Corrupt Me! von Sky- ================================================================================ Kapitel 14: The Traitor ----------------------- Nach dem plötzlichen Abgang von Raphael wollte Christoph eigentlich wieder nach Hause gehen, aber daraus wurde nichts, denn da bekam er einen Anruf von Dr. Becker, der ihn unbedingt sprechen wollte. Eigentlich hatte Christoph noch einen Krankenschein, aber da es sehr wichtig klang, machte er sich direkt auf den Weg zur Uni und erreichte schließlich Beckers Büro. Der Mathematikdozent wirkte sehr ernst und hatte ungeduldig auf Christoph gewartet. „Gut, dass du da bist, Laplace. Ich habe da nämlich etwas entdeckt. Als ich deine Notizen für den nächsten Algorithmusentwurf gesucht habe, um mit der Arbeit weiterzumachen, habe ich das hier gefunden.“ Damit wies er auf einige winzige Geräte auf dem Tisch, die Christoph eindeutig als Minikameras identifizieren konnte. Dieser Anblick löste einen leichten Schauer bei ihm aus und ihm wurde übel. Seit wann waren denn die Kameras in seinem Büro und wer hatte ihn ausspioniert? Was für einen Grund sollte es denn geben? Verwirrt sah er zu Dr. Becker, der aber auch recht ratlos wirkte und dann erzählte, dass auch sein Büro überwacht worden war. Ratlos schüttelte Christoph den Kopf und setzte sich auf einen der Stühle. „Ich verstehe das nicht. Wer zum Teufel soll uns denn beide bitteschön überwachen und wieso?“ „Vermutlich wollte die Person an den Algorithmus, wenn wir fertig geworden wären.“ „Das ist doch Quatsch. Ich meine, derjenige müsste genug Ahnung von Mathe haben und das wären Newton, Dr. Phineas, Prof. Ernestine und Prof. Walker und die kommen ja wohl kaum infrage. Dr. Phineas sitzt im Rollstuhl und kann wohl kaum die Kameras so gut versteckt haben, ohne dass jemand etwas bemerkt hätte und die beiden anderen sind auf einer Tagung in Europa. Newton selbst ist gerade erst wieder zurück und so abgebrüht ist er nicht, dass er so etwas tun würde. Und ich glaube kaum, dass ein Dozent so etwas tun würde. Vermutlich waren es Studenten, die an Informationen zu den nächsten Prüfungen kommen wollten. Immerhin sind ja bald die nächsten Termine.“ „Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“ „Ach ja? Glaub mir ruhig, Studenten sind verdammt kreativ, was das betrifft. Wir sollten die Sache einfach erst mal im Auge behalten.“ Doch so ganz überzeugt schien Dr. Becker nicht zu sein und Christoph entging nicht, dass er mit einem sehr misstrauischen Blick beäugt wurde und irgendetwas an Dr. Beckers Blick war merkwürdig. Allerdings konnte er noch nicht sagen, was es war. „Ich halte es für besser, wenn wir unsere Arbeit woanders fortführen, einfach deshalb, um kein Risiko einzugehen. Immerhin geht es hier um verdammt viel.“ Christoph atmete ein wenig entnervt aus und verschränkte die Arme. Er verstand nicht so wirklich, was Dr. Beckers Problem war und wieso er so eine Geheimhaltung darum machen musste. Natürlich war die Lösung eines mathematischen Problems verbunden mit einer Geldsumme und Ruhm. Aber darum ging es ihm nicht. Für ihn ging es doch einfach nur um eine geistige Herausforderung und mehr nicht. Auf die Million war er nicht angewiesen und das Geld hätte er größtenteils eh an das Waisenhaus gespendet. Aber Dr. Becker dachte anscheinend anders über die ganze Sache. Für ihn ging es um Ruhm und Profit. Und darum wollte er auch nicht zulassen, dass irgendjemand anderes an die Lösung zu ihrem mathematischen Problem kommen würde. Und da er keine Lust hatte, sich mit ihm zu streiten, gab er sich geschlagen und seufzte. „Also gut. Dann machen wir es so, wie du es vorgeschlagen hast. Und wohin sollen wir die Arbeit verlegen?“ „Ich habe da ein Apartment in der Lexter Street, das könnten wir nutzen.“ Die Lexter Street? Soweit Christoph sich richtig erinnerte, war das nicht gerade eine Gegend, wo man sich nach Anbruch der Dunkelheit aufhalten sollte. Es lag nicht weit entfernt von einer alten Chemiefabrik entfernt, die während der Wirtschaftskrise geschlossen wurde. Und auch sonst war es nicht gerade eine Gegend, in die Christoph freiwillig gehen würde. Etwas skeptisch schaute er zu Dr. Becker und fragte „Die Lexter Street? Wirklich?“ „Dort gibt es eine alte Nachhilfeschule, die wir nutzen können. Mir kannst du ja erzählen, dass es ein Student ist, aber ich habe letztens einen Mann aus deinem Büro kommen sehen.“ „Ein Mann?“ fragte Christoph und runzelte die Stirn. „Was für ein Mann?“ „Wahrscheinlich ein Mexikaner. Dunkelhäutig, schwarzhaarig und riesig mit ziemlich finsterer Visage. Irgendwie ziemlich zwielichtig.“ Dunkle Haut? Schwarzhaarig? Riesig? Dann musste das wohl Raphael sein. Wahrscheinlich hatte Dr. Becker ihn gesehen, als diese verrückte Sache mit dem Vibro-Ei gewesen war. Nun, wenn den so war, dann konnte er ja auch gleich Entwarnung geben, bevor sich Dr. Becker noch in irgendwelche Wahnideen reinsteigerte und noch anfing, an eine Verschwörung zu glauben. „Ach du meinst Raphael? Keine Sorge, er ist ein Freund und hat für mich etwas vorbeigebracht. Und er ist nicht mexikanischer, sondern teils brasilianischer Herkunft. Er mag zwar etwas unheimlich aussehen, aber er ist in Ordnung.“ Doch so ganz überzeugt wirkte der Mathematikdozent nicht so wirklich, aber er sagte nichts dazu. Dann schließlich atmete er geräuschvoll aus und durchschritt den Raum. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, das sah Christoph sofort. „Jetzt komm erst mal runter“, sagte er schließlich. „Ich bin mir sicher, dass es lediglich ein Versuch von den Studenten war, auf die Weise mehr über die Lösungen für die Prüfungen zu erfahren. So etwas haben einige aus meinem Jahrgang auch gemacht. Das ist zwar keine Entschuldigung, aber zumindest eine vernünftige Erklärung. Und jetzt entschuldige mich, aber ich habe nachher noch einen Arzttermin.“ „Arzttermin?“ „Ja, wegen meiner Magenschmerzen und den anderen Symptomen. Vielleicht kann der endlich feststellen, was mit mir los ist.“ „Aha…“, murmelte Dr. Becker etwas geistesabwesend und schien nicht mal richtig zugehört zu haben. Offenbar dachte er über irgendetwas nach. Wahrscheinlich saß ihm diese Kamerageschichte noch tief in den Knochen und er musste das alles erst mal sacken lassen. Also verabschiedete sich Christoph fürs Erste und sie einigten sich darauf, dass sie sich am nächsten Mittag in der alten Nachhilfeschule der Lexter Street treffen würden. Danach fuhr Christoph nach Hause, um sich noch ein wenig auszuruhen, da seine Magenschmerzen wieder schlimmer wurden. Aber diese ganze Kamerageschichte machte ihn doch etwas stutzig. Es machte doch überhaupt keinen Sinn, bei ihm heimlich Kameras anzubringen. Immerhin gehörte er nicht zu den Prüfern und unterrichtete auch nur im Vertretungsfall. Nun, bei Dr. Becker war es verständlicher, weil er auch die Mathekurse leitete. Aber es war dennoch nicht ganz schlüssig. Es machte kaum bis gar keinen Sinn, sie beide auszuspionieren und die Tatsache, dass Raphael in seinem Büro gewesen war, beschäftigte ihn ebenso. Zwar konnte es genauso gut ein Zufall sein, aber welchen Grund sollte der Tätowierer haben, ihn und Dr. Becker auszuspionieren? Ob er mal anrufen sollte? Christoph dachte noch eine Weile nach und entschied sich dann, doch lieber bei ihm auf dem Handy anzurufen. Also schnappte er sich sein Smartphone und wählte die eingespeicherte Nummer. Es dauerte eine Weile, bis der Tätowierer endlich ranging. „Ja Chris, was gibt’s?“ eine Weile schwieg der Mathematiker und war sich nicht ganz sicher, ob es ratsam war, diese Frage zu stellen. Wenn er hier eine falsche Verdächtigung machte, würde das doch zeigen, dass er Raphael nicht vertraute. Aber andererseits wollte er den Verdacht auch gerne ausräumen. Darum sagte er auch nach einer kurzen Pause „Es wurden Kameras bei mir im Büro gefunden… und bei Dr. Becker. Du warst doch bei mir im Büro. Ist dir irgendetwas oder irgendjemand vielleicht aufgefallen?“ „Nein, nicht direkt.“ „Aha…“ „Mag auch daran liegen, weil ich es war.“ Beinahe wäre Christoph das Handy aus der Hand gefallen. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Raphael hatte die Kameras angebracht? Gehörte das irgendwie zu seinen komischen Spielchen dazu oder was hatte das alles zu bedeuten? Einen Moment lang schwieg er, bis er dann endlich ein „Warum?“ über die Lippen brachte. Er hoffte noch auf eine vernünftige Erklärung, doch stattdessen bekam er nur die Antwort: „Das erfährst du später noch. Tu mir nur einen Gefallen und bleib im Haus.“ „Was ist denn bitte los? Wieso soll ich im Haus bleiben? Ich muss nachher zum Arzt und wenn du mir nicht erklärst, was hier los ist…“ „Du bist in Gefahr, Chris.“ Raphael klang sehr ernst und das machte dem 24-jährigen nun doch Sorgen. Irgendetwas stimmte doch nicht. „Jetzt sag schon, was los ist!“ „Das erfährst du später. Bleib im Haus und verschieb den Arzttermin. Ich melde mich später.“ Bevor Christoph nachfragen konnte, hatte Raphael auch schon aufgelegt und damit das Gespräch beendet. Etwas entnervt atmete der Mathematiker laut aus und schüttelte den Kopf. Was zum Teufel war bloß los und was sollte das alles? Irgendetwas stimmte da doch nicht. Aber für ihn stand fest, dass er den Arzttermin nicht verschieben würde. Er hatte lange genug mit Magenkrämpfen ausgehalten und der Hautausschlag sah auch nicht gut aus, ganz zu schweigen von der Halsrötung. Und da Raphael nicht mit der Sprache rausrücken wollte, sah er auch keinen triftigen Grund, wieso er im Haus bleiben sollte. So wichtig konnte es ja wohl nicht sein und selbst wenn tatsächlich Gefahr drohen sollte, er hatte einen schwarzen Gürtel in Karate und wusste sich zur Wehr zu setzen. Also schnappte er sich seine Jacke, setzte noch seine Mütze auf und zog seine Jacke an. Zur Sicherheit nahm er noch einen Schirm mit und verließ das Haus. Na hoffentlich gewitterte es nicht gleich noch. Am liebsten wäre er ja mit dem Auto gefahren, nur war da das Problem, dass er in der Innenstadt nirgendwo Parkplätze fand. Also war die beste Alternative, zu Fuß zu Dr. Bakers Praxis zu gehen. Solange er noch nicht bettlägerig war, würde ihm der Fußmarsch auch nicht wehtun. Um ein wenig Unterhaltung zu haben, setzte er seine Kopfhörer auf und hörte ein wenig Apocalyptica auf seinem Smartphone. Während seines Fußmarsches fragte er sich schon, was mit Raphael los gewesen war und wieso sich dieser so merkwürdig aufgeführt hatte. Und vor allem: was sollte denn bitte diese ganze Geheimnistuerei? Sollte das mal einer verstehen. Das Haus nicht verlassen… wofür hielt sich der Kerl denn bitte? Und überhaupt: diese Überwachungsaktion war doch auch ziemlich seltsam. Wenn es zu seinem Spielchen dazugehörte, ihn zu beobachten, war das schon seltsam genug, aber wieso musste er Will Becker überwachen? Christoph versuchte die Fakten zusammenzusetzen und einen Sinn dahinter zu erkennen. Wann hatte Raphael damit angefangen, sich so seltsam zu verhalten? Tja, das war leider schwer zu sagen. Nun, das war gewesen, als er von der Provigil-Geschichte erfahren hatte. Da hatte er ziemlich wütend reagiert und sich auch ganz schön aufgeregt. Verständlicherweise, wenn man es recht bedachte. Immerhin war das ja auch gefährlich gewesen. Und danach? Christoph hatte ihm von den Energy Drinks und seinen Magenschmerzen erzählt und Raphael hatte ihm angeraten, das Zeug nicht mehr zu trinken und Kohlepräparate zu nehmen. Dummerweise hatte der 24-jährige nicht viel Ahnung, in welchen Fällen man die Dinger alle nahm, da er sich mit Medizin rein gar nicht auskannte. Auf dem Gebiet war er ein absoluter Idiot, das gab er auch offen zu. Plötzlich blieb er stehen und er begann langsam einen roten Faden zu sehen. Das Provigil, die Energy Drinks, die Magenschmerzen… Diese ganzen gesundheitlichen Beschwerden hatten angefangen, als er die Arbeit zur Lösungsfindung für das Problem P=NP angefangen hatte. Will hatte ihn auf den Trichter mit dem Provigil gebracht und ihm die Energy Drinks angedreht. Was, wenn… Noch bevor Christoph diesen Gedanken zu Ende führen konnte, traf ihn ein harter Schlag gegen den Hinterkopf und raubte ihm das Bewusstsein. Das Erste, was er wahrnahm, als er langsam das Bewusstsein wiedererlangte, waren heftige Kopfschmerzen. Sein Schädel dröhnte und er brauchte eine Weile um zu realisieren, was passiert war. Irgendjemand musste ihn niedergeschlagen haben. Aber wer hatte das getan und warum? Benommen hob Christoph den Kopf und bemerkte, dass er gefesselt war. Er lag auf einem dreckigen und verstaubten Boden und alles, was er erblickte, war ein ziemlich heruntergekommenes Zimmer, das so verkommen aussah, dass es unwahrscheinlich war, dass hier jemand wohnte. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es eines dieser abrissreifen Häuser, die schon seit Ewigkeiten leer standen und schlimmstenfalls gab es hier sogar Ratten. Der Boden war staubig und es roch muffig. Mit Mühe konnte er sich aufsetzen und bemerkte, dass man ihm auch die Fußgelenke zusammengebunden hatte. Wo genau war er denn und wieso war er niedergeschlagen und gefesselt worden? Aber am allerwichtigsten war die Frage, wer ihm das angetan hatte. Ein schlimmer Verdacht kam ihm und als er Schritte in einem Nebenraum hörte, rief er zögerlich: „Will?“ Eine Tür, die offenbar ins Badezimmer führte, öffnete sich und tatsächlich war es Dr. Will Becker, sein Kollege und derzeitiger Projektpartner. Er trug Latexhandschuhe, einen Mundschutz und eine Schutzbrille, was irgendwie den Anschein erweckte, als wäre er aus einem Chemielabor herausgekommen. Ihn zu sehen und zu wissen, dass er es war, der für die Entführung verantwortlich war, versetzte Christoph einen Stich in die Brust. Auch wenn er kurz vor seiner Ohnmacht erkannt hatte, dass die einzig logische Schlussfolgerung jene war, dass Will Becker ihn aus dem Weg räumen wollte, traf es ihn doch sehr. Immerhin kannten sie sich schon seit Jahren. Christoph hatte mit ihm zusammen gelernt und die Prüfungen gemacht und auch wenn es nie eine tiefe Freundschaft war, hatte er immer gerne mit Will zusammengearbeitet und ihm vertraut. Und er konnte einfach nicht glauben, dass ausgerechnet Will ihm das antun würde. „Ah, schon wach?“ stellte Will recht kühl fest und kam direkt auf ihn zu, wobei er ein kaltes Lachen vernehmen ließ. „Na? Hattest du angenehme Träume, Laplace?“ Christophs Blick verfinsterte sich und Wut kochte in ihm auf. „Warum, Will? Warum machst du das? Wir sind Kollegen und kennen uns schon seit wir selber noch Studenten waren. Erklär mir das mal!“ Ein Tritt ins Gesicht folgte, der Christoph beinahe wieder das Bewusstsein raubte. Stöhnend fiel er wieder zu Boden und war erst mal zu benommen, um wieder aufzustehen. Ein weiterer Tritt in die Magengrube erfolgte und der Schmerz war so heftig, dass der 24-jährige sich stöhnend zusammenkrümmte. „Du willst eine Erklärung haben?“ rief Will und klang nun nicht mehr so gut gelaunt und freundlich wie sonst. Nein, er war wütend, ziemlich wütend und als Christoph den Blick hob, sah er den Hass im Gesicht seines Kollegen, den er fast schon wie einen Freund angesehen hatte. „Ich bin es leid, dass du immer derjenige bist, der die Lorbeeren einsackt. Ich habe hart für meinen Doktortitel arbeiten müssen und mir hat niemand mein Studium finanziert. Jahrelang habe ich mir den Arsch aufgerissen, um es zu etwas zu bringen, aber dir fällt alles in den Schoß. Für dich ist das alles nur ein langweiliger Zeitvertreib und du brauchst dich für rein gar nichts anzustrengen. Und was ist? Alle feiern dich als großes Wunderkind mit einem Wahnsinnsintelligenzquotienten und selbst das Ausrechnen der Lottozahlen ist doch bloß eine Spielerei für dich. Du kriegst alle wichtigen Projekte zugeteilt und wo bleiben Leute wie ich? Ich darf gucken wo ich bleibe und bekomme kaum ein Projekt zugeteilt, weil du hier das Genie bist. Aber damit ist Schluss. Wenigstens ein Mal in meinem Leben werde ich den Ruhm einheimsen und nicht du. Der Algorithmus wird meine Entdeckung bleiben und ich werde den Ruhm und das Geld bekommen und nicht du!“ Christoph blieb still, als er das hörte. Er hatte nicht gewusst, wie Will über diese Dinge dachte und was ihn so störte. Aber musste er sich da Vorwürfe machen? Er konnte doch nichts dafür, dass er mit dieser Gabe geboren wurde und oftmals wünschte er sich ja selber, dass er ein normales Leben führen konnte, wo er auch mal seine Ruhe vor der Mathematik hatte. Er hatte es gehasst, dass er als kleiner Junge schon viel reifer als die anderen war und nicht so unbeschwert spielen konnte. Aber nie und nimmer hatte er vorgehabt, Will in den Schatten zu drängen, das war auch nicht seine Art. Er schätzte seine Kollegen und es war ihm auch wichtig, dass auch sie die Anerkennung bekamen, die ihnen zustand. Aber es änderte nichts an der Tatsache, dass er eben schon als 9-jähriger berühmt wurde als das Wunderkind mit einem IQ, den nicht mal Stephen Hawking oder Albert Einstein erreicht hatten. Er hatte es sich nicht ausgesucht, es war einfach so und natürlich tat es ihm leid, dass Leute wie Will es eben schwerer hatten. „Es tut mir leid, okay?“ rief er deshalb. „Aber das ist doch nicht meine Schuld! Man kann solche Dinge doch auch anders regeln!“ „Ach hör du mir doch auf, Laplace. Du bist hier nicht in der Position, um zu verhandeln. Wenn du erst mal weg vom Fenster bist, dann werde ich es sein, der endlich mal den ganzen Erfolg erntet. Das Lösen der abc-Vermutung war mein Projekt, verstehst du? MEIN PROJEKT! Und was war? Sie haben mir meine Arbeit weggenommen und dir zugeteilt! Und wer heimst hinterher ohne große Anstrengungen die Lorbeeren ein? Natürlich du! Es dreht sich doch alles immer nur um den großen Christoph Strauss, das Wunderkind aus dem Waisenhaus, adoptiert von einem hochrangigen Professor. Aber damit ist jetzt Schluss, ich habe mir das lange genug gefallen lassen. Ich lasse nicht zu, dass solche Klugscheißer wie du meine ganze Arbeit zunichte machen!“ „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ rief Christoph und als Will auf ihn zuging, reagierte der 24-jährige schnell und schaffte es, ihm kräftig gegen die Beine zu treten und ihn somit zu Fall zu bringen. Zwar mochten seine Hände und Füße gefesselt sein, aber so schnell wollte er nicht aufgeben. Als Will auf dem Boden lag, wollte Christoph ihm gegen den Kopf treten, um ihn außer Gefecht zu setzen, doch da war sein Kontrahent schneller und rappelte sich auf, dann richtete er eine Pistole auf den Gefesselten. Ein Schuss wurde abgefeuert, der Christophs Kopf nur knapp verfehlte. „So, jetzt reicht es mir aber“, rief der Mathematiker und packte seine Geisel am Schopf. „Ich hab endgültig die Schnauze voll von dir. Eigentlich wollte ich dich langsam und schleichend umbringen, ohne dass irgendjemand Verdacht schöpft. Aber da du mir ja diesen Ex-Knacki auf den Hals gehetzt hast, ist endgültig Schluss mit lustig. Und dann werde ich dir endlich mal dein Maul stopfen!!!“ „Wie bitte? Was… was redest du da? Was für ein Ex-Knacki?“ „Stell dich nicht dümmer an als du bist. Ich hab doch gesehen, wie dieser Mexikaner in deinem Büro ein und aus ging und er war es doch, der damit gedroht hat, mich an die Polizei zu verpfeifen.“ Mexikaner? Meinte er damit etwa Raphael? Hatte dieser etwa gewusst, was Will Becker vorgehabt hatte? Christoph verstand die Welt nicht mehr. Was zum Teufel spielte Raphael denn für eine Rolle in diesem Spiel? Grob wurde Christoph hochgezerrt und in Richtung Bad gezerrt. Doch dann wurde er plötzlich fallen gelassen, als Will abrupt stehen blieb und ihn losließ. Zuerst verstand der 24-jährige nicht, was hier vor sich ging, bis er dann das Klicken einer Pistole hörte, die entsichert wurde. Und das war nicht Wills Waffe. Irgendjemand stand hinter ihm. „Nur zu deiner Info“, hörte er eine sehr vertraute Stimme sprechen. „Ich bin kein Mexikaner. Und jetzt die Hände hoch, bevor ich sie dir breche, Arschloch!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)