Runenzeit von Runenwölfin (Weltenwandler Chroniken) ================================================================================ Kapitel 1: Der unbekannte Planet -------------------------------- Genüsslich atmete der graue Wolf die frische, kühle Luft ein, erst dann öffnete die Augen und betrachtete, wo er gerade gelandet war. Um ihn herum befand sich ein schöner Wald, der vor fruchtbaren Pflanzen nur so strotze. Für Manche wäre das nichts Besonders gewesen, aber Arel sah das ganz anders. Wo er herkam, da gab es nichts als Trockenheit. Gewächse fand man auf seiner Heimatwelt kaum und wenn dann waren es verdorrte Stängel oder kakteenartige Gebilde. Genauso schlecht sah es dort mit Beutetieren aus, die es auf dem Planeten, auf dem er sich jetzt aufhielt, sicher in reichlicher Anzahl vorhanden sein dürften. Neugierig blickte er sich um, betrachtete jeden Stein, jeden Grashalm und nahm jeden Geruch auf, der ihm unter die Nase kam. Der Boden unter seinen Pfoten fühlte sich großartig an, denn er war feucht und kalt, erfrischend für Ballen, die gewöhnlich nur kargen Untergrund unter sich hatten. Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein weiterer Wolf neben ihm auf. Sein schmaler Körper wurde von einem silbernen Pelz geziert, der auffällig durch die wenigen Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach fielen, glänzte. Ein weiteres Merkmal, das man kaum übersehen konnte, waren seine dunklen, violetten Augen. Auch der Graue hatte diese seltene Augenfarbe, nur leuchteten seine heller und freundlicher. „Arel“, sagte der Silberne unterkühlt. „Brom“, erwiderte der Angesprochene mit einem Nicken. „Ich wollte nur sicherstellen, dass du gut angekommen bist, Bruder.“ Ach, wie der Graue dieses Spiel hasste. Er wusste ganz genau, dass sein Bruder, oder um genau zu sein Halbbruder, sicher nicht an seinem Wohlbefinden interessiert sein würde. Brom interessierte sich für nichts und niemanden, außer für seinen Posten in der Armee von Jazar. „Wie du siehst, ist alles in Ordnung. Ich werde meinen Auftrag wie befohlen ausführen. Dafür brauche ich nun wirklich keinen Aufpasser.“ „Es ist dein erster Einsatz.“ Arel seufzte. „Richtig, doch der Rat traut mir zu, dass ich das alleine kann, sonst hätten sie mich nicht ohne Begleitung geschickt. Du hast sicher wichtigere Aufträge zu erledigen, als Babysitter für deinen kleinen Bruder zu spielen, nicht wahr?“ Brom knurrte ungehalten, wendete sich dann schließlich doch ab: „Dann viel Glück. Du wirst es brauchen.“ Der Graue schnaubte verächtlich, doch sein Bruder bekam das wohl nicht mehr mit, weil er so schnell verschwand, wie er aufgetaucht war. Mürrisch wagte sich der Rüde weiter in den Wald vor. Die Umgebung faszinierte ihn so sehr, dass er seinen Ärger schnell vergaß und weiter jeden neuen Eindruck in sich aufsaugte. Für ihn war das hier das Paradies, was auch nicht verwunderte, wenn man wusste woher er kam. Trotzdem verlor er nicht aus dem Augen, weshalb er eigentlich an diesem Ort geschickt wurde. Seine Suche galt anderen Wölfen, ganz besonderen Wölfen mit Fähigkeiten, die auf diesem Planeten sicher sehr selten anzutreffen sein würden. Viele nannten diese Kräfte Magie, doch der Graue wusste sie wissenschaftlich zu erklären, denn etwas anderes war er auch nicht: Ein Wissenschaftler. Forschen hatte ihm immer Spaß gemacht und er hätte nie gedacht, dass er auch einmal im militärischem Auftrag unterwegs sein müsste, doch schwere Zeiten forderten von jedem ungewöhnlichen Einsatz und sein Volk befand sich im Moment nun einmal in einer äußerst schweren Lage. Traurig schüttelte er den Kopf und verdrängte die düsteren Gedanken. Er musste sich jetzt konzentrieren und tun wofür er gekommen war, alles andere hatte gerade keine Bedeutung. Nach einer Weile ging dem Grauen allerdings die Puste aus und er macht unter einem Baum ein Pause. Angestrengt legte er sich hin und lauschte den Gesängen der Vögel. Dann fielen ihm die Augen zu. „Hey du!“ Unsanft riss Arel den Kopf hoch. Er musste wohl weggenickt sein. Jetzt fand er vor sich zwei kräftigen Rüden und einer Fähe wieder, die ihn wütend anblickten. „Was suchst du in unserem Revier?“, knurrte einer der braunen Rüden. „Oh“, erwiderte der Angesprochene, „ich bin hier in einem Revier? Besser kann man es gar nicht treffen.“ „Was redest du für einen Unsinn?“, mischte sich die Fähe ein. Ohne Angst stand der Graue auf und grinste die Drei frech an: „Ich bin Arel.“ Wieder übernahm die Fähe das Wort: „Ähm…ja. Das erklärt immer noch nicht, was du hier suchst. Weißt du denn nicht, dass man nicht ohne Erlaubnis in fremde Gebiete vordringt? Dafür könnte man dich töten.“ „Töten? Wir wollen doch nicht gleich so übertreiben!“ Verwirrt sah der Rüde von einem Gesicht ins andere, bis er schließlich festzustellen glaubte, dass die Wölfe es tatsächlich ernst meinten. Man hatte ihm zwar auf seiner Welt beigebracht, was es hier vermutlich für Regeln gab, aber da sein Volk so wenig über diesen Ort wusste, war sein Wissen trotzdem voller Lücken. „Du kommst mit“, gab schließlich das größte Männchen von sich. „Wohin?“ „Na, zu unserem Anführer.“ Mit einem Nicken ließ er sich von der Gruppe umringen und durch den Wald eskortieren, etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig. Dabei begutachtete er die Umgebung genau und prägte sich den Weg ein, etwas was ihm mit seinem photographischen Gedächtnis nicht gerade schwer fiel. Nach ein paar Minuten erreichten sie eine Lichtung, wo sich noch mehr Rudelmitglieder fanden, die gespannt den Fremden fixierten. Sie alle wirken auf Arel extrem primitiv. Die einzige Behausung, wenn man das überhaupt so bezeichnen konnte, war ein Bau, der unter die Erde führte, vermutlich wurden dort die Jungen groß gezogen. Ansonsten wies hier nichts auf Zivilisation hin. Steine und Plätze unter den Bäumen dienten wohl als Schlafplatz oder als Posten für Wachen. Hier lebte man anscheinend tatsächlich noch so naturbelassen, wie man sich erzählte. Die Wölfe selbst waren in meisten Fällen braun, nur zwei mit sehr dunklem Pelz stachen heraus, aber auch die beeindruckten den Grauen nicht sonderlich. Den Anführer erkannte man allerdings gleich, denn seine Haltung verriet ihn. Mit hocherhobenen Schwanz stolzierte er auf den Eindringling zu und prüfte ihn von oben bis unten. „Wer ist das?“, wendete er sich an seine Leute. Daraufhin erwiderte das Weibchen: „Wir haben ihn schlafend in unserem Revier gefunden. Sein Name ist Arel, sagt er. Mehr wissen wir nicht.“ „Mhm.“ Der Rudelführer umrundete den Neuankömmling. „Kommst du aus dem Norden? So eine Fellfarbe trifft man bei uns normalerweise nicht an. Nur was sollte ein Nördler hier wollen?“ „Norden? Nun ja, so könnte man es nennen. Ich komme von sehr, sehr weit her. Und ich habe keine bösen Absichten, das kann ich dir versichern.“ „Und was wären deine Absichten?“ Was sollte er nur auf so eine Frage antworten? Irgendwie beschlich den Rüde das Gefühl, dass er nicht gut genug vorbereitet war, doch da sein Volk kaum Informationen über diesen Planeten gehabt hatte, gab es nicht viel, was er hätte anders machen können. So musste er eben etwas erfinden, denn seine wahren Beweggründe würden hier sicher nicht auf Gegenliebe stoßen: „Ich bin nur ein Einzelgänger auf der Suche nach einem neuem Rudel. Nichts weiter.“ Der Blick des Alphas war fest auf den Grauen gerichtet, die Augen dabei zu Schlitzen verengt, als würde er angestrengt nachdenken: „Du wirst erst einmal hier bleiben und dann überlege ich, was weiter mit dir passieren soll. Es zeigt sich schon noch, ob deine Geschichte der Wahrheit entspricht.“ „Danke für deine Gastfreundschaft.“ „Gastfreundschaft? Nein, das verstehst du falsch. Du bist unser Gefangener bis ich weiß, was du wirklich vor hast. Du könntest genauso aus einem feindlichen Rudel sein oder sonst irgendetwas Schlimmes planen.“ Arel schluckte. Mit so viel Misstrauen hatte er dann doch nicht gerechnet. Dann suchte der Anführer anscheinend nach jemanden und als er ihn fand, rief er: „Lufia!“ Ein junge, braune Wölfin kam mit eingezogener Rute und angelegten Ohren auf ihren Leitwolf zu. „Ja, Sir?“ Ihre Stimme klang eingeschüchtert, offensichtlich war ihr Rang sehr niedrig, schätzungsweise bekleidete sie sogar die Omegaposition, etwas was den Grauen auch nicht verwunderte bei ihrem Auftreten. Dazu war sie recht klein, selbst Arel war einen Kopf größer als sie und er gehörte nicht gerade zu den größten Rüden. Nur etwas Auffälliges gab es an der Wölfin, ihre Augen leuchteten strahlend blau, dabei hatten alle anderen Mitglieder des Rudel gelbe Augen, was typisch war unter den gewöhnlichen Völkern. „Der Neue schläft bei dir. Zeig ihm alles!“, bekam sie zu hören, dann richtete sich der Alpha an seinen Gefangenen: „Du brauchst nicht zu denken, dass du fliehen kannst. Ich lasse alle Fluchtwege bewachen. Wenn du es doch versuchst, dann solltest du erfolgreich sonst, ansonsten werden meine Leute dich töten.“ Das waren klare Worte. „Ich werden nicht versuchen zu fliehen, dafür gibt es gar keinen Grund.“ Zumindest gab es vorerst keinen, denn er wollte erst einmal herausfinden, ob er in diesem Rudel das finden würde, was er suchte. Mit einem Seufzen wendete sich der braune Wolf ab und besprach sich mit seinen Untergebenen, während Arel freundlich zu der ihm zugeteilten Fähe blickte, die immer noch ziemlich verunsichert wirkte. „Keine Angst, ich werde dir nichts tun“, versprach er. „Komm, ich zeig dir das Lager.“ Auf seine Bemerkung ging sie gar nicht ein und drehte sich nur weg, um ihren Befehl auszuführen. Er stapfte ihr hinterher. Na, das kann ja lustig werden, ging es ihm durch den Kopf. Kapitel 2: Feuerteufel ---------------------- Die Tage vergingen und Arel gewöhnte sich so langsam an den Alltag im Rudel. Natürlich behandelte man ihn wie einen Außenseiter, trotzdem erfuhr er interessante Dinge, die ihm seine Suche erleichtern würden. Immerhin wusste er kaum etwas über die Wölfe auf diesem Planeten und sie auf diese Weise zu studieren und ihre Verhaltensweisen kennenzulernen war ihm eine große Hilfe. An einem Morgen öffnete der Graue die Augen und streckte erst einmal alle Viere von sich. Dann bemerkte er den leichten Nieselregen, der ihn unter dem Baum, unter dem er jetzt immer zusammen mit Lufia nächtigte, nicht erreichte. Neugierig wagte er sich unter dem schützenden Blätterdach hervor und ließ das kühle Nass aus sein Fell regnen. „Das scheint dir ja noch zu gefallen“, gab seine Aufpasserin von sich. Auch sie war gerade aufgewacht. „Regen ist doch etwas Tolles. Ich könnte den ganzen Tag mit nassem Fell herumrennen.“ „Du scheinst aus einer sehr trockenen Gegend zu kommen, sonst würdest du so etwas nicht sagen.“ Daraufhin setzte er wieder sein typisches Grinsen auf. So langsam kannte die junge Wölfin das schon und ignorierte es geschickt. Noch immer wusste Arel nicht, ob sie einfach Angst vor ihm hatte oder ein anderer Grund dahinter steckte, dass sie sich immer so abweisend verhielt. Auch die anderen im Rudel schienen sie zu meiden, obwohl ihr Rang niedrig war, ging sie keiner an, lieber hielten sie sich von ihr, und somit auch von ihrem Anhängsel, fern. Nachdenklich ließ der Rüde den Blick zu dem restlichen Mitgliedern schweifen und plötzlich fiel ihm auf, dass einer der kräftigen Jäger humpelte. Als Lufia seinen fragenden Ausdruck bemerkte, erkläre sie: „Er hat sich gestern bei der Jagd verletzt. Es ist wohl nicht besser geworden, wie wir alle gehofft hatten.“ Als wäre das sein Stichwort gewesen, steuerte plötzlich der Anführer, dessen Name Sadlik war, wie der Graue herausgefunden hatte, auf die beiden zu und wendete sich stolz an Arel: „Du kannst uns heute beweisen, dass du auf unserer Seite stehst. Wir brauchen einen Wolf, der uns bei der Jagd hilft.“ Der Angesprochene legte verwirrt den Kopf schief: „Ich? Ähm…wahrscheinlich bin ich kein guter Jäger. Nein, vermutlich sogar ein ganz miserabler.“ Sadlik knurrte daraufhin: „Vielleicht mag ein Einzelgänger nicht viel Ahnung von der Jagd in der Gruppe haben, aber Geschick wird allemal in deinen Knochen ruhen, wie hast du dich sonst ernährt, als du auf dich alleine gestellt warst?“ Jetzt konnte er leider nicht antworten, dass er in seinem ganzen Leben noch nie gejagt hatte, da auf seiner Heimatwelt ausgebildete Jäger dafür verantwortlich waren alle mit Fressen versorgten. Jeder bekam dort seine Aufgabe, die er erfüllen musste und Arel war nun einmal einem ganz anderen Bereich zugeteilt worden. Hastig nickte er: „Natürlich helfe ich euch. Ich werde mein Bestes geben.“ „Gut, dann mach dich bereit, wir ziehen in ein paar Minuten los.“ Leichte Verzweiflung machte sich in dem Grauen breit, aber er ließ sich nichts anmerken. Irgendwie würde er es schon hinbekommen, immerhin konnte es doch nicht so schwer sein Beute zu erlegen. Im ganzen Wald hörte man Geräusche von dessen Bewohnern. Da ein Vogel, da ein Eichhörnchen, das am Baum hochkletterte, an anderer Stelle ein schwirrendes Insekt. Die Jäger schlichen vorsichtig durch das Unterholz, jeder Schritt bedacht gesetzt. Irgendwann erreichten sie eine große Wiese, blieben aber im Schutz der unzähligen Bäume, um nicht entdeckt zu werden. Leider wurde der Regen immer stärker und so langsam begriff Arel, warum Lufia gemeint hatte, dass das viele Wasser mit der Zeit ungemütlich wurde. Besonders unangenehm fühlte es sich an, wenn es in die Ohren lief, weshalb man sie am besten dauerhaft anlegte. Auch die kleine Wölfin war dieses Mal bei der Jagd dabei und stierte konzentriert auf die Grünfläche vor ihnen. „Da vorne ist eine ganze Herde Hirsche“, flüsterte Sadlik nach einer Weile. „Wir teilen uns und kreisen sie ein.“ Alle nickten entschlossen, bis auf den Grauen, der nicht so wirklich wusste, was er tun sollte. Er folgte einfach Lufia, als sich die Gruppe trennte und versuchte seine Sinne auf die Huftiere zu konzentrieren, was ihm aber extrem Probleme machte. Seine Rasse fühlte sehr viel mehr als der gemeine Wolf. Er war offen für jede Art von Schwingungen und da es hier von Leben nur so strotzte, erwies es sich als kompliziert die Energien auseinander zu halten. Seine anderen Sinne hatte er noch nie so genutzt wie dieses Fühlen, etwas was ihm jetzt zum Verhängnis wurde, denn die Bedingungen waren durch das Wetter zusätzlich erschwert. Nicht einmal riechen konnte er die Hirsche, wie sollte er sie dann zur Strecken bringen? Der Wettergott, nicht das er an so einen glaubte, schien es außerdem nicht gut mit ihm zu meinen, denn es wurde von Minute zur Minute stürmischer. Schnell erreichten sie eine Stelle, an der sie wieder stehen blieben und sich in Position brachten. Jetzt konnte auch Arel einen Blick auf die Herde vor ihnen erhaschen. Langbeinige Huftiere befanden sich ein wenig vom Regen geschützt unter einem riesigem Baum und grasten. Ihre Haltung verriet allerdings, dass sie extrem aufmerksam ihre Umgebung im Auge behielten. Das älteste Männchen hatte ein prächtiges Geweih auf dem Kopf, was sehr bedrohliche wirkte, allerdings war dieses Ungetüm auch nicht ihr Ziel, sondern ein schwaches Tier, das sie von der Gruppe trennen konnten, so viel wusste selbst der Fremde unter ihren Reihen noch. Mit stummen Zeichnen bekam jeder seine Position zugeteilt und dann ging es auch schon los. Die ersten Wölfe stürmten hervor und versetzten die Herde in Bewegung und ließen sie genau in die Richtung laufen, wo die andere Hälfte des Rudels wartete. Die schossen aus ihren Verstecken hervor und schaffen es schließlich eine der Hirschkühe von ihren Artgenossen zu trennen. Sie lief sehr langsam, wahrscheinlich war etwas mit ihr nicht in Ordnung und genau das würde jetzt gegen sie verwendet werden. Arels Herz schlug ihm bis zum Hals. Dieses ganze Unternehmen weckte seinen Jagdtrieb, der wohl noch aus der Urzeit vorhanden war, was ihn irgendwie verstörte. Ein starker Rüde sprang dem Huftier an die Kehle, so dass es mit einem Aufschrei zu Boden fiel und dort vergeblich herumstrampelte. Die Kuh kämpfte um ihr Leben, so aussichtslos dieser Kampf auch erscheinen mochte. Doch plötzlich bemerkte Arel etwas und riss den Kopf in die Richtung der Gefahr. „Vorsicht!“, rief er aufgeregt, erst jetzt bemerkten auch die anderen im Rudel, was vor sich ging. Der riesige Hirschbulle tauchte auf und rannte mit gesenkten Geweih auf die Raubtiere, die um sein Weibchen standen, zu. Diese sprangen gerade noch weg. Die Augen des Bockes verrieten seine Wut, der Graue fühlte sie auch und ihm wurde klar, dass das Tier gerade dabei war die Kontrolle über sich zu verlieren. Eine extrem gefährliche Situation. „Wir sollten uns zurückziehen“, schlug er deswegen vor. Sadlik schüttelte den Kopf. „Nein, wir brauchen Essen. Wir haben es fast.“ „Aber…“ Arel erkannte, dass eine weitere Warnung nichts brachte. Wieder kam der Hirsch auf sie zu und schnaubte aufgebracht. Einige Wölfe knurrten ihn an und versuchten ihn von der Beute wegzulocken, doch dieser schlug nur nach ihnen und wollte sich einfach nicht von der Stelle bewegen. Als einer der Rüden zu nahe kam, wurde dieser plötzlich vom Geweih erfasst und durch die Luft geschleudert. Hart landet er auf dem Boden, schaffte es aber wieder mühsam auf die Beine. „Das reicht jetzt!“, erklang eine Stimme hinter dem Hirsch. Es war Lufia. Ihre Augen glühten förmlich, als sie das sagte. Sie wirkten ein wenig wie Feuer, fand Arel. Ob die kleine Wölfin wusste, dass das keine gute Idee war? Das große Huftier würde sie mit Leichtigkeit besiegen. Doch dann bemerkte der Graue etwas anderes. Ein unglaubliche Aura ging von ihr aus. Ihm wurde daraufhin ganz heiß, er wusste wo er so etwas schon einmal gespürt hatte, aber das konnte einfach nicht wahr sein, er wollte es nicht glauben. „NEIN, Lufia!“, entwich ihm, doch es war zu spät. Wie aus dem Nichts begann plötzlich das Geweih des Angreifers zu brennen. Dieser stellte sich auf die Hinterbeine und schüttelte wie wild seinen Kopf, doch alles bewirkte nichts, das Feuer ging nicht aus, selbst der Regen war machtlos. Lufia stand da und hatte ihren Feind fest fixiert. Eine Spannung lag in der Luft, die wohl selbst die normalen Wölfe spüren mussten und in diesem Moment verstand Arel, warum die kleine Wölfin vom Rudel so behandelt wurde, als wäre sie eine Aussätzige. Sie hatten Angst vor ihr und das konnte er gut verstehen, denn auf dieser Welt gab es kaum übersinnliche Fähigkeiten und wenn sie auftraten, konnten die kleinen Gehirne dieser primitiven Vierbeiner nicht erfassen, mit was sie es zu tun hatten. Arels spielte es allerdings in die Pfoten, dass er so schnell einen dementsprechende Wolf mit einer solchen Begabung gefunden hatte. Doch ihre spezielle Fähigkeit war eine der gefährlichsten, besonders wenn der Betroffene sie nicht beherrschte, weswegen der Graue vorsichtig sein musste. Der Hirsch rannte schreiend im Kreis und es gab nur eine Möglichkeit das alles zu beenden. Arel flitze auf die kleine, braune Wölfin zu und riss sie einfach um. Das Feuer erlosch und das Opfer machte sich auf und davon, das Klügste was er tun konnte. Verwundert schaute Lufia den Wolf, der auf ihr drauf lag, an, es schien als wäre sie jetzt erst wieder zu Sinnen gekommen. „Ich…“, stammelte sie, beließ es dann bei dem einem Wort, weil einfach nicht mehr über ihre Lefzen kommen wollte. „Schon okay, ich habe keine Angst vor dir.“ Ein freundliches Grinsen zog sich über sein Gesicht, während er von ihr herunterstieg. Die junge Fähe stand auf und ging mit eingezogenem Schwanz zu ihrem Anführer. Dieser blickte sie streng an, sagte aber nichts dazu, sondern meinte nur: „Lasst uns fressen.“ Arel durfte als Letzter an die Beute, da sein Hunger sowieso nicht so groß war, schluckte er ein paar Stückchen herunter und entfernte sich dann von dem Kadaver. Der Regen hatte nachgelassen, trotzdem herrschte noch Nässe und Dunkelheit über den Tag. Das Rudel blieb bei der Beute, um später noch weiter daran fressen zu können. Um sich vor dem unangenehmen Wetter zu schützen, nutzten sie, wie die Hirschherde zuvor, den großen Baum, der genügend Schutz bot. Auch Arel legte sich etwas abseits von den anderen darunter und beobachtete das Treiben in der Gruppe. Die meisten schliefen oder putzten sich, also nicht wirklich etwas, was das Interesse des Grauen erweckte. Also fixierte er Lufia, die beim Baumstamm saß und, wie er, die anderen Wölfe anstarrte. Dann stand sie mit eingezogenen Schwanz auf und verschwand unauffällig in dem Gebüsch hinter sich. Der graue Rüde prüfte, ob ihn jemand im Auge hatte, als das nicht der Fall war, erhob auch er sich und lief ihr hinterher. Er brauchte seine Nase nicht einsetzen, den er konnte die junge Wölfin deutlich spüren. Zwar war es schwer sie von den ganzen anderen Energien zu unterscheiden, aber er hatte genug Zeit mit ihr verbracht, um zu wissen, wonach der suchen musste. Schließlich fand er sie an einem Fluss, wo sie abwesend aufs Wasser blickte. „Du magst Wasser nicht sonderlich, oder?“, fragte er gerade heraus. Sie zuckte zusammen, als sie seine Stimme vernahm. Mit ihm hatte sie nicht gerechnet und war deswegen erschrocken. „Und du solltest nicht hier sein. Sadlik hat dir verboten das Rudel zu verlassen.“ „Also genau genommen sollst du auf mich aufpassen und das tust du gerade. Und eine Antwort auf meine Frage habe ich auch nicht bekommen.“ Kurz sah sie ihm in die Augen, dann wendete sie beschämt den Blick ab. „Welche Rolle spielt es, ob ich Wasser mag oder nicht?“ „Feuerbezwinger haben meistens eine Abneigung dagegen.“ Verwundert zuckte sie mit den Ohren. „Feuerbezwinger?“ „Na ja, du bist eine von ihnen. Du kannst es auch Feuermagier oder sonst wie nennen. Es gibt viele Ausdrücke dafür, aber es umschreibt immer das Gleiche.“ „Du weißt etwas über solche Fähigkeiten?“ „Dort wo ich herkomme, ist es normal solche Fähigkeiten zu haben. Die Beherrschung von Feuer ist dort etwas ganz Besonderes“, erzählte er stolz. Sie schnaufte schwer ein und schüttelte dann den Kopf. „Das kann ich nicht glauben. Jeder hasst mich für dieses Können. Noch schlimmer, sie haben Angst vor mir. Würde Sadlik sich nicht für mich einsetzten, wäre ich schon lange eine Einzelgängerin, die für immer alleine durch den Wald streifen muss.“ Der Graue versuchte tröstende Worte zu finden, auch wenn das nicht gerade seine Stärke war: „Das heißt nicht, dass es überall so ist. Ich könnte...“ Plötzlich spürte Arel etwas. Sein Kopf schnellte hoch und jedes seiner Glieder spannte sich an. Die Ankunft eines Jazarwolfes merkte er sofort. Ohne weiter nachzudenken, sprang er einfach auf und rannte in den Wald. „Halt!“, rief ihn Lufia hinterher, doch das nahm er schon fast nicht mehr wahr. Er hetzte über Stock und Stein und wich dabei den vielen Bäumen aus, die sich ihm in den Weg stellten. Dass er auf seinen Bruder treffen würde, war ihm klar. Einige Minuten später erreichte er schließlich die Stelle des Tores, durch das auch er gekommen war. Dort stand Brom und schnüffelte den Boden ab. Mit gerümpfter Nase meinte er: „Diese Welt stinkt.“ Arel hechelte stark, bis er schließlich Luft zum Antworten fand: „Bist du gekommen, um mir das zu sagen?“ Die Arroganz seines Bruders ging ihm gegen den Strich, aber des lieben Friedens willen, sagte er nicht mehr dazu. „Natürlich nicht. Wie ich sehe, geht es dir gut.“ Der Silberne umkreiste ihn. „Hätte nicht gedacht, dass du mir so erholt und fit über den Weg laufen würdest. Ich möchte deine Fortschritte hören, was sonst?“ „Ich habe mich einem Rudel angeschlossen, das womöglich mehr weiß. Doch es dauert ihr Vertrauen zu gewinnen, deswegen brauche ich noch etwas Zeit.“ Er wusste nicht einmal, warum er Lufias Fähigkeit verschwieg, aber er wollte sich erst ganz sicher sein, was mit ihr war, bevor sein Volk sie holte. „Zeit?“, schnauzte Brom. „Genau das, was wir nicht haben! Wir brauchen diese Wölfe und das so schnell wie möglich.“ „Schneller geht es nicht.“ Jetzt wurde der Graue etwas lauter. „Wenn ich endlich erfahren würde, für was diese Wölfe benötigt werden, könnte ich mir wenigstens ein Bild machen, was zu tun ist.“ „Das ist ein Militärgeheimnis, das weißt du.“ „Und ich arbeite für das Militär!“ Brom knurrte aufgebracht, was Arel zu Besinnung brachte. Sich mit seinem Bruder anzulegen, war ein Wagnis, was er nicht eingehen wollte, denn der Silberne konnte grausam und brutal sein, selbst vor seiner Familie schreckte er nicht zurück, wenn es nötig wäre. Manchmal glaubte der Graue, dass sein Bruder kein Gewissen hatte. „Schon gut“, lenkte er ein. „Ich versuche so schnell wie möglich Wölfe mit besonderen Fähigkeiten zu finden. Lass mir noch ein paar Tage.“ „Hoffentlich hältst du dich daran“, kam im drohenden Ton zurück. Er nickte zuversichtlich und sah dem dünnen Rüden hinterher, wie dieser sich wieder zum Tor begab. Schließlich fragte er noch: „Sag mir nur eines: Wird den Wölfen, die wir suchen, wehgetan? Geschieht etwas Schlimmes mit ihnen?“ Brom sah zurück und sein Blick verriet mehr als tausend Worte. Schweigend ging er weiter und verschwand. In Arels Kopf kam nur das Bild der kleinen Lufia hoch. Diese junge Wölfin sollte so ein furchtbares Schicksal ereilen und das nur, weil sein Volk meinte, sie hätte das Recht dazu? Doch was sollte er schon machen? Er hatte weder eine hohe Position, noch war Mitglied im Rat. Er war machtlos gegen seine Anführer. Mit gesenktem Kopf machte er sich auf den Rückweg zum Rudel. Das alles gefiel ihm nicht und er zweifelte plötzlich an seiner Mission. Tat er wirklich das Richtige? Kapitel 3: Das Heiligtum der Wächter ------------------------------------ Mit wütendem Gesichtsausdruck rannte Lufia auf Arel zu: „Verdammt, du kannst doch nicht einfach so abhauen! Hast du vergessen, was Sadlik gesagt hat? Er wird dich jagen und töten lassen, wenn er merkt, dass du weg bist!“ „Bin ich denn weg?“, fragte der Graue amüsiert. „Natürlich nicht, aber ich hätte ja auch zum Alpha gehen können, weil ich dachte du bist weggelaufen. Dann..“ „Schon gut, reg dich ab. Ich bin wieder hier und nichts ist passiert. Keine Sorge, ich werde nicht abhauen. Warum sollte ich?“ „Ob du das wirst oder nicht wissen nur die Götter.“ Verblüfft blickte der Jazarwolf die Fähe an. „Du glaubst an Götter?“ „Du nicht?“ „Nein.“ Er schüttelte energisch den Kopf. „Das ist doch alles Schwachsinn. Es gibt keine Götter. An was ich glaube ist die Wissenschaft. An Physik, Chemie. Alles ist damit erklärbar.“ Sie legte verwirrt den Kopf schief. „Phy...was?“ Ein tiefes Seufzen kam über seine Lefzen. Was hatte er auch erwartete? Dass eine primitive Wölfin wusste, was Physik war? Also versuchte er es anders zu erklären: „Ich glaube an das, was ich sehen kann. Für so etwas wie Götter gibt es keine Beweise und deswegen glaube ich auch nicht daran.“ Jetzt lachte die Braune laut. „Aber es gibt doch Beweise.“ „Quatsch!“, warf der Rüde ein. „Doch, doch. Wenn du willst, kann ich es dir zeigen. Natürlich nur, wenn Sadlik es erlaubt. Und jetzt komm, wir sollten zurück zum Rudel bevor wir vermisst werden.“ Sie übernahm die Führung. Verdattert folgte Arel der Jüngeren. Es machte ihn neugierig, was sie ihm zeigen würde, denn echte Beweise für Götter konnten es niemals sein. Er musste zugeben, dass die Braune immer interessanter wurde, auch wenn sie nur ein einfaches Wesen war. Sie faszinierte ihn, weil sie etwas Besonderes an sich hatte. Am nächsten Tag bekamen sie tatsächlich die Erlaubnis des Alphawolfes die heilige Stätte aufzusuchen und so machten sie sich ganz früh auf den Weg. Dieses Mal kamen sie an einem kleinen Teich vorbei, der sehr viel Leben beherbergte. Arel blieb überwältig stehen, als er die Seerosen bemerkte, auf denen sich kleine Frösche aufhielten. „Das ist wundervoll“, meinte er aufgeregt. „Leben kann so außergewöhnlich sein.“ Lufia wendete gelangweilt den Kopf ab. „Das sind nur Frösche. Die sind nicht einmal lecker, ich weiß nicht was du hast.“ „Könntest du es nur verstehen, junge Wölfin.“ Sie ging nicht weiter darauf ein und erklärte stattdessen: „Es ist hinter diesen Büschen, wir sind so gut wie da.“ Zufrieden stapfte der Rüde ihr hinterher, immer die grüne Umgebung im Auge, die ihm so gefiel. Es gab einen Pfad durch die Büsche, anscheinend besuchten einige Tiere diese Stelle und hatten die Pflanzen so weit heruntergetrampelt, dass dort nichts mehr wuchs. Plötzlich nahm der Wolf Steine unter seinen Pfoten wahr. „Fein säuberlich angeordnet“, murmelte er vor sich hin. „Das ist kein Zufall. Wir sind auf einem erbauten Weg.“ Zwar fand man auch viel Gras, das sich durch das Kopfsteinpflaster presste, aber es war eindeutig, dass dies hier nichts Natürliches sein konnte. Als sie weitergingen, erreichten sie eine Statue, die Arel fast den Atem raubte. Dort stand ein Wolf mit stolzgeschwellter Brust. An seinen Flanken ragten mächtige Flügel heraus, die zum Teil zwar abgebrochen waren, die man aber noch erkannte. Auf dem Kopf trug der Steinwolf einen Helm, der früher einmal goldenen angemalt gewesen war, man konnte noch Reste davon ausmachen. Wie gebannt umrundete der Außerirdische das Gebilde. „Ein Wächter?“ „Siehst du, Götter.“ „Nein, keine Götter, aber eine Rasse, die man vielleicht wirklich mit Göttern gleichsetzen könnte.“ „Du redest schon wieder so komisches Zeug zusammen.“ Er nickte nur abwesend und richtete seinen Blick dann auf das Gebäude, das sich weiter hinten befand. Wie in Trance schritt er darauf zu. Als er eintrat, gingen plötzlich Fackeln an und erleuchteten das Innere. Verwirrt folgte auch Lufia. „Seltsam, dass ist hier noch nie passiert.“ Der Vorraum hatten ein Menge Zeichnungen an der Wand, die eine Geschichte erzählten, wenn man sie sich nach der Reihe ansah, der Rüde kannte sie genau, weswegen er nicht weiter darauf achtete, stattdessen lief er einfach weiter zum Hauptteil des Tempels. Dieser war noch prachtvoller und er konnte nun gut verstehen, warum die Wölfe dieses Planeten dachten, es handelte sich hier um Götter. Wie durch Zauberhand schoss plötzlich ein Lichtstrahl aus der Mitte des Raumes und ein Hologramm eines Sternensystems erschien. Zwei Sonnen hatte dieses System, die eine sah aus wie die dieser Welt, hell und gelb, die andere war kleiner und leuchtete violett. Um die gelbe Sonne zog ein grünblauer Planet, an den der Graue herantrat und grinste. „Eine Sternenkarte“, flüsterte er. Erst jetzt sah er sich nach Lufia um, die vor Schreck weggesprungen war und sich nun in eine Ecke drängte, um keines Falls von den komischen Gebilden, die plötzlich erschienen waren, berührt zu werden. Arel trat auf sie zu. „Du musst keine Angst haben. Das hier ist nichts Schlimmes. Es kann dir nichts tun.“ „Das ist nicht normal“, presste sie heraus. „Nicht für dich, aber für mich. Es ist nicht echt, es gibt nur ein Bild wieder. Etwas was sich ganz weit weg befindet.“ Er betrachtete noch einmal die Karte. „Und veraltet ist es auch. Dieser Tempel muss hier schon seit Jahrhunderten stehen. Wächter gibt es schon lange nicht mehr. Die wenigsten wissen noch von ihnen, wenn dann sind es Legenden, manche erzählen von stolzen Helden, andere von grausamen Taten am Ende ihrer Herrschaft. Sie sind keine Götter gewesen, aber sie erhielten einmal den Frieden im Universum.“ „Sind sie alle tot?“ Ein kurzes Grinsen kam über seine Lefzen. „So könnte man es bezeichnen. Aber warum diese alten Geschichten herausholen? Deinen Götterbeweis findest du hier nicht. Wir sollten gehen.“ Gerade als er sich zum Ausgang wandte, verschwanden plötzlich die Sternenkarte und eine Wolfsgestalt formte sich. Es handelte sich um eine hübsche, graue Wölfin, die herausstechende violette Augen hatte. Ein Diadem zierte ihre Stirn. Panisch erhob sie die Stimme: „Das hier ist eine Aufzeichnung, um von unserem Schicksal zu berichten. Wir waren auf diesem Planeten, um zu forschen, als es plötzlich eine Naturkatastrophe hereinbrach. Für uns ist es zu spät, die Luft außerhalb des Tempels wird unsere Lungen zerfressen und uns alle töten. Trotzdem möchte ich unsere Forschungsergebnisse nicht verloren wissen. Wir fanden alte Inschriften, die auf eine Prophezeiung hinweisen, die das Schicksal unseres Heimatplaneten wenden soll. Etwas was erst in der Zukunft stattfindet. Geht nach Uptastkan, den Planeten der Krieger. Dort soll es ein geheimes Kloster geben, das…“ Sie begann zu röcheln und rutschte schließlich auch den Boden. „Ich…ich…“ Dann wurde es totenstill. Auch die beiden, die den Tod der Wölfin mit angesehen hatten, sagten einige Sekunden gar nichts, sie starrten nur auf den Körper vor sich, der gekrümmt dalag, bis das Bild schließlich flackerte und daraufhin verschwand. „Was war das? Sie ist tot und nun ist sie…?“ Lufia verstand nicht, was gerade geschehen war. „Das ist schon vor langer Zeit passiert. Wir können nichts mehr tun.“ Geknickt ging Arel nach draußen, um einen klaren Kopf zu bekommen, aber stattdessen strömte auf einmal ein Gefühl auf ihn ein, als er den Tempel verlassen hatte. Wieder spürte er seinen Bruder deutlich. Was wollte dieser schon wieder? Dann fiel ihm auf, dass dieser nicht alleine war. Einige andere seiner Art begleiteten den silbernen Rüden. „LUFIA!“, rief er verzweifelt. „Wir müssen zurück zum Rudel. Schnell!“ Völlig überrumpelt stolperte die junge Fähe ins Freie und sah nur noch wie der Graue lossprintete. Er rannte als wäre der Teufel hinter ihm her, seine Zunge hing ihm aus dem Maul, während er lautstark hechelte. Trotzdem kam es ihm wie eine Ewigkeit vor, bis er endlich in der Nähe des Treffpunktes des Clans kam. Ihm empfing der Geruch von Verbranntem. Nein, Brom, bitte nicht, sagte er sich flehend in Gedanken, doch im Grunde wusste er, dass das nichts brachte, sein Bruder liebte es Unschuldige zu quälen und zu töten und da er mit seinen Soldaten hier war, hatte er wohl auch die Erlaubnis sich auf diesem Planeten umzusehen. Und was der Silberne unter umsehen verstand, war eine seltsame Definition dessen, was es tatsächlich bedeutete. Als er näher kam, bot sich ihm ein schreckliches Bild. Die umstehenden Bäume der Lichtung brannten, überall Verletzte oder Tote am Boden. Sadlik rappelte sich gerade wieder auf, um gegen den übermächtigen Feind zu kämpfen, doch wirklich in der Lage dazu schien er nicht zu sein. „Halt!“ Arel stellte sich mutig vor den Alphawolf, als Brom mit fiesem Grinsen im Gesicht auf ihn zugehen wollte. „Ach, Bruder, ich hatte gehofft, dass du bald hier auftauchst.“ Der Anführer des Rudels presste daraufhin hervor: „Du bist schuld, dass uns das passiert? Ich hätte wissen müssen, dass du Unglück bringst.“ „Das wollte ich nicht. Ich wusste nichts davon.“ Dann knurrte er seinen Bruder an: „Was soll das Ganze hier?“ „Informationen, Arel. Die bekommt man nicht durch deine Methoden, sondern nur mit Gewalt. Dein lieber Freund hier“, er zeigte auf Sadlik, „wird mir verraten, was er über Wölfe mit außergewöhnlichen Fähigkeiten weiß. Und dann schnapp ich mir diesen besonderen Wolf und bringe ihn zu unseren Anführern. Dann werden sie sehen, wer der Fähigere von uns beiden ist.“ „Es geht dir hier tatsächlich nur um so etwas?“ Die Wut, die in Grauen aufflammte, spiegelte sich wohl auch in seinen Augen wieder, denn Brom sah einen kurzen Moment verwundert aus, so als würde er fürchten, dass sein Bruder etwas Dummes tun könnte. Doch Sadlik kam ihm zuvor. Mit einem Satz schnellte er hinter dem Grauen hervor und sprang auf den dünnen, silbernen Feind zu. Natürlich war dieser sehr viel flinker und wich aus, riss dann den Anführer des Waldrudels um und umschloss mit dem Maul seine Kehle. „Auf Wiedersehen“, höhnte Brom und biss gnadenlos zu, dabei war ihm egal, ob er seine Informationsquelle ausschaltete, denn wenn er einmal in Blutrausch verfiel, verlor er schnell die Kontrolle und wurde zu einer erbarmungslosen Tötungsmaschine. Von einer Sekunde zur anderen erlosch jegliches Leben aus den Augen des Rudelführers. Mit blutverschmiertem Maul drehte sich Brom wieder zu Arel und grinste ihn an. Es herrschte eine Weile einfach nur Stille. Ein sanfter Wind fuhr den beiden durchs Fell, die wie gebannt dastanden und sich anstarrten. Niemand beachtete dabei Lufia, die sich von hinten an den Mörder von Sadlik anschlich. Als sie nah genug war, sprang sie und warf sich auf den überraschten Feind, der das Gleichgewicht verlor und einfach umfiel. Doch das Überraschungsmoment brachte ihr nicht viel, denn ihr Gegner war ein erfahrener Krieger, der sich zu verteidigen wusste. Blitzschnell packte er ihr Hinterbein mit seinem Maul und schleuderte sie einfach so durch die Luft, als wäre sie leicht wie eine Feder. Im hohen Bogen flog sie an Arel vorbei und landete hart auf dem Boden. Knurrend ging der Graue auf seinen Bruder zu, denn ihm reichte es jetzt endgültig. „Lass das!“ Seine Stimme klang entschlossen, etwas was sein Gegenüber verwunderte. Sein Bruder war eigentlich nicht besonders durchsetzungsfähig. Er gehörte keinem hohen Rang an und tat normalerweise das was man ihm sagte, doch irgendetwas schien ihm an diesen Wölfen zu liegen. „Warum? Sei dir bewusst, dass das wertlose Kreaturen sind. Dumm und kein Recht auf Leben. Das Einzige zu dem sie nutzen, ist sie zu töten. Damit tust du ihnen sogar einen Gefallen. Ihre Existenz ist erbärmlich, siehst du das nicht?“ Der jüngere Rüde blickte zurück zu Lufia, die sich gerade wieder auf die Beine quälte, dann wendete er sich wieder seinem Bruder zu. „Nein. Ich sehe Potenzial. Ihr Leben ist anders als unseres, das ist wahr, aber deswegen kannst du ihnen nicht das Recht auf Existenz absprechen. Ich warne dich, lass sie in Ruhe.“ „Du drohst mir? Lächerlich!“ „Findest du?“, brummte Arel wütend und ging daraufhin zähnefletschend auf ihn los. Die beiden Wölfe verkeilten ihre Mäuler ineinander und ließen auch nicht los, als Blut spritze. Zuerst sah es so aus, als hätte der Graue die Überpfote, doch Brom wusste, wie er damit fertig wurde und schaffte es schließlich seinen Bruder zu Fall zu bringen. Lachend stellte er sich vor ihn und meinte höhnisch: „Und wie lächerlich das ist. So klug, wie man dir nachsagt, bist du anscheinend nicht.“ Zu mehr kam er nicht, denn auf einmal stand wieder Lufia auf dem Plan, die ihr Glück noch einmal versuchte. Dieses Mal schaffte sie es sich an dem Rücken ihres Gegners festzubeißen und festzuhalten, so sehr sich dieser auch schüttelte. „Wie lästig kann man sein?“, fauchte der Silberne, woraufhin seine Angreiferin den Kiefer noch fester zudrückte, allerdings entwickelte Brom immer mehr Kraft und schaffte es schließlich sie von sich zu schütteln. Als sie von ihm herunterfiel, erwischte sie allerdings sein Ohr und riss ein Stück davon ab. Der Verletzte schrie auf, nicht vor Schmerz, sondern vor Wut. In seinen Augen brannte daraufhin ein Feuer, das wohl jeden eingeschüchtert hätte. Doch auch die junge Fähe hielt dagegen. Sie ging wieder auf ihn los und dieses Mal setzte sie ihre Fähigkeit ein, ließ sie einfach gewähren. Was sie sonst fürchtete, wurde in diesem Moment zu ihrem Verbündeten. Das Problem war, dass Brom genau das Gleiche konnte, dazu hatte er seit Kindesbeinen Training genossen und beherrschte seine Fähigkeit perfekt. Feuer flog nur so durch die Gegend und Arel konnte nur noch tatenlos zuschauen, was da vor sich ging. „Hört auf!“, rief er ihnen entgegen, doch die Antwort war nur eine Feuerwelle, die auf ihn zusteuerte und der er erst im letzten Moment durch einen Sprung ausweichen konnte. Doch dann kam, was vorauszusehen gewesen war. Der Silberne erwischte die Wölfin mit einem harten Schlag, der sie benommen werden ließ. „Jetzt töte ich dich!“ Sabber lief aus seinem Mund, als er das mit verrücktem Blick sagte. Die Braune versuchte zurückzuweichen, aber ihre Beine trugen sie nicht und sie knickte ein. Eine Art Feueraura formierte sich um ihren Gegner, der auf sie zukamen, um ihr die Kehle aufzureißen und diesen in seinen Augen unwürdigen Kampf zu beenden. Er kam näher und näher und Arel wusste nicht, was er tun sollte. Ein Gefühl erfasste ihn, dass er zu unterdrücken versuchte, aber es klappte nicht. Nun stand sein Bruder vor der Fähe und setzte zum Biss an. „NEIN!“ Der Graue brüllte dieses Wort mit aller Kraft und merkte wie er seine besondere Fähigkeit einsetzte, obwohl er das nicht wollte, obwohl er wusste, dass es verboten war. Als er seine Augen wieder öffnete, vernahm er nur Stille. Alles stand still. Die ganze Welt, nein, sogar das ganze Universum. Verzweifelt keuchte er, merkte wie seine Kräfte immer weiter schwanden, da er seine Macht schon viele Jahre nicht mehr verwendet hatte und es sehr viel Stärke und vor allem Training brauchte, das zu tun, was er da tat. Das Gefühl, dass es in diesem Moment keinen Zeitfluss gab, weckte etwas Bitteres in ihm. Er spürte sie immerzu und wenn sie nicht da war, dass machte ihm das fürchterliche Angst. Doch ihm bleib nichts anderes übrig als es auszuhalten und so ging er langsam auf Lufia zu und packte sie am Nackenfell. Mühsam zog er ihren leblosen Körper über den Boden und auch wenn sie leicht und zerbrechlich wirkte, ihr Gewicht merkte er trotzdem. Einige Meter schaffte er, das musste reichen. Kurz holte er Luft, dann ließ er die Zeit wieder laufen. Völlig verwirrt starrte die junge Wölfin ihn an, doch er meinte nur: „Lauf, wenn du überleben willst. Mir nach.“ Daraufhin rannte er los. Er spürte wie Lufia ihm dicht auf den Fersen war. Woher sie beide die Kraft hernahmen, der Graue konnte es sich nicht erklären, aber wenn man um sein Leben kämpfte, dann konnte man eben über sich hinauswachsen. Auch Brom folgte ihnen, doch sie hatten sich einen relativen großen Vorsprung erarbeiten können, da dieser wohl erst einmal geschockt gewesen sein musste, was sein Bruder da getan hatte. Geschickt wichen die Fliehenden jedem Baum aus und kamen ihren Ziel immer näher. „Vertrau mir“, rief der Rüde der Fähe entgegen. Sie schloss zu ihm auf und nickte kaum merklich, dann legten sie sogar nicht einen Zahn zu. Da kam es in ihre Reichweite: Das Tor. Man sah den Übergang nicht, aber der Rüde konnte ihn spüren und was noch viel wichtiger war, er wusste es zu kontrollieren. Uptastkan hat die Fähe in der Nachricht gesagt, ging es Arel durch den Kopf. Warum nicht dorthin und herausfinden, was sie gemeint hat? Mit aller Kraft konzentrierte er sich auf diesen Planeten, um so das Tor dorthin zu öffnen. Doch plötzlich spürte er, dass Broms Leute ganz in der Nähe waren. Es wurde schwer die Konzentration aufrecht zu erhalten und so langsam merkte er auch, dass er seine Kräfte eingesetzt hatte. Er fühlte sich, als hätte ihn etwas ausgesaugt. Dann kam auch noch eine Feuerwelle von hinten auf sie zu. Es schleuderte die beiden Wölfe in die Luft, aber zum Glück flogen sie weiter auf ihr Ziel zu. Mit voller Wucht riss es sie durch den Übergang, dann schlugen sie hart auf der anderen Seite auf. Der Graue versicherte sich mit einem Blick nach hinten noch, dass das Wurmloch sich schloss, dann wurde alles schwarz um ihn. Das Erste, was sie roch, war ein seltsamer Duft, der sie an Gras erinnerte. Ihre Sinne wurden nur langsam klar, es dauerte einige Sekunden bis sich ihre Augen dazu entschlossen ihr ein scharfes Bild zu zeigen. „Blaues Gras“, flüsterte sie zu sich selbst. „So etwas gibt es?“ Dann bemerkte sie Arel, der in einer sehr unbequemen Pose neben ihr lag. Sein Brustkorb hob und senkte sich, doch er war bewusstlos. Lufia zitterte am ganzen Leib, als die Erinnerungen an das Geschehene wiederkamen. Sie verstand das alles nicht, doch es brachte jetzt auch nichts zu verzweifeln, sie musste er einmal schauen, wo sie waren und ob Gefahr bestand, also sah sie sich aufmerksam um. Sie befanden sich auf einer weiten Wiese, am Rand entdeckt man einige Bäume, die einen Wald versprachen. Alles was sie aus ihrem Revier in Grün kannte, zum Beispiel Blätter oder Gras, schien an diesem Ort blau zu sein. Und es roch sogar komplett anders, ja, selbst die Luft schmeckte ungewohnt. Gerade wollte sie sich dem grauen Rüden zuwenden, um zu schauen ob sie ihn wecken konnte, da bemerkte sie in den Augenwinkeln eine Bewegung. Sie hob die Nase in die Luft, konnte aber nicht wahrnehmen, um was es sich handelte. Doch dann erblickte sie etwas und das trieb ihr den Schrecken in die Knochen. Eine riesige Echse, ähnlich einer Eidechse, nur sehr viel größer, mindestens dreimal so groß wie ein Wolf, näherte sich ihrer Stelle. Eindeutig ein Tier auf der Jagd. Von der anderen Seite erspähte die Fähe noch eine weitere. „Oh nein“, meinte sie und versuchte ihren Begleiter wach zukriegen, doch so sehr sie auch an ihm rüttelte, er wollte nicht zu sich kommen. „Verdammt noch einmal, Arel, wach auf. Du wirst sonst sterben!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)