Prelude of Shadows von yazumi-chan (Die Team Shadow Chroniken) ================================================================================ Ryan – Akt 3, Szene 4 --------------------- 9 Jahre vor Team Shadows Gründung Da es nun ohnehin zu spät war, seinen Rucksack trocken zu halten, kämpfte Ryan mit den Trägern, bis die Tasche über seinen Schultern hing und paddelte verloren mit den Beinen. Ellie war keine fünf Minuten weg und schon spürte er die Anstrengung, die ihm das Schwimmen abverlangte. Negative Gedanken jagten durch seinen Kopf. Er war kein besonders ausdauernder Schwimmer. Bald würde er die Wahl treffen müssen, ob es besser war, zu ertrinken oder von Team Aqua erwischt zu werden, wenn er sich auf die Plattform hievte. Dazu kam es jedoch nicht. Als hätte es seinen Pessimismus gerochen (was Ryan nicht ausschloss), tauchte kurze Zeit später Shuppet neben ihm auf. Zumindest seine Augen, denn der Geist hielt sich an Ryans Befehl, unsichtbar zu bleiben. „Wie sieht es aus?“, fragte Ryan. Shuppet wiegte verneinend den Kopf. Also war es eine elektrische Tür. Ryan seufzte. Was hatte er auch erwartet? Sein alter Plan war inzwischen nutzlos. Er konnte nicht auf gut Glück warten und hoffen, dass in den nächsten Minuten zufällig ein Aqua den Eingang benutzte. Seine Arme und Beine brannten. Er musste die Initiative ergreifen. „Shuppet“, begann er, „du musst raus zu den Drohnen fliegen und ihre Aufmerksamkeit wecken. Gib Aqua einen Grund, jemanden rauszuschicken, um nach dem Rechten zu sehen und sich von der Tür zu entfernen, damit er anschließend den Code eingeben musst. Komm danach zurück.“ Shuppet blinzelte ihn an und verschwand. Ryan schwamm weiter und analysierte die Kamerawinkel. Er war nicht hundertprozentig sicher, aber wenn er von hier bis zur Plattform tauchte und sich in der Ecke nahe der Wand versteckte, sollte er sich in einem toten Winkel befinden. Von außerhalb des Tunnels ertönte ein hohes Kreischen und das Quietschen von Metall, sowie panisches Flügelschlagen. Ryan verrenkte sich bei dem Versuch, nach draußen zu sehen, fast den Hals aus, entdeckte jedoch eine trudelnde Drohne und ein brennendes Wingull, das durch die Lüfte schoss und wehleidig schrie. Gut gemacht, Shuppet, dachte er, bevor er sich davon abhalten konnte. Keine Minute später erschallte ein hohes Piepen aus Richtung der Eingangstür. Ryan wandte sich hastig um, holte tief Luft, und tauchte. Er tauchte tiefer als zuvor mit Moorabbel, um nicht von dem Aqua entdeckt zu werden, und schwamm um sein Leben. Der Rucksack war unter Wasser leicht, aber er vergrößerte die Fläche, die Ryan dem Wasser als Widerstand bot und verlangsamte ihn. Über sich konnte Ryan rotes Licht erkennen und hörte wie durch Watte den Ruf eines Pokémon, das im nächsten Moment einige Meter entfernt im Wasser landete und sofort schneller wurde. Ryan tauchte noch etwas tiefer und entging den Flossen des großen Fisches nur um Haaresbreite. Dann mobilisierte er all seine Kräfte und schwamm weiter. Im trüben Wasser fiel es ihm schwer, sein Ziel auszumachen und seine Lunge protestierte, aber nachdem er am eigenen Leib erfahren hatte, dass er notfalls auch über eine Minute aushielt, ohne ohnmächtig zu werden, kämpfte Ryan sich tapfer voran. Erst, als er den schummrigen Umriss der Plattform erkannte, schwenkte er nach rechts ab und tauchte wenige Sekunden später prustend auf, gerade weit genug, um atmen zu können. Mit zittrigen Armen klammerte er sich an dem stählernen Gerüst fest, das die Plattform aufrecht hielt, rieb sich Salzwasser aus den Augen und sah sich um. Der Tumult außerhalb des Tunnels schien seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Das Wingull musste in seiner Panik in einige Artgenossen geflogen sein, denn nicht weniger als drei brennende Möwen waren durch den Ausgang sichtbar und die ohrenbetäubenden Warnsignale des Hauptquartiers wurden nur durch die Befehle des Aquas unterbrochen, der mühsam versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bringen und den Ursprung des entstandenen Chaos‘ auszumachen. Viel Glück dabei, dachte Ryan grimmig. In genau diesem Moment stellten sich ihm alle Nackenhaare auf, und er drehte den Kopf in die ungefähre Richtung, in der er Shuppet vermutete. „Wenn du jetzt noch aufhören könntest, dich wie ein Spukgespenst zu verhalten, würde ich dich glatt loben“, sagte er. Shuppet nahm das Kompliment als das an, was es war und schleckte ihm liebevoll über die Wange. Ryan verzog angeekelt das Gesicht. Gemeinsam warteten sie, bis der Aqua schweratmend und mit der kaputten Drohne unter dem Arm zurückkehrte. Ryan tauchte unter, bevor er entdeckt wurde, aber er hätte schwören können, dass es sich um niemand anderen als Erwin handelte. Unter Wasser grinste er. Da hatte es wenigstens den richtigen Deppen erwischt. Er blieb untergetaucht, bis das Piepen eines vierstelligen Codes gedämpft an seine Ohren drang und die Tür schwer zufiel. Er spürte die Vibrationen durch das Metallgestell, an dem er sich festklammerte. Prustend tauchte er auf. Neben ihm erschienen Shuppets Augen. „Hast du dir den Code gemerkt?“, fragte er. Das Pokémon nickte. „Als nächstes musst du die Kameras ausschalten“, erklärte er. „Verschieb sie unauffällig, sodass der Eingangsbereich nicht gefilmt wird. Ich schleiche mich rein, du schiebst alles wieder in Ursprungsposition und folgst durch die Tür.“ Wieder nickte Shuppet. Ryan seufzte innerlich. Er wollte es nicht zugeben, aber ohne sein nerviges Geisteranhängsel wäre er absolut verloren. Zumindest in dieser Mission. Während Shuppet seinen Anweisungen folgte, überflog Ryan im Kopf sein weiteres Vorgehen. Schaltzentrale finden. Seinen USB, Corinna und Magnayen finden, am besten in dieser Reihenfolge. Irgendwie die Kameras lahmlegen und eine waghalsige und riskante Rettungsaktion starten. Sich nicht erwischen lassen. Fliehen. Was konnte da schon schiefgehen? Als Shuppet mit einem leisen Fiepen das Signal gab, dass Ryan auf das Plateau konnte, war er unter der Wasserschicht auf seinem ganzen Körper schweißgebadet. Worauf hatte er sich hier eingelassen? Wie lebensmüde war er eigentlich? Vor zwei Wochen hätte er niemals etwas so unvorbereitetes und zum Scheitern verurteiltes getan! Außer unvorbereitet abzuhauen und sich alleine durch die Wildnis zu schlagen, versteht sich. Vielleicht hatte er sich doch weniger verändert als gedacht. Ryan kletterte an der Metallleiter empor, die praktischerweise am Rand des Plateaus angebracht war und zog sich nach oben. Das Wasser tropfte unter ihm durch die Aussparungen im Stahl. Flüchtig überprüfte er die Kameras, die Shuppet so gedreht hatte, dass ihr Winkel den Eingangsbereich gerade nicht mehr erfasste. Ryan verlor keine Zeit. Er zurrte den Rucksack fest auf seinen Rücken und lief zu dem Tastenfeld. Bevor er etwas sagen konnte, erschien direkt vor ihm ein winziges Irrlicht, das über der Eins schweben blieb. Ryan drückte. Als nächsten kamen Sechs, Acht und Fünf. Ein doppeltes Piepen. Die Tür klickte und Ryan drückte sich mit aller Kraft dagegen. Sie schwang auf und im nächsten Moment fand Ryan sich in einem spärlich beleuchteten Gang wieder. Felswände ragten zu beiden Seiten in die Höhe, genau wie in dem Tunnel, doch der Boden war gefliest und am Ende hing über einer weiteren Tür eine riesige, blaue Flagge, auf der das Aqua-Symbol prangte. Hinter ihm schoss Shuppet durch die geschlossene Tür und kam an seiner Seite zum Stillstand. Ryan atmete tief durch. Sie hatten es geschafft. Sie waren in Team Aquas Hauptquartier eingebrochen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)