Cursed Shadow von _-Merle-_ (- verliebt in einen Dämon -) ================================================================================ Kapitel 20: Lilith ------------------ Shiro und ich blickten den Dämon an, der sich reuevoll zu mir herunter beugte. „Ihr müsst gehen! Vertraut niemanden! Sie… wird euch sonst finden!“, wiederholte er und faste meine Hand flehend. Plötzlich stellte Shiro sich zwischen ihn und mir und packte ihn fest am Kragen. Er sah ihn wütend an doch sprach langsam und deutlich. „Woher plötzlich dein Sinneswandel?“, fragte er. Dann warf er ihn grob zu Boden. Der Junge schlug auf, hielt sich die Schulter und richtete sich erschrocken zu Shiro. „Erst willst du meine Seele klauen und mich töten, und nun plötzlich helfen?!“ Aufbrausend hob Shiro seine Hand und ließ seinen Dolch erscheinen. Dann lief er mit langsamen Schritten auf den am Boden liegenden Dämon zu. „Ich habe keine Lust auf Märchen!“, sprach er noch und holte mit seinem Dolch aus. „Shiro!!!“, rief ich und kniete mich schützend neben den Jungen, welcher sich ängstlich die Hand vor sein Gesicht hielt. Als ich dort kniete und zu Shiro hinauf sah, erkannte ich nicht nur Wut in seinen Augen, sondern Verzweiflung und Angst. Er biss wütend die Zähne aufeinander und ließ die Hand sinken. „Du glaubst ihm etwa?!“, schrie er mich wutendbrand an. „Warum sollte ich dieser Made Vertrauen schenken?!“ „Shiro..“, begann ich leise. „Nein! Wenn ich ihn töte, ist es ein Feind weniger!“, brüllte er und wandte sich nervös von uns ab. Er lief einige Schritte zurück und streifte sich durch die Haare. Dann kam er wieder auf uns zu gerannt. „Geh von ihm weg!“, befahl er mir sauer und zeigte von ihm weg. Er war so verwirrt durch seine Wut. Und noch mehr durch seine Angst. Doch ich sah ihn nur mitfühlend an. Er wirkte nicht mehr locker. Er wirkte nicht mehr arrogant. Er wirkte nicht mehr gelassen. Seine charmante Art war verschwunden. Aus ihm platzte nur noch die pure Verzweiflung, welche sich in brodelnder Wut äußerte. Ich wusste, dass er nicht mehr klar denken konnte. Ich wusste, dass er sich schrecklich vor Lilith fürchtete. „Shiro! Hör auf! Du bist nicht bei klarem Verstand!“, rief ich verzweifelt. „Der verspottet mich doch nur! Geh weg! Ich bring ihn um!“, schrie er wieder und holte erneut mit seinem Dolch aus. Die Luft knisterte. Shiro kam auf uns zu gelaufen. Der Junge riss ängstlich die Augen auf. Shiro würde ihn töten. Er würde ihm keine Zeit für eine Erklärung geben. Mein Herz pochte wild. Meine Hände zitterten. Ich hatte Angst. Nicht vor ihm, jedoch davor, dass er das Falsche tun würde. Wie nur konnte ich ihn aufhalten? Ich sah seinen Dolch im Mondlicht aufblitzen. Er schlug zu. „Shiro!“, schrie ich und sprang auf. Während er gerade zustechen wollte, bewegte ich mich auf Shiro zu. Meine Augen tränten vor Aufregung. Er musste sich beruhigen. Der Moment dauerte eine Ewigkeit. Er erschrak als er mich vor sich springen sah. Doch seinen Schlag konnte er nicht stoppen. Verwundert starrte er mich nur an. Er würde mich treffen. Das wusste ich, doch ich wusste auch, dass ich es schaffen würde. Als die Spitze des Dolches beinahe meine Schulter erreichte, ließ Shiro diesen wieder auf magische Weise verschwinden. Die Gefahr war weg. Ich presste mich an ihn und umklammerte ihn mit meinen Armen. „Shiro! Hör auf!“, rief ich und drückte mich fest an seinen Körper. Ich schloss die Augen und umarmte ihn. Ich wusste wie er sich fühlte. Ich wollte ihm zeigen, dass ich ihn verstand. Er sollte wissen, dass er nicht alleine war. Seine ausholende Hand spürte ich plötzlich sanft an meinem Rücken. Er erwiderte meine Umarmung und drückte mich fest an sich. Sein Körper stand unter Storm. Jeder Muskel war angespannt. Er atmete schwer. Zuerst verwunderte mich was er tat. Denn trotz seines Wutausbruches hielt er sich zurück und umarmte mich erschöpft. Langsam lehnte ich meinen Kopf an seine Brust. „Shiro… beruhige dich. Ich helfe dir...“, sagte ich ihm leise. Sein Körper war kalt. Wie immer. Doch sein Innerstes war in Flammen. Kurz darauf spürte ich jedoch, wie sein Atem sich beruhigte. Dann umschlang mich sein anderer Arm. Er drückte mich noch fester an sich. Überrascht öffnete ich wieder die Augen. Es hatte funktioniert. Doch diese sehnsüchtige Umarmung von ihm, machte ich nachdenklich. Wieso hatte er sich plötzlich nicht mehr unter Kontrolle? Sonst versuchte er stets seine Sorgen hinter seiner kalten Mine zu verstecken. Lag es daran, dass er so viel Angst vor Lilith hatte? „Dummkopf… …“, flüsterte Shiro mir kraftlos zu. „… Hätte ich dich wieder getroffen… weißt du doch was passiert wäre…“, sprach er langsam weiter, mit einem ironisch lächelndem Unterton. „Dann weißt du ja jetzt, dass du auf mich hören solltest, wenn du etwas Dummes tust.“, antwortete ich erleichtert. Ich erinnerte mich kurz an den Kampf zwischen Deeon und Shiro. An diesem Tag kam ich während des Kampfes zwischen beide. Shiro wollte Deeon hinterrücks attackieren, doch traf dabei mich. Durch unseren Packt, war es ihm jedoch nicht möglich mich zu treffen. Sein Angriff hätte mich getötet, das widersprach unserer Vereinbarung, dass er mich nicht töten wird, solange ich ihm hilfreich sein werde. Ein riesiger Schutzschild schleuderte die Wucht seines Angriffes auf ihn zurück, was mit seiner Bewusstlosigkeit endete. Das wäre beinahe auch in diesem Moment passiert. Ich atmete auf. Langsam löste sich unsere Umarmung. Shiro blickte betrübt weg und legte seine Hand vor sein Gesicht. „Entschuldige…“, sagte er und ging einen Schritt zur Seite. Der Dämonenjunge mit den Hörnern stand wieder vom Boden auf und richtete seine Kleidung. „Ist schon in Ordnung.“, antwortete er. Shiro starrte ihn sofort mit hassendem Blick an. „Das war nicht an dich gerichtet!“, sprach er sauer und wandte sich von ihm ab. Erschöpft lief er zum Geländer des Daches und hockte sich davor. Er lehnte sich an und blickte entnervt in unsere Richtung. Seine Beine hatte er etwas angezogen und gelassen seine Arme auf seine Knie gelegt. Dann schwieg er. Beruhigt, dass Shiro sich ausruhte, sah ich zu dem Jungen mit den Hörnern. „Er hat nicht ganz Unrecht. Warum sollten wir dir vertrauen? Woher weißt du das überhaupt?“, fragte ich und überkreuzte meine Arme. Der Junge kam etwas zu mir. „Ich sollte mich wohl erst einmal vorstellen. Mein Name ist Deumus. Von den Menschen werde ich jedoch Darius genannt. Seit Jahrhunderten lebe ich nun schon zwischen den Menschen. Die Dämonenwelt wurde mir zu trist. Außerdem ist es hier schwerer an eine leckere Menschenseele zu kommen. Ich bin eher ein Einzelgänger, der versucht einfach nur an sein Essen zu gelangen. Da Schüler ziemlich dumm und naiv sind, ist es an den Schulen natürlich am einfachsten.“, begann er zu erklären und schob seine Brille hoch. Dann trat er einen Schritt vor. „Als du damals meine Hörner sehen konntest, war mir klar, dass ich nicht der einzige Dämon an der Schule war! Und deine Seele sah so schmackhaft aus! Also hatte ich dich beobachtet und- Aua!“, plötzlich schnipste Shiro ihm schmollend ein kleines Steinchen an die Stirn. „Komm zum Punkt!“, motzte er und blieb in der Ferne am Boden sitzen. Der Junge rieb sich die rote kleine Stelle an seinem Kopf und räusperte sich. „Hmh… Lilith hatte vor Jahrhunderten einen Aufruf für eine Seele geäußert, die sie Verloren hatte. Sie sagte, dass es einen Menschen gibt, der eine Dämonenseele in sich trägt. Als ich kurz davor war dir deine Seele zu entreißen, spürte ich diese zwei Seelen. Doch ich wusste nicht, dass der Schattenmann damit in Verbindung steht! Nachdem ich fliehen konnte, erinnerte ich mich an die Belohnung für den Fund ihrer Seele! Und kümmerte mich sofort um eine Audienz bei der Dämonenfürstin Lilith. Ich wollte nur einen Jahresvorrat an Seelen, gegen die Informationen zu dieser Seele. Natürlich hatte sie mich nur belächelt und mich fortgeschickt. Besonders wegen meines verkrüppelten Aussegens… Sie hat mich nicht ernst genommen. Ich war so wütend. Ich wollte diese Belohnung! Tage lang bat ich um eine weitere Audienz! Und als mich heute niemand bemerkte, versuchte ich in ihre Halle zu gelangen um sie von meinem Wissen zu überzeugen!- AU!!!“, Shiro warf ihm erneut ein Steinchen ins Gesicht. Diesmal jedoch gegen die Wange. Darius stampfte verärgert auf den Boden. „Sag mal, könntest du das mal lassen?!“, beschwerte er sich zickig. Doch Shiro zeigte ihm wieder drohend seinen Dolch aus der Ferne. Sofort wich Darius zurück. „Argh!“ „Und wie geht es weiter?“, fragte ich und faste ihn am Arm. Er räusperte sich. „Nun… Als niemand im Vorraum zu ihrer Halle war, und ich eigentlich hinein stürmen wollte, um ihr meine Meinung zu sagen, hörte ich Lilith jedoch lauthals lachen und ich blieb vor der Tür stehen.“ Neugierig sah ich Darius an. Auch Shiro richtete sich etwas auf und horchte. Der Junge rieb sich Wange und Stirn. „Erst dachte ich, sie hätte mich bemerkt und würde sich über mich lustig machen. Doch sie sprach mit Jemandem. Viel habe ich nicht mitbekommen, doch Lilith sagte, dass sie sich über die guten Neuigkeiten ihrer verschollenen Seele freut; dieser Dämon, mit dem sie sprach gute Arbeit geleistet hatte, indem er irgendwelche Splitter eines Dolches gefunden hatte und er sollte weiterhin das Vertrauen des Jungen mit den zwei Seelen und dessen kleine Menschenfreundin vortäuschen. Zum Schluss sagte sie sowas wie: „Dann werde ich mich mal für die Feier schick machen und meine Seele holen.“ Als ich mich vor beugte um zu sehen, wer vor ihr stand, wurde ich durch die bewegte Tür erkannt und musste schnell verschwinden! Dann hatte ich mich erkundigt, welche Feier sie meinte. Sie wird sicherlich her kommen! Das ist nur eine Falle! Traut niemandem!“, sprach Darius immer ernster. Ich erstarrte vor Schock. Niemandem vertrauen? Mein Magen schmerze und mir lief ein Schauer über den Rücken. Meine Brust wurde immer schwerer. Mir blieb der Mund offen. Doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich sah zu Shiro. Er saß noch immer am Boden und schwieg verdächtig. „Wer sollte uns verraten?“, fragte ich schockiert und leise. Im nächsten Augenblick begann Darius rückwärts zu laufen. „Also ich haue hier jetzt ab!“, meinte er und richtete noch kurz sein Oberteil. „Wenn Lilith kommt und nur einen kleinsten Verdacht hat, wird sie alles und jeden vernichten wenn sie Lust dazu hat! Und dann will ich nicht hier sein! Luzifer hat ihr alles gegeben was sie wollte. Sie ist nicht aufzuhalten.“, er seufzte ironisch. „Tze. So ist das wenn man einen reichen Daddy hat und Einzelkind ist, was?“, lachte er und lief zum Portal. „Darius! Warte!“, rief ich ihm noch hinterher. Er drehte sich ein letztes Mal zu uns um. „Ich danke dir!“, sprach ich dankbar und doch ernst. Durch seinen knochigen Unterkiefer, den er Shiro zu verdanken hatte, erkannte man seine Miene nicht. Doch ich wusste, dass er mir erleichtert zulächelte und zufrieden nickte. „Ich habe dir zu danken..“ Dann sprang er durch das Portal zurück zum Saal und war verschwunden. Nun stand ich da. Auf dem Dach des Gebäudes. In der Nacht. In der Kälte des Windes. Alleine. Was sollte ich tun? Was sollten wir tun? Jedenfalls wusste ich, dass wir nicht hier oben bleiben sollten! Nachdenklich richtete ich mich zu Shiro. Dieser lehnte jedoch unsicher seine Stirn gegen seine Hände und sah besorgt zu Boden. „Shiro…“, begann ich leise und lief auf ihn zu. Als ich vor ihm stand und mitleidig zu ihm hinunter schaute, machte er jedoch keine Anstalten, zu antworten. Er sah nur herab und hielt sich geschlossen. Ich hatte das Gefühl, ihn unterstützen zu müssen. Er brauchte meine Hilfe. Was war zu tun? Ich biss auf meine Lippen. Jedenfalls musste etwas geschehen. Ob die Geschichte von Darius nun stimmen sollte oder nicht. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Ich durfte nicht wieder in Tränen ausbrechen. Egal wie schrecklich diese Geschichte war. Sollte ich ihn auffordern aufzustehen? Sollte ich ihm Mut zureden? Sollte ich ihm Vorwürfe machen, wenn er nichts tun würde? Ich beobachtete ihn. Shiro schwieg noch immer. Ich unterdrückte meine Panik und atmete kurz ein und aus. Dann setzte ich mich ganz einfach neben ihn und lehnte mich ebenso wie er, an das Geländer. Mein Kleid breitete sich auf dem Boden aus und ich streckte meine Beine. Dann richtete ich meinen Blick wortlos zum Sternenhimmel. Wenn man jemanden nicht verärgern will, sollte man sich der Person anpassen. Mit dem Reflektieren dessen Verhaltens kann man nichts falsch machen. Anstatt Shrio also zu helfen sich aufzuraffen, blieb ich leise und dachte unauffällig nach. Ich betrachtete die vielen Sterne und versuchte mich abzulenken. Es war kalt in dieser hohen Luft. Niemand war zu hören. Selbst die Musik aus dem Portal war zu weit weg, um sie noch vernehmen zu können. In der Stadt unter uns, kam kein Ton hier oben an. Es war einfach nur leise. Hier konnte ich mich langsam beruhigen. Noch immer schaute ich mir die strahlenden Lichter am Himmel an. „Wenn diese Welt nur von Dämonen erschaffen wurde, hatten sie extra schöne Sterne gemacht? Hatten sie sich Sternenbilder ausgedacht?“, fragte ich gelassen. Es war noch einen Moment leise. Dann bemerkte ich im Augenwinkel, wie Shiro mich betrübt ansah. Lächelnd erwiderte ich seinen mürrischen Blick. „Oder weißt du das etwa nicht?“, fragte ich. Doch Shiro atmete schwer aus und sah wieder weg. Nachdenklich schaute er wieder zu Boden. Eine Zeit lang war es noch leise. Ich blieb einfach neben ihm sitzen und versuchte die Stimmung nicht noch mehr zu verschlechtern. Also tat ich, als würde ich mir keine Sorgen machen. Nachdem Shiro, seinem Gesicht nach zu urteilen, jede mögliche Situation im Kopf durchspielte, die uns durch ein Treffen mit Lilith passieren könnte, seufzte er laut. Endlich bewegte er sich. Dann sah er auf und fuhr durch seine Haare. „Wir müssen gehen.“, erklärte er plötzlich. Ohne ihn anzublicken nahm ich seine Entscheidung hin. Er hatte sich beruhigt. Ich vertraute ihm. Ich musste stark bleiben. Denn sollte ich ihm nun auch noch Sorgen bereiten, würde ich alles nur noch schlimmer machen. Nun Stand er entschlossen und doch erzwungen auf und richtete seine Kleidung. „Sollte seine Geschichte wahr sein, müssen wir hier weg. Wir können kein Risiko eingehen.“ „Glaubst du wirklich, dass dich jemand verraten hätte?“, fragte ich sofort und blickte zu ihm auf. Einen stillen Moment sah er weg. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Doch ich bemerkte, dass er sich Sorgen machte. Auch sein Schweigen war eine Antwort für mich. Also legte ich meine Hand auf das Geländer und zog mich hoch. „Wer.. glaubst du, könnte es sein?“, fragte ich paranoid. Doch ich wollte meiner Angst nicht glauben. Sofort unterbrach ich mich selber und versuchte bedenklich zu grinsen. „Ach quatsch. Als wenn… dich jemand verraten würde!“, begann ich selber zu argumentieren. „Kitsune ist dein Schützling! Und sie ist süß und lieb! Das würde sie nicht tun. Und Mephisto? Der kennt dich seitdem du in diese Welt kamst! Bastet hat noch zu viele Gefühle von alten Zeiten für dich! Sie würde dir nie wehtun wollen! Und … Deeon…“, sprach ich weiter. Bei dem letzten Namen zuckte Shiro etwas auf. Sollte Deeon ihn verraten haben? Aber dadurch hätte er auch mich in Schwierigkeiten gebracht! Bevor Shiro lauthals über ihn spotten wollte, um sich nur noch mehr aufzuregen, ging ich schnell einen Schritt vor zu ihm. „Deeon war es nicht! Er beschützt mich! Wenn er dich verraten hätte, hätte er mich auch verraten! Außerdem macht er sich ständig Sorgen um dich!“, meinte ich und faste seinen Arm. Wütend zog er diesen weg und sah mich an. „Wer soll es sonst gewesen sein?!“, sprach er laut. Ich wusste, dass er Deeon verdächtigen würde. Doch in meinem Innersten wusste ich, dass wir Deeon vertrauen konnten. Auch wenn er Shiro einst bestohlen hatte. Er kam wieder zurück und half Shiro. Er konnte es nicht gewesen sein. Ich wollte das nicht glauben. Doch wer war es dann? Stimmte die Geschichte von Darius überhaupt? Doch wir konnten keinen Fehler machen. Nicht jetzt. Ich sah zu Boden und schwieg. Denn ich konnte ihm keine Antwort auf seine Frage geben. Schließlich drehte Shiro mir den Rücken zu und seufzte. Innerlich zerplatze mein Schädel. Ich wollte losweinen. Ich wollte mir meine Haare raufen und heulen. Ich wollte kreischen. Je länger wir hier standen, desto mehr wurde mir bewusst, wie ernst die Situation war. Doch ich versuchte mich zu zügeln. Ich wollte ihm nicht auch noch zur Last fallen. Doch konnte ich ihm überhaupt helfen? War das was ich sagte, nicht vielleicht zu viel? Brachte ihn das nur noch mehr durcheinander? Ich musste mich an ihn halten. Denn sollte diese Geschichte war sein, wäre ein Gespräch mit jeder anderen Person wie ein russisches Roulette. Also sollte ich ihn nicht zu sehr unter Druck setzen. Ich war von ihm abhängig. Ich saß hier fest. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Doch wenn ich nicht sprechen konnte, dann wollte ich ihm wenigstens zeigen, dass ich bei ihm war. Dass ich ihm wirklich vertraute. Also näherte ich mich ihm zögerlich. Er stand mit dem Rücken zu mir. Langsam faste ich nach seiner Hand. Ich wollte ihn halten. Ich wollte ihm zeigen, dass er nicht alleine war. Ich wollte ihm zeigen, dass auch ich keinen Ausweg wusste, aber nicht aufgeben wollte. Als ich seine kalte Hand berührte, schreckte er auf und drehte sich mit weiten Augen um. Überrascht sah ich Tränen in seinen erschrockenen Augen. Doch im nächsten Augenblick hob er plötzlich seine Arme und zog mich zu sich. Er umarmte mich fest. Perplex starrte ich erst in die Leere, bis ich seine gewohnte Kälte spürte und die Umarmung erwiderte. Ich grinste ironisch und schloss die Augen. „So aufgewühlt kenne ich dich gar nicht. Du bist doch sonst immer so cool.“, versuchte ich ihn lieb zu necken. „Yuki…“, antwortete er jedoch ernst. Immer noch drückte er mich an sich. Dann nahm er die Arme herunter, ging etwas zurück und sah nachdenklich zur Seite. Er wollte meinen Blick nicht kreuzen. Er konnte mir nicht in die Augen sehen, als er weiter sprach. „Ich… ich kann das hier nicht.. Ich bin so nicht.. in der Lage.. ich bin… so… durcheinander…“, stotterte er. Ich sah ihn fragend an und schwieg. Ich fühlte wie er. Ich wusste, was er meinte. Langsam hob er seine Hand und sah diese träumend an. Was wollte er nun tun? Er schwieg. Dann wurde sein verzweifelter Blick immer ernster. Plötzlich ballte er seine Hand zur Faust, blickte mich entschlossen und mit kaltem, emotionslosem Blick an und faste einen Entschluss. Seine Stimme klang plötzlich nicht mehr so liebevoll und emotional sondern kalt und ernst. „Wir müssen gehen.“, sagte er mir nun deutlich. Ich erkannte wieder diesen toten Menschen in ihm. Ich sah wieder diesen kalten Dämon in ihm. Wie am ersten Tag unserer Begegnung. Unwissend sah ich in seine Augen. Was war mit ihm? Wieso war er plötzlich so anders? Auch wenn er meinen fragenden Blick erkannte, drehte er sich ignorant von mir weg, zurück zum Portal, welches noch immer hinter uns schwebte. „Los.“, meinte er und lief voraus. Sprachlos sah ich ihm nur hinterher. Er wollte wohl nicht durch das Portal hindurch, sondern ein neues errichten. Das neben ihm zischte. Gerade als er die Hände zusammenklatschte um ein neues Portal zu erschaffen, sah ich plötzlich eine Bewegung in dem schon bestehenden Portal neben ihm. „Shiro!“, rief ich schnell. Wir sahen beide zum Portal. „Da seid ihr ja!!! Shiro! Yuki! Was treibt ihr hier?!“, Bastet kam mit einem strengen Ton durch das Portal gehüpft und blieb mit den Händen in der Hüfte stehen. „Los! Kommt zurück! Ihr sollt beide den Ball genießen! Ich will nicht, dass ihr hier seid!“, schnatterte sie und sah zwischen uns hin und her. Erschrocken sah ich zu Shiro. Mir blieb kurz die Luft weg. Was sollten wir tun? Zurück zu gehen, wäre ein schlimmer Fehler, wenn Lilth wirklich kommen sollte. Aber konnten wir Bastet davon erzählen? Konnten wir ihr vertrauen? Was wäre, wenn genau sie die Verräterin war? Sollte ich das überhaupt denken? Erstarrt sah ich zu Shiro. Seinem Verhalten nach hatte er den gleichen Gedankengang wie ich. Doch er blieb ruhig und ließ sich nichts anmerken. Er lief auf Bastet zu. „Komm.“, sagte er mir rasch und sah mich nur einen kurzen, ernsten Moment an. Er wusste was ich dachte. Ich wusste was er dachte. Doch dann lief er zu Bastet und dem Portal. Er war wieder so emotionslos. Das alles überforderte mich. Gerade als ich ihm folgen wollte, trat Bastet einen Schritt zu mir. „Geh ruhig vor! Ich wollte sowieso noch kurz mit Yuki sprechen!“, grinste sie Shiro an und ging auf mich zu. Ihre auffällige Art bemerkte ich sofort. Alles schien gerade für mich wie eine Falle. Als wäre es ein geprobtes Theaterstück. Ich riss die Augen auf und hielt den Atem an. Da ich zu eingeschüchtert in dem Moment war, mische Shiro sich zu meiner Beruhigung ein. „Nein.“, antwortete er ihr. „Wir gehen alle! Los!“, befahl er und drehte sich wartend zu uns. Bastet schmollte beleidigt als sie seine Antwort hörte. Doch fix beugte sie sich zu meinem Ohr. „Ich dachte erst, da läuft was zwischen euch. Aber ich habe mich wohl getäuscht. Du wirst ihn mir doch nicht wegschnappen oder? Kann ich dir vertrauen?“, flüsterte sie mir zu. Ich begann überrascht zu grinsen und hob die Hände. „Was? Nein nein! Keine Sorge!“, versuchte ich meine Unsicherheit zu überspielen. Ein genervtes „Los jetzt!“, von Shiro unterbrach jedoch unser Gespräch. Bastet drehte sich sofort um und zwinkerte mir zu. „Danke.“, lächelte sie und lief zum Portal. Zuerst ging ich hindurch, danach folgte Bastet und schließlich Shiro. Wir kamen wieder in dem kleinen Raum an, in welchem das Portal stand. Wir waren zurück. Ich war nervös. Immer wieder achtete ich auf Shiros Verhalten. Doch er blieb konzentriert ruhig. Was wird bloß passieren? „Wir haben uns schon gefragt wo ihr seid. Konnte ja nicht sein, dass der Schattenmann nur so kurz auf dem Ball sein würde und sich dann nicht mal verabschiedet!“, plapperte Bastet und ging zur Tür. Doch gerade als sie diese öffnen wollte, stoppte sie. „Was ist denn da los?“, fragte sie plötzlich und horchte an der Tür. „Warum ist denn alles so leise?“ Kurz bevor wir durch das Portal zurück kamen, öffnete sich das Tor der rieseigen Eingangshalle zum Ballsaal. Die Musik verstummte langsam. Das Gelächter der Masse verging. Die spaßige Atmosphäre wirkte nun bedrückt und unsicher. Die Dämonen und Gäste drehten sich zum Eingang. Sie wirkten erschrocken und starr. Niemand wagte es, weiter zu reden. Denn sie vernahmen Schritte im Eingang. Es waren langsame, aufrichtige Schritte die mit lautem Schall durch den Saal klangen. Mit Gemach schritten sie in die Mitte des Ballsaals. Ein Schaudern glitt durch die Menge. Es war eine dünne Frau mit rötlicher Haut und weißen langen Haaren. Zwei schwarze, geschwungene Hörner stachen zwischen ihren hell schimmernden Haaren hervor. Sie blickte entschlossen gerade aus. Sie trug ausschließlich schwarze Kleidung. Es war eine schwarze enge Bluse mit einem kurzen Blazer. Ihre Hose war nur sehr kurz, doch der Rest ihrer Beine wurde mit knielangen Stiefeln bedeckt. Also schaute nur ein minimaler Teil der Haut ihrer Oberschenkel hervor. Sie wirkte respekteinflößend und mächtig. Während sie lief, wurde ihr der Weg frei gemacht. Langsam schritt sie voran. Doch in der Mitte des Raumes blieb sie nicht stehen. Sie stolzierte weiter, bis zur Bühne, auf welcher das Klavier stand und die anderen musizierten. Ehrfürchtig senkten alle die Musikinstrumente und liefen mit geneigtem Kopf von der Bühne. Die Aufmerksamkeit genießend, grinste sie arrogant und lief in selbstverständlicher Ruhe die Treppe hinauf, während die starrenden Blicke der Gäste sie verfolgten. Nun stand sie dort oben. Sie drehte sich zum Raum. Dann blickte sie sich erst einmal um. Noch immer war es totenstill im Saal. Niemand wagte sich zu bewegen. „Hmh…“, lächelte sie hochmütig und schaute elitär zwischen den Dämonen umher. Eine bedrückende Stimmung legte sich auf alle. Doch sie begann zu kichern. „Hihihi… warum seid ihr denn alle so ernst?!“, fragte sie. Plötzlich hob sie die Arme. „Los! Feiert doch! Ich möchte euch sicherlich nicht vom Feiern abhalten.“, sprach sie mit gestellter, lauter Stimme. Es war noch immer leise. Skeptisch sahen sie zu ihr auf. „Lilith! Welche eine Freude!“, hörte man nun jemanden sprechen. Renekton höchstpersönlich trat von seinem Podest herunter und lief auf diese Frau zu. Mit einer erzwungenen, netten und doch bedachter Freude trat er mit positiver Geste an sie heran. Lilith sah zur Seite zu ihm. Bevor er sie erreichen konnte, zeigte sie jedoch mit dem Finger auf den Boden. Er blieb zögernd stehen. „Eh..?“ „Runter.“, antwortete sie gelassen auf sein fragendes Gesicht. „Los los. Knie nieder Renekton.“, sprach sie weiter ohne ihn anzusehen. Das Krokodil biss die Zähne zusammen „J.. jawohl..“, und ging vor ihr auf die Knie. Eine erschrockene Stille drang durch die Menge. Doch Lilith wandte sich dem Publikum zu. „Ich suche jemanden!“, sprach sie gelassen und laut und blickte durch den Raum. „Und ich suche etwas, das mir von ihm gestohlen wurde…“, langsam lief sie auf der Bühne hin und her. Renekton kniete mit gesenktem Blick noch immer vor ihr. „Es ist jemand… der euch wohl sehr bekannt sein sollte. Ich denke die meisten von euch Schwächlingen werden ihn kennen…“, sie legte gespielt ihren Finger vor die Lippen. „Es ist jemand, der mit zwei Dolchen aus gefestigten Engelstränen kämpft…“, sagte sie langsam. Dann wurde ihre Stimme immer schneller. „Naja er kämpft jetzt nur noch mit einem, denn der eine ist zerbrochen.. aber…“, verdächtig drehte sie sich zu Renekton. „Ich wette du kannst mir dabei weiter helfen.“, sagte sie zu ihm. Ertappt versuchte er ihrem Blick zu meiden. Doch mit einer kleinen Handbewegung befahl sie ihm, sich wieder zu erheben. Renekton grinste skeptisch. „Naja… also Waffen aus Engelstränen sind zwar selten, doch hier im Atrium des Handels bestimmt mehrmals gesehen worden.. Ich weiß nicht..-“ „Ihr nennt ihn Schattenmann!“, unterbrach sie ihn direkt. Er sah sie schockiert an. Diese Antwort genügte ihr. Sie lächelte und lief mit langsamen Schritten auf ihn zu. „Wo ist er?“, fragte sie arrogant und ruhig. Doch Renekton schwieg erschrocken und bewegte sich nicht mehr. Sein Atem war schwer. Sein Herz schnell. Plötzlich holte sie mit ihrer Hand aus und verpasste ihm mit dem Handrücken eine Backpfeife. „WO ist ER?!“ Jemand in der Menge kreischte erschrocken auf. Die anderen sahen starr zu, wie dieser leicht aussehende Klaps, Rekenton von der Bühne riss und in die Menge schlug. Shio, Bastet und ich kamen erst im letzten Moment durch das Portal in die Kammer. Gerade als Bastet bemerkte, wie leise es im Saal war, und horchend ihr Ohr an die Tür legen wollte, hörten wir diesen erschrockenen Schrei aus der Menge und Renektons schmerzerfülltes Stöhnen, als er in die Masse fiel. Wütend drückte Bastet den Henkel der Tür herunter. „Nein warte!“, versuchte ich sie noch aufzuhalten. Doch es war zu spät. „Was geht hier vor?!“, schrie Bastet und riss die Tür auf. Es war ein grausamer Moment. Die Zeit blieb stehen. Lilith schaute zur Seite, direkt zu uns. Sofort erkannte sie mich und sie erkannte Shiro. Als mich ihr Blick traf, fühlte es sich an wie ein Schwert, dass meine Brust durchbohrte. Mir blieb die Luft weg. Mir wurde heiß. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte meine Gedanken nicht mehr ordnen. Alles schien wie ein Albtraum. Eine Gänsehaut überfiel meine Haut. Meine Beine steckten fest. Meine Knie zitterten. Mein Magen drückte sich zusammen. Dieser Blick war mit einem solchen Hass verbunden, der meine Seele beinahe durchbohrte. Es war so schrecklich, als käme sie frisch aus der Hölle. Es war nur eine kurze Sekunde, welche sich wie eine schreckliche Ewigkeit anfühlte. Noch während Bastet wütend heraus trat, während die anderen nicht wussten, was gerade geschehen war, während Renekton sich gerade wieder vom Boden aufraffte und während Lilith uns mit einem ertappten Grinsen ansah, spürte ich plötzlich, wie Shiro mich plötzlich packte, und zu sich riss. Ich wusste nicht was um mich herum geschah. Shiro griff mich plötzlich, hob mich rasend schnell in seine Arme und rannte mit mir zurück zum Portal. Er sprang sofort hindurch und rannte weiter über das Dach des Atriums. Mein Herz raste. Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Muskeln waren alle angespannt. Panisch klammerte ich mich um Shiros Hals. Ich traute mich nicht zurück zu sehen. Ich traute mich jedoch auch nicht, nach vorn zu sehen. Denn Shiro näherte sich rasend dem Geländer des Daches und beabsichtigte nicht langsamer zu werden. Dann griff er mich fest und sprang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)