Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 69. Kapitel, in dem Takeru ein Schwächling ist ---------------------------------------------- Zwei Wochen nach dem Festival klingelte es Sturm an Takerus Zimmertür. Verwirrt und ein wenig verärgert über den aggressiven Besucher öffnete er die Tür. „Was zum…“ Verwirrt sah er Hikari an, als sie auch schon wortlos an ihm vorbei in sein Zimmer lief. „Komm‘ doch rein.“ „Du musst mir mal was erklären!“, verlangte sie, griff in ihre Tasche und zog ein Buch heraus. Sie hielt es ihm vor die Nase und musterte ihn vorwurfsvoll. Es war sein Buch. „Was hat das zu bedeuten?“ „Ähm…“ „Du hast ein Buch geschrieben?“, fragte sie, bevor er eine richtige Antwort geben konnte. „Und es wurde auch noch veröffentlicht?“ „Ähm…“ „Und du hast mir nichts davon gesagt?“ Geräuschvoll ließ sie das Buch auf seinen Schreibtisch fallen, stemmte die Hände in die Hüften und fixierte ihn mit strengem Blick. „Hika, das war alles so unsicher. Ich wusste lange Zeit noch nicht mal, dass ich es überhaupt an Verlage schicken würde“, murmelte er und kratzte sich am Hinterkopf. „Aber wieso hast du mir nicht mal erzählt, dass du an einem Roman schreibst? Ich meine, das ist doch eine große Sache!“, rief sie und gestikulierte mit den Händen. „Ich gehe heute nichts ahnend in die Buchhandlung, weil ich schon lange nicht mehr dort war, gucke in die Abteilung mit den Neuheiten und lese dort deinen Namen. Ich dachte erst, das kann ja nur ein Zufall sein, dass da einer so heißt wie du. Aber nein, hinten ist ein Foto von dir und sogar ein kleiner Text über dich! Ich dachte, ich spinne!“ „Kari, es war nicht so, dass ich es geheim halten wollte. Es war halt… einfach irgendwie meins. Ich habe es nur meiner Mutter und Matt zum Lesen gegeben“, erklärte er ruhig. „Was? Und mir nicht?“ Verletzt starrte sie ihn an. „Warum durfte ich das nicht wissen? Warum erfahre ich das erst durch Zufall?“ „Hast du die Inhaltsangabe gelesen?“, fragte er. „Natürlich! Immerhin ist es ein Buch von dir! Da interessiert es mich doch brennend, worüber du schreibst!“, erwiderte sie energisch. „Und trotzdem fragst du?“ Verwirrt runzelte sie die Stirn. „Ich weiß nicht, was du meinst. Was soll das, Takeru? Ich dachte, wir können über alles reden und erzählen uns alles. Und dann startest du so eine Riesensache hinter meinem Rücken. Warum durfte ich davon nichts wissen?“ „Ich habe es nicht gemacht, um dich zu verletzen, okay?“, entgegnete er nun etwas verärgert. „Weswegen denn dann? Wenn du nämlich sowas abziehst, denke ich, dir liegt nichts mehr an unserer Freundschaft!“ „Das ist totaler Schwachsinn und das weißt du auch. Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun.“ „Ach ja, weiß ich das? Ich dachte auch, das mit uns wäre was Besonderes. Eben weil es das immer war. Vor allem in den letzten Wochen und nach dem Festival. Aber wenn du mir von so einer lebensverändernden Sache rein gar nichts erzählst, muss ich mich fragen, ob du mir überhaupt vertraust. Immerhin war ich dir ja nicht wichtig genug, dass du mir sowas erzählst!“, rief sie erhitzt. Etwas Besonderes. Ja, das war es wohl gewesen und sie erwähnte es sogar. Nur waren sie in den letzten zwei Wochen so miteinander umgegangen, als wären sie ganz normale Freunde, zwischen denen nie etwas passiert war, sodass Takeru gedacht hatte, sie würde es wieder verdrängen wollen. „Ich frage mich gerade, ob du in den letzten Jahren überhaupt irgendwas verstanden hast!“, fuhr er sie an, sodass sie erschrocken zusammenzuckte. „Verdammt, ich war so verliebt in dich! Du hast mir mehr als einmal klargemacht, dass das nichts wird und das war auch okay für mich! Echt, ich konnte damit leben! Als du mit Willis ankamst, wurde es ziemlich schwer und ich habe mit dem Schreiben angefangen! Das hat mir einfach geholfen, mit mir selbst klarzukommen. Das und der Kontakt zu irgendwelchen Mädchen, die mir nie was bedeutet haben, weil ich dich einfach nicht aus dem Kopf kriegen konnte, egal wie sehr ich es auch versucht habe. Aber es war in Ordnung für mich. Ich wollte deinem Glück nie im Weg stehen und irgendwie mochte ich Willis sogar. Er war besser als die, die du davor hattest. Dann wollte ich es doch noch mal versuchen und du erzählst mir, dass du schwanger bist. Für mich war das schlimm, weil ich wusste, dass ich dich wohl für immer aufgeben muss. Zumindest in dieser Hinsicht. Das Schreiben hat mir in der Zeit so viel geholfen, mit all dem fertig zu werden. In den Hauptfiguren steckt so viel von dir und mir drin. Ich habe das gebraucht, um es zu verarbeiten. Verstehst du jetzt, warum du nicht die richtige Person warst, um darüber zu reden?“ Schließlich war auch dieses Geheimnis aus dem Weg geräumt. Nun war ihr Blick schmerzerfüllt und ihre Augen glänzten feucht. „Keru…“ Sie kam einen Schritt auf ihn zu, doch er wich zurück. „Nein, tu‘ das nicht“, sagte er leise. „Es tut mir…“ „Nein!“ Sie kam weiter auf ihn zu, er konnte nicht mehr zurückweichen. Er lehnte bereits mit dem Rücken am Schrank. Er wollte ihr Mitleid nicht. Sie sollte ihn nicht wieder umarmen und ihm sagen, wie leid es ihr tat, dass aus ihnen nichts wurde. Das würde er nicht aushalten. Nicht schon wieder. „Kari, hör‘ auf“, murmelte er mit gesenktem Blick. Schließlich kam sie vor ihm zum Stehen, sah zu ihm auf und tat etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn zärtlich. Takeru war vor Überraschung wie erstarrt. Was war das jetzt? Ein neues Level der Friendzone? Würden sie sich ab jetzt immer küssen und miteinander schlafen, wenn sie sich trösten wollten oder ihnen einfach langweilig war? Freundschaft plus plus? Er verspürte den Drang, sie von sich zu stoßen. Sie ließ nicht locker, küsste immer wieder sanft seine Lippen und seine Mundwinkel, bis er sich endlich doch darauf einließ. Er verschränkte die Hände in ihrem Lendenbereich und zog sie ein wenig näher an sich. Ihr süßer Geschmack auf seiner Zunge war mittlerweile so vertraut. Zu oft hatten sie diese Zärtlichkeiten inzwischen schon ausgetauscht, als dass er ihren Geschmack jemals wieder vergessen könnte. Was war er doch für ein Schwächling. „Takeru, ich liebe dich“, flüsterte sie schließlich. Er öffnete die Augen und sah sie an. „Was?“ „Ich liebe dich“, wiederholte sie und sah ihm dabei fest in die Augen. „So sehr.“ „Verarschst du mich gerade?“ Das war nicht gerade eine passende Antwort auf so ein Geständnis, doch er wusste nicht, ob er ihr glauben sollte, was sie da gerade sagte. „Nein. Schon so lange“, nuschelte sie. Seine Beine gaben nach und er rutschte langsam an seinem Kleiderschrank herunter. Hikari ließ sich von ihm mitziehen und sie landeten auf dem Boden. „Kannst du mir verzeihen, dass ich so lang total bescheuert war?“, murmelte sie und lehnte sich gegen ihn. „Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte er leise. „Ich dumme Kuh bin schon eine gefühlte Ewigkeit in dich verknallt, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Ich dachte, wenn wir irgendwas Ernstes miteinander anfangen würden, gefährdet das unsere Freundschaft und ich wollte dich auf keinen Fall verlieren. Deswegen habe ich das die ganze Zeit verdrängt“, stammelte sie. Takeru erinnerte sich, dass sie ihm schon einmal gesagt hatte, dass sie Gefühle für ihn hätte, aber ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen wollte. „Ich war einfach viel zu feige gewesen die ganze Zeit“, sagte sie. „Seit wann?“, fragte er knapp. „Hm“, sie schien einen Augenblick nachzudenken, „ich glaube, als wir unseren Abschlussball hatten, ist mir das erste Mal aufgefallen, wie gut du eigentlich aussiehst. Und ab da muss das so langsam angefangen haben.“ „Das ist fast viereinhalb Jahre her.“ „Ich sag’s ja: Verdrängung.“ Sie seufzte leise. „Ich dachte einfach, wir würden als Freunde viel besser funktionieren als als Paar. Aber irgendwie… ich meine, ich war auch wirklich in Willis verknallt. Aber es war trotzdem ganz anders als bei dir.“ Er nickte langsam. Noch immer konnte er nicht so ganz glauben, was sie ihm gerade erzählte. Es fühlte sich an wie ein Traum. „An diesem Abend, als du zu mir kamst und mich gebeten hast, mich von Willis zu trennen… erinnerst du dich?“ „Ja.“ Wie konnte er das jemals vergessen? „Wäre ich nicht schwanger gewesen, hätte ich es gemacht“, gestand sie. „Aber dein Timing war echt Mist.“ „Naja… es ist nicht gerade die feine Art, seine beste Freundin zu bitten, sich von ihrem Freund zu trennen. Ich glaube nicht, dass es dafür überhaupt einen guten Zeitpunkt gibt“, meinte er. „Wenn man es aus Willis‘ Sicht betrachtet wohl eher nicht“, gab sie zu. Sie schwiegen einen Augenblick und noch immer versuchte Takeru, zu verarbeiten, was er in den letzten Minuten gehört hatte. Es erschien ihm alles nicht real. Wahrscheinlich würde er gleich aus einem Traum erwachen. „Tut mir leid mit dem Buch. Dass ich es dir nicht erzählt habe, meine ich“, sagte er. „Nein, schon gut. Ich verstehe deine Gründe“, erwiderte sie und schüttelte den Kopf. „Und außerdem bin ich die Einzige, die sich entschuldigen muss. Dafür, dass ich so lange gebraucht habe, um zu kapieren, dass du eigentlich der Richtige bist.“ Er wusste nicht, was er sagen sollte, sondern schüttelte einfach nur den Kopf. Sie brauchte sich doch nicht zu entschuldigen. Sie hatte eben einfach Angst gehabt, das konnte er verstehen. „Doch. Du bist immer für mich da gewesen und ich habe immer meinen ganzen Müll bei dir abgeladen. Egal, was war, ich kann mich immer auf dich verlassen. Das war schon immer so. Und ich habe den Eindruck, dass ich immer nur an mich gedacht habe. Dabei muss es manchmal echt scheiße für dich gewesen sein.“ Ihre Stimme war mit jedem Satz leiser geworden. „Hör‘ auf damit“, erwiderte er nachdrücklich und lehnte seinen Kopf gegen den Schrank hinter sich. „Ich habe mich nie als Mülleimer gefühlt.“ Sie richtete sich auf und kletterte über ihn hinweg, sodass sie nun vor ihm kniete. Liebevoll legte sie ihre Hände an sein Gesicht und sah ihm in die Augen. „Diese Nacht auf dem Festival war so unglaublich schön“, flüsterte sie. „Und der Morgen danach.“ „Ja, fand ich auch“, erwiderte er lächelnd. „Weißt du, wie sehr mich deine Weibergeschichten genervt haben?“, fragte sie nun und runzelte die Stirn. „Warst du wirklich eifersüchtig?“, fragte er ungläubig. „Total. Ich sag‘ doch, dass ich total bescheuert bin.“ Er lachte leise. „Irgendwie schon, ja.“ „Willst du mich trotzdem noch?“, fragte sie und wurde auf einmal wieder ernst. Ihr Blick war fast schon ein wenig ängstlich. „Hika“, murmelte er und strich ihr durchs Haar, „ich glaube, es gibt nichts, was ich lieber will.“ Sie lächelte erleichtert. „Ich liebe dich, Keru.“ „Ich liebe dich auch.“ Und wieder küssten sie sich zärtlich und für Takeru fühlte es sich plötzlich an wie der Himmel auf Erden. Sie löste so viele starke Gefühle in ihm aus, dass er dachte, er würde explodieren. Ihre Berührungen hinterließen ein Kribbeln auf seiner Haut und ihr Geschmack in seinem Mund ein Prickeln. Seine Hand lag auf ihrem Po und drückte sie ein wenig näher an sich. Schon spürte er wieder diese unglaubliche Erregung in sich aufsteigen. Doch war das jetzt die richtige Gelegenheit für so etwas? Sollten sie nicht lieber erst einmal über all das sprechen, was sie sich in den letzten Jahren verschwiegen hatten? Hatte das nicht erst einmal Vorrang vor dem körperlichen Aspekt? Ein wenig widerwillig löste Takeru den Kuss, legte seine Hände auf ihre Schultern und schob sie sanft von sich. Verunsichert sah sie ihn an. „Ähm… also machen wir jetzt was Offizielles draus?“, fragte er zögerlich. Sie lächelte leicht und nickte. „Das wäre schön.“ Schon setzte sie wieder dazu an, ihn zu küssen, doch er hielt sie auf. „Warte mal. Gibt es da nicht noch ein paar Sachen, über die wir reden müssten?“ Einen Augenblick lang sah sie ihn nachdenklich an. „Ja“, murmelte sie und zog ihr Oberteil aus. Verwirrt und gleichzeitig amüsiert beobachtete Takeru, wie sie es achtlos zu Boden gleiten ließ. „Ich glaube, zum Reden muss man sich nicht ausziehen.“ „Stimmt“, gab sie ihm Recht, sah ihm in die Augen und öffnete ihren BH. Auch dieser landete auf dem Boden und entblößte somit ihre Brüste. „Kari, ich mein’s ernst“, sagte er lachend, konnte jedoch nicht leugnen, dass sie ihn erregte. „Ich auch“, schnurrte sie und ihre Hände wanderten zu seiner Hose. Gleichzeitig legte sie sanft ihre Lippen wieder auf seine und diesmal wehrte Takeru sich nicht. Na schön, dann würden sie eben danach reden. Der Tag war noch lang genug. Ach was, Tag. Nun, da sie endlich offiziell ein Paar waren, hatten sie noch ihr ganzes restliches Leben Zeit, über alles zu reden, was sie jemals beschäftigt hatte und je beschäftigen würde. Zweiundzwanzig Jahre hatte es gedauert, bis sie beide begriffen hatten, dass sie zueinander gehörten. Dass aus Freundschaft Liebe werden konnte. Dass aus etwas Perfektem etwas noch Perfekteres werden konnte. Was war da schon ein einziger Tag? Natürlich hätte es schon vor Jahren klappen können, wenn sie beide mutiger gewesen wären und sich ihren Gefühlen gestellt hätten. Doch irgendwann würde wohl immer das zusammenkommen, was zusammen gehörte. Und noch hatten sie alle Zeit der Welt, ihre Beziehung zu genießen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)