Als wir Kinder waren von KarliHempel ================================================================================ Kapitel 23: Coming home II -------------------------- Murrend steckte er sich den zweiten Kopfhörer ins Ohr. Der Mann neben ihm rieb mit seinem Schnarchen an seinen Nerven. Brad hatte sich wie immer, um die Tickets gekümmert und Schuldig war sich sicher, dass dies hier Brads Strafe für ihn war. Flog er sonst nur first class oder im Schlimmsten Fall für kurze Flüge auch mal business class. Hier in der economy war es entsetzlich eng und voll. Der Kopf des Mannes neben ihm rutschte auf seine Schulter. Hart rieb Schuldig die Zähne auf einander. Für einen Moment glaubte er sein Augenlid zucken zu spüren. Das war doch nicht wahr. Wäre er doch nur in Deutschland geblieben. Von verrückten Schweizern verfolgt zu werden schien ihm mit einem mal so viel verlockender, als dies hier. Schnell und kräftig zuckte er mit der Schulter, weckte so den Mann und dieser lehnte sich an das Fenster. Er sehnte sich nach seinem Versteck. Nach seinem Versteck und Ran. Müde schnaufte er. Er musste von diesen Bildern, diesen Erinnerungen von Rans warmen Körper an seinem wegkommen. Es nervte ihn, dass er jetzt hier allein war. Als der Speisewagen an ihm vorbeifuhr und ihn am Arm streifte nahm er sich vor Brad zu töten, wenn er zu Hause war. Das hier war Folter! Eindeutig. Der kleine Bildschirm ganz vorne im Flugzeug zeigte ihre momentane Flugposition, Höhe, Außentemperatur und Geschwindigkeit an. Unter dem kleinen Grafikflugzeug sah er nur grün. Er vermutete, dass sie nun über Russland waren. Nicht mehr lange. Dann hatte er wieder japanischen Boden unter den Füßen. Ein seltsames Gefühl legte sich in seinen Magen. Er hatte in Johns Kopf gelesen, dass Ran bei ihm gewesen war. Das gab Schuldig Hoffnung, ihn doch wieder sehen zu können. Nur kurz dachte er an Rans Bein. Dieses war in der letzten Woche doch recht stiefmütterlich behandelt wurden. Er selbst hatte nach ihrer ersten Nacht keinen Blick mehr an die Wunde verschwendet und nun hoffte er doch, dass wenigstens Ran sich darum gekümmert hatte. Obwohl. Wenn es Komplikationen gegeben hätte, hätte er das mit Sicherheit bemerkt. Dennoch dachte er gern an die schlanken Beine und grinste ein wenig dreckig, als er daran dachte, was diese schlanken Beine zu fordern vermochten. Ein Schauer lief durch seinen Körper. Er schüttelte den Kopf. Er musste sich konzentrieren. Und was gab es abturnenderes als Arbeit? Ein kleiner Teil in Schuldig fragte sich, wie es wohl sein würde, wenn ihr erstes Treffen ein gemeinsamer Auftrag wäre. Würde Ran nur einen Auftrag vor Augen haben und ihn wieder als den Feind sehen? Oder würden sie sich gemeinsam heimlich vom Acker machen? Schuldig schnaufte amüsiert. Diese Version ihres Wiedersehens gefiel ihm eindeutig besser. Er würde Ran in eine kleine Gasse ziehen und dann … Schuldig zog die Luft ein. Dies hier war sicher nicht der richtige Ort für noch mehr solcher Gedanken. Er setzte sich in seinem Sitz auf und konzentrierte sich auf den Spielfilm, der vorgeführt wurde, wollte er doch nicht noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angezeigt werden. Stunden später setzte er den Fuß in die Flughafenhalle und sah sich nach seinem Gepäck um. Am Gepäckband erwartete ihn bereits Brad Crawford. Er sah wütend aus und schob sich die Brille auf der Nase hoch. Noch einmal atmete Schuldig durch. Breit begann er zu grinsen und hob das Kinn. Er breitete seine Arme weit aus. „Da bin ich wieder, Darling! Hast du mich vermisst?“, höhnte er laut. Brad sah ihn nur kühl an und wandte sich zum Gehen. „Nimm dein Zeug und komm“, zischte er seine Anweisung und Schuldig grinste noch etwas breiter. Brad zu Ärgern war ein guter Anfang. Er nahm seine zwei Taschen und folgte betont langsam dem Amerikaner. Seine Fassade saß hervorragend. „Während du so dumm warst dich von den Schweizern aufspüren zu lassen und in Deutschland rumgehurt hast, hatten wir hier alle Hände voll zu tun um unsere Hintern zu retten“, erklärte Brad in ruhigem Ton, doch Schuldig kannte den Mann zu lange und zu gut. Dies hier war ein echter Gefühlsausbruch. Er schluckte trocken. Wenn Brad sich dazu hinreißen ließ, war er wirklich sauer. Er beschloss still zu bleiben und aus dem Fenster zu sehen. Die Gebäude zogen an ihm vorbei. Er schloss die Augen, breitete seinen Geist langsam aus. Ja, so fühlte er sich wohler. Die ganze Zeit hatte er seine Fähigkeit nicht benutzen können, war eingeschränkt gewesen. Nun wollte er von fremden Gedanken durchwaschen werden. Sie sollten ihn zu seiner alten Form zurückbringen. „Was genau ist passiert?“, wurde er nun doch ein wenig sanfter gefragt. Sah man ihm seine Erschöpfung etwa so deutlich an? Ein wenig öffnete er seine Augen, bewegte sich sonst nicht. Brad hatte also nichts gesehen. Weder ihr schmerzhaftes Intermezzo mit den Schweizern, noch die wenigen aber intensiven Tage mit Ran. Oder zumindest hatte er Ran nicht gesehen. „Was in Deutschland passiert, bleibt in Deutschland“, bemühte er einen alten Spruch für seine Zwecke. Er wollte nicht darüber reden. Wollte das alles wirklich in Deutschland lassen und hoffte, auch dieses Gefühlschaos in sich verstecken zu können. Noch einmal schloss er die Augen. Doch es half nichts. Zu Hause angekommen schulterte er seine beiden Taschen und trat in das Haus ein. Er würdigte Brad keiner Aufmerksamkeit mehr. Das hier war ihm jetzt wichtiger. In seinem Zimmer warf er die kleinere Tasche vor seinen Kleiderschrank. Die Andere legte er bedächtig auf sein Bett. Dieser Weg war nicht leicht gewesen. Er hatte ihn Kraft gekostet, doch er hatte das Gefühl, dass er ihn gehen musste. Langsam zog er den Reißverschluss auf und holte das Schwert hervor. Einige Zeit hielt er es in beiden Händen und besah sich die matt schwarze Scheide, den Griff, wog das Gewicht. Er hatte es einfach nicht zurück lassen können. Erneut mahlten seine Zähne aufeinander. Schon wieder war Ran in seinen Gedanken. Er legte es in die Tasche zurück und verstaute sie sicher unter seinem Bett. Schuldig spürte, wie dieses taube, kalte Gefühl sich über seinen Rücken in seinem Körper ausbreitete. Es machte ihn wütend. Was, wenn er zu viel investiert hatte? Er zog seine Jacke aus und griff in die Schublade seines Schreibtisches. Bedächtig wickelte er die Bandagen um seine Hände, ehe er unter dem Bett einen Sandsack hervorholte. Er hängte ihn an den Hacken in der Decke und begann hart und schnell auf ihn einzuschlagen. Er war kein guter Boxer. Aber er brauchte es um seinen Frust los zu werden. Den Frust über die Erkenntnis, dass er sich verloren hatte. Das Klopfen an der Tür, riss ihn aus seinen Gedanken und er fing den Sandsack ab, beendete sein Schwingen. Brad trat in das Zimmer und musterte Schuldig ausgiebig. „Wir haben einen Auftrag. Schaffst du das?“ Schuldig nickte sofort. Was gab es für eine bessere Ablenkung als Arbeit?. Was konnte ihm jetzt besser helfen, als in seine alte Rolle einzutauchen? „Weiß?“, fragte er fast uninteressiert. „Höchst wahrscheinlich“, war die Antwort, die er ersehnt hatte. Erneut nickte er. „Gib mir eine halbe Stunde“ Brad ging. Schuldig ließ den Sandsack los und befreite seine Hände von den Bandagen. Er ging duschen und zog sich um. Langsam schloss er seinen Mantel und sah auf sein Bett. Ohne groß zu überlegen griff er die Tasche und ging mit ihr zu dem Rest des Teams. Allein durch seine Ausstrahlung machte er klar, dass er nicht auf diese Tasche angesprochen werden wollte. Am Ziel angekommen ging er auf seine Position in einer kleinen Gasse. Er sollte aufpassen, dass sein Team nicht bei ihrer Arbeit gestört wurden. Leise schnaufte er, aber es sollte ihm recht sein. Schmiere stehen, konnte er gut. Ein wenig lächelte er und steckte seine Hände in die Taschen. „Hast du es also doch bin hier her zurück geschafft“ Er ruckte mit dem Kopf hoch. Da war er. Der Moment, den er erseht und auch ein wenig gefürchtet hatte. „So spät noch unterwegs, Kitty?“, lockte er, stellte sich aufrecht in und hob grinsend das Kinn. Er war in seinem Element. Rans dunkles Lächeln ließ sein Herz rasen. Schnell besann er sich und hob den Zeigefinger um Rans Aufmerksamkeit vollkommen auf sein nächstes Handeln zu lenken. „Ich habe dir ein Sovenier mit gebracht“, erklärte er und griff in die Tasche auf dem Boden. Er hörte, wie Ran sein Schwert zog und grinste breiter. Geschickt warf er ihm das Katana zu. Ran fing es und sah überrascht zwischen seinem alten Schwert und Schuldig hin und her. Dieser steckte beide Hände wieder in die Hosentaschen. „Ich konnte das gute Stück doch nicht zurücklassen“, gab er sich übertrieben hilfsbereit. Er sah, wie Rans Mundwinkel zuckte und war hoch erfreut über diese Reaktion. Hatte sich der Extraweg also gelohnt. „Das Bein?“, wollte er knapp wissen und bekam ein ebenso knappes „Wird“. Schuldig hörte Schritte hinter sich und sah kurz über seine Schulter. Siberian tauchte in seinem Blickwinkel auf, fuhr seine scharfen Krallen aus. Schuldig grinste dunkel, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch wieder auf Ran, der nun in jeder Hand eine blanke Klinge hielt. //Wenn unsere Gruppen tot sind … brennst du dann mit mir durch?//, wollte er mit einem lockenden Unterton wissen. Er sah, dass diese Art des Gespräches unangenehm für Ran war, doch er musste es jetzt wissen. Ein entschlossenes Nicken war ihm Antwort genug. Sein Lächeln wurde weicher. So lange konnte das ja nicht dauern. //Lern schon mal deutsch!//, kicherte er in Rans Kopf und lief los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)