Nightcrawl 2 von abgemeldet (Schlechter als jeder Teeniefilm) ================================================================================ Kapitel 3: Freunde kommen und gehen ----------------------------------- „Gibt es eigentlich irgendwas, was du mir sagen möchtest?“ Ich weiß nicht, ob ich jetzt einfach nur paranoid bin, oder ob Mac tatsächlich nach fragt, weil er es weiß und es nun von mir selbst hören will. Vermutlich gucke ich ihn auch gerade an wie ein Reh im Scheinwerferlicht, was meine Glaubwürdigkeit ihm gegenüber, im übrigen ziemlich untergräbt. „Ehm...nein?“ Ich blicke zu meinem besten Freund auf, der sich vor meinem Bett aufgebaut hat, und die Hände in die Hüften stemmt. Irgendwie stelle ich mir vor, dass so Mütter vor einem stehen, wenn sie etwas wissen, dass sie eigentlich nicht wissen sollten, und versuchen einen dazu zu bringen es ihnen zu sagen, selbst wenn sie es sowieso schon wissen. Diese Mütter-Logik habe ich sowieso noch nie wirklich verstanden. Vielleicht auch deshalb, weil ich keine Mutter habe. „Touji? Lügen ist sinnlos. Ich weiß es sowieso!“ Während sich mir der Magen umdreht, frage ich mich, warum Mac nicht zutiefst bestürzt aussieht, sondern lediglich als hätte ich ihm ein Staatsgeheimnis verschwiegen. Im Anbetracht der Tatsache das er sich gerade gebärdet wie eine Mutter, verzichte ich allerdings darauf, ihn danach zu fragen, und gebe stattdessen ein „Warum fragst du dann?“, von mir. Was vielleicht nicht unbedingt produktiv ist, wenn ich mir sein Gesicht so ansehe, aber es ist eine berechtigte Frage. „Ich glaube einfach nicht, dass du so etwas tun konntest!“ „Ich fühle mich auch schlecht deswegen. Zumindest ein bisschen. Aber es muss nun mal sein.“ „Nein, muss es nicht! Es gibt auch andere Mittel und Wege an dein Ziel zu kommen, als das!“ „Ich gehe nun mal gern den effektivsten Weg.“, kontere ich und packe ein Lesezeichen in meinen Manga, um mich ungestört mit Mac streiten zu können. Oder wie er sagen würde: Eine lebhafte Diskussion zu führen. „Ich als dein bester Freund kenne ja nun wirklich schon einige Abgründe von dir. Aber das du so tief sinken kannst, habe selbst ich nicht für möglich gehalten.“ „Dreh mir da keinen Strick draus. Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Steht sogar in der Bibel.“ „Das steht definitiv nicht in der Bibel!“ „Es sollte aber drin stehen.“ Diskussionen zwischen mir und Mac fangen immer recht vielversprechend an, und enden schlussendlich in absoluter Sinnlosigkeit. Ich sehe das auch bei dieser Diskussion schon so kommen. „Hast du auch mal an die Gefühle der Anderen gedacht?“ „Sag bloß Eric tut dir leid?“, murre ich und angle mir meine Zigaretten vom Nachttisch. „Wieso Eric? Ich rede von uns. Taylor, Marvin und mir!“ Ich schweige. „Ich hatte schon die ganze Zeit das Gefühl, dass du mir etwas verheimlichst.“ Und ich habe irgendwie stark das Gefühl, dass wir enorm aneinander vorbei reden. „Wovon zur Hölle redest du eigentlich?“, frage ich deshalb unverblümt, und hebe eine Augenbraue. „Davon, seit wann du dich so blendend mit Marcel verstehst! Wir reden hier von Marcel, dem arroganten Schlägerarsch! Hast du mal daran gedacht wie wir uns fühlen, wenn du mit dem einen auf Best-Friends machst?“ Um ehrlich zu sein habe ich darüber nicht nachgedacht, weil es dafür um ehrlich zu sein, auch gar keinen Anlass gab, weswegen meine Antwort aus einem simplen „Nein.“, besteht. „Es wäre mir nämlich neu, dass ich mich blendend mit Marcel verstehe.“, hänge ich hinten dran und zünde mir eine Zigarette an, nachdem ich sie mir zwischen die Lippen geklemmt habe. „Laut meinen Informationen seid ihr Beide letzte Woche, sehr entspannt nebeneinander her, zum Sportunterricht flaniert.“ Ich kenne niemanden außer Mac, der Worte wie 'flaniert' benutzt, und das Alter von sechzig noch nicht überschritten hat. Ich meine, wer benutzt bitte 'flaniert' um damit auszudrücken das man gegangen ist? „Wir sind nicht 'flaniert'. Außerdem waren wir zu Dritt.“, murre ich vor mich hin, während ich den Rauch ausblase und die Augen verdrehe. „Zu dritt?“ „Taylor war auch dabei. Also könntest du auch dem vorwerfen, dass er mit Marcel zum Sportunterricht 'flaniert' ist.“ „Davon hat mein Informant nichts gesagt.“ „Vielleicht solltest du deinem Informanten vorschlagen, dass er sich eine Brille kauft.“ Eine kurze Weile herrscht Stille zwischen uns, in der Mac offensichtlich tatsächlich über meinen Vorschlag nachdenkt, und ich mich frage wer zur Hölle sein Informant ist, und warum zum Geier er jemanden auf mich ansetzt. Ja, spinn ich denn? „Vielleicht solltest du zu Mr. Lee gehen.“ „Unserem Schulpsychologen?“ Ich nicke bestätigend und sehe Mac vielsagend an, der das entweder nicht mitbekommt oder es perfekt ignoriert. „Wieso das denn?“ „Weil du offensichtlich langsam paranoid wirst. Um genau zu sein, seit Kai dein Hirn verpestet und dir kleine Einzeller implantiert, die dich dazu verleiten hinter jeder Ecke eine Verschwörung mit Marcel und mir in der Hauptrolle zu sehen.“ Mein bester Freund starrt mich eine Weile fassungslos an, ehe er mir den Vogel zeigt, und anfängt mir einen Vortrag darüber zu halten, dass man so mit seinem besten Freund nicht redet, ehe er mit einem „Außerdem bin ich nicht paranoid.“, endet. „Behauptet derjenige, der mir mit Marcel ein Best-Friends-Verhältnis andichtet.“, kontere ich und ziehe wieder an meiner Zigarette. „Dann erzähl mir endlich was hier vor sich geht, was ich offensichtlich nicht mitbekomme!“ Aufgrund des leidenden Tonfalls von Mac, zucke ich kurz zusammen und ziehe dann einen Flunsch, der an Gewissensbissen nicht zu übertreffen ist, und schnalze mit der Zunge. „Na schön.“, murre ich dann und drücke meine Kippe im Aschenbecher aus, bevor ich tief Luft hole, und versuche nicht in Mac's erwartungsvolles Gesicht zu blicken. „Kann sein, dass Marcel und ich uns in letzter Zeit weniger auf die Fresse schlagen, als vor den Ferien. Kann auch sein, dass wir es schaffen tatsächlich einigermaßen sinnvolle 3-Satz-Gespräche zu führen, aber ich habe nicht, ich wiederhole: NICHT, irgendeine Beziehung auf irgendeiner Ebene mit ihm, von der du irgendetwas wissen müsstest.“ Mac sieht mich an und schweigt. Ich sehe zurück und schweige auch. Bis ich wieder das Gesicht verziehe und leise fluche. „Na gut, vielleicht sind wir auch mal ab und an zusammen zum Sportunterricht gegangen, und vielleicht starre ich ihn in der Mensa an, aber das hat keine tiefere Bedeutung. Ich glaube, und das ist schon fast wissenschaftlich bewiesen, dass wir unsere Streitereien auf ein Minimum reduziert haben, weil wir einen gemeinsamen Feind haben.“ „Einen gemeinsamen Feind. Den Schulrektor?“, hakt Mac nach, und ich rolle mit den Augen. „Kai!“ „Wieso denn Kai? Das ist doch ein ganz Lieber.“ „Die Pest war auch ganz lieb, bis auf das sie ein paar Leute dahin gerafft hat.“, gebe ich sarkastisch von mir, während ich wieder mit den Augen rolle. „Ich versteh überhaupt nicht was du gegen ihn hast.“ „Und ich verstehe nicht, wie man das nicht verstehen kann.“, murre ich und stehe auf, wo ich mir meine Turnschuhe schnappe und diese anziehe. „Wo willst du hin?“ „Raus. Es bringt absolut überhaupt nichts, sich mit dir über Kai zu unterhalten. Für dich ist diese Pestbeule doch ein Heiliger, so rein wie Schnee. Du checkst nicht, dass dieser Typ das personifizierte Übel ist.“, murre ich und schnappe mir meine Zigaretten und die Schlüssel, ehe ich mich an Mac vorbei schiebe und das Zimmer verlasse. Zwar höre ich noch, dass er mir hinterher ruft, aber ich stelle mich taub. Es hat nun mal einfach wirklich keinen Zweck mit Mac über Kai zu reden. Wie und wann es dazu gekommen ist, dass Mac angefangen hat so von Kai zu schwärmen und an ihm zu hängen, ist an mir vorbei gezogen. Tatsache ist jedoch, dass ich Kai allein schon dafür hasse, dass er Mac um den kleinen Finger gewickelt hat, und dieser so doof ist und das nicht mal mitbekommt. Als bester Freund wäre es eigentlich meine Aufgabe die beiden voneinander fern zu halten. Auf der anderen Seite steht der Punkt, dass Mac auch mal eigene Erfahrungen machen und sich auf die Fresse packen muss. Egal wie ich mich entscheide, es wird falsch sein, was die Sache nicht unbedingt einfacher macht. Fasziniert darüber das ich nur bis ins Erdgeschoss gebraucht habe, um wirklich reichlich miese Laune zu bekommen, zünde ich mir draußen angekommen eine neue Zigarette an, und schlinge die Arme um mich. Dafür das es erst Ende September ist, ist es verdammt nochmal kalt. Aber jetzt wieder hoch zu gehen und meine Jacke zu holen, macht mein Stolz nicht mit, weshalb ich mich doch in Bewegung setzte und über den Campus schlendere. Wohin genau ich eigentlich hin will, ist selbst mir schleierhaft. Im Endeffekt will ich einfach nur nicht in unserem Zimmer sein, und eine leidige Diskussion mit Mac führen, die am Ende sowieso nichts bringt. Mac wird nie verstehen das meine Beziehung zu Marcel einfach tiefer geht, als das wir uns mit Stühlen bewerfen. Und ich werde nie verstehen, was er an diesem dämlichen und aufgeblasenen Fatzgen findet, der es eigentlich verdient hätte, dass man ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennt. Ich frage mich ob Kai es schafft die Freundschaft von mir und Mac genauso zu zerstören, wie Marcel's Position und Ansehen im Basketballteam. Eigentlich sollte ich solche Gedanken gar nicht haben, ich weiß. Es heißt ja immer man soll auf seine Freunde vertrauen. Aber im Moment bin ich mir nicht sicher, ob Mac bewusst ins sein Verderben rennt und mich eigentlich leid ist. Ich meine, ich weiß das ich schwierig bin und alles andere als sozial kompetent. Trotzdem verstehe ich nicht, was er ausgerechnet an Kai findet. Na gut, Kai ist offensichtlich ein Meister darin Leute um den Finger zu wickeln, und sie für sich zu gewinnen, aber das kann nicht alles sein, denn für gewöhnlich hat Mac eine ganz gute Menschenkenntnis. Die mit Kai irgendwie abhanden gekommen ist. Ich weiß, ich wollte eigentlich sinnlos über den Campus laufen, aber im Endeffekt schaffe ich es nur bis zu der Bank, die neben der Miniaturausgabe von Wald steht, in dem ich Eric mit Jem erwischt habe. Seufzend mache ich es mir auf der Bank bequem und betrachte die glühende Spitze meiner Zigarette, ehe ich wieder daran ziehe und mich zurück lehne. Natürlich könnte ich auch einfach zu Marvin gehen, vermutlich ist der sogar noch wach. Aber Marvin teilt sich nun mal ein Zimmer mit Lucy, und so gern ich sie mag, ich will nicht, dass sie schon wieder eine Story mit mir in der Hauptrolle schreibt. Taylor scheidet für mich schon im vornherein aus, weil er sich ein Zimmer mit Kai teilt, und ich den vermutlich umbringe, wenn ich ihn jetzt zu Gesicht bekomme. Also bleibt mir nur übrig hier sitzen zu bleiben, bis ich so weit runter gekommen bin, das ich Mac keine Dinge an den Kopf werfe, die ich später bereuen würde. Vielleicht sollte ich mich auch mit dem Gedanken anfreunden, mich mit Kai anzufreunden. Oder ihn zumindest stillschweigend dulden, ohne gegen ihn zu sticheln. Auch wenn ich dazu vermutlich nicht in der Lage bin, kommt das wohl auf einen Versuch an. Ich meine, das versteht man doch unter Freundschaft oder? Das man auch die anderen Freunde seiner Freunde akzeptiert, und nicht dafür sorgt das der beste Freund zwischen zwei Stühlen sitzt. Wie lange genau ich schon auf der Bank sitze weiß ich nicht so genau, aber wenn ich mir die Zigarettenstummel auf dem Boden vor mir so angucke, wohl eine Weile. Ich reibe mir über die Oberarme und murre, als ich bemerke, dass es inzwischen schon stockduster ist, und ich das nicht einmal mitbekommen habe. Wärmer ist es zu allem Überfluss auch nicht geworden, weshalb ich mir über die Oberarme reibe, auf denen sich eine ekelhafte Gänsehaut ausgebreitet hat. Eigentlich sollte ich zurück gehen, ehe ich mir noch den Tod hole. Zwar ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass ich gleich sterbenskrank werde, aber ich könnte immerhin eine Mandelentzündung bekommen die mich daran hindert meinen täglichen Nikotingenuss nach zu gehen, was meine Laune nicht unbedingt heben wird. Ich will gerade aufstehen und zu Mac zurück schleichen, und mich gegebenenfalls entschuldigen wenn es sich nicht vermeiden lässt, kreische jedoch los, als mich etwas weiches am Kopf trifft und mir die Sicht nimmt. Mein Herz klopft, als ich das Ding auf meinem Kopf betaste und es von dort herunter sehe, nur um festzustellen, dass es eine Trainingsjacke des Basketballclubs ist. Ich frage mich sowieso schon länger, wieso die Jacken und Trainingshosen schwarz-rot sind und nicht so wie die Trikots blau-schwarz. Mein Gesicht verdunkelt sich und ich murre. Wenn das jetzt Eric ist, drehe ich durch, da er zu den Menschen gehört die ich gerade am wenigsten sehen will. Gerade als ich den Blick heben will um zu sehen wem die Trainingsjacke gehört, auch wenn die Auswahl an Leuten ziemlich gering ist, wird mir die Jacke aus der Hand genommen, und ich stoße erleichtert die Luft aus. „Du holst dir noch den Tod, wenn du hier so rum sitzt.“, ist Marcel's Eröffnungskommentar, während er sich neben mich auf die Bank fallen lässt und noch in derselben Bewegung die Trainingsjacke über meine Schultern wirft. „Du nicht?“, frage ich zurück, weil er jetzt selbst ohne Jacke da sitzt. Als Antwort kommt nur ein Schulter zucken, während Marcel sich eine Zigarette ansteckt und kurz darauf eine zweite, die er mir hinhält. Wortlos nehme ich die Zigarette entgegen, klemme sie mir zwischen die Lippen und starre wieder auf den Boden vor mir. „Willst du sagen, was los ist?“, fragt mein Sitznachbar nach ein paar Minuten, und ich mustere ihn aus dem Augenwinkel, während sich meine Mundwinkel unweigerlich leicht heben. „Was sollte sein?“ Bei dem Blick den mir der ehemalige Basketball-Captain zuwirft, verziehe ich das Gesicht zu einer Grimasse, einfach weil ich diesen Blick nur zu gut kenne. „Ich kenne dich lange genug, um zu wissen wenn was nicht mit dir stimmt. Also was ist es?“ „Hab ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich manchmal hasse?“, frage ich trocken und ziehe an meiner Zigarette. „Ich dachte du hasst mich immer, nicht nur manchmal.“, kommt es belustigt zurück, und ich muss unweigerlich glucksen. „Nur manchmal etwas mehr als sonst.“, korrigiere ich mich und lehne mich zurück, während ich die Trainingsjacke enger um meine Schultern ziehe. Einige Minuten schweigen wir, ehe ich die Luft ausstoße und wieder an meiner Zigarette ziehe. „Ich hab Streit mit Mac. Obwohl das nicht mal ein richtiger Streit ist, sondern eher eine leidige Diskussion.“, gebe ich mein Problem dann doch preis und kaue auf meiner Unterlippe herum. „Und das macht dich so fertig?“ „Ja.“, murre ich und ziehe erneut an der Zigarette, bevor ich den Rauch wieder ausstoße. „Ich kapiere nicht, wie man Kai auch nur im entferntesten sympathisch finden kann, und Mac kapiert nicht, warum...“ Ich breche ab und ziehe wieder an meiner Zigarette, während Marcel „Warum was?“, fragt. „Warum wir Beide uns nicht mehr so oft die Visage einschlagen, und uns so 'super' verstehen.“, murre ich und schnippe die Kippe weg, ehe ich den Kopf in den Nacken lege und in den dunklen, mit Sternen gesprenkelten Himmel sehe. „Na, weil wir einen gemeinsamen Feind haben.“, kommentiert Marcel und ich pruste los, was mir einen verwirrten Blick von ihm einbringt. „Sorry...aber dasselbe hab ich Mac auch gesagt.“, erkläre ich und atme ein paar Mal tief durch, um mich wieder zu beruhigen. „Ich dachte Mac wäre dein bester Freund?“, kommt es nach einer Weile und ich sehe Marcel mit gehobener Augenbraue an. „Ist er auch.“ „Aber du erzählst ihm nicht alles, hab ich recht?“ Mein Schweigen ist ihm wohl Antwort genug, zumindest schließe ich das daraus das er seufzt und sich ebenfalls zurück lehnt. „Vielleicht solltest du offener zu ihm sein.“ „Und das kommt ausgerechnet von dir?“ „Sogar ich gebe manchmal Lebensweisheiten von mir.“, murrt er und ich grinse unweigerlich. Es ist zwar nicht ungewohnt, dass Marcel und ich uns tatsächlich einmal normal unterhalten, vor allem seit Kai auf Nightcrawl aufgetaucht ist, aber es ist trotzdem irgendwie seltsam mit ihm hier zu sitzen. Zumal es keines unserer gewöhnlichen 3-Satz-Gespräche ist, sondern etwas, dass man tatsächlich als Unterhaltung bezeichnen kann. „Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Schlaumeier?“ „Keine Ahnung. Vielleicht solltest du versuchen mit Kai auszukommen.“ Vermutlich gucke ich ihn gerade genauso dumm an, wie ich mich gerade fühle. Wie zur Hölle Marcel auf diesen dämlichen Vorschlag kommt, will ich gar nicht so genau wissen. „Schau nicht so blöd. Ich hab nie gesagt du sollst mit ihm einen auf Best-Friends machen.“ „Nicht?“ „Ne, ich würde vermutlich kotzen.“, kommt es zurück, und ich grinse wieder, während ich den Kopf schüttle. Kurz schweigen wir wieder. Hauptsächlich deswegen, weil ich nicht weiß was ich noch sagen sollte, als Marcel aufsteht und sich streckt. „Du solltest besser aufpassen, dass Kai dir deinen besten Freund nicht ausspannt.“, kommentiert er, und ich finde es mal wieder erstaunlich, dass wir dasselbe gedacht haben, weshalb ich einfach nur nicke. „Deswegen der Vorschlag, ich soll versuchen mit ihm auszukommen?“ „'Auskommen' war vielleicht etwas übertrieben. Du sollst dich lediglich nicht selbst ins Abseits schießen.“, antwortet er und sieht zu mir runter. Das weiß ich im Prinzip eigentlich auch. Wenn ich weiter so rumzicke, hat Mac wahrscheinlich bald die Schnauze gestrichen voll und Kai wird sein neuer bester Freund, während ich allein vor mich hin dümple und mir trotzdem noch ein Zimmer mit ihm teilen muss. Na okay, wirklich allein bin ich dann trotzdem nicht, immerhin habe ich noch Marvin und Taylor, aber es geht ums Prinzip. Wer schon einmal seinen besten Freund verloren hat weiß, was ich meine. Und ich selbst weiß das nur zu gut, weil Mac nicht mein erster bester Freund ist. Allerdings werde ich diesmal einen Scheiß tun und einfach so aufgeben. Marcel macht Anstalten zu gehen, weshalb ich auf meiner Unterlippe herum kaue, bevor ich ein „Eric.“, ausstoße, und damit seine Aufmerksamkeit habe. „Also Eric...“, fange ich an, doch er winkt einfach nur ab und grinst schief. „Passt schon. Ich komm klar. Wir sehen uns.“ Anstatt sich sofort umzudrehen und zu gehen, wuschelt er mir kurz durch die Haare und macht dann erst auf dem Absatz kehrt, weshalb ich die Backen aufblase und schnaube, während ich meine Haare wieder richte. „Hey! Die Jacke!“, rufe ich ihm hinterher, als ich bemerke das ich immer noch seine Trainingsjacke um die Schultern trage. „Lass! Du wirst nur wieder krank!“, ruft er zurück, und verschwindet um die Ecke, während ich allein auf der Bank zurück bleibe. Na ja, nicht wirklich allein. Ich hab ja eine Jacke und bin bestimmt von hunderten Mücken umgeben, weshalb ich beschließe den Weg zurück anzutreten, auch wenn ich darauf wirklich nicht die geringste Lust habe. Trotzdem stehe ich auf und schlurfe den Weg zu meinem Wohnheim zurück. In unserem Zimmer ist das Licht aus, was mich die Hoffnung haben lässt, das Mac schon schläft und ich nicht weiter mit ihm diskutieren oder, noch schlimmer, mich bei ihm entschuldigen muss. Etwas besser gelaunt steige ich die Treppen in den Turm empor, in dem unser Zimmer liegt. Vorsichtig und möglichst leise öffne ich die Tür und schiebe mich in das Zimmer, ehe ich die Tür eher aus reiner Gewohnheit schließe als es wirklich zu wollen, weil etwas Anderes meine Aufmerksamkeit mehr auf sich zieht, als die Tür leise zu schließen, weshalb sie mit einem relativ lauten Geräusch ins Schloss schnappt. „Ich hoffe mal ich stör nicht sonderlich.“, kommentiere ich, während es in mir brodelt und ich mich zu meinem Bett begebe. „Ah, du bist wieder da.“, stellt Mac fest, und ich gebe ein „Offensichtlich.“, zurück. Ich weiß, ich habe mir vorgenommen mich damit abzufinden, dass Mac eine andere Meinung bezüglich Kai hat als ich. Und ich habe mir auch vorgenommen ihn nicht mehr grundlos an zu zicken. Aber Vorsätze funktionieren bei mir im Allgemeinen nicht besonders gut. Ich nehme mir seit ungefähr vier Jahren auch vor, das Rauchen aufzuhören, und rauche stattdessen lediglich mehr anstatt weniger. „Wo warst du?“ „Draußen.“ Eine Weile herrscht Schweigen, während ich mein Bett frei räume, um mich darin zu vergraben und nie wieder raus zu kommen, auch wenn ich weiß, dass das absolut lächerlich ist. „Es stört dich doch nicht, das Kai hier ist, oder?“ Nein, um Gottes Willen! Wie könnte mich das stören das Kai sich in dem Raum aufhält, in dem ich zufälligerweise auch wohne? Und wie könnte es mich stören, dass die Beiden so aufeinander kleben, das nicht mal ein Blatt Papier zwischen sie passen würde. „Nein.“, antworte ich trotz meiner sarkastischen Gedanken, weil ich mich daran erinnere, dass ich mich bei Mac nicht selbst ins Abseits schießen will. Also muss ich zu dem Scheiß hier wohl eine gute Miene machen. Das Licht geht an und ich blinzle um meine Augen an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen, ehe ich die Beiden über meine Schulter hinweg ansehe. Mac sieht mich fragend an, als hätte ich etwas ungewöhnliches getan, während Kai mich einfach nur anstarrt, was mir ehrlich gesagt schon auf den Keks geht, und es sind noch nicht mal fünf Minuten vergangen, seit ich ihn zur Kenntnis genommen habe. „Willst du mit 'Bleach' gucken?“, fragt mich mein bester Freund, und ich winke ab. „Ich bin total müde und will nur pennen. Macht ihr mal.“ Mehr Toleranz kann man von mir nicht erwarten, weshalb ich in meinem Bett herum wühle, um mein Schlafzeug zu finden. „Mac und ich haben uns gerade darüber unterhalten, warum du eigentlich so eine Zicke bist.“, erhebt Kai das Wort und meine Augenbraue zuckt. Nicht mal wegen dem was er gesagt hat, sondern lediglich wegen seiner Stimme und dem Unterton den er benutzt. Er hört sich an als würde er mit einer Schabe sprechen, anstatt mit mir, was mich ehrlich gesagt etwas wütend macht. „Ich hab dir ja wohl nichts getan, weshalb du mich ablehnen könntest.“ Außer das er lebt und atmet natürlich. „Immerhin hab ich dir sogar diesen Irren vom Hals geschafft.“ Ich beiße die Zähne zusammen, während ich mit dem Rücken zu ihnen stehe, und versuche mich zu beruhigen, um Kai nicht jetzt und auf der Stelle irgendwas in den Hals zu rammen. Zum Beispiel den Cutter, den ich eigentlich zum Schneiden der Rasterfolie benutze. „Ich will dir nur ein guter Freund sein.“, endet er dann und ich gebe ein „Das ist nett.“, von mir, das gar nicht mal so aggressiv klingt, obwohl ich innerlich koche. „Sag mal Touji...“ „Was?“, frage ich, während ich meine Schuhe von den Füßen kicke und die Jeans gegen meine Schlafhose tausche. „Wieso hast du eine Jacke vom Basketballclub an?“, hakt Mac nach, und meine Mundwinkel zucken, ehe ich mich zu den Beiden umdrehe und sie ahnungslos ansehe. „Ach so die.“, gebe ich dann von mir und ziehe die Jacke aus, die ich fein säuberlich zusammen lege und auf mein Bett verfrachte. „Ich hab Marcel getroffen.“, gebe ich dann wahrheitsgemäß zu und ziehe mein Shirt aus, bevor ich in meinen Pullover schlüpfe, den ich bevorzugt zum Schlafen anziehe. Da die Beiden mich anstarren, als wäre ich eine außergewöhnliche Erscheinung, beschließe ich, noch einen oben drauf zu setzen. „Wir haben uns unterhalten, und er hat mir seine Jacke gegeben damit ich nicht krank werde.“, hänge ich hinten dran und hebe meine Mundwinkel ein Stück, bevor ich in mein Bett krieche und die Jacke neben meinem Kopfkissen ablege. „Touji...“, kommt es synchron von Beiden, während ich mich in meinem Bett zurecht rücke, und Mac etwas fassungslos aussieht, während Kai aussieht als hätte er in ein Netz Zitronen gebissen. „Gute Nacht, meine Hübschen. Bis morgen.“, kommentiere ich und drehe ihnen den Rücken zu, während ich mich nur schwer beherrschen kann nicht breit zu grinsen oder gar los zu lachen. Stattdessen geht das Licht aus und ich höre eine Weile nichts, außer den leisen Ton der Folge die sie gerade gucken. „Marcel? Ernsthaft?“, flüstert Kai, weswegen ich doch grinse, mich aber weiterhin schlafend stelle. „Ich hab keine Ahnung was da abgeht.“, flüstert Mac zurück, und ich kuschle mich noch mehr in meine Decke, während ich die Augen zu mache. Ich habe auch keine Ahnung was genau abgeht, aber im Moment reicht es mir zu wissen, dass ich Kai abgrundtief hasse, Mac offensichtlich dabei ist mich abzuschreiben und mich das Gespräch mit Marcel tatsächlich so was wie glücklich gemacht hat. Zumindest schließe ich das aus dem Kribbeln in meinem Bauch. Könnte aber auch ne Magenverstimmung sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)