Als wir Kinder waren von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 22: Coming home I ------------------------- Tief atmete er die Luft des Flughafens in Tokyo ein. Die Gespräche, die an sein Ohr drängten machten ihm bewusst: Er war zu Hause. Endlich. Die letzten Stunden hatte er in einem unbequemen Flugzeugsitz verbracht, der dem Wort „Holzklasse“ alle Ehre machte. Fünf mal hatte er umsteigen müssen. John meinte, dies wäre der beste Weg seine Spuren zu verwischen. Dieser dubiose Mann hatte ihm insgesamt drei Reisepässe mit unterschiedlichen Namen gegeben und Flugtickets besorgt. Ran war schleierhaft, wie er das in so kurzer Zeit hatte schaffen können, doch echtes Interesse konnte er gerade jetzt nicht aufbringen. Vorsichtig zog er das Handy aus seiner Tasche. Er hatte nicht gewagt es auszuschalten. Er kannte ja keinen Pin. Ein kleiner, romantischer Teil hatte auf eine Nachricht Schuldigs gewartet, doch der rationale Teil mahnte ihn dazu, das Handy auszuschalten und zu entsorgen, wie Schuldig es ihm gesagt hatte. Er strich über das Display um die Bildschirmsperre zu lösen. Sein erster Blick galt dem Akkustand. Zum Glück hatte er im vorletzten Flugzeug ein Ladekabel ausleihen können und mit Hilfe der Stuardess die Menüsprache von Deutsch auf Japanisch geändert. Jetzt lag der Reststom des Telefons bei 87%. Mehr als genug um nach Hause zu gehen. Dort würde er sich ein Ladekabel von Omi leihen. Ok. Vielleicht nicht gleich heute. Besser wäre morgen. Im schlimmsten Fall würde er einfach eins kaufen. Er schnaufte. „Ich sollte es wirklich entsorgen. Es mit nach Hause zu nehmen wäre zu leichtsinnig“, redete er auf sich ein, doch der kleine, romantische Teil in ihm konnte das nicht zulassen. Ein kurzer Druck auf den seitlichen Knopf und das Display wurde dunkel. Ran ließ es in seine Hosentasche gleiten und begab sich auf den Weg zum Koneko. Er lief. Die Nacht war jung und er brauchte diese Zeit für sich allein. Der Wind zog an seiner Kleidung und er zog den Mantel fester um seinen Körper. Er brauchte mehr als drei Stunden um sein Ziel zu erreichen. Nun stand er vor dem Laden, sah in der oberen Etage noch Licht brennen. Ran griff in seine Manteltaschen, suchte seinen Schlüssel. Seine Suche blieb ohne Erfolg. Müde schnaufte er und klopfte beherzt an das Rolltor. Es dauerte einige Zeit, bis die Geräusche hinter dem Tor verrieten, dass ihm Einlass gewehrt werden würde. In Yojis Gesicht konnte er die Überraschung überdeutlich erkennen. Überschwänglich griff er nach Ran, zog ihn in eine feste Umarmung und ließ ihn so schnell los, wie er ihn eingefangen hatte. Ran zeigte keine Regung. Er war zwar überrascht, doch viel mehr noch plagte ihn die Müdigkeit und dieser schwere, kalte Stein in seinem Magen. „Aya! Wo warst du denn, verdammt noch mal?“, hörte er Yojis hektische Stimme. Ein kurzes Zucken seines Mundwinkels verdeutlichte Ran, dass er ehrlich geschmeichelt war über diese Fürsorge. „Ich bin müde“, war seine Antwort und er ging an Yoji vorbei, direkt in die Wohnung. Dort lief ihm Ken über den Weg. Dieser musterte ihn schnell, aber genau. „Du siehst fertig aus“, war sein Urteil und Ran nickte. Ken hatte recht. Er war fertig. Er brauchte unbedingt Schlaf. „Was ist passiert?“, wollte Ken wissen, doch Ran schüttelte den Kopf. „Morgen“, begann er und rieb sich über den verspannten Nacken. „Besser noch übermorgen“, beendete er seine Überlegung und ging in sein Zimmer. Er zog den Mantel aus und warf ihn über die Lehne seines Sofas. Mit frischen Sachen für die Nacht ging er ins Bad, duschte ausgiebig und putzte Zähne. Vielleicht war das mit Schuldig doch nur eine Sache für den Moment gewesen? Nein. Als Ran sich ins Bett legte spürte er es. Diesen Schmerz, der seine Brust zuzog. Fest presste er seine Hände an die Stirn. Er atmete konzentriert dagegen an, doch die einzelne Träne konnte er nicht unterdrücken. Rüde rieb er über den Augenwinkel und drehte sich auf die Seite, schloss die Augen. Er musste jetzt erst einmal schlafen. Morgen würde alles schon ganz anders aussehen. Er hoffte es. Hoffte, dass er in sein eigenes Leben zurück finden konnte. Der Schlaf umfing ihn schnell und brachte ihm eine traumlose Ruhe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)