Stürmisch von Votani (OS-Sammlung | Law x Nami) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Stückchen Wahrheit --------------------------------- Nami muss Trafalgar Law nicht suchen, denn sie weiß ganz genau, wo er sich die meiste Zeit über aufhält. Im Gegensatz zu ihren doch eher vertrauensseligen Mitstreitern, die jeden in die Mannschaft aufnehmen würden, wenn sie auf irgendeine Art und Weise "cool" wirken, wirft sie ihr Misstrauen nicht so einfach über Bord. Sie behält den Chirurg des Todes sehr wohl im Auge, obwohl es nicht schwer ist, seine Angewohnheiten herauszufinden. Die Bibliothek ist der Ort, an dem er sich zurückzieht, denn abgesehen von Robin, Chopper und ihr befindet sich nie jemand besonders lange dort. Ganz im Gegenteil, meist wird man nicht einmal bemerkt, wenn einer der Jungs durch das Zimmer hetzt und hastig die Leiter zum Badezimmer erklimmt. Die Hände in die Hüften gestemmt steht sie vor der Tür, welche in die Bibliothek führt. Ferne Stimmen dringen an ihre Ohren, doch diese schallen aus dem Speisesaal, den sie gerade verlassen hat und in dem das Mittagessen serviert wird. Sanji hat ihr ihre Portion zurückgelegt, weil Luffy ohnehin alles in zwei Sekunden verspeisen wird. Er ist ein richtiger Staubsauger, aber es ist auch vollkommen sinnlos, sich nach all der Zeit noch großartig darüber aufzuregen. Stattdessen schließlich sich Namis Finger um den Knauf und sie öffnet die Tür. Dabei richtet sie einen kurzen Blick auf den Logport an ihrem Handgelenk, aber die mittlere Nadel zeigt noch immer in die richtige Richtung, auf Dressrosa, welches ihr nächstes Ziel ist. Bei dem Gedanken daran und an den allgemeinen Plan, den sie verfolgen, läuft Nami immer noch regelmäßig ein kalter Schauer über den Rücken. Auf was haben sie sich eingelassen, als Luffy der Allianz mit Law zugestimmt hat? Ein Seufzen bahnt sich den Weg über ihre Lippen, als sie sich in die Bibliothek der Thousand Sunny schiebt. Das geräumige Zimmer ist kreisrund. Regal säumen die Wände bis zur Decke hinauf, die nicht besonders hoch ist, während Fenster das Sonnenlicht hineinlassen. Eine Leiter führt hinauf zum Badezimmer, aber das steuert Nami nicht an. Nein, sie wendet sich dem Mann zu, der seine Mütze tief ins Gesicht gezogen hat und trotz des warmen Wetters einen dunklen Pullover mit Federn am Kragen trägt. Law sitzt in den wenigen Schatten auf einer der langen Bänke, die sich unter den Regalen ebenfalls an den Wänden entlang ziehen und dessen Polster selbst Nami schon das ein oder andere Mal zu einem Nickerchen verlockt haben. Im Moment ist an das Entspannen jedoch nicht zu denken, denn dafür ist sie nicht hergekommen. Im Grunde kann Nami nicht einmal benennen, warum sie sich hierher begeben hat, denn sie hat keine Chance gegen einen Piraten von Laws Kaliber. Zumindest nicht, wenn es um physische Stärke geht. Im Gegensatz zu Law besitzt sie kein Haki und auch keine Teufelsfrucht. Sie ist eine normalsterbliche Frau, die im Notfall andere Geschütze auffahren muss, um Ernst genommen zu werden. „Du hast das Mittagessen verpasst“, sagt Nami, denn obwohl es gerade erst begonnen hat, würde Law jetzt vermutlich nichts mehr abbekommen. Law sieht von dem Buch auf, das auf seinen übereinandergeschlagenen Beinen liegt, um sie zu mustern. „Ich habe kein Appetit.“ Seine Stimme ist monoton und auch in seinem Gesicht regt sich kein Muskel. Nami runzelt die Stirn. Ihre Erinnerung an die Vorfälle des Sabaody Archipels sind verschwommen, ganz besonders, wenn sie sich an ihre erste (und sehr kurze) Begegnung mit Trafalgar Law erinnert, doch damals hatte er mehr Gesichtsregungen besessen. Das kecke Grinsen hat sich nämlich in Namis Gedächtnis gebrannt, weil sie es ihm im Angesicht des Menschen- und Meerjungfrauenhandels gern aus dem Gesicht gewischt hätte. Davon ist nun jedoch keine Spur mehr, denn seit Punk Hazard ist er ernst und reserviert und geheimnisvoll. Doch diese Art kann Nami nicht einlullen, sie macht sie nur noch skeptischer. „Du magst kein Brot“, fasst Nami zusammen und kriegt Law mit ihrer Feststellung sogar dazu, die Augenbraue ein Stückchen zu heben. Dieses Mal sieht er nicht von seinem Buch auf und tut stattdessen so, als würde er weiterlesen. Nami fällt nicht darauf herein, denn sie weiß wie schwer es ist, zu lesen, jemanden zuzuhören und eine passende Antwort zu geben. Law kann ihr nichts vormachen, jedem aber nicht ihr. „Woher weißt du das?“, fragt er, auch wenn das Interesse fehlt. Er hat einen Arm auf der Lehne der Sitzbank abgelegt und blättert die Seite um. Inzwischen tritt Nami gänzlich in die Bibliothek und schließt die Tür. Das ist eine Unterhaltung zwischen Law und ihr, die nicht für andere Ohren gedacht ist. Angst hat sie vor dem Arzt nicht, denn er braucht ihre (Luffys) Hilfe, um seinen Plan umzusetzen und Doflamingo zu stürzen. Wenn dem nicht so wäre, würde er sich nicht die Mühe machen und freiwillig bei ihnen an Bord sein. Nami weiß aus eigener Erfahrung, wie anstrengend diese Piratenmannschaft sein kann und dass Luffy sowieso stets seine eigenen Regeln aufstellt, ganz egal, was Law davon hält. Nami ist sich sogar sicher, dass dieser es inzwischen ebenfalls begriffen hat, dass Luffy zu wild und unberechenbar ist, um sich auf längerer Sicht manipulieren zu lassen. Ein paar Schritte bringen sie näher zu Law hinüber. „Weil du nie zum Essen kommst, wenn Sanji Sandwichs macht.“ Nami zuckt mit den Schultern und verschränkt die Arme vor der Brust. „Das Geheimnis ist wirklich nicht schwer zu lüften.“ „Du hast eine gute Beobachtungsgabe, Nami-ya“, antwortet Law und abermals blättert er eine Seite um. Nami steht noch immer vor ihm, aber mehr hat er zu dem Thema offenbar nicht zu sagen. Wahrscheinlich hat er auch kein Problem damit, weiter das Lesen vorzutäuschen und sie zu ignorieren, bis sie aufgibt und geht. Das beweist jedoch nur, dass er sie nicht besonders gut kennt, denn sie kann mindestens genauso stur sein. „Was liest du?“, fragt sie, doch anstatt ihr den Titel zu sagen, hebt Law das Buch kurzzeitig von seinem Schoß an, um es ihr zu zeigen. „Eines von Choppers Medizinbüchern“, beantwortet sie sich selbst und nickt. Darauf hätte sie wohl selbst kommen sollen. Schweigen breitet sich aus, in dem keiner von ihnen sich rührt. „Wolltest du noch etwas feststellen, Nami-ya?“, fragt Law letztendlich, aber Nami hat nicht den Eindruck, als würde er klein beigeben, sondern als würde er sich so gnädig erweisen und ihr einen Gefallen tun. Ihre Augen verengen sich kaum merklich. „Wenn du schon so fragst...“, beginnt sie und nun klappt Law das Buch zu, um es neben sich auf die Bank zu legen. Die Buchstaben, die auf seine Finger tätowiert sind und das Wort ‚Death’ zusammensetzen, springen Nami trotz seiner gebräunten Haut sofort wieder ins Auge. Sie tun es jedes Mal und erinnern Nami daran, dass Law nicht wie Luffy Leben rettet, sondern mindestens genauso viele nimmt. Es grassieren eine Menge Geschichten über Trafalgar Law und Nami kennt sie alle. Sie ist die einzige Person an Bord, die regelmäßig die Zeitung liest und sogar ein günstigeres Abo erhalten hat, nachdem sie damit gedroht hatte, den erhöhten Preis nicht länger zu zahlen. Es ist nicht einfach, einen vernünftigen Deal mit Möwen auszuhandeln! „Da bin ich ja mal gespannt“, erwidert Law und zum ersten Mal meint Nami eine Emotion heraushören zu können. Ist es Provokation oder doch eher Belustigung? Er hält sich also für besser als sie? „Ich weiß ganz genau, wie du zum Shichibukai aufgestiegen bist“, lässt Nami verlauten. „Die Geschichte mit den hundert Piraten, die du getötet hast, hat sich herumgesprochen, wie du sicher weißt.“ Entgegen Namis Erwartungen bleibt Law ruhig und studiert sie für einige Momente, bevor seine dunklen Augen zu einem der Fenster wandern. „Getötet ist inkorrekt, Nami-ya. Nur die Herzen ausgeliefert. Was die Marine mit ihnen anstellt, ist ihnen überlassen.“ Nami schnaubt. „Du wusstest ganz genau, dass die Marine sie für ihre Verbrechen hinrichten würde. Das bedeutet, dass du ihren Tod mitverschuldet hast, nur um dich in die Marine einzukaufen.“ „Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.“ „Worauf ich hinausmöchte ist, dass du ein Mörder bist, der nur an sich selbst denkt“, antwortet Nami und ihre Stimme bebt gegen ihren Willen. Auch ihre Hände sind zu Fäusten geballt, obwohl sie die Arme auch weiterhin verschränkt hält. „Dass du dich entschieden hast, eine Allianz mit uns einzugehen, damit Luffy dir helfen kann, deinen Plan in die Tat umzusetzen, bestätigt das nur. Und komm erst gar nicht auf den Gedanken, dass ich dir glauben würde, dass das alles ist.“ Nami löst die Verschränkung ihrer Arme und zeigt mit dem Zeigefinger auf Law. „Ich weiß ganz genau, dass da mehr dahinter steckt. Du führst irgendetwas im Schilde. Wenn du denkst, dass du uns da mit reinziehen kannst, dann... hast du vermutlich recht damit, aber glaube nicht, dass wir alle so leichtgläubig wie unser Captain sind.“ Hinter ihrer Stirn rattert es unentwegt, denn sie hat sich keine dieser Worte und Drohungen zurechgelegt, sondern es kommt spontan aus ihr herausgesprudelt. „Luffy wird dich trotzdem nicht so einfach davon kommen lassen, wenn einem von uns etwas passiert“, beendet Nami schlussendlich. Doch ihr finsterer Blick prallt von Law ab, der genauso unbeeindruckt wie zuvor aussieht. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Es spielt keine Rolle, redet sich Nami ein, denn hier hat sie den längeren Arm. Sie ist sicher auf ihrem eigenen Schiff, denn die anderen sind gleich nebenan und würden sie retten kommen. Außerdem braucht er diese Allianz nun mal. Nur langsam kehrt Leben in Law ein, der sie ansieht und aufsteht. Seine Bewegungen sind geschmeidig und bedrohlich zur selben Zeit. Schweiß bricht auf Namis Stirn aus, als Law den letzten Abstand zwischen ihnen überbrückt, in dem er auf sie zukommt. „Ich wusste schon auf Punk Hazard, dass du die Schlauste in dieser Mannschaft bist, Nami-ya“, sagt er und seine Mundwinkel heben sich ein winziges Stück, so dass es genauso gut ihre Einbildung sein kann. „Du hast recht. Ich führe etwas im Schilde und ich werde euch mit hineinziehen, gerade weil wir eine Allianz gebildet haben. Aber ich hätte nichts davon, wenn euch etwas passiert. Ich brauche euch. Wir sind ein Team und ich würde jeden einzelnen von euch verteidigen, wie ich es auch mit jedem aus meiner Crew machen würde.“ Seine Augen bohren sich in sie hinein und Nami schluckt. Doch sie weicht keinen Schritt zurück, auch wenn nur ein halber Meter zwischen ihnen liegt und sie zu ihm aufsehen muss. „Weil du uns brauchst“, wiederholt Nami. „Genau, Nami-ya.“ Mit diesen Worten tritt Law um sie herum und spaziert aus der Bibliothek an Deck. Nur das herumliegende Buch auf der Sitzbank erinnert an seine vorige Anwesenheit. Nami hebt es mit einem Schnaufen an und schiebt es zurück ins Regal. Was soll das denn bedeuten!? Versucht er ihr Honig um das Maul zu schmieren? Oder stimmt er ihr zu, damit sie sich bestätigt fühlt und unvorsichtig wird? Ganz wird sie das Gefühl jedoch nicht los, dass ihr der Chirurg des Todes gerade die nackte Wahrheit ins Gesicht gesagt hat, sich gleichzeitig aber die ein oder andere Hintertür in seine Worte eingebaut hat. Mit diesen kann er immerhin geschickt umgehen, während er mit seiner dummen Teufelsfrucht einem das Herz aus der Brust reißt oder einem gleich den ganzen Körper stiehlt. Sie hat immer noch blaue Flecke, weil Sanji einfach nicht behutsam mit fremdem Eigentum umgehen kann. Jedenfalls hat sich Law geschnitten, wenn er glaubt, sie so einfach um den Finger wickeln zu können. Immerhin heißt sie nicht Luffy. Die Tür gibt ein Quietschen ab, als sie abrupt ein weiteres Mal geöffnet wird und Nami zuckt zusammen. „Ach übrigens, Nami-ya“, sagt Law, als er noch einmal den Kopf in die Bibliothek steckt. „Der finstere Blick steht dir.“ Wieder ist seine Stimme monoton und desinteressiert, bevor er sie ein weiteres Mal stehen lässt. Nami verzieht das Gesicht. „Was ist das denn für ein Kompliment?“, murmelt sie. Kapitel 2: Badeschaum [1] ------------------------- Wasser plätschert aus dem Hahn und füllt die Badewanne bis zum oberen Rand. Bevor es das Zimmer überfluten kann, wird das überflüssige Wasser durch eine Öffnung ins Meer zurückgeleitet. Die Pumpe mit dem Filterungssystem ist ein wahres Wunderwerk. Nami legt den Kopf nach hinten und ein Seufzen entrinnt ihren Lippen. Der Duft von dem neugekauften Badeschaum erfüllt das Zimmer, während Sonnenlicht durch das Fenster links von ihr fällt und ihr einen uneingeschränkten Blick auf das Meer gibt. Das Badezimmer befindet sich im Heck der Thousand Sunny und weit genug oben, damit sie sich um keine ungewollten Zuschauer Sorgen machen muss. Andererseits wissen die Jungs, was ihnen blüht, wenn sie ihr nachstellen. Nami hat sie extra daran erinnert, bevor sie hier hinaufgestiegen ist, denn das Schloss an der Luke ist immer noch kaputt. Luffy hat es in seiner Eile auf den Weg zur Toilette gesprengt und beinahe die gesamte Tür mit aus den Angeln gerissen. Ein Schatten zuckt über Namis Gesicht, bevor es sich wieder entkrampft. Sie ist entspannt und das Letzte, worüber sie im Moment nachdenken möchte, ist ihr bescheuerter Captain, der sie auch ohne seine Anwesenheit in den Wahnsinn treiben kann. Nein, sie braucht etwas Ruhe und hat sich diese auch verdient nach den ganzen Strapazen auf Punk Hazard. Die Kälte sitzt ihr immer noch in den Knochen, dieses Gefühl hat sie jedenfalls. Erst jetzt, eingetaucht in dieser Badewanne, hat sie den Eindruck zum ersten Mal wieder vollkommen aufzutauen. Die Spiegel sind durch die Hitze beschlagen, ebenso wie das Glas des Fensters, während Nami ihre Gedanken abdriften lässt. Sie vermisst die Flying Lamb noch immer, aber diesen Luxus hat es auf der kleinen Karavelle nie gegeben. Die Pumpe für das Wasser, das mehr kalt als warm gewesen ist und zum Schluss nur die Hälfte des Salzes herausgefiltert hat, war unhandlich und schwer gewesen, aber die Pumpe auf der Thousand Sunny ist mechanisch. Ein Knopfdruck und Nami kann so viel warmes, vor allem aber reines, Wasser haben, wie sie wünscht. Mehr braucht sie nicht, nicht mehr als ein angenehmes Bad und ihre Ruhe, um ihre Nerven zu erholen. Das Plätschern lullt sie ein, monoton und konstant – und hinzu gesellen sich dumpfe Klänge, die sich nach Schritten auf der Leiter anhören, die hinauf ins Badezimmer führen. Namis Augenbraue zuckt, als sie dem Geräusch lauscht und den Schritten ein Gesicht zuzuordnen versucht. Sie sind zu sacht, um Luffy zu gehören, aber zeitgleich zu laut, um zu Brook, Chopper oder Sanji zu passen. Robins Schritte sind beinahe lautlos, außerdem benutzt sie stets ihre Teufelskräfte, um einen Blick ins Bad zu werfen und sicherzugehen, dass es frei ist. Wer bleibt da noch übrig? Usopp... nein, er hat schlürfende und unregelmäßige Schritte, während Franky ein Elefant im Porzellanladen gleichkommt. Es kann sich also nur um einen ihrer Gäste handeln. Wahrscheinlich Kin’emon... Der ist mindestens genauso schlimm wie Sanji und Brook. Nami dreht den Kopf, um die Falltür ins Auge zu fassen, die mit einem Knarren aufgeschoben wird. Bei der Person, die durch die Luke in den Raum klettert, handelt es sich definitiv nicht um Kin’emon. Jegliche Drohungen, die Nami auf der Zunge liegen, ersterben im Anblick von Trafalgar Law. Seine schwarzen Haare sind verzaust und die Mütze nicht auffindbar. Auch sein Katana trägt er nicht bei sich, was nur bedeuten kann, dass er sich inzwischen zu einem gewissen Grad an Bord eingelebt hat. „Das Bad ist besetzt, falls du keine Augen im Kopf hast“, presst Nami schlussendlich hervor und verengt die Augen. Sie muss nicht an ihrem Körper heruntersehen, um zu wissen, dass sie vollständig von Schaum bedeckt ist. Ausnahmsweise ist sie äußerst großzügig zu sich selbst gewesen. Laws Augen zucken zu ihr hinüber und der ausdruckslose Gesichtsausdruck verwandelt sich für einen Augenblick in Überraschung. Bewegungslos steht er dort und starrt Nami an, bis ihr die Hitze im Raum nicht mehr nur angenehm, sondern drückend vorkommt. „Hast du was mit den Ohren?“, erhebt sie ein zweites Mal die Stimme, lauter diesmal. „Ich sagte, das Bad ist besetzt.“ „Das ist eine ganz schöne Wasserverschwendung, Nami-ya“, erwidert Law und sein Blick wandert vielsagend zu dem Wasserhahn, der noch immer läuft. Das Rattern der Pumpen nimmt Nami für gewöhnlich nicht mehr wahr, wird sich dem aber nun wieder bewusst. Sie zuckt mit den Schultern. „Und? Wir befinden uns in einem Ozean, falls du es nicht bemerkt hast.“ „Einem Ozean, der ein sehr delikates Ökosystem besitzt“, korrigierte Law monoton. „Du solltest als Navigatorin wissen, wie unsere Handlungen – und unser Badeschaum – durchaus langfristige Konsequenzen haben können, die wir nicht sofort sehen.“ Wenn Nami es nicht besser wüsste, hätte sie glatt behauptet, dass er sein Gehen herauszögert. Ihre Stirn kräuselt sich, teilweise aus Wut, teilweise aus Verwirrung, als sie ihn mustert. „Vielleicht ist es mir egal. Schon mal darüber nachgedacht, du Schlaumeier?“ „Das glaube ich nicht, Nami-ya“, erwidert Law. Er geht sogar einen Schritt weiter, in dem er sich an die Wand neben der geöffneten Luke lehnt, durch die er hineingeklettert ist. Scheinbar hat er sich nicht nur eingelebt, sondern fühlt sich schon wie zu Hause auf dem Schiff. Der Kerl will sie provozieren, wird Nami klar. Dazu muss er sich aber schon mehr anstrengen. Auf dieses Spiel fällt sie nicht herein. Ein freudloses Lächeln huscht über ihre Lippen, als sie ein frisch rasiertes Bein aus dem Wasser hebt, um mit dem Fuß den Hahn zu betätigen und das Wasser auszustellen. Laws Augen folgen ihrer Bewegung, sein Gesicht unverändert, aber aufmerksam. Er verschränkt die Arme. Es ist ein Abwehrverhalten, weil... sie ihn nicht kalt lässt? Diese neue Erkenntnis lässt Nami innehalten und auch Law erhebt nicht sofort wieder das Wort. Will er sie mit seinem Schweigen einschüchtern? Lächerlich. „Weißt du was?“, sagt sie und ein Schmunzeln zeigt sich auf ihren Lippen. „Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist mir die Umweltverschmutzung nicht komplett egal. Womöglich ist das meine Art und Weise Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“ Nami zuckt gelassen mit den Schultern, obwohl ihre Worte kaum mehr von der Wahrheit entfernt sein können. Sie hat andere Mittel und Wege, um das zu bekommen, was sie möchte, selbst die Aufmerksamkeit ihrer Mannschaft. Das ist noch nie ein Problem gewesen. „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“, erwidert Law und auch seine Mundwinkel heben sich ein Stück, was Nami als eine Mischung aus Belustigung und Spott deutet. Er glaubt ihr kein Wort, denn dieser Mann hat ein funktionierendes Gehirn, welches er – verglichen zum Großteil dieser Crew – auch benutzt. Wenn sie Law auf dem falschen Fuß erwischen will, muss sie offenbar zu schweren Geschützen greifen. Wann genau seine Anwesenheit und seine Aufmerksamkeit zu einer stummen Herausforderung für sie beide geworden ist, kann Nami nicht mit Genauigkeit sagen. Letztendlich ist nun jedoch der falsche Zeitpunkt, um darüber nachzudenken. Nami zuckt mit den Schultern. „Du hast recht“, sagt sie und macht eine wegwerfende Handbewegung zu dem Ständer mit den sauberen Handtüchern hinüber. „Reichst du mir eines?“, fragte sie mit einem zuckersüßen Lächeln und Law stößt sich von der Wand ab, um ihrer Bitte nachzukommen. Steck in ihm doch ein versteckter Gentleman? Ganz sicher nicht. Darauf fällt Nami ebenfalls nicht herein. Sie streckt sich genüsslich in dem warmen Wasser, das jeden noch so angespannten Muskel gelockert hat. Erst danach erhebt sie sich aus dem Wasser. Ein bisschen Schaum haftet noch an ihrem Körper, der schon so manchen Mann zur Ohnmacht getrieben hat. Nicht Trafalgar Law. Durch das Plätschern hebt er den Blick, das Handruch noch immer in seiner tätowierten Hand haltend. Seine Augen wandern zu dem Rest ihres Körpers hinunter, vollkommen schamlos und unberührter als erwartet. „Dieser Anblick kostet eine Million Berry“, sagt Nami, als Law auf sie zukommt und ihr wortlos das Handtuch reicht. „Zumindest tut er das für eine Mannschaft. Für dich...“ Nami betrachtet ihn und er hält ihren Blick. „Für dich als Außenstehender das Doppelte“, verkündet sie letztendlich und entfaltet das Handtuch, um es sich um den Körper zu wickeln. Law verweilt vor der Badewanne und seine Mundwinkel heben sich. Es ist das erste Lächeln, das seine Augen auch berührt – und Nami ist ein wenig sauer mit sich selbst, dass es ihr auffällt. „Was, wenn meine Mannschaft tatsächlich so viel Geld besitzt?“, fragt er und hält ihr mit stummer Aufforderung die Hand entgegen. Namis Augenbrauen verengen sich anklagend. „Über solche Dinge macht man keine Scherze. Außerdem... dein Schiff ist gerade nicht hier, oder etwa doch?“ Sie ergreift seine Hand, die trocken und kalt ist, das komplette Gegenteil von ihrer. „Außerdem kann man mich nicht kaufen, du Idiot“, fügt sie hinzu, als sie sich von Law aus der Badewanne helfen lässt. Das wäre ja noch schöner... „Das klang gerade eben noch anders“, antwortet Law, weil er unbedingt das letzte Wort haben muss. Typisch. Am liebsten hätte Nami ihm ihre Hand entrissen und ihm einen gehörigen Schlag gegen den Hinterkopf verpasst, den er so schnell nicht vergessen würde. Aber Laws Griff um ihre Hand wird fester, als ahnt er etwas von ihren Gedanken. „Es war ein Witz, Nami-ya“, sagt er. „Die Definition von einem wirst du sicherlich kennen, oder?“ Was soll das bedeuten? Dass er sie nicht zu kaufen versuchte wie eine billige Prostituierte? Oder dass sein Interesse vorgeheuchelt ist? Nein, letzteres kann es nicht sein. Dafür sind die winzigen Reaktionen, die durch seine sonst so harte Schale dringen, zu aufrichtig. Nicht einmal Laws Maske ist dermaßen perfekt. „Sehr witzig“, erwidert Nami. „Du hältst dich wohl für ein ganz lustiges Kerlchen, was?“ Anstatt zu antworten, verweilt das Lächeln auf seinen Lippen. Von seiner Unschuld überzeugt es Nami aber trotzdem nicht. „Wie auch immer. Für diese Kinderspiele habe ich keine Zeit.“ Nami entzieht Law ihre Hand, aber bevor sie die Berührung lösen kann, zieht er sie zu sich hinüber. Zentimeter trennen ihre Körper voneinander und Law sieht zu ihr hinunter. „Ich halte mich für eine Menge, aber als witzig würde ich mich nicht bezeichnen. Ganz im Gegenteil. Die meisten würden mich als todernst beschreiben, Nami-ya.“ Nami runzelt die Stirn. „Willst du mich auf den Arm nehmen oder—“ Doch ein Poltern und aufgeregte Rufe, die selbst bis zu ihnen hinaufdringen, lassen Nami verstummen. Ein Ruckeln geht durch das Schiff und nur Laws Griff um ihre Hand hindert sie daran, ihr Gleichgewicht zu verlieren. „Was zum Teufel haben diese Idioten nun schon wieder angestellt!?“, zischt Nami und entreißt Law nun endgültig ihre Hand. Warum kann man nicht einmal in Frieden ein Bad nehmen? Ist das denn zu viel verlangt? Sie hat nicht einmal Zeit, um sich anzuziehen, sondern klettert nur in ihrem Handtuch durch die Luke aus dem Badezimmer nach unten, um dem Tumult ein Ende zu setzen. Kapitel 3: Badeschaum [2] ------------------------- Nami festigt das Handtuch um ihren Körper, bevor sie die Tür aufschubst und das Deck betritt. „Warum zum Teufel macht ihr hier so einen Krach?“, bellt sie. Alle weiteren Worte bleiben ihr bei dem Spektakel vor ihr jedoch im Halse stecken und ihr Mund klappt auf. Der wolkenlose Himmel ist verdeckt von unzähligen... Nami blinzelt. Es sind Fische, unzählige durch die Luft fliegende Fische! Monströse Fische, welche die Größe von Haien haben und flügelartige Schwingen besitzen, mit denen sie durch die Lüfte gleiten können. „Hey, Nami, schau... sie wollen mit uns spielen!“, ruft Luffy aus und schenkt ihr ein strahlendes Grinsen, bevor er mit seinem Bein ausholt, es dehnt und einen der Fische mit einem gezielten Tritt zurück ins Wasser schleudert. „Was sind das für Fische?“, ruft Nami, als sie auch Zoro und Franky dabei zusieht, wie sie die Fische vom Schiff fernhalten. „Achtung, einer steuert genau auf dich zu, Nami“, sagt Robin, die abseits des Geschehens auf einem Liegestuhl liegt. Ein Buch ruht auf ihrem Schoß, während sie mit der anderen Hand gelegentlich weitere Arme kreiert, um den Fischen in ihrer Nähe die Flügel umzuknicken und sie ins Wasser stürzen zu lassen. Namis gehetzter Blick wandert umher und bleibt an dem Fisch hängen, der sie im Visier hat. Sein Maul ist aufgerissen und Reißzähne blitzen im Sonnenlicht. Nami wirft sich mit einem Kreischen auf die Planken, als das Tier dicht über sie hinwegsegelt. Glücklicherweise ist die Thousand Sunny noch relativ neu und das Holz so fein, dass sie sich nicht einmal die Ellenbogen bei ihrem Sturz aufschrammt. Das ändert jedoch nichts an der Todesangst, die ihr Schweißausbrüche und einen rasenden Herzschlag verschafft. Mit einer Hand das Handtuch festhaltend kraucht sie zur Reling hinüber, um sich mit dem Rücken dagegen zu lehnen und den Kopf einzuziehen. „Was sind das für Viecher? Wo kommen die her? Was wollen die?“, brüllt sie, um über das Knurren der Tiere und das Surren ihrer schweren, fliegenden Körper hörbar zu sein. Luffys Lachen gellt über das Schiff, als er einen weiteren Fisch mit einem Faustschlag abwehrt. „Ich sagte doch, Nami, sie wollen mit uns spielen!“ „Und scheinbar ganz besonders mit Nami“, informiert Zoro, der die Braue seines gesunden Auges hebt. Sämtliche ‚Gegner’ fliegen Schneisen und steuern stattdessen direkt auf Nami zu, die sich mit einem Wimmern enger an die Reling presst. Zumindest solange, bis ein Fisch aus dem Wasser hochschießt und von der anderen Seite gegen das Geländer prallt. „Nein, macht das sie verschwinden!“, kreischt sie und schlägt sich die Arme über den Kopf, als ein weiterer Fisch haarscharf über sie hinwegbraust. „Sie scheinen Nami wirklich zum Anbeißen gern zu haben“, fasst Robin mit trockener Stimme von ihrem Sitzplatz aus zusammen. Sie klappt das Buch zu, als sie zuschaut wie Nami den Fischen auszuweichen versucht. „Sie mögen Nami. Mehr als uns“, sagt Luffy, der noch immer ein strahlendes Grinsen auf den Lippen trägt und die Hände in die Hüften stemmt. „Ich rette dich, Nami-san!“, ruft Sanji, der fast wie einer der Fische zu ihr hinüberschwebt. Er tritt erst einen, dann einen zweiten und sogar einen dritten Fisch fort, während mehr und mehr aus dem Wasser springen und auf sie zusegeln. „Warum haben diese Dinger es ausgerechnet auf mich abgesehen?“, faucht Nami, die geschützt hinter Sanji auf den Planken sitzt. Das sichtbare Herzchenauge des Kochs ruht dabei mehr auf ihr, als auf ihren Angreifern. Sie muss hier weg! Wo sind Usopp, Chopper und Brook? Die haben sich doch sicher irgendwo verkrochen, an irgendeinem Ort, an dem sie sicher vor diesen verrückten Monsterfischen sind. Unter Deck wahrscheinlich, denn das erscheint Nami im Moment noch der sicherste Aufenthaltsort zu sein. Ihr Blick huscht zu der offenstehenden Tür hinüber, durch die sie an Deck getreten und die in Anbetracht der Umstände furchtbar weit entfernt ist. Mist! Aber wenn Sanji ihr Rückendeckung gibt, könnte sie es vielleicht...? Gerade als sie Sanji über ihren Plan informieren und lospreschen möchte, erscheint Trafalgar Law und blockiert die Tür. Dieser Mistkerl taucht wirklich immer in den falschen Momenten auf, unglaublich! Nami sackt resigniert zurück auf die Planken, während Sanji auch weiterhin damit beschäftigt ist die Fische von ihr fernzuhalten und gleichzeitig einen Blick unter ihr Handtuch zu ergattern. Allein dafür würde sie ihm gern eine saftige Kopfnuss verpassen, aber... das kann sie auch später noch tun, wenn sie diese verdammten Fische losgeworden sind. „Hey, was machst du da mit meinem Badeschaum?“, donnert Nami stattdessen, als ihre Augen an der Flasche in seiner Hand hängen bleiben. „Weißt du, wie viel Geld ich dafür hinblättern musste? Das war wirklich nicht billig!“ Doch Law reagiert nur mit dem Heben der Mundwinkel, was in einem halbherzigen Schmunzeln endet, das mehr spöttisch als alles andere wirkt. Zwei lange Schritte bringen ihn zur Reling auf der anderen Seite des Schiffes und er gießt den Inhalt der Flasche ins Wasser, bevor er sie gänzlich wegwirft. Nami wird schwammig vor Augen, als die Wut in ihrem Bauch rumort. Mit einem Satz ist sie auf den Beinen und marschiert schnurstracks auf den sogenannten Doktor des Todes zu, der heute wirklich ihren Geduldsfaden bis zum Reißen strapaziert. Sie packt ihn am Kragen seines dunklen Pullovers, um ihn mit der Hüfte rücklings gegen die Reling zu pressen, über die er gerade ihr Eigentum geworfen hat. Er lässt es mit sich machen, sein Gesicht genauso unbeeindruckt wie zuvor oben im Badezimmer. „Nur weil Luffy dumm genug gewesen ist, um eine Allianz mit jemandem wie dir zu bilden, bedeutet das noch lange nicht, dass du dir alles erlauben kannst“, spuckt sie ihm trotzdem entgegen, denn in ihrem Zorn ist selbst die Angst vor seinem niederträchtigen Ruf verflogen. Abgesehen davon ist sie umringt von ihren Mannschaftsmitgliedern, die nicht zulassen würden, dass Law ihr auch nur ein Härchen krümmt. Nami hat den Vorteil hier. Sie und nicht er. „Du wirst mir den Badeschaum ersetzen. Plus Zinsen. Also versuch erst gar nicht dich—“ Doch ihr Satz bleibt unbeendet, als Luffy ein „Ach schade, jetzt sind alle Fische weg“, verlauten lässt. Erst in diesem Augenblick fällt es Nami auf und sie sieht sich blinzelnd um. Die Fische sind tatsächlich verschwunden. Nami lässt von Law ab, um einen Blick über die Reling zu werfen. Dort ist das Wasser noch immer aufgewühlt und dient als einziger Beweis für ihre Existenz. Genau an der Stelle, an der Law die Flasche über Bord geworfen hat, tummeln sie sich. Genaueres kann Nami jedoch nicht ausmachen, da der künstliche Schaum ihr die Sicht versperrt. „Scheinbar mögen sie dein Badeschaum, Nami“, bemerkt Robin, die aufgestanden ist, um ebenfalls einen Blick auf die Geschehnisse zu haben. „Wahrscheinlich haben sie es deshalb auf dich abgesehen gehabt. Diese Fische müssen einen ausgesprochen guten Geruchsinn haben, dass sie die Überreste an deinem Körper gerochen haben.“ „S-Scheinbar...“, murmelt Nami und wirft Law einen genervten Blick zu, der noch immer nonchalant und in derselben Position an der Reling neben ihr lehnt. „Du wusstest über sie Bescheid.“ Law zuckt mit den Schultern. „Ich hab versucht dich zu warnen, Nami-ya. Das abgeleitete Wasser hat den Badeschaum ins Meer gespült und sie angelockt.“ Ihre Hände ballen sich zu Fäusten. „Das nennst du warnen? Mich über das Ökosystem zu belehren?“ Dieser Mann hat wirklich Nerven, das muss man ihm lassen. Nerven und einen unmöglichen Humor. „Danke auch. Danke für nichts.“ Mit diesen Worten wendet sie sich ab und stapft zur Tür hinüber. „Ich habe dir praktisch gerade das Leben gerettet“, redet Law unbeirrt weiter. „So wie ich das sehe, stehst du nun in meiner Schuld.“ Nami hielt abrupt in ihrem Schritt inne. Wie bitte!? Sie steht in seiner Schuld, obwohl er ihr Badeschaum einfach so über Bord geworfen hat? Das kann doch wohl kaum sein Ernst sein, oder doch? Sie wirft einen Blick über ihre Schulter zu dem schwarzhaarigen Piraten zurück, der sie beinahe amüsiert betrachtet. Seine Augen wandern provozierend an ihrem Körper hinab und erinnern sie unwillkürlich an die Unterhaltung, die sie vor wenigen Minuten noch im Badezimmer der Sunny geführt haben. Nami stößt ein Schnaufen aus. „Du hast eine Allianz mit uns gebildet. Du musst mir und jedem anderen Mitglied dieser Mannschaft das Leben retten, wenn du mit uns zusammenarbeiten möchtest.“ Nun ringt sich Nami obgleich der kalten Wut im Bauch ein zuckersüßes Lächeln ab. Sie hat Respekt vor Trafalgar Laws Fähigkeiten, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie klein beigibt und auf seine Spielchen hineinfällt. Ein angedeutetes Grinsen liegt auf seinen Lippen, aber er schweigt und bleibt zurück, als Nami sich endlich aufmacht, um das Handtuch gegen ein paar anständige Kleider zu tauschen. Der Verlust ihres teuren, vor allem jedoch gutduftendem, Badeschaums schmerzt noch immer, aber es ist Genugtuung genug zu wissen, dass sie Law die Stirn bieten und ihn gelegentlich sogar mundtot machen kann, dass sie ihn nicht ganz so kalt lässt, wie er ihr vorzutäuschen versucht. Kapitel 4: Badeschaum [3] ------------------------- Dressrosa rückt näher, einer aufziehenden Sturmfront nicht unähnlich. Nur diese Sturmfront bringt keine dunklen Wolken und auch keinen Wind mit sich, sondern Sonnenschein und Hitze. Die Temperaturen klettern und verursachen Nami ständige Kopfschmerzen. Ihre Intuition, was das Wetter betrifft, ist schon seit frühster Kindheit ausgeprägt gewesen und hat ihnen schon mehrfach hier draußen auf der unberechenbaren Grandline das Leben gerettet. Allerdings ist es nicht immer schmerzfrei, sondern von einem Hämmern hinter ihrer Stirn begleitet, von einer innerlichen Unruhe, die ihre Hände zum Zittern bringt, während die Wärme ihr den Schweiß auf die Stirn treibt. Die Unruhe könnte aber genauso gut von einer unterschwelligen Panik stammen, die unter Namis Oberfläche lauert. Immerhin steuern sie nicht auf irgendeine Insel zu, sondern auf die, auf der sich Donquixote Doflamingo aufhält. Diese Tatsache geht auch an den anderen nicht spurlos vorbei. Luffy liegt ausgestreckt auf dem Löwenkopf der Sunny, doch selbst er ist hibbeliger als sonst und hat den Blick gen Horizont gerichtet, als würde Dressrosa sich dort gleich abzeichnen. Auch Zoro verbringt mehr Zeit hinter seinen riesigen Hanteln, obwohl Nami der Meinung gewesen ist, dass das kaum möglich ist. Alle bereitet sich vor, was Nami nur in ihrem Denken bestätigt, dass sie auf Dressrosa nichts zu lachen haben, ganz egal was für ein guter Stratege Trafalgar Law sein mag. Apropos Law... auf diesen hat Nami ganz besonders ein Auge. Wenn man zu einer Mannschaft gehört, die zu leichtgläubig ist (und sogar einfach aus Lust und Laune ein lebendiges Skelett zum Mitglied macht), muss man die Dinge eben selbst in die Hand nehmen und so recht traut sie Law noch immer nicht über den Weg. Nicht, nach dem er sie dermaßen mit seiner Badeschaum-Anspielung in die Irre geführt hat. Doch gerade dadurch ist sich Nami der Ruhe bewusst, die Law ausstrahlt. Anstatt sich abzusondern sitzt er mit ihnen in der Kombüse zusammen oder in ihrer Nähe an Deck, Dinge, die er vor ein paar Tagen noch weitgehend vermieden hat. Den grimmigen Gesichtsausdruck, als ob er die Last der Welt auf den Schultern hat, trägt er immer noch, aber gleichzeitig befindet sich dort auch eine Entschlossenheit, die Nami nicht benennen kann. Sie streicht sich ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus dem Gesicht und richtet den Blick auf den Logport an ihrem Handgelenk. Alle drei Nadeln zeigen geradeaus, gut. Obwohl sie gern einen riesigen Bogen um Dressrosa machen würde, hat sie noch weniger Lust vom Kurs abzukommen und noch einmal bei den Seekönigen im Calm Belt zu landen. Ein Flattern ertönt und erhebt sich über das Geräusch des wenigen Winds, der von den Segeln der Sunny aufgefangen wird und sie stetig vorantreibt. Nami schirmt ihre Augen mit der Hand ab, als sie einen Blick hinauf in den wolkenlosen Himmel wirft. Die Sonne brennt auf sie nieder, doch sie kann trotzdem die Möwe ausmachen, die wegflattert. Sie trägt ein Mützchen auf dem Kopf, so dass Nami sie selbst aus der Ferne problemlos als Zeitungsmöwe identifiziert. „Was zum Teufel...?“, murmelt sie. Das kann nicht News Qu sein, denn diese hat sie seit den zwei Jahren, in denen ihre Mannschaft getrennt gewesen ist, nicht mehr gesehen. An manchen Tagen vermisst Nami die Möwe, denn diese hat die Zeitung stets direkt an sie geliefert. Die neue Möwe dagegen ist kein Stück diszipliniert und oft verspätet, was die Neuigkeiten meist alt anstatt neu macht. „Nach was hältst du Ausschau, Nami-ya?“, unterbricht eine Stimme ihre Gedanken. Nami senkt den Blick und betrachtet Law, der trotz der Hitze einen langärmligen Mantel trägt. Nur sein T-Shirt hat er ausgezogen, was eine großzügige Sicht auf die herzförmige Tätowierung auf seinem Brustkorb gibt. Da nimmt jemand den Namen seiner Piratenmannschaft ein bisschen zu ernst... „Ja, nach der Zeitung in deiner Hand“, erwidert sie und hebt eine Braue. „Der Kundenservice war schon mal besser. Jetzt bringen sie die Zeitung schon zu der Person, die eigentlich nicht einmal an Bord gehört.“ Zugegeben ganz ist Nami noch nicht über das Badeschaum-Fiasko hinweg, aber das kann man ihr kaum übel nehmen, nachdem sie fast von einem Monsterfisch verspeist worden ist. „Ihr Kundenservice ist nicht so schlecht, wie du annimmst“, erwidert Law, als er ihr die zusammengerollte Zeitung entgegenhielt. „Das war eine spezielle Lieferung für mich.“ Nami schnaubt spöttisch. „Spezielle Lieferung? Gibt es jetzt schon spezielle Neuigkeiten nur für Shichibukai und ihre Lakaien?“ Eine Antwort bekommt Nami nicht, denn Law hüllt sich in Schweigen. Sein Gesichtsausdruck bleibt unleserlich, weshalb sie nicht mit Sicherheit sagen kann, ob ihm ihre Worte egal sind oder nicht. Schnaufend reißt Nami ihm die Zeitung aus der Hand, wobei das eingewickelte Etwas in der Zeitung herausrutscht. Dumpf landet es auf den Planken vor Namis Füßen. Es ist eine Flasche. Nami muss nur den Kopf ein wenig schief legen, um die Aufschrift lesen zu können. Es ist nicht nur eine Flasche, sondern eine Flasche mit Badeschaum von einem luxuriösen Hersteller, von dem Nami schon öfter gehört hat. „Ist das...? Soll das...?“, beginnt sie, als sie die Flasche aufhebt. „Ist das eine Wiedergutmachung?“ Law steht noch immer bewegungslos vor ihr. „Eher ein Gefallen“, antwortet er. „Wenn du eine Wiedergutmachung möchtest, müsstest du mir eine machen. Immerhin hab ich dein Leben gerettet, wenn ich mich recht erinnere, Nami-ya.“ „Wie bitte!?“, zischt Nami und ihre Finger festigen sich um die Flasche, während sie mit dem Gedanken spielt, sie Law mit einem gezielten Wurf an den Kopf zu werfen, gefährlicher Pirat hin oder her. Doch Law hat die Unverschämtheit um einen Mundwinkel zu heben. „Keine Sorge, du musst mir nicht so etwas Teures kaufen. Ich gebe mich mit den einfachen Dingen im Leben zufrieden.“ Er hebt die Hand und sein Zeige- und sein Mittelfinger legen sich bedeutungsschwer an seine Lippen. Sein Ton ist ernst genug, damit Nami ihm diese Worte abkaufen könnte, wenn er die Stimme nicht gesenkt hätte. Fast so, als möchte er nicht, dass das gesamte Schiff mithört. Nami kennt das Gefühl, doch in diesem Moment wird ihr bewusst, dass er sich abermals einen Scherz mit ihr erlaubt. Aus irgendeinem Grund hat er ausgerechnet sie als seinen neuen Spielball auserkoren, wunderbar. Er möchte sie testen, da ist sie sich sicher. Ein freudloses Lächeln huscht über Namis Lippen, als sie näher an den Chirurg des Todes herantritt. „Wahrscheinlich hast du recht und ich sollte mich angemessen bedanken“, sagt sie. Dass sie den Badeschaum nicht mehr herausrücken wird, steht somit fest. Wenn er sich auf ihre Kosten amüsiert, dann kann Nami wenigstens ebenfalls davon etwas haben. Zuerst muss sie nur Usopp damit beauftragen, endlich das Türschloss zum Badezimmer zu reparieren, am besten noch bevor sie Dressrosa erreichen. Nami kommt direkt vor Law zum Stehen. Selbst mit ihren Hackenschuhen ist sie kleiner als er, weshalb sie ihn mit der freien Hand am Kragen seines Mantels zu sich hinunterzieht. Er gibt nach, anstatt sich ihrem Griff zu entziehen, bis ihr Atem seine Lippen streifen muss. Kein Muskel zuckt in Laws Gesicht, aber etwas Herausforderndes schwimmt in den dunklen Augen. Nami erwidert den Blick, als sie ihn nach einer geschlagenen halben Minute des Stillstands auch den restlichen Weg heranzieht. Seine Lippen sind rau und warm und unnachgiebig, sie spiegeln seine Persönlichkeit wider. „Ich behalte den Badeschaum“, spricht Nami ihren Gedanken aus, nach dem sie den Kuss löst und ihn von sich drückt. Ein Kribbeln hat ihre eigenen Lippen eingenommen und ein Beben ihren Körper, als sie davon marschiert. Aus den Augenwinkeln kann sie sehen, wie Laws Blick ihr folgt und sein Kopf sich mitdreht. „Genieß ihn, Nami-ya“, sagt er, obwohl sie beide wissen, dass da mehr hinter seinen Worten steckt. Dass Law weiß, dass Nami an ihn denken wird, wenn sie das nächste Mal ein Bad nimmt, der Duft des teuren Schaums ihre Sinne benebelt und die Hitze die Scheiben des Zimmers beschlagen lässt. Dass sie von nun an bei jedem Bad an seine Lippen auf ihren denken muss, dass er sich in einem Teil ihres Lebens verewigt hat. Kapitel 5: Schlaflos -------------------- Geschnarche hängt in der Luft, an das sich Law nie gewöhnen wird. Auf der Polar Tang hat er seine Kajüte, die er mit niemandem teilt und wo es stets ruhig ist. Dort hat er Privatsphäre und er bevorzugt sie. Allerdings ist sein Schiff auf einer anderen Insel, auf Zou, wo seine Crew auf ihn wartet, wie es abgesprochen ist. Zuvor gilt es jedoch einen Zwischenstopp auf Dressrosa einzulegen, damit Law seinen Plan in die Tat umsetzen und Doflamingo töten kann. Dafür ist er bereit sein Leben zu lassen und mit dem Gesicht von Corazon vor seinem inneren Auge wird es ihm nicht schwer fallen. Doch bis sie Dressrosa erreichen, ist er ein Gast auf der Thousand Sunny. Beschweren kann sich Law nicht. Der Strohhut und seine Leute sind zwar aufgeweckt und oftmals kaum zu ertragen, aber anders als an das Schnarchen gewöhnt man sich an ihre Anwesenheit. Nur der Schlaf lässt auf sich warten, wie es in der letzten Zeit häufiger der Fall ist. Mit jeder Meile, der sie Dressrosa näherkommen, wird es schwerer sich fallen zu lassen und einzuschlafen. Wenn Law ganz ehrlich ist, verschlimmern die Laute der anderen, die auf Decken, dem Sofa und den Hängematten um ihn herum ausgebreitet liegen, es nur, aber verursachen seine Dauermüdigkeit nicht. Ihnen genug Vertrauen entgegen zu bringen, um die Augen zu schließen und einzuschlafen, ist einfach, fast ein wenig zu einfach für seinen Geschmack. Allerdings ist sich Law gewiss, dass er am Morgen höchstens von dem Geruch von Frühstück und dem Gejammer von dem Strohhut und dem Gepolter der anderen erwachen wird. Nicht, weil ihm jemand ein Messer in die Brust rammt. Der Gedanke ist beunruhigender, als er sein sollte. „Law-san“, flüstert eine Stimme. Er verlagert sein Gewicht in der Hängematte zur Seite und schiebt seine tief ins Gesicht gezogene Mütze hoch. Der Schlafsaal ist in Dunkelheit gehüllt, die nur von dem wenigen Mondlicht erhellt wird, welches durch die Bullaugen filtert. Nico Robin ist daher nur eine Silhouette, deren Oberkörper aus dem Holzboden ragt. „Was ist?“, brummt er. Ihr schwarzes Haar hängt ihr über die Schultern und ihre Arme sind vor dem Brustkorb verschränkt, das kann Law gerade noch so erkennen. „Ich habe Nachtwache. Nami ist also allein, solltest du ihr Gesellschaft leisten wollen.“ Sie kennt offenbar keine Scham, denn da schwimmt eindeutig Belustigung in ihrem Ton mit, die Law das Gesicht verziehen lässt. Er mag es nicht, wenn sich andere Leute ungefragt in seine Angelegenheiten einmischen. Ganz besonders, wenn sie eigentlich nichts von ihnen wissen sollen. Aber mit ihrer Fähigkeit hat sie wortwörtlich Augen und Ohren überall auf dem Schiff. Kein Wunder daher, dass sie mehr weiß, als Law lieb ist. „Um mir das zu sagen, tauchst du hier aus dem Boden aus, Nico-ya?“, fragt er. Obwohl er ihre Gesichtszüge nicht sehen kann, erahnt er ein Schmunzeln auf den Lippen der ehemaligen Meuchelmörderin. „Nachtwache kann furchtbar langweilig sein. Da muss man sich irgendwie die Zeit vertreiben.“ In der nächsten Sekunde löste sie sich auf und ihr raues, leises Lachen hallt durch die Kajüte, bevor es von dem rhythmischen Schnarchen um ihn herum verschluckt wird. Law runzelt die Stirn, als er den Geräuschen lauscht, die es ihm vereinfachen, sich aus der Hängematte zu schwingen und über Monkey D. Luffy und ihrem Schiffsarzt hinwegzusteigen, um sich aus dem Schlafsaal zu begeben. Der Gedanke, dass jemand auf dem Schiff weiß, was er tut, missfällt ihm, genauso wie die Idee, dass Robin sie belauscht oder gar beobachtet. Sie hat ihren Ruf nicht umsonst, denn selbst Law hat während seiner Zeit auf der See bereits eine Menge von dem Teufelskind gehört, das angeblich in der Lage sein soll, die Porneglyphen zu lesen. Wie viel er von diesen Gerüchten glaubt, hat Law noch nicht entschieden. Aber intelligent scheint sie zu sein, mysteriös ebenfalls. Er macht absichtlich einen Bogen um das Deck, da er weiß, dass sie sich irgendwo dort befindet und dafür sorgt, dass der Schlaf ihrer Crewmitglieder ungestört bleibt. Der Weg bis zu der Schlafkammer der beiden Frauen ist ohnehin nicht weit und Law findet sich viel zu schnell vor der Tür wieder. Was er hier macht ist dumm. Er hat keine Zeit für Sentimentalitäten und um seine Zeit dermaßen zu verschwenden. Im Grunde weiß er nicht einmal, wie es so weit gekommen ist und wie er sich ausgerechnet der Navigatorin der Strohhutpiraten hat anvertrauen können. Für gewöhnlich hält er sich von diesen Sachen fern, von anderen Personen. Sein Klopfen schallt laut den Gang hinunter und Law wirft gereizt einen Blick in die Finsternis hinter sich, als würde er irgendwo an der Wand ein Auge erwarten, das ihn beobachtet. Doch er ist allein, bis Nami die Tür öffnet. Sie reibt sich die Augen und blinzelt ihn an, bevor sie die Tür weiter aufschiebt. Nami trägt nur eine Hotpants und ein Tanktop, während die langen, orangenen Haare ihr Gesicht umrahmen. „Ich dachte, es ist Robin“, sagt sie, schnaubt im selben Atemzug jedoch. „Andererseits hat Robin andere Methoden, um einen zu wecken.“ Law tritt ein, bis er in der Mitte des Zimmers steht. Eine einzige Kerze brennt auf dem Nachttisch zwischen den beiden Betten, eines unberührt und eines, in dem die Decke zurückgeschlagen ist. Er trägt seinen Kapuzenpullover, die Hände locker an den Seiten herunterhängend, da sein Schwert neben seiner Hängematte an der Wand lehnt und nichts zu tun haben. „Mit Nico-yas Methoden habe ich schon Bekanntschaft gemacht.“ Nami schließt die Tür, während er auch weiterhin in der Mitte des Zimmers herumsteht und den Blick wandern lässt, bis er wieder auf der Navigatorin liegt. Sie hebt eine Augenbraue und stemmt die Hände in die Hüften. „Willst du da Wurzeln schlagen?“ Obwohl sie weiß, wozu Law fähig ist und er ihr Körper erst vor einer halben Woche auf Punk Hazard mit dem ihres Kochs vertauscht hat, nimmt sie bei ihm kein Blatt vor den Mund. Stattdessen überbrückt sie den Abstand zwischen ihnen, stellt sich auf Zehnspitzen und zieht ihn mit einer Hand im Nacken in einen gierigen Kuss. Sie ergreift die Kontrolle. Schlimmer noch, Law lässt es zu. Er lässt zu, dass ihre Hände seinen Oberkörper hinunterwandern und seinen Pullover hochschieben, bis Law der stummen Aufforderung nachgibt, den Kuss bricht und ihn sich mitsamt seines T-Shirts über den Kopf zieht. Die Kleidung landet hinter ihm auf dem Boden, bevor er Nami an der Hüfte an seinen Körper zieht, die ihn wiederum in die Richtung ihres Betts bugsiert, bis er die Kante in den Kniekehlen spürt. „Ich dachte, du bist müde“, sagt Law, als er sich auf das Bett setzt und Nami auf seinen Schoß zieht. Sie schlingt die Arme um seinen Hals, ihr Gesicht nah an seinem und ihr Atem auf seinen Lippen. „Ich bin eingeschlafen, weil ich auf dich gewartet habe. Ich musste Robin fragen, ob sie dir Bescheid sagt, weil du es offenbar nicht schnallst, wer wann hier Nachtwache schiebt.“ „Ich weiß, wann ich Nachtwache habe.“ Namis Finger stehlen ihm seine Mütze, die ihren neuen Platz neben ihnen auf dem Bett findet. „Nicht gut genug. Du schuldest mir noch einiges, also streng dich besser an.“ Ihre Lippen verziehen sich zu einem verführerischen Schmunzeln und ziehen Laws Blick zu ihnen hinunter. Er weiß, dass sie auf den Körpertausch auf Punk Hazard anspielt. Es vergeht nicht ein Tag, an dem sie es ihm nicht vorhält. „Ich habe geschlafen, als Nico-ya aufgetaucht ist“, sagt er, sein Gesicht nach wie vor ausdruckslos. „Versuch mich nicht auf den Arm zu nehmen“, erwidert Nami, deren Finger mit den feinen Härchen in seinem Nacken spielen. „Ich weiß, dass du wach gewesen bist. Seit Punk Hazard sind deine Augenringe schlimmer geworden, weil dir der Schlaf fehlt. Ich bin vielleicht kein Arzt, aber ich bin auch kein Idiot.“ Ihre Hände legen sich auf seine Schultern und dann spürt er, wie sie ihn nach hinten drückt. Nami folgt ihm nicht, sondern steht auf und umrundet das Bett, um an seiner Seite unter die Decke zu kriechen. „Du solltest höher rücken, wenn du was von der Decke abhaben willst.“ Sie zieht die besagte Decke über ihren Körper, als Law den Kopf in den Nacken legt, um sie dabei zu beobachten. Nami streckt sich ungeniert und gähnt, ihn keines Blickes mehr würdigend. Law wird bewusst, dass das hier ein abgekartetes Spiel ist, ein heimtückischer Plan, um ihn in ihr Bett zu bekommen – und die bleierne Müdigkeit, die immer da ist und ihn trotzdem nie schlafen lässt, meldet sich in der Form von schweren Gliedern und noch schwereren Augenlidern. Nur langsam richtet er sich auf den Ellenbogen auf, streift seine Schuhe ab und rutscht weiter nach oben auf dem Bett, um neben Nami auf die schmale Matratze mit dem winzigen Kissen zu fallen. Die Navigatorin schwingt die Decke über ihn, bevor sich ihr warmer Körper an seinen schmiegt, als werden sie in wenigen Tagen nicht Dressrosa erreichen und als wird Law nicht auf der Insel sein Leben lassen, um seine Rache an Doflamingo zu bekommen. Law schließt die Augen, als Namis beständiger Atem seine Schulter streift, leise, so verflucht leise. Kapitel 6: Not Her Lover ------------------------ Nami weiß nicht, wann es ihr das erste Mal aufgefallen ist. Nach und nach jedoch ist die Erkenntnis zu ihr durchgedrungen: Sie lässt Law nicht kalt. Er benimmt sich anders ihr gegenüber. Seine Art ist subtil und er will es sich nicht anmerken lassen, aber Nami ist nicht blind. Anfangs ist seine Anwesenheit auf der Sunny unerwünscht gewesen, aber mit jedem weiteren Tag auf dem Schiff passt er besser hierher. Den Vormittag verbringt Law mit Chopper, um sich über Medizin zu unterhalten. Schweigend, fast schon geduldig hört er zu, wenn Chopper über seine Forschungen erzählt, bevor er zum Mittagessen erscheint. Obwohl er nie über seinen Hass für Brot redet, kann Nami das minimale Verziehen seines markanten Gesichts von der anderen Tischsseite aus beobachten. Beschweren tut er sich nie, sondern isst, was Sanji ihnen vorsetzt. Er bedankt sich nicht, aber er leert seinen Teller bis auf den letzten Bissen und bringt diesen anschließend zum Waschbecken hinüber, ehe er die Kombüse verlässt. Selbst Zoro, der für gewöhnlich doch etwas misstrauischer ist, klopft ihm im Vorbeigehen locker auf den Rücken oder sagt ihm, dass er bei Luffy nichts anderes erwarten kann, wenn ihr Captain nicht bereit ist, über mögliche Pläne für ihre Ankunft auf Dressrosa nachzudenken. Auch Robin schielt gelegentlich interessiert über ihren Buchrand hinweg zu dem Chirurgen des Todes hinüber, der davon jedoch nichts mitzubekommen scheint. Er schenkt ihr keine Aufmerksamkeit, denn seine Augen gelten ihr. Ihre Blicke treffen sich, wenn er an der Reling steht und sie an Deck kommt, um die Log-Ports zu überprüfen. Sie kann seine Augen auf ihrer Haut spüren, wenn sie auf ihrem Liegestuhl liegt und sich sonnt, um die restlichen Tage in Frieden zu genießen, bevor sie sich mit Doflamingo anlegen. Sie kann den Rotschimmer auf seiner braungebrannten Haut erkennen, wenn sie in der Kombüse sitzen und er ihren Blick bemerkt. Seine Reaktionen sind so furchtbar unerwartet und sorgen für eine Hitze in ihrem Inneren, zwischen ihren Beinen. Sie hat Macht über diesen starken Mann, der mit seiner Teufelskraft Körper vertauschen und zerstückeln kann. Nami sollte ihn hassen, nach dem was er ihr auf Punk Hazard angetan hat, aber sie kann es nicht. Nicht, nach dem er geholfen hat die Kinder zu retten. Obwohl die Sunny um einiges größer als die Flying Lamb ist, ist sie dennoch klein. Eine Begegnung in dunkelster Nacht in einem noch dunkleren Gang ist unausweichlich. Es ist Zufall. Nami kann nicht schlafen, weil eine innerliche Unruhe zu heimsucht. Sie hängt an ihrem Leben und Doflamingo ist keiner dieser Feinde, mit denen sie sich in der Vergangenheit angelegt haben, von Kaido gar nicht erst zu sprechen. Zudem missfällt Nami der Gedanke, die Mannschaft zu teilen und dass sie nicht im ständigen Kontakt sein können. Was, wenn etwas schief geht und Luffys Gruppe es nie nach Zou schafft? Aber sie weiß, dass sie an Crew glauben muss. Dass sie an sie glauben kann, denn bisher haben sie noch alles geschafft, was sie sich in den Kopf gesetzt haben, und jeden besiegt. Ausserdem leuchtet ihr Laws Plan ein. Er ist ein Stratege, das ist ihr früh klargeworden. Schwach ist er auch nicht, obwohl keiner so stark wie Luffy ist. Ein schmales Lächeln bahnt sich den Weg auf ihre Lippen, als sie aus ihrer Kajüte schleicht, um Robin und Momonosuke nicht zu wecken. Finsternis umschließt sie, doch Nami findet sich blind auf der Sunny zurecht, weshalb sie keine Kerze anzünden muss. Wahrscheinlich ist sie zu vertieft in ihre Gedanken, in ihre Besorgnis, als dass sie die anderen Schritte wahrnimmt, die direkt auf sie zukommen. Als sie bemerkt, dass sie nicht allein ist, ist es bereits zu spät: Nami prallt gegen die Person, die mitten im Gang im Weg steht und schlägt sich die Nase an einer muskulösen Schulter an. Ihr entfährt ein Schrei, ehe sie zurückstolpert, sich die Nase haltend. „Was zum Teufel...?“, brummt sie. „Nami-ya“, erklingt es und Nami hält instinktiv den Atem an, als ihr klar wird, mit wem sie es zu tun hat. Das plötzliche Adrenalin, das ihr durch die Arterien jagt, lindert den Schmerz in ihrer Nase. Ihre Finger tasten ihr dennoch entlang, um sicherzugehen, dass sie nicht gebrochen ist, dass sie nicht blutet. „Law...“, murmelt Nami, presst aber sogleich die Lippen fest aufeinander. Bisher hat sie ihn stets Trafalguy-kun genannt, nie so direkt ohne Anrede bei seinem Vornamen angesprochen. Was nicht bedeutet, dass sie es sich nicht vorgestellt hat... Doch in ihrer Vorstellung ist der Hintergrund anders, die Stimmung. Nami stößt genervt den Atem aus und lässt die Hand sinken. „Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?“, sagt sie nun lauter und versucht ihn in der Dunkelheit auszumachen. Ihre Augen haben sich ein wenig an sie gewöhnt und doch ohne Bullaugen, die wenigstens das Mondlicht hineinlassen, ist Law nur ein weiterer Schemen in der Schwärze. „Bist du noch da?“, erkundigt sie sich daher, als er ihr eine Antwort schuldig bleibt. „Ja.“ „Was machst du mitten im dunklen hier im Gang?“, fragt sie und ihr Ton klingt fordernd und kein Stück charmant oder verführend. Sie schluckt, senkt ihre Stimme. „Solltest du nicht schlafen? Du hast keine Nachtwache.“ „Ich bin aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen“, sagt er schließlich und seine Worte klingen wie ein Geständnis in ihren Ohren. Vielleicht raubt ihm dasselbe den Schlaf wie ihr? „Ich auch nicht“, antwortet sie. Ein paar Schritte lassen die Bretter der Planken quietschen, bevor Law vor ihr zum Stillstand kommt. Er ist einige Zentimeter von ihr entfernt, doch sie kann die Hitze, die sein Körper ausstrahlt, dennoch wahrnehmen. Nami schluckt. „Hat dir der Zusammenprall wehgetan, Nami-ya?“, fragt er tonlos. Da ist es wieder; selbst hier und jetzt kann Nami spüren, dass etwas von Law ausgeht. Er legt es nicht darauf an, sondern hält für gewöhnlich seine Distanz. Law ist sachlich und ruhig und kühl, richtet nicht mehr als die nötigsten Worte an sie, weil sie ein Ziel zu erreichen haben. Eines, auf das er lange hingearbeitet hat und das er nicht aufgeben kann. Vor allem nicht für ein Gefühl. Ihre Fingerspitzen kribbeln. Sie will die Hände heben und an den Oberkörper vor ihr legen, ihn mit ihnen erkunden, den harten Muskeln entlang fahren bis hoch in den Nacken, um Law heranzuziehen, um ihren Mund auf seinen zu pressen. Nami kann ihn nicht sehen, aber ihre Gesichter sind sich so nah, dass sie Laws Atem auf ihren Lippen spüren kann. Er ist schnell und warm und hinterlässt eine Gänsehaut auf ihrer Haut. Sie müsste sich nur auf Zehnspitzen stellen, damit sich ihre Nasenspitzen berühren, damit sie ihn küssen kann. Nami ballt die ihre Hände zu Fäusten. „Nein. Ich hab mir nicht wehgetan“, erwidert sie dennoch. „So ein kleiner Zusammenprall kann mir nicht wehtun", fügt sie nach einer Pause hinzu. Das einzige, was ihr wehtun kann, ist wenn man einem Mitglied ihrer Mannschaft wehtut. Sie schiebt sich an ihm vorbei, streift seinen Arm mit ihrem, presst die Augen aufeinander, geht aber weiter. „Pass auf Luffy und die anderen auf“, fordert sie. „Okay“, antwortet er und seine Schritte verebben in der Dunkelheit. Sie weiß nicht, wohin er geht, aber sie weiß eigentlich gar nichts über ihn. Sein Leben geht sie nichts an. Sie haben eine Allianz, aber sie sind keine Nakama. Er ist nicht ihr Liebhaber. Kapitel 7: Counting Scars ------------------------- Es gibt nicht viele Frauen, die seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Noch weniger welche, die sie dauerhaft halten können. Niemand hat es bisher so geschafft, wie Nami-ya es tut. Sie ist furchtbar weiblich, laut und launisch und direkt. Sie meckert auch viel, was Law bereits auf Punk Hazard aufgefallen ist, als sie einander begegnet sind und er eine Allianz zwischen ihren Mannschaften vorgeschlagen hat. Selbst in unterschiedlichen Körpern scheint ihre Persönlichkeit durch. Aber sie kann auch herzlich und sanft und loyal sein. Sie steht ihren Mann, wenn es darauf ankommt. Trotzdem erklärt all das nicht seine Obsession mit ihr, denkt er, als er die Navigatorin der Strohhüte gegen die geschlossene Zimmertür drängt. Er weiß nicht, wo sich Nico-ya aufhält, aber es kann ihn auch kaum weniger interessieren, solange sie dieser Kajüte etwas länger fernbleibt. „Du hast es aber plötzlich eilig, Trafalguy-kun“, neckt Nami-ya ihn mit verführerischer Stimme, die über ihre glühenden Wangen hinwegzutäuschen versucht. Ihre flinken Finger stibitzen ihm seine Mütze vom Kopf. „Bei deiner Crew weiß man nie, wie viel Zeit man hat“, brummt Law, denn es wäre nicht das erste Mal, dass sie fast erwischt werden und Law will nicht, dass sämtliche Leute wissen, was sich zwischen Nami-ya und ihm abspielt. Er weiß schließlich nicht mal selbst, was es ist. Es ist mehr als Lust, aber weniger als Liebe. Vielleicht ist es Bewunderung, schießt es ihm durch den Kopf, als er sie von ihrem Top befreit und es achtlos zu Boden gleiten lässt. Die Lampe auf ihrem Nachttisch erhellt den Raum gerade genug und Laws Lippen wandern von dem Mund der Navigatorin zu ihrem Hals hinunter. Seine Hände wandern zu ihrer Taille, zu ihren Seiten hinauf, höher zu ihren Schulterblättern, als sie die Arme um ihn seinen Hals schlingt und ihn dichter an sich zieht. Seine Fingerspitzen ertasten die inzwischen vertraute Narbe an ihrer linken Schulter, die laut Nami von einer alten Tätowierung stammt, obwohl das Narbengewebe zu fest und tief ist, als dass er eine derartig vage Erklärung glauben würde. Er ist ein Arzt und erkennt eine alte Stichverletzung, wenn er sie sieht und unter seinen Finger spürt. Doch Law weiß längst, dass Nami-ya mehr Narben als er hat. Feine, weiße Linien ziehen sich hier und da so schmal über ihre Haut, dass sie aus der Ferne kaum sichtbar sind. Ihr Körper ist bespickt mit Narben und erzählen von all den Geschehnissen in ihrem Leben, über die sie sonst kein Wort verliert. Er kennt die Narbe an ihrem Fuß, da irgendein spitzer Gegenstand in die Haut zwischen ihren Zehen eingedrungen ist und das Fleisch komplett durchbohrt hat. Und er weiß über die dünne, weiße Linie auf beiden Seiten ihrer Hand Bescheid, die ebenfalls durchstochen worden ist. Die Narbe hat die Form eines schmalen Messers. Wie sie genau zu diesen Verletzungen gekommen ist, weiß Law nicht, aber es spielt keine Rolle. Nami-ya hat Schmerz in ihrem Leben kennen gelernt und Kriegsverletzungen davon getragen, wie es bei den meisten Piraten der Fall ist. Diese haben sie jedoch nicht abgebrüht und kalt werden lassen, sondern weicher und zufriedener mit dem, was sie hat. Sie ist anders als er und er trägt nicht einmal sichtbare Erklärungen für seine Entwickelung mit sich herum. Seine Mütze fällt zu Boden, als die Navigatorin ihm stattdessen das Hemd von den Schultern schiebt und seine Tätowierungen freilegt, die von ihren Händen gestreichelt werden. Nur diese haben sie gemeinsam, obwohl die kleine verschnörkelte Windmühle auf ihrem Oberarm kein Vergleich zu den Tätowierungen auf seinem Oberkörper, Armen und Fingern darstellt. Seine Tätowierungen sind seine Narben. Sie sind eine stille Rebellion, die Nami nicht braucht, weil sie stärker ist als er. Ihre restliche Kleidung verlieren sie auf dem Weg zu ihrem schmalen Bett hinüber, bis Nami-ya auf der Matratze liegt, die orangeroten Haare auf dem Kissen ausgebreitet, und Law über ihr gebeugt ist und sie ein Teil seines Gewichts tragen lässt. „Normalerweise tust du immer so, als wäre Sex ein Kampf, den du möglichst schnell beenden willst“, flüstert Nami atemlos, aber dennoch amüsiert, gegen seine Lippen, als ihre schlanken, muskulösen Beine seinen Hüften hinaufklettern und Finger durch sein Haar streichen, um ihn näher zu ziehen, bis sich ihre Nasenspitzen berühren und ihre Lippen einander streifen. „Aber heute bist du fast... zärtlich, Trafalguy-kun.“ Irritation brodelt bei ihren Worten in seinem Bauch und vermischt sich mit der Lust in seiner Körpermitte. „Nenn mich nicht mehr so, Nami-ya“, entweicht es ihm schnaufend und seine Arme zittern, da er sich neben ihr abstützt. „Dann nenn mich nicht Nami-ya!“ Die Finger in seinen Haaren werden fester und zerren ein wenig an den kurzen Haarsträhnen, was Law keinesfalls abschreckt. „Mein Name ist Nami. Nicht Nami-ya.“ „Law“, murmelt er und drückt seine Lippen auf ihre, während er sich daran zu erinnern versucht, wann er das letzte Mal jemanden seinen Vornamen angeboten hat. Wann er das letzte Mal von jemandem so genannt werden wollte. Er presst sich näher an den weichen, warmen Körper unter ihm, ehe er eine Hand unter Namis Schulter schiebt, bis er das harte Narbengewebe dort erfühlt, als fungiert es als eine Art Anker, der ihm hilft an der Frau unter ihm festzuhalten. „Stört es dich?“, fragt er schließlich, als seine Lippen abermals an ihrem Kiefer zu ihrem Hals wandern. „Dass der Chirurg des Todes sanft sein kann?“ Nami lacht in sein Ohr, doch es kommt eher einem Keuchen gleich, welches ihm die feinen Nackenhaare aufstellt. „Nein. Ich verspreche auch, dass ich es nicht weitererzählen werde.“ Obwohl sein Blut noch immer kocht und sein Körper sich nach Erlösung sehnt, ist die Dringlichkeit von einer merkwürdigen Zufriedenheit ersetzt worden, einfach hier mit Nami-ya zu liegen und nirgendwo anders sein zu müssen. Seine Mundwinkel zucken, als er ihre Halsbeuge küsst. „Besonders nicht deiner Mannschaft.“ Die nehmen ihn ohnehin nicht ernst genug, da will er ihnen keine weitere Vorlage bieten. Nami kichert, als weiß sie, was ihm durch den Kopf geht. „Ihnen ganz sicher nicht“, verspricht sie und obwohl Law nichts von Versprechungen hält, weiß er, dass die Strohhüte diese ernst nehmen. Dass Nami sie ernst nimmt und sein Vertrauen nicht ausnutzen wird. „Law“, japst Nami und ihre Arme schließen sich um seine Schultern. „Mach schon, Law“, fordert sie und Law lächelt gegen ihre Haut. „Warum so ungeduldig, Nami?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)