Wolkenbruch von Lemuria (Shikamaru x Samui) ================================================================================ Kapitel 7: Tabak und Stein -------------------------- Durch geschlossene Augen sah sie noch immer die Abendröte. Durch die Stille hörte sie wieder seine melancholische Stimme. Durch die muffige Luft sehnte sie sich nach dem gestrigen Nachtwind. Warmes Gefühl, ein Hauch Nostalgie. Schwermut mit einer Nuance inneren Friedens. Der vorangegangene Abend ließ sie nicht los. Ihre Teamkollegen hatten vor gut einer Stunde das Zimmer verlassen und Samuis einzig verbliebener Begleiter war ihre Gefühlswelt. Gewissen gefunden, Berechnung verloren. Herz reanimiert, Operation fehlgeschlagen. Moral gewonnen, Mission gescheitert. Nur die Toten kennen das Ende des Krieges. Und Samui befand sich in ihrem ganz persönlichen. Als Heranwachsende innerlich gestorben, mit 29 noch immer nicht begraben. Erde. Grabmal. Ende. Schwarz. Vielleicht würde der Regen der Einzige sein, der an ihrem Grab weint. Wie wohl die Beerdigung dieses Asumas vonstatten gegangen war... Als was würde man sich an ihn erinnern..? Er hatte etwas hinterlassen... Wie hatte der Nara-Junge sein Vermächtnis noch gleich genannt? »......König.« Shikamaru hatte seine Augen halb geschlossen als er dieses Wort aussprach. Die Zigarette glühte auf dem Grab vor sich hin. Brennender Tabak auf Stein. Es war zu einem Ritual geworden. Während der Rauch vom Wind davongetragen wurde, stand er mit der Fremden vor Asumas letzter Ruhestätte. Die Sonne, welche seinen Körper noch vor ein paar Stunden gewärmt hatte, verschwand langsam am Firmament. Als Abschied tauchte sie das Himmelszelt in ein beruhigendes, sanftes Rot. Die Jonin aus Kumo hatte ihn begleitet. Nachdem sie Shikamaru mit der Makrelen-Wolke ein Lächeln abgerungen hatte, waren sie ins Gespräch gekommen. Dabei war der kurze Moment der Sorglosigkeit so schnell verschwunden wie er gekommen war. Was gab es in diesen Zeiten auch für Gründe um zu lächeln? Wieder hatte sich das schlechte Gewissen in Shikamaru aufgebäumt. Doch war er nicht allein. Die Wolkenfrau war bei ihm. Und obwohl sie ihn mit ihren Worten an Asuma erinnert hatte, verspürte er ihr gegenüber keine Ablehnung. Etwas an ihr kam ihm vertraut vor. Und dieses Etwas hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn. Möglicherweise war es ihm deshalb auch egal, dass sie ihn begleitete als er sich auf den Weg zum Friedhof machte. Zumindest war es im ersten Moment egal.. Der Weg wurde vom Schweigen begleitet. Die skeptischen Blicke von Konohas Einwohnern beeinträchtigten Shikamarus Stimmung nicht. Ohne klare Gedanken überquerte er Kreuzungen, Straßen und Pfade. Die Schritte hinter ihm waren kaum zu hören. Vielleicht nervte sie ihn deswegen nicht. Weil sie still war. Vielleicht nahm er ihre Anwesenheit deswegen hin. Weil sie ihm zugehört hatte. Vielleicht war es deswegen okay, dass sie von Asuma erfuhr. Weil sie ihn nicht belehren wollte. Vielleicht erzählte er ihr deswegen vom König. Weil sie ihn zum lächeln gebracht hatte. »......König.« Seine Begleiterin bewahrte Stille. Und doch nahm Shikamaru wahr, dass sie Interesse zeigte. Ohne den Blick von der Ruhestätte seines Mentors zu nehmen, führte er seine Gedanken weiter aus. »Er hat einen König hinterlassen...« Der Abendwind wehte über das Gras. Die nachdenklichen Worte des Jungen waren kein Monolog. Er schien mit dem Toten, dem Dorf und mit dem Leben selbst zu reden. Samui kommentierte nicht. Sie dachte nicht drüber nach, sie interpretierte nicht. Sie ließ es wirken. Beide sahen auf das Grab. Ihre Stimme war nur leise zu hören. ».........was ist passiert?« Er wollte seine Worte mit Bedacht wählen. Aber er tat es nicht. Ihre Frage war zu direkt. »Ich hab's versaut.« Durch seine eigenen Worte wachte Shikamaru auf. Weg war die Nachdenklichkeit. »Ich hab's versaut und er hat den Preis dafür gezahlt.« Seine Stimme wurde klarer. »Es ist meine Schuld. Und das war nicht das erste mal..« Die Augenbrauen des Schwarzhaarigen zogen sich zusammen. »Die Leute halten mich für ein Genie, einen Meisterstrategen.. Aber ein Genie würde nicht zulassen dass ein Kamerad zum Nuke-Nin wird. Ein Genie würde nicht zulassen dass sein bester Freund dem Tod so nahe kommt. Ein Genie würde nicht bei seiner Mission scheitern, seine Kameraden schwer verletzen lassen und dann auch noch von einem Mädchen gerettet werden...« Unterdrückte Wut war in seinen Worten zu hören. Ohne die Kumo-Nin anzusehen stellte er eine Frage. Eine Frage, eher an sich selbst gerichtet. »Aber weißt du was ein Genie als allerletztes tun würde?!« Auch die Antwort kannte er und gab sie sich selbst. »...ein Genie würde nicht unüberlegt handeln und seinen Meister sterben lassen..« Als der Satz ausklang, war seine Stimme wieder ruhig. Da war sie wieder. Die Nachdenklichkeit, die Resignation, die Trauer. Der Wind wehte durch seinen Zopf als er den Kopf senkte und die Augen schloss. »Asuma war mehr als mein Sensei«, begann er seine Gefühle in Worte zu kleiden. »Asuma war wie ein Vater, ..wie ein Freund und Beschützer...und ich habe es versaut.. Sein Kind wird nie einen Vater haben..« Tränen bahnten sich an. Doch Shikamaru ließ sie nicht zum Vorschein kommen. »Ich habe seinen Mörder in Stücke gesprengt....und doch macht es das nicht wieder gut. Es wird nie wieder etwas gut..« Sie lauschte der Rede des Jungen. Als er seiner Trauer Ausdruck verlieh und daraufhin schwieg. Während sie seine Worte verinnerlichte, schauten ihre Augen ins Leere. Nur eine Handlung ihrerseits unterstrich die Empathie zu ihm. Sie zündete sich ein Zigarette an. Shikamaru drehte ihr sein Gesicht zu. Die Augen glasig, die Körperhaltung angespannt. »Was tust du?« Ihre Antwort drückte sie nicht durch Worte aus. Es war eine Tat. Der Trauernde sah er wie sich die fremde Shinobi langsam hinhockte. Ihre Lider schwer, die Bewegungen elegant. Mit ihren schlanken Fingern legte sie die qualmende Zigarette neben die von Shikamaru. Sein Herz begann schnell zu schlagen. Sie stand auf. Er ließ die Schultern hängen. Sie wandte sich ab. Er neigte den Kopf. Sie entfernte sich. Er spürte wie sich seine Kehle verengte. Sie verließ den Friedhof. Er fiel auf die Knie. Dann ließ Shikamaru los. Die Tränen liefen ihm über die erröteten Wangen. Er schniefte, sein Hals brannte wie Feuer. Sein kraftloser Körper vor dem massiven Grabstein. »Scheiße...« Seine Stimme so zitternd wie sein Körper. »Scheiße, das nervt...«, wimmerte er. Als Samui die Unterkunft betrat, hatte sich schon die Nacht über Konoha gelegt. Omoi und Karui schliefen bereits. Leise schritt sie durch das Zimmer. Ihre sentimentalen Gedanken verschwanden für eine Sekunde als sie etwas auf dem Fensterbrett erblickte. Das Objekt nahm ihr die Intensität der Emotion nur um sie noch weiter zu steigern, als sie erkannte was es war. Mit der Hand umfasste Samui sanft eine Blüte der Lilien. Der Duft schwebte ihr entgegen. Samui fasste augenblicklich einen Entschluss. Mission abbrechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)