Crossroads von lunalinn (decisions are never easy) ================================================================================ Kapitel 14: Valentinstag ------------------------ Wenn es einen Tag gab, den Severus Snape noch mehr verabscheute als Weihnachten, dann war es der Valentinstag. Schon eine Woche zuvor hatte dieser Wahnsinn, der sogar vor seinem Haus nicht Halt machte, begonnen. Mit Sicherheit würde Rabastan Lestrange auch in diesem Jahr einen Berg von Geschenken auf dem Tisch vor sich liegen haben. Es war nicht so, dass er neidisch war, denn die Slytherin-Schülerinnen konnten ihm gestohlen bleiben…genau genommen konnte jedes Mädchen in Hogwarts Lestrange hinterherschmachten, solange es nicht Lily war. Nicht zum ersten Mal verfluchte er sich dafür, dass er es in all den Jahren nicht über sich hatte bringen können, ihr ein Geschenk zu machen. Er hätte es ganz subtil anstellen können, wenn er so darüber nachdachte. Es musste ja keine herzförmige Pralinenschachtel sein – das war widerwärtig kitschig. Er hätte ihr ein Buch schenken können, eines, von dem er wusste, dass sie es sich wünschte…oder er hätte ihr einen besonderen Trank zusammengebraut. Lily war keines dieser Mädchen, die den Wert eines Geschenks daran maßen, wie viel es gekostet hatte. Trotzdem hatte ihn jedes Mal der Mut verlassen, so dass er seine Ideen letztendlich verworfen hatte. Dieses Jahr würde es genauso laufen, denn auch wenn Lily ihn nicht mehr zu verachten schien, so mied sie ihn weiterhin und machte somit deutlich, dass sie keine Freunde mehr waren. Sein einziger Trost in dieser Hinsicht bestand darin, dass sie auch Potter die kalte Schulter zeigte. Hass stieg in ihm auf, als er daran dachte, dass dieser arrogante Mistkerl Lily in den letzten Jahren jedes Mal beschenkt hatte. Pralinen, Rosen und was noch für kitschigen Kram, doch sie hatte nie etwas davon angenommen – wenigstens diesen Lichtblick konnte ihm keiner nehmen. Missmutig schweifte sein Blick zur Seite, während er durch die Gänge lief, und blieb kurz an einer Gruppe kichernder Schülerinnen hängen. Eine von ihnen hielt Zaubertränke für Fortgeschrittene in den Händen, plapperte aufgeregt daher und der Rest der Truppe kicherte abermals dümmlich. Er hatte noch nie verstanden, wie man sich für diese Art von Mädchen interessieren konnte. Da konnten sie noch so hübsch sein, wenn sie den Mund aufmachten und es kam nur Schwachsinn raus, hatte sich das damit erledigt. Lily war beides, schön und klug, freundlich ebenfalls und vermutlich war sie deswegen so beliebt. Zumindest waren es die Gründe, wegen denen er nicht aufhören konnte, an sie zu denken. Allerdings gab es doch noch etwas, das ihn zurzeit mehr beschäftigte, als es eigentlich sollte. Severus war gut darin, Leute zu hassen, ihnen seine Verachtung zu zeigen und ihnen die Pest an den Hals zu wünschen. Dagegen war Dankbarkeit Zeigen wie ein rotes Tuch für ihn, zumindest wenn es sich um jemand anderen als Lily handelte. Remus Lupin gehörte jedenfalls definitiv nicht zu den Leuten, denen er etwas schuldig sein wollte. Dennoch war er es, denn Lupin hatte ihn in jener Nacht seinen Freunden vorgezogen, anstatt ihn zu verpetzen – daran gab es leider nichts zu rütteln. Das Resultat war, dass sich die Rumtreiber für fast zwei Wochen gespalten hatten, und auch wenn Severus dies als höchst amüsant empfand, konnte er es nicht vollends auskosten. Einmal weil Black ihm seitdem noch öfter als sonst auflauerte und zweitens…weil er nicht nachvollziehen konnte, warum Lupin es überhaupt getan hatte. Es ergab keinen Sinn, ließ nur einen Schluss übrig und der gefiel Severus fast noch weniger, als wenn der Werwolf irgendeinen Hintergedanken gehabt hätte: Lupin war ein gutherziger Vollidiot. Anders konnte es nicht sein, wenn er Blacks Unmut für ihn in Kauf nahm. Oh und der hatte es ihn spüren lassen, so viel konnte selbst er sagen. In der ersten Woche hatte anscheinend Funkstille geherrscht, denn Lupin und Black hatten sich während des Unterrichts nicht mal mehr angesehen, geschweige denn ein Wort miteinander gewechselt. Einmal hatte er mitbekommen, wie Potter im Gang auf Black eingeredet hatte, doch dieser hatte stur und uneinsichtig gewirkt. Lupin hatte dagegen eher den Eindruck eines geprügelten Hundes gemacht, doch das wunderte ihn nicht. Sicher schlug ihm dieser kleine Streit auf sein sonniges Gemüt…erbärmlich. Da hatte er einmal den Mut, sich gegen seine ach so tollen Freunde zu stellen, und dann zog er wieder den Schwanz ein? Andererseits kam Severus nicht umhin, einen Funken…Mitleid mit ihm zu haben, immerhin war er schuld an Lupins Misere. Warum hatte er nicht wie sonst auch den einfachen Weg gewählt, indem er ihn verpetzt hatte? Wobei das nicht ganz stimmte, wenn er ehrlich zu sich selbst war…Lupin hatte ihn schon einmal gedeckt und zwar, als sie sich alle auf dem Gang duelliert hatten. Allerdings wäre es dieses Mal noch fataler gewesen, wenn man ihn erwischt hätte. Immerhin hatte er einen Lehrer bestohlen und noch dazu war eine der Zutaten ziemlich teuer. Graphorn-Pulver bekam man nicht einfach so auf dem Markt, jedoch verstärkte es viele Tränke um ein Vielfaches. Das Feuersalamander-Blut war auch nicht besonders billig und er benötigte es für einen Trank, den er demnächst zum ersten Mal ausprobieren wollte. Wenn McGonagall davon erfahren hätte, hätte sie ihn direkt vor Dumbledore geschleift und der hätte ihn möglicherweise von der Schule verwiesen. Diebstahl wurde in Hogwarts nicht geduldet, das wusste jeder…und dazu kam Einbruch in das Büro eines Lehrers. Demzufolge hatte er Lupin in diesem Fall ziemlich viel zu verdanken…und das verkomplizierte alles. Warum konnte er sich nicht gewohnt feige verhalten, damit er ihn uneingeschränkt hassen konnte? Im Moment verspürte er nämlich eher das Bedürfnis, sich…zu revanchieren. Nun gut, viel konnte er nicht machen, zumal Potter Black mittlerweile wohl so weit hatte, dass er Lupin nicht mehr sträflich ignorierte. Bald würde sich die Gruppe wieder zusammenschließen…welch immense Erleichterung. Er schnaubte leise, während er um die Ecke bog, wobei er nicht umhin kam, sich kurz nach Black umzusehen. Jedoch schien die Luft rein zu sein, so dass er eigentlich weitergehen wollte…doch dazu kam es nicht. „Snape! Snape, warte!!“ Er zuckte aus Reflex zusammen, als hektische Schritte ertönten und jemand nach ihm rief. Ein Mädchen, das er lediglich vom Sehen kannte, wie er feststellte, als er sich umdrehte. Kein Wunder…was interessierte ihn irgendeine unwichtige Hufflepuff? „Ich…wir müssen…reden!“, stammelte sie und sah sich kurz nach links und rechts um, ehe sie sich wieder ihm zuwandte. „Ich wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten“, erwiderte er abweisend und musterte sie mit unverhohlener Abneigung. Jetzt wusste er auch wieder, warum sie ihm bekannt vorkam; sie hatte vorhin mit ein paar anderen Mädchen im Gang gestanden und so albern gekichert. „Also…es geht darum“, begann sie verschwörerisch und beugte sich zu ihm vor, „…du bist doch gut in Zaubertränke…nicht wahr?“ Severus hob eine Braue, als sie ihm direkt so unverschämt kam. Erstens war er mehr als gut in diesem Fach und zweitens verhieß es nichts Positives, dass sie so anfing. „Und wenn?“, gab er kalt zurück. „Was geht dich das an?“ Das brünette Mädchen wurde rot, presste kurz die Lippen aufeinander, während sie mit sich zu hadern schien. Severus widerstand dem Drang, sie ruppig anzuherrschen, nur schwer. „Du darfst es aber…niemandem weitersagen…“, flüsterte sie und sah ihn ernst an. „Versprich es!“ Er sollte sie wirklich einfach stehen lassen, doch wenn er sich anhörte, was sie zu sagen hatte, konnte er sie im Nachhinein vielleicht noch besser demütigen. „Von mir aus“, meinte er daher knapp und ohne das Versprechen ernst zu nehmen. „Versprich es!“, forderte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Severus schwarze Augen wurden schmal. „Du sagst mir jetzt, was du willst, oder ich gehe!“, zischte er sie an, woraufhin sie ganz still wurde. Typisch Hufflepuff, die waren einfach zu nichts zu gebrauchen und einfach nur nervig. Mit einem verächtlichen Blick wollte er sie stehen lassen, doch da öffnete sie doch noch den Mund. „Nein, warte…ich…es geht um einen Trank“, quetschte sie hervor und sah ihn aus ihren braunen Kulleraugen flehend an. Ihm wurde schlecht, dennoch fragte er des Interesses halber nach, wenn auch schroffer als nötig. „Was für ein Trank?“ „Ein…nun ja…es ist doch…bald Valentinstag…und ich…habe mich gefragt…ob du mir nicht…einen…einen Liebestrank brauen könntest…“, rückte sie endlich mit der Sprache raus. Stille. „…ich würde dich natürlich bezahlen!“, fügte sie hastig hinzu, als sie seinen finsteren Blick bemerkte. „Wie bitte?!“ Das wurde ja immer besser. „Ja, wirklich!“, beteuerte sie eilig. „Bitte, Snape…ich würde dich nicht bitten, wenn ich nicht wüsste, dass du so…so…uhm…talentiert bist...“ Jetzt schleimte sie ihm auch noch die Ohren voll…ihm wurde schlecht von dem Getue und das wollte er ihr auch sagen, doch sie war schneller. „…bitte, es…ohne den Trank wird Sirius niemals mit mir ausgehen…“ Oh. Es ging also um Black? Severus’ ablehnende Haltung geriet ins Wanken, kaum dass er den Grund für diese peinliche Unterredung vernommen hatte. Auf der einen Seite wollte er ihr vor die Füße spucken und ihr mitteilen, was er von ihrem Schwarm hielt, für den sie sogar zu ihm kam. Das musste sie bestimmt viel Überwindung gekostet haben, wenn man seinen Ruf bedachte. Auf der anderen Seite eröffnete ihm das ganz neue Möglichkeiten, allem voran die Chance, Black loszuwerden. Na gut, allzu drastisch durfte die Wirkung nicht sein – er wollte nicht wegen des Mordes an Black nach Askaban geschickt werden. Unvorstellbare Schmerzen würden fürs Erste ausreichen…oder doch lieber etwas, das Black so unansehnlich machte, dass ihn kein Mädchen je wieder ansprechen würde? Die Palette an Möglichkeiten war ungemein groß und so verlockend, dass er gar nicht merkte, wie er in seinen Gedanken versank und sich langsam ein berechnendes Lächeln auf seine dünnen Lippen legte. „Ehm…Snape?“ Severus blinzelte, als ihn die Hufflepuff in die Wirklichkeit zurückholte. Erwartungsvoll wurde er angesehen und er haderte innerlich mit sich; sollte er die Gelegenheit ergreifen? Es wäre töricht, würde er sie sich entgehen lassen. Wobei…dieses pubertäre Weibsbild vor ihm würde ihn wahrscheinlich sofort verpetzen, wenn er ihrem geliebten Black irgendwas antat – und wenn ihm nur eine seiner Locken ausfiel. Nein. Wenn er Black vergiften wollte, musste er es ohne potenzielle Zeugen tun, und damit war die Antwort eindeutig…oder? „Wirst du mir helfen?“ Was malte sich diese einfältige Schnepfe eigentlich aus? Dass ein kleiner Liebestrank Black für immer an sie binden würde? Die Dauer war bei den meisten Tränken begrenzt und es würde niemals wahre Liebe sein – doch vermutlich war ihr das egal, solange er ihr für ein paar Tage hörig war. Erbärmlich. Als würde ein Trank die Lösung aller Probleme sein und…er stockte, kaum dass er den Gedanken realisiert hatte. Er korrigierte sich…vielleicht war ein Zaubertrank ja doch die Lösung aller Probleme…oder zumindest eines Problems. Selbstzufrieden grinste er vor sich hin, nahm den misstrauischen Blick seines Gegenübers gar nicht wahr. „Snape? Was ist denn nun?“ „Was?“, murmelte er abwesend, ehe er abwinkte. „Ja, ja…ich denke drüber nach…und jetzt scher dich weg!“ „Valentinstag ist aber schon morgen!“, erinnerte sie ihn empört und er verlor die Geduld. „Das ist mir vollkommen egal!“, blaffte er sie an. „Dann wirf dich Black doch ohne Trank an den Hals! Bei seinem Verschleiß hast du sicher gute Chancen!“ Vermutlich hätte er sie sofort so anblaffen sollen, denn es zeigte Wirkung. Sie sah ihn geschockt an, ehe sich ihre Augen mit Tränen füllten und sie davonlief. Sollte sie doch heulen. Er würde einen Teufel tun und Black noch bessere Chancen bei solch oberflächlichen Dumpfbacken einräumen. Darauf hätte sie aber auch selbst kommen können…oder dachte sie, er würde sich mit Geld bestechen lassen? Wobei er das eigentlich gut hätte gebrauchen können…nun ja, sei es drum, wenigstens hatte sie ihm eine Idee für sein Problem geliefert. Es war nicht seine Art, definitiv nicht, doch es war ja auch kein gewöhnlicher Fall. Grübelnd ging er Richtung Gemeinschaftsraum…schließlich hatte er Arbeit vor sich. Am nächsten Tag bereute er sein Vorhaben schon fast wieder, denn er hatte die halbe Nacht durchgemacht und fühlte sich dementsprechend, als hätte ihn eine Horde Zentauren niedergetrampelt. Hoffentlich lohnte sich die ganze Arbeit wenigstens, doch wenn nicht, wäre es ganz sicher nicht seine Schuld, denn er hatte definitiv alles richtig gemacht. So viel Vertrauen hatte er dann doch in seine Fähigkeiten. Das einzige Problem war jetzt nur noch, wie er es ihm zukommen lassen sollte. Er konnte sich schlecht einfach an seinen Tisch stellen und ihm das Fläschchen in die Hand drücken. Nein, das würde nur neugierige Blicke auf sich ziehen – und das konnte er nicht gebrauchen. Die Große Halle fiel damit schon mal weg, wobei Severus sowieso überlegte, ob er das Frühstück lieber auslassen sollte. Aufgrund seiner Müdigkeit verspürte er keinen besonders großen Appetit...und zudem wollte er sich das Getue seiner Mitschüler und der Lehrer ersparen. Schlussendlich war es der Befürchtung, Potter könnte sich ohne sein Wissen an Lily ranmachen, zu verdanken, dass er sich doch noch in die Große Halle begab. Ein Fehler, wie er feststellte, kaum dass er einen Fuß hineingesetzt und die Dekoration ins Auge gefasst hatte. Rosa Blütenblätter regneten vom Himmel und die Tisch-Dekoration war in derselben Farbe gehalten worden. Ihm wurde schlecht…vor allem, als er Potter und Lily entdeckte. Die beiden saßen nebeneinander und Potter schob ihr soeben eine kleine Box zu, wobei er es auch noch wagte, ihr zuzuzwinkern. Zuerst zog Lily eine Braue hoch, doch dann öffnete sie Potters Geschenk doch noch, warf einen Blick hinein. In seiner Brust krampfte sich etwas zusammen, als er ihren verblüfften Ausdruck sah. Als sie Potter wieder anschaute, lächelte sie flüchtig, sie tauschten ein paar Worte und schließlich wandte sie sich mit leicht geröteten Wangen ab. Hatte sie nicht immer behauptet, dass sie eher den Riesenkraken küssen würde, als etwas anzunehmen, das von Potter kam? Wut und Übelkeit stiegen in ihm auf, als Potter Black über den Tisch hinweg einen triumphierenden Blick zuwarf, der anerkennend erwidert wurde. Merkte Lily nicht, was da vor sich ging? Was Potter vorhatte? Doch als er sie das letzte Mal gewarnt hatte, hatte sie ihn sogar noch angefahren, dass es ihn nichts anging. Also konnte er nichts anderes tun, als schlecht gelaunt zu seinem eigenen Tisch zu schlurfen und es fürs Erste hinzunehmen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Lestrange soeben eine herzförmige Packung Pralinen von einem Mädchen annahm. Konnte der Morgen eigentlich noch schlimmer werden? Er bezweifelte es. Durch seine Wut hätte er im Nachhinein beinahe vergessen, dass er noch etwas vorhatte. Es fiel ihm während der Doppelstunde Verwandlung ein, doch in dieser war es ihm unmöglich, sein Vorhaben diskret in die Tat umzusetzen. Also musste er warten, bis die Stunde vorüber war und McGonagall sie endlich entließ. Während er seinen Becher zurück in eine Ratte verwandelte, dachte er darüber nach, wie er es am besten anstellen konnte. Auch wenn Lupin und Black immer noch nicht besonders gut aufeinander zu sprechen waren, zogen sie schon wieder gemeinsam mit den anderen beiden rum. Nach dem Unterricht konnte er ihn also nicht direkt abpassen, doch wenn er Glück hatte, konnte er ihn später am Nachmittag erwischen. Tatsächlich bot sich ihm die Gelegenheit und er ergriff sie, bevor wieder etwas dazwischenkam. Er wollte diese Sache endlich hinter sich haben, damit sie quitt waren. „Lupin!“ Der Gerufene hielt inne, warf ihm einen überraschten Blick über die Schulter zu. In seinen Armen hielt er ein paar Bücher aus der Bibliothek, war wohl eben auf dem Weg dorthin gewesen – wie erwartet. Zumindest war er endlich mal allein, denn das Letzte, das er gebrauchen konnte, waren die restlichen Rumtreiber. Wobei das händchenhaltende Pärchen, das soeben an ihnen vorbeischritt, auch nicht besser war. In einer anderen Ecke knutschten zwei Gryffindors aus der Unterklasse herum…war ja ekelhaft; hatten die kein Schamgefühl? Er schnaubte leise, ehe er seine Aufmerksamkeit auf Lupin richtete, der ihn fragend anschaute. „Ja, Snape?“, erwiderte er ruhig und Severus zögerte. Was sollte er auch sagen? Er würde es nicht über sich bringen können, sich zu bedanken. Abermals glitt sein Blick von rechts nach links, doch keiner schien auf sie beide zu achten. „Ich…“ Seine rechte Hand steckte in der Tasche seines Umhangs, hielt den kleinen Gegenstand umklammert. Lupin wartete ein paar Sekunden geduldig, schaute ihn abwartend an…und Severus kam sich dadurch noch blöder vor. Schließlich zog er die Hand aus dem Umhang und hielt ihm das Fläschchen mit der goldfarbenen Flüssigkeit ganz lapidar hin. „Hier!“ Stille. Es war unangenehm, dass Lupin keine Anstalten machte, das Gefäß anzunehmen, sondern ihn nur mit großen Augen anglotzte. Dann mischte sich Misstrauen in seinen Blick und er schaute von dem Fläschchen zu ihm. „…damit eins klar ist“, begann er dann langsam. „Auch wenn Sirius und ich gerade…ein paar Differenzen haben, werde ich ihm nichts untermischen, Snape.“ Und abermals herrschte peinliches Schweigen, wobei Severus aber im ersten Moment nicht einmal verstand, was Black jetzt damit zu tun hatte. Anscheinend bemerkte der Werwolf seine Irritation, denn er erklärte sich. „Ich habe gestern mitbekommen, um was dich Serena Ribbons gebeten hat…und ich kenne dich gut genug, so dass ich weiß, dass du niemals einen Liebestrank brauen würdest. Wenn du also denkst, dass ich Sirius dieses Zeug in seinen K-“ „Du denkst, dass ich dich dazu benutzen will, Black zu vergiften?!“, unterbrach Severus ihn scharf. Lupin sah ihn verdutzt an, als er ihm so harsch ins Wort fiel. „Etwa nicht?“ Severus hätte ihm das Fläschchen am liebsten vor die Füße geworfen, doch dafür steckte zu viel Arbeit in dem Trank. „Auch wenn die Idee ungemein reizvoll ist…nein“, entgegnete er kühl. „Black hat damit nichts zu tun. Nicht, dass ich ihn nicht gern tot sehen würde…aber ich lege keinen Wert darauf, deswegen einen langjährigen Aufenthalt in Askaban zu riskieren.“ Lupin sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an, schien nicht zu wissen, was er darauf erwidern sollte. „Was ist das?“, fragte er schließlich und Severus knirschte mit den Zähnen. „Ein Gift gegen dunkle Kreaturen“, spie er aus, bereute es aber sogleich, als Lupin käseweiß wurde und einen Schritt zurückwich. „Herrgott, Lupin, es ist bloß ein Heilungselixier!“ „…was?“ Musste man diesem Idioten denn alles erklären? Er schnaubte verächtlich, hielt es ihm immer noch entgegen, während er mit gesenkter Stimme fortfuhr. „Ein Elixier, das den Heilungsprozess des Körpers um das Doppelte beschleunigt und Linderung bei Knochenbrüchen und Fleischwunden verschafft.“ „…“ „Nimm es endlich!“, zischte er und drückte es ihm nun in die Hände. Er bemerkte, dass Lupins Finger eiskalt waren – hatte er ihn gerade so sehr erschreckt? Dabei hatte er doch deutlich gemacht, dass er keinen Mord riskieren würde. Lupin schien immer noch wie erstarrt zu sein, sah auf das Fläschchen hinunter, während er die Finger darum krampfte. „…aber…warum?“, hörte er ihn murmeln und Severus seufzte, weil das allmählich anstrengend wurde. „Das sollte dir besser bewusst sein als mir…immerhin ist nächste Woche Vo-“ „Das meinte ich nicht“, fuhr ihm Lupin dazwischen und sah ihn nun ernst an. „Warum tust du das?“ Severus wünschte sich, er würde einfach still sein, den Zaubertrank einstecken und gehen. Natürlich konnte es nicht so einfach sein. „Weil wir damit quitt sind“, gab er schließlich zur Antwort und fühlte sich unbehaglich. Vielleicht weil Lupin ihn immer noch aus seinen Bernsteinaugen fixierte. Vermutete er eine List dahinter? Zuzutrauen wäre es ihm, das musste er selbst zugeben. „Wenn du es nicht willst, schmeiß es halt weg!“, fuhr er ihn an, weil ihm Lupins Schweigen auf die Nerven ging. Dieser betrachtete die goldene Flüssigkeit in dem Fläschchen noch einmal eingehend, ehe er sie langsam in seine Tasche gleiten ließ. Dann schaute er ihn wieder an und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Du hättest dich nicht revanchieren müssen, Snape“, sagte er leise. „Ich wollte das Richtige tun…wenigstens einmal, und dich zu verpetzen, wäre falsch gewesen. Trotzdem…danke.“ Konnte der Werwolf nicht einfach den Mund halten? Solche Worte wollte er von seinem Feind nicht hören…wobei Lupin das anscheinend ja nicht mehr war. Bei Merlin, es wurde schon wieder kompliziert. „Ich brauche deinen Dank nicht!“, erwiderte er garstig, doch es brachte Lupins Lächeln nicht ins Wanken. „Das weiß ich…aber ich möchte mich bedanken. Der Trank hat sicher viel Arbeit gemacht…“ Severus schnaubte. „Sieben Stunden.“ Lupin blinzelte, ehe das Lächeln wieder zurückkehrte. „Ich werde ihn auf jeden Fall ausprobieren!“ „…ich dachte, du misstraust mir?“ Severus verschränkte die Arme, funkelte ihn an. „In Bezug auf Sirius schon.“ „Und warum nicht in Bezug auf dich?“ „Nun…vielleicht bin ich einfach Optimist?“ Lupin zuckte mit den Schultern, was Severus abermals schnauben ließ. Was war das für eine Antwort? „Wie auch immer“, lenkte er ein und kehrte ihm den Rücken. „Hiermit sind wir quitt.“ Eigentlich wollte er gehen, doch die Hand, die ihn an der Schulter festhielt, ließ ihn innehalten. Reflexartig zuckte er unter der Berührung zusammen, wollte Lupin schon anherrschen, dass er seine Pfoten wegnehmen sollte, doch der andere war schneller. „Ich weiß dein Valentinstags-Geschenk wirklich zu schätzen, Snape“, hörte er ihn sagen und die Worte, die ihm auf der Zunge gelegen hatten, wurden im Keim erstickt. Er starrte ihn fassungslos an; wie bitte?! Valentinstags-Geschenk? War Lupin noch ganz bei Trost? Er hatte doch eben seine Beweggründe erklärt! Doch der andere schmunzelte nur, schien belustigt über seinen Gesichtsausdruck. Sollte das eine Art dummer Scherz sein? Wenn ja, konnte er darauf verzichten! Seine Schulter wurde leicht gedrückt, dann ließ Lupin ihn stehen…wie einen Idioten. Seltsamerweise konnte er sich nicht mal ernsthaft darüber ärgern…warum auch immer. Verdammt…warum musste Lupin auch jedes Mal alles komplizierter machen?! Das war ja nicht zum Aushalten! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)