Gotta heal 'em all! von ougonbeatrice ================================================================================ Kapitel 3: Augen auf, Kauf ist Kauf ----------------------------------- Verwundert drehte ich mich um. Im Eingang stand eine Gestalt und der Stimme nach zu urteilen war es eine Frau. Ich erkannte lange schwarze Haare und ein blaues Oberteil mit weißer Hose, mehr jedoch nicht. Zumindest nicht, solange sie dort stand, ohne sich zu bewegen. Der Junge rannte unterdessen an mir vorbei, sein Webarak im Arm und rief mir zu, wie dankbar er war. Wirklich verstanden hatte ich die ganze Sache noch immer nicht. Ungläubig starrte ich auf meine Hände, die nicht anders aussahen, als ich es gewohnt war. Und doch hatten sie das Leuchten der Pokemon aufgefangen und über meinen ganzen Körper geleitet. Da merkte ich, wie mir allmählich schummrig wurde.   "Yumiko, mein Kind. Schön, dass du Zeit gefunden hast uns Gesellschaft zu leisten." Tahmoh grüßte die Frau, die freudig zu ihm gelaufen war und sich nun vor ihm verneigte. Yumiko hieß sie also. "Natürlich, ich will doch einen Blick auf unseren Retter werfen. Und ich war ja gerade sowieso in der Nähe. Wie geht es Ihrem Rücken?" "Manchmal fühle ich mich, als wär eine Horde Taurus über mich gerannt", winkte er schelmisch ab. "Aber wir haben wichtigeres zu besprechen. Mimi, komm bitte zu uns." Es gab in der Tat wichtigeres zu bereden, als den Rücken des Hohepriesters. Vorsichtig lief ich unter den Augen der Anwesenden zu dem Spinnen, oder eher Webarak, freien Tisch zurück und war froh einen Stuhl zu haben. Der Boden unter mir fühlte sich plötzlich nicht mehr so stabil an, wie noch zuvor. Zudem fühlte ich mich, als hätte ich einen Marathon gelaufen. Oder als hätte ich  zumindest 3000 Meter hinter mir. Es schien jedoch keinen außer mir zu stören, dass ich vor kurzem noch ein wandelndes Glühwürmchen war. Der Neuankömmling, das Mädchen namens Yumiko, stützte sich gegen die Lehne eines Stuhls. Aus der Nähe sah ich, dass sie ein paar Jahre jünger als ich sein musste. Vielleicht 15 oder 16 Jahre alt. Für eine "Asiatin" war sie recht groß und erreichte sogar fast meine Höhe.   "Bevor ich zu euch gestoßen bin habe ich nach Yumiko rufen lassen. Sie ist eine Trainerin und besucht unsere Stadt um unsere traditionelle Meditationstechnik zu lernen," sagte er an mich gerichtet, als sollte ich wissen, wovon er redet. "Und das ist Mimi, die Heilerin." Bei seinen Worten musste ich schwer schlucken, doch aus Höflichkeit schüttelte ich ohne auf den mir gegebenen Titel zu reagieren Yumikos Hand. Man sah ihr an, wie gerne sie reden würde, aber aus Respekt wartete sie, bis der Hohepriester seine Vorstellung beendet haben würde. "Es war mein Wunsch, euch mit einander bekannt zu machen", sagte er mit einem Lächeln, das weitaus mehr ausdrückte, als er sagte. Während Yumiko scheinbar wusste, was der Hohepriester mit diesem Geste meinte und nickte, war ich noch immer so schlau wie zuvor. "Es freut mich, eine Pokemon-Trainerin kennen zu lernen, aber könnten wir zurück zur Sache kommen?", bat ich so höflich es meine Stimmung zu ließ. Doch statt des Priesters war es Yumiko, die antwortete. "Hohepriester Tahmoh ist gerne mysteriös. Aber man lernt ihn schnell zu lesen", erwiderte sie. "Und wenn ich seine Ruhe richtig deute, soll ich dich auf deiner Reise begleiteten. Immerhin ist es unklug den Heiler alleine in der Gegend herumlaufen zu lassen." Und wieder dieses Gerede über die Reise. Scheinbar war ja alles schon gut durchgeplant, von einer Reisepartnerin bis hin zu einem Ziel. Aber mit einem konnten sie nicht gerechnet haben. "Selbst wenn ich diese Reise mache und selbst wenn ich akzeptiere eine komische Gabe zu besitzen," als ob Pokemon nicht schon genug Abstrusitäten für einen Tag gewesen wären. "Sie haben ja gesehen, dass ich nicht auf Befehl heilen kann." Fragend wendete sich Yumiko an den Priester. Ungläubig zog sie die Augenbrauen zusammen. Nein, damit dass ich die Gabe nicht kontrollieren könnte, hatte niemand gerechnet. Wohl genauso wenig wie ich noch gestern Abend damit gerechnet hatte vor dem Zinnturm aufzuwachen. "Was heißt, sie kann die Gabe nicht kontrollieren?", wollte Yumiko skeptisch wissen. Tahmoh erwiderte ihren Blick ohne auch nur zu zucken. "Sie hat die Gabe. Es scheint jedoch, dass sie nicht in der Lage ist, sie nach Willen einzusetzen." Yumiko sah mich mit offenem Mund an. Ihr Blick verriet, wie schockiert sie war. Alles, was ich tun konnte, war abwehrend die Hände zu heben. Hey, ich habe mir das nicht ausgesucht.   "Kein Grund zur Sorge. Ich bin sicher sie kann lernen, sie einzusetzen. Komoko, meine Liebe, ich hätte gerne noch ein Schälchen deines Tees", sagte er woraufhin Komoko eilig verschwand, um seiner Bitte nachzukommen. "Sie haben Recht, Hohepriester. Sie wird es lernen", sagte Yumiko zu mir gewandt mit aufmunternden Lächeln. Ich mochte das Mädchen. "Dennoch sollten wir so bald wie möglich aufbrechen. Wenn du nicht lernst sie einzusetzen, werden unzählige Pokemon sterben." Großartig! Druck ist genau, was ich brauche. Es gab keinen Ausweg mehr. Mittlerweile wurde es Zeit, mich mit meiner Rolle abzufinden. Zu meiner großen Überraschung war ich jetzt hier und wie es aussah würde ich auch nicht so schnell wieder nach Hause kommen. Also müsste ich wohl oder übel mein Schicksal akzeptieren und Heilerin spielen. Nein, Heilerin sein. Ich WOLLTE den Pokemon wirklich helfen... Ich seufzte schwer.   "In Ordnung, Priester. Ich bin dabei. Was soll ich tun." Nun schenkte mir auch Tahmoh ein Lächeln und nickte mir dankend zu. Danach versank er ein paar Minuten in Schweigen, während denen ihn alle erwartend anstarrten. Jeder vertraute ihm, eine Lösung zu finden. "Du musst Jemanden finden", sagte er schließlich gedehnt, als wäre damit alles geklärt. Jemanden finden? Ich dachte ich müsste Pokemon heilen? Skeptisch verzog ich das Gesicht. "Wie meinen?" Ich denke deine Gabe ist nicht das Problem, sondern deine Verbindung zu den Pokemon. Du musst sie verstehen, Eins mit ihnen werden, um sie vollständig zu heilen." Ich muss Eins mit meiner Umwelt werden? Klingt nach Jedi-Geschwafel. "Wir hier in Teak City glauben, dass man eine besondere Verbindung mit seinen Pokemon eingehen kann, Generationen trainieren sich in der Kunst der Meditation, wie auch Yumiko hier", sagte er und deutete in einer sanften Bewegung auf das Mädchen. Ich hörte ihm weiterhin stumm zu. Dass diese Stadt spirituell angehaucht war, war mir bereits bekannt. Doch hatte ich noch nie von dieser Meditation gehört. "Allerdings fürchte ich, dass es nicht genug ist. Wir könnten dich unterrichten in der Hoffnung, dass diese Verbindung reicht. Doch all die kranken Pokemon können nicht mehr warten. Du musst vermutlich eine weitaus tiefere Verbindung mit ihnen eingehen, als wir es hier praktizieren." Seine Idee war ausgesprochen unhilfreich. Skeptisch lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme. "Großartiger Plan und wie mache ich das?" "Der legendäre Trainer", klinkte sich Yumiko ein. Versteht hier niemand Ironie? "Richtig!", pflichtete Tahmoh ihr bei. Und wieder wussten die Beiden nur zu gut, wovon sie sprachen. Nur ich stand völlig auf dem Schlauch. "Wer ist dieser legendäre Trainer?", wollte ich wissen. "Auf dem Silberberg lebt seit Jahren ein legendäre Trainer über den man sagt, er habe eine derart feste Beziehung zu seinen Pokemon, dass er in Gedanken mit ihnen kommunizieren kann", raunte Yumiko ehrfürchtig. Ein Trainer auf dem- Oooohhhhh.   "Verstanden. Finde den legendären Trainer", wiederholte ich meine Aufgabe. "Ich denke, meine Mutter könnte uns dabei helfen", sagte Yumiko nachdenklich. "Sie kennt als Arenaleiterin fast jeden Trainer der letzten 20 Jahre." Neugier packte mich. "Deine Mutter ist eine Arenaleiterin?", fragte ich nach. "Ja, von Ebenholz City. Ich bin sicher sie weiß, wo man den Trainer finden kann. Zumindest wird sie uns helfen können, nach ihm zu suchen." Mir klappte der Mund auf. Nicht gerade sehr subtil. Schnell überschlug ich die Informationen im Kopf. Arenaleiterin in Ebenholz City war Sandra, die Drachentrainerin. Yumiko sah ihr kaum ähnlich mit ihren schwarzen Haaren. War sie eine Verwandte von Sandra? Das bedeutete ich befand mich hier in einer Zeit einige Jahre nach den Ereignissen in Johto. Yumiko erwähnte 20 Jahre, waren also 20 Jahre seit den Abenteuern von Gold vergangen? Im Prinzip war es egal und machte absolut keinen Unterschied, wann ich hier gelandet war. Meine Aufgabe musste erledigt werden so oder so. "Dann wäre das entschieden", verkündete Tahmoh und klatschte aufgeregt in die Hände. "Du und Yumiko werdet euch nach Ebenholz aufmachen. Und von dort aus eure Suche nach dem legendären Trainer beginnen." Yumiko nickte entschlossener als ich. In diesem Moment kam Komoko mit dem Tee. Doch der Hohepriester sprang mit einem Elan in die Höhe, den man ihm in seinem Alter nicht mehr zugetraut hätte. "Keine Zeit für Tee. Wir müssen sofort mit den Vorbereitungen beginnen." Verstört stellte Komoko den Tee ab. Die Arme hatte den wichtigsten Teil des Gespräche verpasst und wusste natürlich nicht den Grund für die plötzliche Eile.   Ich bedankte mich für die Gastfreundschaft und folgte Yumiko und dem Hohepriester nach draußen. Auf die Frage hin, was ich alles benötigen würde, zählte Yumiko unzählige Dinge auf. Wie soll ich das denn alles bezahlen?! "Ich habe kein Geld", warf ich daraufhin ein. Doch der Priester winkte nur ab. "Wir können nicht verlangen, dass du für deine eigenen Güter aufkommst, nachdem wir diejenigen waren, die verantwortlich für deinen Aufenthalt sind." Damit war die Sache für ihn erledigt und er hörte Yumikos Aufzählungen weiter zu. Als Antwort zuckte ich nur mit den Schultern. Irgendwo hatte er ja sogar Recht. Verpflegung, Schlafsack, Medizin, Kleidung verschiedenster Art, Feuerzeug und viele andere Dinge standen auf meinem imaginären Einkaufszettel. Doch bevor ich auch nur eines dieser Dinge kaufte, würden wir etwas anderes besorgen müssen. "Kann man hier irgendwo Brillen kaufen?", erkundigte ich mich. Yumiko starrte mich überrascht an. "Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich völlig aufgeschmissen bin ohne eine Brille. Ich brauche wirklich Eine. Am besten sofort." Seit Stunden sah ich die Welt durch einen Schleier und ich hasste das Gefühl, meine Umgebung nicht richtig wahrnehmen zu können.     Entweder waren es meine drängenden Worte oder aber die Erinnerung an meine peinliche Begegnung mit der Treppenstufe die Tahmoh davon überzeugten, mich sofort zu einem Brillengeschäft zu bringen. Die Beiden führten mich wieder durch die Straßen von Teak City. Noch war mein Orientierungssinn nicht richtig am Arbeiten, da mir einfach markante Punkte fehlten, an denen ich mich hätte orientieren können. Doch mir fiel auf, dass die Straßen sehr symmetrisch angelegt worden waren und in beinahe exakten Abständen Querstraßen zur Hauptstraße verliefen; wie im einem Raster. Diese Art des Städtebaus war in Japan durchaus üblich gewesen. Das prominenteste Beispiel wäre wohl Kyoto. Anstelle der vielen Pagoden hatte Teak City jedoch seine unterschiedlichen Bäume. Nach einem kurzen Fußmarsch, während dem sich wieder unzählige Bewohner ehrfürchtig verbeugt hatten, erreichten wir einen unscheinbaren Laden. Von außen deutete nichts darauf hin, dass es hier Sehhilfen zu kaufen gab. Dennoch betrat ich hinter Tahmoh das Geschäft. Innen gab es eine Theke mit mehreren Brillengestellen. Scheinbar waren wir hier doch richtig. Ein Mann mittleren Alters und blonden Haaren begrüßte uns, nachdem auch er sich sowohl vor mir als auch vor dem Priester verneigt hatte. Ich schilderte ihm schnell mein Problem, woraufhin er mich vor eine leere Wand stellte. Er zeigte mir Bilder von Pokemon in verschiedenen Größen. Meine Aufgabe war es, näher an die Wand oder weiter weg zu gehen, sodass die Bilder scharf für mich wurden. Am Boden sah ich eine Skala mit seltsamen Symbolen aufgezeichnet. Mit Dioptrien konnte man hier wohl nichts anfangen.   Das erste Bild war ein Hoothoot. Zumindest glaubte ich das. Zum Schrecken aller ging ich beinahe so weit nach vorne, dass ich mit ausgestreckter Hand die Wand hätte berühren können, wenn ich gewollt hätte. Jap, ein Hoothoot. Danach waren die Bilder zunächst wieder Größer und ich ging ein paar Schritte weiter weg, immer die Skala auf dem Boden entlang. Nach gut zehn Minuten schien er genug Informationen gesammelt zu haben. Also schickte er mich los, um ein Gestell zu finden. Ich hielt zunächst Ausschau nach einem Model, welches meiner eigenen Brille zu Hause ähnlich sah. Zu meinem Ärger waren viele mit rundem Bogen. Und rund ging gar nicht! Mein Gesicht war nicht für Potter-Brillen geschaffen. Selbst oval sah fürchterlich aus. Als ich den vierten Block erreicht hatte, stach mir ein Model ins Auge.   "Das da", sagte ich. Der Verkäufer nickte und reichte mir das Gestell, damit ich es probieren konnte. Es saß wunderbar. Die Gläser würden fast perfekt rechteckig geschnitten sein, wenn sie einmal in das Gestell gesetzt sein würden. Auf den breiten Bügeln waren feine Linien auf dunklem Grund geritzt. Das Muster stach mit einer gelber Färbung heraus, die gut zu meinen blonden Haaren passte. Zufrieden gab ich das Gestell dem Verkäufer, der es entgegennahm um die Gläser einzusetzen. Dieser Prozess würde einige Zeit dauern, doch auf Drängen des Priesters hin versprach er am Abend fertig zu sein. Mit gutem Gefühl verließ ich den Laden. Die erste Hürde war geschafft. In ein paar Stunden würde ich wieder richtig sehen können.   Einige Schritte aus dem Eingang heraus ließ mich eine Bewegung stoppen. Vor mir saß ein Pokemon, über das ich beinahe gestolpert wäre. Sein geteilter Schwanz zuckte erwartend von einer Seite zur anderen und seine glühenden Augen starrten mich direkt an. In dieser aufrecht sitzenden Position und den ausgestreckten Ohren reichte es mir bis zur Hüfte. "Psiana, was machst du denn hier?", begrüßte der Priester das neue Pokemon. Ich selbst konnte meine Augen nicht von dem Psiana nehmen. Dem Pokemon schien es mit mir genauso zu gehen. Jedoch hinderte mich etwas in seinem musternden Blick meine Hand nach dem Pokemon auszustrecken, um es zu berühren. Auch wenn sein Fell weicher aussah, als das von Nachtara und ich es nur zu gerne gefühlt hätte. "Du solltest zu deinem Bruder gehen. Er ist wach", sagte Tahmoh und schob mich weiter weg von dem Pokemon. Immerhin hatten wir Einkäufe zu erledigen und damit keine Zeit für Unterbrechungen. "Sie kennen das Psiana?", fragte ich den Priester im Laufen. "Ja, es ist die Schwester des kranken Nachtara", erklärte er. Bei seinen Worten kam ich nicht umhin mich noch einmal umzudrehen. Das Psiana folgte uns mit einigen Metern Abstand. "Vermutlich will es dir danken, dass du ihrem Bruder geholfen hast." Yumiko war meinem Blick gefolgt beantwortete meine nicht ausgesprochene Frage. Wir bogen auf die Hauptstraße und folgten ihr nun in die Richtung, aus der wir zuvor gekommen waren. Ich erkannte, wie am Ende der Hauptstraße der Zinnturm zu sehen war. Der Anblick war selbst ohne Brille wunderschön und ich realisierte hier in diesem Moment, wo ich eigentlich war. Ich atmete die erdige Luft der Stadt und spürte den Wind auf meiner Haut. Ich sah den hohen Turm der aussah, wie eine Pagode und doch höher war, als es für eine traditionelle Pagode üblich wäre. Uns folgte ein Psiana; ein atmendes, lebendiges Pokemon. Ich erlaubte mir für ein paar Sekunden die Augen zu schließen und den Moment zu genießen. Das war kein Traum, dass wusste ich seit dem Moment, in dem ich mir an der Treppe beinahe die Zehen gebrochen hätte. Sie waren sogar noch immer etwas taub. Nein, ich war in einer realen Welt, nur eben nicht mehr in der Meinen. Denn dort war Pokemon eines der erfolgreichsten Franchise des Planeten und der Name allein Milliarden schwer. Das alles zählte hier nicht. Hier lebte man mit den Pokemon zusammen. Kämpfte mit ihnen, erlebte Abenteuer oder hielt sie sich als intelligente Haustiere. Die Aufgabe, die auf mir lag war noch immer beängstigend und die Aussicht herumreisen zu müssen erfüllte mich nicht gerade mit Vorfreude. Aber ich war hier, in der Welt der Pokemon und bekam die Chance zu dem zu werden, was Yumiko bereits repräsentierte. Ich sah sie von der Seite an und begann zu grinsen. Ich werde eigene Pokemon haben. Dieser Gedanke war die Reise, die vor mir lag, allemal wert. "Warum lächelst du?", fragte Yumiko, die mich nun musterte. Natürlich hatte sie gemerkt, wie ich sie kurz zuvor angestarrt hatte. "Ich bin froh hier zu sein", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Ja, jetzt konnte ich sagen, dass ich froh war hier zu sein. Das hieß nicht, dass ich Mew vergeben würde. "Hier? Jetzt wo du es erwähnst woher kommst du eigentlich?" Scheiße! Mit einem Mal entwich das Lächeln aus meinem Gesicht. "Was meinst du?", fragte ich mit unschuldigem Gesicht in der Hoffnung Zeit schinden zu können. Yumiko nahm die Hände hinter den Rücken und legte den Kopf schief. "Naja, Mew hat dich ja regelrecht aus deinem Bett gerissen, so wie du aussiehst." Ihr Blick ging einmal über meinen Kopf bis Fuß und wieder hoch. Natürlich hatte es das getan. Aus meinem Bett, welches in einer Welt steht, in der all das hier Spiele, Serien und Bücher aller Art füllte. Das konnte ich wohl schlecht beichten. "Das hat es auch", erwiderte ich mit gezwungenem Lächeln. Ich hoffte inständig, dass Yumiko meine Antwort nicht weiter hinterfragen würde. Aber da wurde ich schnell enttäuscht. "Kommst du von weit weg? Wie ist es dort? Gibt es dort andere Pokemon als hier?" Natürlich war sie eine Vollblut-Trainerin und hatte sofort nur exotische Pokemon im Sinn. Nur, was sollte ich antworten? Ich starrte nach vorne die unscharfe Straße entlang und dachte über meine nächsten Worte nach. "Yumiko wartet gespannt mit breitem Grinsen. Im Kern die Wahrheit zu sagen, ist wohl das Beste", entschied ich. "Man könnte sagen, ich komme von sehr weit weg. Einem Ort, den nur die Legendären erreichen," hoffentlich hatte ich mich mit dieser Aussage nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt. "Wir haben unsere eigenen...Pokemon, die wir uns als Haustiere halten. Aber wir benutzen sie nicht zum Kämpfen." Jedenfalls sollte man es nicht. Ich würde einfach die heimische Fauna als Pokemon bezeichnen. Yumiko würde nie hinter die Wahrheit kommen, also sollte sie und jeder andere, der es wissen wollte, diese Geschichte glauben. Der Priester war still neben uns her gelaufen, aber ich war mir sicher, dass er bisher jedem Wort neugierig gefolgt war.   Meine Erzählung hatte den erwarteten Effekt auf die Trainerin gehabt. Mit weiten Augen gaffte sie mich an. Aber ihre Neugier schien noch nicht gestillt zu sein. "Hast du eigene Pokemon in deiner Welt?" Tatsächlich brachte mich ihre jugendliche Naivität zum Lachen. "Ja habe ich. Es ist sogar mit dem Psiana hinter uns vergleichbar, nur nicht so groß." Zufrieden stellte ich fest, wie ihr Blick auf das Pokemon fiel, das uns noch immer folgte. Eine Katze ähnelte in der Tat den Evoli-Entwicklungen, soweit war das also gar nicht hergeholt. "Du musst es vermissen", sinnierte sie. "Wie heißt es und was ist es für ein Typ?", wollte sie nun wissen. Das war nicht ganz einfach. Denk nach, denk nach - ein Name.... Mir fällt nichts ein!!! Panisch begann ich vor mich hin zu stammeln. "Min-ka!" "Minka?" "Minka." Komm schon, Psiana, Blitza, Minka wo war der Unterschied? Zunächst war ihr Gesichtsausdruck völlig blank. Doch dann hüpfte sie schon beinahe vor Aufregung auf und ab. "Das ist der Wahnsinn erzähl mir alles darüber." Strike!   "Ich fürchte ich muss euer Gespräch unterbrechen", sagte Thamoh. "Wie ich sehe kommt ihr schon gut aus, das freut mich. Ich werde euch also an dieser Stelle verlassen. Einkaufen ist sowieso nicht meine Lieblingsbeschäftigung", winkte er ab und grinste. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Selbst mir war shoppen eigentlich zu anstrengend und ein Hohepriester hatte etwas Besseres zu tun, als mich von einem Laden zum anderen zu führen. Diese Rolle konnte auch Yumiko übernehmen, die sichtlich angetan von dem Gedanken war mit mir einkaufen gehen zu dürfen. Ich sah zu, wie er ihr ein Bündel gab, das leise klimperte. Vermutlich befand sich darin das Geld.   Eine knappe Verabschiedung später war unser erster Halt nunmehr zu zweit in einem Taschengeschäft. Hier gab es alles was das Herz begehrte: Hängetaschen, Rucksäcke, große Handtaschen, kleine Handtaschen und vieles, vieles mehr. Yumiko führte mich sofort zu den Rucksäcken. "Die hier sind doch ganz schön", sagte sie während sie mir einen Großen mit Streifen präsentierte." Aus Höflichkeit sah ich ihn mir lächelnd an, aber Rucksäcke waren nicht das, was ich mir vorstellte. "Danke, aber ich hätte lieber eine Hängetasche oder sowas. Rucksäcke sind nicht wirklich mein Ding." Verwundert starrte sie zurück. Still legte sie die Tasche wieder an ihren Platz und ging mit mir weiter in den Laden hinein. An einer Wand hingen schließlich Modelle, die mehr nach meinem Geschmack waren. Zu groß sollte sie nicht sein, aber es musste wohl oder übel mindestens ein Schlafsack hinein. Ich seufzte. "Nichts dabei was dir gefällt?", fragte Yumiko nach. Schnell schüttelte ich den Kopf. "Nein, das ist es nicht. Ich dachte nur gerade, wie groß die Tasche sein muss um alles unterzubringen." Yumiko lachte. "Das ist es, was dich sorgt? Das Größte, das du tragen musst ist deine Schlafunterlage und eine Decke und die gibt's in komprimierter Form." Komprimierter Form? Interessant. Mein Blick fiel zurück auf die Taschen. Eine erweckte mein Interesse: schwarz, relativ schlicht mit roten Akzenten. Sie dürfte groß genug für Proviant und anderen Dingen wie Tränke oder ähnliches sein. Fragend zeigte ich ihr die Tasche, die sie zufrieden absegnete. Zu meiner Überraschung wollte die Verkäuferin das Geld gar nicht haben, das ihr Yumiko hin hob. Sie nickte mir zu und versicherte mir, dass es nur das mindeste war, mir die Tasche zu schenken. Zuerst wollte der Priester für mich zahlen und jetzt schenken mir die Leute sogar die Sachen. Gar nicht so übel der Retter zu sein. Dankend nahm ich die Tasche entgegen und hing sie mir um. Ja, das würde gehen.   Vor der Tür erwartete uns ein vertrauter Anblick. Wieder saß das Psiana geduldig an der Seite mit Blick zur Tür. Auch Yumiko starrte das Pokemon nun verwundert an. "Ich dachte du seist mit dem Hohepriester zum Zinnturm gegangen. Willst du lieber uns Gesellschaft leisten?", sagte Yumiko zu Psiana gewandt. Der Schwanz des Pokemon wedelte ruhig mit schon fast hypnotischer Wirkung hin und her. "Lass uns weiter gehen, Yumiko." Das Psiana wurde mir langsam unheimlich. Auf dem Weg zum nächsten Laden verfiel Yumiko wieder in Neugier. "Was ist eigentlich Minka für ein Typ?" Ein aggressiver Typ, aber das wollte sie nicht wissen. "Normal/Unlicht. Es kann aber nicht viel außer Kratzer und Biss," sagte ich und kam nicht umhin zu schmunzeln. Die Vorstellung aus meiner Katze ein Pokemon zu machen war belustigend. Wobei die Beschreibung sogar relativ gut passte. "Also bist du kein Trainer... Was machst du denn dann in deiner Welt?" Kind! Hör auf mit den Fragen! "Ich bin eine Gelehrte", sagte ich tonlos. Das war derart vage, dass schon wieder aussagekräftig war. "So wie Professor Lind?" "Eher wie Gelehrte in Ausbildung..." Sie formte ein wortloses 'Oh'. Glücklicherweise war sie damit tatsächlich zufrieden. Zumindest für den Moment.   In der nächsten Stunde liefen wir in jeden zweiten Laden und besorgten mir allerhand Utensilien, die ich nach Yumikos Meinung unbedingt benötigte. Das Prozedere war beinahe immer dasselbe. Egal ob Salben, Arznei, Schuhe oder Jacken. Keiner wollte auch nur einen Pokedollar haben. Kleidung hatte dabei länger gedauert zu besorgen, als der Rest. Obwohl ich nicht gerade zu dick war gab es doch sehr wenig in meiner Größe. Irgendwann war ich einfach zu den Männerklamotten gegangen. Dort hatte ich ein zwei Garnituren gefunden, die nun alle in riesigen Taschen an unseren Händen verstaut hingen. Sogar eine dieser komprimierten Schlafsäcke war dabei. Es war zwar nicht gerade eine Capsule von Capsule Coorporation, aber ich war dennoch überrascht, wie winzig die Matratze war. Laut Yumiko musste man nur Luft hinein pumpen lassen, was man wohl automatisch per Knopfdruck erledigen konnte. Es würde sie von Buchgröße auf bis zu zwei Meter ausdehnen, hatte man uns gesagt. Und auf Wunsch faltete sie sich auch wieder auf Miniaturgröße zurück. Ich würde bald Gelegenheit haben, das auszuprobieren. Das Psiana hatte uns nie aus den Augen verloren und war uns immer in ein paar Metern Abstand gefolgt. Als Yumiko mich zum Essen eingeladen hatte, hatten wir auch dem Psiana einen Fleischspieß angeboten, den es ohne zu zögern entgegengenommen und in einiger Entfernung verspleißt hatte. Der Spieß erinnerte mich an gegrillte Schaschlikspieße mit Schwein und Gemüse. Aber irgendetwas sagte mir, dass dies hier kein Schweinefleisch war. Es schmeckte absolut hervorragend. Nur wollte ich lieber nicht zu sehr darüber nachdenken, was das hier für Fleisch war...   Als wir endlich alle Dinge besorgt hatten begann es bereits zu dämmern. Wir beschlossen zurück in den Brillenladen zu gehen, um meine Sehhilfe abzuholen. Darauf hatte ich mich den ganzen Tag gefreut. Der Rückweg war eine Tortur. Zum Einen hatten wir nun kiloweise Gepäck zu schleppen und zum Anderen brannten meine Sohlen wie Feuer. Die geliehenen Schläppchen waren nicht gerade für lange Märsche geeignetes, festes Schuhwerk und ich spürte jeden einzelnen Stein unter meinen Füßen. Kurz gesagt, war es kein schönes Gefühl noch auf den Beiden zu stehen. Aber der Gedanke endlich wieder richtig sehen zu können trieb mich voran. Als ich völlig fertig in den Laden stolperte begrüßte mich auch schon der Verkäufer. Yumiko folgte dicht hinter mir. Im Gegensatz zu mir sah man ihr die Anstrengung nicht an. Ihr Gesicht ließ keine Vermutungen zu, ob sie nicht auch wenigstens ein bisschen müde vom Laufen war.   Freudig wurde mir bereits meine fertige Brille hin gehoben. "Ich habe den ganzen Nachmittag daran gearbeitet. Für die Gläser habe ich beste Golkinglinsen genommen und ihnen einen netten Schliff verpasst. Ihre Sicht ist sehr schlecht, daher konnte ich die Gläser nicht feiner bearbeiten", entschuldigte er sich. Ich versicherte ihm, dass ich damit keine Probleme hatte. Meine alten Gläser waren auch recht dick. Solange man nicht aussah wie ein Frosch war alles- Moment hatte er gerade 'Golkinglinsen' gesagt? "Aus welchem Material bestehen die Gläser?", fragte ich skeptisch noch einmal nach. "Golkinglinsen. Sie sind die Stärksten und lassen sich gut in Form bringen." Langsam nickte ich, wobei ein saurer Geschmack im Mund zurück blieb. Ich hatte schon gehört, dass Fische gläserartige Linsen besaßen, aber dass daraus Brillen hergestellt werden konnten war mir neu. Würde die Sicht dann nicht verzerrt werden? Zögern probierte ich meine Brille an.   Und seufzte vor Erleichterung. Meine Welt war scharf! Ich konnte endlich wieder sehen! Die Brille fühlte sich gut an. So gut, dass man kaum merkte, dass sie da war. Der Mann hatte wirklich gut gearbeitet. Ich hätte nicht gedacht, dass diese seltsame Art meine Sehschwäche zu messen derart gut funktionieren würde. "Vielen Dank." Ich hatte keine Worte meinen Dank besser auszudrücken. Dieser Mann war mein Held. Völlig egal aus was die Gläser bestanden. Er lächelte mich an und nickte mir zu. Ich bestand darauf ihn zu bezahlen, aber auch er wollte kein Geld. "Es ist mir eine Ehre die Brille für die Heilerin angefertigt zu haben", entgegnete er nur. Ihm erneut mehrmals dankend schüttelte ich ihm die Hand und versicherte ihm, dass er mir sehr geholfen hatte.   Yumiko hatte die Szenerie bisher passiv beobachtet, grinste mich jetzt aber, nachdem wir den Laden verlassen hatten schelmisch an. "Du bist dem Mann ja beinahe um den Hals gefallen." Empört mit Schmollmund drehte ich mich zu ihr um. "Du hast keine Ahnung wie es ist nichts zu sehen. Verzeihung wenn ich ein wenig Dankbarkeit zeige." Daraufhin fing Yumiko lauthals an zu lachen. Na also, Ironie ist also doch kein Fremdwort. Zufrieden wendete ich mich der Straße zu. Zum ersten Mal sah ich nun Teak City, wie es wirklich war und auch sein sollte. Die Farben waren überwältigend. Das Abendrot tauchte die Szenerie in eine magische Atmosphäre. Ein Gemälde hätte es nicht besser darstellen können. Überall sah ich Menschen mit ihren Pokemon; Taubsis, die von Baum zu Baum flogen, Menkis, Rattfratze, riesige Smettbos, Phanpys. Es war einfach unglaublich. Der Drang endlich selbst ein Pokemon zu besitzen wurde immer größer. Plötzlich kam mir ein Gedanke, der mich meine Augen weit aufreißen ließ. Wie konnte ich das nur vergessen?! Mir fiel ein weiteres essenzielles Utensil ein, das wir noch besorgen mussten. Ich brauchte Pokebälle! 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