Zwischen zwei Welten von Soraya83 ================================================================================ Kapitel 16: Freund oder Feind? ------------------------------ Kapitel 16 (Freund oder Feind) 'Mama warum darf Jim zu Schule gehen und ich nicht??' beschwerte sich Anna bei ihrer Mutter, als Jim am Morgen das Haus verließ um zur Schule zu gehen. 'Du kriegst demnächst Privatunterricht. Hier sind alle zu Konservativ... ' runzelte Jamila die Stirn, hatte sie das Glück gehabt auf eine Private Schule gehen zu können, wo keiner drauf geguckt hat ob sie ein Mädchen oder ein Junge ist, solange das Geld bezahlt wurde. Jim ging in eine öffentliche Schule, hatte sich doch was getan in der Entwicklung des Schulsystems und der Bildung für Kinder, nur für Mädchen, da gab es immer noch Probleme. Hatten nur Adelige Mädchen das Privileg Schulunterricht zu erhalten, auf dem Land, bei den Bauern blieb es den Kindern immer noch verwehrt. Aber die de Burgh's waren ja keine Bauern, sie waren Wohlhabend, aber auch nicht Adelig. Charles hatte schon früh angefangen seinen Kindern das Schreiben bei zu bringen, lesen ging noch nicht richtig und Mathe erst recht nicht, das würde Jim jetzt lernen und sein Vater würde mit ihm zuhause noch weiter lernen. 'Was ist denn Kon.. kon.. das was du gesagt hast, Mama?' Konnte Anna das für sie schwierige Wort nicht aussprechen. 'Konservativ, mein Schatz. Das heißt, das man zur sehr an alten Sachen festhält, wie hier mit der Schule. Denken die Christlichen immer noch, das es nur Jungen oder eben Männern gestattet ist Bildung zu erhalten und Mädchen und Frauen nicht.' erklärte Jamila ihrer Tochter, die aufmerksam zuhörte. 'Aber ich kann doch schon etwas schreiben und Papa wollte mir auch das Lesen beibringen. Also kann ich doch auch zur Schule, wie Jim.' drängte Anna weiter doch auch zur Schule gehen zu dürfen, sah ihre Mutter mit ernsten Blick an, denn sie meinte es auch so. 'Du bist auch zur Schule gegangen als du so alt warst wie ich, oder nicht?' fuhr Jamilas Tochter weiter, sie wollte auch so gebildet sein wie ihre Mutter. Jamila stockte kurz, dachte nach. Mit sieben Jahren war sie noch in Afrika, spielte mit den Kindern der Massai, lernte von ihrem Vater Lesen und Schreiben. Wussten Jim und Anna nichts über die Kindheit ihrer Mutter, hatte sie es ihnen noch nicht erzählen können. Vielleicht wäre es an der Zeit ihnen einfach mal was zu erzählen, war ihre Kindheit doch sehr spannend und aufregend gewesen. 'Als ich so alt war wie du, habe ich noch ganz woanders gelebt. Weit weg von hier.' fing Jamila an, nahm ihre Tochter an der Hand und ging mit ihr wieder ins Haus. Hatten sie auf dem Hof Jim zur Schule verabschiedet. 'Wie woanders? Wo denn??' fragte Anna neugierig, hatte ihre Mutter sie von den Gedanken unbedingt zur Schule gehen zu wollen abgebracht. Anna würde schon noch ihren Unterricht kriegen, richtigen Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Jamila ging mit Anna hoch in das Büro ihres Schwiegervaters, denn dort stand ein Globus. Sie stellte den Stuhl am Bürotisch an den kleinen Tisch auf dem der Globus stand. 'Hast du dir den schon mal genauer angesehen?' wollte Jamila ihrer Tochter etwas Erdkunde bei bringen, wenn sie schon aus ihrer Kindheit erzählt, sollte Anna auch wissen wo ihre Mutter ihre Kindheit verbracht hatte. Jamila drehte den Globus, hielt ihn fest und zeigte Europa. Anna sah und hörte genau hin, war sie doch sehr Wissbegierig. 'Sieht du hier ist Deutschland, da Belgien, die Niederlande und das kleine Luxemburg.' zeigte Jamila Anna die ersten Nachbarländer ihres Heimatlandes. 'Die sind ja gleich neben an.' stellte Anna fest. 'Und da ist das doofe Frankreich!' zeigte sie mit dem Finger auf den Landteil wo Frankreich drin geschrieben war, hatte sie sich doch schon mal den Globus angesehen und ihr Opa hatte ihr einige Länder gezeigt, hatte sie ihn auch gefragt wo Frankreich ist, daher wusste sie wo es auf der Karte zu finden ist. 'Wieso ist Frankreich denn doof?' fand Jamila die Äußerung ihrer Tochter verwirrend. 'Jim hat das gesagt, das du das gesagt hast. Frankreich ist doof und die Königin auch.' erklärte Anna warum sie Frankreich doof findet. Sie kniete auf dem Stuhl, sah den Globus genau an, versuchte die Schriften darauf zu lesen. 'Du warst doch noch gar nicht in Frankreich, warum solltest du es dann doof finden, nur weil dein Bruder das sagt? Aber es ist auch egal. Frankreich spielt in meiner Kindheit noch keine Rolle.' versuchte Jamila das Thema Frankreich auszublenden, es gehörte jetzt nicht hier her. 'Ja und wo warst du dann, als du so alt warst wie ich?' sah Anna ihre Mutter an, wartete nur darauf zu wissen wo ihre Mutter ihre Kindheit verbracht hatte. Jamila dreht den Globus ein bisschen weiter, das Spanien im Blickfeld lag. 'Sieh her. Das ist Spanien, da war ich auch, bin aber nur durchgereist auf den Weg nach Deutschland. Und hier unten.' sie zeigte mit den Finger auf Tansania. 'Da habe ich mit meinem Vater gelebt und da bin ich auch geboren.' zeigte Jamila ihrer Tochter ihre Geburtsland Tansania auf dem Globus. Anna weitet ihre Augen. 'So weit weg??? Wie kommt man denn dahin?' war Anna ganz fasziniert, das ihre Mutter mal so weit weg gelebt hat. 'Na ja, damals im Bauch meiner Mutter. Sie war schon schwanger mit mir, als sie mit meinem Vater nach Afrika reisten. So bin ich dann auch da geboren.' lächelte Jamila, dachte sie an ihre unbeschwerte Kindheit zurück. 'Aber erst reist man ganz normal mit einer Kutsche bis Spanien, oder genauer nach Andalusien an die Costa de Sol, von da kommt man mit einem Schiff nach Afrika und dann geht es weiter mit Kutsche oder auf wackligen Kamelen, die schaukeln ganz doll wenn die gehen.' grinste Jamila und zeigte Anna den ungefähren Weg nach Tansania. 'Wie lange ist man da denn Unterwegs? 2 Monate oder so? Und was spricht man da für eine Sprache?' fragte Anna wieder so neugierig, fand sie die Kindheitsgeschichte ihrer Mutter aber auch zu Interessant, das sie genauer Fragen musste. 'Wir sind aber gar nicht neugierig, oder??' grinste Jamila weiterhin, sie erzählte ihrer Tochter gerne was über Tansania, die Massai und wie sie dort gelebt hat. 'Man spricht dort Swahili. Und das Volk bei dem ich die meiste Zeit verbracht habe nennt sich Massai. Die haben mir auch meinen Namen gegeben.' erzählte sie Anna und rechnete schon mit weiteren Fragen, doch bevor Anna was fragen konnte fuhr Jamila mit ihrer Erzählung weiter. 'Du musst wissen, das meine Mutter bei meiner Geburt gestorben ist. Die Massai hatten meiner Mutter so gut es ging geholfen, aber nichts half und so brachten sie mich zu meinem Vater und er zog mich alleine groß, bis ich elf war.' stimmte diese Erinnerung Jamila nachdenklich. Sie hätte gerne ihre Mutter kennengelernt, aber ihr Vater sprach nie viel über sie, auch als Jamila gefragt hatte, bekam sie nur kurze Antworten. 'Kannst du die Sprache noch sprechen??' fand Anna das am spannendsten, zu wissen ob ihre Mutter sie Sprache noch konnte, nach so langer Zeit. 'Bila shaka mimi bado anaweza lugha' antwortete Jamila auf Swahili ihrer Tochter und zwinkerte ihr zu. Anna schreckte auf. 'WAAAHH!! MAMA!!' war sie ganz erstaunt, was ihre Mutter alles konnte, sie wollte auch so werden, so viel Wissen, so viel können. 'Was denn mein Kind?' lächelte sie Anna an. 'Es gibt auch ganz schöne Lieder. Ich könnte sie grob übersetzen. Dann könntest du sie auch singen.' schlug sie ihrer Tochter vor. 'Boah, das wäre toll. Kannst du das wirklich machen, Mama?!' platze es aus Anna raus, sie sang sehr gerne, hatte sie auch eine schöne Stimme. 'Natürlich. Das wäre auch mal was anderes als die üblichen Lieder die ja schon jeder kennt. Dann singen wir zusammen.' toppte sie noch ihren ersten Vorschlag, denn Jamila hatte früher auch gerne gesungen in Afrika, mit allen zusammen, fand sie daran aber keine Freude mehr als sie in Deutschland war, wollte keiner diese fremde Sprache und Gesang hören. Jamila erzählte ihrer Tochter noch mehr über ihre Kindheit, das sie bei den Massai auch Bogen schießen gelernt hat, auch das sie die Kleidung der Massai trug, zeigte sie Anna ungefähr wie diese aussah. Das Bogen schießen hatte Jamila in Deutschland ja weiter praktiziert und sich einen besseren Bogen und Pfeile gekauft. Wollte Jamila ihrer Tochter das auch noch bei bringen, aber erst mal sollte sie richtig fechten lernen bevor sie was neues lernen sollte, reiten konnte sie schon, war sie mit Anna schon einen Tag nach der Geburt im Stall gewesen und wenn Anna schlief machte sie ihre Arbeit. Jim konnte zum Zeitpunkt Annas Geburt schon gehen und war auch immer mit dabei im Stall. Am Nachmittag kam Jim aus der Schule nachhause. Er schien schlecht gelaunt zu sein, kickte er den Rest des Weges bis auf den Hof einen kleinen Stein vor sich her. Sein Vater sah seinen Sohn vom Stall aus ins Haus gehen. 'War das Jim?' fragte Jamila, die nur die Haustür zufielen hörte und dann neben Charles stand und zu ihm hoch sah. 'Ja, er schien verärgert. Es ist bestimmt was in der Schule passiert.' schloss Charles aus dem Verhalten seines Sohnes. Jamila setzte sich in Bewegung, ihrem Sohn hinterher. Als sie durch die Haustür trat sah sie Jim gerade noch die letzten Stufen die Treppe hoch gehen und wie er im Flur verschwand, er würde sich in sein Zimmer zurück ziehen. Jamila ging in die Küche, Jim würde hungrig sein, hatte er nichts zu essen mitgenommen zur Schule. Normalerweise hatte er immer was dabei und wenn nicht, fand man ihn am Nachmittag nach der Schule in der Küche, es war immer eine Kleinigkeit zu essen da, würde es ja zum Abendessen dann nicht mehr lange dauern. Aus dem Schrank nahm sie einen flachen Teller, schnitt zwei Scheiben Brot und und strich dünn Marmelade drauf, die gab es eigentlich nicht zum Abendessen, dazu stellte sie noch eine große Tasse Kakao. Mit dem Teller in der Hand ging sie hoch zu Jims Zimmer, klopfte kurz an, öffnete die Tür und trat ein, schloss die Tür hinter sich und blieb erst mal an der Tür stehen. Sah ihren Sohn an seinem Tisch sitzen und ging zu ihm, stellte den Teller vor ihm auf den Tisch ab. 'War es heute nicht gut in der Schule?' fragte sie ihren Sohn direkt, brachte es ja nichts um den heißen Brei zu reden. Jim sah auf den Teller und nahm eine der Brotscheiben, biss hungrig davon ab und trank gierig den Kakao. Seine Mutter setze sich zu ihm an den Tisch. 'Jetzt erzähl mal, was heute nicht so gut war in der Schule.' wollte Jamila jetzt von ihrem Sohn wissen was seine schlechte Laune verursachte. 'Wir haben zwei neue in der Klasse. Der eine...' Jim sprach mit vollen Mund, leerte die Tasse Kakao und spülte den letzten Bissen Brot runter. '… der eine ist nicht nett... der hat mich blöd angemacht... und der andere... das ist der Sohn von der Blonden Frau... mit dem ich duelliert hatte... ich mag ihn nicht... er hat Anna weh getan...' erzählte Jim weiter. Jamila sah verwundert auf. ~Der Sohn von Oscar in einer normalen öffentlichen Schule??? Sie könnte ihn doch auf eine Private schicken.~ Ihr Blick wurde nachdenklich. 'Wie heißen denn die beiden neuen? Sie müssen sich doch vor der Klasse vorgestellt haben.' musste sie Gewissheit haben, das es wirklich Oscars Sohn war, der jetzt in der Schule von Jim war. 'Der so gemein zu mir war heißt Rüdiger, das ist so ein Vollpfosten.... und der blonde heißt Etienne Francois, ein Franzm.. Franzose... die sind aus Frankreich geflüchtet wegen der Revolution, hat er zumindest erzählt.' beendete Jim seine Erzählung über das Geschehene vom Schultag und nahm die zweite Scheibe Brot. ~Etienne Francois... ja, das passt... Etienne.. gekrönt... Francois.. aus Frankreich...ein guter Name...er kann nur Oscars Sohn sein.~ sah Jamila nachdenklich zum Fenster raus. Beendete ihren Gedankengang aber schnell und sah ihren Sohn wieder an. 'Freunde dich doch mit Etienne an. Er hat sich doch bei Anna entschuldigt, er wollte ihr nicht weh tun und es tut ihm sicher immer noch leid, das so was passiert ist.' würde Jim und Etienne gute Spielkameraden sein, hatten sie sich ja schon duelliert, vielleicht würde es eine Freundschaft fürs Leben werden. Jim schluckte das letzte Stück Brot runter, war es trotz Marmelade recht trocken. 'Ich möchte noch was trinken, Mama.' mit dem Satz stand Jim vom Tisch auf und wollte in die Küche. Jamila nahm den Teller, stand ohne Hilfe ihres Gehstockes auf, war ihr Bein in letzter Zeit schmerzfrei und sie konnte ohne Gehstock fast normal gehen, würde sich das im Winter wieder ändern, bei der Kälte. Sie ging ihrem Sohn hinter her in die Küche, er wartete auf seine Mutter, denn an die oberen Schränke kam er nicht dran, wo die Gläser standen. Jamila stellte den Teller mit der Tasse ab und holte ein Glas aus dem oberen Schrank. 'Was möchtest du denn trinken, Wasser oder Saft? Fragte sie ihren Sohn, der sich an den Tisch setzte. Beide Getränke standen in der Küche. Der Saft wie immer frisch vom Morgen, hatte schon wer von getrunken. 'Wasser.' antwortete er seiner Mutter kurz und knapp und seine Mutter füllte das Glas fast voll, stellte es Jim auf den Tisch, die Karaffe ebenfalls, konnte er sich nach schenken, wenn er noch mehr Durst hat. 'Und meinst du nicht, das Etienne ein guter Freund wäre? Wie alt ist er denn?' schnitt sie wieder das Thema an und sah ihren Sohn an. 'Ich weiß nicht... aber er ist so alt wie Anna. Anna hat früher Geburtstag als er, also ist Anna älter als er.' nahm es Jim mit dem Alter wohl ganz genau. 'Ah ja.. also ist er ein Jahr jünger wie du, das ist doch gut.' ermutigte sie ihren Sohn sich doch mit Etienne anzufreunden. 'Lerne ihn doch erst mal richtig kennen. Ihr habt euch leider auf dem falschen Fuß kennengelernt.' sprach Jamila weiter auf ihren Sohn ein, der sein Glas geleert hatte und es nochmals füllte. 'Wie auf dem falschen Fuß? Ich bin ihm nicht auf die Füße getreten.' verstand Jim den Satz seiner Mutter nicht. Sie rollte mit den Augen und grinste. 'Ich meine damit, das ihr euch unter schlechten Bedingungen kennengelernt habt. Hättet ihr euch erst jetzt zum Beispiel kennengelernt, wärst du nicht so voreingenommen von ihm. Verstehst du?' erklärte Jamila ihrem Sohn was sie meinte und er verstand. 'Also soll ich vergessen was er Anna angetan hat?' sah er seine Mutter mit grimmiger Miene an, denn das würde er nicht vergessen und auch nicht verzeihen. 'Nein, vergessen sollst du es nicht. Es aber Etienne auch nicht ewig vorhalten. Es ist nun mal passiert, du kannst es nicht mehr Rückgängig machen. Und die Schnittwunde ist ohne Narbe und Folgeschäden sehr gut verheilt, das ist das wichtigste.' sprach sie ernster zu Jim, der den Worte seiner Mutter zuhörte und verstand was sie meinte. 'Versuch es einfach mal. Er ist bestimmt ein sehr netter Junge.' waren ihre letzten Worte an Jim, der nachdenklich auf sein Glas sah. Jamila stand auf und ging aus der Küche, sollte ihr Sohn in Ruhe über ihre Worte nachdenken. Der Abend verlief normal, Charles lernte mit Anna und Jim nach dem Abendessen noch etwas Schreiben und Lesen. Jamila war im Büro ihres Schwiegervaters und übersetzte aus ihren Gedanken dort zwei afrikanische Lieder, wie sie es Anna versprochen hatte. Am nächsten Morgen nahm Jim was zu essen mit in die Schule. 'Und denk an das was ich dir gesagt habe.' nahm Jamila ihren Sohn nochmal in den Arm bevor er los ging zur Schule. Er würde gerne hin reiten, dann könnte er morgens noch was länger liegen bleiben, aber das ging leider nicht. Anna stand neben ihrer Mutter, hatte sie noch ihr Nachthemd an und keine Schuhe als sie auf dem Hof mit ihrer Mutter Jim zu Schule verabschiedeten. 'Rein mit dir Fräulein und zieh dich an.' scheuchte sie ihre Tochter wieder ins Haus. Charles kam die Treppe hinunter, er war wahrlich kein Frühaufsteher. Seine Tochter huschte an ihm vorbei in ihr Zimmer um sich anzuziehen für den Tag. 'Guten Morgen Papa.' begrüßte Anna ihren Vater noch schnell und verschwand in ihr Zimmer. Charles sah ihr kurz nach. 'Sollte sie sich nicht sofort anziehen und nicht erst im Nachthemd hier herum laufen?' schritt Charles die letzten Stufen hinab und seine Frau stand bei ihm. 'Lass sie doch, später wird sie das schon von selbst machen.' verharmloste Jamila das auftreten ihrer Tochter und nahm Charles Hand. 'Guten Morgen erst mal. Hast du gut geschlafen?' sah sie ihren Charles an. Bemerkte er einen leichten Unterton in ihrer Stimme und er reagierte sofort darauf. 'Natürlich.. mit dir an der Seite schlafe ich immer gut.' und er wendete sich ganz ihr zu. Sie sah müde aus, hatte Ringe unter den Augen vom frühen aufstehen, aber ihre Augen waren immer noch so schön wie am Tag als sie die Arbeit auf dem Hof annahm. Die letzten Jahre sah man ihr kaum an, ihre Haut zeigte keine Grübchen oder Krähenfüße, nur die leichten Ringe unter den Augen. Das sie jetzt schon Fünfunddreißig war sah man ihr wirklich nicht an. Sie sahen sich tief in die Augen, hatten sie das schon länger nicht mehr und sie verloren sich gegenseitig in den Augen des anderen. 'Ich habe ganz vergessen wie schön deine Augen doch sind.' flüsterte Jamila und kurz darauf küssten sie sich, als wären sie frisch verliebt, waren es solche Momente die sie immer wieder daran erinnern ließen wie sehr sie sich liebten. Wurde Charles Zunge fordernder und er drückte seine Frau enger an sich, hatte er vergessen wo sie standen. Wurde Jamila wie Butter in seinen Armen, vergaß sie auch, das sie in der Eingangshalle standen, wo sie jeder sehen konnte, der aus der Küche oder Salon kam. 'Ist das Knutschen??' ertönte Anna zarte Stimme von ersten Stock aus. Jamila und Charles erschraken, lösten ihren Kuss und die Arme um einander. 'Du sollst dich doch anziehen.' sprach Jamila zu ihrer Tochter. Charles ging einfach ohne ein Wort in den Speisesaal, war es ihm zu unangenehm, das jetzt auch seine Tochter sie bei einem so innigen Kuss gesehen hatte. 'Du musst mir helfen Mama, ich weiß nicht was ich anziehen soll.' bat Anna ihre Mutter um Hilfe beim anziehen. 'Fängt das jetzt schon bei dir an?' mit den Worten ging sie die Treppe rauf zu ihrer Tochter. 'Zeig mal was du anziehen möchtest.' nahm sie ihre Tochter bei das Hand und ging mit ihr auf das Zimmer. Jamila setzte sich auf das Bett ihrer Tochter, sollte sie ihr zeigen was sie anziehen wollte und sich nicht entscheiden konnte. 'War das jetzt Knutschen?' fragte Anna erneut neugierig und kramte die Sachen raus wo sie sich nicht entscheiden konnte. 'Ja, das war Knutschen, wenn du es so nennen magst.' gab Jamila auf, ihrer Tochter es zu verheimlichen, sie würde sonst nur immer wieder nach fragen. 'Das macht man doch nur, wenn man sich ganz doll lieb hat, oder? Das sagte Jim.' stand Anna vor ihrer Mutter mit den Sachen in den Händen. 'Komm mal her.' sprach Jamila zu ihrer Tochter und Anna setzte sich neben ihre Mutter aufs Bett. Wartete Anna gespannt auf klärende Worte ihrer Mutter. 'Dein Vater und ich zeigen uns damit das wir uns lieben. Das tun auch andere Ehepaare. Und wenn dein Vater und ich uns nicht so lieben würden, wärst du und dein Bruder gar nicht auf der Welt. Verstehst du? Und es gehört mehr dazu als nur rum zu knutschen, wenn man jemanden liebt.' erklärte sie Anna und sah sie an, war sie doch noch so jung und unschuldig. 'Und woher weiß ich das ich jemanden liebe? Wie fühlt sich das an?' jetzt gingen die Fragen aber zu weit. 'Das merkst du schon, wenn du alt genug bist. Aber es reicht jetzt. Du sollst dich anziehen.' beendete Jamila das Thema. Sie wusste jetzt was Knutschen ist und warum ihre Eltern es taten. 'Ja, was soll ich denn jetzt anziehen? Das Kleid, oder Hosen? Stellte Anna ihrer Mutter vor die Wahl. 'Es wäre schön dich mal wieder in einem Kleid zu sehen. Aber wenn du dich wohler in Hosen fühlst, ziehst du die an.' erleichterten ihre Worte Annas Wahl nicht wirklich. Sie überlegte und entschied sich dann für das Kleid. Beim Anziehen half Jamila ihrer Tochter noch, auch die Haare entsprechend zu bürsten und zusammen zubinden. Anna sah richtig hübsch aus, eine richtige kleine Dame. Zusammen gingen sie in den Speisesaal wo Charles schon auf sie wartete, er hatte jetzt angefangen morgens Kaffee zu trinken, der machte ihn wach. Er sah erstaunt auf, als er seine Tochter im Kleid sah. 'Wo kommt denn diese kleine Lady auf einmal her?' erkannte man nicht das Anna auch eine wilde ungestüme Seite hatte, wenn sie ein Kleid träg, sie verhielt sich auch Damenhafter, als wenn sie Knabenkleider an hatte. 'Papaaa..' erklangt Annas Stimme, Charles lächelte nur, fand er es gut, seine Tochter mal wieder einem Kleid zu sehen. Bei Jim in der Schule lief zuerst noch alles normal. In einer Pause aß er das Brot, was seine Mutter ihm gemachte hatte. Mit Etienne hatte er noch nicht gesprochen, fiel es ihm schwer. Rüdiger hatte ihn heute in ruhe gelassen, hatte er ein anderes Opfer, Etienne nämlich. Jim stand mit den anderen Jungs zusammen, er teilte sein Brot mit einem der nichts dabei hatte. Das war für Jim selbstverständlich, hatte seine Mutter ihm auch beigebracht zu teilen. 'Wo ist eigentlich unser Franzose?' fragte einer der Jungs in die Runde. 'Ich glaube der Rüdiger knöpft sich den Blondschopf vor.' lachte einer anderer auf, hatte Etienne keine Sympathisanten unter den anderen Jungen. 'Lasst ihn doch in Ruhe, in seinem Land herrscht Mord und Totschlag. Da sind die Straßen rot vor Blut. Er ist froh hier sein zu dürfen.' verteidigte Jim Etienne. Und sah die beiden Jungen böse an, die über ihn lästerten. Wussten sie wohl nicht, wie es in Frankreich zur Zeit aussieht. 'Nimmst du ihn jetzt noch in Schutz? Diesen Schönling?' sprach einer der beiden Jungen. 'Würdet ihr nicht auch fliehen, wenn hier ein Krieg ausbrechen würde? Dann wärt ihr auch froh noch am Leben zu sein, egal in welchem Land.' wollte Jim, das die anderen Etiennes Situation verstehen. 'Er ist nicht freiwillig hier, sondern ein Flüchtling vor der Revolution.' sprach Jim weiter. Jetzt fingen die Köpfe der Jungs an nachzudenken und zu verstehen. 'Stimmt.. du hast recht.... wir sollten ihn nicht so behandeln. Er ist sicher nicht ganz freiwillig hier.' sprach ein anderer Junge. Der Lehrer kam auf den kleinen Hof, die Pause ist vorbei und alle gingen wieder in den Klassenraum. Der weitere Unterricht verlief normal. Etienne sah etwas verstört aus, als hätte er Angst, er sah sich immer wieder um während des Unterrichts. Jim sah immer wieder kurz zu Etienne, Rüdiger hat sicher Schuld an seinem Verhalten, hatte er beide in der Pause nicht gesehen. Die Schule war aus. Jim wartete vor der Tür auf Etienne. Verließ er als letzter den Klassenraum. 'Etienne?' sprach Jim ihn an und Etienne erschrak, als er angesprochen wurde. 'Wir kennen uns doch. Wir haben uns doch duelliert. Weißt du noch?' sprach er weiter. Etienne war nervös. 'Ja ja... ich weiß, ich habe deine Schwester an der Hand verletzt. Das tut mir immer noch Leid. Ist die Wunde gut verheilt?' beruhigte er sich in Gegenwart von Jim. 'Ja, da sieht man nichts mehr von. Ach und mein Name ist James Tiberius, aber Jim reicht vollkommen.' stellte sich Jim vor, hatte er es bei dem Duell nicht getan. 'Ah, ein toller Name.' lächelte Etienne vergaß er das auf dem Hof Rüdiger auf ihn wartete. Der Lehrer scheuchte die beiden Jungs nach draußen. Dort stand Rüdiger, der Vollpfosten, wie Jim ihn betitelte. Rüdiger war größer und kräftiger als Jim und Etienne. 'Was will der denn noch?' fragte sich Jim als er den Vollpfosten auf dem Hof sah, wollt er einfach an ihm vorbei gehen, ohne ihn zu beachten. Etienne folgte Jim, sah immer wieder zu Rüdiger, der mit geballten Fäusten da stand. 'Warte du Schnösel!! Ich hab noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen.' sprach Rüdiger Etienne an, fixierte ihn worauf er wie erstarrt stehen blieb und ging auf Etienne zu. Jim sah aus dem Augenwinkel noch wie Rüdiger auf Etienne zu ging, blickte über seine Schulter nach hinten, sah den erstarrten Etienne und wie Rüdiger seine Faust hob. 'Du Vollpfosten!!!' schrie Jim, hatte er sich blitzschnell umgedreht Anlauf genommen und rammte Rüdiger mit der Schulter um. Der kräftige Junge fiel zu Boden, war er aber jetzt erst recht sauer. 'Was mischst du dich da ein!!' brüllte Rüdiger auf dem Boden liegend Jim an, der sich die Schulter hielt. 'Traust dich nur an schwächere, was. Du bist so armselig!!' beschimpfte Jim Rüdiger. Dieser stand auf, wollte Jim jetzt seine Faust ins Gesicht verpassen, doch Jim wich dem ungeschickten Jungen aus und Rüdiger stolperte wieder, hatte er einfach zu viel Schwung in seinen Angriff auf Jim gelegt. Jim gab Rüdiger noch einen leichten Schubs und er verlor das Gleichgewicht, fiel wieder zu Boden. Diesmal ließ er Rüdiger keine Zeit wieder auf zu stehen. Jim packte Etienne am Handgelenk und sie rannten vom Hof. Denn schlagen wollte sich Jim auch nicht, seine Mutter würde das nicht gerne hören, zudem wäre es auch einfach niveaulos sich auf eine Schlägerei mit so einem Jungen einzulassen. Jim war schlauer und ließ Rüdiger mit seiner Wut und seinem Hass auf dem Hof alleine. Jim rannte mit Etienne ein ganzes Stück, bis ihnen die Puste aus ging. Sie waren am Stadtrand. 'Puh... ich hoffe er lässt uns jetzt in Ruhe.' sprach Jim außer Atem. Lehnte sich an einen Baum, sah hoch in die Baumkrone. Etienne stütze sich mit den Händen auf seine Knie, auch er hatte keine Puste mehr. 'Er wollte mich verprügeln... weil ich aus Frankreich bin und Adelig...' gab Etienne von sich und Jim sah ihn verwirrt an. 'Was ist das denn für ein Grund jemanden wegen seiner Herkunft und seinen Titel zu schlagen??' sah Jim zu Etienne. 'Mein Titel hat hier gar keine Bedeutung mehr, weißt du... wären wir noch in Frankreich... wären unsere Köpfe schon gerollt...' schnaufte Etienne. Innerlich erschrak Jim bei den Worten von Etienne, so schlimm hatte er es sich nicht vorgestellt mit der Revolution in Frankreich. 'Wo wohnt ihr zur Zeit eigentlich?' fragte Jim Etienne, beide waren wieder bei Atem und kein Rüdiger folgte den beiden. 'Wir haben in der Stadt eine kleine Wohnung. Es reicht für uns.' antwortete Etienne, so müsste er den Weg den sie gelaufen sind wieder zurück gehen. 'Wir haben einen Hof, außerhalb. Ich muss noch ein ganzen Stück gehen.' zeigte Jim in die Richtung und den Weg den er noch zu gehen hatte. Jim trat an Etienne und reichte ihm seine Hand entgegen. 'Freunde?' bat Jim Etienne seine Freundschaft an. Etienne sah verwundert auf Jims Hand, dann in sein Gesicht. So was kannte Etienne nicht, Freundschaft, hatte ihm in Frankreich die anderen Jungs schon wegen seiner Herkunft um ihn gescharrt, war der der Sohn des engsten Vertrauten der Königin. Doch das war alles Vergangenheit. Etienne überlegte nicht lange und nahm Jims Freundschaft an. 'Freunde!' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)