Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 70. Kapitel, in dem Takeru und Hikari ihr Studium abschließen ------------------------------------------------------------- Es war Ende März und Takeru und Hikari hatten endlich ihr Studium beendet. Alle Studenten, die in diesem Semester den Masterabschluss erhalten hatten, trafen sich zu einer riesigen Party in einer extra zu diesem Anlass gebuchten Festhallte. Auch Familienmitglieder waren eingeladen. Die Frauen trugen kurze Kleider und auch die Männer kleideten sich in Hemden. Es war nicht ganz so glamourös wie zu ihrem Abschlussball, aber dennoch festlich. Die Halle war passend zum Anlass geschmückt mit Blumen und Girlanden. Hikari war, wie schon zu ihrem Abschlussball, mit ihren Eltern, Taichi und Mimi gekommen. Auch Takerus Eltern, Yamato und Sora waren mit Yuki da. Sie alle wollten sich das Abschlussfest nicht entgehen lassen. Hikari und Takeru waren nun schon seit sieben Monaten ein Paar und noch immer hatte Hikari das Gefühl, sie könnte nicht glücklicher sein. Seit Anfang März wohnten sie sogar zusammen. Sie waren aus dem Studentenwohnheim ausgezogen und hatten sich eine eigene kleine Wohnung gemietet. Immerhin wären sie jetzt sowieso rausgeschmissen worden. Außerdem hatten beide schon einen Job sicher. Hikari würde an einer Grundschule in Tokio als Lehrerin anfangen und sie würde sogar schon Klassenlehrerin einer ersten Klasse werden. Sie war unheimlich aufgeregt. Takeru würde im April bei einem Sportsender anfangen, wenn auch vorerst eher im Hintergrund. Nebenbei wollte er jedoch weiter Bücher schreiben. Sein erster Roman hatte ihn zwar nicht reich gemacht, war aber dennoch gut angekommen und hatte sich öfter verkauft, als er erwartet hatte. Sogar den ein oder anderen Leserbrief hatte er erhalten und mit Spannung und Stolz gelesen. Auch Hikari war unglaublich stolz auf ihn. Natürlich hatte auch sie sein Buch gelesen, nachdem sie es gekauft hatte, und war begeistert gewesen von seinen Schreibfertigkeiten. Für die Geschichte selbst hätte sie sich jedoch ein anderes Ende gewünscht. Mit ihrer ganzen Familie saßen sie an einem Tisch und genossen die ausgelassene, fröhliche Stimmung. Sie plauderten und lachten, tranken Bier, Wein und Sekt und planten ihre Zukunft. Irgendwann machte Hikari sich auf zu Kazumi und Momoko. Auch die beiden hatten ihr Studium erfolgreich abgeschlossen. Hikari redete eine Weile mit ihnen und fühlte sich allmählich von dem vielen Wein, den sie nebenbei trank, ziemlich benebelt. Sie würde wohl erst einmal auf Wasser umsteigen, bevor sie die Veranstaltung noch vorzeitig verlassen musste. Sie leerte ihr Glas, entschuldigte sich bei ihren Freundinnen und machte sich auf zur Bar, um sich ein Wasser zu bestellen. Während sie dort stand und auf ihr Getränk wartete, gesellte sich jemand zu ihr, was sie nur aus dem Augenwinkel mitbekam. Sie warf einen kurzen Blick auf denjenigen und erstarrte für einen Moment, als sie Willis erkannte. „Hey“, begrüßte er sie mit einem angedeuteten Lächeln. „Hi“, erwiderte sie überrascht. Seit ihrer Trennung hatten sie nicht ein Wort persönlich miteinander gesprochen. Sie hatten kurz darauf noch ein paar Nachrichten geschrieben, doch auch das hatte sich schnell erledigt. Willis war zu verletzt gewesen und Hikari konnte es ihm nicht verübeln. Immerhin hatte sie ihm sehr wehgetan. „Wie geht’s dir?“, fragte er höflich. „Ähm… gut, danke. Und dir?“ „Ja, auch. Da haben wir es also beide geschafft, was? Unser Studium, meine ich.“ „Ja. Ich kann es ehrlich gesagt kaum glauben. Es fühlt sich an, als wäre es nur ein Jahr gewesen“, sagte Hikari. „Geht mir auch so. Die Zeit ist irgendwie vorbeigeflogen.“ Der Barkeeper stellte Hikaris Wasserglas vor ihr ab und verschwand wieder. Willis hob erstaunt die Augenbrauen. „Wasser? Wir feiern unseren Abschluss“, sagte er spöttisch. „Ich hab‘ schon zu viel Wein getrunken“, gestand sie schief lächelnd. „Wein? Was ist denn aus der coolen Biertrinkerin von damals geworden?“, fragte er grinsend. Hikari kicherte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie Willis damals im Studentenclub kennengelernt hatte. Damals hatte er ihren Bierkonsum kommentiert. Damit war sie ihm positiv aufgefallen. „Die hat heute Pause. Heute muss ich mal so tun, als wäre ich eine feine Dame.“ Sie deutete einen albernen Knicks an, sodass er leise lachte. „Du siehst übrigens sehr gut aus“, sagte er und musterte bei der Gelegenheit ihr schwarzes Kleid. „Danke, du auch“, erwiderte Hikari lächelnd. Er trug ein bordeauxfarbenes Hemd und eine schwarze Hose. Seine hellblauen Augen blitzten nur so aus seinem Gesicht hervor. Für Willis wurde ein Bier auf dem Tresen abgestellt und er schnappte sich das Glas. „Wollen wir uns irgendwo hinsetzen?“ Sie suchten sich eine freie Tischecke und ließen sich auf zwei Stühlen nieder. „Also, erzähl‘ mal. Hast du schon einen Job?“ „Ja. Ich werde im neuen Schuljahr an einer Grundschule anfangen“, erzählte Hikari vorfreudig. „Echt? Das freut mich für dich. Du wirst bestimmt eine super Lehrerin“, antwortete er. „Das hoffe ich.“ Sie redete eine Weile über ihre Schule und er fragte immer wieder nach. Es war wirklich ein angenehmes Gespräch mit ihm, was Hikari nicht erwartet hätte, nachdem er an der Bar plötzlich neben ihr gestanden hatte. Von der anfänglichen Steifheit war nichts mehr übrig und es war, als würde sie sich mit einem guten Freund unterhalten. Fast so, als hätte es diese lange Funkstille zwischen ihnen nie gegeben. „Und wie sieht es bei dir aus? Hast du etwas bekommen?“ „Ja. Ich werde als Bilanzbuchhalter in einer Firma anfangen, die Züge baut“, erklärte er. „Wow, klingt interessant. Und kompliziert“, sagte Hikari und hob die Augenbrauen. „Naja, man muss eigentlich nur mit Zahlen umgehen können“, meinte Willis abwinkend. „Damit hätte ich schon ein Problem.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Und wo ist die Firma?“ „Ähm… in Denver.“ Einen Augenblick lang sah sie ihn sprachlos an. Sie öffnete den Mund, wusste jedoch nicht, was sie erwidern sollte. „Oh.“ Er nickte langsam. „Du ziehst also wieder zurück zu deiner Familie?“, fragte sie nach einer Weile. „Ja. Ich glaube, es wird langsam Zeit. Ist ja auch nicht schlecht, in der Nähe seiner Eltern zu wohnen.“ „Naja oder zumindest nicht zwölf Flugstunden entfernt.“ „Genau.“ Sie redeten ein wenig über seine Firma, wie er an den Job gekommen war und wo er wohnen würde. Dann wurde Hikari bewusst, dass es jetzt vielleicht das letzte Mal war, dass sie Willis sah. Wer wusste schon, ob sie sich noch einmal begegnen würden, wenn er erst einmal in den USA wohnte und sie in Japan? „Hast du Lust zu tanzen?“, fragte er schließlich und sah sie auffordernd an. Hikari war dankbar über den Themenwechsel. „Klar.“ Sie gingen zur Tanzfläche und mischten sich unter die tanzenden Paare. Als sie noch in einer Beziehung miteinander waren, hatten sie nicht einmal wirklich zusammen getanzt. Hikari war überrascht, dass er sich beim Discofox so gut anstellte. „Warum waren wir als Paar eigentlich nie zusammen tanzen?“, fragte Willis, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Das habe ich mich auch gerade gefragt“, entgegnete Hikari lachend. „Dabei sind wir echt gut“, bemerkte Willis und hob anerkennend die Augenbrauen. „Finde ich auch“, stimmte sie ihm fröhlich zu. Es tat gut, so unbeschwert mit ihm umzugehen, nachdem sie monatelang kein Wort miteinander geredet hatten. Sie hatte schon geglaubt, er würde ihr nie verzeihen können. Als Freund hatte sie ihn wirklich vermisst. Er war ein netter, witziger Mensch, mit dem man sich ohne Probleme stundenlang unterhalten konnte. Doch sie wusste, dass es schwierig war, nach einer gescheiterten Beziehung befreundet zu bleiben. Aus Takeru und Mimi waren bis heute keine Freunde mehr geworden. Sie verstanden sich zwar einigermaßen gut, doch das war auch schon alles. „Und was ist sonst so los bei dir? Hast du jemanden?“, fragte er zögerlich. Hikari überlegte kurz, ob sie lügen sollte, um ihn nicht zu verletzen. Wenn er hörte, dass sie jetzt mit Takeru zusammen war, wäre er bestimmt nicht begeistert. Doch sie entschied sich dagegen. Takeru hatte es nicht verdient, verleugnet zu werden. „Ja.“ Er nickte. „Takeru?“ Sie sah ihn erstaunt an. „Also…“ „Also ja“, sagte er. „Guck‘ nicht so erschrocken. Das war nicht so schwer zu erraten.“ „Willis…“ „Nein, schon gut. Ist doch okay“, meinte er und zuckte leicht mit den Schultern. „Solange du glücklich bist.“ Sie lächelte verlegen. „Und wie sieht es bei dir aus? Hast du denn jemanden?“ „Nichts Festes“, meinte er locker. „Hätte sich ja auch sowieso nicht mehr gelohnt. Ich schaue mich dann in Colorado um. Obwohl ich ja mehr auf Japanerinnen stehe.“ Er grinste schief. „Ich bin sicher, dort gibt es ein paar ausgewanderte Japanerinnen“, meinte sie zuversichtlich. „Ja, vielleicht. Ich werde Japan trotzdem ziemlich vermissen“, sagte er und wirkte wehmütig. „Du kannst ja jederzeit wieder auf einen Besuch vorbeikommen.“ „Das werde ich sicher hin und wieder mal machen. Ist ja irgendwie sowas wie meine zweite Heimat geworden.“ Sie tanzten das Lied zu Ende und ließen dann einander los. „Ich gehe mal wieder zurück zu meiner Familie“, erklärte Hikari. „Die fragen sich bestimmt schon, wo ich bin.“ „Alles klar. Wir sehen uns.“ Er küsste sie flüchtig auf die Wange, bevor sie sich umdrehte und zurück zu ihrem Tisch ging. Takeru warf ihr einen finsteren Blick zu, als sie sich näherte, und nippte an seinem Getränk. Hikari setzte sich mit ihrem Wasserglas in der Hand neben ihn und sah ihn fragend an. „Was ist?“ „Du hast Willis getroffen“, sagte er trocken. „Na und?“ Erstaunt sah sie ihn an. Seine blauen Augen musterten sie durchdringend. „Ihr habt euch ja anscheinend ganz schön vermisst.“ Hikari hob eine Augenbraue. „Ja, das haben wir. Er hat mir erzählt, dass er auswandert. Und weißt du was? Ich habe gerade beschlossen, dass ich ihn begeleiten werde, weil ich ihn so doll vermisst habe. Das macht dir doch nichts aus, oder? Wir können Freunde bleiben.“ Takerus Augen weiteten sich und er runzelte fast schon angewidert die Stirn. „Kari, das ist sowas von daneben.“ Ja, in seinem Blick konnte sie erkennen, dass sie ihn mit diesem Blödsinn tatsächlich verletzt hatte. Anscheinend hatte ihn das Erlebnis mit Mimi doch ziemlich geprägt, selbst nach all den Jahren noch. Vielleicht würde er niemals darüber hinwegkommen. „Ich wollte dir nur klarmachen, wie unangebracht und unsinnig Eifersucht hier ist.“ „Wenn man einmal total verarscht wurde, ist man eben misstrauischer“, nuschelte Takeru und wandte den Blick von ihr ab. „Keru“, sagte sie, legte die Hände an sein Gesicht und zwang ihn somit, sie wieder anzusehen. Vorsichtig legte sie ihre Stirn an seine. „Was soll ich denn mit irgendwem anders, wenn ich dich haben kann?“ „Diese Frage stelle ich mir seit Jahren“, murmelte er. Hikari lächelte und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich will mit dir alt werden und irgendwann neben dir im Schaukelstuhl sitzen und unseren zehn Enkelkindern beim Spielen zugucken. Du bist alles, was ich mir wünsche und seit ich das verstanden habe, interessieren mich überhaupt keine anderen Männer mehr.“ „Bist du gerade dabei, mir einen Heiratsantrag zu machen?“ „Was?!“ Sie ließ ihn los und sah ihn entsetzt an. „Nein! Das überlasse ich gern dir für später.“ Er grinste und küsste sie auf die Wange. „Vielleicht mache ich das tatsächlich irgendwann mal.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)