Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 24: Alltag ------------------ Der Inu no Taishou stellte in den folgenden Tagen und Wochen fest, dass er mit dieser Ehe einen Fehler begangen hatte. Und das lag wirklich nicht an seiner jungen Gemahlin. Sie führte sein Haus, war für seine Gäste eine perfekte Gastgeberin, arbeitete die sozialen Projekte ab, und war insgesamt so sanft und gehorsam, dass es auch den anspruchsvollsten Ehemann zufriedengestellt hätte. Leider musste er immer mehr feststellen, dass ihm das nicht genügte. Er wollte ihr Lächeln, das fast vergnügte Winken, als er in seiner Hundegestalt auf dem Strand erschienen war, ja, er wollte ihre Zuneigung. Wenn er nach Hause kam konnte er sie fast überall wittern, ein sicheres Zeichen, dass sie sich um seinen Haushalt bemühte, aber sich auch an die Anweisung hielt, nicht in seinen und Sesshoumarus privaten Trakt zu gehen. Sie wartete jeden Abend im Wohnzimmer auf ihn, verneigte sich zeremoniell und war eine nette Gesprächspartnerin, wenn er ein Gespräch wünschte – und ahnte vermutlich nicht, dass ihn später in seinem Schlafzimmer Visionen heimsuchten wie er seine Hände in ihrem so dichten Haar vergrub, sich in ihr vergrub... Und, das gab er nur sich zu, er wusste sich nicht zu helfen. Er hatte nicht die mindeste Ahnung, wie er noch auf sie zugehen sollte. Manchmal dachte er schon daran sich mit Gewalt zu nehmen was ihm zustand, aber sein eigenes Wort band ihn. Bei der Aussicht, dass dies Jahre, Jahrzehnte, so weitergehen sollte, wurde er wirklich unruhig. Youkai und Mensch passte wohl einfach nicht zusammen. Es war eine Illusion gewesen, dass man eine geschäftliche Ehe mit einem Menschen eingehen konnte. Sie weckte unbekannte Interessen, ja, Sehnsüchte. Izayoi spazierte allein durch den inneren Garten, wie immer um diese Nachmittagszeit, wenn das Wetter es zuließ. Es hatte sich für sie ein gewisser Tagesrhythmus ergeben. Nach dem Frühstück erfolgte die Besprechung mit den häuslichen Mitarbeitern, dann ging sie in ihr Arbeitszimmer und erledigte bis Nachmittag die sozialen Projekte. Sie hätte zuvor nie geglaubt, wie viele auch bei den Youkai liefen. Ein oder zwei Mal in der Woche fuhr Ayame sie in den Fukuwara-Konzern, wo sie mit den dortigen Mitarbeitern persönlich sprach, die über diese Firma laufenden Projekte direkt begutachtete. Dann badete sie in der heißen Quelle im äußeren Garten, bewacht von weiter entfernt stehenden Kriegern, männlich oder weiblich, und direkt vor den Hortensiengewächsen, die die Quelle umgaben, Ayame. Hier, im inneren Garten, waren keine Wächter, befand er sich doch zwischen den drei Seiten des Hauses. Überdies wollte der Taishou, das hatte sie mitbekommen, ihr auch Gelegenheit geben ohne dämonische Begleitung zu sein. Nun ja. Sie hatte ebenso bemerkt, dass die menschlichen Angestellten froh waren, sich an sie als Mitglied ihrer Art wenden zu können. Es gab einfach Misstrauen und Animositäten. Sie ließ sich mit einem gewissen Lächeln auf dem hölzernen Meditationsplatz am sogenannten Morgenteich nieder. Manchmal, am Wochenende, saß hier auch der Taishou und sie hatte ihn dabei schon gesehen, wie er so tief versunken war, dass er nicht einmal ihre Annäherung bemerkte. Sie nahm es als Zeichen, dass er ihr vertraute. Nun, sie konnte sich eigentlich wirklich nicht beschweren. Sie hatte freie Hand im Haus, er fragte nicht einmal nach, ob und was sie seinen Gästen präsentieren wollte, sondern vermutete offensichtlich, dass sie das konnte. Jeden Abend. nach der Arbeit, kam er in das so genannte Wohnzimmer, wo sie auf ihn wartete, und sprach mit ihr. Manchmal nur kurz, aber immerhin, er kam jeden Tag. Ihr war klar, dass er sehr viel beschäftigt war, als Konzernchef, als Regierungsmitglied und nicht zuletzt der Herr der Youkai. Sie lächelte wieder. Ayame... Das war heute amüsant gewesen, so, wie sie es noch nie erlebt hatte. Nun gut, sie hatte, sah man von Eliza ab, die ja ihre Erzieherin gewesen war, noch nie eine weibliche Begleitung gehabt. Heute, auf der Rückfahrt vom Fukuwara-Konzern, hatte sich ihre Leibwächterin erkundigt, sehr schüchtern, vor allem, wenn man bedachte wie sie sonst war, ob sie rasch etwas einkaufen dürfe. Izayoi, wie immer umsichtig, dass niemand um ihretwillen Nachteile hatte, zumal ihr klar war, dass die junge Wolfsyoukai sie nicht verlassen durfte, hatte zugestimmt. Und sich kurz darauf, mehr als überrascht, in einem Dessous-Laden wiedergefunden. Ayame hatte ihr mit einem Lächeln erklärt, dass sie heute Abend sich zu ihrem Jahrestag mit Kouga treffen würde, ihrem Verlobten, dem Enkel Maseos. Und, dass der es schätzte, wenn er etwas zum Auspacken habe. Izayoi hatte zwar nicht ganz verstanden, aber doch begriffen, dass sich Ayame für ihren Zukünftigen mehr als hübsch anziehen wollte. Allerdings hatte sie doch nachgefragt: sie seien bekanntlich nicht verheiratet. Ayame hatte bloß gelacht. Das sei nur eine Frage der Zeit. Und ihr dann erklärt, sie solle sich doch auch so etwas kaufen. Der Taishou, wie alle Männer, wisse es sicher zu schätzen. Izayoi betrachtete das Wasser vor sich. Sie hatte zugestimmt, nicht zuletzt, weil es die Wolfsyoukai nichts, nun, niemanden, etwas anging, wie ihre ehelichen Abmachungen lauteten. Und sie wollte den Taishou schützen. Es war sicher nachteilig für seinen Ruf als Fürsten, ja, Mann, käme heraus, dass er seine Ehefrau nicht anrührte. Eri hatte nur gelächelt, als sie ihr ihren Einkauf übergeben hatte, und gemeint, dass seien sehr hübsche Sachen... Sie musste sich zugeben, dass sie sich in der vergangenen Woche Bücher gekauft hatte, die ihr immer verboten worden waren: über romantische Beziehungen, Liebe. Und sie hatte festgestellt, dass sie sie kaum genießen konnte. Ja, es gab da Berichte über unglaubliche Momente, die so ein Prickeln in ihr auslösten... Aber, alles, an was sie dabei denken konnte, war ihr Ehemann. Las sie über einen adeligen Vampir musste sie an SEINE Fangzähne denken... Sie schüttelte sich. Sie sollte diese Träumereien sein lassen. Sie war eine Vernunftehe eingegangen. Und das zu gewissen Konditionen, denen sie zugestimmt hatte. Dieses seltsame Prickeln würde sicher auch wieder verschwinden. Vielleicht sollte sie sich abkühlen. Sie war hier allein. So zog sie Sandalen und Strümpfe aus und raffte ihren Kimono etwas, um ihre Füße in das kalte Wasser des Teiches zu hängen, ohne zu ahnen, dass ein raubtierhafter Blick auf ihr lag. Der Krieger, aus einer Katzenfamilie, hatte eigentlich nur Patrouille gehen sollen und war dabei nahe an den inneren Garten geraten, der seit Wochen für alle seiner Art verboten war. Als er die junge Fürstin lächeln sah war er stehen geblieben. Nur für einen Moment, wie er sich selbst versicherte. Sie sah niedlich aus, wenn sie so lächelte - und sie hatte hübsche Beine, wie er feststellte, als sie die Kimono bis zum Knie emporschlug. Man musste sich nicht wundern, dass der Taishou sie, neben den finanziellen Argumenten, geheiratet hatte. Sie lächelte wieder, so verträumt. Es musste wirklich schön sein sie in den Armen zu halten. Ihm wurde sehr heiß in der Lendengegend. Das Nächste, was ihm bewusst wurde, war die Tatsache in Lebensgefahr zu schweben. Und das war wörtlich zu nehmen. Ein eiserner Griff umspannte seine Kehle, er hing hilflos in der drosselnden Hand des Angreifers, in dem er den Sohn des Hauses erkannte. „Sesshoumaru-sama....“ würgte er hervor. Dieser warf einen Blick seitwärts. Izayoi saß ruhig da und blickte in das Wasser. Sie hatte nicht wissen können, dass er heute zuhause arbeitete und jetzt, früher als gewohnt, auf dem Weg in die Quelle war – aber sie hatte diesen törichten Krieger auch nicht eingeladen, sonst hätte sie irgendeine Reaktion gezeigt, die zumindest riechbar gewesen wäre. Menschen! Sie hatte vermutlich nicht einmal mitbekommen, dass sie beobachtet worden war. Kein Wunder, dass sein verehrter Vater um ihretwillen alle Youkai aus diesem Garten verbannt hatte. Was zum Nächsten führte. Sein goldfarbener Blick hob sich zu dem Krieger in seiner Gewalt, der nur mehr um Atem rang. „Falls dich mein verehrter Herr und Vater hier so gefunden hätte, hätte er dich unverzüglich in Streifen geschnitten. Sag mir einen Grund, warum ich es nicht tun soll.“ Der Youkai wusste, dass er kaum eine Chance zum Antworten hatte – der harte Griff nur mit fünf Fingern raubte ihm jede Luft. Und ihm war klar, dass es keiner seiner Art schätzte, wurde sein Eigentum von fremder Hand berührt. Bei der Gemahlin des Fürsten war bereits Ansehen risikoreich, wie er gerade spürte. Und ja, es war verboten an den inneren Garten auch nur heranzugehen. „Ich...ich wollte nicht...“ Irgendwie brachte er das heraus. Nüchtern stellte der junge Inuyoukai fest: „Ich habe dich fünf Minuten lang beobachtet. Fünf Minuten, in denen du, der wachen soll, nichts anderes zu tun hattest als eine Menschenfrau, noch dazu die Gemahlin meines Herrn und Vaters, unseres Fürsten, anzustarren.“ Vergehen gegen die Pflichten oblagen dem Erben zur Bestrafung, das war dem Krieger klar. Und um Gnade bitten war zum einen unmöglich, zum anderen sinnlos. Und was oyakata-sama dazu sagen würde... Nun, Sesshoumaru hatte recht: der Taishou hätte sich jedes Wort gespart. Der Herr hätte ihn säuberlich tranchiert, zumal, wenn er seine Gedanken und seine körperliche Reaktion darauf mitbekommen hätte, wie ja leider der Erbprinz. Der Kater spürte, wie er losgelassen wurde und zu Boden fiel. Würgend rang er nach Luft, sah jedoch vorsichtig auf, sicher, noch lange nicht aus der Sache herausgekommen zu sein. Entsetzt starrte er auf die Rechte des jungen Hundeprinzen, die grünlich schimmerte. „Nein,“ keuchte er irgendwie. Sesshoumaru hob die leuchtende Hand, um die sich eine Flüssigkeit sammelte: „Es wird heilen. Aber das nächste Mal bist du tot.“ Er ließ die ätzende Säure heruntertropfen, zwischen die Beine des Kriegers. Izayoi hörte einen wilden Schrei und schrak zusammen, sah sich um. Sie hätte eigentlich geglaubt hier könne nichts passieren? Aber natürlich waren im äußeren Garten die Krieger und sie wusste, dass diese auch oft übten, Vielleicht war dort etwas passiert? Das ging sie jedoch nichts an. Mehr oder weniger deutlich hatte der Taishou ihr zu verstehen gegeben, dass die Krieger eben seine Sache waren. So sparte sie sich das Aufstehen und Hinüberlaufen, zuckte dann jedoch eilig mit den bloßen Füssen aus dem Wasser und unter ihren Kimono. Sesshoumaru? Was hatte der denn so früh schon hier zu tun? Aber er befand sich eindeutig auf dem Weg zu der Quelle, da er nur seidene Hosen trug, das Obergewand unter der Boa nachlässig geöffnet. Der Youkaiprinz bemerkte durchaus positiv, dass sie unverzüglich ihre Füße versteckte. Niemand außer seinem Vater – und ihrer Zofe – hatte das Recht ihre Haut unbekleidet zu sehen. Nein, sie hatte diesen törichten Kater nicht eingeladen. Und ihr Benehmen war wie üblich tadellos. Sie kniete nieder, neigte sich vor ihm. Höflich, aber nicht zu tief. Immerhin war sie, auch, wenn er das Wort verabscheute, seine Stiefmutter. „Izayoi-sama, “ sagte er neutral. „Sesshoumaru-sama, “ erwiderte sie verbindlich. Die einzigen Worte, die sie austauschten, in all den Tagen hier. Diesmal allerdings entfuhr es ihr: „Darf ich fragen, ob der Taishou, ich meine, oyakata-sama, auch zurück ist?“ Er war ihr wirklich keine Rechenschaft schuldig, aber das war eine neutrale Frage, ja, er glaubte sogar einen Wunsch gehört zu haben. „Nein.“ Er schritt weiter, offen lassend, auf welchen Teil ihres Satzes sich das bezog. Izayoi bezog es allerdings darauf, dass ihr Ehemann noch nicht wieder da war. Sie sollte sich fertig machen und in das Wohnzimmer gehen. Immerhin hatte sie diesen Termin nicht verpasst. War sie so lange hier gesessen? Und mit welchen Gedanken....Eliza würde sie bestimmt dafür tadeln. Sesshoumaru genoss sein tägliches Bad, aber dann machte er sich auf den Weg. Er hatte eine, hoffentlich reizvolle, Verabredung. Er erhielt in das Büro durchaus öfter Liebesbriefe von Youkai oder Menschen, zu viele, für seinen Geschmack. Jaken tat gut daran diese auszusondern. Mit einer Ausnahme: Bitten um ein Rendezvous, das ihn interessierte – von hochrangigen Youkaidamen oder gefährlichsten Mitgliedern seiner Art. Und dieser Brief war von einer Spinnendame gekommen. Vermutlich glaubte sie ihn hereinlegen zu können – aber wie immer würde er sein Vergnügen haben ohne gefressen zu werden. Dass sie glaubte ihm eine Falle stellen zu können verriet schon der Treffpunkt, abseits, an einem Waldrand. Sie hatte ein Foto von sich beigelegt – hübsch genug sah sie aus, um auf das Abenteuer einzugehen. War er erst verheiratet würden derartige Ausflüge zwar legal, aber doch unerwünscht, sein, zumal bei seiner Gemahlin und deren gewiss mächtiger Familie. Einen Aufstand aus einem solchem Grund mangelnder Selbstbeherrschung wäre nur mehr beschämend, hatte sein verehrter Vater ihm erklärt – und würde für ihn mehr als unangenehme Folgen zeitigen. Nun, noch war es nicht soweit. Und, wenn es nach ihm ging, würde es auch noch eine Weile so bleiben. Wozu sich auf eine beschränken, wenn man viele haben konnte. Natürlich gab es da die Pflicht um das Erbe... Er würde die notwendige Vorsicht walten lassen und auf die eine oder andere Überraschung vorbereitet sein. Spinnen, wie die meisten Insektenyoukai, kämpften nicht, trugen keine Schwerter, sondern legten früher, vor allem den Menschen, Fallen. Er würde sich gegen Fallen und Netze absichern müssen, gegebenenfalls schnell genug sein. Aber das war er. Als er an dem Parkplatz ankam, entdeckte er die junge Frau nach ihrem Foto sofort. Sie lehnte ein Stück entfernt an einem Baum, richtete sich aber auf, als er ausstieg und lächelte ihn aus der Distanz an. Ja, sie war hübsch, und eindeutig eine Spinnendame. Er war mächtig genug um durch ihre menschliche Form sehen zu können. Gut. Sie hatte nicht gelogen. Und ihre Fäden würden ihm kaum etwas ausmachen können. Im Notfall konnte er diese mit seinem Gift auflösen, sollte er sie nicht zerreißen können. Unwillkürlich warf er einen Blick in den Wald, ehe er auf die junge Frau zuging, die ihn musterte, als ob sie ihn noch nie gesehen hatte, aber weiterhin verheißungsvoll lächelte. „Guten Abend, Sesshoumaru-sama. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.“ „Und wie ist dein Name?“ erkundigte er sich und blieb vor ihr stehen, ihre Hände nicht aus den Augen lassend, in der Erwartung von Fäden. Plötzlich sah er eine Veränderung in ihrem Gesicht, bemerkte eine Bewegung hinter sich. Ehe er reagieren konnte, spürte er wie ihn etwas packte, das er als Spinnenbeine identifizierte, Doch eine Falle! Von mehreren Personen! Etwas stach in seinen Nacken. Er wollte sich losreißen, aber wer auch immer ihn hielt klammerte sich fester, ja, pumpte Gift in seinen Körper. Gift – gegen ihn? Es sollte eigentlich lächerlich sein, schmerzte, brannte jedoch wie flüssiges Feuer. Ungewohnter, schier unerträglicher Schmerz. Die junge Frau war zurückgewichen und starrte ihn und den Unbekannten an. Mit aller Kraft riss Sesshoumaru sich los und fuhr herum. Die beiden Spinnenbeine, die ihn eben noch umklammert hatten, zeigten deutliche Spuren einer Verletzung, aber auf diesen und sechs weiteren Beinen saß weit über ihm ein durchaus menschlich zu nennender Oberkörper. Und dieses Gesicht erkannte er, trotz der nun kurzen, grauen Haare: Onigumo! „Bastard!“ brachte er hervor, allerdings lange nicht bereit aufzugeben. Das Gift schmerzte ungewohnt, ja, es würde ihn in einem Kampf deutlich langsamer machen, aber danach konnte er es neutralisieren, wie jedes Gift. Onigumo bemerkte, dass sein schöner Plan nicht so ablief, wie er sollte. Warum kniete dieser junge Köter nicht auf der Erde, oder wand sich zumindest unter den Schmerzen, die die Auflösung seines Innersten bewirken sollte? Stattdessen hatte der sich losgerissen und ihm mit dieser Aktion zwei Beine gebrochen. Wenn er sich wieder ins eine volle Menschenform verwandelte würde er ein gebrochenes Bein und einen gebrochenen Arm haben. Sicher, das heilte, aber im Moment war er angeschlagen. Er sollte hier nicht herumstehen, dachte er plötzlich, denn das Youki seines Gegenübers stieg rapide an. Da kam gleich ein Angriff. Er musste hier weg und auch aus der Hauptstadt, denn er machte sich keine Illusionen. Nur Mutters Haus konnte ihm Schutz bieten, denn jetzt war die Jagd sicher wieder voll eröffnet. War dieser Bengel stark. Ärgerlich, dass Wochen der Vorbereitung gescheitert waren. Auf diese Weise würde er seine Rache nicht bekommen. Er rannte los, noch immer in Spinnenhalbform, so rasch er es mit der Verletzung konnte. Zum Glück war er wie immer vorsichtig gewesen und hatte sich den Weg hier durch den Wald gründlich angesehen. Etwas wie eine grüne, leuchtende Schnur zischte haarscharf an ihm vorbei und zersplitterte einen Baum, entzündete dessen Überreste. Das war knapp gewesen, wusste er. Das Youki dieses Hundejungen war wahrlich nicht von schlechten Eltern. Immerhin schien den das Gift doch wenigstens an der Verfolgung zu hindern. Das entsprach den Tatsachen. Sesshoumaru erkannte ein wenig frustriert, dass seine Geschwindigkeit doch deutlich herabgesetzt war, überdies der Schmerz ihn lähmen wollte. Mit einer Klaue packte er jedoch das Handgelenk der Frau, die ihn hergelockt hatte, während er mit der anderen sein Handy herauszog, seinen Standort durchgab und Krieger zu sich beorderte, sowie die Fluchtrichtung Onigumos angab. Wenn er sich recht entsann befand sich dort noch ein Parkplatz und der Mistkerl hatte gewiss ein Auto stehen. Wenn sie eines über den Halbdämon in der letzten Zeit gelernt hatten, dann, dass der wusste, wie man floh. „Und richte meinem Herrn und Vater aus, dass Onigumo versuchte mich umzubringen, aber scheiterte. Ich habe jedoch eine Zeugin.“ Er legte auf und sah zu der Spinnenfrau, die sich wohlweislich nicht bewegte: „Ich bin sicher, du wirst mir später alles erzählen, was du über ihn weißt. Und du wirst bedauern, dass du mich hergelockt hast.“ Sie verfiel nicht in den Fehler das für eine leere Drohung zu halten. So meinte sie nur leise: „Ich...er hätte mich sonst umgebracht...“ „Jetzt werde ich es tun.“ Der Taishou hatte mit Izayoi im Wohnzimmer gesessen und sich von ihr etwas über die sozialen Projekte im Fukuwara-Konzern berichten lassen. Immerhin war er jetzt Fürst Fukuwara und sollte auf dem Laufenden bleiben. Irritiert sah er auf, als ohne Anklopfen ein Youkai hereinkam und sich eilig verneigte. Es war sehr unüblich ihn hier mit seiner Gemahlin zu stören. „Ich bitte um Vergebung, oyakata-sama, aber Sesshoumaru-sama rief soeben an, dass ein Attentat auf ihn verübt wurde, jedoch scheiterte. Er habe eine Zeugin und berief Krieger zu sich, beziehungsweise auf die Jagd nach Onigumo.“ Izayoi schlug die Hände vor den Mund. Zum einen, weil sie erschrocken war, dass der Sohn ihres Ehemannes angegriffen worden war, zum zweiten fast panisch, als sie diesen Namen hörte. Der Taishou warf ihr einen raschen Blick zu: „Sie brauchen nicht zu erschrecken. Sie sind hier sicher. - Sie entschuldigen mich jedoch.“ „Natürlich.“ Ihr war klar, dass er seinen Sohn bei der Heimkehr selbst ansehen wollte und vermutlich auch die Jagd nach ihrem verräterischen Cousin in die eigenen Klauen nehmen wollte. Ja, hier war sie wohl sicher, aber sie vermutete schwer, dass sie ab morgen außerhalb des Hauses nicht mehr nur von Ayame sondern auch anderen Youkai bewacht werden würde. Wenn Onigumo heute ein Attentat auf Sesshoumaru durchführte, konnte er es morgen auch auf sie. Der Taishou selbst war sowieso stets von mindestens zwei Kriegern begleitet. Onigumo wagte erst aufzuatmen, als er hundert Kilometer von der Hautstadt entfernt war. Er hatte darauf verzichtet noch die wenigen Sachen aus der Pension zu holen. Das musste er eben im Stich lassen. Sein Leben hatte einen höheren Stellenwert. Zum Glück hatte er den falschen Pass bei sich behalten und ihn nicht im Zimmer liegen lassen. Das war der einzige Vorteil, den ihm der wochenlange Aufenthalt eingebracht hatte. Die ganze Arbeit, mühevolle Planung seiner Rache, alles zunichte. Es war schon sehr ärgerlich. Aber woher hätte er auch wissen sollen, dass dieser Misthund in der Lage wäre Spinnengift zu überleben? Er parkte an einem Bahnhof. Ab hier würde er mit dem Zug fahren, das war unauffälliger und sie konnten kaum jeden Zug durchsuchen, ja, würden sich hoffentlich erst einmal in der Hauptstadt nach ihm umsehen. Er hinkte, als er zu dem Bahnsteig ging. Für diese Schmerzen in seinen gebrochenen Gliedern sollte Sesshoumaru bezahlen! Schon die Autofahrt war eine einzige Tortur gewesen. Nun gut. Bald würde es heilen. Zum Glück hatte er mit der Kleinen nicht gerade viel geredet, aber sie würde natürlich alles erzählen was sie über ihn wusste. Schon, weil ihr gar nichts anderes übrig blieb. Vielleicht hatte der Taishou dann Erbarmen mit ihr und brachte sie schnell um. Überleben würde sie das Ganze sicher nicht. Pech gehabt, Mädchen. Nun gut, er hatte den Pass und das nächste Mal, wenn er zu einem Menschen wurde, konnte er zum Flughafen. Nur noch drei Wochen durchhalten, dann war er weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)