Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 57. Kapitel, in dem Hikari einen Freund hat ------------------------------------------- Es hatte nicht lang gedauert, bis aus Hikari und Willis ein Paar geworden war. In jener Nacht, in der sie sich kennen gelernt hatten, hatte er sie noch nach Hause gebracht und keine Anstalten gemacht, sie zu mehr als einem Abschiedskuss bewegen zu wollen. Sie hatten Nummern ausgetauscht und schon am nächsten Tag hatte er ihr geschrieben. Genau wie Momoko und Kazumi, die unbedingt alles wissen wollten. Sie hatten gesehen, wie Hikari mit ihm rumgeknutscht hatte. Einen Monat später hatten sie beschlossen, sich eine Chance zu geben und eine Beziehgung angefangen. Sogar miteinander geschlafen hatten sie schon und es war für Hikari nach anfänglichen Schwierigkeiten okay gewesen. Momoko und Kazumi freuten sich für sie. Nur Takeru hatte sie von alldem noch nichts erzählt. Sie hatte sich einfach nicht getraut. Es würde seltsam werden, wenn er davon erfuhr, nach allem, was zwischen ihnen passiert war. Doch heute war es soweit. Sie wollte kein Geheimnis haben. Willis hatte es nicht verdient, geheim gehalten zu werden, schon gar nicht vor ihrem besten Freund. Und Takeru hatte fast schon ein Recht darauf, zu erfahren, dass Hikari in einer Beziehung steckte. Also hatte sie ganz normal ein Treffen mit ihm ausgemacht und Willis erzählt, dass sie ihm ihren besten Freund vorstellen wollte. Schon oft hatte sie ihm von Takeru erzählt und er hatte sich interessiert gezeigt. Von Eifersucht keine Spur. Er würde sich sicher freuen, Takeru kennenzulernen und bestimmt würden sie sich gut verstehen. Sie hatten sich zu einem gemeinsamen Abendessen in der Mensa verabredet. Takeru wartete schon vor dem Eingang, als Hikari mit Willis angeschlendert kam. In ihrem Bauch machte sich Nervosität breit. Wie würde Takeru reagieren? Er sah auf, als er sie erkannte, und machte ein fragendes Gesicht, als er sah, dass Willis zu ihr gehörte und nicht zufällig neben ihr lief. „Hallo“, murmelte sie und umarmte ihn zur Begrüßung. „Ähm… Willis, das ist Takeru. Takeru, Willis.“ Falls Takeru verwirrt war, ließ er es sich nicht anmerken. Er lächelte und nickte Willis zu. Dieser tat es ihm gleich. „Wollen wir rein gehen? Ich verhungere“, fragte er und deutete auf den Eingang. Sie betraten die Mensa, suchten sich etwas zu essen aus und krallten sich einen freien Tisch am Fenster. Schweigend begannen sie mit dem Essen und Hikari fühlte sich etwas unwohl. Sie wusste jedoch auch nicht, was sie sagen sollte. Wenn keiner redete, gab es zumindest keine peinlichen Gespräche. „Du bist also der berüchtigte Takeru“, fing Willis schließlich doch ein Gespräch an. „Hab‘ schon viel von dir gehört. Schön, dich mal live zu sehen.“ „Berüchtigt?“ Irritiert hob Takeru eine Augenbraue. „Hikari hat schon viel von dir erzählt“, erklärte Willis schulterzuckend. Fragend sah Takeru Hikari an. „Nur Gutes“, sagte sie hastig. „Ja, natürlich nur Gutes. Ich finde es echt cool, wenn man jemanden hat, mit dem man schon sein ganzes Leben lang befreundet ist“, redete Willis weiter. „Das ist echt viel wert. Ich hätte auch gern so jemanden.“ „Wir kennen uns auch nur durch unsere Mütter und Brüder“, meinte Takeru lässig. „Trotzdem cool. Du studierst Journalistik, oder? Das hatte ich auch mal eine Weile überlegt, aber dann hat mich BWL irgendwie doch mehr gereizt“, erzählte Willis und schob sich einen neuen Bissen in den Mund. „Ja, genau. Woher kennt ihr euch, wenn du BWL machst? Ich dachte, du würdest auch Pädagogik studieren“, fragte Takeru. „Aus einem Club.“ Willis grinste Hikari an. „Sie hat Bier getrunken und das hat mir gefallen.“ Sie lächelte und spürte, dass sie rot wurde. Takerus sorgloser Ausdruck hatte sich unterdessen ein wenig verändert. „Okay“, murmelte er und sah zwischen ihnen hin und her. „Ja. Ich meine, wie viele Mädels trinken schon Bier?“ Willis lachte und legte einen Arm um Hikaris Schultern. „Das muss jetzt so rüberkommen, als wäre ich ziemlich leicht zu beeindrucken. Dabei ist das eigentlich gar nicht so. Hikari ist eine Ausnahme.“ Er lächelte sie vielsagend an. Diese wich verlegen seinem Blick aus und sah zu Takeru, der sie stirnrunzelnd musterte. Er musste gerade begriffen haben, was Sache war. „Ihr seid also…“ „Ja“, beantwortete Willis die unvollständige Frage. „Hast du ihm das noch gar nicht erzählt?“ „Nein, hat sie nicht.“ Takerus Blick ruhte noch immer auf ihr. „Wie lang seid ihr denn schon… zusammen?“ „Naja, offiziell erst seit ein paar Tagen“, murmelte Hikari und senkte den Blick. „Offiziell? Okay… na dann herzlichen Glückwunsch.“ Jemandem, der Takeru nicht kannte, würde nicht auffallen, dass an seiner Tonlage etwas nicht stimmte, doch Hikari kannte ihn gut genug, um den Sarkasmus herauszuhören. Sie knabberte auf ihrer Unterlippe herum und schob ihr Essen auf dem Teller hin und her. „Danke“, sagte Willis unbekümmert. Er schien nichts zu merken. Sie aßen ihr Abendessen und plauderten nebenbei locker. Das hieß, Takeru und Willis führten einen belanglosen Smalltalk über dieses und jenes, während Hikari sich lieber heraushielt. Ihr war die Situation unangenehm. Sie hätte Takeru lieber vorher von Willis erzählen sollen, anstatt ihn einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen und ihn so zu überraschen. Wie er sich wohl fühlte? Nach dem Essen verabschiedeten sie sich von Willis und gingen zu zweit zum Wohnheim zurück. „Das ist also dein… ähm… Freund“, meinte Takeru nach einer Weile. „Ich… es tut mir leid, ich hätte dir eher von ihm erzählen sollen“, sagte Hikari leise. „Ach was. Ich bin mir sicher, du hattest deine Gründe, nichts zu sagen“, erwiderte er scheinbar gleichgültig. „Du bist böse auf mich, oder?“, murmelte Hikari mit gesenktem Kopf. Angestrengt starrte sie auf den Boden vor sich. Er zögerte. „Was? Wieso sollte ich denn böse auf dich sein?“ „Naja weil… wegen dem, was wir hatten… und jetzt ist da halt Willis… und ich hab‘ dir nichts gesagt. Und irgendwie… ich weiß nicht. Ich glaube, es ist einfach irgendwie blöd für dich oder so“, stammelte sie. „Ach Kari, ich bin doch deswegen nicht böse“, erwiderte Takeru abwinkend. „Echt nicht?“, fragte sie zweifelnd. Er schüttelte den Kopf. „Wieso sollte ich? Eigentlich will ich doch auch nur, dass du glücklich bist und dass es dir gut geht. Und wenn dieser Willis dich glücklich macht, dann… bin ich auch glücklich.“ Verstohlen sah sie ihn von der Seite an. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und sah ausdruckslos geradeaus. „Und… was denkst du über Willis?“ „Keine Ahnung. Er scheint nett zu sein.“ „Ist er wirklich. Und er ist auch echt witzig und lieb. Ich glaube, ihr könntet Freunde werden.“ „Oh ja, das glaube ich auch. Vielleicht wechsel‘ ich seinetwegen noch das Ufer und spanne ihn dir aus.“ Er lächelte sie verschmitzt an, sodass sie lachen musste. „Du bist so bescheuert!“   _   Leise schloss Takeru seine Zimmertür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Er konnte noch nicht ganz glauben, was gerade passiert war. Noch immer fühlte sich sein Herz schwer und kalt an und ihm war etwas übel. Als er beim Essen langsam begriffen hatte, dass dieser Willis Hikaris fester Freund war, hatte er zunächst geglaubt, sich in einem schlechten Traum zu befinden. Er hatte schon ein ungutes Gefühl gehabt, als er sie zusammen gesehen hatte, doch hatte sich an die Hoffnung geklammert, er wäre einfach nur ein Studienkumpel, von dem sie noch nichts erzählt hatte. Zudem sah es diesmal auch noch ernster aus. Bei Makoto und diesem Yohei hatte Takeru von Anfang an das Gefühl gehabt, dass es nicht lange halten würde. Die beiden hatten einfach nicht zu Hikari gepasst. Doch Willis wirkte tatsächlich wie ein netter Typ, der Hikari gefallen konnte. Takeru seufzte tief. Was hatte er denn eigentlich erwartet? Dass sie für immer ohne Freund bleiben würde, bis sie irgendwann erkannte, dass Takeru der Richtige für sie war? Dass sie endlich ihre Meinung ändern würde und ihm doch sagte, dass sie ihn liebte und mit ihm zusammen sein wollte? Wohl kaum. Sie waren eben dazu bestimmt, beste Freunde zu sein und zu bleiben. Nicht weniger aber auch nicht mehr, egal wie sehr er es sich auch wünschte. Es wurde höchste Zeit, dass auch Takeru sich endlich anderweitig umsah. Er musste jemand anderen finden. Jemanden, der Hikari irgendwie ebenbürtig war und ihn endlich von ihr ablenkte. Er wollte sie ja gar nicht lieben, aber er konnte es einfach nicht abstellen. Mit einem Schnauben warf er seinen Rucksack in die Ecke und schaltete seinen Laptop an. In seinem Kopf befanden sich so viele Gedanken, die einfach raus mussten, die aufgeschrieben werden wollten. Vielleicht ging es ihm hinterher ja besser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)