Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 20. Kapitel, in dem Brüder nerven --------------------------------- „Hey!“ Yamato grinste breit, als er ihn sah, und zerzauste ihm das Haar. „Super gespielt, kleiner Bruder. Bin richtig stolz auf dich.“ Verlegen grinste Takeru zurück. „Ach, so gut war das gar nicht. Muss immer noch an meiner Wurftechnik arbeiten und so.“ „Stell‘ dein Licht nicht so unter den Scheffel. Ihr habt gewonnen und das hättet ihr ohne dich sicher nicht geschafft“, erwiderte Yamato und verpasste ihm einen Klaps auf die Schulter. Takeru versuchte einfach, ihm zu glauben. „Warten wir noch auf Kari oder gehen wir?“ „Nee, wir können gehen. Kari ist heute im Kino“, antwortete Takeru und machte sich langsam auf den Weg. „Dann hab‘ ich dich ja mal für mich allein. Ein Wunder“, lachte Yamato. Ja, heute war Brudertag. Soeben hatte Takeru mit seiner Basketballmannschaft ein Spiel gegen die Mannschaft einer anderen Mittelschule gewonnen. Die Stimmung war daher ausgelassen und alle waren gut drauf und hatten sich gegenseitig zu dem guten Spiel gratuliert. Yamato hatte unbedingt zusehen wollen. Wann immer er es irgendwie einrichten konnte, kam er, um sich Takerus Spiele anzuschauen. Und wenn sie beide Zeit hatten, gingen sie anschließend noch Pizza essen, da Takeru nach den Spielen meist am Verhungern war. So auch heute. Gemeinsam schlenderten sie zu ihrer Lieblingspizzeria und unterhielten sich auf dem Weg dorthin über das Spiel. „Was macht eigentlich deine Verletzung?“, fragte Yamato, als Takeru leicht das Gesicht verzog, während er seine Jacke abstreifte. Er war im Spiel einmal mitten im Sprung gefoult worden, was ihn zurückgeworfen hatte. Zwei Meter war er auf seinem Ellbogen über den Boden geschlittert und hatte sich dabei eine große Schürfwunde zugezogen, die sich über Ellbogen und Unterarm erstreckte und beim Duschen schrecklich gebrannt hatte. „Ist schon okay, nicht so schlimm“, antwortete Takeru abwinkend, doch Yamato griff bestimmt nach seinem Handgelenk und zog vorsichtig den Ärmel seines Sweatshirts zurück. Takeru sog scharf die Luft ein, als sich der Stoff, der an der Wunde geklebt hatte, löste. „Oh, Scheiße“, rief Yamato und runzelte die Stirn. „Sieht echt eklig aus. Lass‘ das mal an der Luft, das muss trocknen.“ „Ja, Mama“, seufzte Takeru und warf ihm ein spöttisches Lächeln zu. „Nicht so frech. Ich mache mir nur Sorgen um meinen kleinen Bruder“, erwiderte Yamato und ließ sich auf einen der Stühle fallen. Takeru nahm ihm gegenüber Platz und zog trotzig den Ärmel seines Shirts wieder in die richtige Position. Er brauchte niemanden, der ihn bemutterte. In der Pizzeria war es zu dieser Tageszeit wie üblich recht voll. Die Musik war laut und die Atmosphäre locker. Es roch verführerisch nach frischer Steinofenpizza. Sie ließen sich die Menükarte geben, obwohl sie beide genau wussten, was sie wollten, und wandten sich wieder dem jeweils anderen zu. „Und? Wie geht’s dir und Papa so?“, begann Takeru das Gespräch und stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab. Yamato lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Gut, alles in Ordnung. Papa arbeitet viel, wie immer. Und er hat erst gestern zu mir gesagt, du sollst mal wieder vorbeikommen. Hast dich schon seit einer Weile nicht mehr gemeldet.“ Beschämt kaute Takeru auf seiner Unterlippe herum. Er war in letzter Zeit tatsächlich zu viel mit Schule, Basketball und Freunden beschäftigt gewesen und hatte seinen Bruder und seinen Vater vernachlässigt. „Ich komme nächstes Wochenende vorbei, wenn das okay ist.“ „Klar ist das okay. Ich sag‘ Papa Bescheid“, erwiderte Yamato lächelnd. „Sag‘ mal“, begann Takeru nach einer kurzen Pause langsam, „weißt du eigentlich, ob Papa eine Freundin oder sowas hat?“ Yamato schnaubte verächtlich. „Ich glaube ehrlich gesagt, er hat nicht nur eine.“ Verständnislos hob Takeru die Augenbrauen. „Naja, hab‘ ihn in den letzten drei Wochen mit zwei verschiedenen Frauen gesehen.“ Schulterzuckend wandte Yamato sich dem Kellner zu, der gerade gekommen war und fröhlich ihre Bestellungen aufnahm, bevor er wieder verschwand. „Wie auch immer, ich glaube nicht, dass das irgendwas Ernstes ist.“ Langsam nickte Takeru, nicht wissend, ob er beruhigt oder enttäuscht sein sollte. Immerhin schien Hiroaki keine feste Beziehung zu haben. „Hat Mama diesen Bauarbeiter noch?“, fragte Yamato nun. „Nee.“ Takerus Miene hellte sich auf. „Sie meinte letztens zu mir, er würde von nun an nicht mehr bei uns zu Hause auftauchen. Ich glaube, sie war sauer auf ihn. Keine Ahnung, was er gemacht hat.“ „Ich glaube, es ist besser, dass wir das nicht wissen, sonst müssten wir ihn vielleicht umbringen“, sagte Yamato leichthin und zuckte mit den Schultern. „Glaubst du, wir könnten sie jetzt irgendwie dazu bringen, miteinander auszugehen? Ich meine, offensichtlich haben sie gerade beide niemanden.“ Überrascht sah Yamato ihn an. Er bekam noch einige Sekunden, über seine Antwort nachzudenken, denn der Kellner kam gerade und brachte ihnen die Getränke. Yamato genehmigte sich einen Schluck von seiner Cola, während er weiter überlegte. Takeru ließ ihn nicht aus den Augen, beobachtete gespannt seine Gesichtszüge. „Vielleicht“, sagte Yamato schließlich, „sollten wir diese Sache vergessen.“ Nun war es an Takeru, überrascht zu sein. Er riss die Augen auf und starrte seinen älteren Bruder entgeistert an. „Vergessen?“ „Naja, meinst du nicht, sie nähern sich von selbst an, wenn sie das wollen, ohne dass wir nachhelfen müssen?“, gab dieser zu bedenken. „Die beiden hassen sich!“, platzte Takeru heraus. „Die nähern sich nicht von selbst an. Da müssen wir nachhelfen, sonst wird das nie was.“ „Eben.“ Abwartend sah Yamato ihn an, während Takeru die Welt nicht mehr verstand. Sie beide hatten immer versucht, die Beziehung ihrer Eltern zu retten, jede Woche auf Chancen gewartet, die beiden in den gleichen Raum zu bringen und sie dazu zu bringen, miteinander zu reden. Dabei war Takeru zwar von Anfang an derjenige von ihnen beiden gewesen, der mit mehr Eifer bei der Sache war, doch Yamato hatte ihn stets unterstützt. Umso erschrockener war Takeru nun über seine Reaktion. „Vielleicht sollten wir es einfach lassen und endlich einsehen, dass das keinen Sinn hat. Wir können sie schließlich nicht zwingen. Vielleicht sind unsere Eltern einfach nicht füreinander bestimmt“, erklärte er und schob sich die Ärmel seines schwarzen Sweatshirts zurück. Dabei entblößte er das Gitarrentattoo, das seinen halben linken Unterarm bedeckte. Er hatte es sich kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag stechen lassen und damit wieder einmal einen Streit zwischen ihren Eltern provoziert und Natsukos Hass auf Hiroaki geschürt. Takeru wandte den Blick von seinem Tattoo zu seinen Augen. „Ist dir eigentlich klar, dass es auch deine Schuld ist, dass sie sich hassen?“ Yamato erwiderte nichts, sondern hob nur fragend eine Augenbraue. „Die Ohrlöcher. Die Tattoos. Das heimliche Rauchen und Trinken mit Tai. Der Ärger in der Schule. Sie streiten sich so oft wegen dir. Man könnte meinen, du machst das mit Absicht“, erklärte Takeru finster. „Mann, T.K., was ich mache, hat nichts mit Mama und Papa zu tun, klar? Ich mach‘ einfach nur mein Ding.“ „Ja, ohne an andere zu denken“, murmelte Takeru. Nun fixierte Yamato ihn skeptisch mit seinem Blick. „Was ist los mit dir?“ „Nichts.“ Er griff nach seiner Cola und trank einen Schluck, nur um nicht weiter sprechen zu müssen. Manchmal nervte Yamato ihn wirklich. Dieser lehnte sich jetzt ein Stück nach vorn und stützte einen Unterarm auf dem Tisch ab. Kritisch musterte er seinen Bruder. „Bist du sicher, dass alles okay ist?“ „Mhm“, machte Takeru, noch immer an seiner Cola nippend. „Ist auch alles in Ordnung mit Kari?“, hakte Yamato nun nach. Langsam stellte Takeru sein Glas wieder auf dem Tisch ab und zuckte mit den Schultern, ohne ihm in die Augen zu sehen. „Was ist? Habt ihr euch gestritten?“ „Nee.“ Sollte er ihm wirklich erzählen, was passiert war? Niemand wusste es, vielleicht nicht einmal mehr Hikari. „Sondern?“ Schließlich seufzte Takeru resigniert. „An meinem Geburtstag, nachdem du und Tai weg wart, haben wir uns geküsst.“ Überrascht hob Yamato die Augenbrauen. Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet und Takeru fühlte sich, als hätte er soeben eine Schandtat gestanden. „Sie hat es vorgeschlagen“, erzählte er weiter. „Ich wollte eigentlich nicht, aber naja. Sie meinte dann, wir müssten für unseren ersten richtigen Kuss doch vorbereitet sein und dann kam das halt so.“ „Wow.“ Yamato nickte anerkennend. „Da haben wir ja ganz schön was verpasst. Und seid ihr jetzt zusammen?“ „Nein“, schnaubte Takeru. „Das war nur so ein Testkuss und sie fand es blöd. Und betrunken war sie auch. Weiß nicht mal, ob sie sich überhaupt noch dran erinnert.“ „Und wie fandest du es?“ Ohne Yamato in die Augen sehen zu müssen, wusste Takeru genau, wie er ihn gerade mit durchdringendem Blick musterte. „Keine Ahnung. Seltsam.“ Das war nur die halbe Wahrheit, aber wahrscheinlich würde sein Bruder ihn ohnehin gleich durchschauen. „Du bist in sie verknallt, oder?“ „Ach Qautsch“, sagte er in einem Tonfall, als wäre das völlig abwegig. „Sie ist meine beste Freundin. Mehr nicht.“ „Komm‘ schon“, erwiderte Yamato grinsend. „Wem versuchst du gerade, etwas vorzumachen? Gib es doch einfach zu. Verübeln kann ich es dir nicht, sie ist ja auch echt süß. Hübsch und klug. Die perfekte Freundin.“ „Ist sie gar nicht!“, brauste Takeru auf. „Das ist einfach nur Kari. Sie ist sowas wie meine Schwester.“ „Hey, schon gut.“ Lachend hob Yamato die Hände, als müsste er sich ergeben. „Aber du solltest wissen, dass Gefühle sich auch ganz schnell ändern können. Vielleicht war sie früher sowas wie deine Schwester. Deswegen kannst du das heute trotzdem ganz anders sehen. Und wenn du mich fragst, ist sie viel mehr als nur deine beste Freundin.“ „Ich frag‘ dich aber nicht“, schnappte Takeru und nippte verärgert und beschämt an seiner Cola. „Habt ihr mal darüber geredet?“, fragte Yamato nun wieder in sachlichem Tonfall. „Nee. Wie gesagt, sie war ganz schön angetrunken. Weiß nicht mal, ob sie sich noch daran erinnern kann.“ „Vielleicht solltest du sie mal darauf ansprechen“, schlug Yamato vor. „Auf keinen Fall! Und wehe, du erzählst ihr was!“ Wie konnte er nur überhaupt so etwas vorschlagen? Wenn er wüsste, dass Hikari in ihn verliebt war, würde er Takeru nicht solche halbherzigen Ratschläge geben. Es fühlte sich an, als wäre er im falschen Film. Yamato öffnete gerade den Mund in einem weiteren Versuch, Takeru einen unsinnigen Ratschlag zu geben, als ihre Pizzen gebracht wurden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)