Prelude of Shadows von yazumi-chan (Die Team Shadow Chroniken) ================================================================================ Jayden – Akt 3, Szene 2 ----------------------- 8 Jahre vor Team Shadows Gründung   Nachdem er Chris wieder eingesammelt hatte, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zu ihrer vorübergehenden Herberge. Jens beschrieb Jayden den Weg, aber Jayden hörte nur mit halbem Ohr zu, weil er versuchte, eins der unsichtbaren Schemen über dem Arenaleiter zu erkennen. So verbrachten sie eine halbe Stunde damit, durch die Stadt zu irren. Je mehr Jayden von der Stadt sah, umso überzeugter war er davon, mit der Hilfe beim Aufbau das Richtige zu tun. Kein Haus war verschont geblieben. Manche hatten nur leichte Dachschäden oder abgerissene Fensterläden, aber andere waren halb eingestürzt. Das Haus von Jens Freunden entpuppte sich als ein traditionelles Gebäude mit blau gedeckten Pagodendächern und einem Schild mit einer stilisierten Tänzerin in sehr aufwendigem Gewand. Jayden hätte es gerne länger betrachtet, aber da entdeckte Chris den Seiteneingang. „Hier“, sagte sie und zog an dem Türknauf. Die Tür ruckte, blieb aber geschlossen. Genervt ruckte sie erneut daran. Jayden seufzte, kam zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Lass mich das machen.“ Chris runzelte die Stirn, trat aber einen Schritt zurück. Jayden streckte eine Hand aus, so als wolle er die Tür aufziehen—und betätigte dann die Klingelglocke. Bei dem Blick, mit dem Chris in strafte, musste er laut lachen, aber in dem Moment öffnete schon eine elegant gekleidete Frau die Tür. Graue Strähnen spickten ihr pechschwarzes, hochgestecktes Haar und hinter ihrem Bein versteckte sich ein kleiner Junge, der sie beide mit großen Augen ansah. „Guten Abend“, begrüßte Jayden sie so höflich er konnte. In der Gegenwart dieser hochgewachsenen Frau, die ihre dreckstrotzende Kleidung kritisch beäugte, fühlte er sich sofort unwohl. „Jens sagte, dass wir hier unterkommen können“, erklärte er hastig. „Ich bin Jayden und das ist meine Freundin Chris. Vielen Dank, dass sie uns aufnehmen.“ Bei Jens` Namen wich der abschätzige Blick einem ehrlichen Lächeln. „Unserem Jens schlagen wir keinen Gefallen ab, und wir freuen uns selbstverständlich auch über etwas Hilfe im Theater.“ Sie trat beiseite. „Kommt herein.“ Sie betraten einen kleinen Flur mit einer Stufe, vor der sie ihre Schuhe ausziehen mussten und stattdessen Pantoffeln erhielten. „Mein Name ist Fiona“, stellte die Frau sich vor, während sie ihre Schuhe wechselten. „Mir gehört das Theater und ich lebe hier mit meiner Familie und den Mädchen.“ Sie führte Jayden und Chris durch einen langen, schmalen Flur mit Schiebetüren zu mehreren Seiten. Der kleine Junge blieb anfangs an ihr Bein geklammert, floh aber irgendwann vor den Fremden und verschwand um eine Ecke. „Ihr dürft solange bleiben, wie ihr wollt, im Gegenzug erwarte ich, dass ihr im Haus mithelft. Wischen, Fegen, Toiletten putzen, solche Dinge. Aber macht es euch erstmal gemütlich, ihr habt sicher einige Strapazen hinter euch. Es gibt ein kleines Bad mit Dusche auf eurem Stockwerk. Einmal die Woche dürft ihr euch in die Badeliste eintragen.“ So fuhr sie mit Erklärungen fort, von Mahlzeiten über Küchendienste bis hin zu dem Pokémonverbot im Haus. Dieser Punkt stieß vor allem Chris sauer auf. „Warum dürfen wir unsere Pokémon nicht rufen?“, protestierte sie sofort. „Glaub mir Chris, das war nicht immer so“, antwortete Fiona entschuldigend. „Aber wir haben aus der Vergangenheit gelernt. So, und da sind wir schon.“ Sie blieb vor einer dunklen Holztreppe stehen, die steil ins nächste Geschoss führte. Jayden blickte hinauf in die Dunkelheit und überlegte, ob er sich bei einem Sturz direkt das Genick brechen würde oder nur die Beine. „Euer Zimmer ist gleich auf der linken Seite, das Bad ganz am Ende des Flurs. Ich hoffe, die Musik stört euch nicht, euer Zimmer ist direkt über der Bühne.“ „Welcher Bühne?“, murmelte Jayden, bis ihm wieder das Schild draußen einfiel. Und eben hatte sie ein Theater erwähnt. Er wollte gerade fragen, was für Veranstaltungen sie hier aufführten, da hörte er das Tapsen mehrerer Füße. Als er sich zu der Quelle des Geräuschs umdrehte, entdeckte er den Kopf eines Mädchens ungefähr in seinem Alter, das mit einer Hand die Schiebetür zu ihrer Linken aufhielt und durch den Spalt spinkste. Direkt unter ihr tat der kleine Junge von eben das gleiche. Jayden hatte gerade genug Zeit, das rot und blau gemusterte Gewand des Mädchens auszumachen, da entdeckten ihre braunen Augen ihn und sie riss kichernd den Kopf zurück. Jayden stupste Chris an und deutete auf die Tür, die noch immer offenstand. Durch die Beleuchtung im anderen Raum konnten sie gerade sie die Umrisse von mehreren Personen ausmachen. Fiona bemerkte das Kichern im Nebenraum ebenfalls. „Entschuldigt mich“, sagte sie und scheuchte Jayden und Chris die Treppe hinauf, bevor sie den Raum betrat. „Was ist hier los, Mädchen? Ihr solltet die zweite Sequenz üben, während ich mich um unsere Gäste kümmere! Husch, husch, weiter geht`s. Komm, Nick.“ Danach verklangen die Stimmen. „Beeil dich“, drängelte Chris ihn, die bereits auf der obersten Treppenstufe stand. „Ja, ja“, murrte Jayden und kletterte vorsichtig hinterher. Ihr Zimmer entpuppte sich als geräumiger als erwartet, allerdings war die Hälfte des Raumes durch eine Dachschräge nicht hoch genug, darin stehen zu können, und vollgestellt mit Kartons und Truhen, aus denen Kostüme, gefaltete Gewänder, Fächer und andere Dinge quollen. Jayden untersuchte alles fasziniert, während Chris sich auf ihr Bett fallen ließ und missmutig ihren Pokéball hochhob. „Ich finde es nicht gut, dass ich Pikachu nicht rufen darf“, verkündete sie. Jayden trafen die Worte etwas tiefer als er wollte. Die Freude über seine Entdeckungen verlosch und er wandte sich Chris zu. Er versuchte, neutral zu klingen, als er sagte, „Wenigstens hast du dein Pokémon noch. Wer weiß, wann ich Glutexo wiedersehen werde?“ Chris legte den Kopf schief, nickte aber schließlich. „Du hast Recht, das ist wesentlich schlimmer.“ Jaydens Wut verrauchte. Er warf sich neben Chris auf ihr Bett und starrte an die Decke. „Wenn du es so sagst, fühle ich mich noch schlechter. Aber hast du all die Geistpokémon gesehen?“ „Nein.“ „Genau!“, sagte er und setzte sich ruckartig auf. „Das ist so cool! Ich glaube, ich möchte eins fangen. Aber die alte Frau bei Jens meinte, dazu muss man nach Viola City in den Knofensaturm …“ „Nimm eins von denen, die hier ausgesetzt wurden“, schlug Chris vor. Jayden starrte sie an. „Hat die Frau das nicht gesagt? Dass einige der Pokémon nicht ausgewildert werden können?“ „Chris“, sagte Jayden und nahm ihr Gesicht in beiden Hände. „Du bist ein Genie. Bis später!“ Und damit rannte er aus dem Zimmer und die Treppe hinunter, zum Glück ohne Genickbruch. Aber es war eine knappe Sache.     „Als ich dich eingeladen habe, die Pokémon zu besuchen, meinte ich nicht am selben Abend, junger Mann“, schalt ihn die hutzelige Alte, die trotz ihrer Tirade bereits Tee für ihren unangekündigten Besuch aufbrühte und sich stöhnend neben ihn an den Tisch kniete. Jayden druckste herum. Chris` Vorschlag war ihm so gut vorgekommen, aber jetzt da er hier saß, wusste er nicht, wo er anfangen sollte. Würde sie ihn überhaupt ernstnehmen? Er war schließlich genauso ein Anfänger wie die anderen Trainer, die Geistpokémon fingen und sie dann wieder abgaben. Aber der Gedanke an Glutexo ließ ihn neuen Mut fassen. „Ich möchte gerne mit den Geistpokémon helfen“, erklärte er. Die Alte zog die Brauen empor. Über ihrer Schulter schimmerte Apollo leicht, blieb aber unsichtbar. „Ich weiß, dass ich noch nicht viel Erfahrung habe, aber mein Starter war auch kein einfacher Charakter und wir haben trotzdem Freundschaft geschlossen. Es gibt noch viel für mich zu lernen, aber ich bitte Sie, geben Sie mir eine Chance!“ Er neigte den Kopf tief und wartete, während Blut in seinen Ohren brauste. „Na“, sagte die alte Frau nach einer gefühlten Ewigkeit, „wenn das mal keine Ansage ist. Also gut! Ich werde nicht jünger und kann ein bisschen Hilfe von einem motivierten Jungspund wie dir gut gebrauchen. Und lernen kannst du bei mir auch einiges, Polly und ich sind inzwischen seit über fünfzig Jahren Partner. Ich erwarte dich morgen früh hier, um deine neuen Schützlinge kennenzulernen. Je nachdem, wie das Treffen läuft, sehen wir dann weiter. Und jetzt trink schon deinen Tee, er wird ja ganz kalt!“ Jayden kehrte erst spät abends zum Theater zurück. Zusammen mit der Alten, die sich im Laufe des Gesprächs als Koko vorstellte, trank er eine Tasse Tee nach der anderen und sog wie ein Schwamm alles in sich auf, was sie ihm erzählte, von typischen Fehlern mit Geistern, zu Vorurteilen und ihren Lieblingsspeisen. Sein Schädel brummte von so vielen Informationen, aber er war wunschlos glücklich, als er durch die Seitentür hereinkam (Fiona hatte ihnen den Zweitschlüssel unter dem Blumenpott gezeigt) und sich die Treppen hinauf in sein neues Zimmer schlich. Dort entdeckte er zu seiner großen Überraschung Chris, die bäuchlings auf dem Fußboden lag und durch ein Astloch in den Dielen starrte. Ihr Pony war frisch geschnitten und reichte gerade so zur Mitte ihrer Stirn. Scheinbar hatte sie endlich wieder ihrem Ritual nachkommen können. Jayden wusste von ihren Reisen, wie sehr sie das zu lange Haar störte. „Endlich bist du da“, sagte sie, als er eintrat und winkte ihn zu sich. „Schau mal.“ Jayden ging neben ihr auf die Knie und schaute durch das kleine Loch im Holz geradewegs auf die Bühne. Fünf Mädchen bewegten sich im Takt einer klatschenden Person über das polierte Holz. Sie trugen dieselben rot-blauen Gewänder wie das Mädchen von vorhin, und schienen eine Art Tanz aufzuführen. Ihre goldenen Fächer untermalten die Bewegungen noch weiter. Es sah hier und da noch etwas holprig aus, aber insgesamt schienen sie alle sehr vertraut mit der Choreographie zu sein. „Was machen sie da?“, wollte Chris wissen, die sich im Schneidersitz neben ihn gesetzt hatte und ihn beim Zuschauen beobachtete. „Sie tanzen“, sagte Jayden und setzte sich auf. „Sag bloß, dass siehst du zum ersten Mal.“ Chris wurde rot, daher ruderte Jayden schnell zurück. „Jedenfalls scheinen sie hier eine Bühne und alles zu haben. Wahrscheinlich gibt es richtige Aufführungen mit vielen Zuschauern. Oder gab es vor dem Unwetter.“ Chris nickte nachdenklich. Dann stand sie auf und ging zum Bad, um zu Duschen und ihre Wäsche zu waschen. Jayden zog seine dreckigen Klamotten auf und warf sich auf sein Bett. Er breitete die Arme aus und starrte an die Decke. Es kam ihm so vor, als hätte er erst vor wenigen Tagen mit Glumandas Pokéball Alabastia verlassen, dabei waren inzwischen fast zwei Monate vergangen. Glutexo war nicht bei ihm, dafür Chris, und er hatte die Gelegenheit, ein Geistpokémon zu erhalten, wenn er sich gut anstellte. Seit sie in Teak City waren, schien alles ganz schnell zu gehen. Wie lange Chris wohl brauchen würde, um sich über Ho-Oh zu informieren? Er sah zum Bad. Was würde geschehen, wenn sie bereit war, weiterzureisen? Würde sie wirklich auf ihn warten, egal wie lange es dauerte? Wollte er das? Jayden war sich nicht sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)