Runenzeit von Runenwölfin (Weltenwandler Chroniken) ================================================================================ Kapitel 2: Feuerteufel ---------------------- Die Tage vergingen und Arel gewöhnte sich so langsam an den Alltag im Rudel. Natürlich behandelte man ihn wie einen Außenseiter, trotzdem erfuhr er interessante Dinge, die ihm seine Suche erleichtern würden. Immerhin wusste er kaum etwas über die Wölfe auf diesem Planeten und sie auf diese Weise zu studieren und ihre Verhaltensweisen kennenzulernen war ihm eine große Hilfe. An einem Morgen öffnete der Graue die Augen und streckte erst einmal alle Viere von sich. Dann bemerkte er den leichten Nieselregen, der ihn unter dem Baum, unter dem er jetzt immer zusammen mit Lufia nächtigte, nicht erreichte. Neugierig wagte er sich unter dem schützenden Blätterdach hervor und ließ das kühle Nass aus sein Fell regnen. „Das scheint dir ja noch zu gefallen“, gab seine Aufpasserin von sich. Auch sie war gerade aufgewacht. „Regen ist doch etwas Tolles. Ich könnte den ganzen Tag mit nassem Fell herumrennen.“ „Du scheinst aus einer sehr trockenen Gegend zu kommen, sonst würdest du so etwas nicht sagen.“ Daraufhin setzte er wieder sein typisches Grinsen auf. So langsam kannte die junge Wölfin das schon und ignorierte es geschickt. Noch immer wusste Arel nicht, ob sie einfach Angst vor ihm hatte oder ein anderer Grund dahinter steckte, dass sie sich immer so abweisend verhielt. Auch die anderen im Rudel schienen sie zu meiden, obwohl ihr Rang niedrig war, ging sie keiner an, lieber hielten sie sich von ihr, und somit auch von ihrem Anhängsel, fern. Nachdenklich ließ der Rüde den Blick zu dem restlichen Mitgliedern schweifen und plötzlich fiel ihm auf, dass einer der kräftigen Jäger humpelte. Als Lufia seinen fragenden Ausdruck bemerkte, erkläre sie: „Er hat sich gestern bei der Jagd verletzt. Es ist wohl nicht besser geworden, wie wir alle gehofft hatten.“ Als wäre das sein Stichwort gewesen, steuerte plötzlich der Anführer, dessen Name Sadlik war, wie der Graue herausgefunden hatte, auf die beiden zu und wendete sich stolz an Arel: „Du kannst uns heute beweisen, dass du auf unserer Seite stehst. Wir brauchen einen Wolf, der uns bei der Jagd hilft.“ Der Angesprochene legte verwirrt den Kopf schief: „Ich? Ähm…wahrscheinlich bin ich kein guter Jäger. Nein, vermutlich sogar ein ganz miserabler.“ Sadlik knurrte daraufhin: „Vielleicht mag ein Einzelgänger nicht viel Ahnung von der Jagd in der Gruppe haben, aber Geschick wird allemal in deinen Knochen ruhen, wie hast du dich sonst ernährt, als du auf dich alleine gestellt warst?“ Jetzt konnte er leider nicht antworten, dass er in seinem ganzen Leben noch nie gejagt hatte, da auf seiner Heimatwelt ausgebildete Jäger dafür verantwortlich waren alle mit Fressen versorgten. Jeder bekam dort seine Aufgabe, die er erfüllen musste und Arel war nun einmal einem ganz anderen Bereich zugeteilt worden. Hastig nickte er: „Natürlich helfe ich euch. Ich werde mein Bestes geben.“ „Gut, dann mach dich bereit, wir ziehen in ein paar Minuten los.“ Leichte Verzweiflung machte sich in dem Grauen breit, aber er ließ sich nichts anmerken. Irgendwie würde er es schon hinbekommen, immerhin konnte es doch nicht so schwer sein Beute zu erlegen. Im ganzen Wald hörte man Geräusche von dessen Bewohnern. Da ein Vogel, da ein Eichhörnchen, das am Baum hochkletterte, an anderer Stelle ein schwirrendes Insekt. Die Jäger schlichen vorsichtig durch das Unterholz, jeder Schritt bedacht gesetzt. Irgendwann erreichten sie eine große Wiese, blieben aber im Schutz der unzähligen Bäume, um nicht entdeckt zu werden. Leider wurde der Regen immer stärker und so langsam begriff Arel, warum Lufia gemeint hatte, dass das viele Wasser mit der Zeit ungemütlich wurde. Besonders unangenehm fühlte es sich an, wenn es in die Ohren lief, weshalb man sie am besten dauerhaft anlegte. Auch die kleine Wölfin war dieses Mal bei der Jagd dabei und stierte konzentriert auf die Grünfläche vor ihnen. „Da vorne ist eine ganze Herde Hirsche“, flüsterte Sadlik nach einer Weile. „Wir teilen uns und kreisen sie ein.“ Alle nickten entschlossen, bis auf den Grauen, der nicht so wirklich wusste, was er tun sollte. Er folgte einfach Lufia, als sich die Gruppe trennte und versuchte seine Sinne auf die Huftiere zu konzentrieren, was ihm aber extrem Probleme machte. Seine Rasse fühlte sehr viel mehr als der gemeine Wolf. Er war offen für jede Art von Schwingungen und da es hier von Leben nur so strotzte, erwies es sich als kompliziert die Energien auseinander zu halten. Seine anderen Sinne hatte er noch nie so genutzt wie dieses Fühlen, etwas was ihm jetzt zum Verhängnis wurde, denn die Bedingungen waren durch das Wetter zusätzlich erschwert. Nicht einmal riechen konnte er die Hirsche, wie sollte er sie dann zur Strecken bringen? Der Wettergott, nicht das er an so einen glaubte, schien es außerdem nicht gut mit ihm zu meinen, denn es wurde von Minute zur Minute stürmischer. Schnell erreichten sie eine Stelle, an der sie wieder stehen blieben und sich in Position brachten. Jetzt konnte auch Arel einen Blick auf die Herde vor ihnen erhaschen. Langbeinige Huftiere befanden sich ein wenig vom Regen geschützt unter einem riesigem Baum und grasten. Ihre Haltung verriet allerdings, dass sie extrem aufmerksam ihre Umgebung im Auge behielten. Das älteste Männchen hatte ein prächtiges Geweih auf dem Kopf, was sehr bedrohliche wirkte, allerdings war dieses Ungetüm auch nicht ihr Ziel, sondern ein schwaches Tier, das sie von der Gruppe trennen konnten, so viel wusste selbst der Fremde unter ihren Reihen noch. Mit stummen Zeichnen bekam jeder seine Position zugeteilt und dann ging es auch schon los. Die ersten Wölfe stürmten hervor und versetzten die Herde in Bewegung und ließen sie genau in die Richtung laufen, wo die andere Hälfte des Rudels wartete. Die schossen aus ihren Verstecken hervor und schaffen es schließlich eine der Hirschkühe von ihren Artgenossen zu trennen. Sie lief sehr langsam, wahrscheinlich war etwas mit ihr nicht in Ordnung und genau das würde jetzt gegen sie verwendet werden. Arels Herz schlug ihm bis zum Hals. Dieses ganze Unternehmen weckte seinen Jagdtrieb, der wohl noch aus der Urzeit vorhanden war, was ihn irgendwie verstörte. Ein starker Rüde sprang dem Huftier an die Kehle, so dass es mit einem Aufschrei zu Boden fiel und dort vergeblich herumstrampelte. Die Kuh kämpfte um ihr Leben, so aussichtslos dieser Kampf auch erscheinen mochte. Doch plötzlich bemerkte Arel etwas und riss den Kopf in die Richtung der Gefahr. „Vorsicht!“, rief er aufgeregt, erst jetzt bemerkten auch die anderen im Rudel, was vor sich ging. Der riesige Hirschbulle tauchte auf und rannte mit gesenkten Geweih auf die Raubtiere, die um sein Weibchen standen, zu. Diese sprangen gerade noch weg. Die Augen des Bockes verrieten seine Wut, der Graue fühlte sie auch und ihm wurde klar, dass das Tier gerade dabei war die Kontrolle über sich zu verlieren. Eine extrem gefährliche Situation. „Wir sollten uns zurückziehen“, schlug er deswegen vor. Sadlik schüttelte den Kopf. „Nein, wir brauchen Essen. Wir haben es fast.“ „Aber…“ Arel erkannte, dass eine weitere Warnung nichts brachte. Wieder kam der Hirsch auf sie zu und schnaubte aufgebracht. Einige Wölfe knurrten ihn an und versuchten ihn von der Beute wegzulocken, doch dieser schlug nur nach ihnen und wollte sich einfach nicht von der Stelle bewegen. Als einer der Rüden zu nahe kam, wurde dieser plötzlich vom Geweih erfasst und durch die Luft geschleudert. Hart landet er auf dem Boden, schaffte es aber wieder mühsam auf die Beine. „Das reicht jetzt!“, erklang eine Stimme hinter dem Hirsch. Es war Lufia. Ihre Augen glühten förmlich, als sie das sagte. Sie wirkten ein wenig wie Feuer, fand Arel. Ob die kleine Wölfin wusste, dass das keine gute Idee war? Das große Huftier würde sie mit Leichtigkeit besiegen. Doch dann bemerkte der Graue etwas anderes. Ein unglaubliche Aura ging von ihr aus. Ihm wurde daraufhin ganz heiß, er wusste wo er so etwas schon einmal gespürt hatte, aber das konnte einfach nicht wahr sein, er wollte es nicht glauben. „NEIN, Lufia!“, entwich ihm, doch es war zu spät. Wie aus dem Nichts begann plötzlich das Geweih des Angreifers zu brennen. Dieser stellte sich auf die Hinterbeine und schüttelte wie wild seinen Kopf, doch alles bewirkte nichts, das Feuer ging nicht aus, selbst der Regen war machtlos. Lufia stand da und hatte ihren Feind fest fixiert. Eine Spannung lag in der Luft, die wohl selbst die normalen Wölfe spüren mussten und in diesem Moment verstand Arel, warum die kleine Wölfin vom Rudel so behandelt wurde, als wäre sie eine Aussätzige. Sie hatten Angst vor ihr und das konnte er gut verstehen, denn auf dieser Welt gab es kaum übersinnliche Fähigkeiten und wenn sie auftraten, konnten die kleinen Gehirne dieser primitiven Vierbeiner nicht erfassen, mit was sie es zu tun hatten. Arels spielte es allerdings in die Pfoten, dass er so schnell einen dementsprechende Wolf mit einer solchen Begabung gefunden hatte. Doch ihre spezielle Fähigkeit war eine der gefährlichsten, besonders wenn der Betroffene sie nicht beherrschte, weswegen der Graue vorsichtig sein musste. Der Hirsch rannte schreiend im Kreis und es gab nur eine Möglichkeit das alles zu beenden. Arel flitze auf die kleine, braune Wölfin zu und riss sie einfach um. Das Feuer erlosch und das Opfer machte sich auf und davon, das Klügste was er tun konnte. Verwundert schaute Lufia den Wolf, der auf ihr drauf lag, an, es schien als wäre sie jetzt erst wieder zu Sinnen gekommen. „Ich…“, stammelte sie, beließ es dann bei dem einem Wort, weil einfach nicht mehr über ihre Lefzen kommen wollte. „Schon okay, ich habe keine Angst vor dir.“ Ein freundliches Grinsen zog sich über sein Gesicht, während er von ihr herunterstieg. Die junge Fähe stand auf und ging mit eingezogenem Schwanz zu ihrem Anführer. Dieser blickte sie streng an, sagte aber nichts dazu, sondern meinte nur: „Lasst uns fressen.“ Arel durfte als Letzter an die Beute, da sein Hunger sowieso nicht so groß war, schluckte er ein paar Stückchen herunter und entfernte sich dann von dem Kadaver. Der Regen hatte nachgelassen, trotzdem herrschte noch Nässe und Dunkelheit über den Tag. Das Rudel blieb bei der Beute, um später noch weiter daran fressen zu können. Um sich vor dem unangenehmen Wetter zu schützen, nutzten sie, wie die Hirschherde zuvor, den großen Baum, der genügend Schutz bot. Auch Arel legte sich etwas abseits von den anderen darunter und beobachtete das Treiben in der Gruppe. Die meisten schliefen oder putzten sich, also nicht wirklich etwas, was das Interesse des Grauen erweckte. Also fixierte er Lufia, die beim Baumstamm saß und, wie er, die anderen Wölfe anstarrte. Dann stand sie mit eingezogenen Schwanz auf und verschwand unauffällig in dem Gebüsch hinter sich. Der graue Rüde prüfte, ob ihn jemand im Auge hatte, als das nicht der Fall war, erhob auch er sich und lief ihr hinterher. Er brauchte seine Nase nicht einsetzen, den er konnte die junge Wölfin deutlich spüren. Zwar war es schwer sie von den ganzen anderen Energien zu unterscheiden, aber er hatte genug Zeit mit ihr verbracht, um zu wissen, wonach der suchen musste. Schließlich fand er sie an einem Fluss, wo sie abwesend aufs Wasser blickte. „Du magst Wasser nicht sonderlich, oder?“, fragte er gerade heraus. Sie zuckte zusammen, als sie seine Stimme vernahm. Mit ihm hatte sie nicht gerechnet und war deswegen erschrocken. „Und du solltest nicht hier sein. Sadlik hat dir verboten das Rudel zu verlassen.“ „Also genau genommen sollst du auf mich aufpassen und das tust du gerade. Und eine Antwort auf meine Frage habe ich auch nicht bekommen.“ Kurz sah sie ihm in die Augen, dann wendete sie beschämt den Blick ab. „Welche Rolle spielt es, ob ich Wasser mag oder nicht?“ „Feuerbezwinger haben meistens eine Abneigung dagegen.“ Verwundert zuckte sie mit den Ohren. „Feuerbezwinger?“ „Na ja, du bist eine von ihnen. Du kannst es auch Feuermagier oder sonst wie nennen. Es gibt viele Ausdrücke dafür, aber es umschreibt immer das Gleiche.“ „Du weißt etwas über solche Fähigkeiten?“ „Dort wo ich herkomme, ist es normal solche Fähigkeiten zu haben. Die Beherrschung von Feuer ist dort etwas ganz Besonderes“, erzählte er stolz. Sie schnaufte schwer ein und schüttelte dann den Kopf. „Das kann ich nicht glauben. Jeder hasst mich für dieses Können. Noch schlimmer, sie haben Angst vor mir. Würde Sadlik sich nicht für mich einsetzten, wäre ich schon lange eine Einzelgängerin, die für immer alleine durch den Wald streifen muss.“ Der Graue versuchte tröstende Worte zu finden, auch wenn das nicht gerade seine Stärke war: „Das heißt nicht, dass es überall so ist. Ich könnte...“ Plötzlich spürte Arel etwas. Sein Kopf schnellte hoch und jedes seiner Glieder spannte sich an. Die Ankunft eines Jazarwolfes merkte er sofort. Ohne weiter nachzudenken, sprang er einfach auf und rannte in den Wald. „Halt!“, rief ihn Lufia hinterher, doch das nahm er schon fast nicht mehr wahr. Er hetzte über Stock und Stein und wich dabei den vielen Bäumen aus, die sich ihm in den Weg stellten. Dass er auf seinen Bruder treffen würde, war ihm klar. Einige Minuten später erreichte er schließlich die Stelle des Tores, durch das auch er gekommen war. Dort stand Brom und schnüffelte den Boden ab. Mit gerümpfter Nase meinte er: „Diese Welt stinkt.“ Arel hechelte stark, bis er schließlich Luft zum Antworten fand: „Bist du gekommen, um mir das zu sagen?“ Die Arroganz seines Bruders ging ihm gegen den Strich, aber des lieben Friedens willen, sagte er nicht mehr dazu. „Natürlich nicht. Wie ich sehe, geht es dir gut.“ Der Silberne umkreiste ihn. „Hätte nicht gedacht, dass du mir so erholt und fit über den Weg laufen würdest. Ich möchte deine Fortschritte hören, was sonst?“ „Ich habe mich einem Rudel angeschlossen, das womöglich mehr weiß. Doch es dauert ihr Vertrauen zu gewinnen, deswegen brauche ich noch etwas Zeit.“ Er wusste nicht einmal, warum er Lufias Fähigkeit verschwieg, aber er wollte sich erst ganz sicher sein, was mit ihr war, bevor sein Volk sie holte. „Zeit?“, schnauzte Brom. „Genau das, was wir nicht haben! Wir brauchen diese Wölfe und das so schnell wie möglich.“ „Schneller geht es nicht.“ Jetzt wurde der Graue etwas lauter. „Wenn ich endlich erfahren würde, für was diese Wölfe benötigt werden, könnte ich mir wenigstens ein Bild machen, was zu tun ist.“ „Das ist ein Militärgeheimnis, das weißt du.“ „Und ich arbeite für das Militär!“ Brom knurrte aufgebracht, was Arel zu Besinnung brachte. Sich mit seinem Bruder anzulegen, war ein Wagnis, was er nicht eingehen wollte, denn der Silberne konnte grausam und brutal sein, selbst vor seiner Familie schreckte er nicht zurück, wenn es nötig wäre. Manchmal glaubte der Graue, dass sein Bruder kein Gewissen hatte. „Schon gut“, lenkte er ein. „Ich versuche so schnell wie möglich Wölfe mit besonderen Fähigkeiten zu finden. Lass mir noch ein paar Tage.“ „Hoffentlich hältst du dich daran“, kam im drohenden Ton zurück. Er nickte zuversichtlich und sah dem dünnen Rüden hinterher, wie dieser sich wieder zum Tor begab. Schließlich fragte er noch: „Sag mir nur eines: Wird den Wölfen, die wir suchen, wehgetan? Geschieht etwas Schlimmes mit ihnen?“ Brom sah zurück und sein Blick verriet mehr als tausend Worte. Schweigend ging er weiter und verschwand. In Arels Kopf kam nur das Bild der kleinen Lufia hoch. Diese junge Wölfin sollte so ein furchtbares Schicksal ereilen und das nur, weil sein Volk meinte, sie hätte das Recht dazu? Doch was sollte er schon machen? Er hatte weder eine hohe Position, noch war Mitglied im Rat. Er war machtlos gegen seine Anführer. Mit gesenktem Kopf machte er sich auf den Rückweg zum Rudel. Das alles gefiel ihm nicht und er zweifelte plötzlich an seiner Mission. Tat er wirklich das Richtige? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)