Kann man einen Lehrer lieben? von Reene_Michaelis ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Am nächsten Tag, nachdem ich aufgestanden war, machte ich mich,wie jedes andere Mal auch, fertig für den Tag. Danach ging ich aus dem Haus und zur Schule. Ich ging den Bürgersteig entlang und sah auf einmal eine kleine Katze. Oh, wie süß, dachte ich. Ihr Fell glänzte so schön in der Sonne. Sie hatte schwarze und rotbraune Flecken. Als Fellgrundfarbe hatte sie weiß. Nun checkte ich erst, dass sie auf die Straße lief. Es kam ein großer Lastwagen angerast. Die arme Katze...ich kann sie doch nicht... . Ich rannte auf die Straße, vor den LKW. Es war mir in diesem Moment egal, wie gefährlich es war, ich wollte nur nicht, dass er diese Katze überfährt. Jetzt war ich genau vor dem LKW, ganz nah, alles ging ins Sekundenschnelle. Ich schnappte mir die Katze, zog sie an mich und sprang nach hinten. "Aua", sagte ich leise. Ich war auf den Bürgersteig gefallen. Die Katze hielt ich immer noch in meinen Armen, sie bewegte sich kaum. War sie verletzt? Beim Versuch aufzustehen merkte ich erst einmal, wie sehr meine Beine wehtaten, sie bluteten leicht. Nun stand ich da, allein, mit dieser Katze und meinen kaputten Knien. Was sollte ich jetzt machen? Letztendlich entschied ich mich dazu, so gut wie es ging, zur Schule zu laufen. Der Schulhof war voll von Schülern. Es war kurz vor Unterrichtsbeginn. Mit der kleinen Katze auf dem Arm ging ich ins Gebäude, vorbei an verdutzten Schülern, manche von ihnen lachten. Vor dem Lehrerzimmer angekommen holte ich tief Luft. Natürlich war es nicht erlaubt Tiere mit in die Schule zu bringen, aber was blieb mir schon anderes übrig? Ich klopfte an und ein Lehrer rief mich von drinnen rein. Also öffnete ich die Tür und trat hinein. Der Lehrer der dort saß, war mein "geliebter" Japanischlehrer Herr Shinozuka. Er starrte mich an, nein nicht mich, sondern die süße Katze, die ich hielt. Sofort stand er auf und kam auf uns zugelaufen. Ich wurde nervös, musste ich ihn denn schon am frühen Morgen sehen? Das war echt zu viel. Dann blieb er vor mir stehen, sah immer noch auf die Katze. "Du hast sie gefunden? Bin ich erleichtert, ich dachte schon, ich würde meine kleine Lilly nie wieder zu Gesicht bekommen", sagte er mit einem erleichternden Blick. "Ist es etwa ihr kleines Kätzchen?", fragte ich ihn etwas verwirrt. Er antwortete darauf: "Ja ist sie, sie ist mein einziger Mitbewohner in meinem Haus. Vor ein paar Tagen war sie mir weggelaufen und kam nicht wieder. Deshalb dachte ich, sie wäre vielleicht schon tot..., wo hast du sie gefunden?" "Wo ich sie gefunden habe?! Sie wäre fast überfahren worden! Nur weil sie nicht auf ihr Haustier aufpassen, hab ich mir Verletzungen hinzugefügt", entgegnete ich ihm mit einer bösen Miene im Gesicht. Er nahm mir die Katze ab, legte sie auf den Stuhl, der am Computertisch stand, kam dann wieder zu mir und hockte sich hin. "Das sieht übel aus", sagte er, als er meine Beine anschaute. Vorsichtig berührte er mein Bein, ich zuckte zusammen. "Tut mir leid", sagte er mit einem bedrückten Gesicht, "Ich werde dich sofort verarzten, so kann das nicht bleiben." Dann holte er einen Verbandskasten und Desinfektionsmittel. Er nahm mich hoch uns setzte mich vorsichtig auf einen Stuhl, der im Nebenzimmer stand, ab. Ich sah ihm dabei zu, als er mir die Wunden desinfizierte. Es brannte und ich kniff die Augen zusammen. "Es wird bald besser sein", sagte er mir. Danach wickelte er um meine beiden Beine Verbände rum. "Danke", meinte ich zu ihm und lächelte leicht. Er sprach darauf: "Ist doch selbstverständlich." Er nahm meine Hand und fragte mich: "Versuchst du bitte aufzustehen? Du kannst hier schließlich nicht ewig sitzen." So war er, gemein wie immer, Hauptsache mich schnell loswerden. Ich versuchte aufzustehen, doch meine Beine taten mir zu sehr weh und so plumpste ich unsanft in den Stuhl zurück. Herr Shinozuka schüttelte nur den Kopf, hob mich dann hoch und brachte mich in unseren Klassenraum. Mir wurde warm im Gesicht, es war so angenehm bei ihm. Ich sah mir sein Gesicht an, sein Ausdruck war ernst, sehr ernst. Wahrscheinlich, weil ich ihm wieder einmal Probleme bereitete. Mein Japanischlehrer setzte mich sanft auf meinem Platz ab, holte einen weiteren Stuhl und legte meine Beine auf ihn. Ich sah ihn verwundert an, er sah zurück. Was er jetzt wohl dachte? Stresst ihn diese Situation oder hat er das aus Freundlichkeit gemacht? Hätte er jedem anderen auch geholfen? Mir schossen unzählige Fragen durch den Kopf, aber er riss mich aus meinen Gedanken: "Ich werde jetzt gehen, immer wenn es zum Unterrichts- oder Pausenende klingelt, werde ich dich zu dem jeweiligen Ort, an den du musst, hintragen. Sei das nächste Mal bitte vorsichtiger und renne nicht einfach auf die Straße." Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er aus dem Raum. Ich sah ihm hinterher, verstand ihn nicht ganz. Machte er sich ernsthaft Sorgen um mich und meine Gesundheit? Oder sagt er nur so etwas, weil es als Lehrer angemessen erscheint? Und warum ermahnt er mich jetzt, ich solle nicht einfach so auf die Straße rennen? Er hatte sich doch erst gefreut, dass ich seine Katze gerettet hatte, warum auf einmal diese Reaktion? Es klingelte zum Unterricht und meine Klassenkameraden kamen in den Raum. Wir hatten erste Stunde Latein. In diesem Fach war ich eine der besten, nur heute konnte ich mich nicht so ganz auf den Unterricht konzentrieren. Immer wieder musste ich an Herrn Shinozuka denken. Hatte er etwa doch eine nette, positive, sogar liebenswürdige Seite an sich? Ich fand sein Verhalten so unlogisch, verstand ich es nicht. Mal war er nett zu mir, doch im nächsten Moment verhielt er sich, wie so oft, gemein. Die Stunde ging nur langsam zu Ende. Nun klingelte es. Alle Schüler gingen auf den Hof, nur ich saß hilflos da. Was wäre, wenn unser Japanischlehrer nicht kommen würde? Was, wenn er mich ärgern möchte und mich hier sitzen lässt? Auf einmal ging die Tür unseres Klassenzimmers weiter auf. Ich war leicht überrascht, als ich Herrn Shinozuka kommen sah. Verwirrt sah ich ihn an. "Was ist? Hast du gedacht, ich lasse dich hier einfach sitzen?", sagte er mit einem liebenswerten Lächeln. Er hatte mich also doch nicht vergessen. "Alles ok?", fragte er mich besorgt, als ich eine schmerzliche Miene zog. Ich hatte mein Bein gerade zu unsanft bewegt und ein Stich zog durch es durch. Ich sah meinen Lehrer an und er erwiderte den Blick. Wir sagten nichts mehr, er hob mich hoch, drückte mich leicht an sich und brachte mich raus zur Pause. Dort setzte er mich bei meinen Freundinnen ab. Ich errötete etwas, als sie uns anstarrten. Ich sah ihn kurz an, um zu überprüfen, wie er darauf reagierte. Er schien, im Gegensatz zu mir, ganz locker zu sein, typisch Herr Shinozuka... dieser kalte Typ. Ohne ein Wort da zu lassen, ging er weg. Ich sah ihm nach, war immer noch rot angelaufen. "Mag er dich jetzt etwa doch?", fragte mich meine Freundin Shiza. "Soll mir doch egal sein", antwortete ich leicht gereizt. Eigentlich sollte es mir wirklich egal sein, aber aus irgendeinem Grund war es dies nicht. In dieser Pause wurde ich zum Glück die meiste Zeit abgelenkt. Ich merkte sehr wohl, dass mich jemand ständig beobachtete, konnte ich mir doch denken, wer es war, nur wollte ich einfach keinen Blick riskieren. Als es wieder zur Stunde klingelte, gingen meine Freundinnen schon mal vor. Ich hatte ihnen gesagt, sie müssen nicht warten. Wie versprochen kam Herr Shinozuka zu mir. Er sah mich mit seinen glänzenden Augen an. Mir stockte bei diesem Blick der Atem, war er doch so schön. Er sah mich weiter an, musterte mich einen Augenblick, sprach dann: "Ich werde dich nun in deinen Klassenraum bringen, wenn du weiter so träumst, verpasst du noch etwas im Unterricht." Seine Stimme hatte einen kleinen bestimmerischen Unterton, war es doch wie eine Ermahnung. Sanft nahm er mich wieder auf seine Arme. Diesmal war es nicht er, der mich an seinen Körper drückte, sondern ich, machte ich es jedoch unbewusst und bemerkte es nicht. Herr Shinozuka lächelte leicht und trug mich dann nach drinnen. Die Schüler, die im Flur standen, sahen uns an. Ich schloss meine Augen, wollte ich doch nicht in die Gesichter der einzelnen schauen. Im Klassenzimmer setzte mich mein Japanischlehrer auf meinem Stuhl ab. Er legte danach behutsam meine Beine auf einen anderen Stuhl und lächelte mir sanft zu. Ich spürte, wie warm es wieder um mein Gesicht wurde, doch er lächelte weiterhin. Dann ging er wieder aus dem Raum, musste er doch selber Unterricht in einer anderen Klasse halten. Als er am Türrahmen angekommen war, drehte er sich nochmal kurz zu mir um. Dieser warme Blick, diese wunderschönen, bronzefarbenen Augen, dieses seichte Lächeln, alles war schon beinah zu perfekt. W-Was denk ich denn da schon wieder? Herr Shinozuka und perfekt? Nein, nicht mal ansatzweise. Rasch packte ich meine Sachen für den Unterricht aus und sah nach vorn. Wenigstens unser Mathelehrer konnte mich, mit Zahlen, Thermen oder Potenzen, ablenken. Nach dieser Stunde wäre ein weiterer Schultag endlich wieder geschafft. Dann klingelte es endlich zum Schulschluss an diesem Tag. Meine Freundinnen verabschiedeten sich von mir und machten sich auf den Weg nach Hause. Herr Shinozuka müsste gleich kommen um mich zu holen. Ich saß also immer noch auf meinem Platz, hatte mein Schulzeug schon eingepackt und sah auf die Tür. Doch er kam nicht. Es dauerte mir echt zu lange, hatte er mich etwa vergessen? Wollte er sich einen Spaß erlauben? Soll ich hier etwa übernachten?! Vorsichtig versuchte ich aufzustehen. Meine Beine taten höllisch weh, ich schwankte. Dann lief ich ein paar Schritte und schon war ich gefallen. Jetzt lag ich da, auf dem Boden des Klassenzimmers. Allein. Immer noch schaute ich auf die Tür, doch sie wurde nicht geöffnet. Meine Beine schmerzten beim Versuch wieder aufzustehen und so blieb ich dann doch weiter liegen. Die Schmerzen wurden immer stärker. Jetzt konnte ich die Tränen nicht mehr abhalten, sie liefen nacheinander meine Wangen hinab. Auf einmal öffnete sich die Tür. Herr Shinozuka kam in den Raum und sah mich sprachlos an. Ich versteckte sofort mein Gesicht unter meinen Händen. Ich hörte an seinen Schritten, dass er näher kam. Er schien sich neben mich gehockt zu haben. Nun nahm er vorsichtig meine Hände von meinem Gesicht und sah mich an. "Kannst du denn nicht einmal etwas geduldiger sein?!", sagte er mir mit einem scharfen Unterton, "Du kannst doch nicht einfach so mit dir umgehen." Er verdrehte leicht die Augen. Mir kamen durch seine Ermahnung nur noch mehr Tränen, ich konnte sie einfach nicht zurückhalten. Jetzt strich Herr Shinozuka zärtlich über meine Wange. Eine gewaltige Hitze stieg in meinem Gesicht hoch, bestimmt war ich knallrot. Er aber, lächelte nur und strich mir sanft die Tränen von meinem Gesicht. Ich spürte jetzt seine Hände unter meinem Rücken und langsam nahm er mich hoch. Normalerweise sollte ich mich wohl an das Gefühl, wenn er mich trägt, gewöhnt haben, nur war ich immer wieder aufs Neue so nervös dabei. "Ich werde dich heute mit dem Auto nach Hause fahren", sprach er dann im Flüsterton zu mir. "Aber...", ich wollte gerade einwenden, doch er legte sanft einen Finger auf meine Lippen und entgegnete sofort: "Ich bringe dich nur zu dir nach Hause, nichts weiter." Also trug er mich jetzt aus dem Raum, raus über den Hof und brachte mich dann zu seinem Auto. Ich muss schon sagen, mein Puls stieg vor Aufregung immer mehr. Wir fuhren los. Auf der Fahrt sagten wir beide kein Wort, sahen uns auch nicht an. Als wir dann bei mir ankamen, stieg er aus. Dann kam er rumgelaufen ums Auto, macht meine Tür auf und hob mich aus dem Auto. Ich sah ihn an. Er lächelte leicht und klingelte dann an der Haustür. Meine Mom machte sie auf und sah uns beide etwas erschrocken an. "Was ist passiert?", kam es ihr gleich aus dem Mund. " Mein Japanischlehrer hatte natürlich sofort eine Antwort: "Es tut mir leid, ich hätte ihnen das per Telefon melden müssen, ich habe es vergessen, verzeihen sie. Ihre Tochter ist heute gestürzt und hat sich dabei die Knie aufgeschlagen, deshalb konnte sie nicht mehr laufen." Rot angelaufen sah ich ihn und meine Mom an. Er erwähnte nicht, dass er mich den ganzen Tag umhergetragen hatte, meine Mutter machte sich sowieso schon genug Sorgen, da fand ich es nur angemessen. Nachdem er und meine Mom fertig waren mit Quatschen und er mich nun endlich runtergelassen hatte, fuhr er weg. Herr Shinozuka winkte mir noch einmal vom Auto aus zu, ich winkte vorsichtig zurück und war etwas errötet. Am Abend behandelte ich meine Wunden nochmal selber und nahm ein Schmerzmittel. Nachts lag ich in meinem Bett, dachte über den Tag nach. Es fühlte sich immer so toll an, als mein Japanischlehrer mich auf seinen Armen trug, er war so warm, es war so gemütlich und sein Gesicht, einfach schön. Schade nur, dass es meinen Beinen morgen wohl schon besser gehen würde. Ich seufzte und schlief dann langsam ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)