I'm in Love with a Killer von Sakami-Mx (Sie leben unter uns) ================================================================================ Kapitel 9: Wie alles begann --------------------------- Es verstrich bestimmt eine halbe Stunde oder sogar noch mehr Zeit, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Danach hatte ich mich nicht mehr getraut, ins Wohnzimmer zurück zu gehen und war im Bad geblieben. Die Tür hatte ich abgeschlossen und mich selbst in die hinterste Ecke verkrümelt. Meine Beine hatte ich mir bis zu meiner Brust gezogen und mit den Armen umschlungen. Und so saß ich da und wartete, bis sich irgendwas tat. Meine Augen waren rot geschwollen und brannten schon. Ich wollte mir nicht ansehen, was sie mit dem Mädchen gemacht hatten. Das Bild von ihr, wie sie mich so verzweifelt angesehen hatte, schwirrte immer noch in meinem Kopf herum. Plötzlich klopfte es an der Tür und ich schreckte aus meinen Gedanken auf. „Anna?“ Ich schwieg. Pey stand vor der Tür. Seiner Stimme zu urteilen, war er wieder ganz normal. „Komm bitte raus“, bat er mich. „Verschwinde!“, schrie ich der Tür entgegen. Er seufzte. „Komm raus“, wiederholte er seinen Satz nochmal. „Nein!“ Ich blieb trotzig und zog meine Beine fester an mich. „Stell dich nicht so an.“ Das war nun Rel’s Stimme. „Geht weg! Alle beide!“ „Ich kann die Tür auch aufbrechen, wenn du nicht gleich draußen bist“, zischte der Blondhaarige. „Lass sie“, verteidigte mich Pey. „Anna bitte. Komm raus und wieder ins Wohnzimmer.“ Ich schüttelte heftig den Kopf. Klar, sie konnten mich nicht sehen, doch es half mir, meiner Meinung stand zu halten. Plötzlich war ein Krachen zu hören und die Türklinge drückte sich runter. „Spinnst du??? Du kannst doch nicht einfach meine Badtür zerstören!!!“, schrie Pey entgeistert auf. „Siehst du doch, dass ich es kann“, knurrte Rel. Seine Stimmung hatte sich anscheinend immer noch nicht geändert. Er machte die Tür nun komplett auf und baute sich im Türrahmen auf. „Raus jetzt und ab ins Wohnzimmer“, herrschte er mich an. Pey drückte sich an ihm vorbei und kniete sich vor mich hin. „Bitte“, fügte mein Gegenüber noch hinzu. Rel verließ den Raum mit einem verächtlichen Schnauben. „Ich kann da nicht zurück“, meinte ich einen Schluchzer unterdrückend. „Sie ist nicht mehr da. Wir haben alles beseitigt“, sagte er mit fester Stimme. „Ich frag mich eh, was dich so schockiert, du wusstest es doch eh.“ Ich starrte ihn fassungslos an. „Das bedeutet aber nicht, dass ich es sehen will!“ Er stand wieder auf und hielt mir auffordernd seine Hand hin. Einen Moment zögerte ich noch, ergriff sie dann doch und er zog mich auf die Beine. Dort stand ich erst ein bisschen wackelig und brauchte ein paar Sekunden um mich zu sammeln. „Warum muss ich wieder zurück?“, fragte ich ihn, als wir aus dem Zimmer traten. „Weil du jetzt sozusagen ein Teil von uns bist und daher alles wissen solltest, was du wissen möchtest.“ „Was?“, fragte ich verwirrt. „Aber Rel-“ „Er hat sich wieder beruhigt. Und die Mehrheit hat dafür gestimmt, dich in Ruhe zu lassen. Aber nur unter der Bedingung, wenn ich aufpasse, dass du niemanden irgendetwas über uns erzählst.“ Ich lachte kurz auf. „Wem soll ICH denn etwas sagen? Ich sitze doch hier in der Wohnung fest." Er lächelte. „Vielleicht können wir das ja ändern. Aber zuerst…“ Mittlerweile waren wir im Wohnzimmer angekommen und wir wurden mit gleichgültigen Blicken gemustert. „Na das kann ja heiter werden…“, murmelte Bana und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Jemand hatte zwei Stühle aus der Küche geholt, auf welche wir uns setzten. Mir gegenüber saß der Blondhaarige. Na ich war mir ja nicht so sicher, ob er sich wirklich beruhigt hatte. Er sah mich mit einem sehr mürrischen Blick an. Dann herrschte Stille und ich guckte unter mich. Sollte ich jetzt etwas sagen? Und wenn ja, was? „Wenn du irgendwelche Fragen hast, dann musst du sie uns stellen“, sagte Pey neben mir mit einer sehr ruhigen und sanften Stimme. Aus einer Ecke konnte ich ein amüsiertes Lachen vernehmen. „Mensch Pey, du bist ja echt ein Weichei geworden“, grinste Baka ihn an. „Halt die Klappe“, zischte dieser ihn an. „Es wird bald hell“, kommentierte Piwi, als er einen abschätzenden Blick aus dem Fenster warf. Ich zögerte noch einen Moment. „Mü-Müsst ihr denn unbedingt Menschen töten, um zu überleben?“, fragte ich dann, als ich meinen ganzen Mut zusammengesammelt hatte. „Ja“ sagte ein Teil, der andere sagte „Nein“. Verwirrt sah ich sie an. „Wir müssen sie nicht unbedingt töten… Wir müssen eigentlich auch nicht jeden Tag etwas Essen…“, erklärte Bana. „Aber es macht Spaß“, kicherte Baka. Ich biss meine Zähne fest aufeinander. Damit hatte ich schon irgendwie gerechnet. „Wir können durchschnittlich bis zu einem Monat ohne etwas zu Essen auskommen… Aber bis jetzt ist es zum Ende hin immer schwieriger gewesen, den Hunger zu kontrollieren“, klärte Pira mich nun auf. „Ich hab bis jetzt maximal ne Woche geschafft“, sagte Bana. „Du frisst ja auch ständig. Ich hab‘s schon knapp zwei Wochen ausgehalten“, sagte Baka stolz. „Sei doch leise. Du bist am Ende extrem ausgetickt!“, motze Bana ihn an. „Na und?“, fauchte der Angesprochene zurück. Ein leicht amüsiertes Grinsen konnte ich mir nur mit aller Mühe verkneifen. Sie waren Mörder! Das musste ich mir ständig wieder in den Kopf rufen. Aber es war schon unterhaltsam, wenn sie sich wie kleine Mädchen zofften. Pira seufzte. „Was willst du denn? Du hast es noch nicht mal vier Tage ausgehalten!“, zischte Baka ihn an. „Bist du dumm oder so? Ich hab es immerhin einen Tag länger als du ausgehalten!“ Ich sah Pey von der Seite her an. Er kämpfte auch damit, sich das Lachen zu verkneifen. „Und du?“, fragte ich ihn leise. „Knapp drei Wochen“, sagte er stolz. „Piwi, sag mal, wie lange hattest du es geschafft?“, fragte Bana nun den Rothaarigen. Dieser hielt sich abseits und blickte immer wieder besorgt aus dem Fenster. „Vier Wochen und drei Tage“, sagte er monoton. „Angeber“, sagte der Schwarzhaarige mit den roten Strähnen und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. „Aber es war sehr anstrengend“, fügte Piwi noch hinzu. Bana drehte sich beleidigt weg. „Und Rel, was ist mit dir? Du hältst es sicherlich keine zwei Tage aus“, lachte Pira. Rel zog eine Augenbraue hoch. „Bevor ich auf euch Idioten getroffen bin, musste ich fast drei Monate untertauchen… Was denkst du, wie anstrengend das war?“, sagte er mürrisch. Die Jungs waren urplötzlich leise. „Dr-Drei Monate???“ Rel blickte zu Boden. „Ohne Raym hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft…“ Die Stimmung kippte sofort. Lauter bedröppelte Gesichter waren zu erkennen. „Wer ist das?“, fragte ich nach einer kurzen Stille. „Mein Bruder“, antwortete der Blondhaarige knapp. Ich nickte verstehend. „…Was meintest du eben damit… dass die Kleriker ihn…“, meine Stimme brach ab. Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, ihn danach zu fragen. Sein Gesicht zierte ein schmerzliches Lächeln. „Leute wie du haben die Fähigkeit, Wesen wie uns zu töten. Vor drei Jahren sind wir ihnen in die Falle getappt und sie haben ihn vor unseren Augen geläutert…“ Man konnte ihm genau ansehen, dass er nicht wirklich gerne darüber sprach, daher erstaunte es mich nur umso mehr, dass er es überhaupt über die Lippen brachte. „Wir konnten nichts mehr für ihn tun und haben die Flucht ergriffen…“, fügte Pey hinzu. Ich wollte die Jungs ja nicht irgendwie mit schlimmen Erinnerungen belasten… Aber es interessierte mich schon, wie das damals alles passieren konnte. Und dann war da noch die Frage, welche mir schon die ganze Zeit in dem Kopf herum schwirrte. „Erinnerst du dich noch an unser Gespräch, bevor du gegangen bist?“, wandte ich mich an Pey. Er überlegte und nickte dann, als es ihm wieder einfiel. „Was meintest du damit?“ Er lächelte knapp. „Dann müsste ich von ganz vorne anfangen… Und das ist schon über sechs Jahre her…“ Die Jungs blickten einer nach dem anderen auf. „Was meint sie? Etwa wie wir so-?“ „Ja“, nickte Pey Pira zu. Rel stöhnte genervt auf. „Na dann fang mal an zu erzählen“, grinste er dann doch. Der Schwarzhaarige mit den eisblauen Strähnen verdrehte die Augen. „Du weißt doch selbst, dass es ewig dauern wird.“ „Es hat alles mit dem Buch begonnen“, sagte Piwi plötzlich. „Na, eigentlich damit, dass wir in diesen Laden gegangen sind“, meinte Bana nachdenklich. „Quatsch. Das hat schon einige Tage vorher angefangen“, sagte Baka. „Vielleicht wäre es erstmal gut, wenn sie unsere Namen wüsste“, seufzte Piwi auf. „Eh, warum denn das?“, fragte Baka verwirrt. „Ist vielleicht einfacher alles zu erzählen“, meinte der Rothaarige und wandte sich mir zu. „Ich heiße eigentlich Samuel. Nach der Verwandlung, als wir so wurden, haben wir uns alle einen neuen Namen angelegt, der unseren Charakter etwas besser beschreibt. Wir haben unsere Namen von Dämonen, die schon lange tot sind. Da ich mich hauptsächlich von Blut ernähre, weil ich nicht gerne Menschen töte habe ich den Namen Piwichen angenommen.“ Baka lachte. „Ach ja, das chen ist immer so süß“, kicherte er. „Sei doch leise. Dein Name bedeutet Idiot. Findest du das besser? Naja, passen tut’s ja“, fuhr Piwi ihn an. „Wie bitte??“ „Ruhe jetzt!“, zischte Bana. „Na gut. Dann mach ich weiter. Mein richtiger Name ist Luka. Bana hat an sich keine wirkliche Bedeutung. Ist hinduistisch und bedeutet einfach Dämon.“ Ich nickte aufmerksam. Bana stubste Baka in die Seite. „Du bist.“ Dieser verdrehte nur die Augen. „Na schön… Ich heißte eigentlich Justin. Mein Name hat keineswegs was mit der japanischen Übersetzung zu tun.“ Er sah Piwi finster an. „Eigentlich ist es haitisch und beschreibt mein jetziges Wesen eigentlich am Besten. Dämon, der als so genannter Wiedergänger auf die Erde zurück kommt, um sich von Menschenfleisch zu ernähren. So hieß es damals jedenfalls.“ Rel verschränkte die Arme vor der Brust. „Vergesst es“, sagte er nur. Pira, welcher neben ihn saß, seufzte und machte weiter mit der Vorstellung. „Ich heiße Devin und was Samu eben nicht erwähnt hatte war, dass wir Brüder sind. Eigentlich ist mein jetziger Name auch nur eine Abkürzung. Curupira ist mir einfach zu lang gewesen… Hm was soll ich sonst noch sagen. Mein Name hat eine ähnliche Bedeutung wie die von Justin, hat aber eine andere Herkunft.“ Jetzt war Pey dran. „Was soll ich großartiges sagen? Mein richtiger Name ist Damien, wie Rel eben schon so schön erwähnte. Pey wird eine Sorte von Dämonen genannt, welche vampirähnliche Kobolde sind, die Nachts Unheil bringen und sich mit Vorliebe auf den Kriegsschauplätzen vom Fleische der Gefallenen ernähren. Das hatte mich damals so fasziniert, dass ich den Namen übernommen habe.“ Ich nickte wieder. Das waren wirklich interessante Informationen gewesen. Aber einer interessierte mich schon noch. Rel erwiderte meinen neugierigen Blick nur mit einem nervösen Augenzucken. „Was ist?“ Ich schluckte. „Du bist der Einzige, welcher sich nicht vorstellen wollte“, sagte ich knapp. „Ist ja auch nicht so wichtig“, murrte er nur. „Er heißt Lucien und ist der älteste von uns. Aber sein richtiges Alter will er nicht verraten. Wir fünf waren damals in einer Schule, aber in unterschiedlichen Klassen und Jahrgängen. Da wir uns aber schon von früher kannten, sind wir auch noch weiterhin Freunde geblieben. Lucien ist damals in Damiens Klasse gekommen. So haben wir ihn kennengelernt“, sagte Pira und wurde von Rel mit einem tödlichen Blick gestraft. „Und er ist ein vollwertiger Dämon, der sich mit uns nur angefreundet hatte, weil er was haben wollte, was wir zu dem Zeitpunkt besaßen“, fügte Bana hinzu. Auch er wurde mit einem tödlichen Blick gestraft. Ich war verwirrt. „Vollwertiger Dämon? Wie meinst du das?“, hakte ich nach. „Dass ich es nicht durch irgendeinen Zauber herbei geführt habe, weil ich neugierig war“, meinte Rel mit zusammengebissenen Zähnen. Jetzt war ich noch verwirrter. „Ja… Wir konnten ja nicht wissen, dass es funktioniert!“, zischte Piwi genervt. Ich sah Pey fragend an. „Das erzähl ich dir gleich… oder nachher. Ich weiß nicht. Es wird immer heller. Sollen wir weiter machen?“, wandte er sich an seine Freunde. Piwi stand auf uns sah aus dem Fenster. Dann zog er die Vorhänge zusammen und es wurde im ganzen Raum dunkler. „So sollte es gehen“, meinte der Rothaarige und setzte sich wieder auf seinen Platz. „Okay, ähm… Wie soll ich bloß anfangen?“ „Am besten am Anfang.“ „Ja und der war wo?“ Pey kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Vor fast sieben Jahren, nach dem Sommerfest. Da begannen doch diese Gerüchte von dem Laden in der Stadt“, begann Bana. „Damien und Justin waren doch die ersten die in dem Laden waren, oder?“, überlegte Pira laut. „Ja, aber nur weil ihr euch nicht getraut habt“, meinte Baka und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ah, jetzt erinner ich mich wieder“, sagte der Schwarzhaarige mit den eisblauen Strähnen und richtete sich auf. Dann räusperte er sich. „Also vor fast sieben Jahren, nach dem Sommerfest, welches unsere Schule jedes Jahr veranstaltete, ging ein Gerücht in der Schule rum, dass es in einem heruntergekommenen Teil der Stadt, in der wir gelebt haben, ein kleiner Laden sei, der merkwürdige Sachen verkaufen sollte. Ein paar aus meiner Klasse meinten, sie wäre schon drin gewesen. Der Laden sollte angeblich mit lauter alten Kram zu gemüllt sein und der Besitzer, ein alter, grantiger Mann, der unheimlich zu sein schien, wollte ihnen irgendwas andrehen. Sie meinten er sprach irgendwas von dunkler Magie und so nem Scheiß. Ich hab ihnen damals nicht so wirklich geglaubt, hab mir dann aber trotzdem sagen lassen, wo sie diesen Laden angeblich gefunden hatten. Sie haben mir dann gesagt wo er war und ich bin hin…“ ~Rückblende~ Ich streifte durch die Straßen und hielt die Augen offen. Irgendwo musste der Laden doch sein. Oder aber sie hatten mich total verarscht und beobachteten mich von irgendwoher und machten sich über mich lustig. Ich knirschte angepisst mit meinen Zähnen. So musste es einfach sein, denn in dieser verlassenen Gegend gab es einfach nichts, was verdächtig nach einem Laden aussah. Als ich die Hoffnungen schon beinahe aufgegeben hatte, entdeckte ich eine unscheinbare Tür. Sie war modrig und sah auch nicht gerade sehr stabil aus. Die Fenster waren mit Brettern zugenagelt wurden, daher konnte man keinen Blick nach innen erhaschen. An der Tür hing ein kleines Schild mit der Aufschrift: Shuju’s Second Hand – Etwas magisches erwartet dich Ich knipste schnell ein Foto von der Tür und verschwand wieder. Alleine wollte ich da keineswegs rein. Auf dem Weg nach Hause rief ich meinen besten Freund an. „Greg? Ich hab den Laden gefunden! Pete und Jacob haben doch keinen Mist erzählt. Wir müssen uns mit den anderen treffen!“ „Heute noch? Aber hast du mal auf die Uhr geguckt? Samu und Devin werden sicherlich nicht mehr kommen, geschweige denn von Luka und Justin.“ Ich zog einen Schmollmund, welchen er natürlich nicht sehen konnte. „Na gut. Morgen ist ja Samstag. Dann treffen wir uns morgen am üblichen Treffpunkt. Ich sag Devin und Samu Bescheid. Kannst du Luka und Justin schreiben? Ich hab so gut wie kein Guthaben mehr.“ Greg seufzte. „Ja gut, mach ich. Dann leg jetzt auf, sonst hast du nachher gar nichts mehr.“ „Ist gut“, sagte ich und legte auf. Dann schrieb ich Samuel eine Nachricht. Dieser antwortete auch nur ein paar Minuten später mit einem okay. Am nächsten Tag war ich schon so aufgeregt, dass ich eine Stunde vor dem Treffen in der Lagerhalle an kam, in der wir uns ein kleines Versteck eingerichtet hatten. Die Halle war vorher ein Lagerhaus für Möbel gewesen. Der Laden ging pleite und er wurde geschlossen. Ein Großteil der Möbel welcher hier gestanden hatte, wurde abgeholt, aber die Teile, welche keiner mehr wollte, hatten sie hier stehen gelassen. Ich schritt unruhig auf und ab. Warum ich jetzt doch so aufgeregt war, wusste ich selbst nicht. Ich hatte die ganze Nacht wach gelegen und mir Gedanken gemacht. Einerseits war es total schwachsinnig und in dem Laden würde bestimmt nur irgendein Ramsch stehen. Andererseits… Was war, wenn es wirklich sowas wie dunkle Magie gab? Die Zeit zog sich wie Kaugummi. Der erste der kam war Greg. „Man Damien. Wieso bist du denn so hibbelig? Wir können da heute doch eh nicht hin.“ Ich schnaufte. „Vielleicht ja doch. Ich meine gelesen zu haben, dass der Laden die ganze Woche geöffnet ist.“ Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Und wenn schon. Was erwartest du da, zu finden?“ Ich sah ihn einen Moment an. Ja, was wollte ich da eigentlich? „Keine Ahnung. Ich möchte nur sehen, ob die beiden Recht hatte“, sagte ich dann. Als nächstes kamen die Kijen-Brüder. „So und was war jetzt so wichtig, dass wir um diese Uhrzeit hier her mussten?“, fragte Devin verschlafen. Samuel gähnte erstmal herzhaft. „Ich hab den Laden gefunden von dem Pete und Jacob geredet haben“, klärte ich die beiden auf. „Und deswegen mussten wir jetzt hier her?“ Devin schüttelte den Kopf und machte wieder auf dem Absatz kehrt. „Man jetzt warte doch!“, rief ich ihn zurück. „Glaubst du etwa wirklich an den Mist, den deine Klassenkameraden gesagt haben?“, fragte Samuel und kickte einen Stein weg, der ihm gerade in den Weg gekommen war. Gerade in dem Moment kam Justin an. „Guten Morgen allerseits“, grinste er über beide Ohren. „Eh… So gute Laune um diese Uhrzeit…“, grummelte Devin. Man konnte ihm ansehen, dass er lieber wieder in sein Bett wollte. „Ich glaub nicht daran… aber sollte es wahr sein… Wäre das nicht irgendwie cool?“ Samuel schüttelte den Kopf. Ich setzte nur eine beleidigte Miene auf. „Können wir los?“, fragte Justin aufgeregt. Wenigstens einer, der meine Begeisterung teilte. „Wir warten noch auf Luka“, meinte Greg zu ihm. Und so warteten wir noch ein paar Minuten. Luka kam mit einer satten halben Stunde Verspätung. „Sorry Leute. Meine Mum hatte mich noch zum Spülmaschine ausräumen verdonnert. Also was steht an?“ „Ich hab den Laden gefunden von den Pete und Jacob geredet haben.“ Luka sah mich mit offenem Mund an. „Und wegen SOWAS bin ich jetzt den ganzen Weg hier her gekommen??“ „Seh ich auch so“, meinte Devin und stellte sich neben den Neuankömmling. Samuel trotte seinem Bruder hinterher. War ja klar gewesen. Wenn der große Bruder irgendwas entschied, dann musste der Kleine immer an ihm kleben und alles nachmachen. Justin stellte sich neben mich. „Zwei zu Drei. Wir gehen da nicht hin“, sagte Devin mit verschränkten Armen vor der Brust. „Greeeeg, komm. Bitteeee!“, flehte Justin ihn an. Dieser drehte sich von uns beiden weg. „Gib dir nen Ruck. Vielleicht findest du ja was Schönes“, versuchte ich nun auch. „Der Laden hat eh zu“, meinte er und setzte sich auf ein Sofa. Ich stellte mich vor ihn und sah ihn durchdringend an. „Man, na gut!“, gab er sich endlich geschlagen. Nun sah ich Samuel an, der sich ein Stück hinter Devin versteckte. „Komm schon… Du willst da doch eigentlich auch hin.“ Samuel schüttelte heftig den Kopf. „Ich geb dir auch nachher was aus“, versuchte ich ihn zu bestechen. Jetzt wurde er hellhörig. „Und was?“ Devin blies kopfschüttelnd die Luft aus. „Was zu essen?“ Der Kleine überlegte. „Hm na gut.“ Ich grinste. „Vier zu Zwei!“, sagte ich triumphierend. Devin blickte düster zu seinem kleinen Bruder. Dieser grinste verschmitzt. „Gut, also auf“, sagte Justin und Schritt voran. An dem Hallenausgang blieb er stehen. „Eh, es wäre besser, wenn Damien vorgeht.“ Ich lachte auf und ging voran. Hinter mir meine besten Freunde. Hätten wir es bei der Erstwahl gelassen und wären bloß nicht dahin gegangen. Denn dieser Tag veränderte unser ganzes Leben und dazu nicht mal zum Vorteil… Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis wir an dem Laden ankamen. Ich Dummkopf hatte mir nur so zur Hälfte den Weg gemerkt, deswegen mussten wir alle zusammen suchen. Devin und Luka bildeten das Schlusslicht. Sie wären lieber wieder umgedreht, aber uns zur Liebe waren sie dann doch mitgekommen. Endlich standen wir vor dem Gebäude, welches stark danach aussah, als würde es jeden Moment einstürzen. „D-Da willst du doch nicht allen Ernstes rein?!“, fragte Greg unglaubwürdig. „Doch“, sagte ich bestimmt und legte eine Hand an die Türklinke. Ich stoppte. „Ich will da aber nicht alleine rein…“, murmelte ich. Sofort stand Justin neben mir. „Auf geht’s“, sagte er begeistert und wir gingen rein. Im ersten Moment schlug uns ein modriger Geruch entgegen. Dieser Laden war wirklich aufs extremste heruntergekommen. Von außen hatte man gar nicht gesehen, wie groß er doch war. Naja, was hieß hier groß. Er bestand eher aus drei längeren Gängen. „Guten Tag Jungs. Kann ich was für euch tun?“, fragte ein Mann mit einer kratzigen Stimme. „Eh-eh… Wir wollten uns nur mal… umgucken“, stammelte ich. Ich hatte den Alten gar nicht bemerkt gehabt. Justin war schon staunend weiter gegangen. „Warte“, zischte ich und lief ihm schnell hinterher. Die Regale waren alle vollgestellt. Es herrschte eine große Unordnung. Noch nicht einmal Schilder waren zu finden, wo beschrieben war, was sich in dem Gang, beziehungsweise dem Regalfach, befand. Lose Blätter, Bücher, Stoffe, Krimskrams, einfach alles Mögliche, bunt zusammen gewürfelt. Justin befand sich ein Stück vor mir und stöberte herum. Immer wieder war ein Oh oder ein Wow zu hören. So wirklich toll waren die Sachen jetzt nicht. Die Klamotten, welche ich sah, waren durchlöchert und verstaubt. Ich wollte wirklich nicht wissen, wie alt die Dinger schon waren. Wie konnte jemand wie dieser komische Kauz überhaupt einen Laden leiten, der bestimmt pleite war?! Hier verirrte sich doch keiner hin… Ja gut.. Ich zählte jetzt nicht wirklich. Schließlich hatte ich ja nur ein Gerücht von diesem Schuppen hier gehört. Aber was die Jungs wohl mit dunkler Magie gemeint hatten? Ja klar, hier drin war es nur spärlich beleuchtet. Aber man konnte außer Jahrhunderte alten Büchern, die wahrscheinlich keine Sau kannte, von Motten zerfressene Kleidung oder mit Spinnenweben zugehängte Bilder, hier nichts Brauchbares finden. Ich ekelte mich regelrecht, die Sachen überhaupt anzufassen. „Damien, komm mal her!“, rief Justin aus der hintersten Ecke. Ich kämpfte mir einen Weg durch die Spinnenweben in die Ecke, in der er sich befand. „Was denn?“, fragte ich und schielte über seine Schulter. Er stand vor einem kleinen Altar, oder wie man dieses Teil auch nannte. Ich hätte ihn gar nicht bemerkt, hätte Justin mich nicht gerufen. Er hielt ein sehr staubiges Buch in der Hand. „Was ist das?“, hakte ich nach und betrachtete es. Die Staubschicht war bestimmt fünf Zentimeter dick! „Ich hab keinen Plan“, sagte er mit leuchtenden Augen. „Dann leg’s wieder weg“, meinte ich und ging weiter. „Aber jetzt warte doch mal. Guck es dir doch mal an“, forderte er und gab mir den Wälzer in die Hand. Ich wischte darüber und zum Vorschein kam eine goldene, geschwungene Schrift. „Kannst du lesen, was da drauf steht?“, fragte ich Justin, doch dieser schüttelte den Kopf. „Sieht aber cool aus, oder?“ Ich verdrehte die Augen. „Du fandest dass jetzt nur so toll, weil es so komisch aussah?“ Er nickte eifrig. „Oh man“, sagte ich nur und legte das Buch zurück auf den Altar. Dann sah ich mich weiter um. In dieser Ecke waren lauter schwarze Tücher, schwarze Kerzen und verstörende Bilder. Die Kerzenständer reflektierten das gedämmte Licht an manchen Stellen. Dadurch tauchte die Umgebung in einen unheimlichen Glanz. Diese Sachen hatten irgendetwas an sich, dass sie interessant wirken ließen. Plötzlich packte mich eine Hand an der Schulter. Ich zuckte heftig zusammen. „Was denn? So schreckhaft?“, kicherte Greg. Ich grummelte nur etwas Unverständliches und schüttelte seine Hand ab. „Warum bist du hier drin? Ich dachte ihr wolltet nicht rein.“ Er zuckte mit den Achseln. „Die anderen sind weiter vorne im Laden“, meinte er nur uns sah sich um. „Hm… also ich weiß nicht. Es sieht hier irgendwie etwas komisch aus, findest du nicht?“ Ich nahm mir etwas aus dem Regal und zuckte ebenfalls mit den Achseln. „Schon möglich. Ich finde hier auch nichts Tolles. Sieht halt alles etwas zu alt aus, für meinen Geschmack.“ „Was hast du denn auch anderes erwartet?“, ertönte auf einmal Devin‘s Stimme von der anderen Seite. „Ach ja, bist ja auch hier drin“, lachte ich knapp. „Ja… Ich hatte jetzt keine Lust, alleine da draußen zu stehen…“, murmelte er grimmig. So nach und nach kamen alle in den hinteren Teil des Ladens zu uns. „Kommt, lasst uns nach Hause gehen. Hier gibt es nur Schrott“, meinte Luka und hielt angewidert einen Stofffetzen hoch, der sehr verdächtig nach einem alten Stofftaschentuch aussah. Die anderen grummelten ihre Zustimmung und auch ich wollte gerade gehen, da stieß mir etwas ins Auge. Es lag versteckt unter einem Haufen Papieren. Es war ein dickes, großes, schwarzes Buch mit goldenen Lettern. Es sah fast so aus, wie das Teil, welches auf dem kleinem Altar lag, nur war dieses ein Tick dicker. Die Jungs waren schon auf dem Weg nach draußen, aber ich ließ mir alle Zeit der Welt und zog es aus dem Stapel heraus. „Damien, kommst du?“, rief Greg nach hinten. „Ja, gleich“, antwortete ich und klappte das Buch auf. Außen besaß es keinen Titel, also hoffte ich hier dring fündig zu werden. Die Lettern waren einfach nicht zu entziffern gewesen. Auf der ersten Seite prangte ein großes Symbol. Irgendwoher kannte ich es, aber ich wusste einfach nicht, was es war. Ein Kreis mit einem Stern darin. Aber der Stern sah irgendwie komisch aus. Kurzerhand beschloss ich, das Buch mitzunehmen. Irgendetwas hatte es an sich, sodass ich es nicht mehr aus der Hand legen wollte. Nein. Wohl eher, nicht legen konnte. Im vorderen Teil warteten alle auf mich. „Was ist das?“, fragte Justin, als ich es auf den Tresen legte. „Keine Ahnung. Sieht aber cool aus“, sagte ich zu ihm. „Wie viel kostet das?“, wandte ich mich an den alten Mann. Er blickte das Buch mit einem breiten Grinsen an. Dann sah er zu mir. „Wie alt bist du denn?“, wollte er wissen. „Vier…zehn“, stammelte ich. Seine Stimme klang irgendwie unheimlich. „Bist du dir denn auch wirklich sicher, dass du die Verantwortung für den Inhalt übernehmen möchtest, junger Mann?“ Ich schluckte. „Wie meinen Sie dann das?“, mischte sich Justin ein, „Das ist doch nur ein Buch.“ Der Verkäufer lachte auf. „Nur ein Buch. So, so…“ Mir war etwas unheimlich zumute. „Na schön. Das Buch soll es also sein. Es kostet 20€.“ Ich stutzte. Das war eine Menge Geld. Einen Moment überdachte ich nochmal mein Vorhaben, dann kramte ich meinen Geldbeutel aus meiner Hosentasche und kippte den Inhalt auf den Tresen. „Da“, sagte ich nur. Ich hatte dem alten Mann einen Haufen Münzen auf die Platte gekippt. „Ich kann Ihnen nur das anbieten.“ Erwartungsvoll biss ich die Zähne aufeinander. Der alte Mann beäugte die Münzen skeptisch und begann sie abzuzählen. Als er fertig war, sah er mich und meine Freunde an. „Na schön. Es gehört dir.“ Triumphierend lächelte ich und schnappte mir das Buch. „Aber sei vorsichtig, sonst wird es schlimm enden. Beachte die Warnungen“, rief er mir noch hinterher, als wir raus gingen. ~Rückblende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)