Stairway to the Skies von Swanlady (ItaSaku) ================================================================================ Kapitel 2: rot. --------------- „Wir waren vorsichtig, Hokage-sama“, beteuerte Sakura und schielte unauffällig in Itachis Richtung. Seine Anwesenheit war ihr unangenehm und sie fühlte sich gedemütigt, ihre Fehler – gut, Narutos und Sais auch, aber das war nur ein kleiner Trost – offen vor ihm schildern zu müssen. Wenn er sich, basierend auf den Ereignissen der letzten zwei Stunden, bereits eine Meinung über sie gebildet hatte, dann ließ er es sich nicht anmerken, denn Itachi, dessen Blick auf dem Hokage lag, hielt sich diskret im Hintergrund. Die Unnahbarkeit der Uchihas war Sakura nicht fremd. Sie war frustrierend und gleichzeitig machte sie einen neugierig, was eine gefährliche Mischung bildete. An Sasuke hatte sie sich bereits mehrmals die Finger verbannt. „Aber nicht vorsichtig genug?“, bot Obito Uchiha helfend an, als Sakura zu lange schwieg. Sie nickte hastig und räusperte sich. „Ja. Nicht vorsichtig genug. Außerdem waren unsere Informationen nicht komplett. Einfache Banditen wären kein Problem gewesen…“ „Das bezweifle ich nicht, ihr seid ein Team mit hoher Erfolgsquote“, erlaubte sich der Hokage einen lockeren Kommentar, der Sakura für einen Moment darüber sinnieren ließ, wie es sein konnte, dass auch er ein Uchiha war. Soweit sie wusste, waren Obito und Shisui Uchiha die einzigen des stolzen Klans, die das überaus starke Gen der Arroganz nicht geerbt hatten. Diese Überheblichkeit, die es in einer ähnlichen Form auch bei den Hyuugas gab, schien an den beiden Shinobi abgeprallt zu sein – und Sakura war dankbar dafür, dass ausgerechnet einer der umgänglichen Uchihas das wichtige Amt des Dorfoberhaupts bekleidete. Das Kompliment konnte Sakura dieses Mal aber nicht annehmen. Die Mission war ein Reinfall gewesen und wäre vielleicht nicht gutgegangen, wenn Sai Itachi nicht gefunden hätte. „Es waren alles ausgebildete Shinobi. Die unterschiedlichen Kampfstile und Waffen wiesen alle darauf hin, dass es Ninja aus verschiedenen Dörfern waren“, fuhr sie fort und runzelte die Stirn. „Verzeihen Sie meine Direktheit, aber ist das nicht ungewöhnlich? Ich meine…“ Unsicher sah Sakura den Hokage an, doch dieser nickte auffordernd. „Es kommt nicht oft vor, dass Shinobi solche Allianzen bilden – vor allem Nukenin nicht. Das Risiko, dass sie einander für das versprochene Kopfgeld verraten, ist den meisten zu hoch“, fuhr sie fort. „Ich weiß aber leider nicht, ob das überhaupt von Bedeutung ist.“ Obito schenkte ihr erneut ein Lächeln, doch dann wanderte sein Blick langsam an ihr vorbei und schlagartig erinnerte sich Sakura daran, dass Itachi immer noch im Raum war. Er unterdrückte sein Chakra nicht, aber Sakura nahm es kaum wahr – zudem verhielt er sich so leise, dass sie ihn glatt vergessen hatte. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Bevor sich Sakura diese Frage beantworten konnte, ertönte Obitos Stimme erneut, diesmal richtete er seine Worte aber an Itachi. „Ich verstehe nun in etwa, was du meintest. Du hast meine Erlaubnis.“ Itachi nickte knapp, ehe er sich abwandte und das Büro verließ. Verdutzt blickte Sakura ihm hinterher, denn sie hatte überhaupt nicht verstanden, was eben passiert war. Erlaubnis? Was hatte das zu bedeuten? Und wieso ging Itachi einfach? Sie hatte doch immer noch nicht mit ihm gesprochen! Den ersten Impuls niederknüppelnd, ihm folgen zu wollen, erhoffte sie sich von Obito eine Erklärung. Dieser sah aber nicht so aus, als würde er darauf eingehen wollen. „Lass mich zusammenfassen. Ihr hattet unvollständige Informationen, habt euren Gegner unterschätzt und wart leichtsinnig.“ Sakura zuckte zusammen. Wenn er das so ausdrückte, hörte er sich wirklich fürchterlich an. „Aber ihr habt einen Ausweg gefunden, indem ihr Verstärkung gerufen habt. Natürlich, es war Glück, dass Itachis Team in der Nähe war, aber das gehört meiner bescheidenen Meinung auch zum Leben eines Shinobi dazu.“ „Glück?“ „Ja, Glück, Sakura. Ich denke, das reicht für heute, den Rest würde ich gerne detailliert in eurem Missionsbericht lesen.“ Erleichtert atmete Sakura aus, denn sie hatte sich auf ein weitaus schlimmeres Gespräch eingestellt. „Jawohl.“ Sakura war bereits auf halbem Weg zur Tür, als er noch einmal das Wort ergriff. „Darf ich dir einen Rat geben? Überleg es dir gut.“ Verwirrt drehte sie sich noch einmal um, doch Obito hatte seine Nase längst wieder in irgendwelche Unterlagen gesteckt. „Gute Nacht, Sakura.“ „Gute Nacht, Hokage-sama“, erwiderte sie mit einem flauen Gefühl im Magen. Kaum hatte Sakura die Tür hinter sich geschlossen, erstarrte sie. Itachi war nicht gegangen, sondern wartete seelenruhig im Gang. Seine Haltung erinnerte nicht mehr an den vorbildlichen Teamleiter, der die Initiative ergriff, weil er es im Blut hatte. Er wirkte gelassener, als er sie mit einem Blick taxierte, den sie nicht deuten konnte, der sie aber zur Abwechslung nicht zu durchleuchten schien. Vermutlich hatte sogar jemand wie Itachi Uchiha irgendwann Feierabend. Apropos – Sakura fühlte sich vollkommen ausgelaugt und der Gedanke, dass sie morgen nicht ausschlafen, sondern zur Frühschicht im Krankenhaus antanzen musste, ließ sie beinahe gequält das Gesicht verziehen. Wäre Itachi nicht da gewesen, hätte sie sich definitiv nicht zurückgehalten. „Hast du etwas vergessen?“, fragte sie und deutete mit dem Daumen über ihre Schulter. Itachi regte sich und nahm zuerst die Hand aus der Hosentasche, bevor er ihr antwortete. Er hatte Manieren, das musste man ihm lassen. „Nein. Ich habe auf dich gewartet.“ Das merkwürdige Gefühl im Bauch, das an Shinos krabbelnde Insekten erinnerte, verstärkte sich. Wollte er sie noch einmal für ihre Unachtsamkeit schelten? Oder seine Unzufriedenheit darüber äußern, dass sie ihre Frustration an ihm ausgelassen hatte? „Ich wollte im Grunde auch mit dir reden…“, gab sich Sakura schließlich einen Ruck und senkte peinlich berührt den Blick. „Komm“, sagte Itachi unbeirrt und setzte sich in Bewegung. „Lass uns draußen reden. Hier weiß man nie, wer einem zuhört.“ Kurz tauchte in Sakuras Kopf die erheiternde Vorstellung auf, dass der Hokage an der Tür stand, sein Ohr gegen das Holz presste und lauschte, aber sie hatte die leise Vermutung, dass es nicht das war, was Itachi gemeint hatte. Wortlos folgte sie ihm. Es war spät – wie spät wurde Sakura erst bewusst, als die kühle Nachtluft ihnen entgegenschlug. Die Wolken am Himmel bewegten sich, gaben vereinzelten Sternen die Möglichkeit den dunklen Teil der Stadt in ein wenig Licht zu tauchen – genau in diesen führte Itachi sie nämlich. Sakura behielt einen Abstand von zwei Metern bei, doch daran schien er sich nicht zu stören. Im gemütlichen Spazierschritt lief er vor ihr, leiser als die meisten Menschen, obwohl er es wohl nicht einmal darauf anlegte. Da er schwieg und Sakura die Fragen zu plagen begannen, konzentrierte sie sich aus reinem Jux darauf, wie seine zusammengebundenen Haare von links nach rechts und wieder zurück schwenkten. Wenigstens musste sie nicht fragen, wohin sie gingen – sie kannte diesen Weg nämlich. Er führte sie zum See, der nah genug am Uchiha-Viertel lag, um praktisch noch als Privatgrundstück gelten zu können. Das kühle Grass kitzelte ihre in den Sandalen nackten Zehen, als sie hinüber zum Steg schlenderten und Itachi endlich stehenblieb. Skeptisch sah sich Sakura um. „Bist du dir sicher, dass wir hier nicht belauscht werden?“, fragte sie und musterte die vielen Bäume, die selbst für einen unerfahrenen Genin ein wirklich gutes Versteck darstellten. „Worüber wolltest du mit mir reden?“ Indem er ihre Frage ignorierte, kam sich Sakura prompt wieder wie die Inkompetenz in Person vor. Hart presste sie die Lippen aufeinander, als das Gefühl von Wut erneut aufbrodelte und sie beinahe vergessen ließ, dass sie sich eigentlich hatte entschuldigen wollen. „Die Frage ist wohl eher, worüber du mit mir reden wolltest, oder?“ Das Spiel der unendlichen Gegenfragen konnte sie den ganzen Tag – oder wahlweise auch die ganze Nacht – spielen. Sakura war müde, gereizt und diese Geheimnistuerei zerrte an ihren Nerven. Sie wollte Klarheit oder ihr Bett. Am besten beides. „Verzeih mir, falls ich dich beleidigt habe“, nahm ihr Itachi urplötzlich den Wind aus den Segeln, indem er sich entschuldigte. Er sprach ruhig und musterte sie eingehend, als würde er seine Worte tatsächlich noch einmal Revue passieren lassen. „Du bist wütend“, stellte er nach einer Weile fest. „Nein“, schnaufte Sakura. „Nur überarbeitet.“ „Hm.“ Mehr sagte er nicht. Hm. Das konnte doch alles uns nichts bedeuten! Als er jedoch den Kopf abwandte und auf das Wasser hinaussah, bemerkte Sakura den nachdenklichen Ausdruck auf seinem Gesicht. Dieser ließ sie innehalten. „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir trotzdem zuerst verraten würdest, was du mit mir besprechen wolltest“, bat Itachi und Sakura wusste nicht, ob seine Höflichkeit so entwaffnend war, dass sie sofort kapitulierte, oder ob sie einfach keine Lust mehr hatte sich rein aus Prinzip querzustellen. „Ich wollte mich entschuldigen“, sagte sie also direkt und war mächtig stolz darauf, dass sie dabei vollkommen sachlich klang. Sie hatte es gesagt. Jetzt durfte sie sich erst recht nicht mehr von Emotionen leiten lassen. „Wofür, wenn ich fragen darf?“ „Für mein Verhalten.“ Zwang er sie tatsächlich es auszusprechen? Fein. „Ich habe meine Laune an dir ausgelassen, obwohl du uns nur geholfen hast.“ Wenn er mehr hören wollte, dann würde er sie foltern müssen. „Ich nehme deine Entschuldigung an, Sakura“, erwiderte Itachi ohne mit der Wimper zu zucken. „Auch wenn ich nicht vollkommen nachvollziehen kann, wieso dich das so beschäftigt hat.“ Er hörte sich so an, als würde das für ihn kaum eine Rolle spielen und Sakura kam zu dem simplen Schluss, dass er ihr verzieh, damit sie sich besser fühlte. Sie war eine Närrin. Zu denken, dass sich jemand wie Itachi Uchiha mit ihren Launen beschäftigen könnte, war naiv und dumm gewesen. Ihr Mund fühlte sich trocken an, als sie den Blick auf ihre Füße richtete. „Du bist dran“, presste sie hervor, um das Gefühl zu verdrängen, dass sie sich gerade fürchterlich blamiert hatte. „Ich möchte dir ein Angebot machen“, kam er direkt zur Sache, was Sakura dazu veranlasste, wieder in seine Richtung zu schielen. „Und ich möchte, dass du genau darüber nachdenkst, bevor du mir eine Antwort gibst.“ Augenblicklich echoten die Abschiedsworte Obitos in ihrem Kopf und nun verstand Sakura zumindest teilweise, was der Hokage gemeint hatte – Itachis Angebot. Als Zeichen, dass sie verstanden hatte, nickte Sakura und spürte, wie ihre Schultern sich anspannten. Die Neugier zerfraß sie innerlich beinahe, aber sie versuchte zumindest den Eindruck zu erwecken, als würde sie geduldig darauf warten, dass Itachi fortfuhr. „Wir könnten jemanden wie dich in unserer Einheit gebrauchen“, sagte er schließlich und wandte sich ihr wieder vollkommen zu. Die stumme Frage musste sich wohl auf ihrem Gesicht abzeichnen, denn Itachi präzisierte seine Worte sogleich. „Ja. Ich meine die ANBU.“ Hätte er sie in diesem Moment gefragt, ob sie ihn heiraten wollte, wäre Sakura nicht minder überrumpelt gewesen. Überfordert suchte sie in seinem Gesicht nach dem Anzeichen einer Erklärung, fand aber nichts. Itachi ließ sie mit ihren Emotionen allein, obwohl er sich ein paar Schritte auf sie zubewegte. Sakuras Blick irrte umher, auf der Suche nach einem neuen Punkt, an den er sich klammern konnte, doch auch die Grashalme hatten keine Antworten für sie. Diese hatte nur Itachi, aber zuerst musste sie den Mund aufbekommen. „Ich verstehe nicht“, schaffte sie es schließlich und schüttelte den Kopf. „Wieso ich?“ Sakura wusste, als ausgebildete Kunoichi Konohas, wofür die spezielle Einheit der ANBU zuständig war. Sie mochten in friedlichen Zeiten leben, aber das hieß nicht, dass es nicht hin und wieder nötig war Shinobi auf Missionen zu schicken, bei denen sie sich mehr als nur die Hände schmutzig machten. Die Identitäten der meisten ANBU-Shinobi waren geheim, aber es gab ein paar Namen, die kursierten in der Stadt wie die Gerüchte über Tsunades Sakevorräte in jedem Abstellraum des Krankenhauses. Itachis gehörte dazu. Sakura wusste auch, dass Ninja wie Kakashi oder Sai einst dazugehört hatten, sich aber aus diversen Gründen dazu entschieden hatten auszutreten. „Weil du eine talentierte Iryōnin bist“, erwiderte Itachi ruhig. „Du hast deine Wunde während eines Kampfes geheilt, als wäre sie nichts weiter als ein Kratzer gewesen. Selbst jemand, der sich nicht damit auskennt, sieht auf den ersten Blick, dass du deine Fähigkeiten effektiv einsetzen kannst.“ Vielleicht hätte sich Sakura geschmeichelt gefühlt, wenn es wie ein Kompliment geklungen hätte – aber Itachis sachlicher Ton nahm ihr alle Illusionen. Er hatte ihr schlicht und einfach die Begründung gegeben, nach der sie verlangt hatte. Nicht im Traum hatte sie daran gedacht, dass ihr jemals jemand einen ANBU-Posten anbieten könnte. Sie war felsenfest davon überzeugt, dass dies nicht ihre Welt war, dass sie im Krankenhaus und auf vereinzelten Missionen besser aufgehoben war. Aus diesem Grund musste sie auch nicht lange überlegen, sie kannte ihre Antwort bereits. Gerade wollte Sakura den Mund öffnen, um höflich abzulehnen, als Itachi die Hand hob und sachte den Kopf schüttelte. „Überleg es dir. Du musst mir jetzt keine Antwort geben.“ Hastig vergewisserte sich Sakura, ob sein Sharingan weiterhin deaktiviert war, aus Angst, dass er in ihren Kopf geblickt und nicht einfach nur ihre Antwort erraten hatte, aber seine Augen schimmerten lediglich im trüben Licht des roten Mondes, der zwischen zwei großen Wolken hervor lugte. Automatisch wurde Sakuras Blick davon angezogen. „Er ist heute besonders rot“, murmelte sie, auch wenn sie nicht wusste, wieso sie diesen irrelevanten Gedanken mit Itachi teilte. Sakura hörte, wie er die Luft einsog, doch als sie den Kopf zur Seite drehte, um ihn anzusehen, hob und senkte sich sein Brustkorb gleichmäßig. „Der Mond ist immer rot, Sakura“, raunte er schließlich und seine Stimme klang belegt, als würde er seinen eigenen Worten nicht glauben. Verwirrt runzelte sie die Stirn. „Natürlich ist er das“, erwiderte sie, denn das wusste jedes Kind. Die Erde war rund, der Himmel blau und der Mond rot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)