haben sie beispielsweise auch Michael in ihrer Mitte aufgenommen und teilen nun auch viel mehr Gespräche mit ihm, ohne Furcht zu haben, er könnte spionieren und schlecht über sie mit Raph sprechen. Das freut den Jungen ungemein, auch wenn er sich nicht ganz sicher ist, wo der plötzliche Sinneswandel der Leute herkommt. Allerdings ist nicht jeder so positiv angetan von der wiedergefundenen guten Laune des Meisters. Die Foot-Ninja diskutieren heimlich miteinander, was oder vielleicht sogar wer dafür verantwortlich sein könnte. So entstehen unter den Männern die wildesten Theorien. Eine davon besagt, dass Raph irgendwo einen Vorrat an Alkohol bunkert und nach all der Zeit nun rausgefunden hat, welche Dosis es braucht, um ihn heiter durch den Tag zu bringen, ohne die lästigen Kopfschmerzen an nächsten Morgen. Allerdings hat sich diese These nach einer Weile in Luft aufgelöst, da sie sich nicht beweisen lässt. Vielen der Männer kommt er nahe genug, dass sie den Alkohol in seinem Atem riechen müssten. Zumal sieht man nie eine Flasche in seiner Nähe und wenn er etwas trinkt, dann ausschließlich Kaffee und diesem merkt man keine Spezialzutat an. Eine weitere Theorie ergibt sich aus der naheliegenderen Tatsache, dass sie ihren Meister doch des Öfteren rauchen sehen. Dies brachte die Männer auf den Gedanken, dass sich Raph vielleicht nicht nur Tabak in seine Zigaretten dreht, sondern auch mal das eine oder andere berauschende Kraut, das er vielleicht auf einem Streifzeug durch den verwilderten Wald der Insel gefunden hat. Doch auch diese Annahme wurde bald verworfen. Einige der Männer haben schon Erfahrungen mit dergleichen gemacht und wissen wie das dann aussehen müsste. Ihr Meister hingegen zeigt keinerlei Anzeichen einer Sucht und man sieht ihm auch keine Nebenwirkungen oder Entzugserscheinungen an. Hinzu kommt, dass er viel zu selten eine raucht und der Qualm zeigt weder eine veränderte Farbe, noch kann man etwas anderes riechen, als Tabak. So bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten, die zu seiner erhellten Stimmung beitragen könnten. Doch sie wissen, auch aus Erzählungen der Flüchtlinge, dass Raph viele Jahre allein war. Da ist es also am Naheliegesten, dass er wohl eine kleine Freundin gefunden hat, die ihm vollkommen den Kopf verdreht. Beschwingt durch das Gefühl der Liebe und dem gestillten Verlangen, das ihn lange quälte, ist er somit viel entspannter und ausgeglichener. Klare Sache also! Nun stellt sich den Foot aber die Frage, wer die Dame ist, die es geschafft hat, den verschlossenen Ninja aus seinem Panzer herauszulocken? Offensichtliche Anzeichen gibt es scheinbar keine. Raphael hat so gut wie kaum Kontakt zu den Flüchtlingen und wenn doch, entsteht dieser hauptsächlich durch Chen oder Michael, die ihm Bericht erstatten oder seine Forderungen weitertragen. Allerdings könnte der ehemalige Turtle ja auch ein ganz Ausgebuffter sein und so trifft er sich nur ganz heimlich im dunklen Kämmerlein mit seiner Angebeteten und zwingt die Dame dabei zur äußersten Verschwiegenheit. Das würde immerhin einiges erklären und so klammern sich die Foot an diesen Gedanken, auch wenn es sie wurmt, nicht zu wissen, um welche Frau es sich handelt. Zwei der dunklen Kämpfer kommen aber auch auf eine andere Idee, die ihnen treffender erscheint, da sie dem Gedanken selbst nicht abgeneigt sind. Was ist, wenn es sich nicht um eine Frau handelt, sondern um einen Mann? Sich ihren temperamentvollen Meister als schwul vorzustellen, fällt auch den beiden Foot schwer, aber es kann ja immerhin sein, dass Raphael beiden Geschlechtern zugeneigt ist, womit die beiden immerhin Recht hätten. Und da er eine imposante und dominante Persönlichkeit ist, dürfte es nicht so schwer sein, einen jungen Mann zu finden, der seinen passiven Gegenpart einnimmt. Den beiden Foot fällt dabei einer ganz besonders ins Auge, da er eigentlich immer in seiner Nähe ist und auch ständig von Raph beobachtet wird. Hinzu kommt außerdem, dass das Kerlchen in letzter Zeit einiges an Freiheiten dazugewonnen hat. Hierbei kann es sich eindeutig nur um Michael handeln! Der Altersunterschied ist zwar nicht gerade klein und der Junge ganz sicher sehr unerfahren, sodass es für Raph sicherlich nicht so leicht war, ihn aufs Kreuz zu legen, doch es ist nicht zu übersehen, dass der Junge sich stets bemüht seinem Meister zu gefallen. Nach langem Hin und Her ist es dem Roten dann wohl doch gelungen, zu bekommen, worum er lange genug gekämpft hat und daher schlägt sich dies dann in seiner guten Laune nieder und er gestattet dem Jungen zum Dank einige Freiheiten. Die anderen Foot wollen von solchen Schwulitäten nichts wissen. Nicht, weil sie es Raphael nicht zutrauen, sondern weil sie selbst davon angewidert sind und so bleibt die Aufklärung dieser Theorie an den beiden Begründern hängen. Diese haben jedoch keinerlei Probleme damit, da sie selbst schon die eine oder andere Erfahrung gesammelt haben und Michael in ihren Augen auch genau die richtige Wahl dafür ist. Der Bengel würde für ein bisschen Aufmerksamkeit von seinem Meister wahrscheinlich einfach alles tun! Daher dürfte es nicht allzu schwer sein, ihm ein wenig zu entlocken oder sogar etwas Spaß mit ihm zu haben. Vor lauter Arbeit kommen die Foot eher selten bis gar nicht zu einer solchen Gelegenheit innigen Kontakt mit anderen zu schließen. Und die meisten Flüchtling sind nicht sonderlich angetan von den Kriegern, was es wiederum schwer macht. Untereinander passt es auch nicht wirklich, da bis auf die zwei alle scheinbar eher dem weiblichen Geschlecht zugetan sind. Das eine oder andere Mal haben die beiden es miteinander versucht, doch im Endeffekt konnten sie sich nicht damit anfreunden, dass einer von ihnen den passiven Part übernehmen muss. Michael hingegen strahlt etwas aus, das einem verrät, dass er eine starke Hand bevorzugt, die ihn führt und genau das können ihm die zwei Foot-Ninja geben. Wenn der Junge dann etwas lockerer ist, können sie das Ganze dann vielleicht sogar aufrechterhalten, ohne dass Raphael davon Wind bekommt und wohlmöglich Besitzansprüche geltend macht. So kann jeder von ihnen sein Vergnügen haben und alles ist prima. Wenn der Bengel sich gut anstellt, können sie ihn vielleicht sogar dazu überreden, beim Meister mal ein gutes Wort für sie einzulegen, damit sie auch mal etwas besser gestellt werden. Ein toller Gedanke. Nun müssen sie nur noch einen geeigneten Augenblick finden, indem sie den Blonden mal allein antreffen und der Rest wird ein Kinderspiel! Schneller als erwartet ergibt sich so eine Gelegenheit an diesem Nachmittag. Die Foot sind von ihren Missionen zurück und begeben sich in den Trainingsraum, um den Tag mit ein paar Übungen ausklingen zu lassen. Auch Michael steht zwischen ihnen und gemeinsam blicken sie alle auf Chen, der das Training mit ein paar kurzen Worten einleitet. Da der Tag ziemlich an den Nerven aller gezerrt hat, sollen die Übungen nun der Entspannung von Körper und Geist dienen. Für Ende Februar ist es noch äußerst kalt und es liegt auch jede Menge Schnee, der hartgefroren das Vorrankommen sichtlich behindert. Alle sind erschöpft und durchgefroren und wollen eigentlich nur noch ins Bett. Doch nicht allen geht es so schlecht, dass sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Trotz der endlosen Stunden in der klirrenden Kälte ist Michael beispielsweise immer noch munter und ausgelassen, was er wohl allein seinem hyperaktiven Wesen zu verdanken hat. Gerade deswegen sind die Foot-Ninja doch arg genervt von dem kleinen Wirbelwind. Zwei von ihnen macht das Ganze jedoch nichts aus. Im Gegenteil, sie belächeln die aufgeweckte Art des Jungen und lassen ihre Fantasien schweifen. So viel Ausdauer hat immerhin auch etliche Vorteile! Ehe sie sich jedoch auf den Knaben konzentrieren können, müssen sie Chens Unterricht über sich ergehen lassen. Nicht ohne ein deutliches Murren an ihren Lehrmeister zu senden, begeben sich alle an ihren Platz. Chen beobachtet jeden einzelnen von ihnen genau, ehe er sie anweist, die verschiedenen Lockerungsübungen durchzugehen, die sie im Laufe der Zeit von ihm gelernt haben. Anschließend folgen etliche Dehnübungen, um die eingeschlafenen und unterkühlten Muskeln wieder aufzuheizen. Hierbei ertönt wieder deutliches Murren aus der Truppe, das nicht selten von einigen Flüchen durchdrungen wird, wenn dem einen oder anderen die Muskeln schmerzen oder verkrampfen. Der Japaner hört großzügig über diese unschönen Äußerungen hinweg, auch wenn es bei besonders fantasievollen Worten schon ziemlich schwierig wird. Es vergeht einiges an Zeit, bis die Männer aufgewärmt und gelockert genug sind, damit fortgefahren werden kann. Nach so einem Tag verkneift es sich Chen aber, die Foot unnötig lange zu quälen. Schließlich war er selbst lange genug mit Michael dort draußen, um zu wissen wie unangenehm das Wetter heute ist. So soll es ihm heute genügen, wenn sie zum Abschluss nur noch etwas meditieren und sich dann ausruhen, damit sie morgen wieder einsatzbereit sind. Allerdings ist die Meditation auch nicht ganz ohne. Ungeübten Personen hilft sie ganz sicher nicht bei der Entspannung, da die schwierige Haltung noch eher dazu verleitet sich noch mehr zu verkrampfen. Doch die etlichen Monate und Jahre der Übung, die die meisten Männer hinter sich haben, hat diese Meditation zumindest soweit gelockert, das keiner von ihnen mehr Schmerzen dabei erleiden muss, auch wenn sie noch lange nicht perfekt ausgeführt wird, wie Chen leider zugeben muss. Doch da sie hier keineswegs beim Militär oder dergleichen sind, müssen die Männer die anstrengende, uralte Form der Konzentration aus längst vergangenen Samuraitagen auch nicht stundenlang halten, wie es in manchen Schulen verlangt wurde. Hier dient sie lediglich dazu, runter zu kommen, sich seines Körpers bewusst zu werden und um festzustellen wie viel Kraft nach diesem anstrengenden Tag noch in einem steckt. Eigentlich macht man diese Übung daher auch am Anfang des Tages, wenn man die meiste Kraft und Konzentration hat. Chen ist allerdings der Ansicht, dass es nicht schaden kann, noch ein wenig von den Männern abzuverlangen, damit sie auch wirklich Schlaf finden und nicht auf irgendwelche dummen Gedanken kommen wie nächtliche Pokerspiele oder dergleichen. Leider ahnt der Japaner nicht, dass sich zwei unter den Männern befinden, die schon seit einigen Tagen dumme Gedanken haben und nur darauf warten, sie ausleben zu können. Nichtsahnend leitet Chen seine Truppe also an, sich in die richtige Position zu begeben. Dafür stellt er sich vor die versammelten Foot-Ninja und beginnt die einzelnen Schritte der Übung zu erläutern, die sie alle eigentlich mehr als auswendig kennen und doch kaum beherrschen. Von einem erneuten Murren lässt er sich rein gar nicht beeindrucken und macht stur weiter. So weist er sie an, sich mit leicht gespreizten Beinen hinzustellen. Dabei sollen die Füße etwa dreißig bis vierzig Zentimeter Abstand voneinander haben. Dann leicht in die Knie einsinken und das Becken dabei nach vorne kippen, damit sich der untere Teil der Wirbelsäule begradigt. Um auch den oberen Teil der natürlichen S-Krümmung zu entlasten, schiebt man den Kopf nach hinten und lässt sich dann locker in die Stellung reinhängen, als wäre man eine Marionette, die an einem Faden von der Decke hängt. Von der Seite betrachtet, bildet der Rücken nun eine fast perfekte, gerade Linie. Zum Schluss hebt man die Hände vor das untere Zentrum und bildet mit ihnen einen offenen Halbkreis. In der japanischen wie auch der chinesischen Medizin wird der Körper in drei Kraftzentren aufgeteilt, in denen sich die Lebensenergie – im japanischen genannt Chakra, im chinesischen Chi – sammelt und von dort auf den gesamten Körper verteilen lässt. Das untere Zentrum befindet sich dabei zwei fingerbreit unter dem Bauchnabel und wird in beiden Kulturen als Mittelpunkt des Körpers angesehen, indem sich die meiste Energie sammeln und in den Angriff oder die Verteidigung lenken lassen kann. Das zweite Zentrum befindet sich auf Höhe des Herzens und wird als Sitz des Geistes und der Gefühle angesehen. Wird hier Chakra angesammelt, hilft es einem die Absichten seines Gegenübers zu spüren und ihm so das Überraschungsmoment zu zerstören. Das dritte Zentrum befindet sich auf der Stirn und wird auch das dritte Auge genannt. Wird hier Energie angesammelt, kann man die Bewegungen des Gegners vorhersehen, ohne ihn selbst anzuschauen. So kann man beispielsweise erspüren, was jemand tun will, der hinter einem steht. Bei der Übung kann man je nach Erfahrung jedes der drei Zentren ansteuern, indem man die Hände davor hebt. Je höher man die Hände jedoch hebt, desto schwieriger wird die Übung natürlich, weswegen Chen nur die einfachste Methode für sein Training ausgewählt hat. Doch auch diese verlangt den Männern genug ab. Steht man also in der richtigen Haltung, sollten sich alle Muskeln locker anfühlen, was besonders in den Armen und Beinen nach einiger Zeit äußerst schwierig wird. Zum Schluss schließt man die Augen und stellt sich das Chakra als ein Licht vor, das begleitet von einem leichten Wärmegefühl durch den Körper fließt. Durch Konzentration versucht man die wirbelnde und unkontrollierte Energie in eine Bahn zu lenken. Diese Bahn verläuft in einem Oval von der Nase einmal um den Körper herum zum Kopf zurück und sammelt die Energie dann als Kugel im unteren Zentrum. Hat sich das Chakra dann gebündelt, kann man es bewusst in die Regionen des Körpers leiten, die für einen Angriff gebraucht werden, wie zum Beispiel die Hände. Dort entsteht dann ein warmes Kribbeln, dass das fließen der Energie anzeigt. Ist man geübt, kann man dies während eines Kampfes schon durch tiefes Einatmen erreichen, ohne in Stellung zu gehen. Davon sind die meisten der Anwesenden aber meilenweit entfernt. Michael hingegen merkt man an, dass er dabei schon einiges an Erfahrung hat. Wenn Raph ihn beim Training beobachtet, kann er manchmal kaum glauben, dass dort eigentlich sein kleiner Bruder steht. Früher war Mikey eher ungeschickt und hilflos bei solchen Übungen, erst recht wenn es um Konzentration ging. Heute hingegen ist er trotz schwacher Konzentration der Streber der Truppe, der jede Übung beim ersten Mal hinbekommt und den Neid der anderen auf sich zieht, wie es einst nur Leonardo eigen war. Eine seltsame Welt. Während die Foot nun in dieser Position verharren und sich krampfhaft versuchen ihre Energie als ein Licht vorzustellen und dieses dann auch noch an einem Punkt zu sammeln, geht Chen durch ihre Reihen und kontrolliert ihre Haltung. Obwohl sie diese Übung jeden Tag machen, muss er bei fast allen Männern etwas beanstanden und korrigieren. Bei gut fünfzig Personen dauert das eine Weile und so fangen die Muskeln schnell an zu zittern und verkrampfen sich. Doch der Japaner lässt sie noch eine Weile schmoren, ehe er ihnen gestattet, die Pose zu lösen. Murrend reiben sich die Männer die schmerzenden Arme und Beine. Endlich erlaubt ihnen der Sensei zu gehen und so trotten sie langsam Richtung Ausgang und steuern auf ihre Schlafzimmer zu. Chen verschwindet ebenfalls, da er noch einiges zu erledigen hat. Doch nicht alle von ihnen sehnen sich schon nach ihren Betten. Michael ist noch hier und räumt ein wenig auf und auch die beiden Foot mit ihren unschönen Gedanken sind geblieben. Schließlich bietet sich nicht alle Tage die Gelegenheit, den Bengel allein anzutreffen! Die beiden Maskierten werfen sich bedeutungsschwangere Blicke zu, während sie den Jungen dabei beobachten wie er die Holzwaffen vom morgendlichen Training in einer Kiste verstaut. Außer ihnen befindet sich inzwischen niemand mehr im Raum und alle Türen sind verschlossen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch einmal jemand hierher verirrt, liegt geradezu bei null. Die gesamte Insel bereitet sich nun auf die Nachtruhe vor und das Letzte, woran sie denkt, ist weiteres Training. Also freie Bahn für allerhand Unziemliches! Eine gewisse Vorfreude liegt auf den verhüllten Gesichtern der beiden Männer. Lange mussten sie auf so einen Augenblick warten, scheint doch kaum jemand hier ihre Neigungen zu teilen. Allmehlig beendet der Nunchakuträger seine Arbeit und wendet sich zum Gehen um. Überrascht stellt er jedoch fest, dass er gar nicht wie gedacht allein im Raum ist. Schnell wandelt sich seine Überraschung jedoch in ein strahlendes Lächeln. Warum auch nicht? Er ahnt ja nicht, was auf ihn zukommen mag. Die beiden Foot geben sich ebenfalls freundlich. „Na, Michael, du scheinst ja noch gar nicht müde zu sein?“, fragt der eine. „Nein, keineswegs!“, entgegnet ihnen der Junge voll gewohntem Sonnenschein. „Das ist gut. Chen hat uns nämlich gebeten noch eine Übung mit dir durchzugehen.“, kommt es nun von dem anderen. Etwas verwundert legt der Chaosninja den Kopf schief. „Echt? Mir hat er nichts gesagt…“ Irritiert blickt Michael die beiden an. „Naja, er hatte es eilig und hat es uns auch nur zwischen Tür und Angel mitgeteilt.“ „Genau. Aber er meinte, dass wir die Übung unbedingt jetzt noch versuchen sollen, weil er dir morgen dann etwas ganz Besonderes zeigen will…“ Leicht nervös betrachten die Foot den Jungen. Michael denkt kurz nach. Die beiden fürchten schon, dass er ihre Lüge durchschauen könnte, doch dann lächelt er ihnen wieder begeistert zu. „Ok, in Ordnung! Was soll ich machen?“ Die beiden Männer funkeln sich siegessicher an. Das ist schon fast zu einfach! Allerdings bemerken die drei nicht, dass sie nicht völlig ungesehen sind. Raphael sitzt auf seinem Thron und ist schon fast über den Berichten, die er versucht zu lesen, eingeschlafen. Als ihm das klar wird, legt er den Papierstapel zur Seite und erhebt sich schwerfällig. Gähnend streckt er seine müden Knochen, die ein unschönes Knacken von sich geben. „Ich sollte dringend ins Bett gehen…“, murmelt er vor sich hin, während er sich auf den Weg zur Tür macht. Dabei fällt ihm auf, dass im Trainingsraum noch Licht brennt. Irgendein Trottel wird es wohl vergessen haben auszumachen. Augenrollend wendet sich der Saikämpfer der großen Scheibe zu. Neben dem Lautsprecher gibt es auch einen Lichtschalter, was Raphael äußerst praktisch findet, da er so nicht erst einen Umweg machen muss. Verwundert stellt er aber fest, dass der Trainingsraum gar nicht leer ist. Mit gerunzelter Stirn erblickt er Michael und zwei der Foot-Ninja. Doch was treiben die drei dort, wo doch schon längst Schluss für heute ist? Geistesgegenwertig betätigt Raph den Schalter für den Lautsprecher und will ihnen eigentlich sagen, dass sie in ihre Zimmer gehen sollen, doch er hält inne und lauscht. Derweilen haben sich die drei aufgestellt, als würden sie wirklich trainieren wollen. Doch noch weiß der Blonde beim besten Willen nicht, was für eine Übung ihn erwartet. Mit großen, wachen Augen beobachtet er wie sich jeder der beiden Foot auf eine seiner Seiten stellt, sodass er zwischen ihnen steht. „Ok, bei der Übung geht es darum, dass du auch in einer bedrängten Situation völlig entspannt bleibst und dich nicht wehrst, bis du die Chance siehst, dich zu befreien. Das mit der Befreiung ist dann Teil dessen, was Chen dir morgen zeigen wird. Also halt einfach still und versuch locker zu bleiben.“, erläutert der eine Foot, während er seinem Kollegen wissend in die verborgenen Augen sieht. Dieser nickt bestätigend und ein verstecktes Grinsen bildet sich unter seiner Maske aus. Etwas verwundert lauscht Raphael weiterhin dem Gespräch. Was für einen Grund sollte Chen haben, Michael ausgerechnet mit den beiden trainieren zu lassen, wenn doch morgen ausreichend Zeit ist, um ihm die Übung zu zeigen? Diese Tatsache kommt den ungewollten Führer doch recht merkwürdig vor. Schließlich kann Chen ja nicht überwachen, ob die beiden seine Anweisungen auch richtig umsetzten, sodass sich am Ende nicht einer von ihnen verletzt. Es macht Raph mehr als stutzig, sodass er beschließt, noch einen Moment länger hierzubleiben, um ein Auge auf die übereifrigen Foot zu werfen. Gedanklich versucht er sich dabei an die Übungen zu erinnern, die ihm sein eigener Sensei vor unendlich langer Zeit beigebracht hat. Doch er kann sich beim besten Willen an keine erinnern, in der man von zwei Gegnern in die Mangel genommen wird und dabei völlig reglos und entspannt alles mit sich machen lassen soll. Irgendwas ist da äußerst faul! In der Zwischenzeit denkt Michael, dass er verstanden hat, was er bei dieser Übung machen muss. Der Tatendrang etwas Neues zu lernen, steht ihm ins Gesicht geschrieben, sodass Raph erneut an Leo erinnert wird. „Ok, fertig, Michael?“, fragt einer der Maskierten. Mit einem beinahe ungeduldigen Lächeln tapst der Junge von einem Fuß auf den anderen, als müsse er ganz dringend auf die Toilette. „Ja, bereit!“, flötet er. In diesem Moment wirkt der Junge wieder ganz wie der Mikey, den Raph vor so vielen Jahren für verloren hielt – aufgekratzt bis zum Letzten. Ein sanftes Schmunzeln schleicht über seine sonst so harten Züge und er betrachtet den Blonden so voller Liebe wie er es sonst nur macht, wenn Michael neben ihm schläft. Doch schon einen Moment später krampft sich sein Herz schmerzhaft zusammen und das schöne Gefühl zerspringt in tausend spitze Scherben, die sich ungehindert in seinen Schädel bohren. Er kann nicht glauben, was sich dort vor seinem Auge abzuspielen beginnt. Die beiden Foot fixieren den ahnungslosen Jungen zwischen sich und umklammern seine Handgelenke, damit er nicht um sich schlagen kann. Dann schiebt der eine ihm das Hemd hoch, entblößt seine schmale Brust und streicht ungehindert über die leicht gebräunte Haut, während der zweite sich damit befasst, den kleinen Ninja die Hose zu öffnen. Von alledem ziemlich überfordert, zuckt der Nunchakuträger erschrocken zusammen und versucht sich freizukämpfen. Wirklich gelingen tut ihm dies nicht, da die beiden Foot zusammen einfach zu stark für ihn sind und ihn zudem auch noch so bedrängen, dass er sich eh kaum bewegen kann. Panik macht sich in ihm breit, das Blut steigt ihm in die Wangen und Tränen glänzen in seinen Augen. „Nein, nicht! Was soll denn das? Lasst mich sofort los!“, versucht er es mit bebender Stimme, doch die beiden Männer beginnen nur gehässig zu lachen und lassen sich kein bisschen stören. Raph hingegen ist außer sich. In ihm entbrennt ein Feuer, dass er all die Jahre dachte verloren zu haben, da es niemanden mehr gab, den er beschützen konnte. Nun lodert es wieder auf, weit wilder und ungebändigter, als je zuvor. Vor seinem geistigen Auge laufen all die Bilder der Vergangenheit ab, auf denen sich Leute unbefugt seinem Bruder genähert haben. Ob sie nun gute oder schlechte Absichten hatten, war dabei völlig egal. Raphael war so voller Eifersucht, dass er niemanden in die Nähe seines geliebten Bruder gelassen hat, ohne kurz vor einer Explosion zu stehen. Mikey hatte schon immer eine ziemliche Wirkung auf seine Umgebung, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Frauen wie Männer gleichermaßen haben sich nach ihm umgedreht und oftmals deutlich ihr Interesse gezeigt, obwohl er dafür noch viel zu jung war. Mit den Jahren ist dies nur noch schlimmer geworden und Raph´s Eifersucht nur noch größer. Das ging so weit, bis der Saikämpfer der Ansicht war, dass niemand jemals gut genug für seinen Bruder sein kann und das der einzige Partner an seiner Seite nur er selbst sein darf. So kam es auch, dass Raph sich in ihn verliebt hat und er sich auch körperlich sehr zu ihm hingezogen fühlte. Wie oft hatte er sich deswegen mit Leo gestritten, der ihn mehr als einmal dabei erwischt hat, wie er nachts versuchte sich Mikey unsittlich zu nähern? Sein Babybruder wurde zu einer echten Obsession, der er nicht mehr entkommen konnte. Doch ehe es ihm gelang, Leo zu überlisten und sich von Mikey zu nehmen, was ihm so lange den Schlaf geraubt hat, erklärte Shredder der Welt den Krieg und alles änderte sich. Seine Gefühle wurden nur noch stärker, doch es blieb keine Zeit mehr ihnen nachzugeben. Er glaubte, für immer verloren zu haben, was er auf der Welt am meisten liebte, bis Mikey wieder zu ihm zurückfand. Der Blonde erinnert sich vielleicht nicht mehr an die innige Beziehung, die er zu seinen Brüdern pflegte, doch Raph hat es nie vergessen, wie hätte er auch? Durch die fehlende Erinnerung konnte sich Raphael aber ungehindert dem Jungen nähern, da keine familiäre Hürde sie mehr trennte. Allerdings war es nicht so einfach, sodass es ihm bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist, den Jungen völlig für sich zu gewinnen. Dennoch ist seine Eifersucht ungebrochen. Der alte Beschützerinstinkt bricht aus ihm hervor und macht ihn wieder zu dem gnadenlosen Krieger von damals, der niemanden in der Nähe seines Eigentums duldet! Die hilflose Verzweiflung in den Augen seines geliebten Bruders stachelt alles nur noch weiter an. „Ihr verfluchten Mistkerle!“, schnaubt der Führer haltlos. Knurrend wie ein wildes Tier stapft Raphael auf die Tür des Thronsaals zu. Wenige Augenblicke später öffnet er die Tür zum Trainingsraum und umklammert dabei seine Sais so fest, dass seine Hände ganz weiß werden und die Sehnen darauf wie Starkstromkabel hervortreten. Die Foot bemerken ihn nicht, zu sehr sind sie in ihr perfides Spiel vertieft. Michael ahnt ebenfalls nicht wie nahe die Rettung ist. Ihm laufen inzwischen die Tränen über die Wangen und er wimmert so herzzerreißend wie ein geprügelter Welpe. Raphael sieht nur noch rot. Eigentlich würden diese beiden Dreckskerle es verdienen, dass man sie mit einem stumpfen Messer kastriert und ihnen das Unheil dann zum Fraß vorwirft. Doch trotz seiner Wut ist sich der Saikämpfer bewusst, dass ihn dies nur zu etwas machen würde, dass er eigentlich nicht ist und auch niemals sein wollte – ein Ebenbild des Mannes, dessen Rüstung er gerade trägt. Noch weit schlimmere Fantasien breiten sich in seinem Kopf aus und nur unter größter Anstrengung gelingt es ihm, sie wegzusperren. Er will auf keinen Fall wieder jemanden in Wut töten! Stattdessen lockert er den krampfhaften Griff um seine Waffen und schleudert sie auf die Foot-Ninja. Wie die Klingen eines Messerwerfers wirbeln die Gabeln durch die Luft. Mit unheimlicher Präzision schlagen die Griffenden so wuchtig gegen die Stirn der beiden Männer, dass sie nach hinten geworfen werden und bewusstlos auf den Boden schlagen. Ein kreisrunder Abdruck bildet sich auf der dünnen Schädelhaut und Blut sickert an ihren Schläfen hinab. Klappernd landen die Saigabeln auf dem Steinboden. Im selben Augenblick sinkt Michael kraftlos auf die Knie und sein qualvolles Schluchzen erfüllt den großen Raum. Noch bevor der Junge richtig realisieren kann, dass seine Pein ein Ende hat, ist Raphael auch schon bei ihm und legt ihm eine Hand über die Augen, damit er die bewusstlosen Foot-Ninja nicht sehen muss. Michael verspürt jedoch keinerlei Verlangen danach, die Männer anzusehen, die ihn eben zu unaussprechlichen Dingen zwingen wollten. Stattdessen klammert er sich weinend an der kalten Rüstung seines Meisters fest und presst das Gesicht gegen das glatte Metall. In diesem Augenblick gibt es wieder Meister noch Schüler, noch sonst etwas. Raph nimmt ihn fest in die Arme, so fest, dass es eigentlich schon wehtun müsste und blickt dabei voller Hass auf die beiden Männer, die ihm angeblich bedingungslose Treue und Loyalität geschworen haben. „Keine Angst, es ist vorbei. – Und es wird nie wieder vorkommen, dass verspreche ich dir!“, haucht der Führer dem aufgelösten Jungen ins Ohr. Ein paar Augenblicke später öffnet sich vorsichtig die Tür zum Trainingsraum. Unsicher steckt Chen seinen Kopf durch den Spalt. „Meister Shredder?“ Seine Stimme klingt sichtlich besorgt. Der Angesprochene wendet ihm langsam das Gesicht zu, indem so viel Hass geschrieben steht, dass es den Japaner zusammenzucken lässt. Deutlich kann der Schwarzhaarige dabei beobachten, wie sein Führer den weinenden Jungen in seinen Armen noch fester an sich drückt, als fürchte er, Chen könnte ihm etwas antun wollen. „Wie viel hast du gesehen?“, kommt es kalt von dem Roten. „Ich denke genug, um das Bild, das ich jetzt sehe, zu rechtfertigen…“ „Gut. Dann weißt du sicher auch, was du jetzt zu tun hast? – Also kümmere dich um die beiden!“, kommt es tonlos von dem Jüngeren. Für einen Moment sieht es so aus, als würde ein dunkler Schleier über Chens Augen hinweg gleiten. Er zeigt Raph, dass der Japaner genau das tun wird, was er selbst nur gedacht hat. Doch das ist in Ordnung. Chen ist bei solchen Dingen viel skrupelloser und empfindet dabei auch keine Reue, solange er seinen Meister damit zufriedenstellen kann. Tief verbeugt sich der junge Japaner vor ihm und schreitet dann mit eiskaltem Gesicht auf die beiden Männer zu. Vorsichtig erhebt sich Raph und nimmt Michael dabei auf die Arme. Wie ein kleines Kind klammert sich der Junge noch immer weinend an ihm fest. „Ach, und Chen? Michael wird morgen weder am Training und an einer Mission teilnehmen!“ Mitleidig betrachtet der Schwarzhaarige das aufgelöste Bündel auf den Armen des Clan-Führers. „Selbstverständlich, Meister Shredder! Das steht ganz außer Frage.“ Einen Moment blicken sich die beiden Männer tief in die Augen, dann dreht sich Raphael um und trägt den Jungen hinaus. Chen sieht ihm noch einen Augenblick hinterher, dann wendet er sich den beiden Männern auf dem Boden zu. Wieder gleitet der dunkle Schleier über seine ausdruckslosen Augen hinweg, während sich in seinem Kopf die Bilder eines grausamen Endes für ihren Verrat formen. Mit einem düsteren Lächeln beugt sich der selbsternannte Sensei hinab und schleift die bewusstlosen Männer in die nahegelegene Waffenkammer. Was dort hinter der geschlossenen Tür passiert, will sich nicht einmal Raphael in seinen dunkelsten Träumen vorstellen. Fest steht nur, dass die beiden Foot-Ninja nach diesem Tag nie wieder gesehen wurden und zwei neue Männer ihren Platz einnehmen… Vorsichtig legt Raph den immer noch zitternden Jungen auf dem großen Bett ab. Der zierliche Körper wirkt darin vollkommen verloren, was den Älteren gleich noch trauriger stimmt. Der Blonde rollt sich auf der Seite zusammen, als hätte er schlimme Bauchschmerzen und schnieft unter angestrengtem Luftholen. Doch seine Tränen versiegen langsam. Etwas hilflos steht Raph neben dem Bett und weiß nicht so recht, was er jetzt tun soll. Das, was eben beinahe passiert wäre, macht ihm wieder einmal klar, dass seine eigenen Gedanken und Fantasien in genau dieselbe Richtung gehen. Innerlich könnte er sich dafür ohrfeigen. Erst heute Morgen hatte er Michael beim Training mit Chen beobachtet. Sein Auge konnte sich an dem verschwitzten Körper des Nunchakuträgers gar nicht sattsehen und seine Gedanken schweiften so sehr ab, dass er nur mit Müh und Not seine Erregung in Zaum halten konnte, ohne nach nebenan zu stürmen und den Jungen auf den Rücken zu werfen. Von Tag zu Tag wird es nur noch schlimmer und seine geistige Gegenwehr immer geringer. Er weiß beim besten Willen nicht wie lange er sich noch beherrschen kann, ohne das sein Verhalten in den Augen der anderen seltsam wirkt. Doch jetzt, wo er den verzweifelten Jungen dort liegen sieht, vergeht ihm jeglicher Gedanke daran und er könnte sich selbst dafür verfluchen, dass er an so etwas überhaupt denkt. In der letzten Zeit war es ihm so gut gelungen, sich dem Kleinen zu nähern und sein Vertrauen zu stärken, sodass es vielleicht nicht mehr lange gedauert hätte, bis er einen weiteren Schritt hätte wagen können. Doch diese beiden seltendämlichen Foot-Ninja haben ihm alles kaputt gemacht! Wer weiß, ob Michael es jetzt überhaupt noch zulassen wird, dass sich ihm irgendjemand derartig nähert? Die Angst in seinen unschuldigen Augen zu sehen, war so schrecklich. Allerdings ist Raphael heilfroh, dass er rechtzeitig zur Stelle war, um das Schlimmste zu verhindern. Nicht auszudenken, was sonst vielleicht alles passiert wäre und wie weit die Foot ihr Spielchen ungehindert getrieben hätten. Dann verstummt das Schiefen des Jungen und Raph wendet ihm den Blick zu. Doch der Anblick, der sich ihm bietet, bringt ihn selbst fast zum Heulen. Noch immer zusammengekauert liegt der Blonde mit weit aufgerissenen Augen da und starrt leeren Blickes ins Nichts. Er sieht aus wie ein Geisteskranker, der kurz vor einem Anfall steht. Schnell setzt sich der Rothaarige neben ihm aufs Bett und legt ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Unwillkürlich zuckt der kleine Ninja zusammen. Er kann es nicht verhindern, obwohl er weiß, dass es nur sein lieber, guter Meister ist, der hier bei ihm sitzt und versucht ihn zu trösten. Das Zusammenzucken seines geliebten Bruders macht Raphael klar wie gerne er den beiden Foot dafür eigenhändig den Hals umdrehen würde. Sie haben seine monatelangen Bemühungen innerhalb weniger Minuten vollkommen zerstört! Doch er atmet tief durch und versucht seine negativen Gefühle nicht auf den labilen Jungen zu übertragen, das würde alles nur noch schlimmer machen. Stattdessen streichelt der Saikämpfer ganz sanft über die Schulter des Liegenden und versucht so etwas Ruhe in dessen Körper zu bringen. „Du brauchst dich vor nichts mehr zu fürchten. Was eben war, wird nie wieder vorkommen, darauf gebe ich dir mein Wort! – Keiner wird dich jemals wieder anrühren, ohne dass du es nicht willst…“ Die Worte erreichen den Jungen mit so sanfter und ehrlicher Stimme, dass Michael kaum glauben kann, dass sie von seinem temperamentgesteuerten Meister kommen. Eine Träne der Rührung landet auf dem Laken, ehe er Junge ein schwaches Nicken von sich gibt. Raph ist sich nicht ganz sicher, ob der Blonde ihm Glauben schenkt, doch etwas Besseres fällt ihm im Moment nicht ein. Wiedereinmal wünscht er sich, sein Bruder Leo wäre hier. Der Schwerkämpfer fand immer die richtigen Worte in jeder noch so anormalen Situation, doch Raph ist in solchen Dingen völlig hilflos. Zwar scheinen die richtigen Worte in seinem Kopf zu sein, doch sie auszusprechen stellt ihn vor eine unüberwindbare Hürde, weil er fürchtet dann als schwach dastehen zu müssen. Mit der Zeit hat er dazugelernt, dennoch bleibt es schwierig. Angestrengt versucht der junge Führer nachzudenken, was nach so einem Erlebnis noch helfen könnte. Dabei denkt er an Donnie, der im Gegensatz zu Leo nicht nur auf emotionaler Ebene helfen konnte, sondern auch auf körperlicher. Um sich von einem solchen Schock am besten zu erholen, hilft Schlaf ungemein! Donatello hat mal erzählt, dass ein Mensch, der unter Schock steht, auf ganz instinktive Weise versucht Schlaf zu finden, um das Erlebte besser verarbeiten zu können. Dabei ist es nur förderlich, wenn man der betreffenden Person hilft, sich zu entspannen. Michael wirkt aber ganz und gar nicht müde, er starrt nur weiterhin ausdruckslos ins Leere wie eine übergroße Puppe. Doch Raph hat eine Idee. Vorsichtig steht er auf und geht hinüber ins Bad. Dabei fällt ihm auf, dass der Junge keinerlei Reaktion zeigt, so als würde er die Anwesenheit seines Meisters gar nicht mehr wahrnehmen. Das gefällt den Älteren kein bisschen. Er darf nicht zulassen, dass der Nunchakuträger sich abschottet, sonst findet er vielleicht nie wieder in ein normales Dasein zurück und wird in seiner Angst untergehen. Im Bad angekommen durchwühlt Raph den Medizinschrank über dem Waschbecken, bis er eine Flasche mit kleinen Kapseln findet. Sie enthalten ein pflanzliches, aber starkes Schlafmittel, das der Tierarzt eigenhändig zusammengemischt hat. Der Saikämpfer hatte gehofft, dass die Kapseln ihm würden helfen über seine Albträume hinweg zu kommen. Leider haben sie ihm nichts genützt. Zwar konnte er damit schneller und leichter einschlafen, doch die Träume kamen trotzdem und wurden sogar schlimmer, weil er nicht mehr so schnell aufwachen konnte. Eigentlich wollte er die Kapseln schon vor einer Weile entsorgen, nachdem er gemerkt hat, dass Michaels Nähe ein weit besseres Schlafmittel ist, doch er hat es immer wieder vergessen und jetzt ist er heilfroh darüber. Er nimmt ein Glas zur Hand und füllt es mit Wasser, während er kurz nachdenkt. Die Kapseln sind so dosiert, dass Raph bei seiner Größe und Statur zwei Stück nehmen sollte, um einen erfolgreichen Effekt zu erzielen. Sein Bruder ist allerdings kleiner und leichter als er, weswegen wohl eine genügen dürfte. In jeden Fall wird der Inhaltsstoff ihn für mehrere Stunden außer Gefecht setzen und danach geht es ihm mit Sicherheit viel besser. Also schnappt sich Raph das Glas und eine der Kapseln und geht wieder ins Zimmer zurück. Auch jetzt zeigt Michael nicht die kleineste Reaktion. Der Rote setzt sich wieder zu ihm aufs Bett, diesmal jedoch vor ihn und streckt ihm das Glas und die Kapsel entgegen. Fragend betrachtet der Junge beides mit seinen traurigen Augen. „Das ist ein Mittel, dass dir helfen wird einzuschlafen. Schlaf ist jetzt wichtig für dich, damit du das Erlebte besser verarbeiten kannst…“, versucht es der Größere und hofft, dass er dabei überzeugend klingt. Eine ganze Weile mustert der Junge sowohl die Kapsel, als auch ihn. ‚Wahrscheinlich wägt er ab, ob Schlaf ihm wirklich helfen kann oder nicht…‘, geht es Raph durch den Kopf, während er geduldig wartet. Schließlich bringt der Junge ein zaghaftes, kleines Lächeln zustande und greift nach der Kapsel. „Danke…“, flüstert er dabei kaum hörbar, doch Raph fällt ein großer Stein vom Herzen. Innerlich dankt er seinen verlorenen Brüdern für ihre Weisheiten, die er früher nie richtig zu schätzen wusste und nun endlich weiß, dass alles einem helfen kann, mag es auch noch so dämlich oder langweilig klingen. „Du bist ein guter Junge!“, verkündet er dem Blonden, während er ihm durch die wirren Haare streicht. Keine zwei Minuten später schläft Michael so tief und fest, dass Raphael schon Angst bekommt, die Dosis könnte ihm schaden. Doch seine Atmung und sein Puls scheinen normal und er bewegt sich sogar. Vorsichtig macht sich der Clan-Führer daran, ihm die Stiefel auszuziehen, um es ihm so bequem wie möglich zu machen. Im Tiefschlaf gefangen dreht sich der Junge dabei auf den Rücken und Raph entgeht nicht, dass seine Hose seit vorhin immer noch offen steht. Wie gebannt starrt sein verbliebenes Augen auf den glatten Stoff der Shorts, der unter den offenen Knöpfen zum Vorschein kommt. Sein Herz beginnt zu rasen und seine Atmung beschleunigt sich. Er kann den Blick nicht lösen und fühlt sich zurückversetzt in die Zeit von vor zwölf Jahren. In eine der vielen Nächte, in denen er versucht hat, unbemerkt seinem Bruder an die Wäsche zu gehen. Allerdings hat es nie so wirklich funktioniert. Doch jetzt ist Leo nicht hier, um ihn aufzuhalten und das Schlafmittel wird verhindern, dass er Junge auch nur ein bisschen davon mitbekommt! Raphaels Gedanken überschlagen sich und er schluckt schwer. Den Blick fest auf sein Ziel gerichtet, krabbelt er über den Jungen und gleitet langsam mit der Hand unter dessen Hemd. Die Haut unter dem engen, schwarzen Stoff ist noch immer so weich und warm wie er sie in Erinnerung hat. Erregt beißt er sich auf die Unterlippe und schließt das Auge, während seine Finger sich weiter voran schieben. In seinen Lenden beginnt es erwartungsvoll, beinahe schmerzhaft zu pochen. Dieses Gefühl, das ihn sonst immer nur noch mehr angetrieben hat, zerstört nun alles. Erschrocken reißt er das Auge auf und weicht ans Fußende des Bettes zurück. Scharf zieht er die Luft ein und starrt verzweifelt auf den schlafenden Jungen. Dieser dreht sich nichts ahnend einfach auf die Seite und schläft seelenruhig weiter. Schwer atmend schluckt Raph. „Was – was- wollte ich da gerade tun? – Bin ich denn völlig übergeschnappt?“ Eine Antwort findet er nicht, doch nun weiß er endlich, wie sich Leonardo gefühlt haben muss, wenn er sah wie Raph über Mikey gehockt hat und dies schockiert ihn zutiefst. Schmerzlich wird ihm klar, dass er gerade etwas noch viel Schlimmeres vorhatte, als die beiden Foot-Ninja vorhin! Angewidert von sich selbst, zieht er die Beine an, schlingt die Arme darum und bettet sein Gesicht auf die Knie. Er versucht einen Moment in sich zu gehen, um runter zu kommen, doch da meldet sich sein vernachlässigter Unterleib lautstark zu Wort. Wutentbrannt springt Raphael vom Bett auf und stürzt ins Badezimmer. Dort reißt es sich die Rüstung und die Kleider vom Leib, als stünde beides in Flammen. Zornig starrt er seine Erregung an, die sich ihm unschuldig und erwartungsvoll entgegenstreckt. „Wie kannst du nur so verdorben sein und so etwas von mir verlangen?!“, faucht er sie an. „Ich haben solange auf den richtigen Augenblick gewartet, da wirst DU doch auch noch etwas länger warten können, verdammt noch mal! Und glaub ja nicht, dass ich mir nach der Aktion eben auch noch die Finger an die schmutzig machen werde, mein Freund! Oh, nein! Du gehst heute ohne Nachtisch ins Bett!“ Mit diesen Worten steigt Raph schnaufend unter die Dusche und dreht das kalte Wasser voll auf. Die eisige Temperatur bringt sein Herz fast zum Stillstand, dennoch lacht er gequält. „Na, wie gefällt die das, du elendes Miststück?“, fragt er seine schwindende Erregung, erhält jedoch keine Antwort. Er steht fast zehn Minuten unter der kalten Dusche. Danach spürt er keinen einzigen Teil seines Körpers mehr und zittert wie verrückt. Nur mit Mühe gelingt es ihm deshalb, sich seine Shorts wieder anzuziehen. Schlotternd stapft er zurück ins Zimmer und betrachtet den schlafenden Jungen im Bett. Vorsichtig legt er sich neben ihn und zieht die Decke über sie beide. Vergräbt sich richtig darin, um wieder ein Gefühl in seinen Körper zu bekommen. Ungeachtet seiner Qualen dreht sich Michael zu ihm herum und kuschelt sich ungeniert an seine bebende Brust. Raph bleibt wie versteinert liegen und wartet ab. Doch sein aufdringliches Anhängsel scheint für heute die Nase gestrichen voll zu haben und gibt daher keinen Pieps von sich. Eine gewisse Erleichterung macht sich in ihm breit. Der schlafende Junge kuschelt sich noch enger an ihn, völlig ahnungslos. Heiße Tränen rinnen Raph über die Wange und er verflucht sich selbst. Dann schließt er die Arme um seinen kleinen Babybruder und drückt ihn fest an sich. „Ich liebe dich so sehr, Mikey!“, presst er unter Tränen hervor. Wenige Minuten später ereilt auch ihn der Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)