So far away von Pfeffersosse (Sommerwichteln 2014 - Ren_Koumei) ================================================================================ Kapitel 4: 4. Traum: Umschwung ------------------------------ Alibaba war schon wieder den ganzen Tag ziemlich trübsinnig. Er wollte nicht wirklich mit jemanden sprechen und auch sonst war es eher schwierig mit ihm zu kommunizieren. Er hätte zwar gerne mit Jemanden über seine Probleme gesprochen, doch er wusste nicht, ob er nicht vielleicht wirklich so langsam verrückt wurde. Denn gestern Abend war er sich sicher, dass er Kassims Stimme gehört hatte. Es war in seinen Augen ziemlich unmöglich, dass dies passieren konnte, denn Kassim war nicht mehr auf Erden. Und auch die Träume, die er hatte, waren ein wenig abwegig. Immerhin hatte er - so viel war sicher - Momente erlebt, die er nicht hätte wissen können. Er hatte zwar geahnt, dass irgendetwas mit Kassim passiert war, als er nach dem Brand ihres Hauses wieder zurückkam, doch dass er seinen eigenen Vater umgebracht hätte, war ihm nie wirklich in den Sinn gekommen. Er hatte immer nur das Gute in Kassim gesehen und gehofft, dass er sich nicht gegen ihn, sondern mit ihm arbeiten würde. Auch wenn es in gewissem Masse geklappt hatte, so hatte er ihn dennoch an seinen Starrsinn verloren. Hätte er doch besser seine Vergangenheit kontrollieren können. Wäre er nicht mit Rashid, seinem Vater, mitgegangen, was wäre dann wohl passiert? Wäre Kassim dann noch immer an seiner Seite? Sein wichtigster Mensch, neben seiner Mutter, war nicht mehr bei ihm. Und er fühlte sich das erste Mal wie ein Abtrünniger, der von anderen gemieden wurde, auch wenn er die Blicke auf sich spüren konnte. Selber blickte er auf sein Essen und stopfte sich lustlos die Köstlichkeiten in den Magen. Er hatte, neben dem Essen, angefangen zu rauchen, auch wenn er den Gestank und Geschmack nicht ausstehen konnte. Aber etwas in ihm hatte das große Bedürfnis danach, und das galt es zu stillen. Auch wenn er es nicht wirklich verstehen konnte. Er paffte eine Zigarre und saß auf dem Fenstersims. Die aufgeregt umherlaufenden Leute interessierten ihn nicht wirklich, doch er konnte auch nicht nur dauernd essen und schlafen. Auch wenn sein Körper manchmal sehr eigenartige Bedürfnisse hatte, so versuchte er dennoch nach außen so normal wie möglich zu wirken. Obwohl in seinem Innern das größte Chaos herrschte. Er hustete und seufzte dann auf. Er drückte die Zigarre aus und rieb sich über seine schmerzenden Augen. Wieder hatte er geraucht, obwohl er es nicht wirklich wollte. Wieder einmal hatte er etwas getan, das nur er tat. Aber, wieso machte er sich überhaupt noch Gedanken über solch triviale Sachen. Alles war doch gerade überflüssig. Genauso wie die Gedanken, die er gerade hatte. Nichts würde ihn zurückbringen, auch wenn es sein Wunsch war, so würde er ihn erst wieder sehen, wenn er auch gestorben war. Doch für den Moment versuchte er für sie beide zu leben und den Traum zu erfüllen, den beide hatten. Der Traum nach Freiheit und Einheit. Aber ohne ihn war es so schwer in die Tat umzusetzen, dass Alibaba immer unsicherer wurde. Dennoch würde er nicht aufgeben. Niemals! Ein leichtes Zwicken an seinem Ohr lenkte ihn von seinen negativen Gedanken ab und zog ihn wieder in die Gegenwart. Es war momentan eh schon ziemlich schwierig für Alibaba den Überblick zu behalten, denn er befand sich in einem Dauerzustand zwischen Traum und Gedanken. Irgendwann würde es sicherlich zu viel werden und er würde einfach zu Staub zerfallen. Er strich behutsam über seinen Ohrring und musste leicht lächeln. Auch wenn es ihn schmerzte daran zu denken, so wusste er mit Sicherheit, dass es Kassim sicherlich nichts ausgemacht hat, dass er sich ihrer annahm. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit war, so fühlte sich Alibaba so näher an seinem toten Freund. Und das benötigte er für den Moment auch. In Gedanken versunken verschloss er seine Augen wieder und lehnte sich leicht gegen die Mauer. Ein sanftes Lächeln hatte sich auf seine Züge gelegt und er fühlte sich seit längerem, als würde er einen erholsamen Schlaf bekommen. Doch dem war nicht so … Kassim hatte nun auch noch seine lebenswichtige Stütze verloren. Er hatte sich die letzte Zeit noch verzweifelter an Mariam geklammert, denn seine Gedanken kreisten immer nur um ihn. Ihn, den er nun wohl nie wiedersehen würde. Doch das Klammern war dieses Mal anderer Natur und die Umstände dafür so grausam, dass er am liebsten die ganze Zeit geschrien hätte. Er erinnerte sich wieder an die Zeit zurück, als plötzlich alles anders wurde. Es waren nur gefühlte Stunden seit Anise, seine Mutter, verstorben war, als plötzlich ein Mann mit Gefolge zu ihrem Haus kam und Alibaba mit sich zerren wollte. Schlussendlich war Kassim es, der Alibaba dazu gedrängt hatte mit dem Mann mitzugehen, weil er tief in sich schon immer gewusst hatte, dass sein Engel kein Kind der Slums war. Aber dass sein Vater König Rashid war, überraschte dann doch alle. Wenigstens einer von der Familie sollte größeres Glück erfahren, auch wenn er sich immer gewünscht hätte, dass es sich um Mariam handeln würde. Aber Alibaba war ihm so ans Herz gewachsen, dass er sich dennoch für ihn freuen konnte, auch wenn die Wahrheit wie ein Schlag ins Gesicht für ihn war. Doch nun war Alibaba von ihm genommen und zum Palast gebracht worden. Es war eine ziemlich schwierige Entscheidung gewesen, doch nachdem er außer Sichtweite war, fühlte sich Kassim wie schon lange nicht mehr. Hass und Wut hatten sich zu einem gefährlichen Gemisch zusammengefasst und wüteten unaufhörlich in seiner Brust. Mariam hatte lange geweint, weil sie das Ganze nicht wirklich verstehen konnte und Kassim hatte versucht sie so gut es ging zu beruhigen, doch auch in ihm war etwas verschwunden. Obwohl er wusste, dass sich dort etwas Neues eingenistet hatte, auch wenn er es nicht richtig benennen konnte, so wusste er, dass er dieses Gefühl noch nie für Jemanden außer Anise empfunden hatte. Er blickte auf Mariam herunter und ignorierte seine unaufhörlich laufenden Tränen. Die letzten Wochen waren der Horror gewesen und Kassim konnte nicht genau sagen, ob es nur wegen Alibabas Abschied war, aber das Leben in den Slums wurde anders. Es schien alles noch unbarmherziger abzulaufen und jedes Stück Essen wurde mit solcher Sorgfalt behandelt, als sei es der größte Schatz. Das Wasser wurde nach einiger Zeit auch knapp und das war es auch, was die meisten seiner Freunde hingerafft hatte. Nicht mehr viele lebten und aus dem einstigen fröhlichen Haufen wurde ein verzweifelter. Einige bettelten regelrecht jegliche Götter an, um endlich von ihrem Leid erlöst zu werden, doch so tief war Kassim noch nicht gefallen, als dass er sich dem beugen würde. Sein Magen schmerzte ihn zwar und sein Mund fühlte sich so unsagbar trocken an. Er konnte sich noch nicht einmal mehr an seinen letzten Tropfen Wasser erinnern, so lange schien er hier zu hocken. Er hatte nämlich das Gefühl, als würde seine Zunge unbarmherzig über seinem Gaumen reiben, um den letzten Tropfen Speichel zu finden. Doch sie fand keinen mehr. Auch wenn er gerade körperliche Qualen litt, so war es wichtiger, dass es Mariam besser ging. Doch sie hatte sich nun schon einige Stunden nicht mehr bewegt und ihr Körper wurde langsam steif in seiner Umklammerung. Schluchzend wehrte er sich nicht mehr gegen die schreckliche Realität und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Mit letzter Kraft rief er: "MARIAM!" Und die Welt um ihn wurde schwarz. Alibaba wusste nicht, wie lange er nun hier in diesem goldenen Käfig gefangen wurde, doch er konnte nicht anders als an seine Familie zu denken. Er hatte schon öfters versucht auszubrechen, doch es wurde alles so gut geschützt, dass es für ihn unmöglich war nach draußen zu gelangen Die Blicke und das Getuschel waren heute genauso schlimm wie die letzten Tage und er hätte am liebsten irgendetwas dagegen getan, aber er fühlte sich unfähig etwas Gescheites zu tun oder zu sagen. Deshalb ließ er es dann doch lieber sein und konzentrierte sich wieder mehr an die Erinnerungen, die ihn mit Mariam und Kassim verbanden. Doch unwillkürlich hatte sich das Gesicht seiner Mutter mit den Beiden verbunden, deshalb war es schwerer für ihn daran zu denken ohne auch an sie zu denken. Es wurde gesagt, dass Zeit Wunden heilte, aber es schien so la wäre es noch zu früh dafür. Auch wenn er von seinem Vater mit in den Palast genommen und als dritter Prinz von Balbadd angesehen wurde, so fühlte er sich dennoch ziemlich unnütz und gar nicht königlich. Er sehnte sich die Zeit zurück, als er noch mir Kassim und Mariam spielen konnte. Alles war jetzt so steif geworden. "Kassim ...", flüsterte er und strich über seine neue Kleidung. Er konnte sich vorstellen, dass sich seine Geschwister sicherlich auch ohne ihn durchschlagen konnten, aber es wäre ihm lieber gewesen bei ihnen zu sein, als jetzt so weit von ihnen entfernt zu sein. Er würde es auf jeden Fall noch einmal versuchen aus dem Käfig auszubrechen. Denn dieses ganze Gefasel machte ihn noch verrückt. Er konnte nicht genau sagen, wie viel Zeit nun wirklich vergangen war - Wochen, Monate oder sogar Jahre? -, aber er wusste, dass es schon eine halbe Ewigkeit her war seit er sie gesehen hatte. Seine Gedanken an Kassim und Mariam wurden von Tag zu Tag stärker und er konnte den Drang, beide zu besuchen, einfach nicht mehr unterdrücken. Doch jedes Betteln und Flehen bei seinem Vater oder einem der Angestellten half nichts, denn er wurde weiterhin wie ein Vogel im Käfig festgehalten. Mit dieser Aussicht würde er es nie heraus schaffen, doch er hatte sich geschworen seine Geschwister nicht zu lange alleine zu lassen. Sein Körper war mit der Zeit auch reifer geworden und er hatte etwas an Höhe gewonnen, doch er war noch immer der Kleinste. Das Verhältnis zu den Leuten im Palast war auch stetig besser geworden und nun akzeptierte sogar die letzte Magd, dass er ein Sohn Rashids war. Mit seinen Halbbrüdern, Ahbmad und Sahbmad, kam er einigermaßen gut zurecht, obwohl er doch mit Ahbmad so seine Probleme hatte. Er machte ihm immer wieder klar, dass er eigentlich ein Kind aus der Gosse war und deshalb war sein Umgang mit ihm auch nicht gerade freundlich. Sahbmad dagegen war der Freundlichste, neben seinem Vater, der Alibaba so akzeptierte, wie er war. Er konnte nicht sagen, ob sie nun Freunde waren oder sich einfach nur gut verstanden, aber es verband sie dennoch etwas. Und das lag nicht nur an der Blutsverwandtschaft. Dennoch fehlte etwas, um das Verhältnis zwischen den Halbbrüdern zu festigen. Ob es daran lag, dass sich der Lebensstandard von Alibaba von einem Tag auf den anderen geändert und die beiden anderen schon mit dem goldenen Löffeln im Mund geboren wurden, war wohl nicht der einzige Grund. Denn Alibaba fehlte der freundliche, wenn auch ein wenig neckische Umgang zwischen den Geschwistern. Er hatte zwar versucht mit Sahbmad so umzugehen, wie er es mit Kassim tat, doch er hatte sich damit keine wirklichen Freunde gemacht. Denn er musste jedes Mal an Kassim denken und nach einiger Zeit rief er nicht mehr nach seinem Halbbruder, sondern nach seinem Bruder im Herzen. Betrübt saß er deshalb heute in seinem Zimmer und hatte Lust auf nichts. Die Bücher, die er lesen und studieren sollte, lagen geöffnet vor ihm, doch er hatte kein wirkliches Interesse daran sie zu verstehen. Seine Gedanken kreisten nämlich wieder einmal um ihn. Seufzend legte er seinen Kopf auf seine Arme und blickte auf keinen bestimmten Punkt. Er vermisste Kassim, auch wenn er bei Gesellschaft so tat, als hätte er schon alles, was vor seinem Einzug in den Palast war, vergessen. Doch dem war mitnichten so. Er konnte sich eher an zu viele schöne Dinge außerhalb erinnern, als im Palast. Das machte das Ganze noch unerträglicher. Tränen sickerten aus seinen Augenwinkeln und mit einem Ruck hatte er die Bücher zu Boden geworfen, die er eigentlich hätte lesen sollen. Schluchzend schmiss er sich in sein Bett und kam sich wie ein großes Kind vor. Doch ein Kind war er nicht mehr, das hatte ihm sein Körper schon öfters gezeigt. Es hatten sich frühzeitig Regionen an seinem Körper geregt, von denen er nichts wusste. Aber er fand es zu peinlich, um mit jemanden darüber zu reden, denn er wollte dieses kleine bisschen Privatsphäre für sich behalten. Auch wenn er wegen der Scham fast im Erdboden hätte versinken können. Er legte sich auf den Bauch und versuchte seine erregte Region so gut es ging zu ignorieren, doch stöhnend blickte er auf seine Hand. Kassim wusste nicht, wie oft er das nun schon gemacht und dabei an ihn gedacht hatte, aber sein Körper schien es zusehends mehr zu genießen. Es war ihm ziemlich peinlich gewesen, als sich bei ihm untenrum plötzlich einmal etwas geregt hatte und hatte versucht herauszufinden, um was es sich da gehandelt hatte. Als er merkte, dass es ihm gute Gefühle bescherte, wenn er es berührte, hatte er unwillkürlich an Alibaba denken müssen und dabei seinen Namen gestöhnt. Er hoffte nur, dass keiner seiner neuen ‚Freunde‘ von seinen kleinen Aktionen Wind bekam. Er blickte auf das, was sich in seiner Handfläche befand und verzog leicht angewidert das Gesicht. Auch wenn es sich gut anfühlte, so war dennoch dieses andere Gefühl in ihm, das ihn davon abhielt vollends glücklich zu sein. Denn er wusste, dass das, was er für Alibaba fühlte, nicht sein durfte. Auf der einen Seite war da der Fakt, dass beide Männer waren. Und auf der anderen Seite war ihr Lebensstandard nun so unterschiedlich, dass es für beide sehr schwer werden würde, wenn sich etwas zwischen ihnen hätte entwickeln können. Zudem war da noch das Problem, dass Kassim ja noch nicht einmal wusste, ob Alibaba auch Gefühle für ihn hegte. Er hatte Alibaba nun schon so lange nicht mehr gesehen, dass er so langsam glaubte, dass das Ganze mit Mariam, Anise und Alibaba nur ein Traum war. Doch er wusste mit Sicherheit, dass das alles Realität war, auch wenn diese schon so oft grausam zu ihm war. Als er Mariam verloren hatte, dachte er, er würde neben ihr friedlich einschlafen können. Denn jede Last war plötzlich von ihm genommen und er fühlte sich leicht und befreit. Doch etwas schien ihn aufhalten zu wollen, denn eine sanfte Stimme sagte die Worte ‚nicht einschlafen, Kassim‘ und er kannte sie nur zu gut. Sie hatte ihn schon so oft geholfen, deshalb öffnete er wieder schwermütig die Augen, blinzelte gegen das helle Sonnenlicht und krächzte ein sehr brüchiges ‚Mama‘. Er wusste, dass es nicht sein konnte, denn sie war schon lange tot, doch sie stand über ihm und hielt ihm die Hand hin. Doch die Gestalt antwortete weniger lieb auf diese Vermutung und schnaubte leicht verächtlich: „So alt bin ich nun auch wieder nicht, Idiot! Steh auf, oder willst du hier sterben?“ Das ältere Mädchen beugte sich tiefer über ihn und er erkannte sie nun etwas besser. Sein Blick war verschwommen, deshalb konnte er sich nicht mehr wirklich an das Gesicht erinnern, aber er wusste, dass sie zu seiner frisch gegründeten Truppe gehörte. Sie hatte ihn schlussendlich einfach mitgenommen und ihn ein wenig aufgepäppelt. Sie hieß Zaynab und wohnte auch in den Slums, doch sie hatte sich mit anderen verbündet und so war es in verschiedenen Teilen sicherer als in anderen. Er verdankte ihr so viel, deshalb sah er sie als größere Schwester an, als neue Stütze, die ihn und sein Vorhaben voranbringen würde. Sie hatte ihm immer zugehört und nach einiger Zeit den Älteren vorgestellt. Jedem hatten seine Ideen zugesagt und schnell wurde er zu ihrem Anführer genannt. Auch wenn er nicht genau wusste, was er tun musste, so war er sich sicher das Richtige zu tun. Denn solange diese Männer mit ihren teuren Roben, Essen bis zum Umfallen und ihrem Hass den Volk gegenüber, lebten, könnten die Leute in den Slums nicht länger weiterleben. Es hatte sich so viel verändert. Die ganze Infrastruktur war über den Kopf geworfen worden und Baracke um Baracke wurde dem Erdboden gleichgemacht. Oft stand er an der Stelle, an der er mit Mariam, Alibaba und Anise gelebt hatte, doch es war nichts mehr davon übrig, was an ihr Zuhause erinnern würde. Nur Schutt und gelegentlich auch Asche war noch zu sehen vom einst größten Slum der Stadt Balbadd. In seinem Innern sah es nicht besser aus, denn niedergetrampelte Gefühle konnten schlecht wieder aufgebaut werden. Und so hatte sich, über die Zeit hinweg, der Hass und die Wut in ihn hineingefressen wie eine ätzende Säure. Er konnte dem Allen hier nicht entrinnen, denn das verdammte Blut seines Vaters rann in ihm und hatte ihn verdorben. Auch wenn er den Worten von Anise Glauben schenken wollte und noch Gutes in ihm war, so war das letzte Bisschen davon mit Alibaba verschwunden. Er wollte ihn keinen Verräter nennen, doch manchmal wusste er, dass die letzten Worte, die Alibaba ihm zugerufen hatte, nie in Erfüllung gehen würden. Er schüttelte den Kopf und wischte seine Hand an einem Stück Stoff ab. Dann hob er den Blick und starrte verächtlich in den Spiegel, der auf der anderen Seite hing. „Ich werde bald wiederkommen, hast du gesagt. Sag Alibaba, hast du mich etwa schon vergessen?“, flüsterte Kassim und spuckte auf den Boden. Schlagartig öffnete er seine Augen und stand plötzlich kerzengerade im Zimmer. Er hatte so viel an Kassim und Mariam gedacht, dass er etwas total vergessen hatte. Denn, auch wenn die Zeit, als er mit den anderen Kindern gespielt hatte, wie eine Ewigkeit entfernt schien, so konnte er sich an etwas sehr Wichtiges wieder erinnern. „Tunnel ...“, flüsterte er und Hoffnung keimte in ihm auf. Er würde einen Weg hinausfinden und wenn es auch nur für kurze Zeit sein würde. Solange er seine Geschwister wiedersehen könnte, wäre alles wieder gut und der Weg zurück wäre kein schwerer. Er wollte einen Moment zuhause sagen, doch das existierte schon so lange Zeit nicht mehr. Geschmeidig wie eine Wildkatze drängte er sich in den Schatten an die Wand und suchte nach dem, was er so lange vermisst hatte: der Freiheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)