Seduce Me! von Sky- (Drei sind (k)einer zu viel) ================================================================================ Prolog: Das Liebesgeständnis ---------------------------- Es war ein Tag wie jeder andere auch. Ein heißer Sommertag an der Tokyo Universität und überall herrschte reges Treiben. Auf dem Campus hatten sich Gesprächsgruppen gebildet, es herrschte lebhafte Stimmung und wo nicht gerade fleißig gelernt wurde, da wurde gelacht oder lauthals irgendetwas gerufen. Der übliche Alltag, den Hinata schon lange kannte. Ein wildes Treiben, zu dem er nicht wirklich dazugehörte. Viel eher würde er sich gleich in die Bibliothek zurückziehen und dann in Ruhe weiterzeichnen. So machte er es immer in den Pausen, wie er es lieber vermeiden wollte, in dichtes Gedränge zu geraten und vor allem, weil er sowieso schwer in Gruppen zurechtkam. Stattdessen würde er alleine da sitzen und seine Mangas zeichnen. Wie so oft. Aber es war in Ordnung so, denn er wusste selbst, dass er ein hoffnungsloser Fall war. In der Gegenwart von Mädchen bekam er nicht den Mund auf und die Gesellschaft der Jungs machte ihm oft Angst. Insbesondere wenn sie so laut wurden und schlimmstenfalls dann auch noch anfingen, sich gegenseitig anzupöbeln. Dass das Leben an der Tokyo Uni nicht leicht sein würde, hatte er schon von Anfang an gewusst. Insbesondere mit seiner extremen Schüchternheit, die es ihm unmöglich machte, vernünftig mit Menschen in Kontakt zu kommen. Meistens endete es eh in einer Katastrophe, aber um seine Fähigkeiten zu verbessern und eines Tages ein erfolgreicher Mangaka zu werden, hatte er beschlossen, Kunst zu studieren, um seine Fähigkeiten noch weiter zu verbessern. Er hatte sogar ein Stipendium bekommen, was ihm sehr gelegen kam, denn so konnte er wenigstens in eine Studentenwohnung ziehen und endlich von seinen Eltern wegkommen, was ihm vielleicht auch mal ganz gut tat. Und er genoss dieses Leben, aber es machte ihm auch deutlich, dass er einsam war. Es war aber auch wirklich ärgerlich. Nicht nur, dass er deshalb keine wirklichen Freunde hatte, nein, er war mit 20 Jahren noch Jungfrau. Und das war nicht nur ärgerlich, sondern einfach nur traurig. Zwar war er schon mal verliebt gewesen, aber er hatte sich nie getraut, seine Angebetete anzusprechen. Und von alleine war sie natürlich auch nicht gekommen, was als Ergebnis zur Folge hatte, dass Hinata es nie zu einer Beziehung geschafft hatte. Selbst Erotikmagazine hatte er sich nie gekauft, weil er sich nie getraut hatte, so etwas zu tun und als er dann mal den Mut aufgebracht und sich im Alter von 17 Jahren einen Porno im Internet angesehen hatte, da war er so beschämt gewesen, dass er es nicht fertig gebracht hatte, sich diesen weiter anzusehen. Es war wirklich zum Verzweifeln mit ihm, als wäre er eh nicht schon eine totale Enttäuschung ohne diese furchtbare Schüchternheit. Seine Eltern hatten sich einen selbstbewussten Jurastudenten gewünscht, oder einen Sportler. Jemand, der aufrecht durchs Leben ging und sich durchzusetzen wusste. Alles das, was er nicht hatte. Stattdessen war er als kleines Kind eine Heulsuse gewesen und danach immer noch der überängstliche Hinata, der sich rein gar nichts traute. Das Einzige, was ihn auf andere Gedanken brachte, waren seine Mangas. Schon damals hatte er sie wirklich gerne gezeichnet und im Laufe der Jahre seinen Zeichenstil immer weiter verbessert. Am Anfang waren es ganz einfache Kurzgeschichten gewesen, inzwischen hatte er eine Serie von sechs Bänden fertig. Naja… es wären vielleicht Bände geworden, wenn er sie bei einem entsprechenden Verlag eingereicht hätte, doch selbst das hatte Hinata bis heute nicht bewerkstelligt, weil er zu schüchtern war, dort anzurufen, oder persönlich vorbeizukommen. In solchen Momenten wünschte er sich wirklich, so selbstbewusst zu sein wie die Itamu-Zwillinge. Hinata hatte sie schon des Öfteren in den Pausen auf dem Campus beobachtet. Die beiden hatten eine gewisse Berühmtheit erlangt, insbesondere weil sie gut aussahen und beliebt bei den Mädchen waren. Sie beide waren zwei Jahre älter als Hinata und sahen aufgrund der Tatsache, dass sie eineiige Zwillinge waren, vollkommen gleich aus. Der absolut umstrittene Schwarm der beiden war Katsuya, der jüngere Zwilling. Er studierte Sportwissenschaft und hatte zwei Mal die nationalen Tennisturniere gewonnen und spielte auch im Club der Uni und war der beste Spieler. Er galt aber auch als absoluter Herzensbrecher und Schwerenöter, dessen liebste Gesprächsthemen seine diversen Bettgeschichten waren. Er war selbstbewusst, nahm sich was er wollte und war es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen. Außerdem flirtete er gerne und das gekonnt, denn er wusste seinen Charme gezielt einzusetzen, um die Studentinnen um den Finger zu wickeln. Ein absoluter Casanova, wenn man es so nehmen wollte. Sein älterer Bruder Takashi hingegen war hingegen deutlich ruhiger und brachte Katsuya das eine oder andere Mal zur Vernunft, wenn dieser mal wieder über die Stränge schlug. Er war das Hirn des Duos und quasi Katsuyas Stimme der Vernunft. Er war deshalb beliebt, weil er mehr der Einfühlsamere und Romantischere war, doch auch er hatte etwas mit Katsuya gemeinsam: wenn er etwas wollte, dann holte er es sich auch und da war er mit dem Flirten auch nicht zurückhaltend. Ab und zu beobachtete Hinata sie heimlich aus der Ferne, wie sie mit den Mädchen flirteten und war nicht selten neidisch auf die beiden, weil sie so selbstbewusst waren. Auch sonst waren die beiden Brüder unzertrennlich, auch wenn es manchmal einen kleinen Zoff gab, weil Takashi nicht so wirklich mit Katsuyas Charakter klar kam und ihn des Öfteren ausbremsen musste. Die beiden waren gut aussehend, sportlich, selbstbewusst und ziemlich beliebt. Im Grunde konnte Hinata in jeglicher Hinsicht neidisch auf die beiden sein. Etwas demotiviert seufzte er, als er mit seiner Tasche über den Campus lief und wie immer die Bibliothek ansteuerte. Von so einem Leben konnte er nur träumen. Er wäre ja schon glücklich gewesen, zu ihrem Freundeskreis gehören zu dürfen, aber das war natürlich nur ein Wunschtraum. Wieso auch sollten sich die beliebten Zwillinge mit einem so schüchternen Angsthasen wie ihm abgeben, der schon die Flucht ergriff, wenn er in einer größeren Gruppe war und es dort lauter und chaotischer wurde? Wahrscheinlich war er einfach nicht dafür gemacht, Freunde zu haben und darum sollte er sich besser von solch einem Wunschdenken distanzieren. Er würde eben halt bei seinen Mangas bleiben und das ruhige Leben weiterführen wie bisher. Seine Mangas waren im Grunde das Einzige, was er hatte und waren für ihn das beste Mittel, um seine Fantasien auszuleben. Und er zeichnete nicht bloß irgendwelche Mangas. Er zeichnete tatsächlich Shonen-Ai Mangas. Die Idee war ganz spontan gekommen, als er erst eine normale Schulromanze ausgesucht hatte und seine weibliche Protagonistin sich als Junge verkleidet an eine Jungenschule geschlichen hatte, um zu beweise, dass sie durchaus mit Jungs mithalten konnte. Und irgendwie war er dann darauf gekommen, am besten ganz in das Genre Shonen-Ai einzusteigen. Er zeichnete sogar Sexszenen, allerdings nicht allzu detailliert, sondern gerade so angedeutet, dass man sich denken konnte, was geschah. Allein das war für ihn eine absolute Glanzleistung, wenn man bedachte, dass er es nicht mal schaffte, sich Pornos anzusehen, ohne gleich beschämt mit hochrotem Kopf den Blick abzuwenden. Der Anblick nackter Frauen überforderte ihn einfach. Männer zu sehen fiel ihm hingegen nicht ganz so schwer, was aber auch daran lag, weil er ja selbst einer war und somit nichts Neues zu Gesicht bekam. Zu seiner Schande musste er gestehen, sogar schon mal einen Schwulenporno angesehen zu haben, als er 18 Jahre alt war. Zwar war er zu dem Resultat gekommen, dass das wohl nicht so sein Geschmack war, aber es war dennoch viel besser für ihn, als sich eine nackte Frau vorzustellen. Der Anblick von nackten Brüsten war eben einfach zu viel für ihn und er fragte sich, ob dieses Problem vielleicht daher kommen könnte, weil er ein Flaschenkind war. Nun, er hätte jemanden aus den Psychologiekursen fragen können, aber das brachte er einfach nicht fertig. Als er an der Gruppe vorbei lief, die sich um die Itamu-Zwillinge geschart hatte, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Noch bevor er reagieren konnte, legte sich ein Arm um seine Schultern und er erschrak dabei so heftig, dass er zusammenzuckte und fast seine Tasche fallen ließ. Diese plötzliche Berührung… wie sollte er reagieren? Was sollte er tun? Er wandte den Blick zur Seite und hatte das Gefühl, als würde sein Herz erneut einen Schlag aussetzen, als nämlich Katsuya Itamu neben ihm stand. Breit grinsend in modischen Klamotten, die seine sportliche Figur nur unterstrichen. Katsuya war ein paar Zentimeter größer und hatte genau wie sein Bruder blondes Haar und trug eine Brille. Da er und Takashi aufgrund der Tatsache, dass sie eineiige Zwillinge waren, vollkommen gleich aussahen, war die Brille das einzige Erkennungsmerkmal an Katsuya. „Hey Hinata, wohin des Wegs? Heimlich den Mädels des Volleyballclubs beim Umziehen zuschauen?“ Es kam ab und zu mal vor, dass Katsuya ihn ansprach, aber nur um solche Sprüche zu reißen, die ihn ganz schön in Verlegenheit brachten. Mit hochrotem Kopf stotterte Hinata ein Nein daher und wollte am liebsten weitergehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Er traute sich nicht, zu gehen, nachdem er schon von Katsuya angesprochen worden war. „Hör mit dem Blödsinn auf, Katsuya. Nur weil du deine Hormone nicht im Griff hast, musst du noch lange nicht davon ausgehen, dass andere genauso sind wie du.“ Nun war auch Takashi hinzugekommen und stand nun zu Hinatas Rechten. Damit war er von beiden Seiten belagert und dachte nur noch daran, so schnell wie möglich wegzurennen, solange er noch die Chance hatte. Das konnte nicht gut werden. Mit Sicherheit würde es noch Ärger geben. Womit hatte er das nur verdient? Hatte er irgendetwas falsch gemacht, dass er plötzlich von den beiden belagert wurde? Was wollten sie von ihm? Hoffentlich nichts Schlimmes. In Hinatas Kopf spielten sich die schlimmsten (und teilweise auch völlig übertriebenen) Szenarien ab, die eventuell passieren könnten und er betete innerlich, dass keiner dieser Fälle zutraf. „Hey Hinata, hast du mal kurz Zeit?“ Das Herz rutschte dem Schüchternen nun endgültig in die Hose. Die beiden wollten ihn sprechen? Warum denn? Wollten sie ihn in eine Falle locken, oder sich einen Spaß mit ihm erlauben? Er wollte nachfragen, bekam aber kein einziges Wort heraus und nickte stattdessen nur. „Super, wir müssten mal mit dir unter sechs Augen reden, wenn das okay wäre.“ Keine Antwort, wieder nur ein Nicken. Innerlich begann er bereits Panik zu schieben und zu überlegen, wie er sich schnell wieder aus der Affäre ziehen konnte. Das war nicht gut, gar nicht gut… Schwer schluckte er und folgte den beiden, nicht ahnend, wohin sie mit ihm gehen wollten. Wie sich herausstellte, ging es zu einem hinteren Teil des Campus, wo sich kaum jemand aufhielt und wo sie ihre Ruhe hatten. Sie steuerten eine Bank an und immer noch rasten tausende Gedanken durch Hinatas Kopf. Die meiste Zeit hielt er den Blick gesenkt und immer noch war er ein wenig verkrampft, während Katsuyas Arm auf seinen Schultern lag. Er spürte, dass er rot im Gesicht wurde und das machte es nur noch schlimmer. Schließlich setzten sie sich auf eine Bank, Hinata in der Mitte von den beiden, was nicht gerade half, dass er lockerer wurde. Stattdessen hatte er das Gefühl, umzingelt zu werden. Von beiden Seiten angesehen zu werden, war für ihn beängstigend. Immer noch sagte er nichts und traute sich nicht, einen von den beiden anzusehen. „Also… worüber wir mit dir sprechen wollten“, begann Takashi langsam und räusperte sich. „Es ist so, dass ich dich ziemlich süß finde…“ „Und ich auch“, fügte Katsuya sofort zu, der es offenbar nicht so langsam und ruhig erklären wollte wie sein älterer Bruder, sondern direkt sagte „Wir haben uns in dich verliebt.“ Mit einem Mal war Hinatas Kopf vollkommen leer. Sein Geist befand sich in einem Zustand, in welchem er gefühlsmäßig in einen tiefen Abgrund fiel und hoffte, so aus diesem Traum aufzuwachen. Hatte er gerade wirklich richtig gehört? Katsuya hatte sich in ihn verliebt? Und… Takashi ebenfalls? War das irgendein Scherz? „W-was?“ stammelte er und seine Augen weiteten sich. Schüchtern sah er in Katsuyas lebhafte braune Augen, die regelrecht zu leuchten schienen. Der Sportstudent grinste immer noch und erklärte „Du hast richtig gehört, Hinata. Du bist niedlich und ehrlich gesagt haben Takashi und ich schon etwas länger ein Auge auf dich.“ „Wie… wie lange?“ „So um die zwei Wochen. Stimmt’s, Takashi?“ „Kommt gut hin“, pflichtete der ältere Itamu-Zwilling bei. Abwechselnd sah Hinata zu den beiden und wusste immer noch nicht so wirklich, ob er das tatsächlich glauben konnte. Die beiden hatten sich tatsächlich in ihn verliebt? „W-warum?“ „Na du bist süß, siehst süß aus und hast einen süßen Knackarsch.“ „Katsuya“, rief Takashi sogleich. „Schalt mal einen Gang runter.“ Hinata senkte den Blick und wusste nicht, was er tun sollte. Wie denn auch, wenn er gleich von zweien gleichzeitig ein Liebesgeständnis bekommen hatte? Wie sollte er darauf denn bitte reagieren? Nun gut, sonderlich abgeneigt wäre er ja nicht. Die beiden sahen nun mal ziemlich gut aus und aufgrund seines Problems wäre es für ihn besser vorstellbar, mit einem Mann zusammenzukommen, denn nackte Frauen machten ihm fast schon Angst. Doch sein größtes Problem war, dass gleich beide Zwillinge an ihm Interesse hatten und ihm gleichzeitig ihre Liebe gestanden hatten. Was sollte er also tun? Wie sollte er reagieren? Er kannte sie nicht näher und schlimmstenfalls musste er einen von ihnen zurückweisen. Allein das war schon schlimm für ihn, denn er hasste es, etwas zu tun, was andere unglücklich machte. Warum nur hatte er die beiden nicht einfach ignoriert und war in die sichere Bibliothek verschwunden? Dann wäre ihm wenigstens der ganze Ärger erspart geblieben. Er versuchte, sein Dilemma mitzuteilen, doch er bekam nicht ein einziges Wort hervor. Er schaffte es einfach nicht und das machte es nur umso schlimmer für ihn. Aber dann sprach Katsuya weiter. „Wärst du denn abgeneigt gegen eine Beziehung?“ Ein Kopfschütteln kam zur Antwort. Zwar hatte er noch nie eine Beziehung gehabt, aber da er wenn er so darüber nachdachte, konnte er es sich tatsächlich vorstellen, auch wenn er vielleicht nicht einmal den Mut für einen einfachen Kuss aufbringen würde. Dann aber begann er nach einigem Zögern etwas haspelnd „Ja aber… ich… ihr zwei… wie soll… ähm…“ Die beiden verstanden ihn offenbar auch so und sogleich erklärte Katsuya, noch bevor Takashi die Chance hatte, zu Wort zu kommen „Ist vielleicht ein bisschen viel auf einmal, aber was hältst du davon, wenn wir es mit einer Dreierbeziehung versuchen? So entsteht gar nicht erst irgendein Eifersuchtsdrama und so brauchst du dich gar nicht erst zu entscheiden, sondern kriegst uns gleich im Doppelpack. Na was ist? Wollen wir es zumindest versuchen?“ Immer noch sagte Hinata nichts, denn das alles war wirklich zu viel für ihn. Hatte Katsuya gerade etwa wirklich gesagt, sie sollten eine Dreierbeziehung machen? Die beiden wollten mit ihm zusammen sein und das zur gleichen Zeit? War das überhaupt erlaubt? „Und… also das… das geht in Ordnung?“ fragte er nun Takashi, der bisher nicht so oft das Wort ergreifen konnte, was aber auch daran lag, weil er es meist dabei beließ, seinen vorlauten Bruder zu bremsen. Der ältere Zwilling nickte und versicherte „Katsuya und ich haben miteinander geredet und für uns geht das klar. Es stellt sich nur die Frage, ob das auch für dich in Ordnung geht. Du musst dich zu nichts gezwungen fühlen. Wenn du nur einen von uns willst, geht das auch in Ordnung.“ Daran liegt es doch nicht, dachte Hinata und kam sich mit einem Male ziemlich hilflos vor. Denn wie sollte man denn reagieren, wenn man eine Liebeserklärung bekam? Das alles war einfach so verrückt, als wäre es ein Traum und so wirklich glauben konnte er es auch nicht. Ja, das konnte nur ein verrückter Traum sein. Na los Hinata, rief er sich selbst innerlich zu. Wach endlich auf! Die Itamu-Zwillinge warfen sich einen stummen Blick zu, als sie bemerkten, dass Hinata in ein hilfloses Schweigen verfallen war. Natürlich wussten sie, dass sie den armen Kerl ganz schön mit ihrer Idee überrumpelten, immerhin hatten sie ihre Beute lange genug ausgespäht um zu wissen, wie sie tickte. Und es war kein Geheimnis, dass Hinata ein stiller Eigenbrötler war, der extrem schüchtern war und mit Sicherheit noch nie eine Beziehung gehabt hatte. Aber das stellte noch lange keinen Grund für sie da, ihn deshalb nicht anzusprechen. Nein, sie bekamen immer was sie wollten und sie wussten um die Wirkung auf ihr Umfeld. Genauso wie sie längst wussten, dass der schüchterne Hinata sie schon seit längerem heimlich aus der Ferne beobachtet hatte. Mit einem neidvollen Blick, weil er sich wahrscheinlich wünschte, genauso cool und selbstbewusst zu sein. Na, sonderlich verübeln konnten sie ihm das nicht. Mit seiner extremen Schüchternheit stand Hinata ständig im Abseits. Aber das würde nun ein Ende haben, denn ihr Entschluss stand fest, dass sie sich den süßen Schüchternen gemeinsam angeln würden. Sie würden ihn schon davon überzeugen, dass auch er es wollte. Bevor Katsuya wieder das Wort ergriff, versuchte es nun Takashi. Wahrscheinlich war er im Moment der Einzige, der von ihnen beiden in der Lage war, vernünftig auf Hinata einzugehen. Zwar war Katsuya ein Profi im Flirten, aber in so einer Situation, wo sie es mit einem so schüchternen Kerl zu tun hatten, war es vernünftiger, wenn er das regelte. „Hinata, es ist okay, wenn du dir noch etwas Zeit lassen willst. Ich weiß, dass das alles sehr plötzlich für dich kommt und du sicher erst mal ganz schön überrumpelt bist. Aber wir meinen es ernst. Wir haben uns in dich verliebt und wir möchten beide mit dir zusammen sein.“ Es war wirklich so unglaublich und immer noch kam sich Hinata vor, als wäre er in einem Traum. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und sein Gesicht glühte förmlich. Erst jetzt realisierte er, dass ihm das passiert war, wovon wahrscheinlich unzählige Mädchen nur träumen konnten. Er hatte gleich von beiden Zwillingen ein Liebesgeständnis bekommen und beide waren bereit, es gemeinsam mit ihm zu versuchen. Eigentlich konnte er sich als der glücklichste Student auf dem Camps schätzen. Das nächste, was er hervorbrachte, war ein gestammeltes „Okay“, bevor er, völlig überwältigt von der ganzen Situation, umkippte und das Bewusstsein verlor. Als er wieder aufwachte, fand er sich im Krankenzimmer der Uni wieder, nachdem die Zwillinge ihn dorthin gebracht hatten. Die nächste Vorlesung hatte schon längst angefangen und die Brüder hatten ihm eine Nachricht da gelassen, dass sie sich morgen mit ihm zu einem Date treffen wollten. Kapitel 1: Das erste Date ------------------------- Selbst am nächsten Tag konnte Hinata nicht so wirklich glauben, was geschehen war. Die Itamu-Zwillinge hatten ihn zu einem Date eingeladen. Das war einfach zu unglaublich. Nachdem er Unterricht an der Universität vorbei war, hatten die beiden ihn am Eingangstor abgepasst und ihm vorgeschlagen, sich gleich am nächsten Tag zu verabreden, da es dann ohnehin Samstag war und sie genügend Zeit hatten. Hinata, dem das ja recht schnell ging (immerhin hatte er immer noch nicht den Schreck verdaut, dass gleich zwei Typen mit ihm etwas anfangen wollten), hatte einfach ja gesagt, weil er sich nicht getraut hatte, den beiden zu sagen, dass es etwas zu schnell ging. Naja, jetzt hatte er den Salat. Verdammte Schüchternheit! Nun musste er sich überlegen, was man zu einem Date am besten anzog und vor allem war ja fraglich: was machte man bitte bei einem Date? Da er ja nie eines gehabt hatte, war er vollkommen unerfahren und allein daran denken zu müssen, dass hinterher er es war, der entscheiden sollte, was sie machen sollten, machte ihm Angst und bange. Das stand er nie und nimmer durch! Er sollte einfach absagen, bevor es dazu kam. Dieses Mal würde er stark sein! Als Hinata mit diesem Entschluss in sein Schlafzimmer ging, um sein Handy zu holen, öffnete er das Telefonbuch und suchte die eingespeicherte Nummer heraus. Nun komm schon, rief er sich innerlich zu. Tief durchatmend wählte er die Nummer und rief an. Sein Herz raste innerlich und seine Knie wurden weich. Doch jetzt durfte er bloß nicht einknicken. Er konnte es schaffen, wenn er wollte! Schließlich hörte er Katsuyas Stimme. „Hey Hinata, was gibt’s? Alles okay bei dir?“ Sag schon, dass du nicht kommen kannst, rief er sich selbst zu. Er schaffte es tatsächlich den Mund aufzumachen und nachdem ihm erst für einen Augenblick die Sprache im Hals stecken blieb, bekam er schließlich doch noch ein paar Worte hervor, ohne gleich zu stammeln. „Ich wollte fragen… wo wir uns treffen sollen.“ Was? Augenblick mal… das war ja gar nicht das, was er eigentlich sagen wollte. Verdammt noch mal, warum nur konnte er nicht einfach mal das sagen, was er eigentlich sagen wollte? Nicht schon wieder! Das musste ihm aber auch jedes Mal passieren. Er schlug sich die Hand vor die Stirn und hätte sich schwarz ärgern können, dass er das völlig Entgegengesetzte gesagt hatte. „Wir kommen dich in zwanzig Minuten abholen. Kannst du eben deine Adresse durchgeben?“ Sofort nannte Hinata ihm diese, ärgerte sich aber eine Sekunde später, wieso er immer noch nichts von dem gesagt hatte, was er doch eigentlich hatte sagen wollen. Irgendwie hatte er aber auch ein Talent dafür, sich noch tiefer in den Mist reinzusetzen. Als ob ihn das nicht schon in der Vergangenheit oft genug in Schwierigkeiten gebracht hatte. Aber jetzt war es auch zu spät. Nun, was zog man überhaupt beim ersten Date an? Da Hinata alleine wohnte und niemanden hatte, den er fragen konnte, beschloss er, im Internet nachzulesen. Irgendwo musste es doch einen Ratgeber geben. Und tatsächlich wurde er auf einer Internetseite fündig, wo er sämtliche Datingtipps fand. 1. Schritt, das Aussehen: Wohlfühlfaktor spielt eine große Rolle. Die Devise ist: kleiden, aber nicht verkleiden. Wenn Sie Ihren Partner verführen wollen, sollten Sie Ihre Reize auch zur Geltung bringen. Auf keinen Fall gehen Jogginghosen oder Turnschuhe. Dezentes Make-up und die Wahl der Kleidung sollte auf die Persönlichkeit abgestimmt sein. Wer also ein Feind von Absatzschuhen ist, sollte auch keine tragen. Versuchen Sie am besten herauszufinden, wohin Ihr Date Sie ausführen möchte und passen Sie Ihren Look dementsprechend an. Nichts ist schlimmer, als in einem Nobelrestaurant under- oder in einer Kneipe overdressed zu sein. Make-up? Absatzschuhe? Oje, anscheinend gab es nur Ratschläge für die Frauen. Hinata begann weiterzusuchen, fand aber nirgendwo Datingtipps für Männer. Wahrscheinlich, weil Männer konkrete Vorstellungen hatten, wie sie jemanden verführen wollen. Und die einzigen Seiten, in denen er Datingtipps für Männer fand, waren bloß Ratschläge, wie sie sich Frauen gegenüber verhalten sollten. Aber dummerweise gab es nirgendwo im Internet Datingtipps für Männer, die mit anderen Männern ein Date hatten. Genauso wenig wie es Ratschläge für Männer gab, die ein Date mit Zwillingsbrüdern hatten. Das musste ja so kommen. Also biss Hinata in den sauren Apfel und las sich die Datingtipps für Frauen durch, denn die waren hilfreicher als die für Männer. Denn immerhin war er ja nicht derjenige, der diese Datinggeschichte angezettelt hatte. Sie haben ein romantisches Make-up und Ihr schönstes Lächeln aufgelegt und betreten mit frisch duftendem Haar in Ihrem Lieblings-Outfit die Date-Location. Sehr gut, den ersten Teil haben Sie geschafft: Ihr neuer Flirt ist von Ihrer Erscheinung verzaubert. Nun gilt es, sich von der charmantesten Seite zu zeigen. Was das Gespräch angeht, versuchen Sie nicht allzu kritisch und tiefgehend zu sein, das würde die Stimmung unnötig verdüstern. Seien Sie ihm gegenüber stattdessen aufgeschlossen, lachen Sie über witzige Bemerkungen und fragen Sie ab und zu interessiert nach. Schließlich ist auch er nervös und möchte nichts anderes, als in einem guten Licht erscheinen. Die Zwillinge und nervös? Wer’s glaubt wird selig… nie und nimmer waren die nervös bei ihren Dates. Die waren der Inbegriff von Selbstsicherheit und das mit dem Gespräch würde auch schwierig werden. Insbesondere weil Hinata ja kaum den Mund aufbekam, wenn er in der Gesellschaft von anderen war. Das alte Gerücht, als Frau dürfe man nur ein Salatblättchen knabbern, damit bloß nicht der Eindruck entstehe, die Figur wäre einem egal, sollten Sie schleunigst vergessen! Ob gemischter Salat oder Rahmgeschnetzeltes - wichtig ist nur, dass es Ihnen schmeckt, das findet übrigens auch der Großteil der Männer. Allerdings sollten Sie bei aller Schlemmerlaune darauf achten, dass Sie Ihr Hauptgang nicht in Unsicherheiten versetzt: Spaghetti Bolognese dekorieren das weiße Top, Spinat hängt zwischen den Zähnen und ein Burger kann nun einmal nicht ladylike verdrückt werden. Was? Aufs Essen musste er also auch noch achten? Wie viele Knigges gab es denn bitteschön beim ersten Date? Das schaffte er doch nie und nimmer! Das war’s, er war definitiv geliefert. Das würde der schlimmste Reinfall seines Lebens werden. Am besten wanderte er gleich aus und vergrub sich irgendwo in einem Erdloch und kam nie wieder raus. Er war einfach nicht dafür geschaffen, je eine Beziehung zu haben. Schlimmstenfalls würde er noch als enthaltsamer Mönch leben müssen. Wehleidig seufzend scrollte er runter und fand dann etwas, was ihm endgültig den Todesstoß versetzte: Ab welchem Date sollte man Sex haben? Diese Frage beschäftigt viele Frauen, denn sie wollen natürlich nicht billig wirken. Hier gilt die Expertenregel: seien Sie Ihr eigener Maßstab. Haben Sie keine Angst davor, dass Ihnen der Mann wegläuft, nur weil Sie selbst nach dem fünften Date noch nicht bereit sind. Und was wäre falsch, bei so viel Lust schon gleich beim ersten Date die Horizontale einzuweihen? Sofort klappte Hinata mit hochroten Wangen seinen Laptop zu und fühlte sich jetzt umso mehr verunsichert. Jetzt musste er sich nicht nur Gedanken machen, was er anzog, wohin das Date ging, worüber er sprechen oder was er essen sollte, jetzt musste er sich auch noch ernsthaft überlegen, nach dem wievielten Date er mit Katsuya schlief… mit Takashi… oder gleich mit beiden. Nun bekam er endgültig kalte Füße. Das schaffte er alles nie und nimmer, das war eine Nummer zu hoch für ihn! Warum um alles in der Welt mussten Dates so verdammt kompliziert sein? Was, wenn er sich so langweilig anstellte, dass die beiden kein Interesse mehr an ihn hatten und ihn gleich nach dem ersten Date wieder absägten? Das wäre auch schade, denn die Zwillinge waren echt heiß und diese doppelte Liebeserklärung war eigentlich der absolute Sechser im Lotto, denn wer bekam schon das große Glück, sich nicht mal zwischen zwei Typen entscheiden zu müssen, noch dazu wenn es eineiige Zwillinge waren, die cool, beliebt und übrigens auch aus einem gut betuchten Elternhaus stammten? Jedes Mädchen an der Uni wäre umgekommen vor Neid, wenn sie gewusst hätten, was Hinata gestern passiert wäre. Und sie wären ausgerastet, wenn sie wüssten, dass er jetzt am liebsten davonlaufen wollte. Schließlich ging er zu seinem Kleiderschrank und sah nach, was er alles zum Anziehen hatte. Nun ja, sonderlich modisch hatte er sich noch nie gekleidet. Nicht dass er je ungepflegt oder schlampig gewirkt hätte, aber meist waren die Pullover, die er trug, zu groß für ihn oder zu weit geschnitten. Aber dann fand er doch noch etwas. Ein kurzärmeliges türkisblaues Hemd. Das passte perfekt und war sicherlich ganz gut geeignet. Aber was machte er, wenn die beiden ihn tatsächlich irgendwo hinbringen würden, wo es einen Dresscode gab? Sollte er da nicht besser den Anzug tragen, den sein Vater ihm letztes Jahr besorgt hatte? Nein, das wäre für ein Date vielleicht zu förmlich. Ein Hemd würde sicher genügen. Dazu wählte er noch eine passende Jeans aus und legte sich noch ein Lederarmband an, was er sich mal gekauft hatte. Nun konnte eigentlich nichts schief gehen. Schließlich war es soweit und er wurde von den Zwillingen abgeholt. Diese hatten sich einheitlich gekleidet, sodass man nur anhand der Brille erkennen konnte, wer Katsuya war. Die beiden traten öfter mal im Partnerlook auf, da sie denselben Klamottengeschmack hatten und weil sie wahrscheinlich zusätzlich unterstreichen wollten, dass sie eineiige Zwillinge waren. Schüchtern grüßte er sie und murmelte „I-ich hoffe das geht in Ordnung so… also ich… ähm…“ Da sich die Zwillinge schon denken konnten, was er sagen wollte, brauchte er nicht weiterzureden. Katsuya grinste breit, legte einen Arm um seine Schultern und erklärte einfach „Ach weißt du, es kommt nicht darauf an, was man anzieht, sondern einzig und allein darauf, wie man es auszieht.“ Bei diesem Kommentar senkte Hinata beschämt den Blick und seine Wangen begannen zu glühen. Dabei musste er wieder an diese letzten Zeilen von der Datingtippseite denken, die er gelesen hatte. Warum nur musste er sich das auch durchlesen? Schließlich aber meldete sich Takashi zu Wort. „Ignorier einfach seine Blödeleien. Katsuya kann halt nicht ohne seine Späße. Und mach dir mal keine Gedanken, du siehst gut aus so wie du bist.“ Schüchtern stammelte Hinata ein Dankeschön und stieg in das Auto der Zwillinge ein. Es war ein Lexus, was nur allzu deutlich zeigte, dass die beiden aus einer gut betuchten Familie stammten. Ein weiterer Pluspunkt, der zu ihrem allgemeinen Beliebtheitsgrad dazu kam. Ihr Vater war erfolgreicher Anwalt und die Mutter war Modedesignerin. Auch der Rest der Familie Itamu gehörte zur Oberschicht und verdiente gut, allerdings hatten die Zwillinge sich nie sonderlich abgehoben gegeben und sie hatten auch nie geprahlt. Stattdessen arbeiteten sie selbst in den Semesterferien und waren bodenständig, was trotz der Tatsache, dass sie sehr eigenwillig sein konnten, für sie sprach. Wie sich herausstellte, ging das Date zu dritt zum Aquarium, welches nach längeren Sanierungsarbeiten wiedereröffnet hatte. Die Idee stammte von Takashi, der lieber verhindern wollte, dass sein übermütiger Zwillingsbruder noch mit irgendeinem Blödsinn ankam, der den eh schon extrem schüchternen Studenten noch völlig abgeschreckt hätte. Der Aquariumsbesuch half, die Stimmung zu lockern und vor allem auch Hinata die Anspannung zu nehmen. Trotzdem war es immer noch sehr seltsam, die beiden so nah bei sich zu haben und von ihnen angeflirtet zu werden. Nach dem Besuch im Aquarium gingen sie zusammen in einem Restaurant etwas essen, wo sie ein wenig ins Gespräch kamen. Naja, wie man es eben Gespräch nennen konnte, denn Hinata verstand nicht viel von solchen Konversationen und es war für ihn ein wenig schwierig, weil er nicht wusste, wie er sich den beiden gegenüber verhalten sollte. Insgeheim hatte er schon Angst, dass er die beiden nerven könnte, weil er so ein hoffnungsloser Fall war. „Erzähl mal ein bisschen von dir, Hinata“, sagte Katsuya schließlich, der sich ziemlich viel Fleisch bestellt hatte. Schon in der Uni hatte er den Ruf weg, dass er stets für drei Leute aß, da er so viel Sport trieb. Hinata, der sich der Einfachheit halber gebratenen Reis bestellt hatte, begann zu überlegen, denn viel gab es nicht zu erzählen. Zumindest war er der Ansicht. „Ich… ähm… also ich wohne in einer Studentenwohnung und…“ „Was hast du so für Hobbys?“ hakte der Sportbegeisterte direkt nach, um ihm ein wenig zu helfen. „Hast du Geschwister oder bist du in Clubs?“ „Ich zeichne gerne Mangas“, gestand der schüchterne Student. „In Clubs bin ich nicht und ich bin Einzelkind. Als ich mit 18 Jahren meinen Studienplatz hatte, bin ich direkt ausgezogen und habe erst in einer WG gelebt, aber das war nichts für mich.“ „Das ist ja echt cool! Was zeichnest du so für Mangas?“ Hätte Hinata besser nichts gesagt. Wenn er jetzt beichtete, dass er Shonen-Ai Mangas zeichnete, würden die ihn noch für einen absoluten Freak halten, oder ihn sogar auslachen. „Romantische“, antwortete er ausweichend, aber nun wollte Katsuya es wissen. Er beugte sich näher zu ihm herüber und sein Lächeln ließ erahnen, dass er an irgendetwas Unanständiges dachte. „Welche Altersfreigabe denn? Eher so Weichspüler-Romanzen ab 12, etwas heißere ab 16 oder gleich das versaute Paket ab 18?“ Hier aber hatte Takashi genug und gab seinem Bruder einen Stoß in die Seite und erklärte daraufhin, dass Hinata nicht unbedingt darauf Antwort geben musste, wenn er nicht wollte. Doch Katsuya war natürlich neugierig geworden und wer konnte ihm das verübeln? Immerhin hatte Hinata Amano den Ruf als schüchternsten Studenten an der Tokyo Uni inne und da traute ihm natürlich niemand zu, dass er so etwas zeichnete. „Sind das Romanzen zwischen Männlein und Weiblein?“ Keine Antwort, stattdessen senkte Hinata nur den Blick und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beschämt er gerade war. „Sind es vielleicht Yuri-Mangas mit heißen Bräuten?“ „N-nein“, murmelte Hinata so leise, dass man ihn kaum hören konnte. Und ihm war es auch lieber, dass es niemand hörte. „Ich kann keine nackten Mädchen zeichnen. Ich kann sie nicht einmal ansehen.“ „Hast du schon mal deine Arbeiten irgendwo an einen Verlag geschickt?“ fragte Takashi nun, der Hinata aus dieser Situation retten wollte, indem er leicht dezent das Thema wechselte. Und auf diese Weise konnte er auch Katsuya ein wenig ausbremsen, der natürlich so direkt war, dass er den armen Hinata noch völlig verschreckte. „Nein“, antwortete der Kunststudent. „Ich hab mich nie sonderlich getraut und so gut sind meine Arbeiten auch nicht. Ich glaube nicht, dass das was wird.“ „Willst du denn überhaupt Mangaka werden?“ „Doch schon!“ Diese zwei Worte sagte Hinata deutlich lauter und entschlossener, schaltete dann aber gleich wieder vier Gänge runter, als er erklärte „Es ist nur so, dass mir einfach der Mut fehlt.“ „Ansonsten können wir dir doch helfen“, boten sich plötzlich beide Zwillinge an. „Wenn du Mangaka werden willst, ist das doch okay und wenn es dir hilft, machen wir es gerne.“ „Danke…“ Hier huschte ein schüchternes Lächeln auf Hinatas Lippen und dieses Lächeln schlug bei den Zwillingen, die eh schon der Ansicht waren, dass Hinata verdammt süß war, wie ein Blitz ein. Als Hinata kurz zur Toilette ging und die Zwillinge allein waren, seufzte Katsuya und lehnte sich zurück. „Verdammt ist er niedlich“, seufzte er. „Da kann man doch nur schwach werden.“ „Ja und mit ganz viel Pech haut er uns noch ab, weil du dir deine perversen Gedanken nicht verkneifen kannst“, kam es als Seitenhieb von Takashi. „Es ist mir echt ein Rätsel, wie die Frauen auf dich stehen, wenn du so ein perverses Aas sein kannst.“ „Weil Frauen halt auf Granaten im Bett stehen. Insbesondere dann, wenn sie auch noch Sportler sind. Und jetzt sei doch mal ehrlich: du willst ihn genauso wie ich.“ „Das hab ich nie geleugnet“, erklärte der ältere Zwilling und trank seine Cola. „Aber Hinata ist nicht so wie deine diversen Weibergeschichten, verstanden? Wenn du nicht bald einen Gang zurückschraubst, dann will er endgültig nichts mehr von uns wissen. Scheue Kätzchen erobert man mit Ruhe und Geduld.“ „Ruhe und Geduld… ich hab lange genug gewartet. Solche romantischen Dates sind schön und gut, aber wenn man schon so lange wartet und dann an nichts anderes denken kann, ist es eben schwer sich zurückzuhalten, wenn man es direkt vor der Nase hat.“ „Du hast ja auch nur die Sorte Mädels gehabt, die wussten, was sie wollten. Wir dürfen nicht zu direkt rangehen, sonst haben wir unsere Chance verspielt. Bei ihm müssten wir es mit Tricks versuchen.“ „Ah“, rief Katsuya und grinste wissend. „Ich verstehe schon, worauf du hinaus willst. Wir bringen ihn erst mal in Stimmung und dann werden wir ihm die Flötentöne beibringen.“ Hier kassierte er von Takashi einen Klaps auf den Hinterkopf. „Du bist auch manchmal ein Schwachkopf.“ „Als ob du dir nicht auch dasselbe ausmalen wie ich.“ Dem widersprach Takashi durchaus nicht, allerdings verstand er es, mit mehr Fingerspitzengefühl ranzugehen als Katsuya, der der sehr direkte Typ war, der mit so viel Selbstsicherheit ranging, dass es den Frauen natürlich imponierte. Doch auf Hinata wirkte es eher abschreckend. In dem Fall war eher Takashi gefragt, der genau wusste, wie er mit schüchternen und zurückhaltenden Mädchen umzugehen hatte. Schließlich kam Hinata wieder zurück und hatte rein gar nichts von dem mitbekommen, was die Zwillinge ausgeheckt hatten. Nichts ahnend setzte er sich wieder zu ihnen und lächelte schüchtern. „Entschuldigung, dass ihr gewartet habt.“ Damit setzte er sich wieder zu ihnen, was aus der Sicht der Zwillinge schon mal ein positives Zeichen war, dass sie den schüchternen Literaturstudenten noch nicht gänzlich verschreckt hatten. Die Chance, heimlich abzuhauen, hätte er ja gehabt. Zugegeben, Hinata hatte zwar kurz mit dem Gedanken gespielt, aber andererseits genoss er auch die Gesellschaft der beiden. Immerhin war er ja sonst doch recht einsam und auch wenn Katsuyas Fragen und Bemerkungen ihm ein wenig peinlich waren, so schienen die Zwillinge ja doch ganz nett zu sein. „Du brauchst dich für so etwas doch nicht zu entschuldigen“, erklärte Takashi direkt. „Mach dich einfach locker und setz dich nicht allzu sehr unter Druck. Wir werden dich ja schon nicht auffressen.“ Katsuya wollte gerade ein „Noch nicht“ hinzufügen, bekam aber einen kurzen, warnenden Blick von Takashi, woraufhin er sich dann doch lieber den Kommentar verkniff. Als sie mit dem Essen fertig waren, ging es bereits auf den Nachmittag zu und Hinata war erstaunt, dass der Tag so schnell verstrich. Nun gut, es war auch sehr lange her, seit er mal etwas unternommen hatte außer dem Zeichnen von Mangas. Und er hatte schon seit Ewigkeiten nichts mehr mit anderen unternommen. Ehrlich gesagt konnte er sich nicht einmal daran erinnern, wann er überhaupt mal etwas mit anderen gemacht hatte. Als sie das Restaurant verließen, machten sie einen Abstecher ins Einkaufsviertel, um noch ein bisschen Spaß zu haben. Zum Abend hin ging es in eine Bar, wo dann auch natürlich einiges an Alkohol floss. Kapitel 2: Der erste Versuch ---------------------------- Hinatas Schritte waren ein wenig unbeholfen und er wankte ein wenig, sodass er gestützt werden musste. Offenbar hatte er ein wenig zu tief ins Glas geschaut, dabei hätte er doch wissen müssen, dass er nicht viel Alkohol vertrug. Aber es hatte eben so viel Spaß gemacht und der Abend war so lustig gewesen, dass er zum allerersten Mal seine ganzen Unsicherheiten ablegen und einfach mal Spaß haben konnte. Auch Katsuya hatte einen guten Zug an den Tag gelegt, nur Takashi hatte nichts getrunken, da er fahren musste. Hinata wurde kurzerhand auf den Rücksitz verfrachtet und angeschnallt. Es war schon dunkel und er konnte kaum glauben, dass der Tag so schnell vorbei war und das war schon schade. Denn so viel Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. „Und?“ fragte der Jüngere der beiden Zwillingsbrüder, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. „Wie hat es dir gefallen?“ „Es war echt toll“, antwortete der schüchterne Student und ein glückseliges Lächeln spielte sich auf seine Lippen. „Und es war sehr lustig. So viel Spaß hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich finde es nur schade, dass der Tag schon vorbei ist.“ „Vorbei ist er ja eigentlich noch nicht“, merkte Takashi an, der nun den Motor startete und losfuhr. „Es ist ja noch Abend. Wenn du möchtest, können wir zu dir oder aber zu uns hin. Wobei… wenn ich es mir recht überlege, wäre es vielleicht besser, wenn wir zu dir fahren. Dann brauchst du später nicht extra nach Hause zu gehen.“ „Gerne.“ Hinata betrachtete die Häuser, die an ihm vorbeigezogen und die vielen Lichter, die in den unterschiedlichsten Farben strahlten. Irgendwie kam ihm das alles immer noch wie ein Traum vor, oder wie die Story in seinem Manga, nur mit dem Unterschied, dass er selbst nun der Protagonist war und alles selbst erlebte. Ein wirklich seltsames Gefühl, aber nicht im negativen Sinn. Auch wenn es noch recht schwer war damit umzugehen, von zwei Typen gleichzeitig geliebt zu werden und sie auch noch beide um sich zu haben. Und so wirklich verstehen konnte er es auch nicht. Warum ausgerechnet er? Er war nicht sonderlich gut aussehend, hatte keine besonderen Talente und er schätzte sich auch nicht wirklich als attraktiv oder interessant ein. Nein, er war eher das unscheinbare einsame Mauerblümchen und selbst dieses komische Mädchen aus den amerikanischen Glitzervampirfilmen, auf welche die Damen standen, hatte seiner Meinung nach mehr Charakter als er. Er sah sich einfach nicht als einen Menschen, den man lieben konnte und darum fiel es ihm auch schwer zu glauben, dass die beiden Zwillinge sich ausgerechnet in ihn verliebt hatten, obwohl er nichts an sich hatte, was auf andere anziehend wirken könnte. Die Mädchen hatten noch nie etwas von ihm wissen wollen, weil er ein ängstlicher Waschlappen war und vor allem weil er Angst vor nackten Frauen hatte. Dabei lag es nicht mal daran, weil er von dem Anblick angewidert wäre. Aber er war einfach nur vollkommen überfordert und wusste dann nicht, was er tun sollte. Es war ihm unangenehm, anders konnte er es nicht beschreiben. Etwas müde rieb er sich die Augen und bemerkte nicht, dass sie fast da waren, bis Takashi anhielt und meinte „Wir wären da.“ Die Wagentür wurde geöffnet und Hinata stieg aus. Ja, das da oben war seine Wohnung… Oh Mann, er hatte wohl wirklich ein wenig zu tief ins Glas geschaut, dass er erst jetzt wirklich realisierte, dass sie bei ihm zuhause waren. Nachdem er seinen Schlüssel herausgekramt hatte, schloss er die Tür auf und ging die Treppen rauf, die Zwillinge folgten ihm und sahen sich neugierig um. Als sie dann in der Wohnung waren, ging Hinata erst mal in die Küche, denn er brauchte jetzt dringend ein Glas Wasser. Katsuya und Takashi sahen sich derweil ein wenig um. Als Hinata zu ihnen kam, waren sie im Wohnzimmer und sahen sich ein paar Zeichnungen an. Erst als Katsuya fragte „Sind das die Zeichnungen für deinen Manga?“ da realisierte er die Situation und versuchte, die Zeichnungen an sich zu bringen, bevor die Zwillinge erkannten, was er da eigentlich auf Papier brachte. „Das ist nichts!“ rief er hastig und versuchte so viele Zeichnungen wie möglich einzusammeln, doch leider war es schon zu spät. Katsuya hatte sich eine geschnappt, auf der sich nur allzu deutlich erkennen ließ, worum es ging. Und natürlich konnte er sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. „Na so was. Du zeichnest Yaois?“ Jetzt ist es aus, dachte sich Hinata und senkte beschämt den Blick. Jetzt bin ich die absolute Lachnummer. Welcher Mann zeichnete denn auch bitteschön Shonen-Ai Mangas? Das war was für die Frauenwelt. Männer zeichneten Action-, Mystery-, Drama- oder sogar Shojo-Mangas. Aber nie und nimmer Shonen-Ai. Wer würde ihn jetzt noch ernst nehmen oder etwas von ihm wollen? Ein schlimmeres Outing in der Hinsicht hätte es kaum geben können. Doch zu seiner Überraschung brach keiner der beiden in Gelächter aus oder machte sich über ihn lustig. Stattdessen meinte Katsuya „Sieht nicht schlecht aus“, woraufhin Takashi fragte „Wie bist du darauf gekommen?“ „Es kam spontan“, gab Hinata schulterzuckend zu. „Eigentlich sollte es eine normale Romanze sein, aber da sich die Protagonistin als Junge verkleidet hat, sah sie ohnehin recht androgyn aus. Und da dachte ich mir, warum sie nicht gleich ein Junge sein kann.“ „Und die Sexszenen?“ „I-i-ich… also…“ Hinatas Wangen begannen zu glühen und am liebsten wäre er vor Scham im Boden versunken. Was sollte er dazu denn bitteschön sagen? Das war’s, er war geliefert… „Kannst du dir so etwas auch selber vorstellen?“ fragte ganz überraschend Takashi, der nun deutlich näher gekommen war und ihn forschend mit seinen hellbraunen Augen ansah. „Wie?“ fragte der schüchterne Student verwirrt und verstand die Frage nicht. Darum erklärte es der ältere Zwilling, indem er weiter nachhakte. „Wenn du diese Szenen zeichnest und sie dir in deinem Kopf vorstellst, hast du schon mal daran gedacht, wie sich so etwas wirklich anfühlen könnte?“ Zugegeben, er hatte sich das mal gefragt, aber das konnte er doch unmöglich sagen. Das war viel zu beschämend. „I-ich… ähm… also das…“ „Es muss dir nicht peinlich sein“, beruhigte Takashi ihn. „Es ist doch nichts falsch daran.“ „Ehrlich gesagt macht uns das ganz glücklich“, fügte Katsuya noch hinzu und hob Hinatas Kinn ein wenig, um ihm in die Augen zu sehen. „Wenn du es dir überhaupt nicht vorstellen kannst, dann hätten wir beide auf verlorenem Posten gekämpft.“ Hinatas Augen wurden groß und er konnte nicht glauben, was er da hörte. Die Zwillinge waren glücklich darüber, dass er so etwas machte? Hatten sie das gerade wirklich gesagt? Unglaublich… Dabei hatte er all die Jahre Angst davor gehabt, dass irgendjemand davon erfahren könnte und ihn deshalb auslachen würde. Er hatte sich dafür geschämt, Shonen-Ai Mangas zu zeichnen und nun bekam er eine positive Resonanz und dann noch ausgerechnet von den Zwillingen. Schließlich aber, es geschah ganz überraschend, da legten sich Katsuyas Lippen auf seinen und schlossen sich zu einem Kuss zusammen. Oh Gott, dachte er sich und ihm war, als würde ihm gleich das Herz bis zum Hals schlagen. Das war mein allererster Kuss! Augenblicklich verfiel sein ganzer Körper in eine Art Schockstarre, weil das alles so plötzlich und ohne Vorwarnung kam und er auch keine wirklichen Erfahrungen in so etwas hatte. Sein engster Körperkontakt war das letzte Mal gewesen, als er vor zwei Monaten in der überfüllten Bahn gewesen war und zwischen all den Menschen eingeengt wurde, weil nirgendwo Platz war. Traurig aber wahr. „Willst du es mal versuchen?“ fragte nun Takashi. „Ve-versuchen?“ Takashi und Katsuya nickten und man sah ihnen an, dass sie es ernst meinten. Doch Hinata war sich noch nicht so ganz sicher. Was würde ihn alles erwarten und was würden sie mit ihm tun? Oh Gott, dachte er sich, denn so langsam wurde ihm klar, dass er sich dann vor ihnen entkleiden musste und sie alles von ihm sehen würden. Insgeheim bekam er fast schon Angst davor, doch da legte Takashi eine Hand auf seine Schulter und er strahlte etwas Beruhigendes aus. „Du brauchst keine Angst zu haben“, beruhigte ihn der ältere Zwilling. „Wir werden nichts von dir verlangen, was du nicht willst. Du allein entscheidest, ob und was du willst.“ Takashis beruhigende Worte nahmen dem schüchternen Studenten ein wenig Angst und abwechselnd sah er zu den beiden Zwillingen. „Wirklich?“ Einstimmig nickten die beiden. „Du kannst uns vertrauen. Also? Wollen wir es versuchen?“ Etwas zögernd nickte Hinata und auch wenn er noch aussah, als hätte er ziemlich Bammel, so schien er dennoch bereit zu sein, diesen Schritt zu wagen und entschuldigte sich kurz, da er vorher noch mal duschen wollte. Katsuya wandte sich Takashi zu und gab ihm einen freundschaftlichen Fauststoß auf den Oberarm. „Ich glaub’s nicht, es hat wirklich geklappt. Und hey: hättest du gedacht, dass er tatsächlich solche Fantasien hat?“ „Stille Wasser sind halt tief“, erklärte Takashi schulterzuckend. „Und wie ich schon sagte: bei ihm muss man mit viel Gefühl rangehen. Für den Fall: wie wollen wir es regeln? Mit Sicherheit ist er noch Jungfrau. Vielleicht ist es besser, wenn ich es dann zuerst mache.“ „Wieso du?“ fragte Katsuya ein klein wenig pikiert und verschränkte die Arme. „Hast du schon mal Sex mit einem Kerl gehabt, geschweige denn mit einer Jungfrau?“ Nein, den Schuh musste sich der Sportbegeisterte anziehen. Seine Beziehungen hatten bereits genug Erfahrung gehabt und darum hatte es nie Probleme gegeben. Aber Jungfrauen hatte er nur zwei Mal gehabt und das war auch schon eine ganze Weile her und mit einem anderen Kerl hatte er noch nie etwas. Hinata war quasi sein Erster. Trotzdem stieß ihm die Tatsache ein wenig sauer auf, dass Takashi sich das Recht rausnehmen wollte, der erste zu sein, der mit Hinata schlafen durfte. Nun ja, er hätte damit rechnen müssen, dass es nicht leicht werden würde, eine Dreierbeziehung zu führen. Aber es war ihm lieber gewesen, als sich mit Takashi um denselben Typ streiten zu müssen und ihr enges Bruderverhältnis zu zerstören, nur weil die Liebe im Weg war. Er vertraute Takashi, dass dieser nicht versuchen würde, Hinata für sich allein zu gewinnen. Dazu war er zu ehrlich. Also seufzte er geschlagen und murmelte „Also gut, dann mach du das. Aber das heißt nicht, dass du allein den ganzen Spaß mit ihm haben kannst.“ „Lassen wir Hinata erst mal die Zeit, sich daran zu gewöhnen und dann können wir uns ja besprechen, wie wir es in Zukunft regeln wollen, dass keiner zu kurz kommt.“ Mit diesem Vorschlag war Katsuya einverstanden und in solchen Momenten war er froh, dass Takashi der Vernünftige von ihnen beiden war. Auf ihn konnte man sich da wirklich verlassen, dass er eine vernünftige Lösung fand. Als Hinata wenig später frisch geduscht zurückkam, trug er ein einfaches T-Shirt und kurze Hosen. Er stand so geduckt da, dass man denken konnte, er würde gleich Prügel erwarten. Etwas schüchtern murmelte er „Mein… mein Schlafzimmer ist dort drüben“, woraufhin er vorging. Die Zwillinge folgten ihm und sahen mit Erstaunen, dass Hinata ein Doppelbett hatte. Auf eine Nachfrage von Katsuya hin erklärte er „Das Bett hab ich recht billig gekriegt, das kostete weniger als ein normales. Und wie… wie soll das jetzt funktionieren?“ Am liebsten hätte er sich für diese Frage auf die Zunge gebissen, doch da legten sich von hinten zwei Hände auf seine Schultern, die Takashi gehörten. „Entspann dich und vertrau uns einfach. Und wenn es überhaupt nicht mehr geht und du etwas definitiv nicht willst, dann sag es und wir hören auf. Hast du eventuell Gleitgel oder eine Lotion oder ähnliches?“ Bei dieser Frage wäre Hinata am liebsten weit weg gerannt, allein wegen dem Kopfkino, das er jetzt hatte. „Ich ha-habe… da ist… also…“ Der schüchterne Student wurde rot wie ein Feuermelder und hatte Mühe, überhaupt vernünftige Worte zu finden. Dann schließlich, als er merkte, dass das so nichts wurde, ging er nun selbst und holte eine Salbe hervor, wobei er fragte „Geht auch das?“ Takashi sah sie sich kurz an und nickte. Ja, das genügte auch. Schließlich wurde Hinata aufs Bett geführt und zögernd begann er sein T-Shirt auszuziehen, die Zwillinge taten es ihm gleich. Hier sah man schon gewisse Unterschiede zwischen den beiden, was den Körperbau betraf. Katsuya hatte das, was man wohl als perfekten Körper bezeichnen konnte. Er hatte den typischen Körperbau eines Sportlers und war auch leicht gebräunt. Takashi war weniger muskulös, hatte aber etwas breitere Schultern und wirkte auch etwas größer als Katsuya, obwohl sie beide gleich groß waren. Er selbst fühlte sich mit seinem schmächtigen Körper nicht sonderlich wohl, vor allem wegen einem besonders unschönen Makel. Instinktiv verschränkte er die Arme vor dem Oberkörper, um sich noch irgendwie zu verstecken. Aber leider tat er es zu spät, denn da fuhr Takashi über seinen linken Oberarm, wo sich drei alte Narben befanden. „Was ist denn da passiert?“ fragte der ältere Zwilling. „Das sieht aus wie…“ „Ein Unfall“, erklärte Hinata hastig und zog seinen Arm weg. „Ist nicht der Rede wert.“ „Sieht aus, als hätte da jemand eine Zigarette da ausgedrückt“, bemerkte nun Katsuya. „Aber macht man so was nicht für gewöhnlich auf den Unterarmen?“ „An der Stelle ist man am empfindlichsten“, erklärte Takashi und eine Spur Ernst war in seiner Miene zu sehen. „Und man sieht es nicht sofort. Hinata, wie ist das passiert?“ Der schüchterne Student senkte den Blick. Er konnte es ihnen nicht sagen. Die beiden waren so gut zu ihm, aber er durfte niemandem die Wahrheit sagen. Er hatte einfach vor den Konsequenzen Angst. „Ich wurde in der Mittelschule gemobbt“, erklärte er nur. „Und da hat einer von den älteren das gemacht.“ „Hast du mit niemandem darüber gesprochen?“ Ein Kopfschütteln kam zur Antwort. Hieraufhin trat Katsuya näher an ihn heran und streichelte ihm aufmunternd den Kopf. „Wenn dich irgendjemand schikanieren sollte, dann sag es uns, okay? Wenn du dich nicht selber verteidigen kannst, dann werden wir dir helfen.“ „Katsuya kann es mit jedem aufnehmen, wenn er will“, pflichtete Takashi kopfnickend bei. Etwas verlegen lächelte Hinata und auch wenn das alles ihn ein wenig überrumpelte, freute er sich darüber, dass die Zwillinge so etwas für ihn tun wollten. Schließlich aber wurde Hinata zum Bett geführt und als er Platz nahm, setzte sich Katsuya sogleich hinter ihn und legte einen Arm um seinen Körper, streichelte über seine Brust und küsste seine Halsbeuge. Erst erschauderte der 20-jährige und wusste nicht, ob er es wirklich zulassen sollte. So ein Körperkontakt war für ihn so ungewohnt und neu und ein wenig überfordert war er auch. Normalerweise hatte er Angst davor, angefasst zu werden und ließ solch eine Berührung auch nicht zu. Aber hier fiel es ihm schwer, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Vielleicht lag es am Alkohol, vielleicht aber auch daran, dass es die Zwillinge waren, die so etwas mit ihm machten. Als er aber dann spürte, wie der jüngere Zwilling seine Brustwarzen umspielte, da zuckte er kurz erschrocken zusammen, als er diese plötzliche Berührung spürte und dann noch an so einer Stelle. „Fühlt sich das unangenehm an?“ „Nein“, antwortete Hinata mit leicht zitternder Stimme. „Es fühlt sich nur so ungewohnt an.“ Nun kam auch Takashi aufs Bett und entkleidete Hinata unten rum, was für diesen umso beschämender war und er wandte schnell den Blick ab, wobei er „Bitte sieh nicht hin“ stammelte. Doch der ältere Zwilling erklärte nur „Es gibt nichts, wofür du dich zu schämen brauchst.“ Aber für Hinata, der keinerlei Erfahrung in solchen Sachen hatte und eh schon so extrem scheu war und Berührungsängste hatte, war es peinlich, dass man ihn so sah und versuchte instinktiv, sein Gesicht zu verstecken. Die Zwillinge störte das nicht im Geringsten. Viel eher bestärkte es sie nur in ihrer Ansicht, dass Hinata einfach nur süß war. „Warum muss man bei so etwas nackt sein?“ jammerte er leise. Die Frage war natürlich mehr als dämlich, er wusste ja, wie Sex funktionierte, aber es war eben bei weitem anders, als sich so etwas vorzustellen, oder tatsächlich splitterfasernackt vor jemanden zu sitzen, der mit einem schlafen wollte. „Du kannst dich natürlich wieder anziehen“, flüsterte Katsuya ihm frech ins Ohr. „Aber dann hättest du nur halb so viel Spaß.“ „Na gut“, stammelte Hinata und verbarg immer noch das Gesicht hinter seinen Händen. „Aber macht bitte nichts Schlimmes, ja?“ Zwar hatte er keine großartigen Vorstellungen, was Takashi gleich mit ihm machen würde, aber da er eh schon so nervös war, spielten sich natürlich die schlimmsten Szenarien vor seinen Augen ab und teilweise ging die Fantasie so weit mit ihm durch, dass er sich letzten Endes noch gefesselt da liegen sah, während die Zwillinge ziemlich perverse Sachen mit ihm trieben. Das hatte man davon, wenn man sich im Alter von 17 Jahren versehentlich einen BDSM-Porno ansieht. Als er dann plötzlich spürte, wie eine warme, feuchte Zunge über die Spitze seines Gliedes glitt, da kreischte er kurz erschrocken auf und im nächsten Moment ließ Takashi Hinatas Penis gänzlich in den Mund gleiten. Der schüchterne Kunststudent wurde von einem unbeschreiblichen Gefühl überwältigt und konnte es zunächst nicht einordnen. Ein fürchterliches Chaos entstand in seinem Kopf und es war so intensiv, dass er Angst davor bekam. Seine erste Reaktion war Abwehr. Er wollte Takashi wegdrücken, doch da hielt Katsuya seine Handgelenke fest. „Ta-Takashi… was… was machst du…“ „Dafür sorgen, dass du dich gleich viel besser fühlen wirst.“ Hinata riss die Augen auf und sah, was Takashi da machte. Und umso fassungsloser war er, dass der ältere Zwilling ihn gerade mit seinem Mund befriedigte. Warum machte er so etwas? Das war ihm in dieser Situation einfach unbegreiflich und umso mehr schämte er sich, dass es sich auch noch so gut anfühlte. Ein Kribbeln ging durch seinen Körper und auch wenn er noch ein wenig Angst davor hatte, all diese Dinge zu fühlen, war es aber nicht so, dass es ihm unangenehm war. Als Katsuya merkte, dass Hinata sich langsam ein wenig beruhigte, ließ er ihn wieder los und begann dafür wieder seine Brustwarzen zu kneten, um ihn noch zusätzlich in Stimmung zu bringen. Zugegeben, es war zu Anfang vielleicht ein wenig skeptisch gewesen, ob so ein Dreier wirklich umsetzbar war und dann noch mit Takashi. Normalerweise hätte er so eine Idee auch niemals vorgeschlagen, denn er war jemand, der nicht gerne teilte. Doch bei Takashi war es anders, denn ihn kannte er schon sein ganzes Leben und ihm hatte er schon immer blind vertrauen können. Aber bis jetzt verlief es ganz gut und er musste zugeben, dass auch er seinen Spaß bei der Sache hatte, auch wenn er sich erst mal zurückhalten würde. Er sah selbst ein, dass Takashi das deutlich bessere Händchen für diese Situation hatte, was aber nicht hieß, dass er sich nicht auch noch sein Vergnügen holen würde. Das würde er definitiv, aber erst, nachdem sich Hinata an solche Sachen gewöhnt hatte. Dann würde er ihn noch an ganz andere Sachen gewöhnen. Als er sich den Spaß raus nahm und spielerisch über Hinatas Ohr leckte, spürte er, wie der schüchterne Kunststudent vor Erregung zitterte und leise keuchte. Offenbar versuchte dieser mit aller Macht, seine Stimme zu unterdrücken, was ihn irgendwie noch niedlicher machte. Hinata war in der Hinsicht einfach komplett anders als die ganzen Weiber, die er gehabt hatte. Er war scheu wie ein kleines Reh und einfach nur niedlich, dass er schon regelrecht darauf brannte, ihm die Fesseln anzulegen. Aber alles zu seiner Zeit. Hinata hatte wirklich Mühe, ruhig zu bleiben, doch Katsuya machte ihm das fast gänzlich unmöglich und er kämpfte wirklich mit sich. Das alles war unbeschreiblich intensiv, dass ihm ganz schwindelig wurde und wahrscheinlich lag das auch teilweise am Alkohol. Ihm wurde immer wärmer zumute und dieses Kribbeln in seinen Lenden wurde immer stärker. „Mh…“ Oh nein, er kannte dieses Gefühl. Wieder versuchte er Takashi wegzudrücken, als er realisierte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. „Takashi“, keuchte er und versuchte erneut, ihn abzuhalten, doch es wollte ihm nicht gelingen. „Bitte hör auf… ich… ich kann nicht…“ Doch da war es schon zu spät. Im selben Moment, wo er es schaffte, Takashi von sich zu drücken, brachen endgültig die Dämme und Sterne explodierten vor seinen Augen, als er zu seinem Orgasmus kam. Und zu seinem größten Entsetzen war das Sperma auf das Gesicht des älteren Zwillings gespritzt. Und als Katsuya dann auch noch lachte und kommentierte „Ich glaub, du hast da was im Gesicht, Bruderherz…“, da wurde es für den zwei Jahre jüngeren Kunststudenten endgültig zu viel. In seinen Augen sammelten sich Tränen und tiefe Scham überkam ihn. „Es tut mir leid“, brachte er mit zitternder Stimme und sah aus, als wäre er einem Heulkrampf nahe. „Es tut mir so leid! Ich wollte das nicht!“ „Beim nächsten geistreichen Kommentar deinerseits gibt’s was auf die Ohren“, grummelte Takashi zu Katsuya, der auch selber merkte, dass das wohl gerade nicht sehr clever von ihm war. Takashi schnappte sich ein Taschentuch und säuberte damit sein Gesicht. „Ist doch nicht die Welle, so was passiert halt“, erklärte er, um Hinata wieder ein wenig zu beruhigen. „Wenn man sich liebt, dann stört es einen auch nicht. Und wir lieben dich eben halt, Hinata. Also brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Das zeigt doch nur, dass es dir gefallen hat, oder nicht? Daran ist doch nichts schlimm.“ Hier sah Hinata auf und tatsächlich schien er sich wieder ein wenig zu beruhigen und hörte auch zu schluchzen auf. „Dann hasst ihr mich nicht dafür?“ „Warum denn?“ fragte Katsuya und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich glaub nicht, dass du uns so schnell dazu bringen könntest, dich zu hassen.“ Diese Worte ließen den Kunststudenten erleichtert aufatmen. Er wollte nicht, dass die Zwillinge ihn hassten oder wütend auf ihn waren, nachdem er heute so viel Spaß mit ihnen gehabt hatte. Er wusste ja selbst, dass er seinen Mitmenschen mit seiner extremen Unsicherheit ziemlich auf die Nerven gehen konnte. Meist wandten sich die anderen von ihm ab, wenn sie ihn erst mal halbwegs kennen gelernt hatten. Darum hatte er hatte er sich auch daran gewöhnt, lieber allein zu sein. Nachdem er sich wieder vollständig beruhigt hatte, sah er, wie Takashi ein wenig von der Salbe auf die Hand gab. „Leg dich am besten hin und zieh die Beine an.“ Hinata gehorchte und legte dabei seinen Kopf auf Katsuyas Schoß ab. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er war furchtbar nervös. Er überlegte kurz, ob er das Ganze nicht lieber abbrechen sollte, aber andererseits wollte er es wenigstens versuchen. Takashi riet ihm, am besten tief durchzuatmen und sich zu entspannen und vielleicht erst mal an etwas zu denken, was ihn beruhigen konnte. Doch irgendwie schaffte er es nicht wirklich, sich zu konzentrieren, da in seinem Kopf das komplette Chaos herrschte. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Als er dann aber eine Berührung an seinem Gesäß spürte, wurde er wieder deutlich nervöser und suchte Katsuyas Hand, damit er eine Art sicheren Halt hatte. Langsam und vorsichtig schob sich ein Finger durch seinen Schließmuskel und vor Schreck verkrampfte sich Hinata sofort, was sich als etwas schmerzhaft entpuppte. „Alles in Ordnung?“ erkundigte sich Takashi. „Es… es fühlt sich so komisch an. Und es tut weh…“ „Wenn du dich entspannst, wird es besser.“ Hinata versuchte, wieder tief durchzuatmen und seine Nervosität zu vergessen. Es dauerte aber, bis er sich entspannen konnte. Nach und nach drang Takashis Finger tiefer in seinen After ein und tastete sich weiter voran. Als er dann schließlich tief genug war, begann er ihn vorsichtig wieder zurückzuziehen, nur um dann wieder aufs Neue tief einzudringen. Es war ein seltsames Gefühl und Hinata konnte nicht genau sagen, dass es ihm jetzt wirklich gefiel. Aber es war auch nicht unangenehm. Nie hätte er gedacht, dass es sich so anfühlte. Zwar hatte er sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie sich Sex mit anderen Männern anfühlte, aber wirklich eine Vorstellung konnte er sich nicht machen und er hatte sich auch nie getraut, in diese Richtung zu experimentieren. Und nun passierte es gerade. So wirklich glauben konnte er es immer noch nicht. Eine Weile beließ es Takashi nur bei einem Finger, bis er dann schließlich einen zweiten hinzunahm. Langsam aber sicher gewöhnte sich Hinata daran und er klammerte sich auch nicht mehr so sehr an Katsuya fest. So schlimm war es ja wirklich nicht. Als Takashi schließlich der Meinung war, es würde genügen, zog er seine Finger wieder heraus und begann seine Hose zu öffnen. Doch kaum, dass Hinata sah, was der ältere Zwilling in seiner Hose hatte, da bekam er endgültig kalte Füße. „I-i-ich glaub, ich kann das nicht“, brachte er hervor. „Ich… ich glaub, ich bin noch nicht soweit.“ Verdammt, jetzt hatte er es gesagt. Er hatte den beiden eine klare Absage erteilt, obwohl sie so geduldig mit ihm waren. Jetzt hassten sie ihn endgültig. Wieder brach Hinata in Tränen aus, doch dieses Mal wurde es wirklich einem heftigen Schluchzen. Warum nur war er auch so ein verdammter Feigling? Es war doch immer wieder dasselbe. Wenn er jemanden kennen lernte, der ganz nett war, wurde er von seinen ganzen Ängsten und Unsicherheiten völlig durcheinander gebracht und dann hatte man endgültig die Nase voll mit ihm. Mit den Itamu-Zwillingen würde es sich doch auch nicht anders verhalten. Sie würden auch genug von ihm haben, gehen und sich nie wieder melden. Wahrscheinlich würden sie dann auch so tun, als wäre er Luft oder ihn herumschubsen und niedermachen. So war es doch immer gewesen, warum sollte es denn jetzt bitte anders sein? Doch dann spürte er plötzlich eine Hand, die seinen Kopf streichelte. Es war Katsuyas Hand. Der jüngere Zwilling lächelte verständnisvoll. „Hey, das ist doch okay. Warum weinst du denn?“ „Ihr habt doch sicher keine Lust mehr, mit so einem wie mir weiterhin noch etwas zu tun zu haben. Ich meine… ihr seid so gut zu mir und was ist? Ich mach nur Probleme…“ „Ach was, das ist doch Quatsch“, winkte Katsuya ab und auch Takashi fügte hinzu „Du bist nicht der Erste, der kalte Füße kriegt. Wenn du dich nicht bereit fühlst, dann ist das eben so und besser du sagst es jetzt, als dass du dich selbst zu etwas zwingst, was du nicht willst und dir noch selbst alles schlimmer machst. Dann machen wir eben für heute an dieser Stelle Schluss und treffen uns halt die Tage noch mal, um einander näher kennen zu lernen.“ „Es gibt eben halt Menschen, die es gleich beim ersten Date wollen und manche brauchen einfach Zeit.“ Immer noch flossen ungehindert Tränen Hinatas Wangen hinunter. Er konnte nicht glauben, dass die beiden ihn nicht abservieren wollten, nur weil er Angst hatte. Das nahm ihm wirklich einen immens großen Stein vom Herzen. „Danke“, schluchzte er und wischte sich die Tränen weg. „Ich… ich würde mich wirklich gerne noch mal mit euch treffen, wenn es in Ordnung wäre. Es hat mir wirklich großen Spaß gemacht.“ Also saßen sie den Rest des Abends noch zusammen, tranken ein wenig und Katsuya machte sich einen Spaß daraus, sich die Mangazeichnungen von Hinata durchzulesen und ihn ein bisschen damit zu necken. So nahm der Tag noch ein schönes Ende. Kapitel 3: Das zweite Treffen ----------------------------- Die Nacht hatte Hinata nicht sehr gut geschlafen, was aber nicht daran lag, weil der Tag nicht schön gewesen war. Ganz im Gegenteil. Er war so aufgeregt wie schon seit langem nicht mehr und er hatte den Tag immer und immer wieder in seinem Kopf abspielen lassen und vor allem musste er daran denken, wie es sich angefühlt hatte, als die zwei ihm so nahe gekommen waren. Auch war ihm so, als würde er immer noch dieses fremdartige Gefühl in seinem Anus spüren. Es war wirklich ganz anders gewesen, als er sich vorgestellt hatte. Nicht, dass es unangenehm gewesen war. Nein, es war für ihn einfach nur so ungewohnt gewesen und er ärgerte sich insgeheim, dass er es nicht geschafft hatte, sich zusammenzureißen und es durchzuziehen. Stattdessen hatte er wie immer einen Rückzieher gemacht und die Zwillinge abgewiesen. War das wirklich richtig gewesen? Hätte er nicht vielleicht besser weitermachen sollen? Aber Takashi hatte gesagt, dass er sagen sollte, wenn er es nicht wollte. Und sie hatten beide Verständnis dafür gezeigt, dass er noch nicht soweit war. Dennoch plagte ihn die ganze Zeit das schlechte Gewissen, dass er einen Rückzieher gemacht hatte. Was, wenn sie trotzdem sauer auf ihn waren, auch wenn sie versichert hatten, dass es vollkommen in Ordnung war, dass er nein gesagt hatte? Vor allem beschäftigte es ihn, dass Takashi ihn gar nicht wegen seiner anderen Narben angesprochen hatte. Immerhin hätte er sie doch auf jeden Fall sehen müssen. Hatte er extra nichts gesagt oder hatte er einfach nicht gewusst, wie er ihn darauf ansprechen sollte? Was hatte er wohl dabei gedacht, als er gesehen hatte, was Hinata lieber niemandem zeigen wollte, weil es nur schlimme Erinnerungen an früher weckte? Selbst am nächsten Morgen konnte er an nichts anderes denken und fühlte sich schlecht. Müde war er obendrein auch, da er kaum geschlafen hatte. Als er am Morgen am Tisch saß und sich sein Frühstück machte, setzte er sich vor den Fernseher und sah sich einen Anime an, den er erst kürzlich entdeckt hatte und der auch seinem Geschmack entsprach. Er sah sich lieber Lustiges oder Romantisches an und hasste Horror, extreme Gewaltdarstellungen, Hentais oder Animes mit düsterer Handlung. Meist sah er sich einfach ein paar Shonen-Ai Animes an, weil sie meist süß, herzerwärmend und romantisch waren. Vor drei Jahren hatte er Junjo Romantica und später Sekaiichi Hatsukoi für sich entdeckt. Auch davor hatte er gerne Mangas in diesem Genre gelesen, allerdings immer nur heimlich, damit sein Vater nichts mitbekam, ansonsten wäre dieser noch komplett ausgerastet. Romanzen zwischen Mann und Frau sah er sich für gewöhnlich nicht an, da es ihm irgendwie unangenehm war, so etwas zu tun. Er konnte sich nicht helfen, aber es war einfach so, als wäre es falsch, was er da tat und als würde er sich etwas Unanständiges ansehen. Als er gerade dabei war, sich die nächste Folge „Sekaiichi Hatsukoi“ anzusehen, um zu sehen, ob Ritsu nun endlich seine sture Art ablegen und Takano sagen würde, dass er ihn liebte, meldete sich plötzlich sein Handy. Es war Katsuya, der ihm eine SMS geschrieben hatte: Moin Hinata Hast du heute Zeit? Wir würden uns freuen, wenn du heute Mittag um 13 Uhr vorbei kommst ;-) Hinatas Augen wurden groß und er las die SMS wieder, dann noch mal und sah die Zeichen, die Katsuya geschrieben hatte. Ein Herz und einen Smiley. Die beiden wollten ihn nachher wiedersehen. Dann waren sie also wirklich nicht böse auf ihn. Erleichtert atmete er auf und schrieb zurück, dass er gerne gleich vorbeikommen würde. Als er dann die Nachricht abschickte, schlich sich ein schüchternes Lächeln über seine Lippen. Was für ein Glück. Die Zwillinge waren ihm nicht böse und sie wollten ihn heute wieder treffen. Also hatte er sich mal wieder absolut unnötig Sorgen gemacht. Nachdem Hinata aufgeräumt hatte, machte er sich gegen Mittag auf den Weg und fuhr mit dem Fahrrad zum Haus der Itamu-Brüder, die wesentlich komfortabler lebten, was ja auch daher kam, weil sie eben aus einem reichen Elternhaus kamen und so etwas eben finanziert bekamen. Gleich schon als er das Haus sah, musste Hinata schlucken, denn es war ein wirklich großes Haus. Ein wenig zu groß für nur zwei Leute. Als er anklingelte, öffnete ihm Katsuya, der wie immer ein fröhliches Grinsen auf den Lippen hatte und den Anschein erweckte, als würde er Sonnenstrahlen zum Frühstück gehabt. Es schien wohl so gut wie nie vorzukommen, dass er mal keine gute Laune hatte. „Hey Hinata, du kommst gerade richtig. Takashi ist gerade in der Küche und kocht was. Wenn du willst, kannst du ja mitessen.“ Kochen? Irgendwie fiel es Hinata schwer, sich einen der Brüder beim Kochen vorzustellen. Insgeheim hatte er immer gedacht, sie würden lieber auswärts essen, aber anscheinend waren die beiden bodenständiger, als man es gedacht hätte. Er nahm das Angebot gerne an und folgte dem jüngeren Zwilling ins Haus, welches wirklich sehr schön eingerichtet war. Es war ziemlich groß und die Möbel waren hochwertig. Hieran sah man deutlich, dass die beiden wohlhabende Eltern hatten. Ein kleines bisschen neidisch wurde der Kunststudent schon. Etwas zögernd folgte er ihm in die Küche, wo er auch schon Takashi am Herd stehen sah. Es duftete wirklich verführerisch und man sah dem älteren Bruder an, dass er hochkonzentriert war, was darauf schließen ließ, dass er jemand war, der das Kochen und wahrscheinlich auch die anderen häuslichen Pflichten ernst nahm. Als Katsuya aber nach ihm rief, wandte er sich zu ihm um und diese ernste Konzentration in seinem Blick wich nun einem freundlichen und einladenden Lächeln. „Tagchen, Hinata. Magst du mitessen? Es gibt gleich Chashu-men und ich hab einfach mal etwas mehr gekocht.“ „Gerne“, antwortete Hinata etwas schüchtern. „Ich… ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst, Takashi.“ „Einer muss es ja machen“, erklärte der ältere Zwilling. „Katsuya hat das Talent, selbst Wasser anbrennen zu lassen und er ist ein hoffnungsloser Chaot.“ „Einer muss doch für Chaos sorgen“, entgegnete der Brillenträger frech und legte dann einen Arm um Hinatas Schultern. „Wenn du magst, kannst du dich schon mal ins Wohnzimmer setzen. Ich komm sofort nach.“ Etwas unsicher nickte Hinata und ging. Man sah ihm sofort an, dass er ziemlich verunsichert war, in einem so großen Haus zu sein und gar nicht so recht wusste, wo er hingehen sollte. Nachdem Katsuya Hinata den Weg ins Wohnzimmer gezeigt hatte, kam er in die Küche zurück und schloss die Tür hinter sich, woraufhin auch sein fröhliches Lächeln schwand und er auch ernster wurde, als er zu seinem älteren Bruder sah. „Was ist mit dir los?“, fragte er ihn. „Seit wir gestern zurück sind, bist du so still und irgendetwas scheint dich zu beschäftigen. Die ganze Zeit schon ziehst du so eine ernste Miene, als wäre jemand gestorben. Was ist los, Takashi?“ „Schon gut“, murmelte der ältere Zwilling nur und es war allzu deutlich, dass er nicht darüber sprechen wollte. Und das verwunderte Katsuya, denn normalerweise redeten sie über alles und wenn es halt nur irgendwelcher Unsinn war. „Bist du gefrustet, weil er gestern einen Rückzieher gemacht hat?“ „Nein. Ich… ich möchte nicht jetzt mit dir darüber sprechen, okay? Nicht jetzt, wo Hinata gerade hier ist.“ So langsam fragte sich der Sportbegeisterte, ob er sich nicht Sorgen machen sollte, wenn Takashi schon so reagierte. Da er aber wusste, dass es jetzt keinen Sinn hatte, mit ihm weiter darüber zu sprechen, seufzte er geschlagen und nahm schon mal das Geschirr mit ins Wohnzimmer. „Okay, okay. Dann eben später. Aber dann rückst du mit der Sprache raus, klar?“ Damit verschwand Katsuya ins Wohnzimmer. Als Katsuya und wenig später auch Takashi kamen, saßen sie gemeinsam zusammen und wie sich herausstellte, war Takashi wirklich ein guter Koch. Nach dem Essen half Hinata beim Aufräumen und dabei kamen sie ins Gespräch. So zum Beispiel als Katsuya sich nach seinen Hobbys erkundigte. Als er gestand, dass er eine Schwäche für Animes hatte, rief der Sportbegeisterte sofort „Hey, dann sprechen wir direkt auf demselben Niveau. Takashi und ich sind damit aufgewachsen. Also ich mag ja am liebsten viel Action so wie Naruto oder Dragonball, meinetwegen auch Gintama. Aber…“ und hier zog sich ein breites Grinsen über sein Gesicht. „Nichts schlägt einen guten Ecchi oder Hentai.“ „Mal wieder typisch für dich“, murmelte Takashi kopfschüttelnd, der gerade die Messer spülte. „Seit du in die Pubertät gekommen bist, hast du auch nur Flausen im Kopf. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, musst du mich auch noch damit reinziehen. Ich für meinen Teil werde dir nie verzeihen, dass du mir diesen Scheiß School Days angetan hast.“ „Was konnte ich dafür, dass sich ein romantischer Schulharem-Anime so entwickelt, dass der Typ noch unerträglicher als Hämorrhoiden wird und hinterher von seiner schwangeren Ex abgestochen wird? Ich hatte doch auch keinen Plan, dass der Anime so dermaßen scheiße ist.“ „Und was war mit diesem Yaoi?“ „Ich dachte, der Bengel wäre ein Mädchen! Er sah wie ein Mädchen aus und hat sich wie eins gekleidet! Ich dachte es wäre eine ganz normale nicht schwule Heteroromanze, die nichts damit zu tun hat, dass irgend so ein perverser Sack einen Minderjährigen nagelt.“ „Sprecht ihr von Boku no Pico?“ Überrascht wanderten die Blicke der Itamu-Brüder zu Hinata, der die kleine Auseinandersetzung schweigend passiv mitverfolgt hatte. Offenbar hatten sie nicht damit gerechnet, dass er sich so etwas angucken würde. Katsuya fand als erstes wieder Worte. „Du… du guckst allen Ernstes solche Sachen?“ Der Kunststudent nickte, wandte aber verlegen den Blick ab. „Ich guck hin und wieder Shonen-Ai Animes und hab da auch Boku no Pico gesehen. Aber ehrlich gesagt war das nicht wirklich mein Fall…“ „Warte, warte, warte!“ rief Katsuya, der das immer noch nicht glauben konnte und das sah man ihm auch allzu deutlich an. Kein Wunder, denn wer hätte so einem schüchternen Kerl wie Hinata Amano zugetraut, dass er tatsächlich so etwas schaute, wenn er gestern noch in Tränen ausgebrochen war, als es zur Sache gehen sollte. „Du… du schaust dir Yaois an?“ Beschämt senkte Hinata den Blick und schwieg. Er wusste nicht, ob er jetzt vielleicht etwas Falsches gesagt hatte und ob die Zwillinge jetzt schlechter von ihm dachten. Hätte er vielleicht lieber nichts sagen sollen? Schließlich aber brach der Brillenträger wieder das Schweigen, denn nun wollte er es genau wissen. „Und schaust du dir auch Hentais an?“ Mit einem Kopfschütteln erklärte der Kunststudent „Nein, ich mag so etwas nicht. Ich… ich kann einfach keine nackten Frauen ansehen. Irgendwie kommt mir dieser Anblick so falsch vor.“ „Wieso denn?“ „Keine Ahnung. Ich glaub es liegt daran, weil ich damals mit 10 Jahren diesen Anime gesehen habe. Der war… irgendwie beängstigend. Eiken hieß er…“ Die Zwillinge sahen sich abwechselnd an und waren teils überrascht, teils aber wussten sie nicht direkt, wie sie das einordnen sollten. Takashi dachte nach und fragte seinen Bruder „Ist das nicht dieser Anime mit dieser durchgeknallten Bananen lutschenden Amazone und den Mädchen, die alle Riesenhupen haben?“ „Ach ja“, rief Katsuya, der sich nun erinnerte. „Ich fand ihn eigentlich ganz witzig. Aber als Wichsvorlage taugte der kein Stück…“ Ein giftiger Seitenblick kam von Takashi, während Hinata sichtlich beschämt dazu schwieg. Nach einer Weile fragte der Kunststudent „Und was magst du, Takashi?“ „Tja… ich bin mehr so für Horrorfilme oder Sachen wie Death Note und Attack on Titan. Aber ich schau auch mal gerne Filme von Hayao Miyazaki. Ansonsten geh ich gerne fotografieren oder fahr mit Katsuya Rad.“ Aufmerksam hörte Hinata den beiden zu und staunte nicht schlecht, wie verschieden die beiden Brüder eigentlich waren, obwohl sie sich zum Verwechseln ähnlich sahen. Und doch hatten sie auch Gemeinsamkeiten und verstanden sich gut. Katsuya war der Dynamische und Lebhafte, Takashi war der Vernünftige. Und sie beide konnten sich wirklich gut ausgleichen, wie Hinata schnell feststellte. Als ob sie sich abgesprochen hatten, wer welche Rolle übernehmen würde. So langsam aber sicher wich Hinatas Unsicherheit und er begann sich allmählich wohl in diesem Haus zu fühlen. Es fühlte sich so wunderbar an, mit jemandem Zeit zu verbringen und er hatte auch wirklich das Gefühl, als würden die beiden ihn verstehen und ihn auch so nehmen wie er war. Auch wenn er sich selbst so nicht leiden konnte. So fühlte es sich also an, Freunde zu haben… Nein, die beiden waren ja mehr als nur Freunde. „Ach ja, bevor wir es vergessen…“ Hier wandte sich Takashi wieder an Hinata, nachdem er kurz mit seinem Bruder geredet hatte. „In zwei Wochen beginnen ja die Semesterferien. Unser Onkel hat ein Strandhaus in Kamakura, das wir während der Ferien nutzen dürfen. Wenn du noch nicht anderweitig verplant bist und Lust hättest, kannst du gerne mitkommen. Wir würden uns jedenfalls freuen, wenn wir den Urlaub gemeinsam verbringen würden.“ Ein Strandhaus… in Kamakura… Hinata wusste erst nicht, was er dazu sagen sollte. Das kam sehr überraschend und er war auch erst mal ganz schön überwältigt. Er war noch nie an einem Strand gewesen. Familienausflüge hatte es in der Hinsicht nie gegeben und er hatte sonst niemanden gehabt. Aber er stellte es sich trotzdem schön vor. Und dann noch mit Katsuya und Takashi. Sofort sagte er „ja gerne!“ und begann sich bereits auszumalen, was sie wohl alles gemeinsam unternehmen würden. Sicher würde es ein wirklich schöner Urlaub werden. Und für ihn sein allererster, den er nicht allein verbrachte. Nur noch zwei Wochen… „Sag mal, Hinata…“, begann Katsuya, dem wohl etwas in den Sinn gekommen war. „Du kommst nicht aus Tokyo, oder? Soweit ich weiß, bist du wegen deinem Studium hierhergezogen, oder?“ „Ja“, antwortete der Kunststudent etwas zögerlich. „Ich komme eigentlich aus Fukuoka.“ „Echt? Das ist gut und gerne 12 Stunden mit dem Auto weg. Gab’s keine Uni in der Nähe, oder wolltest du unbedingt hierhin?“ Nun, eigentlich hätte es genügend Unis gegeben und er hatte sich eigentlich erst eine Uni in Hokkaido entschieden, was noch weiter weg gewesen war. Ihm war eigentlich jede Uni recht gewesen, solange er nur so weit weg wie möglich von zuhause war. Weit weg von seinem Vater, den er am liebsten nie wieder sehen wollte. Aber das konnte er nicht sagen. Wenn er das täte, würden die Zwillinge nachfragen und das wollte er nicht. Er wollte nicht über diese Dinge reden. „Ich hab gehört, an der Tokyo Uni hat man sehr gute Chancen für später, außerdem hab ich hier mehr Möglichkeiten, als Mangaka erfolgreich zu werden“, erklärte er ein wenig stammelnd und ihn plagte sogleich das schlechte Gewissen, weil er nicht ehrlich war. Aber zumindest war es nicht gelogen, denn letztendlich hatte er sich für Tokyo entschieden, weil er hier mehr Chancen hatte. Aber es änderte nichts daran, dass er nicht ehrlich zu den Zwillingen war. Zumindest fragten sie nicht noch weiter nach und beließen es dabei. „Trotzdem, dazu gehört echt Mut, so weit weg zu ziehen und das auch noch direkt nach der Schule“, meinte Katsuya und Takashi nickte beipflichtend. „Und wie stellst du es an, wenn du deine Familie besuchen willst?“ „Ich… ich telefoniere meistens mit ihnen.“ Nun hatte er wirklich gelogen. Seit er von zuhause weggezogen war, hatte er seine Eltern nicht ein einziges Mal angerufen. Er wollte es auch nicht. Die Sorge war zu groß, dass sie ihn finden könnten, nur konnte er das ja schlecht sagen. Takashi, der wohl bemerkte, dass ihm bei der ganzen Fragerei nicht wohl zumute war, wechselte schließlich das Thema, wobei er sich kurz räusperte. „Du sagtest, du möchtest Mangaka werden, nicht wahr? Wie wäre es, wenn wir dir dabei helfen, es an einen Verlag zu verschicken, wenn du dich nicht traust? Eine Freundin unserer Mutter arbeitet in einem und vielleicht kann sie ja mal schauen, ob sie helfen kann.“ „Das würdet ihr für mich machen?“ „Klar, immerhin lieben wir dich doch.“ Es war jedes Mal ein kleines bisschen erschlagend, das zu hören, auch wenn es lieb gemeint war. Zwar hatte Hinata inzwischen seine Nervosität gegenüber den Zwillingen schon so weit ablegen können, dass er nicht mehr nur herumstammelte, sondern auch vernünftige Sätze zustande brachte, aber so direkt eine Liebeserklärung zu hören, war immer noch ein bisschen viel für ihn und er wusste auch nicht so wirklich, wie er darauf reagieren sollte. Es war eben schwer, angemessen auf eine Liebeserklärung zu reagieren, wenn man noch nie im Leben eine erhalten hatte. Schüchtern lächelte er und spürte, wie seine Wangen erröteten. „Danke.“ Es war wirklich ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man geliebt wurde. Und für Hinata war es auch zwei Tage nach der Liebeserklärung der beiden unverständlich, was sie an ihm fanden. Er war nicht so sportlich und lebhaft wie Katsuya oder so selbstbewusst und durchsetzungsfähig wie Takashi. Im Grunde genommen hatte er charakteristisch rein gar nichts mit ihnen gemeinsam und er war auf seine Weise ein anstrengender Mensch, weil man viel Geduld mit ihm brauchte. Und die hatte nicht jeder. Er war nicht gut aussehend und trug immer diese langweiligen Pullunder, die ihn nicht selten wie einen Streber aussehen ließen. Und doch liebten ihn beide und das so sehr, dass sie gemeinsam mit ihm zusammen sein und die Semesterferien mit ihm in Kamakura verbringen wollten. Nie hätte er sich so etwas jemals vorstellen können. Er hätte einfach die Semesterferien teils zuhause in seiner Studentenwohnung verbracht und teils in der Firma, in der er während der Ferien im Büro aushalf, um sich etwas Geld zu verdienen. Und nun würde er das erste Mal einen Strand besuchen und mehr Zeit mit Takashi und Katsuya verbringen. Es war, als würde er immer noch träumen. Nachdem Hinata am Abend gegangen war, weil er noch ein paar Sachen für die Uni zu erledigen hatte, verschwand Takashi wortlos in sein Zimmer, um ein bisschen zu lesen. Als er sich gerade aufs Bett gesetzt hatte und lesen wollte, kam Katsuya herein. „Takashi, ich möchte es jetzt wissen“, rief der jüngere Bruder. „Ich hab doch gemerkt, dass du absichtlich das Thema gewechselt hast, als ich Hinata nach seiner Familie gefragt habe. Verheimlichst du irgendetwas oder habt ihr Geheimnisse vor mir?“ „Mach dich nicht lächerlich Katsuya“, entgegnete Takashi ruhig. „Wir beide sind erst seit Freitag mit ihm zusammen und keiner von uns war mit ihm alleine. Wie soll ich mit Hinata zusammen Geheimnisse haben?“ „Weil du mir etwas verschweigst und ich es wissen will, wenn es Hinata betrifft. Immerhin bist du nicht alleine mit ihm zusammen, sondern ich auch. Und wir haben vereinbart, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben, wenn wir mit ihm zusammen sind, sondern immer ehrlich zueinander sind. Und jetzt möchte ich gerne die Fakten auf dem Tisch haben. Wenn du so ernst und schweigsam bist, dann ist irgendetwas, das weiß ich doch.“ Nun legte Takashi den Manga beiseite und sah Katsuya ernst an. Es war nicht so, dass er absichtlich Dinge vor seinem Bruder verschwieg, weil er sich auf diese Weise irgendwelche Vorteile bei Hinata verschaffen wollte. Er machte sich nur Sorgen, dass Katsuya vielleicht überstürzt reagieren und Hinata mit seinem Verhalten verschrecken könnte, denn Katsuya hatte zwar das Herz am rechten Fleck, aber handelte manchmal schneller als er nachdachte und kannte das Wort „Zurückhalten“ nicht wirklich. Schließlich seufzte er geschlagen, denn er wusste, dass es eh keinen Sinn hatte. „Na gut, aber behandle das bitte vertraulich, okay? Sprich mit niemandem darüber und halte dich insbesondere bei Hinata zurück, wenn er nicht darüber reden will.“ „Klar doch. Was ist denn jetzt los?“ „Er hat Brandnarben.“ „Ja das weiß ich auch. Die an seinem Arm haben wir doch beide gesehen.“ „Ich rede nicht von denen an seinen Arm.“ Nun stutzte der Brillenträger. Hinata hatte noch andere Narben? Er konnte sich nicht so wirklich daran erinnern, welche gesehen zu haben. „Wovon sprichst du bitteschön?“ fragte er verständnislos, denn ihm fiel beim besten Willen nicht ein, was er übersehen haben könnte. Als er aber Takashis ernsten Blick sah, begann er zu ahnen, dass es nichts Gutes bedeuten konnte. „Er hatte Brandnarben im Genitalbereich.“ Katsuya starrte ihn an und sagte nichts. Er brauchte einen Moment um überhaupt zu verarbeiten, was er da gerade gehört hatte. „Was?“ fragte er. „Ich weiß nicht, was alles passiert ist“, seufzte Takashi und kratzte sich ratlos am Kopf. „Aber so wie das aussieht, ist er früher schwer misshandelt worden. Vielleicht auch missbraucht.“ „Scheiße…“, murmelte Katsuya und setzte sich nun zu Takashi. Nun verstand er auch das seltsame Verhalten seines Bruders. Vor allem aber verstand er auch Hinatas Verhalten und warum er so ängstlich und schüchtern war. „Meinst du er ist nach Tokyo gekommen, weil er vor seiner Familie flüchten wollte?“ „Gut möglich“, meinte Takashi, war sich aber dennoch nicht ganz sicher. „Gewissheit haben wir erst, wenn er darüber redet. Und ich glaube nicht, dass das so schnell der Fall sein wird. Deshalb möchte ich dich einfach bitten, dich zurückzuhalten, solange er nicht von selbst kommt. Ansonsten könnte er sich bedrängt fühlen und komplett dicht machen. Oder aber er ergreift die Flucht und wird uns aus dem Weg gehen. Und das wollen wir ja beide nicht.“ „Dann sollen wir also so tun, als wäre nichts?“ „Fürs Erste. Allein Hinata zuliebe. Ich denke, er ist extra so weit weg gezogen, um von dieser Geschichte loszukommen. Da sollten wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und alles aufs Spiel setzen. Wir sollten erst mal mehr Zeit mit Hinata verbringen, bevor wir mit dieser Geschichte ankommen.“ Ja, das sah Katsuya auch ein. Es war erst mal wichtig, wenn sie eine nähere Beziehung zu ihm aufbauten und sein Vertrauen gewannen, ehe sie ihn über so eine unangenehme Geschichte ausfragten. „Scheiße, Mann“, murmelte er wieder. „Ich kapier echt nicht, wer so krank ist und so etwas macht. Kein Wunder, dass er so ist…“ Kapitel 4: Ankunft in Kamakura ------------------------------ Es war heiß, stark bewölkt und furchtbar schwül. Obwohl es zwischendurch kühler geworden war, schien jetzt der Hochsommer in Kamakura begonnen zu haben. Genau richtig zu den Semesterferien. Hinata konnte es nicht glauben, dass es inzwischen schon zwei Wochen her war, seit die Zwillinge ihm ihre Gefühle für ihn gestanden und ihn knapp zwei Tage später gefragt hatten, ob er die Semesterferien mit ihnen zusammen im Strandhaus ihres Onkels verbringen wollte. Nachdem er zugesagt hatte und die Woche wieder begann, hatten sie die Mittagspausen zusammen verbracht und nachmittags hatten sie ihn zu sich nach Hause mitgenommen und gemeinsam essen gekocht. Er hatte auch seine ganzen Zeichnungen mitgebracht, damit die Zwillinge sie wie versprochen an den Verlag schicken konnten. Sonderlich wohl hatte er sich ja nicht dabei gefühlt, sie mit solchen Dingen zu belästigen, aber letztendlich hatten sie ihm ihre Hilfe ja quasi aufgedrängt, da konnte er eben schlecht nein sagen. Inzwischen war eine gewisse Entspannung eingekehrt, die insbesondere bei Hinata zu spüren war. Er war nicht mehr ständig so verkrampft, konnte vernünftig mit den Zwillingen reden ohne zu stammeln und er konnte auch ein klein wenig über Katsuyas anzügliche Kommentare lachen. Inzwischen hatte er schon so viel Zeit mit den Zwillingen verbracht, dass er gemerkt hatte, dass es halt zu Katsuyas Art dazuzählte. Wenn es ums Flirten ging, war er der größte Casanova, aber in Wahrheit konnte er auch ein „perverser Vollidiot mit Hormonüberschuss“ sein, nur mal um Takashis Worte zu zitieren. In den letzten Tagen vor Beginn der Semesterferien war Hinata fürchterlich aufgeregt gewesen und konnte an nichts anderes denken. Und nun war er tatsächlich in Kamakura, zusammen mit Takashi und Katsuya. Zwischendurch war Katsuya, der es sich neben Hinata gemütlich gemacht hatte, einfach eingeschlafen und war so tief im Traumland, dass ihn rein gar nichts aufweckte. Von Takashi erfuhr Hinata schließlich, dass das immer passierte, wenn sie verreisten. Egal ob per Auto, Bus oder Flugzeug, Katsuya würde sofort einschlafen, wenn er wusste, dass es länger dauern würde. Zugegeben, er hatte schon ganz niedlich ausgesehen, als er so tief geschlafen hatte. Als sie dann schließlich angekommen waren und aus dem klimatisierten Auto stiegen, wurden sie erst mal von der sengenden Hitze überwältigt. Es herrschten gefühlte Temperaturen von 40°C und der Schweiß sammelte sich auf Hinatas Stirn. Nie hätte er gedacht, dass es von einen Tag auf dem anderen so heiß werden konnte. „Ist das heiß“, murmelte er und atmete geräuschvoll aus. Während Takashi das Gepäck aus dem Kofferraum holte, versuchte Hinata den schlafenden Katsuya aufzuwecken, doch das gestaltete sich als etwas schwieriger als geplant, denn der sportbegeisterte Zwilling konnte schlafen wie ein Stein. „Den weckt so schnell nichts auf“, meinte der ältere Zwilling. „Wenn der erst mal wieder seine „besonderen“ Träume hat, muss man ihn schlimmstenfalls wachprügeln. Oder aber jemand küsst ihn wach.“ „Wachküssen?“ „Na du weißt schon: wie bei Schneewittchen halt.“ Hinata starrte den friedlich schlafenden Katsuya an und fragte sich, ob das wirklich die einzige Möglichkeit war, ihn aufzuwecken. Zugegeben, in den letzten 14 Tagen hatten sie viel Zeit zusammen verbracht und am Wochenende hatte es ein weiteres Date gegeben. Es hatte auch zwischendurch mal Händchenhalten und kurze, zärtliche Küsse gegeben. Allerdings hatte er nie die Initiative ergriffen, weil er sich das nie so wirklich getraut hatte. Eigentlich war es doch so, dass er auch mal etwas Initiative zeigen musste, wenn er beweisen wollte, dass es ihm ernst war. Na komm, dachte sich Hinata und versuchte, seinen Mut zusammenzunehmen. Es ist nur ein kleiner Kuss und der wird dich nicht umbringen. Hinata beugte sich direkt über Katsuya und versuchte, sich dazu zu bringen, es endlich zu tun. So schwer konnte es doch nicht sein, jemanden zu küssen und außerdem schlief der jüngere Zwilling, da sollte es doch kein Problem sein. Eine Stimme in seinem Kopf rief regelrecht, es endlich zu tun, doch sein Körper gehorchte ihm einfach nicht. Stattdessen starrte er den Schlafenden einfach nur untätig an, bis dieser dann plötzlich aufwachte. Hinata rutschte fast das Herz in die Hose, als die hellbraunen Augen des 22-jährigen auf seinen ruhten und er selbst so langsam merkte, wie bescheuert das wohl gerade aussehen musste. „Äh…“, begann Hinata und wusste nicht so recht, was er sagen sollte, aber weiter kam er auch nicht, denn da war Katsuya schneller und küsste ihn. „So möchte ich jedes Mal aufgeweckt werden“, meinte er schließlich und grinste fröhlich. „Bist du auch endlich mal wach, du Schlafmütze?“ rief Takashi. „Dann kannst du mir endlich mal mit den Koffern helfen, anstatt mal wieder nur herumzublödeln.“ Um ihn nicht noch weiter zu verärgern, stieg Katsuya aus und gemeinsam trugen sie die Koffer ins Haus. Nun, es handelte sich weniger um ein einfaches Strandhaus, sondern um die Luxussaustattung für Reiche und Hinata traute sich erst gar nicht so wirklich, reinzukommen. Alles sah so teuer aus, dass er befürchtete, sein Leben lang bezahlen zu müssen, wenn er etwas kaputt machte. Das Strandhaus verfügte über zwei Etagen, einen privaten Strandbereich, es gab eine große Außenterrasse und einen Whirlpool. Wie er erfuhr, gab es sogar eine Sauna und einen Indoor-Pool und einen Whirlpool. Bei so viel Luxus wurde ihm fast schon schwindelig. „Das ist sicher ziemlich teuer gewesen…“ „Jep. Ein kleines Vermögen hat es schon gekostet, aber unser Onkel besitzt ein eigenes Aktienunternehmen und kann sich so einen Spaß locker erlauben. Normalerweise wohnt er während der Ferien hier mit unseren Cousinen, aber dieses Jahr fliegen sie nach Frankreich, weshalb wir hier wohnen dürfen. Hier können wir uns überall austoben. In der Sauna, im Whirlpool…“ „Am Strand“, ergänzte Hinata, der schon von draußen das Meer hatte rauschen hören. „Keine gute Idee“, meinte Katsuya. „Bei Sex am Strand hat man hinterher die Arschbacken voller Sand und außerdem brennt der ziemlich.“ „Du hast aber auch nur das Eine im Sinn“, grummelte Takashi und gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. „Mal wieder typisch für dich.“ Hinata versuchte sich vorzustellen, wie das wohl war, es am Strand zu machen, doch schnell verwarf er diesen Gedanken wieder. Das war ihm nun doch ein bisschen zu viel des Guten. Takashi schaltete die Klimaanlage an, woraufhin ein angenehm kühles Lüftchen wehte. Eine wahre Wohltat bei diesem mehr als drückenden Wetter. „Für heute haben sie Gewitterwarnung vorausgesagt“, erklärte der ältere Zwilling. „Darum gehen wir erst morgen zum Strand. Wir können aber nachher mal den Pool ausprobieren. Hinata, ich zeig dir eben dein Zimmer.“ Hinata folgte dem älteren Zwilling rauf in die obere Etage in ein Zimmer, welches sehr groß war. Es gab hier einen Plasmafernseher, einen Computer ein sehr großes Bett und man hatte einen schönen Ausblick aufs Meer. Staunend sah er sich um. Hier also würde er die nächste Zeit wohnen. Das war schon fast zu schön um wahr zu sein. Takashi versicherte ihm, dass er hier alles benutzen durfte. „Du kannst jederzeit in den Pool und in die Sauna. Wenn du gegen Abend zum Strand willst, sagst du lieber Bescheid. Manchmal treiben sich hier in Kamakura komische Typen herum, die auch mal Ärger machen. Insbesondere wenn sie getrunken haben. Zwar ist der Strand vor dem Haus Privatstrand, aber trotzdem kommen schon mal Leute unbefugt hierher.“ Tja, selbst ein Privatstrand schien wohl keine hundertprozentige Garantie dafür zu sein, dass man vor pöbelnden Urlaubsgästen sicher war. Hinata versprach, diesen Ratschlag zu beherzigen und so begannen sie die Koffer auszupacken. Katsuya, der immer noch etwas müde war und der offenbar wegen dem Wetter mit Kopfschmerzen zu kämpfen hatte, zog sich in sein Zimmer zurück und entschuldigte sich für den Rest des Tages. Hinata, der besorgt mitbekam, dass es dem Sportbegeisterten nicht gut ging, wandte sich an Takashi. „Meinst du, er wird vielleicht krank?“ „Ach was“, meinte dieser mit einer abwehrenden Handbewegung. „Er verträgt nur das schwüle Wetter nicht so gut, da bekommt er schon mal Kopfschmerzen. In dem Fall legt er sich halt hin und schläft viel, dann ist er am nächsten Tag wieder fit wie ein Turnschuh und wird denselben Unsinn wie immer reden, als sei nichts gewesen. Schwüle Tage sind so ziemlich die einzigen Tage, wo er auf Sparflamme läuft. Da brauchst du dir mal keine Sorgen zu machen.“ Erleichtert atmete Hinata durch. Na wenigstens war es nichts Schlimmes. Als er mit Auspacken fertig war und sich im Haus ein wenig umgesehen hatte, wollte er den Whirlpool mal ausprobieren. So etwas hatte er bisher noch nie ausprobiert und war schon neugierig, wie sich das wohl anfühlte. Als er den „Keller“ ging, fand er den Wellnessbereich. Einen Pool zum Schwimmen, einen Whirlpool und nicht weit entfernt eine europäische Sauna. So verbrachten die Reichen also ihren Sommer? Irgendwie kaum zu glauben, vor allem weil Takashi und Katsuya diesen Luxus nicht so wirklich hatten. Zwar lebten sie in einem großen Haus, aber soweit er wusste, hatten sie keinen Pool und so. Ob es wirklich in Ordnung war, den Whirlpool mal auszutesten? Nun, Takashi hatte jedenfalls gesagt, dass er das durfte und so zog Hinata seine Badehose an und stieg in den Whirlpool. Es war das erste Mal, dass er in den Genuss kam. Sonst kannte er nur heiße Quellen und selbst die hatte er nur ein einziges Mal besucht, seitdem er von zuhause ausgezogen war. Er hatte es vermieden, sich so knapp bekleidet irgendwo blicken zu lassen und war lieber zuhause geblieben. Wenn er die Uni nicht gehabt hätte, wäre er wahrscheinlich gar nicht mehr aus dem Haus gekommen und würde sein Leben wahrscheinlich als ein gruseliger Hikikomori fristen, der den ganzen Tag damit verbringt, Animefiguren zu sammeln und sich Ecchis reinzuziehen. Allein der Gedanke war furchtbar. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er schon so lange nichts mehr unternommen, seit die Zwillinge ihm ihre Liebe gestanden hatten. Vielleicht lag es auch daran, weil er vorher nie Freunde hatte, mit denen er je etwas hätte unternehmen können. Und Familienausflüge hatten auch nie stattgefunden. Im Grunde genommen hatte er das erste Mal in seinem Leben Menschen, mit denen er zusammen Spaß haben konnte und die auch geduldig mit ihm waren. Takashi und Katsuya waren wirklich lieb zu ihm und sie hatten ihn nicht ein einziges Mal angemeckert, ihn kritisiert oder sich über ihn aufgeregt. Nein, stattdessen hatten sie mit ihm zusammen die Pausen verbracht, ihn das eine oder andere Mal auch Abends in eine Bar mitgenommen oder einfach nur zuhause zusammen gesessen und über alles Mögliche geredet. Nie hätte Hinata gedacht, dass es so viel Spaß machen könnte, mit anderen Menschen etwas zu unternehmen. Und nun verbrachte er auch seinen Urlaub mit den Zwillingen. Als Hinata ins Wasser stieg, war es erst mal ein recht seltsames Gefühl, diese ganzen Blasen im heißen Wasser zu spüren. Seine Haut kribbelte und er fragte sich, was es wohl für einen Sinn haben sollte, bei so viel Geblubber in einem Pool zu sitzen. Das wirkte doch viel eher danach, als hätte jemand schlimme Blähungen. Allein das Bild, was sich daraufhin in Hinatas Kopf zusammenbraute, trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht. Warum nur musste er auch immer solche Sachen denken? Als er so im Pool saß und die aufsteigenden Blasen immer wieder seinen Körper streiften, spürte er so langsam, wie ihm noch ein anderes Gefühl aufkam. Und als er zögernd zwischen seine Beine tastete, hatte er Gewissheit. Irgendwie hatte er es doch tatsächlich geschafft, in einem Whirlpool erregt zu werden. Wie peinlich war das denn bitteschön? Und was jetzt? Aufstehen und rausgehen konnte er nicht. Wenn er Takashi oder Katsuya mit einer Erektion über den Weg lief, würde er noch sterben vor Scham. Aber was sollte er dann tun? Am besten warten, bis es von alleine wieder wegging? Ob das überhaupt klappte? „Hey Hinata, ist noch Platz im Pool?“ Nun rutschte ihm das Herz endgültig in die Hose. Das konnte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet jetzt musste Takashi zu ihm kommen, wo er dieses Problem hatte. Das war ein Alptraum! Na hoffentlich sah er wegen der vielen Blasen im Wasser nichts. „Äh… k-klar…“ Hinata machte ihm Platz und Takashi setzte sich neben ihm hin. „Ah“, seufzte er zufrieden. „Es gibt definitiv nichts Besseres zum Entspannen, als ein Whirlpool oder eine heiße Quelle.“ Hinata spürte, wie sich ein Arm um seine Schultern legte und das machte es nicht viel besser. Takashis direkte Nähe brachte sein Herz fast zum Explodieren und er wusste nicht, was er tun sollte. Ihm blieb nur zu hoffen, dass der 22-jährige nichts bemerkte. Doch es gestaltete sich ziemlich schwer, sein Problem zu verbergen, insbesondere als Takashi sich zu ihm herüberbeugte und ihn küsste. Sein Kuss war anders als Katsuya, das hatte Hinata schnell bemerkt. Während Katsuya sehr direkt und wenig zurückhaltend war, küsste Takashi da deutlich vorsichtiger und dafür umso zärtlicher. So als wolle er vermeiden, dass sich Hinata irgendwie erschrecken könnte. Zögerlich und auch ein wenig unsicher erwiderte der Kunststudent den Kuss, doch das sorgte nur dafür, dass sich sein Problem nur verschlimmerte. „Ich bin froh, dass du mitgekommen bist. Katsuya hat sich natürlich auch gefreut. Weißt du, es macht wirklich Spaß mit dir und ich denke, wir können uns eine lustige Zeit in Kamakura machen.“ „Ich verstehe immer noch nicht so ganz, was ihr an mir findet. Ich muss euch doch schon längst auf die Nerven gehen mit meiner Art.“ „Wieso?“ fragte Takashi überrascht. „Keiner hat es lange mit mir ausgehalten. Meist hatten sie schon gleich nach dem ersten Mal genug von mir. Selbst die, die ich über das Internet kennen gelernt habe, brachen irgendwann den Kontakt ab und haben nichts mehr von sich hören lassen.“ „Dann sind das Idioten“, erklärte der ältere Zwilling entschieden. „Jeder hat seine Gründe, warum er so ist wie er ist und man muss doch nicht gleich jemanden verurteilen, nur weil er etwas unsicher oder schüchtern ist. Wenn man wirklich an jemandem interessiert ist, dann nimmt man sich auch die Zeit und Geduld, um ihn besser kennen zu lernen und dann nimmt man ihn so wie er ist. Du brauchst einfach mehr Selbstwertgefühl.“ „Ja aber… was hab ich denn schon? Ich bin nicht so durchsetzungsfähig und willensstark wie du, geschweige denn so selbstbewusst wie Katsuya.“ „Du bist du und das ist nicht schlimm. Du bist süß, freundlich, du machst dir viele Gedanken um andere, du siehst niedlich aus und ob du es glaubst oder nicht: deine schüchterne Art hat eben auch eine gewisse Anziehungskraft auf andere.“ Diesem Argument konnte er nun gar nichts entgegensetzen. Etwas beschämt wandte er den Blick ab und sagte nichts. Es war nicht so, dass Takashis Worte ihm unangenehm waren. Im Gegenteil! Aber er wusste einfach nicht mit solchen Komplimenten umzugehen und es machte ihn halt verlegen. Vor allem aber wegen seinem „Problem“ war er schon beschämt genug. Zu allem Unglück begann auch der ältere Itamu-Zwilling etwas zu merken und fragte „Ist alles in Ordnung mit dir, Hinata?“ Der Kunststudent schwieg und wich weiterhin Takashis Blick aus. Doch seine glühenden Wangen waren verräterisch genug und als er instinktiv versuchte, seine Erregung zu verbergen, war für Takashi bereits alles klar. Doch anstatt darüber zu lachen, lächelte er nur und meinte „Ist mir auch mal passiert, als ich im Whirlpool war. Das muss dir nicht peinlich sein.“ Doch Hinata fühlte sich dadurch auch nicht sonderlich besser. Was sollte er denn jetzt tun? Von alleine ging sein Problem wohl nicht so schnell weg. Also was nun? Sich selbst darum zu kümmern schied jedenfalls aus. Er konnte das doch nicht vor Takashi machen. Aber dann küsste der ältere Zwilling seine Wange und sprach leise in sein Ohr „Wenn du willst, kann ich dir bei deinem Problem helfen.“ „Wie… wie meinst du das?“ fragte Hinata halb erschrocken, da spürte er auch schon, wie sich eine Hand auf seinen Oberschenkel legte. So langsam dämmerte ihm, was Takashi vorhatte. Und auch wenn er auch nicht ganz abgeneigt war, hielt ihn die Angst dennoch zurück. Hemmungen hatte er obendrein, immerhin war das hier ein Whirlpool, der obendrein noch Takashis und Katsuyas Onkel gehörte. „Es gibt nichts, wovor du Angst zu haben brauchst, Hinata. Ich werde nichts tun, was du nicht willst. Und ich werde dir auch ganz sicher nicht wehtun.“ Natürlich wusste Hinata das und er vertraute Takashi auch genug um zu wissen, dass er so etwas nicht tun würde. „Ja aber… hier im Whirlpool?“ „Warum nicht? Da fühlt es sich gleich umso besser an.“ „Aber das ist der Pool von deinem Onkel!“ „Darüber brauchst du dir überhaupt keine Gedanken zu machen. Entspann dich einfach und mach dir nicht immer so einen Kopf um solche Sachen.“ Vielleicht hat er ja Recht und ich mache mir wirklich zu viele Gedanken, dachte sich Hinata. Takashi war schon sowieso so einfühlsam und rücksichtsvoll, da wäre es doch nicht richtig, ihn weiterhin zurückzuweisen. Dennoch war da eine gewisse Angst in ihm. Nicht davor, dass Takashi ihm wehtun könnte, sondern die Angst davor, in eine Situation zu geraten, über die er keine vollständige Kontrolle hatte. Innerlich war er so sehr in seinem Konflikt gefangen, ob er Takashi zurückweisen oder ihn gewähren lassen sollte, dass er gar nicht in der Lage war, entsprechend zu reagieren, als der ältere Zwilling vorsichtig eine Hand in Hinatas Badehose schob und seine Erregung ertastete. Diese plötzliche Berührung riss ihn aus seinen Gedanken und er zuckte instinktiv zusammen. „Hab keine Angst“, sprach Takashi beruhigend. „Es wird nichts Schlimmes geschehen.“ Und um zu beweisen, dass er es ehrlich meinte, küsste der ältere Zwilling ihn. Doch trotzdem war da diese Angst, die Hinata einfach nicht abstellen konnte. „Warum ist es dir so wichtig?“ fragte er und klang fast schon hilflos dabei. „Wenn man jemanden liebt, dann will man ihm nah sein und ihn auch spüren lassen, wie sehr man ihn liebt“, erklärte Takashi. Beschämt senkte Hinata den Blick. Er kannte so etwas nicht. Er war es nicht gewohnt, solch eine Art der Zuwendung erfahren. Der einzige Mensch, der ihm je Aufmerksamkeit gewidmet hatte, war sein ehemaliger High School Lehrer Sugiyama-sensei. Doch selbst dieser hatte nie solche Dinge mit ihm gemacht. Erst Takashi und Katsuya hatten so etwas mit ihm gemacht. Noch nie hatte jemand ihn auf so eine Weise berührt, geschweige denn so viel Gutes für ihn getan. Nicht einmal von seinen Eltern hatte er so viel Zuwendung erhalten und es schnürte ihm die Brust zusammen. Wie sollte er denn damit umgehen, wenn er doch im Grunde nicht einmal wusste, wie sich Liebe anfühlte und man noch nie wirklich in seinem Leben so etwas wie Liebe erfahren hatte? Die einzige Reaktion, die er kannte, war Flucht. Er lief vor allem und jedem davon. Flucht oder Erstarren, das war das Einzige, was er konnte. Er konnte einfach mit der Liebe nicht umgehen, die ihm entgegengebracht wurde und er hasste sich selbst dafür. Denn er wusste, dass er Takashis Gefühle verletzen würde, wenn er ihn wieder zurückwies. Aber er war einfach machtlos gegen die Angst in seinem Herzen. Letztendlich aber tat er nichts dagegen, weil in seinem Inneren ein so großer Konflikt ausgetragen wurde, dass er nicht in der Lage war, etwas zu tun. Und da er sich nicht ausdrücklich dagegen wehrte, schien Takashi dies wohl als Zustimmung zu interpretieren. Und so schob er Hinatas Badehose ein wenig herunter und begann nun damit, seinen Penis zu massieren. Hinata selbst regte sich kein Stück. Immer noch war er sich nicht sicher, ob er Takashi davon abhalten sollte oder nicht. Auf der einen Seite erschien es ihm einfach falsch, so etwas in einem Whirlpool zu machen. Doch andererseits… es war, wie Takashi sagte: durch die ganzen Blasen, die seinen Körper umspielten, fühlte es sich ganz anders an als wie vor zwei Wochen im Schlafzimmer. Es war viel intensiver und es fühlte sich unbeschreiblich gut an. Und da Takashi ohnehin schon eine sehr beruhigende und einfühlsame Art besaß, wich auch ein wenig die Angst bei dem Kunststudenten. Langsam aber sicher entspannte er sich ein wenig und ließ es zu. Takashi ging sehr behutsam vor und vermied es diess Mal, zu direkt ranzugehen wie beim letzten Mal. Nach Hinatas heftiger Reaktion vor zwei Wochen wusste er, dass er wie ein Luftballon in einer Rasierklingenfabrik war. Er reagierte äußerst sensibel darauf, wenn jemand ihm zu nahe kam und hatte ein extrem dünnes Nervenkostüm in solchen Sachen. Darum war es besser, alles langsam und Schritt für Schritt anzugehen und geduldig zu bleiben. Er musste Hinata seine Angst vor solchen Sachen nehmen und ihm zeigen, dass es ganz normal war, so etwas zu tun und man sich weder dafür schämen brauchte, noch dass man davor Angst haben musste. Dafür war er deutlich besser geeignet als Katsuya, der nicht diese Ruhe dafür besaß und gerne von einem Fettnäpfchen ins nächste trat. So langsam sah er aber, wie Hinata langsam ruhiger wurde und nicht mehr ganz so verkrampft da saß. Er war eben wie ein scheues Reh. Man musste wissen, wie man am besten mit ihm umging und mit viel Feingefühl vorgehen. Sanft strich er mit seiner Hand über Hinatas Glied und spürte deutlich, wie erregt der 20-jährige eigentlich war. Doch dieser versuchte sich nichts anmerken zu lassen, dabei glühte er regelrecht im Gesicht. Allein dieser Anblick ließ Takashi fast schwach werden. Eines stand fest: so schnell würde er Hinata sicher nicht aufgeben und gehen lassen. Er wusste schon, wie er sich das holen würde, was er wollte. Nämlich auf seine eigene Art und Weise. „Hinata…“, flüsterte er leise, beugte sich vor und küsste ihn. Und Hinata, der keinen Widerstand mehr leistete ,geschweige denn irgendwelche Fluchtversuche unternahm, erwiderte den Kuss und ließ sich immer mehr darauf ein. Er spürte das leichte Zucken und wie Hinatas Penis noch weiter anschwoll. Und allmählich begann sich auch Hinatas Atmung zu einem leisen Keuchen zu verändern. Er versuchte wohl, wenigstens seine Stimme zurückzuhalten, aber selbst das fiel ihm mit jeder Sekunde immer schwerer. Takashi verstärkte seinen Griff ein klein wenig und legte etwas mehr Kraft in seine Bewegungen. Ein lustschwerer Seufzer entwich dem Kunststudenten und nun war auch der letzte Rest Angst aus seinen Augen gewichen. So langsam begann er es wirklich zu fühlen und zu erkennen, dass es nichts gab, wovor er Angst zu haben brauchte. „Ta-Takashi…“ Der ältere Itamu-Zwilling brauchte nichts mehr zu hören. Er wusste, was Hinata wollte und kam deshalb zum Endspurt. Eine Hand umklammerte schließlich sein Handgelenk und mit einem kurzen Aufschrei bäumte sich der Kunststudent auf und sank dann keuchend zusammen, als er zu seinem Höhepunkt kam. Doch dieses Mal brach er nicht in Tränen aus und wurde hysterisch. Zwar schien ein Stück weit wieder die Scham bei ihm zurückzukehren, doch er blieb deutlich ruhiger. Vielleicht, weil er sich dieses Mal nicht von ihm und Katsuya gleichzeitig bedrängt fühlte. Alles sah soweit ganz gut aus, dass er nach zwei Wochen Wartezeit noch mal den Versuch wagen konnte. Kapitel 5: Das erste Mal ------------------------ Hinata saß noch immer im Whirlpool und hatte das Gefühl, als würde sich alles in seinem Kopf drehen. Er war noch ein wenig benommen, sein Herz schlug wie verrückt und ihm war etwas schwindelig zumute. In ihm herrschte ein ziemliches Chaos von Gefühlen und Gedanken und er konnte auch so gar nicht das Gefühl beschreiben, was er gerade durchlebte. Auf der einen Seite hatte es sich wirklich gut angefühlt, aber auf der anderen Seite hinterließ die Angst doch einen bitteren Beigeschmack. Doch als er spürte, wie Takashi einen Arm um ihn legte und ihm Halt gab, war Hinata so, als würde ein Stück weit diese Unruhe in seinem Kopf weichen. Es gab ihm ein Stück weit Sicherheit und Geborgenheit und es herrschte eine Zeit lang Schweigen zwischen ihnen. Es war aber keine unangenehme Art von Schweigen, sondern eine Stille, bei der es einfach keiner Worte bedurft hätte. „Und?“ fragte Takashi schließlich. „Wie war es für dich?“ Etwas unsicher zuckte Hinata mit den Schultern und murmelte „Ich weiß nicht… es ist nicht so, dass es unangenehm war. Aber…“ Er sprach nicht weiter und hielt den Blick gesenkt. Takashi brauchte nicht wirklich seine Gedanken zu lesen um zu merken, dass etwas nicht stimmte und Hinata wieder verkrampfte. Etwas lastete dem 20-jährigen sehr auf der Seele, aber er traute sich offenbar nicht, darüber zu sprechen. Und so hakte der ältere Itamu-Zwilling nach und fragte, was denn los sei. Hinata sank noch weiter in sich zusammen und wirkte wie ein kleiner verängstigter Junge, der etwas angestellt hatte und nun seine Strafe erwartete. „Ich… ich hab Angst…“ „Wovor denn?“ „Na davor… davor dass du wütend wirst… oder enttäuscht. Ich versuche doch alles richtig zu machen und…“ „Es geht doch hier nicht um mich“, unterbrach Takashi und beinahe hätte er deutlich lauter gesprochen, weil er ein Stück weit erschrocken war, dass Hinata so dachte. Aber da er wusste, dass diese Reaktion den Kunststudenten nur noch mehr verunsichert hätte, beruhigte er sich sogleich wieder und erklärte „Hinata, es geht hier nicht bloß darum, was ich will oder was Katsuya will. Wir beide lieben dich und wir wollen mit dir zusammen sein. Und natürlich wollen wir dir auch nah sein, aber wir würden so etwas niemals von dir verlangen, wenn du es nicht willst. Es ist dein Körper und du allein entscheidest, was du zulässt und was nicht. Du musst dich nicht wegen uns quälen und denken, du müsstest uns zuliebe irgendetwas machen, was du eigentlich gar nicht willst. Das ist das Falscheste, was du tun kannst.“ Hieraufhin nahm Takashi ihn nun ganz in den Arm und drückte ihn an sich. Takashi so nah zu spüren, ließ ihn wieder ganz kribbelig werden. Vielleicht lag es auch an dem Whirlpool, dass sein Körper so merkwürdig reagierte. Aber es fühlte sich einfach so angenehm an, in Takashis Arm zu liegen. Er sagte immer das Richtige zum richtigen Zeitpunkt und auch wenn er Katsuya genauso mochte wie Takashi, so hatte er das Gefühl, als würde der ältere Zwilling seine Probleme besser verstehen können. „Ich weiß nicht, was dir in der Vergangenheit zugestoßen ist und weder Katsuya noch ich werden dich dazu drängen, uns alles zu erzählen, wenn du es nicht willst. Aber du kannst dich darauf verlassen, dass wir dir nie etwas tun werden. Wir werden nichts von dir verlangen, was du nicht willst und wir werden dich beschützen, wenn du in Schwierigkeiten stecken solltest. Wir lieben dich und deshalb wollen wir auch, dass es dir gut geht.“ Zuerst rechnete Takashi damit, dass Hinata recht überfordert war und sich für den Rückzug entschied. Doch stattdessen erwiderte dieser die Umarmung und ließ diesen engen Körperkontakt zu. Für einen so scheuen Menschen wie Hinata, der normalerweise unter großen Berührungsängsten litt, war es mehr als nur ein Zeichen von Zuneigung, sondern auch ein Beweis dafür, wie sehr er Takashi vertraute. Der Zuspruch und die Zuwendung der letzten zwei Wochen hatten den überängstlichen und scheuen Hinata so weit aufgebaut, dass er von sich aus bereit war, einen gewissen Kontakt zuzulassen und nicht wieder die Flucht zu ergreifen, oder komplett zu erstarren vor Angst. „Takashi…“ Hinata klammerte sich nun fester an ihn und der ältere Zwilling spürte, dass der schüchterne Kunststudent ziemlich mit seinen Emotionen zu kämpfen hatte. Insbesondere mit der Angst hatte er wohl zu kämpfen. „Tut mir leid, dass ich so viele Probleme mache.“ „Du machst doch keine Probleme. Wir alle haben unser Päckchen zu tragen. Bei dem einen ist es kleiner, bei dem anderen größer. Wichtig ist nur, dass du dich um dich selbst kümmerst und etwas für dein Glück tust. Na? Sollen wir wieder nach oben gehen?“ Doch das war nicht so einfach, denn obwohl er erst vor wenigen Momenten seinen Orgasmus gehabt hatte, war er schon wieder erregt. Und daran war nur dieser blöde Whirlpool schuld… oder vielleicht auch diese Nähe zu Takashi. „Tu-tut mir leid…“, murmelte Hinata und senkte beschämt den Blick. „Dabei hast du gerade…“ Takashi wusste, was los war und musste schmunzeln. Hinata steckte aber auch voller Überraschungen. Und da die Stimmung gerade richtig war, wagte er einen vorsichtigen Versuch. „Möchtest du etwas Neues ausprobieren? Du weißt, du kannst auch nein sagen, wenn du es nicht willst.“ Hinata presste die Lippen zusammen und kämpfte innerlich mit sich und war sich nicht ganz sicher. Er vertraute Takashi und ein Teil von ihm war deshalb auch bereit, sich darauf einzulassen. Doch auf der anderen Seite hatte er auch Angst. Und diese verdammte Angst stand ihm immer und überall im Weg. „Wird… wird es sehr wehtun?“ Nun, Takashi wusste, dass es keinen Sinn machte, es herunterzuspielen. Er selbst hatte schon seine Erfahrungen gemacht und er hielt es für das Beste, offen und ehrlich zu sein. „Am Anfang schon. Das erste Mal ist immer etwas schmerzhaft. Aber mit der Zeit wird es sich besser anfühlen. Ich spreche aus Erfahrung, ich hab es auch schon gemacht.“ Nun war Hinata überrascht. Er hatte gar nicht gewusst, dass Takashi auch Beziehungen zu Männern gehabt hatte, denn an der Uni hatte er ihn und Katsuya immer in Frauenbegleitung gesehen. „Ihr beide habt…“ „Nein, Katsuya hat im Gegensatz zu mir noch keine Erfahrungen mit Männern gemacht. Du bist sozusagen seine erste Liebe vom selben Ufer. Also? Willst du es vielleicht doch lieber ein anderes Mal wagen?“ Wenn Hinata ehrlich war, wollte ein Teil von ihm tatsächlich lieber das Ganze hier beenden. Er hatte eben Angst. Angst davor, dass es eine schlimme Erfahrung werden könnte und sich dieses Verhältnis zu Takashi verschlechtern könnte. Außerdem hatte er die Sorge, dass er vielleicht eine absolute Enttäuschung sein würde und Takashi dann realisierte, dass es Männer gab, die weitaus besser im Bett waren. Vor allem aber hatte er Angst davor, dass es so schmerzhaft werden würde, dass er sich danach keine Beziehung mehr mit Takashi vorstellen konnte. Und das wollte er ja auch nicht, denn er konnte nicht abstreiten, dass die Zwillinge ihm viel bedeuteten und er auch mit ihnen zusammen sein wollte. Aber es war eben jedes Mal diese Angst, die ihm bei allem im Weg stand, egal was es war. „Hattest… hattest du keine Angst?“ „Nun, ich war schon ziemlich nervös, als ich zum ersten Mal der Untere war“, gab Takashi mit einem etwas verlegenen Lächeln zu. „Aber das ist ganz normal. Wichtig ist eben halt nur, dass man sich nicht von seiner Angst beherrschen lässt, denn dann ist es auch keine schöne Erfahrung, die man macht. Wichtig ist, dass du Vertrauen in deinen Partner hast und dich darauf einlässt.“ Immer noch überlegte Hinata, was er tun sollte. Auf der einen Seite war er schon ein wenig neugierig, aber er hatte auch Angst davor. Doch dann dachte er wieder daran, wie es sich angefühlt hatte, als Takashi es ihm mit der Hand besorgt hatte und was für ein unbeschreibliches Gefühl es gewesen war, als er zu seinem Orgasmus gekommen war. Takashi war so gut zu ihm und er hatte ihm gezeigt, dass er sehr rücksichtsvoll war und nichts Schlimmes tun würde. Er konnte doch nicht ewig nur davonlaufen. Zwar hatten die Zwillinge betont, dass sie auch warten würden, wenn er noch nicht bereit war, aber er wollte die Beziehung auch nicht aufs Spiel setzen und ihre Geduld mehr als nötig ausreizen. Schlimmstenfalls würden sie dann andere Partner finden, die nicht so schwierig waren und davor hatte er besonders Angst. Die Zeit, die er mit den Zwillingen verbracht hatte, war eigentlich die schönste in seinem Leben und das wollte er nicht aufgeben. Also musste er auch mal diesen inneren Widerstand überwinden und Takashi vertrauen. „Wenn du versprichst, es vorsichtig zu machen…“ „Ich verspreche es dir. Und wenn es doch zu viel für dich wird, dann sag einfach stopp und ich breche das Ganze sofort ab. Sollen wir nicht besser aufs Zimmer gehen? Da ist es wenigstens bequemer.“ Hinata nickte und so stiegen sie aus dem Whirlpool aus, trockneten sich ab und gingen nach oben. Als Hinata in sein Zimmer ging und sich aufs Bett setzte, raste sein Herz wie verrückt vor Aufregung und er war fürchterlich nervös. Wenig später kam Takashi herein, der nur ein Handtuch um die Hüften trug. Er hatte etwas dabei und als er Hinatas fragenden Blick bemerkte, erklärte er „Mit Gleitgel ist es für gewöhnlich am angenehmsten. Ich muss dich erst mal ein wenig vorbereiten.“ „Können wir das nicht überspringen?“ fragte Hinata, dem es lieber war, dass alles so schnell wie möglich geschah, bevor seine Angst so groß wurde, dass es nicht mehr auszuhalten war. Doch seine Hoffnungen blieben unerfüllt, als Takashi erklärte „Wenn ich es nicht mache, wird es noch unangenehm werden. Und außerdem soll es für dich doch auch ein schönes Erlebnis werden. Ich gebe dir einen guten Tipp: schließe deine Augen und versuch dich einfach auf deine Atmung zu konzentrieren. Denk einfach an nichts, tu nichts und konzentriere dich einfach darauf, tief ein- und auszuatmen. Das hilft gut gegen die Aufregung und du entspannst dich dann auch. Okay?“ Hinata nickte und legte sich aufs Bett, wobei er wie schon beim letzten Mal vor zwei Wochen die Beine anwinkelte. Wie der ältere Zwilling angeraten hatte, schloss er die Augen und atmete tief ein und aus, was ihn irgendwie an eine Art Entspannungsphase beim Yoga erinnerte. Und es half tatsächlich. Zwar war er immer noch nervös und ein wenig unruhig, aber es war nicht mehr so schlimm, dass er sich deswegen verrückt machen musste. Eine Weile geschah nichts und wahrscheinlich wollte Takashi warten, bis er sich genug entspannt hatte. Dann aber fühlte Hinata eine sanfte Berührung an seinem Gesäß und wie sich langsam und vorsichtig ein Finger durch seinen Schließmuskel drückte. Es fühlte sich schon etwas seltsam an und erst verkrallten sich seine Hände in das Bettlaken, doch als er sich wieder auf seine Atmung konzentrierte, ging es wieder. Immer weiter schob sich der Finger in seinen After und tastete sich voran. Es war keineswegs so, dass es ihm unangenehm war. Aber jemand wie Hinata, der so ängstlich und schüchtern regierte und selten in seiner Kindheit so etwas wie eine liebevolle Umarmung oder ein einfaches Kopftätscheln erfahren hatte, reagierte sehr sensibel auf so etwas. Vor allem, da die meisten Körperkontakte, die er damals erfahren hatte, immer mit Schmerzen verbunden waren. „Alles okay, Hinata?“ „Ja“, murmelte der 20-jährige. „Es fühlt sich nur etwas komisch an.“ „Daran gewöhnt man sich. Mir erging das auch nicht anders.“ Es war schon eine gewisse Erleichterung zu hören, dass Takashi genau dasselbe erlebt hatte und es ihm nicht anders ergangen war. Dann brauchte er wenigstens kein schlechtes Gewissen zu haben. Als der ältere Zwilling noch einen zweiten Finger hinzunahm und den Druck etwas verstärkte, zuckte Hinata instinktiv kurz zusammen, doch Takashis beruhigende Stimme half ungemein, dass sich wieder entspannte. Ob das alles mit Katsuya genauso gut geklappt hätte, da war er sich nicht ganz so sicher und in dem Moment war er auch recht froh, dass es Takashi war, mit dem er sein erstes Mal erlebte. So langsam aber sicher spürte Hinata, wie seine Erregung stärker wurde und es sich immer besser anzufühlen begann. Inzwischen hatte er völlig vergessen, nur auf seine Atmung zu achten, um ruhig zu bleiben. Als Takashi dann einen ganz besonders sensiblen Punkt berührte, ging ein elektrisierender Schauer durch Hinata und ein lautes Stöhnen entwich ihm. Sofort presste er eine Hand auf seinen Mund, als er realisierte, was gerade passiert war. „Du brauchst dich nicht zurückzuhalten“, kam es von Takashi. „Außer uns dreien ist niemand in diesem Haus und draußen wird niemand etwas hören.“ Doch Hinata war es ein wenig peinlich, sich so laut und in solch einer Art und Weise stöhnen zu hören. Es erschien ihm einfach nicht richtig. Nach einer Weile zog Takashi seine Finger wieder heraus und Hinata ahnte, dass es gleich ernst werden würde. Sicherheitshalber fragte der ältere Itamu-Zwilling noch mal nach, ob er es wirklich noch durchziehen wollte. Natürlich war Hinata immer noch ein wenig unsicher, was er wirklich wollte, aber letzten Endes sagte er dann doch ja, weil er es wenigstens versuchen und sich nicht den Rest seines Lebens lang von seinen ganzen Ängsten beherrschen lassen wollte. Er wusste, dass es nur damit enden würde, dass er wieder ganz alleine war, wenn er immer nur davonlief und das wollte er auch nicht. Schließlich aber erinnerte Takashi ihn daran „Wenn es nicht mehr geht, dann sag mir sofort bescheid und ich werde sofort aufhören, ja?“ Der Kunststudent nickte, schloss wieder die Augen und versuchte, Takashis Ratschlag von vorhin zu befolgen und tief durchzuatmen und entspannt zu bleiben. Seine Beine wurden noch ein wenig mehr angewinkelt, damit der ältere Zwilling eine bessere Position hatte und dann spürte Hinata auch schon, wie erneut Druck auf seinen Schließmuskel ausgeübt wurde. Dieses Mal aber viel stärkerer als vorhin noch und ein schmerzhafter Stich ging durch seinen Anus. Er versuchte ruhig zu bleiben und nicht gleich in Angst zu verfallen. Es tat wirklich weh, wie Takashi gesagt hatte, doch gleichzeitig wurde er von einem unbeschreiblichen Gefühl übermannt, welches ihm fast den Atem raubte. Der immense Druck, der seine inneren Muskeln bis auf das Äußerste dehnte und die pulsierende Hitze, die ihn durchströmte, war nicht mit dem vergleichbar, was er vorhin noch gespürt hatte. Es raubte ihm fast den Atem. Takashi ließ sich Zeit und drang langsam und vorsichtig ein, um es möglichst wenig schmerzhaft für Hinata zu machen. Dass es trotzdem wehtat, konnte er leider nicht verhindern und das wusste auch Hinata. Und auch wenn der Schmerz sehr unangenehm war, wurde er durch dieses andere Gefühl ein wenig erträglicher gemacht. Es war nicht die Art von Schmerz, die er so sehr fürchtete. Kein Schmerz, der von Hass oder Abneigung zeugte, sondern der vermischt mit dem Gefühl der Lust und Erregung ein Produkt dessen war, was man Liebe nannte. Takashi beugte sich vor und küsste zärtlich Hinatas Hals, streichelte über seine nackte Brust und strich ihm zärtlich über die Wange. „Geht es, Hinata?“ „Es… es tut weh“, keuchte der 20-jährige leise. „Sollen wir besser abbrechen?“ „Wir… wird es besser werden, wenn wir weitermachen?“ „Ja, das wird es. Versprochen.“ Jetzt waren sie schon so weit gekommen, sollte er da ausgerechnet jetzt einen Rückzieher machen? Nun, ein Teil von ihm sagte mal wieder ja, der andere sagte nein. Und keine der Stimmen schien sich so wirklich durchsetzen zu können. Auf der einen Seite tat es wirklich weh, aber auf der anderen Seite wollte Hinata nicht so einfach aufgeben, so wie er es immer getan hatte. Allein wenn er daran zurückdachte, wie es sich vorhin im Whirlpool angefühlt hatte, als Takashi ihn befriedigt hatte, schien sich die Stimme, die ihn zum Weitermachen drängte, immer stärker durchzusetzen. Es wird schon gut werden, rief er sich selbst in Gedanken zu. Immerhin hatte Takashi doch versprochen, dass er ganz sanft und vorsichtig sein würde. Und wenn er jetzt wieder alles abbrach so wie vor zwei Wochen, dann würde das doch nur zeigen, dass er Takashi nicht vertraute. Und das würde garantiert seine Gefühle verletzen und das wollte Hinata ganz gewiss nicht. Also zwang er sich selbst dazu, mal zur Abwechslung ein wenig mehr Kampfgeist an den Tag zu legen und auch mal gegen seine eigene Angst anzukämpfen. „Okay…“, sagte er schließlich. „Dann… dann geht das in Ordnung.“ Daraufhin drang Takashi noch tiefer in ihn ein und Hinata presste die Zähne zusammen, während er versuchte, sich bloß nicht zu verkrampfen. Seine Atmung wurde zu einem Keuchen und als er kurz die Augen öffnete, sah er Takashis Gesicht direkt vor sich. Er legte seine Arme um Takashis Körper und als der Zwilling sich langsam wieder aus Hinata zurückzuziehen begann, nur um wieder vorsichtig aufs Neue vorzustoßen, spürte der 20-jährige wieder eine Welle von Schmerz, die sich mit diesem unbeschreiblichen Gefühl der Lust vermischte. Es war so stark, dass er fast glaubte, es würde ihm den Atem rauben. Der Druck in seinem Inneren war immens und er konnte selbst nicht glauben, dass sein Körper tatsächlich so etwas aushalten konnte. Sein Herz hämmerte in seiner Brust und ihm wurde unbeschreiblich heiß zumute. Als er sich so an Takashi klammerte, spürte er, dass auch dessen Herz schnell schlug und sich sein Körper erhitzte. „Takashi…“ Er hörte ihn schwer atmen und wurde, ehe er weitersprechen konnte, durch einen Kuss unterbrochen. Es war, als hätte der ältere Zwilling für einen Moment seine Zurückhaltung vergessen und als wollte er Hinata spüren lassen, wie sehr er ihn wollte. Während er sich mit einer Hand auf dem Bett abstützte, umfasste er mit seiner anderen Hinatas Penis und begann zusätzlich zu befriedigen. „Hinata“, hörte er den älteren Zwilling keuchen und bevor er Antwort geben konnte, fanden ihre Lippen wieder zu seinem leidenschaftlichen Kuss zusammen, bei dem sich Takashis Zunge ihren Weg in Hinatas Mund suchte und der Kunststudent daraufhin nach kurzem unsicheren Zögern den Zungenkuss auch erwiderte. Es fühlte sich wirklich ganz anderes an als vorhin. Viel intensiver und viel besser, wenn man die Schmerzen außer Acht ließ. Hinata war, als befände sich sein Körper wie im Fieber. Ihm war so unbeschreiblich heiß zumute und ihm wurde schwindelig. Er schaffte es auch nicht, seine Stimme unter Kontrolle zu bringen, die ein lustvolles Keuchen von sich gab. Ein heißer Schauer jagte über seinen Körper und er klammerte sich daraufhin nur noch umso fester an Takashi. Ihn so deutlich zu spüren und seinen warmen, nackten Körper und seinen Herzschlag zu spüren, war überwältigend und für den schüchternen Studenten gar nicht in Worte zu fassen. Durch diese gewaltige Flut an Reizen dauerte es nicht lange, bis er zu seinem Orgasmus kam. Takashi selbst schaffte es noch, sich rechtzeitig aus ihm zurückzuziehen, als auch er sich nicht mehr zurückhalten konnte und zu seinem Höhepunkt kam. Keuchend und schweißgebadet lag Hinata im Bett und noch immer tat ihm der Hintern ganz schön weh. Doch es machte ihm seltsamerweise nicht ganz so viel aus, wie er zunächst befürchtet hatte. Und es war auch nicht so schlimm gewesen wie zunächst angenommen. Auch wenn es eine etwas schmerzhafte Erfahrung gewesen war, so war er doch froh gewesen, sie gemacht zu haben und nicht schon wieder davongelaufen zu sein, so wie er es in allen anderen Dingen zu tun pflegte. Zärtlich strich Takashi ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und streichelte ihm dabei die Wange. „Wie geht es dir?“ fragte er nach und ein erschöpftes Lächeln huschte auf Hinatas Lippen. „Ganz gut“, antwortete dieser. „Aber ich glaube, ich hab für heute genug.“ „Ist auch völlig in Ordnung. Es kann sein, dass der Schmerz morgen noch nachwirken wird, deshalb überanstreng dich also nicht. Leg dich erst mal hin und ruh dich aus.“ Hier hob Hinata den Blick und sah Takashi direkt an. Eine Frage brannte ihm noch unter den Fingernägeln. „Und wie war es für dich?“ Hieraufhin schmunzelte der ältere Itamu-Zwilling, beugte sich vor und küsste Hinata. „Es war unbeschreiblich schön und ich bin wirklich froh, dass es dir gefallen hat.“ Nun stand Takashi auf, schnappte sich sein Handtuch, das er vorhin eher achtlos auf den Boden geworfen hatte und ließ Hinata erst mal alleine, damit er sich ein wenig von den Strapazen erholen konnte. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis der 20-jährige eingeschlafen war. Kapitel 6: Ein Tag am Strand ---------------------------- Das Erste, was Hinata wahrnahm, als er langsam wieder aufwachte, war ein leises Atmen neben sich. Er spürte die angenehme Wärme eines anderen Körpers und es fühlte sich angenehm kuschelig an. Es gab ihm ein wunderbares Gefühl der Geborgenheit. Als er sich dann aber doch wunderte, wer da bei ihm lag, öffnete er langsam die Augen und hob den Kopf. Ganz schwach sah er, dass es Takashi war. Wann war der denn wieder zurückgekommen? Er konnte sich irgendwie nicht so wirklich daran erinnern, aber andererseits war er auch sehr schnell eingeschlafen und er hatte auch so tief geschlafen, dass er auch gar nichts mehr mitgekriegt hatte. Doch er freute sich auch sehr darüber. Es war ein angenehmes Gefühl, gemeinsam mit jemandem im Bett zu liegen und diese Nähe und Geborgenheit zu spüren. Glücklich lächelte Hinata und wollte die Augen schließen, um noch ein wenig weiterzuschlafen, doch da spürte er plötzlich, wie sich jemand von hinten an ihn herankuschelte und einen Arm um ihn legte. Schlagartig war er wach und erst durchfuhr ihn ein leiser Schreck, denn er wusste nicht, wer der andere war. Sein allererster Gedanke war, dass es ein perverser Einbrecher sein könnte. Als er aber den Kopf umdrehte, stellte er zu seiner Erleichterung fest, dass es Katsuya war. Doch warum war dieser auch noch hier im Bett? Nun gut, es war ein ziemlich großes Bett und sie hatten zu dritt Platz, wenn sie ein klein wenig zusammenrückten. Aber trotzdem wunderte ihn das Ganze nun doch ein wenig. Naja… vielleicht sollte er auch einfach mal damit aufhören, sich so Gedanken zu machen und einfach mal diesen Moment genießen. Gerade wollte er die Augen wieder schließen, doch da streichelte zärtlich eine Hand über seine Wange und als er aufsah, bemerkte er, dass Takashi schon wach war. Der ältere Itamu-Zwilling lächelte ein wenig müde und küsste Hinata. „Na, gut geschlafen?“ „Takashi… wann bist du denn…“ „Ich dachte mir, ich könnte dir ein wenig Gesellschaft leisten. Nachdem ich mir gestern was zu trinken geholt hatte, bin ich wieder zurückgekommen, aber da warst du schon eingeschlafen. Also hab ich mich einfach zu dir gelegt.“ „Na ihr beide scheint ja gestern viel Spaß ohne mich gehabt zu haben…“, grummelte eine Stimme hinter Hinata, die ganz eindeutig zu Katsuya gehörte. Und nun fiel dem 20-jährigen auch wieder ein, dass er und Takashi Katsuya völlig außen vor gelassen hatten. Und jetzt war dieser verständlicherweise ziemlich sauer deswegen. Das schlechte Gewissen überkam Hinata, denn er wollte nicht, dass Katsuya wegen ihm sauer war und dachte, er würde sich nur für Takashi interessieren. Dem war ja nicht so, aber was wenn Katsuya das nicht glaubte? Was, wenn sich die beiden Brüder noch wegen ihm streiten würden? Das wäre ja noch viel schlimmer. „Tut mir leid“, sagte er und senkte reuevoll den Blick. „Das war nicht richtig von mir. Ich wollte nicht, dass du dich benachteiligt fühlst und…“ „Jetzt mach dir mal keine Vorwürfe deswegen“, unterbrach Takashi ihn mit beruhigender Stimme. „Es ist nicht deine Schuld und du kannst dir doch auch mit Katsuya einen schönen Tag machen, an dem ihr mal unter euch seid. Mach dir mal nicht so viele Gedanken deswegen. Außerdem ist Katsuya sowieso ein kleiner Morgenmuffel.“ Doch so ganz überzeugt war Hinata nicht. Seine Sorge war einfach so groß, dass es zu einem Streit kommen könnte und Katsuya wütend auf ihn sein könnte. Und er wollte auch keinen Streit zwischen den Brüdern verursachen. Schließlich aber schlug Takashi vor „Wie wäre es, wenn wir gleich erst mal Frühstück machen? Danach können wir uns ja einen schönen Tag am Strand machen. Nachdem es in der Nacht so gewittert hat, soll es ja heute strahlenden Sonnenschein geben.“ Es hatte in der Nacht gewittert? Komisch, irgendwie hatte er gar nichts davon mitgekriegt. Aber wahrscheinlich hatte er da schon viel zu tief geschlafen, sodass er rein gar nichts davon mitgekriegt hatte. Nun, als Takashi aufstand und Hinata auch so langsam mal ins Bad gehen wollte, nachdem er gestern nicht mehr die Energie dafür aufgebracht hatte, durchfuhr ein stechender Schmerz sein Gesäß, der sich auch in seinen Hüften bemerkbar machte. Ein schmerzvolles Keuchen entwich ihm, woraufhin Takashi meinte „Du solltest den Tag am besten etwas langsamer angehen. Das wird leider noch ein paar Stunden anhalten. Aber ich bin eh nachher weg, dann kann ich dir auch was gegen die Schmerzen mitbringen.“ „Wo bist du denn hin?“ „Ein paar Getränke einkaufen, außerdem wollten wir heute Abend ein kleines Barbecue machen. Da kann ich auch einen Abstecher zur Apotheke machen.“ Nachdem Hinata es erfolgreich geschafft hatte, aus dem Bett zu kriechen, ging er ins Bad, um eine ausgiebige Dusche zu nehmen. Die Itamu-Brüder hingegen gingen in die Küche. Takashi bereitete das Frühstück vor, während Katsuya am Tisch saß und einen Kaffee trank, um wach zu werden. Es herrschte eine leicht angespannte Stille zwischen ihnen und Takashi wusste, weshalb sein Bruder so mürrisch war. Bevor er ihn aber darauf ansprechen konnte, kam Katsuya ihm auch schon zuvor. „Wann hattest du denn vorgehabt, mir davon zu erzählen? Ich dachte, wir hätten ausgemacht, nichts hinter dem Rücken des anderen zu machen.“ Ja, da musste Takashi ihm Recht geben und er wusste auch selbst, dass es nicht ganz in Ordnung gewesen war, dass er Katsuya nichts gesagt hatte, aber es hatte sich halt ergeben und er hatte das ja auch nicht ganz ohne Hintergedanken gemacht. Also erklärte er seinem Bruder die Situation. „Natürlich war es nicht ganz in Ordnung, das gebe ich ja zu. Aber ich hielt es erst mal für wichtig, Hinatas Vertrauen zu festigen und es ganz in Ruhe anzugehen, damit er sich nicht so unter Druck gesetzt fühlt. Mit uns zweien zusammen war er beim letzten Mal vollkommen überfordert gewesen und ist komplett in Angst verfallen. Ich wollte, dass sein erstes Mal ein positives Erlebnis wird, damit er auch seine Angst verliert und sich auch auf neue Sachen einlässt. Ich will dir Hinata keinesfalls wegnehmen, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.“ „Das mag vielleicht sein“, meinte der jüngere Bruder. „Aber mir gefällt halt der Gedanke nicht, dass Hinata eine so enge Beziehung zu dir aufbaut und ich dann früher oder später komplett außen vor bin und gucken kann, wo ich bleibe. So war das jedenfalls nicht gedacht.“ „Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen“, konnte Takashi ihn beruhigen. „Hinata macht sich schon Gedanken um dich und wir sind ihm beide sehr wichtig. Außerdem hatte er vorhin wirklich ein sehr schlechtes Gewissen dir gegenüber. Er will genauso wenig wie ich, dass du zu kurz kommst und deswegen hab ich ja vorgeschlagen, dass ihr beide euch auch mal einen gemeinsamen Tag nehmen könnt, bei dem ihr mal unter euch seid. Aber heute besser nicht. Du hast ja gesehen, dass er nicht ganz auf der Höhe ist und Schonung braucht.“ „Hast du ihn so hart rangenommen?“ „Nein, aber du musst halt bedenken, dass es was ganz anderes ist, als wenn man mit einer Frau Sex hat. Darum wollte ich ja auch, dass Hinata sein erstes Mal mit jemandem hat, der schon Erfahrungen in solchen Sachen hat.“ Ja, das war auch Katsuya klar gewesen und da Hinata ihm auch sehr wichtig war, hatte er sich bereit erklärt, Takashi den Vortritt zu lassen, weil dieser sich besser mit gleichgeschlechtlichem Sex auskannte und auch sonst deutlich ruhiger und feinfühliger war. Und bei einem so extrem ängstlichen Menschen wie Hinata, der in der Vergangenheit sicher viele schlimme Erfahrungen hatte machen müssen, war es wirklich vernünftiger, wenn Takashi ihm seine Jungfräulichkeit nahm. Es passte ihm halt nur nicht, dass er dabei völlig außen vor gelassen worden war und seine Sorge war da eben groß, dass Hinata sich so sehr auf Takashi fixierte, dass aus der ursprünglichen Dreierbeziehung nur eine einfache Beziehung zu zweit wurde. „Ich denke, wir sollten uns mal zusammensetzen und besprechen, wie wir das in Zukunft regeln wollen, dass jeder seine feste Zeit mit Hinata hat und keiner zu kurz kommt. Zum Beispiel dass wir uns innerhalb der Woche abwechseln und die Wochenenden dann gemeinsam verbringen. Ich denke mal, das wäre auch in Hinatas Interesse, dann muss er nicht ständig denken, er müsse ein schlechtes Gewissen haben, weil jemand zu kurz kommen könnte.“ Ja, das klang vernünftig und auch Katsuya gefiel die Idee. So hätte jeder etwas davon und es gäbe auch keinen Grund für Eifersüchteleien. „Ich frag mich manchmal echt, wie die Mormonen das in den USA hinkriegen“, murmelte Katsuya und widmete sich schließlich der Zeitung. „Immerhin leben die doch auch zum Teil polygam.“ „Für jedes Problem gibt es halt eine Lösung, man muss nur miteinander reden. Aber ich bin eh gleich unterwegs zum Einkaufen, da hast du ja etwas Zeit mit Hinata. Ich möchte dich nur um etwas bitten: geh es langsam an und halte dich ein wenig zurück, ja? Hinata muss erst einmal Vertrauen zu dir aufbauen, ansonsten wird er wieder in eine Angststarre verfallen und komplett dichtmachen. Egal was er erlebt hat, es verfolgt ihn immer noch und er setzt sich selbst unglaublich unter Druck, weil er große Angst davor hat, dass er jemanden mit seinem Verhalten verärgern könnte. Zeig ihm, dass er dir vertrauen kann und mach es nicht gleich mit deinem Fetisch oder deinen perversen Vorlieben wieder kaputt.“ Normalerweise hätte Katsuya nicht wirklich auf Ratschläge in Sachen Beziehung gehört. Immerhin hatte er selbst mehr als sein Bruder gehabt, aber andererseits hatte er schon oft die Erfahrung gemacht, dass man sich auf Takashis Urteil verlassen konnte und er hatte nun mal eben eine sehr gute Einschätzung von anderen. Außerdem hatte Katsuya noch diese Szene von vor zwei Wochen in Erinnerung, als er von Takashi erfahren hatte, dass Hinata alte Brandwunden im Genitalbereich hatte. Schlimmstenfalls war Hinata in der Vergangenheit tatsächlich missbraucht worden und hatte so schlimme Dinge erlebt, dass er sie bis heute nicht vergessen hatte. In dem Fall war es wirklich besser angebracht, einen Gang zurückzuschalten und sich mehr auf Hinata einzulassen, anstatt immer nur von einem Fettnäpfchen ins nächste zu tappen. Und darum beherzigte er Takashis Ratschlag lieber. Nachdem Hinata im Bad fertig war, ging Takashi als nächstes und machte sich direkt danach auf den Weg, um den Einkauf zu erledigen, bevor die Hitze noch stärker wurde. Als dann letztendlich auch Katsuya fertig war, schnappte er sich Hinata direkt mit den Worten „So und jetzt gehen wir zwei Hübschen zum Strand.“ Der schüchterne Kunststudent war hellauf begeistert und konnte es kaum erwarten. Zum allerersten Mal in seinem Leben würde er das Meer sehen! Da draußen die Sonne schien und entsprechende Maßnahmen getroffen werden mussten, trugen sie natürlich erst mal Sonnenschutz auf, bevor sie nach draußen ging. Insbesondere Hinata hatte das aufgrund seines recht blassen Teints bitter nötig. Über die Terrasse gelangten sie zu einer Treppe, die nach unten direkt zum Privatstrand führte. Sie mussten nicht einmal weit gehen, denn das Meer war quasi direkt vor der Haustür. Hinatas Augen wurden groß, als er tatsächlich das weite Meer vor sich sah, das Rauschen der Wellen und das Schreien der Möwen hörte. Es war überwältigend und als er diese unendliche Weite direkt vor sich sah, überkam ihn ein noch nie gekanntes Gefühl von Glück und er ging so nah heran, dass die Wellen das Wasser bis zu seinen Fußknöcheln spülte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, hier zu stehen und den leicht salzigen und doch unverfälschten Duft des Meeres zu riechen, der vom Wind zu ihm hergeweht wurde. Katsuya gesellte sich zu ihm und legte einen Arm um seine Schultern. „Schon ein toller Ausblick, was?“ Hinata nickte und konnte es kaum in Worte fassen. „Es ist wunderschön“, sagte er schließlich. „Ich hätte nie gedacht, dass es ein so unglaublicher Anblick ist.“ „Dann warte mal bis zum Sonnenuntergang, dann wird es richtig schön. Takashi und ich sind oft während der Sommerferien zu unserem Onkel gefahren und wir hatten sogar unser eigenes Versteck. In der Nähe gibt es hier nämlich eine Grotte, in der wir früher oft gespielt haben. Ich kann es dir gerne später zeigen, wenn du Lust hast. Sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du nie am Meer gewesen bist? Soweit ich weiß, liegt Fukuoka doch auch nicht weit vom Meer entfernt.“ „Ich durfte nicht“, erklärte Hinata und eine Spur Traurigkeit zeichnete sich in seinem Blick ab. „In den Ferien musste ich den ganzen Tag lernen und Familienausflüge gab es nie.“ „Was?“ rief Katsuya ungläubig. „Was sind denn das bitteschön für Eltern, die nicht mal mit ihren Kindern in den Ferien irgendwo hinfahren? Oh Mann… naja, dafür kannst du das ja jetzt nachholen. Mit uns wirst du auf jeden Fall noch eine ganze Menge Spaß haben und du hast das Meer direkt vor der Haustür. Und heute Abend werden wir ein nettes Barbecue machen und ein kleines Spiel spielen.“ Spiel? Hinata erschrak, als er das hörte. Was für ein Spiel wollten die Zwillinge mit ihm spielen? Was, wenn er das gar nicht kannte oder sich dabei so ungeschickt anstellte, dass er den ganzen Abend ruinieren würde? Was, wenn es irgendetwas Unangenehmes war? Als hätte Katsuya seine Gedanken gelesen, erklärte er „Es ist nichts Schlimmes, keine bange. Im Grunde ist es ein Einfaches Wahrheit oder Pflicht. Hilft echt gut, wenn man einander besser kennen lernen will, aber keine Sorge! Wir werden schon nichts Schlimmes von dir verlangen. Es wird höchstens darauf hinauslaufen, einen kurzen zu kippen, oder eine kleine Gesangseinlage zu machen. Es wird auf jeden Fall spaßig werden.“ Der jüngere Zwilling grinste zufrieden und ihn so zu sehen, ließ Hinata erleichtert aufatmen. Wenigstens war Katsuya nicht mehr ganz so schlecht gelaunt. Da Hinata körperlich nicht ganz in Topform war, machte er mit Katsuya einen kleinen Spaziergang am Strand und ließ sich dabei auch von ihm die Grotte zeigen, die etwas versteckt weiter östlich in einer kleinen Bucht lag. Sie war nur schwer zu Fuß erreichbar und darum schwammen sie hinein. Der Anblick, der sich Hinata bot, war atemberaubend. Die Grotte quasi in eine Art kleinen See und es gab einige Vorsprünge, auf die man sich setzen konnte. Insgesamt war es nicht sehr tief und es war angenehm kühl hier drin. Durch ein Loch in der Decke fiel Licht herein und das Wasser warf die Reflexionen der kleinen Wellen an die Wände. Etwas Schöneres hatte Hinata bis dato kaum gesehen und er fühlte sich so glücklich, hier sein zu dürfen und das alles zu erleben, dass ihm die Tränen kamen, woraufhin Katsuya ihn in den Arm nahm. Nachdem Takashi zurück vom Einkauf war und sich Hinata dank der Schmerztablette ein wenig besser fühlte, fuhren sie ein wenig mit einem Motorboot aufs Meer hinaus. Der Tag ging ziemlich schnell vorbei und nachdem sie noch eine Runde Schwimmen gegangen waren, genossen sie zum Nachmittag hin auch mal die Ruhe und dösten ein wenig am Strand. Es gab kalte Getränke und Hinata ließ sich von Katsuya erzählen, was er und Takashi früher als Kinder für Unfug angestellt hatten. Wie sie ihre Cousinen geärgert hatten (die übrigens ironischerweise auch Zwillingsschwestern waren), indem sie einmal einen großen Krebs gefangen und in ihrem Zimmer versteckt hatten. Wie sie Muscheln gesammelt und in der Grotte gespielt hatten. Auch wie Takashi sich mal einen so schlimmen Sonnenbrand geholt hatte, dass er wie ein gekochter Hummer ausgesehen hatte. Hinata hörte diesen ganzen Geschichten aufmerksam zu und lachte auch zwischendurch mit. Aber er war auch ein wenig neidisch darüber, dass die beiden so viel erlebt hatten und eine so aufregende Kindheit gehabt hatten. Sie hatten das, wovon er all die Jahre nur hatte träumen können. Er war wirklich neidisch. Als der Tag sich langsam den Abend zuneigte, gingen sie rauf zur Terrasse und zündeten Gartenfackeln an, dazu gab es wie angekündigt ein Barbecue, um das sich Takashi kümmerte, im Hintergrund lief Musik und es gab auch Alkohol. Als sie in der Runde zusammen saßen, kam Katsuya auf das Spiel zurück. Dazu holte er eine leere Flasche und erklärte die Regeln. „Also es wird so ablaufen: da Takashi und ich alles schon voneinander wissen, werden wir die Regeln etwas ändern. Wenn einer von uns den anderen erwischt, muss er eine Pflichtaufgabe machen. Das macht es etwas spannender. Ansonsten bleibt alles wie gehabt. Alle Pflicht- oder Wahrheitsaufgaben werden im angemessenen Rahmen bleiben und es wird nichts geben, was grenzwertig oder unangebracht ist. Außerdem kann man nicht zwischen Wahrheit oder Pflicht wählen, sondern der Flaschendreher entscheidet. Hinata, möchtest du anfangen?“ „Ich? Äh…“ Unsicher, was er denn gleich fragen sollte, geriet er ins Stammeln, woraufhin Takashi eingriff und anbot, die erste Runde zu übernehmen, damit Hinata eine kleine Orientierung hatte, wie das Spiel funktionierte. Die Flasche drehte sich und kam schließlich bei Katsuya um Stillstand. Der jüngere Zwilling grinste und lachte. „Ja super!“ rief er. „Na, was willst du mir antun?“ Takashi, der sich nun selbst herausgefordert sah, lächelte unheilvoll und trank einen Schluck aus seiner Bierflasche. „Du, mein lieber Bruder, machst uns den Pico.“ „Wieso muss ich Pico sein?“ protestierte Katsuya sogleich. „Weil du das eben so gut kannst.“ Daraufhin genehmigte sich auch der jüngere Bruder einen Schluck vom Alkohol und begann mit seiner Showeinlage. Er begann in einer sehr kindlich klingenden Stimme lustvoll zu stöhnen, während er sich in einer sehr übertriebenen Art und Weise, die schon urkomisch war, sehr anzüglich positionierte und mit seinem Schauspiel begann. Er begann eine Szene aus dem Anime nachzuspielen. „Ah… Mokkun… Nimm mich gleich hier im Wagen. Ich liebe dich, ganz egal ob ich wie ein kleines 9-jähriges Mädchen aussehe und du ein pädophiler Drecksarsch bist. Ah… aaaah! Mokkun. Mir läuft zwar gerade mein verdammtes Eis den ganzen Arm runter und versaut die die ganzen Sitzpolster, aber scheiß drauf. Los, nimm mich gleich hier und jetzt und versau damit sämtlichen Fangirls auf der Welt ihre Vorstellungen von einem romantischen Yaoi.“ Hinata verschluckte sich fast und konnte sich nicht beherrschen. Er konnte nicht anders als bei dieser einmaligen Vorstellung in Gelächter auszubrechen. Katsuyas überzogenes Spiel und sein Sarkasmus dabei waren einfach unbezahlbar und zeigte, dass der jüngere Itamu-Zwilling ein gutes schauspielerisches Talent hatte. Damit war das Eis gebrochen. Als Takashi an der Reihe war und die Flasche schließlich auf Hinata zeigte, musste dieser den Titelsong von Doraemon zum Besten geben, was er auch ganz gut schaffte. Dann war er endlich an der Reihe und freute sich auch schon richtig darauf. Er drehte die Flasche, aber da die Flasche genau zwischen Katsuya und Takashi zeigte, einigte man sich darauf, dass beide zusammen dran waren. Zuerst spielte Hinata mit dem Gedanken, auch sie eine Pflichtaufgabe erledigen zu lassen, doch er entschied sich zur Abwechslung für eine Wahrheitsfrage. Denn es gab etwas, was er unbedingt wissen wollte. „Wovor habt ihr beiden am meisten Angst?“ Kurz sahen sich die beiden Brüder an, so als wollten sie sich stumm darauf einigen, wer als erster antworten sollte. Es war Katsuya, der antwortete, dass seine schlimmste Angst eine Querschnittslähmung wäre oder gar eine Lähmung direkt vom Hals abwärts. Das erklärte er mit den Worten „Ich will Profisportler werden. Eine solche Behinderung wäre für mich ein absoluter Alptraum. Ganz zu schweigen davon, dass es dann nicht mal mehr mit Sex funktionieren wird… Das wäre gleich meine nächste Angst: kompletter Potenzverlust.“ „Mal wieder so was von typisch für dich“, meinte Takashi kopfschüttelnd und fing dann auch schon seine nächste Flasche Bier an. Inzwischen waren sie ein wenig angeheitert und gut drauf, allerdings noch nicht so angetrunken, dass es bemerkbar gewesen wäre. Katsuya warf seinem Bruder daraufhin einen herausfordernden Blick zu und meinte „Ach ja? Dann erzähl du doch mal wovor du denn bitteschön am meisten Angst hast.“ „Ich passe.“ „Gilt nicht! Keiner darf passen.“ „Es ist aber peinlich!“ „Ein Grund mehr, dass wir es wissen wollen.“ Geschlagen seufzte der ältere Zwilling und Hinata sah ihm an, dass es ihm wirklich peinlich war, darüber zu sprechen. Darum war auch seine Neugier umso größer, denn nachdem die Zwillinge immer so cool gewesen waren, hatte er sich natürlich schon mal gefragt, ob es überhaupt etwas gab, wovor sie Angst hatten. Schließlich aber rückte Takashi dann doch mit der Sprache raus und die Antwort war dafür umso unglaublicher. „Enten.“ „Was?“ fragte Katsuya irritiert. „Wie jetzt?“ „Enten“, wiederholte Takashi. „Ich hab Angst vor Enten. Als ich klein war, litt ich unter Anatidaephobie und hatte aufgrund dessen entsetzliche Angst vor Enten.“ Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann aber brach Katsuya in ein prustendes Gelächter aus und konnte sich kaum einkriegen. Er fiel fast von seinem Stuhl vor Lachen und schien sich ziemlich darüber zu amüsieren. Auch Hinata fiel es erst einmal schwer zu glauben. „Du… du hattest Angst, von Enten beobachtet zu werden?“ fragte Katsuya und kugelte sich vor Lachen. „Ich glaub’s ja nicht. Du und Angst vor Enten. Hey Takashi, guck mal da! Es ist Big Brother Duck!“ Katsuya konnte sich gar nicht mehr einkriegen und geriet dabei fast in Atemnot vor Lachen. Auch Hinata stand kurz davor zu lachen, allerdings nicht wegen Takashis Angst, sondern hauptsächlich wegen Katsuyas hysterischen Gelächters. Doch er riss sich zusammen und beließ es bei einem amüsierten Lächeln. Takashi war ein wenig mürrisch deswegen und versuchte irgendwie das Thema zu wechseln, aber Katsuya kam aus seinem Lachanfall kaum raus und machte sich natürlich einen Spaß aus dieser neuen Erkenntnis. „Jetzt kapier ich auch, warum du damals so geheult hast, als wir in Disneyland waren und Donald Duck auf uns zukam.“ „Bist du bald mal fertig?“ fragte Takashi und wandte sich dann an Hinata. „Jetzt weißt du auch, warum weder ich, noch meine Eltern es ihm je gesagt haben.“ „Tut mir leid“, entschuldigte sich der 20-jährige direkt, doch Takashi winkte ab. „Schon gut. Ich hab damals eine Therapie gemacht und seitdem habe ich keine Angst mehr davor, von Enten beobachtet zu werden. Nur hat sich halt nicht die Angst vor Enten selbst abstellen können. „Nicht, dass du bei deinem Essen gleich einen Herzinfarkt kriegst, wenn es knusprige Ente gibt“, witzelte Katsuya und fing sich sogleich einen Klaps auf den Hinterkopf ein. „Hahaha, du bist so was von witzig“, meinte Takashi sarkastisch. Als nun Takashi mit Flaschendrehen wieder dran war, zeigte die Flasche, nachdem sie zum Stillstand gekommen war, auf Hinata. Dieser war natürlich neugierig, was nun kommen würde und ob wieder eine Pflichtaufgabe auf ihn warten würde. Doch dann stellte Takashi eine Frage. „Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?“ Hier musste Hinata kurz nachdenken, denn einfach war die Frage erst nicht so wirklich einfach. Es gab so vieles, was er sich wünschte. Dass er nicht mehr so schüchtern war, dass er ein erfolgreicher Mangaka wurde und dass er seine Eltern nie wieder sehen musste. Aber dann hatte er nach einigem Nachdenken dann doch seinen wichtigsten Wunsch gefunden. Mit einem schüchternen Lächeln antwortete er „Ich wünsche mir, dass ich noch länger mit euch zusammen sein kann.“ Hieraufhin sahen sich die Brüder an und waren offenbar erst überrascht, dann aber ließ Katsuya ein verzücktes „Ah!“ vernehmen und nahm Hinata in den Arm, woraufhin er ihn durchzuknuddeln begann. „Hinata, du bist so was von süß!“ „Hey, lass mir auch was übrig!“ rief Takashi, doch Katsuya, der schon deutlich mehr angeheitert war, drückte ihn zurück. „Vergiss es“, rief er entschieden. „Du hattest gestern deinen Spaß mit ihm, jetzt bin ich dran.“ „Du hast morgen deinen Spaß mit ihm allein!“ Als Hinata sah, wie sich die beiden darum zankten, wer ihn alles umarmen durfte, konnte er nicht anders als zu schmunzeln. Es war wirklich ein komisches Gefühl, dass sich zwei Leute um ihn zankten. Schließlich aber streckte er eine Hand nach Takashi aus. „Warum machen wir keine Umarmung zu dritt?“ Und damit waren alle Beteiligten mehr als zufrieden. Kapitel 7: Zusammen mit Katsuya ------------------------------- Am nächsten Morgen wachte Hinata irgendwie wieder jemandem im Bett auf und Katsuya, der wirklich schlief wie ein Murmeltier, hatte sich wie schon gestern an ihn gekuschelt wie an einem Kissen und schnarchte leise vor sich hin. Er lächelte zufrieden wie ein kleines Kind und bot schon einen niedlichen Anblick. Takashi war nicht da und ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es schon neun Uhr war. Soweit er sich richtig erinnerte, hatte Takashi gestern noch gesagt, dass er früh unterwegs sein würde, weil er mit seiner Fototour gleich mit dem Sonnenaufgang beginnen wollte. Also legte sich Hinata noch ein wenig zu Katsuya und schloss die Augen. Schließlich aber wachte Katsuya dann doch nach einer Viertelstunde auf, gähnte müde und rieb sich die Augen. Er brauchte erst mal eine Weile um zu merken, in wessen Bett er eigentlich war, doch als er dann Hinata sah, zögerte er nicht lange und gab ihm einen Guten-Morgen-Kuss. „Heute haben wir beide mal den ganzen Tag für uns, Hinata.“ Noch etwas schläfrig lächelte der Kunststudent und setzte sich auf. Ja, darauf hatte er sich ehrlich gesagt schon gefreut, denn er war gespannt, was sich Katsuya so alles vorgenommen hatte. Da der jüngere Zwilling recht unternehmungslustig und aktiv war, konnte man eigentlich damit rechnen, dass auch so einiges auf dem Plan stand. Und tatsächlich meinte der Sportstudent, nachdem er aufgestanden war „So, dann wollen wir mal langsam aufstehen. Wir haben viel vor.“ Als sie in die Küche gingen, um sich ein Frühstück zu machen, bemerkten sie, dass schon einiges auf dem Tisch stand. Offenbar hatte Takashi bereits für sie mitgedacht. Es musste nur noch kurz erwärmt werden und die Information fanden sie auf einem Zettel, den der ältere Itamu-Bruder ihnen hinterlassen hatte. Als Katsuya das sah, schüttelte er seufzend den Kopf. „Takashi wäre wirklich die ideale Hausfrau. Aber manchmal kann er es auch übertreiben…“ „Wieso?“ fragte Hinata verwundert. „Es ist doch eine nette Geste, wenn er extra Frühstück für uns mitmacht.“ „Ja, aber er kann auch ziemlich bemutternd sein. Nur weil ich nicht kochen kann und eher der impulsive und spontane Typ bin, meint er oft genug, er müsse auf mich aufpassen, obwohl ich gerade mal nur fünf Minuten jünger bin.“ „Aber das zeigt doch, wie viel du ihm bedeutest und dass er sich um dich sorgt, oder? Eine Frage hab ich aber: wie funktioniert das, dass ihr nur fünf Minuten auseinander seid?“ Als Hinata sich setzte, goss Katsuya erst mal einen Tee ein und sie begannen ihr Frühstück zu essen. Dabei erzählte der jüngere Zwilling den Grund des kurzen Altersabstandes: Als Takashi auf die Welt kam, hatte sich Katsuya offenbar an seinem Fuß festgehalten, sodass er kurze Zeit später auf die Welt kam. Nun, die Geschichte war wirklich ungewöhnlich und von so etwas hatte Hinata bisher noch nichts gehört. Aber das zeigte auch, wie eng die beiden Brüder eigentlich miteinander verbunden waren. „Ich sag mal so“, fuhr Katsuya schließlich fort und schluckte seinen Reis herunter. „Natürlich ist es schön, einen Bruder oder eine Schwester zu haben, die sich um einen kümmern, aber es kann auch nerven. Insbesondere dann, wenn man sich ständig von denen ein Kondom in die Hand drücken lassen muss mit der Belehrung, man solle wenigstens an Verhütung denken. Manchmal ist Takashi wirklich wie eine Glucke…“ Hinata schmunzelte, als er das hörte. Auch so verschieden die beiden Brüder auch waren, sie ergänzten sich wirklich gut. Nach dem Essen holte Katsuya eine Karte hervor und erzählte ihm, dass sie eine Sightseeingtour machen würden, da Hinata ja noch gar nichts von Kamakura kannte. Dabei zeigte Katsuya die Route, die sie gehen würden. Dabei würden sie auch den Ungafuku-Schrein, den Kamakura Komachidori, das Grab von Morinaga sowie noch einige Tempel und das Literaturmuseum. Es war eine ziemlich lange Liste, aber Katsuya meinte, sie könnten die Orte, die sie an diesem Tag nicht schaffen würden, auch an einem anderen Tag besuchen. Die Idee, eine Sightseeingtour zu machen, gefiel Hinata und er war sofort mit dabei. Sie fuhren sofort los, nachdem sie abreisefertig waren und waren knapp vier Stunden unterwegs, um die Sehenswürdigkeiten von Kamakura zu besuchen. Hinata war sprachlos, dass es so viel hier zu sehen gab. Während sie die Tempelanlagen besichtigten, konnte Katsuya ein paar Anekdoten erzählen, wie er mit seiner Familie mal hier gewesen war und wie er und Takashi in den Tempeln gespielt hatte. Auch wie er als kleiner Junge die kleinen Buddhafiguren beschmiert hatte. Wie sich herausstellte, war Katsuya als Kind ein ziemlicher Querulant gewesen, der viel Blödsinn angestellt hatte. Nicht selten hatte Takashi ihn von irgendwelchem Blödsinn abhalten müssen. Doch wie Hinata auch erfuhr, hatte es auch mal Tage gegeben, in denen Katsuya auf Takashi aufgepasst hatte. So hatte es mal in der Gegend ein paar ältere Kinder gegeben, die auf Streit aus waren und Takashi als Teil eines Streichs in einen Schrein eingesperrt und dort zurückgelassen hatten. „Und was hast du gemacht?“ fragte Hinata, als sie sich auf den Weg zu einem Restaurant in der Nähe machten, um sich zu stärken und eine Pause einzulegen, denn so langsam taten dem 20-jährigen die Füße weh. „Ich hab mir ihren Anführer geschnappt und ihm eine reingehauen. Mit den anderen bin ich auch ganz gut fertig geworden. Deshalb sagte ich ja: wenn du irgendwo Probleme hast oder jemand dir Stress macht, dann komm sofort zu mir. Egal wer es auch ist, der kriegt es mit mir zu tun.“ Es war wirklich eine schöne Abwechslung mit Katsuya. Mit ihm hatte man das Gefühl, als würde es immer schönes Sonnenscheinwetter geben. Er verbreitete halt gute Laune und das färbte natürlich auch auf Hinata ab, der seine Schüchternheit immer weiter abstreifte und in Katsuyas Nähe recht lebhaft wurde. Als sie gemeinsam draußen saßen und Takoyaki aßen, genossen sie auch ein wenig die Ruhe. Eine angenehm warme Brise wehte und Hinata hatte seinen Kopf auf Katsuyas Schulter abgelegt. „Na?“ fragte der Sportbegeisterte schließlich. „Woran denkst du gerade?“ „Ich bin ehrlich gesagt neidisch“, gab Hinata zu. „Du und Takashi, ihr habt so viel in der Vergangenheit erlebt und hattet so viel Spaß. Ihr habt immer so viel zu erzählen. Ich hingegen… was kann ich da schon erzählen?“ „Da gibt es viele Möglichkeiten, selbst wenn du halt nicht so oft mit Freunden oder Verwandten unterwegs warst. Alles, was du verpasst hast und gerne machen würdest, können wir doch zusammen erleben. Entweder mit mir, Takashi oder mit uns beiden zusammen. Sieh das Ganze doch positiv: du kannst dir doch jetzt eine schöne Zeit mit uns machen, dann hast du in Zukunft viel zu erzählen.“ Ja, da hatte Katsuya nicht ganz Unrecht und er gab auch zu, dass er wirklich wahnsinnig Spaß mit den Zwillingen hatte. Und er genoss auch die Nähe, die sie ihm gaben… und diese Geborgenheit, die er all die Jahre so sehr vermisst hatte. „Ich erlebe so viele Dinge zum allerersten Mal“, sagte er schließlich. „Ein Urlaub am Strand, einen lustigen Spieleabend, mit anderen zu lachen und einfach nur zusammen zu sitzen. Gemeinsam zu kochen, oder einfach nur mal im Arm gehalten zu werden.“ „Hat dich echt nie jemand mal in den Arm genommen?“ „Nein…“ „Nicht mal deine Eltern?“ „Meine Eltern hassen mich“, erklärte Hinata und sein Blick nahm etwas Trauriges an. „Mein Vater hält mich für eine einzige Enttäuschung und für einen Versager und meine Mutter meinte, dass es allein meine Schuld sei, dass die Familie auseinanderbricht. Sie sagte mal, dass ich Glück hatte, überhaupt geboren zu werden.“ Als Katsuya spürte, dass es Hinata ziemlich wehtat, daran zu denken, nahm er ihn in den Arm. Und es dauerte nicht lange, bis Hinata leise zu schluchzen anfing, während Tränen sich in seinen Augenwinkeln sammelten. Es war für ihn unverständlich, dass Eltern so mit ihrem Kind umsprangen, aber vielleicht lag es auch daran, dass seine Eltern recht liberal waren. Sie hatten ihm und Takashi genug Vertrauen entgegengebracht, um sie beide ihren eigenen Weg gehen zu lassen. „Solange ihr keine absoluten Dummheiten macht und ein anständiges Leben führt, akzeptieren wir eure Entscheidungen.“ Das waren die Worte seiner Mutter gewesen. Sich vorzustellen, dass sie ihm sagen würde, dass er Glück hatte, überhaupt geboren worden zu sein, war echt hart und er wollte sich lieber nicht vorstellen, was Hinata noch alles erleiden musste. „Deine Eltern haben doch keine Ahnung“, sagte er und hielt Hinata weiterhin tröstend im Arm. „Du bist ein wunderbarer Mensch und wer dir sagt, du wärst wertlos, der ist selber ein Haufen Scheiße. Solche Eltern brauchst du ganz sicher nicht. Hey, es ist okay.“ Zärtlich streichelte Katsuya seinen Kopf, um ihn zu trösten. Er würde für ihn da sein, genauso wie Takashi. Und er würde schon zu verhindern wissen, dass jemand Hinata wieder so wehtat. „Sieh es mal positiv: du hast jetzt uns und wir werden uns eine unvergessliche Zeit hier machen. Wir werden viel Spaß zusammen haben und wenn die Semesterferien vorbei sind, haben wir immer noch die Nachmittage und Wochenenden und wir gehen auf dieselbe Uni. Wir verbringen die Pausen zusammen, damit du nicht alleine bist und wenn du Redebedarf hast oder einfach nur jemanden brauchst, der dir eine Umarmung gibt, kannst du jederzeit zu uns kommen.“ Nachdem sie ihre Takoyaki aufgegessen hatten, wollten sie weitergehen, doch da Hinata Schmerzen am Fuß hatte und sich herausstellte, dass er sich Blasen gelaufen hatte, änderten sie ihre Pläne. Da ein Weiterlaufen kaum möglich war, hatte Katsuya eine andere Idee. „Ich geh eben los und hol den Wagen. Du kannst hier warten.“ „Okay…“ Und mit einem kurzen Abschiedskuss machte sich Katsuya auf den Weg und Hinata setzte sich wieder. Schöne Bescherung, dachte er sich. Da machen wir schon diesen Ausflug und dann so was. Tja, da konnte man halt nichts machen. Zumindest hatten sie viel Spaß gehabt. Warum nur hatten seine Eltern das nie mit ihm gemacht? Was war denn so falsch daran, einfach mal wegzufahren und Spaß zu haben? Stattdessen hatte er seine ganze Freizeit zuhause beim Lernen verbringen müssen. Hassten sie ihn denn wirklich so sehr, dass sie nicht mehr Zeit als nötig mit ihm verschwenden wollten? Diesen Gedanken wäre Hinata vielleicht noch länger nachgegangen, doch da kam auch schon Katsuya mit dem Auto und so verwarf er den Gedanken an seine Eltern wieder. Es gab durchaus Wichtigeres, als an die Vergangenheit zu denken. Als sie wieder zurück im Strandhaus waren, behandelte Katsuya Hinatas Fuß. Noch immer war Takashi nicht zurück, was aber auch daran lag, weil er zusätzlich noch den Sonnenuntergang fotografieren wollte. Da längere Märsche für Hinata nicht mehr infrage kamen, schlug Katsuya vor, dass sie noch ein wenig im Meer schwimmen könnten. Die Nachmittagssonne war wenigstens nicht ganz so heiß wie am frühen Mittag. Hinata nahm diesen Vorschlag begeistert auf und so suchten sie das Nötigste zusammen und gingen wieder über die Terrasse zum Strand. Doch anstatt sich am Strand bequem zu machen, schlug Katsuya eine andere Richtung ein. Stattdessen ging er in Richtung der Grotte, die er ihm gestern gezeigt hatte. Zugegeben, es war ein wenig schwierig, über Land in die Grotte zu gelangen, doch dank Katsuyas Führung klappte alles problemlos. Licht fiel von der Decke direkt hinein und wie schon gestern bot die Grotte einen atemberaubenden Anblick. Sie stellten ihre Sachen an einer trockenen Stelle ab, danach sprang Katsuya auch schon ins Wasser. Hinata war da etwas vorsichtiger und bemerkte, dass es an einer Stelle im Wasser am Uferrand eine Art Vorsprung gab, auf dem man stehen konnte. Bis knapp unter die Brust stand er im Wasser und musste sich erst einmal an die Temperatur gewöhnen. Kurze Zeit später tauchte Katsuya wieder an die Oberfläche auf und schien richtig viel Spaß zu haben. „Ich sag dir, es ist ein Traum! Es gibt wirklich keinen Ort, wo ich lieber wäre als hier“, rief der jüngere Zwilling und ließ ein vergnügtes und zufriedenes Seufzen vernehmen, während er sich auf der Wasseroberfläche treiben ließ. „Ja, es ist wirklich schön“, stimmte Hinata zu. „Und hier seid ihr als Kinder immer hier gewesen?“ „Jep. Und da die Grotte so versteckt liegt, wissen kaum Leute hiervon. Und da das immer unser Geheimversteck war, haben wir auch nie jemandem etwas davon erzählt. Naja, du jetzt natürlich ausgenommen.“ Hinata blickte erstaunt auf, als er das hörte. Katsuya hatte niemandem von der Grotte erzählt? Hieß das also, er war der Erste? „Wieso hast du es denn niemandem erzählt?“ wollte er wissen, woraufhin der jüngere Zwilling zu ihm herüberschwamm und ihn von hinten umarmte, wobei er zärtlich seinen Hals küsste. „Weil mir niemand so wichtig gewesen war wie du. Die Mädels waren zwar alle ganz nett und da waren auch Gefühle, aber sie gingen nicht so tief, dass ich mir wirklich vorgestellt hätte, wirklich ernst zu machen. Keine Ahnung, es waren recht kurze Geschichten, wo wir unseren Spaß hatten, aber mehr war da nicht.“ „Und was ist das jetzt mit mir?“ fragte Hinata zögerlich, denn er fürchtete sich ein wenig davor, dass auch er nur eine kurze Affäre für Katsuya war so wie die anderen. Dass er nur „einer von vielen“ war. Doch da drückte sich Katsuya noch dichter an ihn und dieser enge Körperkontakt ließ Hinata erröten und er spürte ein vertrautes Kribbeln in seinem Körper, insbesondere zwischen seinen Beinen, was ihm mehr als peinlich war. „Na etwas, das man eben eine ernste Beziehung nennt. Ich will mehr mit dir, als nur einen kurzen Spaß. Mag vielleicht wie ein blöder Flirtspruch klingen, aber mit dir will ich wirklich etwas Ernsthaftes und die Zeit mit dir ist mir sehr wichtig.“ Damit küsste Katsuya erneut seinen Hals und strich sanft mit seiner Hand über Hinatas Brust. „Ich liebe dich, Hinata“, sprach er ruhig. „Wirklich!“ Hinata spürte, wie eine Hand langsam seine Taille zu seiner Hüfte hinabglitt und zaghaft zwischen seine Beine wanderte. Vorsichtig genug, um ihn nicht zu erschrecken und um ihm genug Zeit zu geben, um nein zu sagen. Doch es kam kein nein, denn auch wenn Hinata ziemlich schüchtern für so etwas wie Outdoor-Sex war, so war es keineswegs so, dass er Katsuya zurückgewiesen hätte. Nachdem er mit Takashi sein erstes Mal gehabt hatte, wusste er ja, worauf er sich da einließ und hatte dementsprechend nicht mehr allzu große Angst davor wie vielleicht noch zu Anfang dieser Beziehung. Dennoch war er ein wenig nervös. „Und es kommt wirklich keiner hierher?“ „Garantiert nicht“, versicherte Katsuya. „Und hier kennt dich sowieso keiner. Viel mehr würde solltest du dich schämen, wenn du es irgendwo machst, wo dich jeder kennt.“ Da hatte Katsuya nicht ganz Unrecht, trotzdem war Hinata nervös, dass jemand sie so sehen könnte. Dennoch unternahm er nichts dagegen und ließ den jüngeren Zwilling gewähren. Denn auch wenn er nichts sagte, so wollte er es tief in seinem Herzen ja auch. Nur hätte er es nie offen ausgesprochen. Als er spürte, wie Katsuya seine Hand in seine Badehose schob, merkte er, dass es sich immer noch recht seltsam anfühlte und es wohl noch eine Weile brauchte, bis er sich an so etwas gewöhnt hatte. Im ersten Moment schreckte er noch zusammen, ließ Katsuya dann aber gewähren und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Um ein wenig Halt zu haben, stützte er sich am Uferrand der Grotte ab und versuchte, still zu bleiben. Die Angst, dass doch jemand hereinkommen oder sie hören konnte, war zu groß. „Mh…“ Als Katsuyas Hand seinen Penis umschloss, presste Hinata die Lippen zusammen und versuchte weiterhin, ruhig zu bleiben und nicht noch in Angst zu verfallen. Doch dem 22-jährigen entging durchaus nicht, was gerade in Hinata vorging. „Du weißt, du kannst jederzeit nein sagen, wenn du es nicht willst. Ich werde dich zu nichts zwingen.“ „I-ich… ich hab nur ein wenig Angst, sonst nichts.“ „Wovor denn?“ Unsicher zuckte Hinata mit den Schultern, denn so ganz konnte er auch nicht wirklich sagen, was ihn bedrückte. Es war schwer, es in Worte zu fassen, denn er hatte nie wirklich mit jemandem darüber sprechen können. „Es… es ist nur… es fühlt sich halt noch so ungewohnt an.“ Hinata spürte, wie seine Erregung immer größer wurde, als Katsuya damit begann, sein Glied zu massieren. Es fühlte sich fast genauso wie bei Takashi an, doch ihm war, als würde Katsuya deutlich direkter rangehen und nicht ganz so zurückhaltend sein. Er schien auch sonst nicht wirklich der Typ zu sein, der zu der ruhigen und vorsichtigen Sorte zählte. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde ganz vorsichtig sein.“ Das wusste Hinata und er versuchte, tief durchzuatmen und sich wieder zu beruhigen. Er versuchte sich wieder an die Atemübung zu erinnern, zu der Takashi ihm geraten hatte, damit er sich mehr entspannte. Das klappte ganz gut, nur hatte er das Gefühl, als würden seine Knie weich werden, als dieses kribbelige Gefühl noch stärker wurde. Er musste sich am Uferrand abstützen, um nicht den Halt zu verlieren. Katsuya selbst wagte sich immer weiter voran und küsste Hinatas Hals, legte seinen anderen Arm um seine Brust, um ihm ein wenig Halt zu geben. So dicht beieinander spürte der Kunststudent auch, dass auch Katsuya erregt war und das brachte ihn für einen Moment aus seiner Ruhe heraus. Denn nun wurde ihm mehr als deutlich bewusst, was gleich geschehen würde und die Nervosität war wieder da. Streng genommen war dies ja sein erstes Mal mit Katsuya. Natürlich vertraute er ihm, aber ein kleines bisschen Angst hatte er trotzdem. „Mh… ah…“ Hinata klammerte sich am Uferrand fest und keuchte. Trotz der angenehmen Wassertemperatur wurde ihm heiß zumute und sein Herz hämmerte in seiner Brust. Das Kribbeln in seinem Körper wurde immer stärker und es fiel ihm schwer, ruhig zu bleiben. Sein ganzer Körper wurde von diesem starken Gefühl der Lust ergriffen und er schaffte es kaum, seine Stimme zu unterdrücken. Er spürte, dass er gleich soweit war, doch er schämte sich zu sehr deswegen, sodass er nichts sagen konnte. Stattdessen versuchte er mit Mühe, sich zurückzuhalten und still zu bleiben. Doch da spielte Katsuya nicht mit, denn dieser wollte schon ein wenig mehr aus Hinata herauskitzeln. Immerhin wollte auch er sich ein wenig Spaß holen und ein wenig mehr von Hinata hören. „Na? Wie lange kannst du dich noch zurückhalten?“ Was für eine gemeine Frage, dachte sich Hinata und wusste, das Katsuya nun erst recht loslegen würde, nur um ihn dahin zu bekommen wo er wollte. Es war nicht so, dass Hinata es überhaupt nicht gewollt hätte, aber war einfach zu schüchtern und schämte sich auch ein Stück weit. Er hatte halt Angst davor, dass Katsuya schlecht von ihm denken würde, wenn er sich so völlig gehen ließ. Also sammelte er sich innerlich und konzentrierte sich nur noch mehr darauf, es zurückzuhalten und wenn es halt seine ganze Kraft erforderte. Doch dann war einfach der Punkt erreicht, an dem ihm all seine Kraft verließ. Ein heißer Schauer ging durch seinen Körper, er keuchte laut und für einen Moment verblasste seine Sicht, als er seinen Orgasmus nicht mehr länger zurückhalten konnte. Die Kraft verließ ihn und er sank schwer atmend zusammen, doch Katsuya hielt ihn fest. „Alles gut?“ erkundigte sich der jüngere Zwilling sicherheitshalber und bekam ein Nicken zur Antwort. „Ja…“, murmelte Hinata und versuchte sich wieder zu sammeln. „Es geht schon.“ „Meinst du, du schaffst eine richtige Runde?“ Hinata wusste, was damit gemeint war, doch bevor er antwortete, dachte er kurz nach. An so einem Ort Sex haben und dann noch im Wasser? War das nicht irgendwie pervers? Sollte er vielleicht lieber nein sagen? Aber andererseits… Er konnte doch nicht einfach so abbrechen, wo doch nur er seinen Spaß gehabt hatte. Das wäre nicht fair Katsuya gegenüber. Also sagte er schließlich ja in der Hoffnung, dass es auch die richtige Antwort war. „Okay, Hinata. Wenn es für dich unangenehm wird, sag einfach Bescheid. Für mich ist das hier auch eine recht neue Erfahrung.“ Als Hinata eine Hand an seinem Gesäß spürte, beugte er sich noch etwas weiter vor, damit Katsuya eine bessere Position hatte. Tief atmete er durch, als er spürte, wie sich ein Finger vorsichtig durch seinen Schließmuskel drückte. Immer noch fühlte es sich merkwürdig und auch ein wenig unanständig an. Wahrscheinlich würde es noch eine Weile brauchen, bis er sich hieran gewöhnt hatte, aber es fühlte sich trotzdem gut an. Aber was überhaupt richtig, dass man sich von so etwas gut fühlte? „Na?“ flüsterte Katsuya und ließ seinen Finger noch tiefer eindringen. Durch die Tatsache, dass sie sich im Wasser befanden, klappte es ganz gut, auch ohne Gleitgel. „Wo fühlt es sich für dich am besten an?“ Immer tiefer tastete sich Katsuya voran und nahm schließlich einen zweiten Finger hinzu. Ein leichtes schmerzhaftes Stechen machte sich bemerkbar, als der Druck langsam erhöht wurde und als der jüngere Itamu-Zwilling damit begann, Hinata ein wenig zu dehnen, spürte dieser, wie dabei etwas Wasser in seinen After eindrang, was sich mehr als nur unanständig anfühlte. Doch er sagte nichts, sondern versuchte still zu halten und sich nichts anmerken zu lassen. Als Katsuya aber dann seinen besonders sensiblen Punkt berührte, da keuchte der 20-jährige auf und schaffte es nicht, seine Stimme zurückzuhalten. Und das nahm Katsuya sogleich zum Anlass, um auf diese Weise noch ein wenig mehr aus Hinata herauszulocken. Hinata war gefangen zwischen Lust und Schamgefühl, während Katsuya ihm systematisch seine Widerstandskraft nahm und er nicht mehr in der Lage war, still zu bleiben. Das Echo seines lustschweren Stöhnens zu hören, war recht beschämend für ihn und er fragte sich, ob Katsuya wohl schlechter von ihm dachte, wenn er solche Geräusche vernehmen ließ. Der Sportstudent musste doch wohl denken, dass er pervers war, oder? Mit hochroten Wangen senkte der den Blick und versuchte sein Gesicht zu verstecken, auch wenn das eigentlich unnötig war, da Katsuya ihn in der jetzigen Position sowieso nur von hinten sah. Und da der Zwilling sein Gesicht nicht sehen konnte, interpretierte er diese Reaktion erst mal völlig anders und fragte „Tut es weh?“ Hinata schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Katsuya hielt nun inne und hakte weiter nach. „Was hast du?“ „Tut mir leid“, keuchte Hinata und versteckte weiterhin beschämt sein Gesicht. „Du musst mich sicher für das Letzte halten.“ Nun war der jüngere Zwillingsbruder wirklich verwirrt und verstand überhaupt nicht, was Hinata damit meinte. Also fragte er weiter nach, was damit gemeint war, da sammelten sich auch schon Tränen in Hinatas Augenwinkeln. „So wie ich klinge, musst du doch denken, dass ich pervers bin.“ Einen Augenblick hielt Katsuya inne. Als er dann aber verstand, was Hinata damit meinte, hätte er fast gelacht. Zum Glück konnte er sich aber beherrschen, denn das hätte es nur noch schlimmer gemacht. „Du und pervers? Ah komm, Hinata. Du bist doch nicht pervers. Wenn das hier einer von uns beiden ist, dann ja wohl ich und das wird dir auch jeder andere bestätigen. Nur weil du so etwas hier magst und stöhnst, bist du noch lange nicht pervers. Ein bisschen herumzustöhnen ist vollkommen normal und hat noch keinem geschadet. Und ehrlich gesagt finde ich es sogar wirklich süß, deine Stimme zu hören. Dann weiß ich nämlich auch, dass es sich für dich gut anfühlt. Du musst dich doch nicht für alles zu entschuldigen, Hinata.“ „Tut mir leid…“ „Du machst es schon wieder. Und zur Strafe…“, hier beugte sich Katsuya vor und küsste Hinatas Halsbeuge. Doch dann begann er sich plötzlich an der Stelle festzusaugen und Hinata stöhnte laut auf, als ein heißer Schauer durch seinen Körper jagte. Dann aber löste Katsuya seine Lippen wieder von der Stelle und verkündete mit einem Grinsen „Zur Strafe gibt es ein kleines Souvenir von mir.“ Hat er mir jetzt etwa einen Knutschfleck verpasst, fragte sich Hinata und legte eine Hand auf die Stelle. Allein bei dem Gedanken wurde er ganz verlegen, kam aber nicht mehr dazu, noch weiter darüber nachzudenken, denn da zog Katsuya seine Finger wieder zurück und es war klar, was nun als nächstes folgen würde. Nun schlug Hinatas Herz bis zum Hals und er versuchte sich an Takashis Worte zu erinnern. Er durfte jetzt bloß nicht nervös werden und verkrampfen, ansonsten würde es noch problematisch werden. Also atmete er tief durch und versuchte sich so gut wie möglich zu entspannen. Er spürte auch schon den wachsenden Druck auf seinen Anus, der dieses Mal viel stärker war als gerade eben noch. Doch Katsuya, der in Sachen gleichgeschlechtlichen Sex noch unerfahren war, ging ein wenig zu schnell vor, was dafür sorgte, dass der Schmerz, den Hinata dabei wahrnahm, wesentlich schlimmer war als bei Takashi. Ein kurzer Schmerzenslaut entwich ihm und er verkrampfte kurz, was das alles noch schlimmer machte. „Entschuldige, Hinata“, rief Katsuya als er merkte, dass er zu ungeduldig gewesen war. „Tut es sehr weh?“ „Etwas…“, brachte Hinata hervor und versuchte sich wieder zu entspannen. „Könntest… könntest du etwas langsamer…“ „Okay. Tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun.“ Katsuya klang besorgt und ihm war deutlich anzumerken, dass es ihm wirklich leid tat. Hinata beruhigte sich wieder und nickte, nachdem der Schmerz wieder ein wenig nachgelassen hatte. Nun startete der Sportstudent einen erneuten Versuch, war aber dieses Mal weitaus vorsichtiger und ließ sich Zeit. Vorsichtig drang er tiefer in Hinata ein und merkte dabei, dass der 20-jährige verdammt eng war. Das war wirklich nicht mit einer Frau zu vergleichen und er merkte wohl, dass er wirklich besser daran tat, auf Takashis Ratschläge zu hören. Er hatte sich wohl von der romantischen Situation so hinreißen lassen, dass er dabei völlig ausgeblendet hatte, dass das hier nicht bloß einfacher Sex mit einer Frau war und er deutlich mehr Vorsicht walten lassen musste als sonst. Katsuya war überwältigt von diesen Gefühlen. Es war wirklich anders als bei den Frauen. Hinatas innere Muskeln umschlossen seinen Penis so fest, dass er fast schon befürchtete, er würde kommen, bevor es überhaupt richtig losging. „Hinata, alles in Ordnung?“ „Ja“, hörte er den Kunststudenten antworten und er drang vorsichtig und langsam immer weiter in ihn ein und hielt dabei seine Hüften fest. Hinata hielt still und blieb ruhig und man sah ihm an, dass er Mühe hatte, seine eigene Nervosität in Zaum zu halten. Gerne hätte Katsuya ihm dieses Problem abgenommen, aber er wusste, dass das nicht ging. Hinata musste damit allein fertig werden und brauchte halt seine Zeit. Die musste man ihm halt geben und es war ja schon ein enormer Fortschritt, dass er sich tatsächlich zum Outdoor-Sex hatte überreden lassen. Es stimmte wohl, was Takashi gesagt hatte: man musste mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld an die Sache herangehen, dann würde Hinata auch mehr Mut entwickeln. Aber Katsuya hatte halt seine eigene Vorgehensweise. Er würde Hinata auf seine eigene Art und Weise erobern und ihm auch seine Freude am Leben zurückzugeben und ihm zu zeigen, dass das Leben durchaus Spaß machen kann. Er würde auf seine Art mit Hinata zusammen sein und das war seiner Meinung nach auch gut so. Nachdem Katsuya nun deutlich vorsichtiger geworden war, entspannte sich Hinata und er spürte, wie auch der Schmerz immer mehr von dem überwältigenden Gefühl der Hitze und Lust überdeckt wurde und immer weiter in den Hintergrund rückte. Es war mit Worten kaum zu beschreiben und für einen Moment war ihm schwindelig und so hielt er sich weiterhin an der Uferwand fest. Langsam begann der Sportstudent sich wieder aus ihm zurückzuziehen, nur um dann wieder aufs Neue tief in ihn einzudringen. Auch wenn es wehtat, so war es dennoch gut zu ertragen, weil dieses atemberaubende Gefühl der Lust ihn diesen Schmerz auch ein Stück weit vergessen ließ. Stattdessen wuchs sein Verlangen danach, Katsuya noch stärker in sich zu spüren. Es fühlte sich ähnlich wie bei Takashi an und doch war es auch wieder anders… Katsuya war mehr der Wilde und Kraftvolle, während Takashi mehr der Sanftere und Leidenschaftlichere war und beide hatten gewissermaßen ihre Vorzüge. Mehr und mehr wich Hinatas Nervosität und er gab sich dem Moment voll und ganz hin. Er spürte, wie sein Herz raste und ihm trotz dem angenehm kühlenden Wasser immer heißer wurde. Das Blut pulsierte in seinen Adern und ihm wurde ein wenig schwindelig. Obwohl es am Anfang wirklich wehgetan hatte, fühlte es sich nun immer besser an und er streckte Katsuya seine Hüften noch ein wenig mehr hin, damit dieser noch tiefer eindringen konnte. Für den Sportstudenten der Beweis dafür, dass er Hinatas volles Vertrauen hatte. „Hinata…“ Der 20-jährige keuchte und spürte, wie sich wieder eine Hand um seinen Penis legte. Das war nun endgültig zu viel für ihn. Er konnte seine Stimme nicht mehr zurückhalten und stöhnte laut, woraufhin seine Stimme in der Grotte widerhallte. Doch das beschäftigte ihn schon längst nicht mehr. Er war nicht mehr in der Lage, überhaupt noch an irgendetwas zu denken. Alles versank wie hinter einem dichten weißen Schleier, der alle äußeren Reize vollständig ausblendete. Das Einzige, was er nur noch wahrnahm, war das überwältigende Gefühl der Lust und das Verlangen nach mehr. Auch Katsuyas Atem wurde nun deutlich schwerer und seine Bewegungen wurden schneller und kraftvoller. Hinata hatte das Gefühl, jeden Augenblick an seine Grenzen zu stoßen. Er rang nach Luft und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Dann schließlich, als er zu seinem zweiten Orgasmus kam, spürte er, wie eine heiße Flut sein Innerstes durchströmte und sich Katsuyas Griff um seinen Körper nur noch verstärkte. Nun verlor er endgültig die Kraft in den Beinen und ihm wurde schwarz vor Augen. Das Einzige, was er noch wahrnahm, war, wie Katsuya ihn fest im Arm hielt. Kapitel 8: Ein ganz besonderes Geschenk --------------------------------------- Nachdem er am Abend recht schlapp gewesen war, hatte Katsuya Hinata auf sein Zimmer gebracht und war noch bei ihm geblieben. Als der schüchterne Student am nächsten Morgen aufwachte, plagte ihn ein wenig das schlechte Gewissen, weil er nicht so viel Durchhaltevermögen gehabt hatte. Doch als Katsuya neben ihm aufwachte, schien er bei guter Laune zu sein, lächelte glücklich und kuschelte sich an Hinata heran. „So könnte ich eigentlich jeden Morgen aufwachen…“ Daraufhin schlang er seine Arme um Hinata und hielt ihn fest wie ein Kuscheltier. Obwohl er nichts sagte und auch versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, so schlug Hinata das Herz bis zum Hals und seine Wangen begannen zu glühen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, aber es fühlte sich wirklich angenehm an. Es ließ ihn ganz einfach deutlich spüren, dass er nicht alleine war und dass da jemand war, der ihn auch einfach mal im Arm hielt. „Schläfst du gerne… ähm… also…“ Hinata wusste nicht, wie er die Frage am besten formulieren sollte und noch weniger, wie er sie am besten aussprechen konnte, ohne dass er gleich wieder rot vor Scham wurde. Doch da kam Katsuya ihm auch schon mit der Antwort zuvor. „Schon seit ich klein war, hab ich nicht gerne allein geschlafen. Takashi und ich haben oft zusammen im Bett gepennt, als wir klein waren. Was soll ich sagen? Ich habe sehr, sehr, sehr viel Liebe zu geben.“ Damit gab Katsuya ihm einen Kuss und streichelte ihm liebevoll durchs Haar, bevor er aus dem Bett kroch. Auch Hinata stand nun auf, merkte dann aber doch, dass da wieder ein unangenehmer Schmerz in seinem Allerwertesten zu spüren war. Nicht so schlimm wie nach seinem ersten Mal mit Takashi, aber trotzdem hatte er es in sich. In der Küche hatte Takashi bereits das Frühstück vorbereitet und schien sich auch guter Laune zu erfreuen. Sie setzten sich an den Tisch und aßen zusammen, dabei erkundigte sich der ältere Zwilling auch sogleich, wie sie ihren Tag verbracht hatten. „Ach es war ganz gut“, antwortete Katsuya sogleich. „Wir haben uns die örtlichen Tempel angesehen und dann haben wir beide auch die Grotte eingeweiht und zwar so richtig.“ Als Katsuya das in einem Ton erzählte, der keiner weiteren Erläuterungen bedurft hätte, verbarg Hinata beschämt sein Gesicht, als er daran zurückdachte, was er gestern getan hatte. Oh Gott, dachte er sich. Ich hab es wirklich draußen getan… im Wasser in einer Grotte! Schnell versuchte er diese Tatsache zu verdrängen und nicht mehr daran zu denken, aber es hatte sich in diesem Moment in sein Gedächtnis eingebrannt und ließ ihn nicht mehr los. Er schämte sich wirklich in Grund und Boden für diese Geschichte und er war froh, dass Takashi nicht weiter nachfragte und souverän reagierte, indem er sagte „Na da hattet ihr ja gestern einen wirklich erlebnisreichen Tag. Bevor ich es vergesse: sollen wir heute absprechen, wie wir es in Zukunft regeln wollen? Es wäre ja im Interesse aller Beteiligten, wenn wir feste Tage ausmachen, wer mit Hinata Zeit verbringt.“ Damit war auch Hinata einverstanden. Dann musste er wenigstens nicht ständig ein schlechtes Gewissen haben, wenn er nur mit einem Zwilling Zeit verbrachte und der andere quasi vernachlässigt wurde. „Find ich gut“, rief Katsuya. „Allerdings müssen wir auch meine Arbeitszeiten berücksichtigen. Donnerstag und Freitag bin ich bis spät arbeiten und zusätzlich jeden zweiten Samstag. Das wird schwer werden…“ Takashi holte einen Zettel und einen Stift heraus und schrieb die Wochentage auf. Ziel war es, dass jeder Zwilling die gleiche Anzahl an Tagen in der Woche bekam und sie dann auch noch Tage ausmachen wollten, in denen sie zusammen mit Hinata etwas unternahmen. Ein schwieriges Unterfangen. Hinata dachte nach, wie das Problem am besten gelöst werden konnte und brachte einen ersten Vorschlag ein. „Warum machen wir es am Samstag nicht so, dass sich abgewechselt wird? Dann ist Takashi immer dann an der Reihe, wenn Katsuya arbeiten muss.“ Der Vorschlag fand sofort Zustimmung und wurde auf Papier gebracht. Vorsorglich trug sich Takashi in die Spalten ein, wo Katsuya arbeiten musste und nach kurzer Besprechung wurde es so geregelt: Sonntags und Montags verbrachten die Zwillinge gemeinsam mit Hinata Zeit, Dienstag und Mittwoch sowie jeder zweite Samstag waren für Katsuya reserviert und Takashi bekam den Donnerstag, Freitag und zusätzlich die Samstage, die Katsuya arbeiten war. Des Weiteren wurde festgelegt, dass die Feiertage zu dritt verbracht wurden, es sei denn, ein Zwilling war verhindert. So war eine perfekte Regelung festgelegt, in der niemand zu kurz kam und alles gerecht verteilt war. Und da heute Sonntag war, bedeutete dies, dass der heutige Tag mit beiden Zwillingen stattfinden würde. „Wollen wir heute mal die Shoppingmeile unsicher machen?“ schlug Katsuya vor. Für die Idee war auch Hinata, nur hatte er das Problem, dass er sich gestern Blasen an den Füßen gelaufen hatte. Aus diesem Grund ging Takashi erst mal zur Apotheke in der Nähe und kam wenig später mit Blasenpflastern zurück. Und nachdem Hinatas Füße behandelt worden waren, machten sie sich auf den Weg und fuhren in Richtung Zentrum. Im Gegensatz zu gestern strahlte die Sonne eher weniger und es war bewölkt. Sicherheitshalber hatten sie Regenschirme mitgenommen für den Fall, dass es noch regnen sollte und tatsächlich hörten sie in der Ferne sogar ein leises Donnern. Ein mehr als deutliches Zeichen dafür, dass es nicht lange trocken bleiben würde. Dennoch war die Einkaufsmeile von Kamakura gut besucht und es gab hier insbesondere viele Touristen. Kaum angekommen hatten die Zwillinge auch sogleich schon die Idee, Hinata zu einem neuen Image zu verhelfen. Der schüchterne Kunststudent ahnte noch nichts von seinem „Glück“ und merkte erst etwas, als sich die beiden bei ihm eingehakt hatten und mit ihm zu einem Modegeschäft gingen. Dazu musste man sagen, dass es sich um eines handelte, in welchem es hauptsächlich Markenklamotten gab, die man sich für gewöhnlich nicht leisten konnte. „Was… was habt ihr vor? Wieso gehen wir da rein?“ „Wir dachten, du bräuchtest mal einen Image-Wechsel“, erklärten die Zwillinge unisono, als sie ihn zum Eingang des Geschäftes führten. „Du musst mal ein wenig mehr aus dir herauskommen“, fügte Takashi noch hinzu. „Du trägst immer diese Pullunder und das unterstreicht nur den Eindruck, dass du ein unscheinbares graues Mäuschen für andere bist. Es wird Zeit, dass du dir einen neuen Look zulegst. Mit neuen Klamotten kommt auch ein neues Selbstwertgefühl und steigert vor allem das Selbstbewusstsein. „Ganz richtig“, bestätigte Katsuya. „Du musst dich nur trauen.“ „Ja aber…“, stammelte Hinata und blieb abrupt stehen. „Das ist viel zu teuer, das kann ich mir unmöglich leisten!“ „Mach dir darüber mal keine Sorgen“, kam es von den Zwillingen, die schon längst den Entschluss gefasst hatten, die Sache durchzuziehen und sich diese Idee auch nicht wieder ausreden zu lassen. „Betrachte es als Geschenk von uns.“ „Ein Geschenk?“ rief Hinata und fühlte sich ein wenig überrumpelt. „Aber das… das kann ich doch nicht annehmen.“ „Doch kannst du“, erwiderten die Zwillinge einstimmig. „Weil wir dich nämlich glücklich machen wollen.“ Damit gingen Hinata die Widerworte aus und so wurde er mehr oder weniger ins Geschäft gezogen und sogleich begannen die Zwillinge nun damit, nach Klamotten für ihn zu suchen. Da ihre Mutter ohnehin Modedesignerin war, hatten sie bereits konkrete Vorstellungen, allerdings gingen ihre Meinungen ein wenig auseinander. So wollte Katsuya besonders stylische und sportliche Outfits, während Takashi mehr auf modische Kleidung setzte, die aber auch alltagstauglich war und mehr Hinatas ruhigen Typ entsprach. Ein Kleidungsstück nach dem anderen wurde herausgesucht und der Kunststudent, der nicht wusste wie ihm geschah und die Situation nicht einordnen konnte, probierte nacheinander die Sachen an, die die beiden für ihn aussuchten. Unter anderem farbige Hemden, T-Shirts mit Aufdruck und dazu passende Jeanshosen und dazu passende Accessoires wie zum Beispiel Lederarmbänder. Als Hinata schließlich in vor dem Spiegel stand und ein türkisfarbenes Hemd mit Streifenmuster trug, sah er ziemlich verunsichert aus und wirkte, als würde er gleich eingehen wie ein kleines Häufchen Elend. „Ich hab es dir ja gesagt“, meinte Katsuya daraufhin. „Grün steht ihm deutlich besser.“ Doch das war es nicht, was Hinata beschäftigte. Er senkte den Blick und wusste nicht, wie er das alles werten sollte und das verunsicherte ihn völlig. Irgendwie kam er sich ziemlich hässlich vor, was aber nicht an den Sachen lag, die er gerade trug. Die Tatsache, dass die Zwillinge ihn neu einkleiden wollten, kam bei ihm an, als wären sie mit seiner äußeren Erscheinung unzufrieden und als wäre er unansehnlich für sie. Takashi legte eine Hand auf seine Schulter und fragte nach. „Hinata, was ist los? Erzähl schon.“ Doch der 20-jährige haderte noch mit seiner Frage. Er hatte insgeheim Angst, diese Frage zu stellen, weil er sich vor allem davor fürchtete, die Antwort zu bekommen, die er gar nicht hören wollte. „Bin ich… bin ich irgendwie abstoßend für euch?“ „Hä?“ fragte Katsuya, der rein gar nichts verstand. „Seid ihr in irgendeiner Weise vielleicht unzufrieden mit mir oder schämt ihr euch wegen mir?“ Die Zwillinge tauschten kurze Blicke aus und begannen zu verstehen, was in ihm vor sich ging. Und hier streichelte Takashi aufmunternd seinen Kopf und erklärte „Darum geht es doch gar nicht, Hinata. Das hier soll keine Bestrafung sein, sondern unser Geschenk an dich, weil uns sehr am Herzen liegt, dass du glücklich bist. Wie du aussiehst, spielt doch in erster Linie keine Rolle. Es geht einfach darum, dass du dich selbst neu entdeckst und dich auch mal selber lieben lernst. Und es ist nun mal so, dass ein neuer Look auch ein neues Selbstbewusstsein schafft. In dir steckt so viel Potential, du musst es nur halt für dich selbst erkennen und dabei wollen wir dir helfen. Und zwar, indem wir ganz einfach deine innere Schönheit nach außen holen.“ Diese aufrichtigen Worte, die von so viel Warmherzigkeit und Liebe zeugten, bewegten Hinata zutiefst und er brach fast in Tränen aus. Daraufhin nahmen die beiden ihn in den Arm, um ihn zu beruhigen. „Tut mir leid“, brachte Hinata mit zitternder Stimme hervor. „Anstatt mich einfach zu freuen und dankbar zu sein, dass ihr so etwas für mich tut, unterstelle ich euch so etwas.“ „Es ist okay“, beruhigten ihn die beiden. „Du warst halt verunsichert. Du musst kein schlechtes Gewissen haben. Versuch einfach mal dieses Geschenk als Chance anzunehmen, ein neues Leben zu führen.“ Hinata nickte und wischte sich die Tränen weg, hatte aber dennoch sichtlich Mühe, nicht gleich noch endgültig loszuweinen. Das alles war so neu für ihn und es tat ihm so leid, dass er den Zwillingen unterstellt hatte, sie würden das nur tun, weil er äußerlich überhaupt nicht zu ihnen passte und hässlich war. Doch in Wahrheit taten sie das nur für ihn. Was war er doch für ein schlechter Mensch. Schließlich probierte er noch ein paar Klamotten an und so kam es, dass er drei Jeanshosen, vier Hemden, acht T-Shirts, zwei Westen, eine Jacke und ein paar Accessoires bekam und damit komplett neu eingekleidet war. Da die Mutter der Zwillinge Hauptdesignerin dieser Marke war, bekamen die Itamu-Brüder noch mal Rabatt auf die Sachen und sogleich ging es für Hinata weiter zum Schuhgeschäft, denn seine alten Sneaker waren im Grunde schon komplett durchgelaufen und mussten dringend erneuert werden und da ließen sich die Zwillinge auch nicht umstimmen. Sie waren fest entschlossen, ihm ein neues Styling zu verpassen und damit vor allem sein mehr als kümmerliches Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu steigern. Da Hinata mehr oder weniger das Glück hatte, genau die richtige Größe zu haben, wurde er auch schnell fündig und fand ein paar schöne Modelle. Sowohl für den Alltag, als auch für besondere Anlässe. Und kaum, dass sie dort fertig waren, knöpften sich die Zwillinge seine Frisur vor und nahmen ihm gleich mit zum nächsten Friseur. Sein alter Zottellook sei, wie Katsuya erklärte, unpassend für die neuen Sachen und eine neue Frisur würde das Styling komplett abrunden. Und so fand sich Hinata schließlich auf einem Friseurstuhl wieder und sah, wie nach und nach seine Haare etwas gekürzt und im Anschluss frisiert wurden. Ein klein wenig kam er sich wie in einem dieser europäischen Märchen vor, in dem aus dem kleinen einfachen Mädchen eine Prinzessin gemacht wurde, als wäre er die Verkörperung von Cinderella. Oder eben halt auch diese Frau aus dem amerikanischen Film „Pretty Woman“. Es war ein merkwürdiges Gefühl, vor allem weil er nicht mal sehen durfte, wie das Ergebnis des Friseurs aussah, denn die Zwillinge bestanden darauf, dass er sich erst dann im Spiegel sehen durfte, wenn das Styling komplett abgeschlossen war. So kam es, dass sie bis zum späten Nachmittag unterwegs waren und etwas gerädert zurück ins Strandhaus gingen. Sogleich wurde Hinata zum Umziehen in sein Zimmer geschickt, während Takashi schon mal mit der Vorbereitung fürs Essen begann. Wenig später kam Hinata zurück. Er wirkte sehr unsicher und war sehr zurückhaltend. „Ähm… Wie… wie sehe ich aus?“ Die beiden Brüder tauschten kurze Blicke aus und lächelten zufrieden. „Warum siehst du es dir nicht selbst an?“ Damit führten sie Hinata zu einem Spiegel im Flur, damit er es selbst sehen konnte. Hinata war auf das Schlimmste gefasst und hatte fürchterlichen Bammel vor dem Ergebnis. Doch als er in den Spiegel sah, fehlten ihm erst mal die Worte. Er sah vollkommen verändert aus und hatte kaum noch etwas mit dem alten Hinata gemeinsam, den er gewohnt war. Statt den leicht zerknitterten und viel zu großen Hemden und den langweiligen Pullundern trug er ein T-Shirt in einem strahlenden Frühlingswiesengrün. Darunter trug er noch ein längeres Shirt in einer dazu passenden Türkisfarbe, eine dunkelblaue Weste und eine modische Jeans. Sein Haar, das sonst immer etwas zerzaust und langweilig war und den Anschein eines schüchternen und langweiligen Strebers unterstrichen hatte, war nun ordentlich frisiert, sodass er auch etwas älter wirkte. Auf manche hatte er sogar manchmal wie ein High School Schüler gewirkt, weil er etwas jung aussah. Aber nun sah er tatsächlich seinem Alter entsprechend aus und durch die leuchtenden Farben seiner Klamotten wirkte er auch selbst viel lebendiger als vorher. Er starrte sein Spiegelbild ungläubig an und dachte erst, das da sei nicht er, sondern eine Art Zwilling von ihm. Dieses andere Ich im Spiegelbild starrte genauso fassungslos zurück, als würde es Hinatas altes Selbst sehen, wie es vor der Verwandlung ausgesehen hatte und nicht fassen konnte, dass es tatsächlich er selbst war. Hinata war so überwältigt, dass er keine Worte fand. Er wusste nicht einmal, ob er vor Glück lachen, oder sich seinem Drang danach zu weinen einfach hingeben sollte. Seine Unterlippe zitterte ein wenig, was meist ein Anzeichen dafür war, dass er gleich wieder in Tränen ausbrechen würde. Noch nie hatte er sonderlich auf seine äußere Erscheinung geachtet. In der Schule hatten sie ja ohnehin immer Uniformen getragen und in seiner Freizeit hatte er immer diese abgetragenen alten Sachen getragen, weil sein Vater immer zu ihm meinte „Wenn du was Besseres willst, dann tu gefälligst auch was dafür, du verdammter Schmarotzer!“ Er hatte sich immer mit dem zufrieden gegeben, was er hatte und nie Ansprüche gestellt. Anders hätte er auch gar nicht wirklich überleben können, besonders nicht bei seinen Eltern. Aber sich jetzt im Spiegel zu sehen, wie er zum allerersten Mal in seinem Leben nicht wie ein kleines, zusammengekauertes und unscheinbares Häufchen Elend wirkte, sondern wie ein richtiger Mensch… das war eine unfassbare Erfahrung, die er seinen Lebtag nicht vergessen würde. Zum ersten Mal sah er sich selbst auch wirklich als einen Menschen wie alle anderen. Und diese Erkenntnis sorgte sogar dafür, dass er vollkommen aufrecht stand, mit erhobenem Blick wie alle anderen, wo er doch sonst immer geduckt stand und stets den Blick gesenkt hielt. Wie ein kleiner verängstigter Hund, der sich bei der kleinsten Androhung von Ärger sofort unterordnete, nur um bloß nicht verletzt zu werden. Er sah sich selbst aufrecht vor dem Spiegel stehen mit einem Aussehen, das verriet, dass er jemand war und nicht bloß ein unbedeutendes kleines Licht, wie ein Versager oder wie ein wertloses Nichts, das Glück hatte, überhaupt geboren worden zu sein. Er war etwas wert, aber nun erkannte er es auch selbst zum ersten Mal. Sein ganzes Gesicht begann zu strahlen, als er sich selbst im Spiegel sah. Seine Augen glänzten von Tränen und zum ersten Mal sah er sich selbst auch glücklich strahlen. Und dieser Anblick war endgültig zu viel für ihn. Er drehte sich zu Katsuya und Takashi um und umarmte sie beide. Und als er sie umarmte, brachen die Dämme bei ihm und er konnte nicht aufhören zu weinen. Doch es war nicht dieses verängstigte Weinen, weil er so verunsichert war oder weil er wie schon so oft von den Schatten seiner eigenen Vergangenheit heimgesucht wurde. Nein, er weinte, weil er sich von ganzem Herzen glücklich fühlte und weil er zum allerersten Mal erkannt hatte, was er aus sich machen konnte. „Danke“, schluchzte er und bebte dabei am ganzen Körper. „I-ich… ich glaube, ich kann nicht oft genug danke sagen für all das, was ihr für mich tut. Ihr seid so gut zu mir und ich… ich gebe euch so wenig zurück…“ „Was redest du denn da?“ wandte Takashi ein. „Du gibst uns doch schon etwas zurück. Zu sehen, dass wir dich glücklich machen können, ist doch das schönste Geschenk, das du uns machen kannst. Und da ist es auch nicht schlimm, wenn du weinst. Weine dich ruhig bei uns aus so viel wie du willst. Du hast es sicher so viele Jahre zurückhalten müssen, da ist es auch mal ganz heilsam, es jetzt zu tun.“ „Und wie du siehst, steckt so einiges in dir“, fügte Katsuya hinzu. „Aus dir kann wirklich noch etwas werden, wenn du an dich glaubst und dir auch selber sagst, dass du etwas Besonderes bist und ein Recht darauf hast, genauso glücklich zu sein wie alle anderen. Und wenn dir niemand sonst diese Bestätigung gibt, dann tun wir das für dich.“ „Und Fakt ist…“, fuhr nun Takashi weiter und wischte eine Träne von Hinatas Wange. „Du bist ein wunderbarer Mensch und etwas Besonderes für uns. Und das wollten wir dir auch mal zeigen, indem wir auch mal etwas mehr aus dir herausholen.“ Hinata schaffte es nicht, darauf eine Antwort zu geben. Er fand einfach keine Kraft, gegen seine Emotionen anzukämpfen, die ihn vollkommen überwältigt hatten und ihm die Fähigkeit zu sprechen raubten. Er war von einer unbeschreiblichen Woge des Glücks und der unendlichen Dankbarkeit erfüllt und diese sehr berührenden Worte der beiden Zwillinge hatten diese ganzen aufgestauten Gefühle in ihm gelöst und all das zu Tage gebracht, was er all die Jahre still in sich verborgen gehalten und hinter der Fassade der Angst und Unsicherheit verborgen gehalten hatte. Seine Selbstzweifel, der Hass gegen sich selbst und seiner Fehler, seine tiefe Traurigkeit und sein sehnlicher Wunsch nach Zuwendung, Anerkennung, Zuspruch und Liebe. Etwas, das er noch nie in seinem Leben so wirklich erfahren hatte. All die Jahre hatte er es stillschweigend akzeptiert und sich eingeredet, dass es ihm recht geschah, weil er ein unfähiger Nichtsnutz war, der zu rein gar nichts taugte und der dankbar sein sollte, dass man ihm zumindest ein Stipendium gegeben hatte. Immer wieder dachte er sich, dass er einfach nicht dazu geboren war, glücklich zu werden und dass es ihm nicht zustand, weil er so viele Fehler hatte, die man ihm ständig vorhielt und zum Vorwurf machte. Jahrelang war ihm das Gefühl vermittelt worden, dass er einen Grund liefern müsse, dass er überhaupt existieren durfte und er ansonsten nur eine Belastung wäre. Für seine Eltern, für seine Kommilitonen an der Uni und für so ziemlich alle Menschen auf der Welt. Sein Vater hatte ihm das mehr als oft genug eingetrichtert, dass er wertlos war, solange er nicht endlich mal etwas alleine schaffte. Er hatte es als egoistisch betrachtet, nach dem Glück zu streben oder von anderen Bestätigung zu verlangen. Es war ihm nicht richtig vorgekommen, weil er sich eben als geborener Verlierer sah. Und nun war diese Illusion zerbrochen. Er bedeutete jemandem etwas und zwar so sehr, dass ihm solch ein Geschenk gemacht worden war. Die Zwillinge hatten ihm die Kraft geschenkt, sich selbst lieben zu können. Kapitel 9: Hinatas Vertrauensbeweis ----------------------------------- Nachdem Hinata sich wieder gefangen hatte, saßen sie zusammen am Tisch, aßen zu Mittag und überlegte, ob sie nicht vielleicht zum Strand gehen sollten. Doch daraus wurde nichts, denn da brach mit einem lauten Donnern das Gewitter herein und es begann in Strömen zu regnen. Hinata sah aus dem Fenster und murmelte „Heute wird wohl nichts mehr aus einem Strandbesuch.“ „Nicht schlimm“, meinte Katsuya schulterzuckend und grinste dabei fröhlich vor sich hin. „Wie können ja auch im Whirlpool unseren Spaß haben.“ Bei dem Gedanken, was im Whirlpool passiert war, wandte Hinata beschämt und mit hochrotem Kopf den Blick ab und schwieg. Als der jüngere Zwilling das sah, schien er zu ahnen, was das bedeutete, denn in dieser Hinsicht war Hinata nun mal wie ein offenes Buch. Er grinste breit und stieß ihm scherzhaft in die Seite. „Na holla. Da habt ihr euch im Whirlpool amüsiert? Da bekommt das Wort Blasen ja gleich eine komplett andere Bedeutung.“ Hinata verbarg vor Scham das Gesicht in den Händen und lief rot an wie eine Tomate. Normalerweise hätte Takashi etwas dazu gesagt wie zum Beispiel, dass der Kommentar völlig unangebracht war. Aber dieser Wortwitz war nun doch zu komisch, sodass er sich nicht beherrschen konnte und gleich losprustete. Es war nun mal einfach zu komisch und da hatte Hinata halt das Nachsehen. Der ältere Zwilling fing sich dann aber doch und erklärte, dass das doch etwas unangebracht war. Schließlich aber entschlossen sie sich dann dazu, sich ins Wohnzimmer zu setzen und einfach mal miteinander zu reden, wobei natürlich auch Bier getrunken wurde. Und man sah auch, dass Hinata nun auch sichtlich lockerer wurde. Er hatte ein Leuchten in den Augen und strahlte übers ganze Gesicht. Man sah ihm an, wie glücklich er war und dass er sich mit seinem neuen Look wohl fühlte. Und trotz der peinlichen Bemerkung von Katsuya war zu sehen, dass seine Haltung aufrechter war als sonst. Sein Blick hatte an Festigkeit dazugewonnen und er wirkte auch sonst ein kleines bisschen selbstbewusster. Und das allein schon dadurch, weil er gesehen hatte, was er aus sich selbst machen konnte und wie viel Potential in ihm steckte. Als er dann aber wieder aus dem Fenster sah und das Unwetter draußen betrachtete, nahm sein Blick etwas Nachdenkliches an. Denn nun, da ihm wirklich bewusst war, wie viel die Zwillinge tun würden, damit sie ihn glücklich machen konnten und sie für ihn da waren, dachte er auch über etwas Bestimmtes nach. Denn nämlich, dass es an der Zeit war, offen und ehrlich zu reden und ihnen auch mal entgegenzukommen, indem er ihnen sein Vertrauen entgegenbrachte. Nur war es schwer, darüber zu sprechen, vor allem weil er es nie getan hatte. Höchstens ein Mal hatte er da ein paar Andeutungen gegenüber seinem Klassenlehrer gemacht, als dieser zu ahnen begann, dass etwas nicht stimmte. Aber mehr war da auch nicht. Takashi bemerkte, dass ihn etwas beschäftigte und hakte nach. Jedoch antwortete Hinata nicht sofort. Er atmete tief durch, sammelte sich und trank noch einen Schluck Bier, um sich ein wenig Mut anzutrinken. „Ihr habt mir so viel gegeben und mit so viel aus eurem Leben erzählt und so viel Geduld mit mir gehabt. Ich weiß, dass ich anstrengend sein kann und ich bin euch wirklich dankbar, dass so viel für mich macht.“ „Du musst kein schlechtes Gewissen haben“, beruhigte Takashi ihn. „Das tun wir, weil wir dich lieben.“ „Ich weiß“, sagte Hinata und seufzte leicht. „Und ich möchte auch gerne etwas zurückgeben. Ich weiß nur nicht, wo ich anfangen soll.“ Die Zwillinge schwiegen geduldig, um ihm die Zeit zu geben, Kraft zu sammeln. Dann aber, nachdem Hinata noch mal tief Luft geholt hatte, begann er zu erzählen. „Ihr wisst ja schon, dass ich eine etwas schwierige Vergangenheit habe. Mein Vater arbeitet im Büro einer Versicherungsgesellschaft und muss oft Überstunden machen. Meine Mutter ist Hausfrau und macht den ganzen Haushalt. Sie hatten es sich damals in den Kopf gesetzt, aus mir einen erfolgreichen Anwalt zu machen. Es war eigentlich der Traum meines Vaters, aber er hat nie das Studium geschafft und wollte deshalb einen Sohn, der dann an seiner Stelle Anwalt wird. Und das hat er auch konsequent durchgezogen. Schon seit der Vorschule musste ich lernen, durfte in meiner Freizeit auch nie zum Spielen raus und Familienausflüge gab es nicht. Sie wollten einen absolut perfekten Musterschüler haben, der gute Noten hat, selbstbewusst ist und beliebt ist. Wenn mein Vater nach Hause kam und mich beim Spielen oder malen erwischte, setzte es die eine oder andere Ohrfeige. Wenn er rauchte, drückte er auch seine Zigaretten an meinem Oberarm aus und drohte mir, dass er mich grün und blau schlägt, wenn ich es jemandem sagte. Schlimmer war es, wenn ich schlechte Noten nach Hause brachte. Als ich in der vierten Klasse an Masern erkrankte und deshalb nur 90 von 100 Punkten erzielte, rastete mein Vater aus, schlug mich mit dem Gürtel und sperrte mich 12 Stunden lang in die kleine Abstellkammer ein. Wahrscheinlich wäre ich noch länger drin geblieben, wenn meine Mutter mich nicht rausgeholt hätte, weil durch meine Schreie ihre Migräne nur schlimmer wurde. Einmal wurde ich auch einen Tag lang in den stockfinsteren Keller gesperrt, weil ich nach der Schule nicht nach Hause gegangen war, sondern mit Ichiro aus meiner Klasse ein Eis essen gegangen war und nicht gelernt habe. Ich kam oft mit blauen Flecken zur Schule und die Kinder aus meiner Klasse machten sich oft lustig deswegen, weil mein Vater mich verprügelte. Sie schubsten mich oft rum und meinten, dass ich in diese Schule für Kinder aus Problemfamilien gehören würde.“ Hinata machte eine kurze Pause, um noch einen Schluck zu trinken. Katsuya nutzte die Gelegenheit um zu fragen „Hat deine Mutter nichts getan, um dich vor deinem Vater zu schützen?“ Der Kunststudent schüttelte den Kopf und erklärte „Sie hat es immer ausgeblendet und gemeint, das alles würde nicht passieren, wenn ich mich mehr anstrengen würde. Nicht selten haben sie und mein Vater gesagt, das alles würde nicht passieren, wenn ich nicht so ein Nichtsnutz und Schmarotzer wäre. Sie sagten, ich könne von Glück reden, überhaupt geboren worden zu sein, weil die Welt keine Versager braucht. Ich bekam immer mehr Angst vor anderen Menschen und das passte meinem Vater überhaupt nicht. Er wollte aus mir einen richtigen Kerl machen und mich „abhärten“, weil ein Weichei nicht zum Anwalt taugte. Als er das sagte, zwang er mich, meine Hose auszuziehen und dann noch meine Unterhose. Und dann drückte er seine Zigarette da unten aus und als ich vor Schmerz schrie und weinte, schlug er mir in die Magengrube und sagte, dass er das noch öfter machen wird, wenn ich nicht endlich mit dem Heulen aufhöre. Ein Mal, als er ziemlich betrunken war, hatte er ein Taschenmesser und drohte, aus mir noch ganz eine Frau zu machen, wenn ich nicht ein richtiger Mann werde. In der Mittelschule wurde es immer schlimmer und ich habe dann auch zwei Mal versucht, mich umzubringen. Da ich aber Angst vor einem schmerzhaften und langsamen Tod hatte, wollte ich mich mit Autoabgasen umbringen. Es hat aber nicht funktioniert, weil beim ersten Mal der Motor kaputt gegangen ist, bevor die Abgaskonzentration tödlich werden konnte und beim zweiten Mal war das Garagendach undicht. Ich hatte halt keinen anderen Ausweg gewusst und ich hatte einfach viel zu große Angst vor meinem Vater, um mich gegen ihn aufzulehnen. Erst in der High School traf ich Sugiyama-sensei. Er war mein Klassenlehrer und ein sehr netter Mensch. Auch wenn ich nie mit jemandem darüber gesprochen habe, weil ich zu große Angst vor meinem Vater hatte, schien er zu ahnen, was bei mir los war und ich erzählte ihm auch, dass ich lieber Mangaka statt Anwalt werden wollte. Ich hatte einfach nicht das Zeug dazu und als ich dann im letzten Jahr war, bot Sugiyama-sensei mir an, mir zu helfen, meinen Traum zu verwirklichen. Er riet mir, mich an einer Uni zu bewerben, die so weit weg wie möglich war und mich zum Schein in einer Uni in der Nähe anzumelden. Um meinen Aufenthaltsort vor meinen Eltern zu verheimlichen, bezog ich zum Schein eine Wohnung nahe von Fukuoka, die aber in Wahrheit Sugiyama-senseis Sohn gehörte, der zu dem Zeitpunkt im Urlaub war. Nachdem meine Eltern glaubten, ich würde dort wohnen, bin ich dann heimlich nach Tokyo gezogen, ohne dass sie etwas mitbekommen haben. Und Sugiyama-sensei weiß auch nicht, wo ich bin. Er wollte es auch nicht, weil er meinte, dass dies der beste Weg war, damit meine Eltern mich nicht finden.“ Als Hinata diese Geschichte erzählte, ratterte er sie nicht gleich in einem Stück runter, sondern geriet zwischendurch ins Stocken, machte zwischendurch kurze Pausen, um die Worte zu finden oder den Mut aufzubringen. Darum zog sich das Ganze etwas hin, doch die Zwillinge hörten geduldig zu und ließen ihm die Zeit, die er brauchte. Es war hart, darüber zu reden und während er das alles erzählte, kamen auch die Erinnerungen zurück. Die entsetzliche Angst vor den grausamen Strafen seines Vaters, die Stunden in der Dunkelheit des Kellers und der Abstellkammer, in denen er als Kind zur Strafe eingesperrt worden war. Schließlich senkte er traurig den Blick und murmelte „Als ich sagte, dass ich Mangaka werden will, hat mein Vater meine Zeichnungen zerrissen und mir mit einem Schlag den Kiefer gebrochen. Ich musste sagen, dass ich in eine Schulschlägerei geraten war.“ Damit beendete er seinen Bericht und schließlich rückten die Zwillinge näher an ihn heran und legten je einen Arm um seine Schultern. Beide sahen gleichermaßen tief betroffen aus über diese erschütternde Geschichte. Doch zugleich waren sie auch bewegt, dass Hinata den Mut gefunden hatte, ihnen seine Geschichte anzuvertrauen. Stille trat ein. Hinata hatte bereits alles erzählt und die Zwillinge wussten erst nicht, was sie sagen sollten. Dann aber brach Katsuya das Schweigen, als er fragte „Und dein Vater hat dich nicht… naja… angefasst?“ Der 20-jährige schüttelte den Kopf und erklärte „So ein Mensch ist er nicht. Er gehört halt zu den Eltern, die ihre verpassten Lebensträume unbedingt auf ihre Kinder projizieren und dabei nicht merken, dass das falsch ist.“ „So ein Bullshit!“ rief Katsuya, mit dem endgültig die Gefühle durchgingen. Er war wütend und Hinata, den dieser laute Ton ihn an seinen Vater erinnerte, schreckte eingeschüchtert zusammen und wirkte wie ein geprügelter Hund. Doch Katsuya schaffte es in dem Moment nicht, sich zu beruhigen. Stattdessen fügte er in demselben lauten Ton hinzu „Das ist noch lange keine Entschuldigung für das, was er mit dir gemacht hat. Eltern, die ihre Kinder schlagen und traumatisieren… dafür gibt es keine Entschuldigung!“ „Katsuya, komm runter“, versuchte Takashi ihn zu beruhigen. „Du machst Hinata Angst.“ Daraufhin kam der jüngere Zwilling wieder runter und entschuldigte sich. „Sorry“, meinte er. „Aber ich kann so was einfach nicht ab. Ich sag dir was, Hinata: wenn er dich finden und bedrohen sollte, dann brauchst du nur zu uns zu kommen und dann werden wir schon dafür sorgen, dass er dich in Ruhe lässt. Du kannst jederzeit zu uns kommen und mit uns reden, ja? Egal wer dir Probleme macht, wir sind für dich da.“ „Und du brauchst auch kein schlechtes Gewissen haben“, fügte Takashi in einem deutlich ruhigeren Ton zu als sein Bruder. „Wenn du zu viel Angst hast und dich nicht wehren kannst, dann kannst du jederzeit uns fragen. Du musst dich nicht mehr herumschubsen, schlagen oder einschüchtern lassen.“ Hinata nickte schweigend und wurde von den beiden in den Arm genommen. Es fühlte sich so wunderbar angenehm an, von jemandem im Arm gehalten zu werden. Und es gab ihm das Gefühl der Sicherheit. Als müsste er diese ganzen Kämpfe nicht mehr alleine austragen. Nun, Kämpfe waren es eigentlich nie gewesen. Er hatte die Prügelstrafen immer hingenommen, ohne Proteste und ohne Gegenwehr, weil er wusste, dass es sonst nur schlimmer werden würde. „Aber weißt du was?“ fuhr Takashi schließlich fort und streichelte ihm durchs Haar. „Es war wirklich mutig von dir, dass du heimlich nach Tokyo gezogen bist und es konsequent durchgezogen hast. Das war das Richtige. Du hast auch die Möglichkeit, deine Eltern noch im Nachhinein wegen schwerer Misshandlung anzuzeigen. Unser Vater ist Anwalt und…“ „Nein“, rief Hinata sofort und war fast panisch, was deutlich zeigte, was für eine Angst er hatte. „Wenn ich das tue, dann weiß er, wo ich wohne. Es ist gut so wie es jetzt ist. Bitte, ich will nicht, dass er mich findet!“ „Okay“, sprach Takashi beschwichtigend. „Wir werden dich zu nichts zwingen. Wenn du es nicht willst, dann respektieren wir das. Und wenn du deine Ruhe vor deinen Eltern haben willst, dann ist das auch gut so.“ „Unsere Eltern wirst du mit Sicherheit lieben“, versicherte Katsuya. „Sie werden morgen zu Besuch kommen und wollen dich kennen lernen.“ Panik überkam Hinata, als er das hörte und er brach in kalten Schweiß aus. Zu hören, dass die Eltern der Zwillinge ihn kennen lernen wollten, klang in seinen Ohren wie eine unheilvolle Androhung. Als wollten sie ihn von allen Seiten beleuchten, ihn ausquetschen und ihn dann mit ihrem grausamen Urteil abstrafen, weil er nicht in ihre Welt passte. Die Itamu-Familie war sehr wohlhabend und genoss einen guten Ruf, er selbst lebte von der finanziellen Unterstützung seiner Eltern, die keine Ahnung hatten, dass er an der völlig falschen Uni war und statt Jura in Wahrheit Kunst studierte. Seine Mutter war Hausfrau und sein Vater arbeitete in einer kleinen Bürozelle, trank manchmal mehr als er sollte und ließ seinen Frust an der Familie aus, weil er in dieser kleinen Bürozelle versauern würden, während seine alten Freunde aus Schulzeiten längst befördert worden waren. Es waren zwei völlig verschiedene Welten und er spürte es ja allein schon daran, dass er hier in so einem luxuriösen Strandhaus seine Semesterferien verbrachte. Als Takashi seine erschrockene Reaktion bemerkte, versuchte dieser ihn zu beruhigen. „Du brauchst wegen unserer Eltern keine Angst zu haben. Unsere Mutter mag manchmal ein wenig eigen sein, aber sie ist eine sehr aufgeschlossene Frau und sie weiß auch schon längst Bescheid, dass Katsuya und ich bisexuell sind. Unser Vater wirkt ein bisschen streng, aber das kommt halt daher, dass er als Anwalt die Interessen von großen Unternehmen vertritt und eben einen gewissen Charakter entwickelt hat. Aber wie gesagt: die beiden wissen Bescheid, dass wir in einer gleichgeschlechtlichen Dreierbeziehung sind.“ „Und das haben sie so einfach akzeptiert?“ fragte Hinata erstaunt. Takashi lächelte etwas verlegen, was man eher selten bei ihm sah. „Nun… sie waren natürlich erst mal ziemlich überrumpelt, aber sie respektieren das. Sie sind sehr liberal, da insbesondere unsere Mutter viele Freunde und Bekannte hat, deren Kinder homosexuell oder transsexuell sind. Und heutzutage wird es ja anders betrachtet als noch vor 30 Jahren, als man dachte, dass nur die Homosexuellen AIDS haben.“ Doch sie sahen die große Verunsicherung bei Hinata und sie konnten es auch verstehen. Immerhin hatte er nicht gerade die besten Erfahrungen mit Eltern gemacht. „Hinata, es wird schon alles gut werden. Du musst keine Angst haben.“ „Ja aber… was werden sie sagen, wenn sie erfahren, dass ich nur ein einfacher Student bin? Ich lebe von der Unterstützung meiner Eltern, weil ich wegen meiner ständigen Angst und Schüchternheit nicht einmal zum Kellner tauge. Ich stamme nicht aus einer Vorzeigefamilie und ich… ich…“ „Du hast Angst, sie könnten deswegen schlecht von dir denken, dich ablehnen und uns die Beziehung zu dir verbieten“, schlussfolgerte Takashi und bekam zur Bestätigung ein trauriges Nicken von Hinata. Er wirkte so bemitleidenswert, dass man wirklich denken konnte, man hätte es mit einem verängstigten kleinen Jungen zu tun, der entsetzliche Angst vor Erwachsenen hatte. „Jetzt hör mal, wir sind doch nicht mehr in der High School“, warf Katsuya energisch ein. „Wir sind längst erwachsen und leben unser eigenes Leben. Und solange wir unserer Familie keine Schande machen, respektieren sie unsere Entscheidungen. Das heißt also: solange wir einen anständigen Job haben und nicht noch wie diese ganzen Bonzenkinder in einer Tour auf elterliche Kosten feiern gehen und in Skandale verwickelt werden, halten sie sich aus unseren Entscheidungen raus. Sie vertrauen darauf, dass wir verantwortungsvoll leben und hinter unseren Entscheidungen stehen und das tun wir auch. Und es ist auch vollkommen egal, ob du Kohle hast oder nicht. Glaubst du etwa, wir hätten uns in dich verliebt, wenn es uns darauf angekommen wäre?“ Hinata hob den Blick und sah Katsuya erwartungsvoll an. Dieser sagte dann etwas, das ihn seine Unsicherheit vergessen ließ. „Wir haben uns in dich verliebt, weil du ehrlich bist und dich nicht für uns interessierst, weil wir reiche Eltern haben, sondern weil du uns unseretwegen magst. So jemand ist doch viel wichtiger als einer, der zwar Kohle hat, aber ein absoluter Arsch ist oder jemand, der sich nur Vorteile von uns versprichst.“ „Wir wussten, dass du es ablehnen würdest, von uns solche Geschenke anzunehmen“, erklärte Takashi, um es verständlicher zu machen. „Genauso wie du es abgelehnt hättest, dass wir uns wegen dir Arbeit machen. Und das ist es, was uns so imponiert hat. Wir haben oft mit unseren Freundinnen die Erfahrung gemacht, dass sie Geschenke oder VIP-Pässe für exklusive Clubs abstauben konnten. Aber das alles ist dir nicht wichtig und du hast auch nie daran gedacht, so etwas zu fordern. Solche Menschen gibt es selten auf dieser Welt und für uns stand schon immer fest, dass wir mit so jemandem zusammen sein wollen. Wir lieben dich nicht, weil du reich, hochintelligent oder ein Schönling bist. Wir lieben dich aus dem Grund, weil du uns als die siehst, die wir eigentlich sind und nicht das Ganze Tamtam drum herum. Und vor allem wissen wir, dass wir dich wirklich glücklich machen können und sehen, dass du jemand bist, der selbst die kleinen aber schönen Dinge im Leben wertschätzt.“ „Wir haben ohnehin nicht wirklich Bock darauf, wie diese High Society Bratzen zu leben, die sich nur auf Partys rumtreiben und sich ihr Leben lang von den Eltern aushalten lassen. Solche Kinder gehören nicht in den Club, sondern in den Hundezwinger…“ Bei diesem letzten Satz konnte Hinata sich ein Lachen nicht verkneifen. Es hatte tatsächlich gewirkt, er hatte seine Angst vor dem morgigen Treffen verloren, wenn vielleicht auch nur für eine kurze Weile. Aber zu hören, aus welchem Grund ihn die Zwillinge liebten und dass sie sehr wohl sahen, dass er sie nicht wegen ihrem Reichtum liebte und sich sogar noch unwohl dabei fühlte, dass sie ihm solche Geschenke machten. Doch sie taten es nicht, um ihn in Verlegenheit zu bringen. Nein, sie machten es allein deshalb, weil sie wussten, dass er nicht im Geringsten selbstsüchtig oder habgierig veranlagt war. Es genügte ihm einfach, wenn sie einfach da waren und er bei ihnen bleiben durfte. Und weil sie wussten, dass diese Zuwendung und Aufmerksamkeit für ihn von unschätzbarem Wert war und ihm mehr als alles andere auf der Welt bedeutete, hatten sie auch Freude daran, ihm mehr zu bieten. So wie zum Beispiel den Urlaub im Strandhaus oder das neue Styling. Es war ihre Art, ihm zu danken, dass er ihnen das gab, was sie sich wünschten: nämlich aufrichtige und uneigennützige Liebe. Nun verstand Hinata auch endlich, was die Zwillinge damit meinten, er würde ihnen schon genug geben. Und als ihm das klar wurde, schaute er sie abwechselnd an und umschloss mit seiner Hand die Bierflasche fester. Vielleicht war es jetzt so langsam an der Zeit, es noch mal zu versuchen, nachdem es bei ihrem etwas überstürzten ersten Versuch so kläglich gescheitert war. Nachdem er so viel Zuspruch und Zuwendung von den Zwillingen entgegengebracht bekommen hatte, war es an der Zeit, sowohl ihnen als auch sich selbst zu zeigen, dass er ihnen vertraute. Dieses Mal würde er es aber nicht aus der Motivation heraus machen, weil er dachte, er würde sie sonst mit seiner Zaghaftigkeit vergraulen und sie würden sich dann einen besseren Partner suchen. Nein, es war jetzt gerade anders. Er wollte es tun, um ihnen wenigstens ein Teil dieser Liebe zurückzugeben, die ihm zuteil geworden war. Und nachdem er sie beide nun genug kennen gelernt hatte und wusste, wie sie beide waren, empfand er auch nicht mehr so eine extrem große Angst davor wie vielleicht zu Anfang. Da war er komplett in Tränen ausgebrochen und hatte geheult wie ein kleines Kind, weil ihm alles zu viel geworden war und er sich selbst so sehr unter Druck gesetzt hatte. Vor allem aber hatte er Angst vor seinem ersten Mal gehabt und da er es inzwischen schon zwei Mal getan hatte (was aber auch nicht gerade viel war), hatte er seine Angst größtenteils verloren. Er hatte es deutlich zu spüren bekommen, dass die beiden Brüder nichts tun würden, was er nicht wollte oder was ihm Schmerzen bereitete. Sie hatten ihm bewiesen, dass er ihnen vertrauen konnte und nun wollte er ihnen seinerseits einen Vertrauensbeweis zurückgeben. Und dieses Mal tat er es gänzlich aus freien Stücken und ohne, dass er sich in irgendeiner Art und Weise gezwungen fühlte. „Wollen wir es noch mal versuchen?“ fragte er vorsichtig und zögernd. Es fiel ihm schwer, es direkt zu sagen, was aber auch auf seine Schüchternheit zu diesem Thema zurückzuführen war. „Wen meinst du?“ fragte Takashi, der wohl davon ausging, dass Hinata nur an einen von ihnen diese Frage gerichtet hatte. Der Kunststudent errötete und hatte Mühe, es auszusprechen, weil es ihn ziemlich verlegen machte. „Wir drei…“, antwortete er schließlich. Die Itamu-Brüder sahen ihn überrascht an und hatten wohl nicht mit so viel Eigeninitiative gerechnet. Nun gut, Hinata machte auch keine deutlichen Flirtversuche oder versuchte sie zu so etwas zu provozieren, aber er war auch kein Mensch für so etwas, darüber waren sie sich ja beide im Klaren, dass sie dergleichen nicht von ihm erwarten konnten. Und umso überraschender war es, als ausgerechnet Hinata Amano sie fragte, ob sie es zu dritt noch mal im Bett versuchen wollten. Das passte überhaupt nicht zu ihm, war aber gleichzeitig ein unfassbar großer Schritt zugleich und im Grunde eigentlich der ultimative Vertrauensbeweis, den er ihnen geben konnte. Ein größeres Geschenk hätte er ihnen wohl kaum machen können. Natürlich waren sie sofort einverstanden, wobei Takashi aber noch hinzufügte, dass er sich nicht wegen der Klamotten zu irgendetwas verpflichtet fühlen musste. Doch dieses Mal war Hinatas Blick nicht mehr so flüchtig und ängstlich, sondern er sah sie beide fest an und es lag auch Entschlossenheit in seinem Blick, die man ihm nicht zugetraut hätte. „Ich will es wirklich versuchen“, versicherte er. „Ich… ich möchte es noch mal zu dritt versuchen.“ Kapitel 10: Der Dreier ---------------------- Hinatas Herz schlug wie verrückt, als er nach einer Dusche ins Schlafzimmer zu den Zwillingen kam und er erst jetzt so wirklich realisierte, was gleich geschehen würde. Und natürlich war er nervös. Es war immerhin etwas ganz anderes, wenn er mit nur einem Zwilling schlief, oder gleich mit beiden. Aber der Gedanke jagte ihm bei weitem nicht mehr solch eine Angst ein wie bei ihrem ersten Versuch, wo er in Tränen ausgebrochen war, weil er so sehr in Angst verfallen war, dass er nicht mal mehr klar denken konnte. Dieses Mal würde es nicht passieren, da war er sich sicher. Aber es änderte nichts daran, dass er aufgeregt war. Mit nichts weiterem als einem Handtuch um die Hüften stand er nun vor ihnen und kam sich in dem Moment wie jemand vor, der zum allerersten Mal auf der Bühne vor einem Publikum stand und eine Performance aufführen sollte. In dem Moment wünschte er sich, er hätte vielleicht ein Bier mehr getrunken, um lockerer zu werden. Tief atmete er durch und trat näher ans Bett heran. Die Zwillinge hatten lediglich ihre Boxershorts an und wirkten wie die Ruhe selbst. Etwas unsicher wanderte sein Blick zu Takashi und dann zu Katsuya, dann fragte er zögerlich „Ist… ist es denn nicht irgendwie komisch für euch, dass ihr… naja… als Brüder…“ „Nicht wirklich“, antwortete Katsuya mit einem Schulterzucken. „Ist ja eh nichts Neues, was wir sehen.“ Als er sich zu ihnen setzte, legte der jüngere Zwilling einen Arm um seine Schultern, beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn. „Du weißt ja: wenn du es dir anders überlegen solltest, brauchst du nur Bescheid zu sagen.“ Doch Hinatas Entschluss stand fest und er wollte es durchziehen. Schließlich sahen sich die Zwillinge kurz an und schon fragte Takashi „Wer fängt an?“ „Alter vor Schönheit“, meinte Katsuya mit einem lässigen Schulterzucken, denn er wusste, dass er sowieso zum Zug kommen würde, da hatte er auch nichts dagegen, ihm den Vortritt zu lassen. Hinata, der nicht genau wusste, was er tun sollte, ließ sich von den Zwillingen führen, was ihm ein großes Maß an Sicherheit gab. Inzwischen wusste er, dass er den Zwillingen blind vertrauen konnte und dass alles gut werden würde, solange Takashi und Katsuya bei ihm waren. Dennoch überkam ihn ein wenig die Scham, als er auf allen Vieren auf dem Bett kauerte und Takashi ihm das Handtuch von den Hüften nahm. Seine Hände verkrallten sich in das Bettlaken und er war ziemlich aufgeregt. Doch er atmete tief durch und versuchte, sich zu entspannen und seine Ängste zu vergessen. „Irgendwie ist es schon ein bisschen komisch“, gab Hinata zu, dessen Wangen sichtlich erröteten. Zärtlich strich Katsuya daraufhin seinen Kopf und küsste ihn. „Das ist schon okay. Für viele ist so ein Dreier was ziemlich ungewöhnliches, daran gewöhnt man sich schon.“ Hinata sah, dass Katsuya bereits erregt war und das, obwohl eigentlich noch gar nichts passiert war. Als dieser nun seine Boxershorts abstreifte und Hinata seine Männlichkeit nun ganz unverhüllt erblickte, wandte er im ersten Moment verlegen den Blick ab, weil es ihm peinlich war und ihm auch unhöflich erschien, draufzustarren. Als er dann aber spürte, wie sich ein Finger vorsichtig durch seinen Schließmuskel schob, keuchte er auf und dann tat er etwas, was ihn selbst erstaunte und was er sich niemals zugetraut hätte. Vielleicht hatte der Alkohol (auch wenn es nicht viel war) etwas damit zu tun, dass er plötzlich all seine Ängste und auch seine Zurückhaltung verwarf und Katsuyas erigierten Penis in seinen Mund gleiten ließ. So etwas hatte er noch nie zuvor getan und normalerweise hätte er so etwas auch nicht getan. Aber ihm war, als würde ein gewisser Widerstand einfach dahinschmelzen. Als hätte diese gemeinsame Zeit mit den Zwillingen eine Blockade bei ihm gelöst, die ihn zuvor immer davon abgehalten hatte, auch nur im Ansatz an so etwas zu denken. Es war im ersten Moment schon etwas seltsam, so etwas zu tun, doch es war nicht so, dass es ihm irgendwie zuwider war. Nein, es kam ihm in diesem Moment richtig vor, weil er es wollte. Er wollte, dass Katsuya sich auch gut fühlte und auf seine Kosten kam. Zugegeben, da er überhaupt keine Erfahrung in solchen Dingen hatte, stellte er sich vielleicht ein klein wenig ungeschickt an und er bekam Schwierigkeiten mit der Atmung. In den Yaois sah das immer viel einfacher aus… Dennoch gab Hinata sein Bestes und spürte, wie Katsuyas Penis unter dieser Stimulation härter wurde und anschwoll. Eine Hand legte sich auf seinen Kopf und er hörte an Katsuyas Stimme, dass es ihm gefiel. Noch tiefer schob sich der Finger in seinen After und Hinata spürte, wie ihm ein zweiter folgte. Vorsichtig begann Takashi nun damit, seinen Schließmuskel zu dehnen und berührte dabei seinen sensiblen Punkt, sodass ein wohliger heißer Schauer durch Hinatas Körper jagte. Sein ganzer Körper wurde von einem sehnlichen und begierigen Verlangen ergriffen, dass er nach und nach seine ganzen Ängste und seine Unsicherheit vergaß. Es war nicht mehr schlimm und er hatte das Gefühl, dass er das Richtige tat, denn er merkte sehr wohl, dass Katsuya sich gut dabei fühlte. Er versuchte nun den Schaft ein wenig mehr mit seiner Zunge zu bearbeiten und spürte, wie er selbst erregt wurde. Immer tiefer schoben sich Takashis Finger in sein Innerstes, dehnten seinen Schließmuskel und ertasteten wieder seinen besonders sensiblen Punkt. „Hinata“, sprach Takashi und zog nach einer Weile seine Finger wieder heraus. „Ich fang jetzt an, okay?“ Der schüchterne Student wusste, was das bedeutete und eigentlich wäre er furchtbar nervös gewesen, doch heute war er sichtlich entspannter als vergleichsweise bei ihrem ersten Versuch. Die Aufmerksamkeit und der Zuspruch der Zwillinge waren wahrscheinlich am meisten ausschlaggebend, sogar noch vor dem Alkohol. Über seine Vergangenheit und seine Probleme zu sprechen hatte ihm viel an Angst genommen und so konnte er wenigstens in diesem Moment einfach seinen Kopf abschalten und Takashi und Katsuya vertrauen. Als er dann spürte, wie ein wesentlich stärkerer Druck auf seinen Schließmuskel ausgeübt wurde und dabei auch der Schmerz zurückkehrte, reagierte etwas in Hinata. Die instinktive Angst, die sofort hochkam, wenn ihm Schmerzen zugefügt wurden und dabei verkrampfte er sich instinktiv, was die Sache nur verschlimmerte. Er keuchte kurz auf und verkrallte die Hände ins Bettlaken. „Ganz ruhig“, sprach Takashi ihm zu und küsste seinen Rücken. „Versuch ganz ruhig zu atmen und vertrau uns einfach.“ Für einen Moment war Hinata aber noch in seiner Angststarre gefangen und schaffte es nicht gleich, sich wieder zu beruhigen. Aber dann gelang es ihm doch noch, sich wieder zu entspannen, woraufhin Takashi weitermachte. Dabei ließ er sich aber Zeit, damit Hinata nicht gleich wieder Angst bekam. Doch Hinata machte seine Sache ausgesprochen gut. Es überraschte ihn sowieso, dass der sonst so ängstliche und zurückhaltende Student sich zu Oralsex hinreißen ließ, wo er doch überhaupt keine Erfahrungen in diesen Dingen hatte. Und selbst wenn er nicht so unerfahren in Sachen Sex wäre, so gab es dennoch genug junge Männer, die so ihre Hemmungen hatten, was Oralsex betraf. Dass Hinata es tat, war ein sehr gutes Zeichen dafür, dass er durchaus mit ihnen schlafen wollte und auch bereit war, sich auf den Dreier einzulassen. Sie durften jetzt nur nicht übermütig werden, denn wenn sie ihm zu viel zumuteten, würde es wieder so enden wie beim ersten Mal und sowohl Takashi als auch Katsuya waren sich einig, dass sie Hinata nie wieder so verängstigt und aufgelöst erleben wollten, als hätte man versucht, ihn zu vergewaltigen. Als Takashi nun vollständig in Hinata eingedrungen war, verharrte er einen kurzen Augenblick, um dem schüchternen Kunststudenten noch etwas Zeit zu lassen, sich daran zu gewöhnen. Doch dann, als er merkte, dass Hinata sich nach dem kurzen Schreck wieder berappelt hatte und sich wieder entspannte, begann er sich in Bewegung zu setzen. Es fühlte sich unbeschreiblich an und auch die ganze Situation kam ihm wie ein Traum vor. Er hätte sich kaum vorstellen können, dass sich Hinata je zu einem Dreier bereit erklären würde. Das Ganze war auch für ihn eine ganz neue Erfahrung, vor allem weil Katsuya sein Bruder war, aber es hatte auch seinen Reiz. Sicher gab es nicht viele Paare, die eine Dreierbeziehung hatten, vor allem wenn alle drei Beteiligten das gleiche Geschlecht hatten. Hinata hatte das Gefühl, als würde sich alles in seinem Kopf drehen. Ihm wurde schwindelig und das Denken fiel ihm schwer. Er spürte die wachsende Erregung und wie sich eine Hand um sein Glied legte, während Takashi immer wieder kraftvoll zustieß und immer wieder seinen sensibelsten Punkt traf, der heiße Schauer der Lust durch seinen Körper jagen ließ. Sein Herz begann zu rasen und das Atmen fiel ihm nun noch schwerer. Dennoch wollte er nicht einfach so aufhören. Etwas tief in ihm trieb ihn dazu, weiterzumachen und löschte all seine Ängste und Gedanken. Er war nicht mehr fähig, überhaupt noch zu denken. Das Einzige, was ihn jetzt noch beherrschte, war der Wunsch, den Zwillingen nah zu sein und sie genauso glücklich zu machen wie sie ihn glücklich gemacht hatten. Es war ein reiner und unschuldiger Gedanke, der ihm auch Kraft gab. Mehr noch als sonst. Sein Verstand war wie eine weiße Leinwand, von der all die schwarzen Flecken, die seine Seele getrübt hatten, wie weggewischt waren und er ließ sich gänzlich fallen, um sich lediglich von seinem körperlichen Verlangen leiten zu lassen. „Mh… hgn…“ Hinata spürte das heiße Pulsieren von Katsuyas Penis und hörte ihn leise keuchen. Eine Hand strich über den Kopf des 20-jährigen, es war eine zärtliche, sanfte und liebevolle Hand, die sein Herz noch höher schlagen ließ. Als er spürte, wie er sich langsam seinem Limit näherte, wollte er auch Katsuya dasselbe fühlen lassen. Sich völlig in diesem Gefühl der Leidenschaft verlierend, umspielte er mit seiner Zunge den Schaft, saugte an der Eichel und merkte an Katsuyas Atem, dass diese Stimulation ihre Wirkung nicht verfehlte. Schließlich, als Hinata seinen Orgasmus erlebte, wurde ihm kurz schwarz vor Augen und die Kraft verließ ihn fast. Takashis Bewegungen wurden immer schneller und kraftvoller und er spürte deutlich, dass der ältere Zwilling gleich soweit war. Kurz darauf kam Takashi zu seinem Höhepunkt und schließlich auch Katsuya. Dieser hatte die Hand in Hinatas Haar verkrallt, als er zu seinem Orgasmus kam und Hinata, der überhaupt keine Erfahrung in Sachen Oralsex hatte, bekam einen Hustkrampf, als Katsuyas Sperma in seinen Mund spritzte und fast in seine Atemwege geriet. Er hustete und rang nach Luft, während sich ein bitterer Geschmack in seinem Mund ausbreitete. Takashi klopfte ihm auf den Rücken und wandte sich dann schließlich an Katsuya. „Musste das sein?“ fragte er ihn. „Hättest du ihn nicht vorher rausnehmen können, bevor du kommst?“ „Sorry“, rief Katsuya und rutschte vom Bett, fand eine Dose Bier und reichte sie Hinata, damit dieser erst mal was trinken und vor allem den Geschmack loswerden konnte. „Ich hab nicht wirklich daran gedacht.“ Hinata trank ein paar Schlucke Bier und holte dann erst mal wieder Luft. Katsuya holte ein Taschentuch und säuberte ihm das Gewicht. „Tut mir leid“, entschuldigte sich der jüngere Zwilling und lächelte verlegen. „Ich hab es ein wenig zu weit getrieben. Alles in Ordnung?“ „Äh ja…“, murmelte Hinata und leerte sein Bier. „Es geht schon wieder.“ „Sollen wir lieber aufhören?“ Der Kunststudent überlegte kurz, doch er sah nicht wirklich einen Grund dazu, warum er jetzt einfach aufhören sollte. Es war doch nichts Schlimmes passiert und es tat Katsuya ja auch leid, was passiert war. Da konnten sie doch eigentlich weitermachen, oder? Hier schaute Hinata zu den Zwillingen und meinte „Aber du warst doch noch gar nicht dran, Katsuya. Bist du denn nicht enttäuscht, wenn nicht dran warst?“ Einen Moment lang schwiegen beide Brüder überrascht, mussten dann aber schmunzeln. „Naja“, meinte der Brillenträger und rückte seine Brille zurecht. „In erster Linie ist doch wichtig, was du willst, Hinata. Immerhin bist du doch derjenige, der wortwörtlich den Arsch herhalten muss.“ Bei dieser Bemerkung ließ Hinata beschämt den Blick sinken, während seine Wangen rot wurden. Takashi musste sich bei diesem Wortspiel zusammenreißen, um nicht loszulachen. Stattdessen räusperte er sich nur, sagte aber nichts weiter, da sein Bruder ja eigentlich Recht hatte. Schließlich wanderten die Blicke der Brüder zu Hinata und schienen wohl auf eine Antwort zu warten. Verlegen kratzte sich der 20-jährige hinterm Ohr und wusste nicht so ganz, was er sagen sollte. Es war ihm etwas peinlich, es zu sagen und kostete ihn deshalb einiges an Mut. „Ich… ich hab nichts dagegen, wenn wir… also… naja…“ Und sogleich bekam er von Katsuya und Takashi je einen Kuss auf die Wange. „Du bist echt süß, Hinata“, meinte der jüngere Zwilling, grinste fröhlich und wuschelte ihm durchs Haar. „Du bist wirklich mutiger geworden, weißt du das? Als wir es zum ersten Mal versucht haben, hast du sogar noch geheult.“ Ein schüchternes Lächeln schlich sich auf Hinatas Gesicht und er erklärte „Ich… ich mag euch beide sehr… und ich fühle mich auch sehr wohl bei euch. Ihr seid immer so lieb und aufmerksam und ich habe auch wirklich Spaß mit euch. Am Anfang war ich ein wenig überfordert mit der Situation und ich kannte euch da noch nicht so wirklich. Aber jetzt kenne ich euch ja schon besser und ich… ich mag euch beide wirklich sehr. Ihr habt mir so viel gegeben, da möchte ich euch auch etwas zurückgeben, auch wenn ihr sagt, dass das nicht nötig ist.“ Hier umarmte Katsuya ihn und ließ ein verzücktes „Ah“ vernehmen. Wie eine Teenagerin, die ein kleines Tierbaby zu Gesicht bekam. Er umarmte Hinata und streichelte ihm den Kopf. „Ich kann mich nur wiederholen: du bist wirklich süß, Hinata. Dich muss man einfach lieb haben.“ Schließlich fand sich Hinata liegend auf dem Bett wieder, nachdem Katsuya ihn auf die Matratze niedergedrückt hatte. Sogleich spürte er, wie der ältere Zwilling in ihn eindrang und keuchte, als wieder ein immenser Druck auf sein Innerstes ausgeübt wurde und ihn die pulsierende Hitze völlig vereinnahmte. Doch Katsuya ließ sich dieses Mal etwas anderes einfallen. Hinata, der zuvor bäuchlings auf seiner Matratze gelegen hatte, fand sich nun in einer aufrechten Position wieder. Katsuya hielt ihn dabei fest, um ihm einen sicheren Halt zu geben. Durch diese neue Position war dem 20-jährigen so, als würde Katsuyas Glied nur noch tiefer in ihn eindringen. „Na was meinst du, Takashi?“ fragte Katsuya schließlich. „Meinst du nicht auch, Hinata hat eine kleine Belohnung verdient?“ „Na klar doch.“ Hinata, der erst mal gar nicht verstand, was das bedeuten sollte, schaute Takashi fragend an, der nun näher kam und dann damit begann, Hinatas Oberkörper zu liebkosen. Er küsste die sensiblen Stellen an seinem Hals, saugte sich an seinen Brustwarzen fest und massierte dabei seinen Penis, der spürbar hart war. Diese zusätzliche Stimulation war nun endgültig zu viel für Hinata. Etwas in seinem Kopf schien regelrecht zu explodieren und es war mit einem Male so viel mehr als zuvor, wenn er mit nur einem der Zwillinge geschlafen hatte. Es war mehr, als sein Verstand zu fassen vermochte und es war so überwältigend, dass er kurz wieder Angst bekam. Doch er war nicht mehr fähig, auf diese Angst zu reagieren. Stattdessen wurde sein Verstand von diesem unbeschreiblich starken Gefühl der Lust beherrscht und tief in seinem Herzen sehnte er sich danach, es weiter ausleben zu können. Er wollte nicht schon wieder den nächsten Rückzieher machen. Langsam begann sich Katsuya zu bewegen und Hinata, der durch diese intensive Stimulation und Katsuyas tiefe Stöße in eine unbeschreibliche Ekstase geriet, rang nach Luft. Ihm war, als würde sein ganzer Körper zerfließen und alles in seinem Kopf schien sich zu drehen. Immer stärker wurde dieses wunderbare Gefühl und ihm war schon fast, als würde es mehr werden, als er eigentlich aushalten konnte. „Ah… n… nein…“ Hinata versuchte, sein Gesicht zu verstecken, doch das ließ Katsuya gar nicht erst zu. „Warum versteckst du dich vor uns? Es gibt doch nichts, wofür du dich zu schämen bräuchtest.“ Schwer atmend hob Hinata den Blick und sah direkt in Takashis Augen. Der ältere Zwilling beugte sich zu ihm herüber und küsste wieder seinen Hals, während Katsuya an Hinatas Ohr zu knabbern begann. „Da… das… das ist zu viel…“, keuchte der 20-jährige, der einen fast schon hilflosen Eindruck machte. Doch darauf nahmen die beiden Brüder gerade keine große Rücksicht. Nicht jetzt. Dafür waren sie einfach schon zu weit gegangen, als dass ein Abbruch überhaupt noch infrage gekommen wäre. Und so versank Hinatas Welt in einem berauschenden roten Strudel, der ihm die Sinne völlig vernebelte. Dieser Zustand kam fast einer Ohnmacht gleich und der Alkohol tat dabei auch seine Wirkung. Sein Verstand war vollständig gelähmt und als er dann zu seinem Orgasmus kam, da verblasste alles um ihn herum vollständig und die Welt verschwamm vor seinen Augen. Vorsichtig hatte Katsuya den bewusstlosen Hinata aufs Bett gelegt und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. „Meinst du, wir haben es übertrieben?“ fragte er seinen älteren Bruder, als er Hinata die Erschöpfung ansah. Doch Takashi schüttelte nur den Kopf nur und meinte „Ich denke, dass es auch am Alkohol liegt. Er hat ja einiges getrunken gehabt.“ Eine Weile herrschte Schweigen, bis dann ein leises rhythmisches Atmen zu hören war, welches verriet, dass Hinata eingeschlafen war. Nun, es war auch ein ereignisreicher Tag gewesen, da hatte er schon Verständnis dafür, wenn Hinata so erschöpft war, dass er gleich einschlief. Zärtlich strich er dem Schlafenden über die Wange, woraufhin sich ein Lächeln auf Hinatas Gesicht zeichnete. Er sah sehr glücklich aus. „Hast du je an das Schicksal geglaubt?“ fragte Takashi schließlich, ohne den Blick von Hinata abzuwenden, der tief und fest schlief und nichts mitbekam. Katsuya, der von der Frage etwas irritiert war, runzelte die Stirn. „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Weiß auch nicht“, seufzte der ältere Bruder. „Aber manchmal kann es einem so vorkommen, als wären gewisse Dinge keine Zufälle, sondern eine schicksalhafte Fügung. Und wenn ich so darüber nachdenke, was Hinata schon alles hinter sich hat… Klingt vielleicht kitschig von mir, wenn ich das so sage, aber vielleicht ist es unsere Aufgabe, dass wir uns um ihn kümmern, wenn es schon niemand anderes tut. Wen hat er denn schon außer uns?“ „Stimmt“, murmelte Katsuya, der an das denken musste, was Hinata über seine Vergangenheit erzählt hat. „Zu seiner Familie hat er keinen Kontakt mehr und Freunde scheint er auch keine zu haben. Lediglich diesen komischen Lehrer scheint er zu mögen und zu dem hat er auch keinen Kontakt mehr. In der Uni wirkte er auch sonst immer ganz alleine und hatte wohl auch nie Freunde gehabt. Ich verstehe schon, was du damit sagen willst und ich sehe das ja genauso. Im Grunde sind wir so ziemlich die einzigen, die er hat. Oh Mann, ganz schön beschissen. Ich könnte mir das nicht vorstellen, so ganz alleine zu sein ohne Freunde und Familie.“ „Ich ebenso wenig. Im Grunde sind wir für ihn nicht bloß einfach Lover, sondern auch noch Freunde und Familie obendrein. Wahrscheinlich hat er deswegen solche Angst davor gehabt, wir könnten uns von ihm abwenden. Naja, morgen kommen erst mal unsere Eltern zu Besuch und ich denke, sie werden Hinata auch mit offenen Armen aufnehmen. Nur wegen Vater mache ich mir ein wenig Sorgen.“ „Wieso?“ „Na du weißt doch wie er sein kann“, meinte Takashi und suchte seine Sachen zusammen. Er konnte eine Dusche gut vertragen. „Er hat halt so seine Art und man kann das recht schnell missverstehen. Und nachdem wir heute ja gehört haben, was Hinatas alter Herr abgezogen hat, kann Hinata vielleicht einiges falsch auffassen.“ „Ach, das wird schon werden“, winkte Katsuya ab, der da optimistischer war. „Die werden ihn schon mögen, da bin ich mir sicher.“ Kapitel 11: Der Besuch der Eltern --------------------------------- Am nächsten morgen wachte Hinata aus einem sehr tiefen Schlaf auf, doch dieses Mal lagen die Zwillinge nicht bei ihm. Er war allein. Im ersten Moment überfiel ihn der Schreck und er fragte sich, ob sie vielleicht sauer waren, weil er gestern eingeschlafen war. Mit vielen Fragen im Kopf ging er ins Bad um zu duschen. Als er sich dabei im Spiegel sah, bemerkte er die Spuren der Leidenschaft, die Takashi und Katsuya auf seinem Körper hinterlassen hatten. Doch sogleich fragte er sich, wieso sie nicht bei ihm geblieben waren, so wie die Nächte davor. Offenbar sind sie wirklich sauer auf mich. Nachdem sie so viel für mich getan haben, schlafe ich einfach so ein. Oh Mann, so etwas kann auch nur mir passieren, dachte er und seufzte niedergeschlagen. Als er nach einer erfrischenden Dusche runter in die Küche ging, fand er dort Takashi, der gerade dabei war, das Frühstück vorzubereiten. Er schien bei guter Laune zu sein und machte gerade Omelett. „Gutem Morgen, Hinata. Ich hoffe, du bist nicht böse, dass wir dich nicht aufgeweckt haben. Aber nachdem du gestern eingeschlafen bist, dachten wir, dass du gerne etwas länger schlafen würdest.“ Ein Stein fiel von Hinatas Herz als er hörte, dass sie nicht sauer auf ihn waren, sondern ihn einfach nur schlafen lassen wollten, weil er gestern so erschöpft gewesen war. Trotzdem entschuldigte er sich dafür, dass er eingeschlafen war. Takashi winkte nur ab und meinte „Es war gestern auch ein ereignisreicher Tag und du hast ja auch was getrunken gehabt, da wird man eben auch müde. Na komm, setz dich schon mal. Katsuya kommt gleich auch.“ „Wo ist er hin?“ „Er ist im Pool ein paar Runden schwimmen. Er will sich eben fit halten als Sportler. Er müsste aber gleich kommen. Ach ja, unsere Eltern kommen heute Nachmittag zu Besuch. Sie wollen dich unbedingt kennen lernen.“ Als es Hinata wieder ins Gedächtnis kam, spürte er, wie sich ein Kloß in seinem Hals zu bilden begann. Er wurde unruhig und das entging auch Takashi nicht, der natürlich nachfragte, was los sei. Zögerlich fragte Hinata ihn „Was ist, wenn sie mich nicht mögen?“ „Ach, jetzt mach dir keinen Kopf deswegen. Sie sind wirklich sehr umgänglich und sehr liberal. Oder hast du etwa Angst, sie würden dich nicht akzeptieren, weil deine Familie nicht auf demselben Level ist?“ Ja, das war seine Hauptsorge. Man hörte ja oft genug davon, dass die Eltern nie sonderlich begeistert reagierten, wenn der Freund oder die Freundin ihres Kindes aus bescheideneren Verhältnissen stammte. Da war es doch eigentlich sehr wahrscheinlich, dass bei ihm genau das Gleiche passieren würde. Doch Takashi wirkte optimistisch und erklärte dann auch „Unsere Eltern sind sehr sozial eingestellt und ihnen geht es nicht nur allein um Geld. Ich sage es mal so: sie legen eher Wert auf den Charakter. Vor allem unser Vater hat eine ausgeprägte Menschenkenntnis und beide leben nach der Weisheit, dass ein charakterstarker Mensch mehr taugt als ein reicher, der zu nichts nutze ist.“ Und als der ältere Zwilling Hinatas Verunsicherung sah, fügte er noch hinzu „Mach dir mal keine Sorgen, Hinata. Du bist kein Nichtsnutz und du hast weitaus mehr Charakter als so manche Mädchen, mit denen mein Bruder bis jetzt zusammen war.“ Hinata lächelte daraufhin schwach, doch er wirkte nicht ganz überzeugt davon, dass er wirklich genug Charakter hatte, um den Eltern zu gefallen. Schließlich kann Katsuya zum Frühstück. Sein Haar war noch etwas nass und er wirkte gut gelaunt. Er wünschte den beiden einen guten Morgen und langte dann ordentlich beim Essen zu. Insbesondere beim Tamagoyaki nahm er sich viel, was zu einem kleinen Futterstreit bei den beiden Brüdern führte, die beide eine Schwäche für Eiergerichte hatten und deshalb zu diskutieren anfingen, wer wie viel bekam. Hinata beobachtete die Diskussion schweigend und dachte sich, dass es wohl nicht immer Vorteile mit sich brachte, wenn man sich so ähnlich war und dass es auch anstrengend sein konnte. Schließlich, als sich keine Einigung zwischen den Brüdern fand, wagte Hinata einen Schritt, ergriff den Teller mit dem Tamagoyaki und verteilte den Inhalt gleichermaßen auf die beiden Brüder. „Jetzt hat jeder die Hälfte“, sagte er schließlich. Etwas überrascht sahen sich die Zwillinge an, gaben sich dann aber mit einem Schmunzeln geschlagen. Schließlich begannen sie gemeinsam mit dem Aufräumen. Es sollte schon alles ordentlich sein, wenn die Eltern zu Besuch kamen. Hinata war fürchterlich aufgeregt und konnte sich kaum konzentrieren. Immer und immer wieder schaute er auf die Uhr, fragte nach, wann sie kommen würden und stand mehr als drei Mal vor dem Spiegel um sich zu vergewissern, dass er auch akzeptabel aussah. Die Warterei war kaum zu ertragen, doch dann hörten sie das Läuten an der Haustür. Takashi ging hin um zu öffnen und Hinata, der einer Panik nahe war, verfiel in eine fast hysterische Schnappatmung, als hätte er einen klaustrophobischen Anfall. Er wurde kreidebleich im Gesicht und man hätte meinen können, als würde er jeden Augenblick in Ohnmacht fallen. Da machte sich sogar Katsuya Sorgen und er hielt Hinata an den Schultern fest, wobei er ihn fest ansah. „Hinata, du brauchst keine Angst zu haben, es wird schon alles gut gehen.“ „Ich glaube nicht, dass ich das kann“, brachte Hinata mit zitternder Stimme hervor. „Das… das ist…“ Doch da kamen auch schon die Stimmen näher und die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich. Herein kam Takashi in Begleitung seiner Eltern. Man sah sofort, dass die Zwillinge das Aussehen der Mutter geerbt hatten. Frau Itamu war eine außergewöhnlich groß gewachsene Frau, eigentlich schon fast zu groß für eine japanische Frau, doch an ihrem weißblondem Haar und ihrem Gesicht ließ sich erkennen, dass sie auch ausländische Wurzeln hatte und keine vollblütige Japanerin war. Sie hatte das gleiche Lächeln wie Katsuya und war eine bildschöne Frau. Ihr Haar, das sie sich kunstvoll hochfrisiert hatte, glänzte wie Weißgold in der Sonne und sie trug ein sehr schönes, aber auch gleichzeitig alltagstaugliches weißes Kleid. Sie wirkte etwas lebhaft, was ihr aber auch gut zu Gesicht stand. Sie trug Goldschmuck und hatte graue Augen. Herr Itamu war kleiner als seine Frau und hatte schwarzes Haar, das er sich zurückgekämmt hatte. Er machte einen wesentlich ruhigeren Eindruck und strahlte eine ähnliche Ruhe wie Takashi aus. Seine Augen hatten ein helles braun und exakt dieselbe Farbe wie die seiner Söhne. Er trug angesichts des heißen Wetters ein kurzärmeliges Hemd, schaffte es aber trotzdem, seriös und wichtig zu erscheinen. Frau Itamu ließ es sich nicht nehmen, ihren jüngeren Sohn zu umarmen. Sie freute sich über alle Maßen, ihre beiden Söhne zu sehen und kam nicht umhin zu bemerken, dass Katsuya ein wenig dünn geworden sei, woraufhin die Ermahnung folgte, dass er auch ordentlich essen sollte. Die Begrüßung des Vaters fiel nicht ganz so lebhaft aus, doch ihm war die Freude über das Wiedersehen anzumerken, als er Katsuya grüßte. Hinata stand ein wenig abseits und das mit Absicht. Er überlegte immer wieder für einen kurzen Augenblick, ob er den Fluchtversuch wagen sollte, doch sein Körper wollte ihm nicht gehorchen und war in eine Art Schockstarre verfallen. Und dann war es auch schon zu spät, denn da galt die Aufmerksamkeit nun ihm. Sämtliche Blicke ruhten nun auf ihn und Takashi erklärte „Das ist Hinata. Er geht mit uns beiden zur Uni und studiert Kunst. Von ihm haben wir euch schon erzählt.“ Hinata war, als würde sich vor lauter Aufregung sein Magen verkrampfen. Ihm war übel und seine Hände fühlten sich schwitzig an. Er versuchte seine Angst zu verbergen, als er sich zur Begrüßung verbeugte und sie nun selber begrüßte. Jedoch konnte er nicht verhindern, dass seine Stimme vor Aufregung bebte. Frau Itamu kam nun auf ihn zu und musterte ihn mit reger Neugier. „Hinata? Ich dachte immer, das wäre ein Mädchenname. Oder etwa nicht, Schatz?“ „Es ist sowohl ein Mädchen- als auch ein Jungenname“, erklärte Herr Itamu seiner Frau daraufhin, die daraufhin erstaunt die Augenbrauen hob, dann aber etwas verlegen lachte und Hinata daraufhin auf die Schulter klopfte. „Ach entschuldige. Weißt du, meine Mutter kommt eigentlich aus Frankreich und selbst nach all den Jahren in Japan passieren mir solche Sachen. Ich vergesse sowieso immer wieder, dass man sich hier grundsätzlich immer mit dem Nachnamen anspricht. Ich hoffe, du siehst mir das nach.“ Tatsächlich fiel Hinata auf, dass Frau Itamu auch einen leichten Akzent hatte. Vermutlich hatte sie eine lange Zeit in Frankreich gelebt, bevor sie dann nach Japan kam. Sie hatte etwas sehr Herzliches an sich und ihr freundliches Lächeln steckte richtig an. Doch der Vater der Zwillinge wirkte ein wenig zurückhaltend. Als er nun näher trat, um Hinata genauer zu mustern, hatte er einen Blick, bei dem ihm anders wurde. Dieser Blick machte ihm Angst und er verspürte insgeheim den Wunsch, wegzulaufen. Er wich instinktiv ein klein wenig zurück und spürte den Schweiß an seinen Händen, was bei ihm ein deutliches Zeichen von Angst und Stress war. Dieser Blick, den Herr Itamu hatte, erinnerte ihn an seinen Vater. „Du bist also Amano?“ stellte er fest, wobei er der Einzige war, der Hinata mit seinen Nachnamen ansprach, was eigentlich Gang und Gebe war. „Kommst du aus Tokyo?“ Hinata schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen, doch in seinem Hals schien sich ein Kloß zu bilden, bei dem ihm die Stimme allmählich versagte. Mit Mühe gelang es ihm aber, eine Antwort zu formulieren. „Nein, ich komme aus Fukuoka.“ „Fukuoka?“ fragte Herr Itamu und hob die Augenbrauen, was aussah, als würde er ernsthaft anzweifeln, was Hinata gesagt hätte. Und das machte den 20-jährigen noch nervöser. Der Kloß in seinem Hals wurde immer dicker und sein Magen drehte sich um, sodass ihm schlecht wurde. „Gab es keine Uni in der Nähe, wo Kunststudienfächer angeboten werden?“ „Doch schon“, murmelte Hinata ein wenig eingeschüchtert. „Aber ich wollte in Tokyo studieren, weil vor allem die Uni am besten ist.“ Dieser musternde Blick machte ihm Angst. Was dachte Herr Itamu von ihm und wieso zog er die Augenbrauen zusammen? Hatte Herr Itamu etwas gegen ihn? „Und was ist mit deinen Eltern? Was machen die?“ Nun setzte etwas in Hinatas Kopf aus. Er war nicht mehr fähig, logisch zu denken oder zu handeln. Allein die Tatsache, dass ihm diese Frage gestellt wurde und er sich vor Herrn Itamu erklären musste, war schlimm genug. Nun bekam er endgültig Panik und er hatte nur noch einen einzigen Gedanken: weg von hier. Man hätte ihn in dieser Situation mit einem in Panik geratenen Pferd vergleichen können, das bereit wäre, so lange weiterzulaufen, bis es tot zusammenbrach. Ohne nachzudenken rannte Hinata los, flüchtete aus dem Wohnzimmer direkt zur Haustür. „Hinata!“ Katsuya lief ihm sofort hinterher, während Takashi bei seinen Eltern blieb, um die Situation zu erklären, die von der plötzlichen Reaktion etwas verwirrt waren und nicht so recht wussten, wie sie das einordnen sollten. „Was hat der Junge?“ fragte sein Vater und runzelte verwundert die Stirn. „Der war ja blass wie der Tod.“ „Nun“, murmelte Takashi und dachte nach, wie er es am besten erklären konnte. „Hinata hat ernsthafte Probleme mit seinen Eltern und ist nach Tokyo gekommen, um von ihnen wegzukommen.“ „Probleme?“ hakte sein Vater nach und setzte sich auf eines der Sofas. Auch seine Frau nahm Platz. „Was für Probleme?“ Zuerst überlegte Takashi, wie viel er sagen sollte. Aber da er auf die Diskretion seiner Eltern vertrauen konnte, begann er ihnen das zu erzählen, was Hinata ihm und Katsuya anvertraut hatte. Der unaufhörliche Leistungsdruck, die Misshandlungen, die Selbstmordversuche und wie er es geschafft hatte, aus dieser Hölle zu flüchten und seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Hinata war noch nie in seinem Leben so schnell gerannt wie in diesem Moment. Die Angst, die ihn befiel, trieb ihn unerbittlich voran wie tausend Peitschenhiebe und er rannte zur Haustür raus, direkt auf die Straße, ohne zu sehen, dass er direkt vor ein Auto lief, das die Straße entlangfuhr. Er hörte weder die Hupe, noch sah er das Auto. „Hinata!!!“ Seine Flucht wurde gebremst, als sich etwas von hinten gegen ihn warf und ihn von den Füßen riss. Er fiel nach vorne und spürte, wie zwei Arme seinen Körper umklammerten. Das nächste, was er spürte, war der harte Aufprall auf dem Boden und ein Schmerz, der sein Knie durchfuhr. Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn, als er den Wagen haarscharf wegfahren sah und realisierte, dass er beinahe über den Haufen gefahren worden wäre. Sein Herz raste förmlich und er zitterte am ganzen Körper. Tränen sammelten sich in seinen Augen und er spürte, wie das drückende Gewicht von seinem Körper wich. Es war Katsuya, der ihn noch im allerletzten Moment aus der Gefahrenzone gerettet hatte. Seine Brille war dabei heruntergefallen und zerbrochen. „Katsuya…“, brachte Hinata vor. „Deine Brille…“ „Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?“ schrie der jüngere Zwilling plötzlich, was Hinata erschrocken zusammenzucken ließ. Noch nie hatte er ihn so aufgebracht erlebt und angsterfüllt sah er ihn an. „Du hättest jetzt tot sein können und das erste, woran du denkst, ist so eine dämliche Brille. Du hättest da gerade sterben können! Hast du eine Ahnung, was für eine Angst ich da gerade hatte?“ Hinata sah tatsächlich die Angst und die Sorge in Katsuyas Augen und als er in den Arm genommen wurde, brach er in Tränen aus und klammerte sich an ihn fest. „Es tut mir leid“, brachte er mit zitternder Stimme hervor. „Ich… ich wollte doch nicht…“ Langsam kam Katsuya wieder auf die Beine und half Hinata hoch. Dieser hinkte ein wenig und sein Knie blutete. „Tut mir leid, dass ich dich gerade angeschrieen habe“, murmelte Katsuya, der sich langsam wieder beruhigte und Hinata stützte, um sein verletztes Bein zu entlasten. „Schon gut“, gab Hinata zurück und spürte, wie Blut sein Knie hinabfloss. Er musste es sich ganz schön aufgeschlagen haben. „Und mir tut es leid, dass ich einfach abgehauen bin. Ich… ich hab einfach Angst bekommen, weil er mich vorhin an meinen Vater erinnert hat. Und diese Frage wegen meiner Eltern…“ „Kann ich verstehen. Aber er meinte es nicht böse. Er wirkt zwar streng, ist aber ein wirklich netter Kerl, auf den man sich auch verlassen kann. Na komm, wir sollten erst mal dein Bein verarzten. Du hast es dir ganz schön aufgeschlagen.“ So kehrten sie wieder ins Haus zurück und gingen rauf ins Bad, während Takashi sich offenbar noch mit seinen Eltern unterhielt. Im Badezimmer setzte sich Hinata auf den Rand der Badewanne, während Katsuya die Wunde reinigte, desinfizierte und im Anschluss verband. „Ich hole gleich mal etwas zum Kühlen, damit es nicht anschwillt.“ Hinata nickte und dachte nach. „Ich glaube, ich sollte mich bei deinem Vater für mein Verhalten entschuldigen.“ „Mach dir deswegen nicht so viele Gedanken. Er macht zwar einen recht strengen Eindruck, aber eigentlich ist er nicht so.“ Vorsichtig stützte Katsuya ihn, als Hinata gehen wollte. Sein Bein schmerzte ziemlich und wahrscheinlich würde dieser Schmerz noch den Rest des Tages anhalten. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, wo Takashi sich noch mit seinen Eltern unterhielt. Er unterbrach aber, als er Hinata sah. „Was ist passiert?“ fragte er und stand auf, doch Katsuya winkte nur ab. „Ein unglücklicher Sturz, mehr nicht. Du hör mal, ich geh eben kurz was zum Kühlen für Hinatas Knie holen.“ Damit ging Katsuya und verschwand fürs Erste. Hinata, der sich für sein Verhalten ziemlich schämte, verbeugte sich tief und entschuldigte sich in aller Form beim Ehepaar Itamu. Frau Itamu winkte nur mit einem Lächeln ab und war überhaupt nicht böse oder nachtragend deswegen. Ihr Mann wirkte dagegen ernst und sah Hinata wieder mit diesem forschenden Blick an. „Takashi hat mir erzählt, dass du einiges in deiner Familie erlebt hast und weshalb du wirklich nach Tokyo gekommen bist.“ Erschrocken sah Hinata auf. „Es tut mir leid, ich… ich wollte Sie nicht anlügen.“ Doch Herr Itamu unterbrach ihn, indem er ihn mittels Handgeste dazu aufforderte, zu schweigen. „Ein jeder Mensch hat sein persönliches Päckchen zu tragen“, fuhr er fort. „Und bei manchen ist dieses Päckchen schwerer als bei anderen. Du scheinst mir nach meiner Einschätzung ein anständiger junger Mann zu sein, der für meine Söhne ein guter Umgang ist. Es ist allein dir überlassen, was du tust und was du von dir preisgeben willst, das ist dein gutes Recht. Aber solltest du Schwierigkeiten haben, dann steht es dir frei, mich um Rat zu fragen. Als Anwalt kann ich dich vor allem juristisch beraten, wenn dies nötig werden sollte. Doch eines musst du mir offen und ehrlich beantworten, Amano. Ist das auch wirklich die Wahrheit, was dein Vater dir angetan hat?“ Hinata, der von seinem festen und eindringlichen Blick ein wenig eingeschüchtert war, nickte und krempelte den Ärmel seines T-Shirts hoch und zeigte die Narben von den ausgedrückten Zigaretten. „Er hat mich immer dort geschlagen, wo man hinterher die blauen Flecken nicht sehen wird. Seine Zigaretten hat er deshalb immer dort oder unten ausgedrückt. Mein Klassenlehrer Sugiyama-sensei hatte zwar nicht alles gewusst, aber er hat mir trotzdem geholfen, von meinen Eltern wegzukommen. Wenn mein Vater erfährt, dass ich Kunst statt Jura studiere, wird er ausrasten. Vielleicht bringt er mich dieses Mal wirklich um.“ Schweigen trat ein. Frau Itamu sagte nichts, sondern schüttelte nur fassungslos den Kopf. Schließlich sprach sie etwas auf Französisch, was niemand verstand und sah sich die Narben an, die Hinatas Körper entstellten. Schließlich fragte sie ihren Mann etwas, was Hinata nicht ganz verstand, da sie sehr undeutlich sprach und bekam ein Nicken zur Antwort. Schließlich bot Herr Itamu überraschend an „Wenn es Schwierigkeiten geben sollte, werde ich sehen, was ich für dich tun kann, Amano. Du wirkst nicht wie jemand auf mich, der übertreibt und ich habe während meiner Zeit als Anwalt auch schon mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun gehabt, die aus einem schwierigen Elternhaus stammen. Was ich dir anbieten kann ist: sollte dein Vater dich finden und dich wieder misshandeln, kannst du mich anrufen und ich werde als Anwalt dafür sorgen, dass er sich dir nicht mehr nähern darf.“ „Und wie soll das gehen?“ „Mit einer einstweiligen Verfügung“, erklärte Herr Itamu ruhig und sachlich, sodass es wirkte, als wäre dies ein offizielles Beratungsgespräch. „Das bedeutet, dass er weder schriftlich, noch telefonisch Kontakt zu dir aufnehmen darf. Außerdem darf er sich weder deinem Grundstück nähern, noch dir zu nahe kommen. Es kann sogar festgelegt werden, welchen Abstand er einhalten soll. Ich kann verstehen, wenn du sagst, dass du keine Anzeige erstatten willst. Aber ich biete dir die Möglichkeit an, dir meinen Rat und meine Hilfe als Anwalt an die Hand zu geben, wenn es Probleme geben sollte.“ Hinatas Augen wurden groß und nun sah er den zweifachen Vater zum ersten Mal direkt in den Augen und man sah ihm an, dass er sprachlos war. „Sie… Sie wollen das wirklich für mich tun?“ „Du scheinst mir ein anständiger junger Mann zu sein“, erklärte Herr Itamu und ein väterlich anmutendes Lächeln schlich sich auf seine Mundwinkel. „Meine Söhne haben in den höchsten Tönen von dir geschwärmt und du liegst ihnen sehr am Herzen. Ich habe einige ihrer Bekanntschaften kennen gelernt und kann mir inzwischen ein gewisses Urteil bilden. Es war für mich nicht gerade leicht zu verarbeiten, dass meine beiden Söhne in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sind und dann noch denselben Partner teilen. Das ist nichts Persönliches, aber als Vater wünscht man sich nun mal eine traditionelle Partnerschaft für seine Kinder. Aber wenn ich ehrlich bin, kann ich mich mit diesem Gedanken wesentlich besser anfreunden, wenn ich wenigstens weiß, dass meine beiden Söhne mit jemandem zusammen sind, der auch ein anständiger Kerl ist und der es ehrlich mit ihnen meint. Nun möchte ich von dir wissen: liebst du Takashi und Katsuya?“ Hinata, der tief bewegt von diesen Worten war und dessen anfängliche Furcht vor dem Vater nun aufrichtiger Bewunderung wich, nickte und sprach ehrlich und ohne zu stammeln „Ja, das tue ich. Ich liebe sie beide.“ Und als er es ausgesprochen hatte, konnte er nicht verhindern, dass er vor Verlegenheit rot wurde. Doch er schämte sich durchaus nicht dafür, dass er es gesagt hatte. Es fühlte sich richtig an und es machte ihn auch ein klein wenig stolz, dass er den Mut aufgebracht hatte, es gesagt zu haben. Und als er die Freude in den Augen von Takashi und Katsuya sah, der wieder zurückgekommen war, war er umso überzeugter, das Richtige getan zu haben. Nun legte Herr Itamu eine Hand auf seine Schulter und diese Geste hatte fast schon etwas Väterliches. Er wirkte nun überhaupt nicht mehr wie dieser strenge Mann, vor dem sich der Kunststudent gefürchtet hatte, sondern strahlte etwas ähnlich Ruhiges und zugleich Freundliches aus so wie Takashi. Daran ließ sich nur allzu deutlich erkennen, nach wem die Zwillinge jeweils kamen. „Ich denke, wir werden uns gut verstehen und du bist in unserer Familie herzlich Willkommen.“ Kapitel 12: Wieder zuhause -------------------------- Die Tage in Kamakura waren viel zu schnell vergangen und ehe sich Hinata versah, war die Hälfte seiner Semesterferien vorbei. Da die andere Hälfte der Ferien das Strandhaus nicht mehr zur Verfügung stand, waren sie wieder nach Tokyo zurückgefahren, wo Hinata eine unglaubliche Nachricht erfuhr, die ihn völlig aus der Bahn warf: der Verlag, zu den er seinen Manga geschickt hatte, bot ihm an, seine Yaoi-Serie drucken zu lassen. Daraufhin fiel er fast in Ohnmacht und konnte es nicht glauben. Für die Zwillinge war das natürlich ein perfekter Anlass zum Feiern. Sie kümmerten sich persönlich darum, dass diese Nachricht auch gebührend gefeiert wurde und so wurde ordentlich eingekauft. Es gab Alkohol und Snacks und die Stimmung war ausgelassen. Vor allem Katsuya wusste, wie man richtig Party machte und es wurde eine ziemlich lustige Runde. Am Tag darauf begleitete Takashi Hinata zum Verlag, um ihm beizustehen. Katsuya konnte leider nicht mitkommen, da er einen Termin beim Augenarzt hatte, weil er eine neue Sehstärke für seine Brille brauchte und den Termin schlecht absagen konnte. Vielleicht war es auch vernünftiger, wenn Takashi mitging, denn dieser hatte mehr die Ruhe für so etwas. Im Verlag wurde Hinata von der zuständigen Redakteurin freundlich begrüßt. Sie war ziemlich überrascht, dass der Autor der Yaoi-Serie ein junger Mann war. Frau Kano hatte eine ähnliche Herzlichkeit wie Frau Itamu und schien ihrem Beruf mit großer Leidenschaft nachzugehen. Sie war begeistert von dem Manga und lobte vor allem Hinatas Zeichenstil. „Die Story ist wirklich süß geworden, vor allem der Protagonist hat mir sehr gefallen“, begann sie direkt zu erzählen. „Es ist eine sehr niedliche Schulromanze und für ein erstes Werk ist das schon eine ordentliche Leistung. Für gewöhnlich bringen Einsteiger-Autoren eher Einzelbände und Kurzgeschichten heraus, aber du hast ja gleich schon sechs Bände fertig. Wie lange hast du daran gearbeitet?“ Hinata dachte nach. „Ein halbes Jahr. Ich hatte zwischendurch viele Prüfungen gehabt und musste mir die ganzen Utensilien ja auch noch kaufen. Tusche, Pinsel und Cuttermesser, Rasterfolie… das hab ich mir alles später gekauft.“ Frau Kano, die ihn durch ihre Brille aufmerksam ansah, nickte bedächtig und sagte schließlich „Also ich sehe in deiner Arbeit durchaus Potential. Da du ja noch dein Studium machst, kommt eine Vollzeitbeschäftigung bei uns wohl nicht infrage. Ich kenne den ganzen Stress selbst ganz gut, ich hab auch studiert und dann noch als Mangaka gearbeitet. Also was ich dir anbieten kann, ist einen Job als Freelancer.“ „Freelancer?“ „Das bedeutet, dass du freiberuflich weiterhin deine Mangas zeichnest. Du bekommst bestimmte Vorgaben, was zum Beispiel die Charaktere und die Handlung betrifft. Ich versuche dabei natürlich, dir einen größtmöglichen Freiraum bei deiner Kreativität zu lassen. Wir vereinbaren dann telefonisch Gesprächstermine und du kannst als Freelancer problemlos zuhause arbeiten. Dann kannst du dich nebenbei auch auf dein Studium konzentrieren.“ Hinatas Augen wurden groß, als er das hörte. Er konnte von zuhause aus arbeiten? „Das geht?“ fragte er erstaunt. „Natürlich“, versicherte Frau Kano von ihm. „Es kommt ja darauf an, wie viele Leute daran arbeiten. Wer alleine an einer Serie arbeitet, hat natürlich viel Arbeit und es müssen auch Deadlines beachtet werden. Aber man hat dadurch auch etwas mehr Flexibilität. Aber jetzt erzähl du mir mal, wie du auf die Idee gekommen bist, dir so ein Genre auszusuchen.“ Etwas verlegen erzählte Hinata ihr die Geschichte und warum er es vermied, Nackt- oder Unterwäscheszenen mit Mädchen zu zeichnen. Frau Kano schmunzelte darüber ein wenig, aber es machte nicht den Anschein, als würde sie entsetzt darüber sein. Nein, sie nickte nur aufmerksam und lachte auch nicht darüber. Und dann faltete sie schließlich ihre Hände, beugte sich ein klein wenig vor und ein verheißungsvolles Lächeln spielte sich auf ihre rot geschminkten Lippen. „Das heißt also, du hättest auch nichts dagegen, mal etwas Gewagteres zu schreiben. Fakt ist nämlich, dass die Leserinnen von heute immer anspruchsvoller werden. Schulromanzen sind wirklich süß, aber es ist so, dass auch ein gewisser Nervenkitzel gefragt ist. Verstehst du? Wer sich in dieser Branche einen Namen machen will, der braucht innovative Ideen, die die Begeisterung der Leser weckt. In jedem Genre gibt es immer gewisse Standards, auf die man zurückgreift. Schulromanzen oder eine Beziehung zwischen zwei Freunden oder zwischen Schüler und Lehrer sind zwar ein angenehmer Einstieg, aber was sich besonders gut verkaufen lässt, sind ausgefallene Ideen. Sag mal Amano, hast du schon Shonen-Ai Mangas gelesen?“ „Äh ja. Junjou Romantica, Sekaiichi Hatsukoi und ich habe auch sämtliche Mangas von Hinako Takanaga.“ „Ah ja, das ist ja schon mal ein guter Einstieg. Ich empfehle dir auch mal, etwas Anspruchsvolleres zu lesen. Versuch es am besten mit Ayano Yamane. Sammle erst mal ein paar Ideen und mach dir Notizen. Dann sprechen wir die genauen Details und die Termine. Du bist gerade erst 20 Jahre alt und ein Einsteiger. Darum ist es besonders wichtig, dass du dich intensiver mit dem Genre beschäftigst und dir einen Stil entwickelst, mit dem du deine Leserschaft fesseln kannst.“ „Sind Sie mit meinem Stil nicht zufrieden?“ fragte Hinata etwas erschrocken, doch Frau Kano winkte sofort ab. „Nein, das habe ich nicht gesagt. Deine Story ist für ein Einsteigerwerk sehr gut und dein Zeichenstil kann gerne so bleiben wie er ist. Es ist nur halt, dass deine Arbeit noch einen Feinschliff braucht, mit dem du dich dann auch von anderen Mangakas unterscheiden kannst.“ Nach dem Termin bei Frau Kano hatte Hinata ein paar Mangas eingekauft und mit ihr einen Gesprächstermin für Freitagnachmittag ausgemacht. Immer noch konnte er es nicht glauben und in seinem Kopf kreisten tausend Gedanken. Er hatte einen Verlag, der tatsächlich seine Mangas drucken lassen wollte. Seine Mangas würden tatsächlich verkauft werden. Und dann hatte er auch noch das Glück, eine so nette Redakteurin zu haben. „Frau Kano ist sehr nett, nicht wahr?“ Hinata nickte und ein glückliches Lächeln spielte sich auf seine Lippen. Man sah ihm seine Freude deutlich an und er hatte ein richtiges Leuchten in den Augen, was auch Takashi sehr freute. „Frau Kano ist eine gute Freundin unserer Mutter, sie sind im selben Buchclub, zusammen mit einigen anderen Damen, wodurch sie halt viele Kontakte hat. Frau Kano kann zwar ziemlich streng werden, wenn sie unter Zeitdruck steht, aber sie ist eigentlich genau der richtige Ansprechpartner für dich. Sie versteht es gut, die Leute zu motivieren und sie hat auch wirklich Ahnung von ihrem Job. Glaub mir, bei ihr bist du gut aufgehoben.“ „Ja schon“, murmelte Hinata. „Aber ich habe noch keine große Ahnung, was für meinen besonderen Stil brauche.“ „Ach das wird schon werden“, beteuerte Takashi und klopfte ihm auf die Schulter. „Mach dir da mal keine Sorgen. Du hast ja erst mal genug Infomaterial besorgt und wenn du danach immer noch keine Idee haben solltest, können wir uns ja mal zu dritt was überlegen.“ Ja, das war vielleicht keine so schlechte Idee. Dennoch hatte Hinata Angst davor, dass ihm bis Freitag nichts Gescheites eingefallen war und das noch Probleme bedeuten könnte. Gemeinsam gingen sie zu ihm nach Hause, um die Mangas zu verstauen. Da Hinata keine Lust hatte, alleine zu bleiben, gingen sie danach zum Haus der Zwillinge. Katsuya war inzwischen wieder zurück und hatte sich eine neue Brille anfertigen lassen. Wie sich herausstellte, hatte sich seine Sehkraft auf dem linken Auge etwas verschlechtert. Doch er schien sich davon auch nicht sonderlich runterziehen zu lassen. Stattdessen bewahrte er sich wie immer seine fröhliche Leichtherzigkeit und seine Scherze. So meinte er doch tatsächlich „Es heißt ja, dass die anderen Sinne umso stärker werden, je weniger man sieht. Dann fühlt sich der Sex dann auch umso besser an.“ Takashi hatte nur den Kopf geschüttelt, seinem Bruder mit der zusammengerollten Zeitung einen Klaps auf den Kopf gegeben und gesagt „Du bist aber auch manchmal ein Schwachmat…“ „Pfft, ist noch lange kein Grund, mir eins mit der Zeitung zu verpassen. Wann gibt es eigentlich Mittagessen? Ich hab Hunger!“ „Ich muss noch einkaufen gehen. Es gibt heute gebratene Nudeln. Brauchst du noch irgendetwas?“ „Bring ein paar Dangos vom Imbiss mit.“ Damit ging Takashi los und Hinata folgte Katsuya in sein Zimmer. Auf dem Weg erzählte er ihm von dem Gespräch mit Frau Kano und dass er sich etwas Besonderes für seine Geschichten ausdenken sollte. „Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich keine Ideen“, seufzte er. „Ich meine, ich habe zwar ein paar, aber die gab es alle schon…“ „Ach was, es gab schon alles Mögliche an Ideen. Es geht darum, wie man sie am besten umsetzt. Es ist wie beim Kochen: gebratene Nudeln sind in der Grundbasis immer gleich, aber das Rezept lässt sich nach Belieben variieren.“ Ja, da hatte er schon gewissermaßen Recht. Aber trotzdem fehlte ihm noch die zündende Idee, mit der er Frau Kano begeistern konnte. Schließlich betraten sie Katsuyas Zimmer, welches wie immer ziemlich unordentlich war, aber man sah, dass er dabei war, aufzuräumen. Es standen zwei Kartons herum und als Hinata sich den Inhalt ansah, erkannte er, dass es Pornohefte waren. Der Anblick der nackten Frauen, die demonstrativ ihre Brüste vor die Kamera hielten, beschämte ihn zutiefst und entsetzt wandte er den Blick ab. Katsuya lächelte etwas verlegen. „Ich wollte den Kram entsorgen gehen. Da ich ja jetzt mit dir zusammen bin, wäre es ja nicht wirklich korrekt, wenn ich so etwas weiterhin behalte.“ Hinata sah sich um und dachte nach. Er wusste, dass Katsuya sich recht intensiv mit dem Thema Sex auseinandersetzte und gewisse Vorlieben hatte. Damit hatte sich dieser bis jetzt immer streng zurückgehalten, doch in dieser Situation glaubte der Kunststudent, dass Katsuya der geeignete Ansprechpartner für dieses Thema war. Er setzte sich zu ihm aufs Bett und stellte dann seine Frage. „Was würde dich denn interessieren, Katsuya?“ Der jüngere Zwilling schien ein wenig überrascht über diese Frage zu sein, dann aber grinste er und meinte „Da bist du an der richtigen Adresse, mein Lieber. Weißt du, es gibt da viele Sachen. Am liebsten hab ich immer Bondage.“ „Bondage?“ fragte Hinata und starrte ihn teils fragend und teils erschrocken an. Nun gut, er hatte ja gewusst, dass Katsuya ein bisschen pervers war, aber dass er auf so etwas stand, hätte er ihm dennoch nicht so ganz zugetraut. Schließlich holte Katsuya etwas unter seinem Bett hervor. Es war eine Kiste, in der er tatsächlich Sexspielzeug aufbewahrte. Für einen Moment überkam Hinata der Schreck, als er diese ganzen Sachen sah. Aber dann beschlich ihn doch eine gewisse Neugier, die er schlecht verleugnen konnte. „Und die hast du bei deinen Freundinnen benutzt?“ „Nicht bei allen“, gestand Katsuya. „Die meisten standen eher auf die klassische Form von Sex.“ Zögernd holte Hinata Lederhandschellen hervor und betrachtete sie. Es war ihm echt ein Rätsel, was daran so toll sein sollte, sich fesseln zu lassen. Und als er diese Frage wagte, bekam er eine erstaunlich ausführliche Antwort von ihm, die ihn das Ganze aus einer neuen Sicht sehen ließ. „Naja, viele sehen das halt als kranke Perversion an, aber im Grunde ist so etwas nicht anders als ein Rollenspiel. Und oft verbindet man Bondage gleich mit Vergewaltigungen und so. Das ist absoluter Bullshit. Es geht halt darum, dass man sich fallen lässt und dem anderen gänzlich die Kontrolle überlässt. Dabei spielt vor allem Vertrauen eine enorm wichtige Rolle. Manche stehen halt darauf, manche auch nicht.“ Vertrauen… abgeben der Kontrolle… Hinata betrachtete die Handschellen und die Spielzeuge. Und etwas in ihm begann sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn er sich in dieser Situation befände… Zugegeben, eine gewisse Neugier war durchaus vorhanden, aber er hatte auch Angst davor. Die Kontrolle vollständig abzugeben, bedeutete auch gleichsam, vollkommen hilflos zu sein und das war es, wovor er am meisten Angst hatte. Als könnte Katsuya seine Gedanken lesen, legte er einen Arm um seine Schultern. „Hey, ich werde dich zu nichts drängen und nichts von dir fordern, was du nicht magst, das weißt du doch. Es ist mein Hobby und wenn ich es schon auslebe, dann auch, wenn du es willst. Ansonsten würde es niemandem Spaß machen.“ „Es ist so…“, murmelte Hinata kleinlaut, „dass ich einfach nur Angst habe. Ich weiß, dass das nichts Neues ist. Meine Angst steht mir ständig im Weg, egal was es ist. Wahrscheinlich würde mir auch vieles leichter fallen, wenn ich nicht so eine Angst davor hätte, die Kontrolle zu verlieren.“ „Ist doch verständlich. Nach allem, was du durchmachen musstest, hätte ich an deiner Stelle vielleicht auch Angst davor. Aber das ist in Ordnung. Wie schon gesagt: ich werde dir nichts aufzwingen und dir allein die Entscheidung überlassen, was du willst und was nicht. Es ist immer noch dein Leben und dein Körper.“ „Das ist ja das Schlimme“, seufzte Hinata. „Ich… ich… ich weiß manchmal nicht wirklich, was ich will. Eine Stimme in mir sagt ja und die andere nein. Es ist immer so und das habe ich immer dann, wenn ich mit anderen Menschen zu tun habe. Ich hasse es selbst, dass ich so ein Feigling bin.“ „Ich würde nicht sagen, dass du feige bist. Du bist einfach nur vorsichtig, das ist alles und daran ist auch nichts falsch. Wenn du Neues ausprobieren willst, dann tu es ruhig, aber geh in kleinen Schritten voran. Meine Mutter pflegt immer zu sagen, man solle seinen Weg immer in einzelnen Schritten gehen. Denn je mehr Stufen man auf seiner Treppe überspringt, desto höher ist auch das Risiko, dass man stürzt.“ Katsuya beobachtete Hinata genau und erkannte den Funken Neugier in seinem Blick. Wahrscheinlich spielte der ängstliche Kunststudent tatsächlich mit dem Gedanken, es zumindest mal auszuprobieren, um seine Neugier zu befriedigen. Also wagte er einen Sprung nach vorne, um das Ganze noch ein wenig abzukürzen. Er nahm daraufhin Hinata die Handschellen weg. Verwirrt sah der 20-jährige ihn daraufhin an und fragte, was das sollte. Hieraufhin drückte Katsuya ihn aufs Bett und küsste ihn. „Wollen wir ein kleines Experiment machen?“ „Ein Experiment?“ stammelte Hinata und spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. Er fühlte die Nervosität und auch ein Stück weit Angst, als Katsuya ihm die Hände auf den Rücken fesselte. „Du brauchst vor rein gar nichts Angst haben. Sobald du mir sagst, ich soll damit aufhören, werde ich es auch tun. Heute ist eh Dienstag, da haben wir beide also das Vergnügen.“ Hieraufhin schob Katsuya Hinatas T-Shirt hoch und streichelte sanft über seine Brust und küsste seinen Hals. Diese so vertrauten Berührungen löschten nach und nach einen Teil seiner Angst und der Widerstand, den er anfangs noch aufbringen wollte, war dahin. Zwar war es ein seltsames Gefühl, mit Handschellen gefesselt zu sein, während Katsuya ihn berührte. Und ein Teil von ihm dachte sich, dass das nicht richtig war. Wenn er die Arme nicht richtig bewegen konnte, wie sollte er Katsuya denn abwehren, wenn… Ach nein, das war ja völlig überzogen. Das klang ja schon fast, als würde Katsuya versuchen, ihn zu vergewaltigen. Hinata merkte, dass er sich ganz schön in seine Angstfantasien reinsteigerte und Katsuya damit nur Unrecht tat. Er sollte endlich mal begreifen, dass er den Zwillingen vertrauen konnte und sich auch mal auf Neues einlassen. Immerhin nahmen sie auch sehr viel Rücksicht auf ihn. Schließlich begann Katsuya ihm die Hose zu öffnen und man merkte ihm an, dass er seinen Spaß hatte. Hinata stand dem Ganzen eher mit gemischten Gefühlen gegenüber und war immer noch nervös, doch er ließ ihn bereitwillig gewähren und als er nun auch seiner Unterhose entledigt wurde, hatte er das Gefühl, als würde ihm gleich das Herz vor Aufregung zerspringen. „Möchtest du ein kleines Spielzeug testen?“ „Sp-Spielzeug?“ stammelte Hinata und beobachtete, wie Katsuya tatsächlich in der Kiste zu kramen begann. Nun drohte die Aufregung wieder in Angst umzuschlagen, denn Hinata hatte wieder die schlimmsten Horrorszenen vor Augen. Katsuya, der die Angst bei dem Kunststudenten sah, entschied sich deshalb für den Anfang erst mal für etwas Einfaches. Hinata beobachtete, wie Katsuya schließlich etwas hervorholte, was in etwa die Form eines Zylinders hatte und leicht transparent war und aus einem weichen Material bestand. Es sah ein wenig merkwürdig aus und er fragte sich, wofür so etwas wohl gebraucht wurde. „So“, begann Katsuya schließlich. „Dann entspann dich jetzt mal. Vertrau mir, das wird sich richtig gut anfühlen.“ Damit stülpte Katsuya ihm den seltsamen Zylinder über den Penis. Durch die recht kleine Öffnung schloss sich das Material fest um Hinatas Glied. Noch nie in seinem Leben hatte Hinata je so etwas gespürt und er stöhnte laut, als diese starke Stimulation von seinem ganzen Körper Besitz ergriff und ihn seine Angst und seine Gedanken vergessen ließ. Zwar reagierte ein Teil von ihm anders und versuchte sich dagegen zu wehren, doch Katsuya drückte seine gefesselten Handgelenke aufs Bett nieder und verhinderte damit jeglichen Widerstand. Es war so anders, wie er sich das vorgestellt hatte. Er hatte immer diese Bilder vor seinen Augen gehabt, als sein Vater ihm damals als Kind die Hände zusammengebunden hatte, wenn er die Zigaretten zwischen seinen Beinen ausdrückte, um ihn zu bestrafen. Und auch sonst hatte er immer dieses schreckliche Bild vor Augen gehabt, dass immer Gewalt und Nötigung dahinter steckte, wenn ein Mensch einen anderen fesselte und mit ihm schlief. Doch das hier war anders. Katsuya ging genauso liebevoll wie auch sonst vor. Anders als befürchtet hatte sich rein gar nichts zwischen ihnen verändert. Mit dieser Gewissheit entspannte sich Hinata deutlich und konnte auch seine anfängliche Angst ablegen. „Siehst du?“ fragte Katsuya, während er weiter damit fortfuhr, Hinata mit dem Masturbator zu befriedigen. „Es ist nichts Schlimmes. Solange du mir vertraust, ist alles in Ordnung.“ Hinata nickte und keuchte schwer, als die Bewegungen immer schneller und kraftvoller wurden. Es fühlte sich ganz anders an, als wenn er es nur mit der Hand besorgt bekam. Doch er konnte es einfach nicht in Worte fassen. Es fühlte sich so eng, warm und weich an… Nie hätte er es für möglich gehalten, dass es ihm tatsächlich gefallen würde, dass Katsuya ihn mit seinen komischen Spielzeugen bearbeitete, die er immer erfolgreich aus seinen Gedanken fernhalten konnte. Ganz einfach aus dem Grund, weil es ihm immer falsch vorkam, wenn er sich mit solchen Dingen auseinandersetzte. Es hatte immer diesen Beigeschmack von Perversion gehabt, über die man besser schweigen sollte. Doch nun war es doch tatsächlich so gekommen, dass er jetzt in diese Situation geraten war und er selbst daran nicht mal ganz unschuldig gewesen war. „Ah… Katsuya…“ Hinata spürte, wie er sich langsam seinem Limit näherte, trotzdem versuchte er sich zurückzuhalten. Doch Katsuya trieb ihn immer weiter an seine Grenzen und schließlich konnte der 20-jährige seinen Orgasmus nicht länger zurückhalten. Mit einem lustvollen Aufschrei entlud er sich danach ließ er keuchend den Kopf zurück ins Kissen sinken. Zärtlich strich Katsuya ihm über die Wange und hätte wahrscheinlich etwas zu ihm gesagt, wenn nicht in diesem Augenblick an die Tür geklopft worden wäre. „Ist alles in Ordnung bei euch?“ hörte er Takashis Stimme von der anderen Seite der Tür fragen, der offenbar vom Einkauf zurück war. „Alles bestens!“ versicherte Katsuya. „Okay, dann sagt Bescheid, wenn ihr fertig seid. Dann fange ich mit dem Essen an.“ „Wir sind soweit fertig“, gab der jüngere Zwilling zurück, als er sah, dass Hinata wohl nicht mehr die Energie für eine zweite Runde aufbringen konnte. Schließlich nahm er ihm die Handschellen ab und küsste ihn, wobei er natürlich nicht mit einem Lob sparte. „Das war wirklich klasse von dir, dass du so mutig warst und es durchgezogen hast. Und? Hat es dir gefallen?“ Hinata presste hier die Lippen zusammen und wandte beschämt den Blick ab, wobei seine Wangen erröteten. Er behielt die Antwort für sich, doch allein schon an seiner Reaktion wusste Katsuya, dass Hinata seinen Spaß gehabt hatte. Und das gab ihm wiederum die leise Hoffnung, dass er ihn für sein Hobby begeistern und ihn für das eine oder andere Experiment überreden konnte. „Wenn du willst, können wir morgen etwas anderes ausprobieren.“ Hinatas Wangen erröteten und wieder wandte er sehr beschämt den Blick ab, murmelte dann aber leise ein „Okay“, womit die Sache beschlossen war. Kapitel 13: Ein Alptraum und ein Quickie ---------------------------------------- Er fand sich in seinem Zimmer wieder. Die Tapeten waren weiß gestrichen und es hingen weder Bilder noch Poster oder sonst irgendetwas zur Dekoration an den Wänden, weshalb das Zimmer sehr kahl und trostlos wirkte. Hinata saß an seinem Schreibtisch und zeichnete seine Mangas. Er kam erstaunlich schnell voran und allein die Ideen sprudelten nur so bei ihm. Eine wunderbare Geschichte tauchte vor seinem geistigen Auge auf, die er verwirklichen wollte und er war regelrecht in seinem Element. Doch immer wieder wanderte sein Blick nervös zur Tür. Er musste unbedingt aufpassen, dass sein Vater nichts mitbekam. Wenn der das hier sah, würde er ausrasten. Immer schneller begann Hinata deshalb zu zeichnen, immer hektischer wurden seine Bewegungen und immer größer wurde auch seine Angst, dass er erwischt wurde. Plötzlich schrak er zusammen, als eine Hand auf seinen Tisch knallte und er die donnernde Stimme seines Vaters hörte. Dabei roch er deutlich die Alkoholfahne. „Was ist das denn hier?“ brüllte dieser und riss Hinata die Zeichnungen weg. Der Student bekam Panik und versuchte sie ihm wieder wegzunehmen. „Nein, Vater!“ rief er fast schon panisch. „Es ist nicht das, wonach es aussieht. Bitte!“ Doch es half nichts, da noch irgendetwas schönreden zu wollen. Das, was da auf den Zeichnungen zu sehen war, war mehr als eindeutig. Er konnte deutlich sehen, wie sein Vater rot anlief und wie sich sein Gesicht vor Wut verzerrte. Daraufhin zerriss er die Zeichnungen und warf die Fetzen zu Boden. „Du zeichnest solchen Schweinskram? Mein Sohn zeichnet keine Pornos, schon gar keine Schwulenpornos. Was bist du? Ein Mädchen? Bist du ein Mädchen, du gottverdammte kleine Schwuchtel?“ „Nein, Vater. Es ist… aaah!“ Weiter kam Hinata nicht, als er von seinem Vater grob an den Haaren gepackt und dann ins Gesicht geschlagen wurde. Der Schlag war so heftig, dass er zu Boden fiel und für einen kurzen Augenblick völlig benommen war. Dann wurde er auch schon hochgezerrt und aufs Bett geschleift. „Mein Sohn wird ganz sicher kein Autor von Schwulenpornos. Ich werde dafür sorgen, dass dir das ein für alle Male ausgetrieben wird. Und wenn ich das selber tun muss!“ Hinata bekam furchtbare Angst. Was hatte sein Vater mit ihm vor? Würde er wieder im Schrank oder im Keller eingesperrt werden? Oder würde er wieder eine Tracht Prügel beziehen? Panisch versuchte er sich loszureißen und zu schreien, doch als er aufs Bett gedrückt wurde, da wurden ihm seine Hände auch schon auf den Rücken gefesselt und ein Knebel wurde ihm in den Mund geschoben. Bäuchlings lag er da und konnte nicht sehen, was passieren würde, doch er hatte entsetzliche Angst. Er zitterte heftig und Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er wollte hier raus… irgendjemand musste doch kommen, um das hier zu beenden und ihn zu retten… „Du stehst also drauf, was in den Arsch zu kriegen?“ fragte sein Vater und zog ihm die Hose und die Unterhose runter, woraufhin Hinata in Panik ausbrach und zu flehen begann, doch der Knebel machte ihm das Sprechen unmöglich. Schließlich sah er, wie sein Vater etwas hervorholte. Es sah wie ein Dildo aus, doch er war mit Klingen bestückt. Kleinen, spitzen Klingen, die sein Innerstes in Stücke reißen würden. Ein Grinsen zog sich über das Gesicht seines Vaters. „Ich werde schon dafür sorgen, dass dir die Lust darauf vergehen wird. Glaub mir, das ist nur zu deinem Besten.“ Nein, wollte Hinata schreien. Hör auf, bitte! Ich will das nicht! Doch der Knebel machte es ihm unmöglich, auch nur ein Wort zu sagen. Er wehrte sich nach Leibeskräften und hatte nur noch Angst. Er wand sich nach Leibeskräften, doch er spürte, wie er festgehalten wurde. „Es wird Zeit, dass du zu einem Mann wirst, mein Sohn…“ Hinata begann nun nach Leibeskräften zu schreien, als er spürte, wie sein Hintern gespreizt wurde und er wusste, dass dieses mörderische Instrument gleich in ihn eindringen und ihn vollständig auseinanderreißen würde. Er war vollkommen in Panik und hörte nicht, wie eine andere Stimme nach ihm rief. Weit aus der Ferne… „Hinata!!“ Augenblicklich war Hinata wach und bemerkte, dass er komplett schweißgebadet war und sein Herz wie verrückt raste. Immer noch war er voller Angst und realisierte einen Moment später, dass Takashi und Katsuya bei ihm waren und ihn festhielten. Erst jetzt realisierte er, dass das alles nur ein Traum war. Ein schrecklicher Traum, mehr nicht. „Es ist alles gut“, versuchte Takashi ihn zu beruhigen. „Du hattest nur einen Alptraum gehabt.“ „Was war denn auf einmal los?“ fragte Katsuya besorgt. „Du hast wie am Spieß geschrieen und um dich geschlagen. Ich dachte echt, du stirbst gleich. Was ist denn passiert?“ Doch Hinata brachte kein Wort hervor. Stattdessen flossen ungehindert Tränen seine Wangen hinunter und er umarmte die beiden, während er weinte. Selten hatte er einen so schlimmen Alptraum gehabt wie in dieser Nacht. Und selten war er so froh, dass er aufgewacht war und das Erste, was er sah, Katsuya und Takashi war. Er spürte, wie eine Hand zärtlich und beruhigend über seinen Kopf streichelte und für einen Moment fragte er sich, ob dies auch jene Art der Zuwendung war, die Kinder von ihren Eltern erfuhren, wenn sie einen Alptraum gehabt hatten. „Ich habe schlecht geträumt“, sagte er ausweichend und wischte sich die Tränen weg. Doch so ganz schienen die Zwillinge ihm das nicht glauben zu wollen. Denn Takashi hakte nach „Du hast von deinem Vater geträumt, nicht wahr? Du hast nämlich im Schlaf gesprochen.“ „Ich… ich kann mich nicht erinnern.“ Doch das war gelogen, denn Hinata erinnerte sich an jede schreckliche Einzelheit seines Traums und hörte selbst jetzt noch die Stimme seines Vaters, wie er sprach „Es wird Zeit, dass du zu einem Mann wirst, mein Sohn.“ Doch er wollte nicht, dass sich die beiden noch Sorgen um ihn machten, weil er so etwas Schreckliches geträumt hatte. „Vielleicht ist es besser, wenn du dich nicht erinnerst“, meinte Takashi, der wirklich besorgt zu sein schien. „Es muss wohl etwas wirklich Schreckliches gewesen sein, wenn du so geschrieen hast.“ Damit ging Takashi wieder in sein Zimmer, denn es war noch mitten in der Nacht und morgen er wollte sich noch ein wenig schlafen legen. Hinata legte sich ebenfalls wieder hin und spürte, wie Katsuya ihn in den Arm nahm. Diese Nähe wirkte angenehm beruhigend auf ihn und half ihn, diese unangenehmen Erinnerungen an diesen Alptraum zu vergessen. Er kuschelte sich dichter an ihn heran und schloss die Augen. Wieder spürte er, wie eine Hand über seinen Kopf streichelte. „Du kannst gerne mit mir darüber reden, Hinata.“ „Es war nichts“, versicherte Hinata, merkte aber selbst, dass er nicht wirklich überzeugend klang. „Es war nur ein Alptraum, mehr nicht.“ „Und es hatte nichts mit unserem Experiment zu tun?“ Hinata musste wieder an diesen Dildo denken, der mit Klingen bestückt war, den sein Vater im Traum benutzen wollte. Ob es damit zusammenhing? Er war sich nicht ganz sicher, denn eigentlich hatte es ihm gefallen. „Manchmal habe ich Alpträume in denen mein Vater vorkommt“, gestand der 20-jährige kleinlaut. „Ich habe auch keine Ahnung, warum es ausgerechnet heute passieren musste. Aber ich glaube nicht, dass es daran lag, weil du das heute mit mir gemacht hast. Es hat mir ja gefallen, aber ich war mir nicht ganz sicher gewesen, ob das auch wirklich normal war. Weißt du, mein Vater hatte immer feste Vorstellungen, wie ich sein soll, wenn ich erwachsen bin. Er wollte, dass ich ein erfolgreicher Anwalt werde, eine gute Partie mache und eine hübsche Frau heirate und Kinder in die Welt setze. Und was ist aus mir geworden? Ich zeichne Yaois, bin mit Zwillingen zusammen und hab mich beim Sex fesseln lassen. Wenn er das wüsste, würde er mich hassen.“ „Ach so, das hat dich also beschäftigt“, stellte Katsuya fest. „Wahrscheinlich hattest du deswegen einen Alptraum. Aber mach dir keine Sorgen. Es kann dir nichts passieren. Selbst wenn dein Vater dich finden sollte, werden wir nicht zulassen, dass er dir etwas tut.“ „Danke, Katsuya.“ Nachdem sich Hinata wieder beruhigt hatte, überkam ihn die Müdigkeit und er schlief ein. Es fühlte sich so wunderbar an, in Katsuyas Armen zu liegen. Dann war er wenigstens nicht allein. Am nächsten Tag war Hinata bereits vor den Zwillingen aufgestanden und hatte sich einen Zettel und einen Stift geschnappt, um sich erste Notizen für den Freitag zu machen. Er hatte bereits eine gute Idee und wollte sie unbedingt aufschreiben, bevor er es vergaß. Die Details konnte er ja später noch ausarbeiten. Er hatte sogar schon eine ungefähre vorstellung von seinem Protagonisten und begann sogleich damit, eine grobe Skizze vorzubereiten. Dabei war er so von seiner Arbeit vereinnahmt, dass er gar nicht merkte, wie Katsuya aufstand, seine Brille aufsetzte und das las, was Hinata da schrieb. „Ist das für deinen Manga?“ Erschrocken zuckte Hinata zusammen und drehte sich zu ihm um. „Katsuya…“, rief er und wollte schon seine Notizen verstecken, doch es gelang dem Sportstudenten, ihm den Zettel einfach wegzuschnappen und natürlich nahm er sich auch gleich die Freiheit, es zu lesen. „Eine alternative Zukunft nach dem dritten Weltkrieg mit zwei Gesellschaftsschichten zwischen arm und reich? Hm… klingt das nicht irgendwie wie dieser Teenieroman aus Amerika mit dieser komischen Bogenschützin?“ „Nicht direkt“, versuchte Hinata zu erklären und war ziemlich verlegen. „Die Armen sind zum größten Teil Waisen, weil die Erwachsenen meist durch eine Seuche sterben. Und da sie in den alten U-Bahntunneln leben und weder Job noch Schulbildung haben, sichern sie sich ihr Überleben durch Stehlen. Und der Protagonist auch ein solcher Dieb und wird schließlich von einem der Reichen geschnappt.“ „Klingt interessant. Und das ist dir alles gestern Nacht eingefallen?“ Hinata nickte und legte seine Notizen beiseite. Sie gingen gemeinsam in die Küche, um Frühstück zu machen. Takashi lag noch im Bett, da er schlecht geschlafen hatte und deshalb noch etwas Schlaf nachholen wollte. Da Katsuya überhaupt keine Ahnung vom Kochen hatte, übernahm kurzerhand Hinata. „Du scheinst ja nach deinem Alptraum ganz gut geschlafen zu haben. Du bist sofort eingepennt und hast dich regelrecht an mich geklammert.“ Hinata musste sich das unwillkürlich bildlich vorstellen, wie er tief und fest schlief und sich dabei an Katsuya festhielt und ihm ins Ohr schnarchte. Das war ihm offen gestanden ein wenig peinlich. Beschämt senkte er den Blick und spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Und es wurde nicht besser dadurch, dass Katsuya von hinten nah an ihn herankam, seine Arme um ihn legte und seine Halsbeuge küsste. Und dabei wanderte eine Hand unter sein Shirt, welches er zum Schlafen getragen hatte. Hinata wusste nicht, was er tun sollte und versuchte, sich auf das Essen zu konzentrieren, doch so leicht wurde es ihm nicht gerade gemacht. „Du bist süß, wenn du Essen machst, Hinata.“ Der Kunststudent schwieg und wusste nicht, was er dazu sagen sollte, da spürte er auch etwas Hartes, was gegen seinen Körper drückte. Ein Verdacht stieg in ihm auf, was das sein könnte und er schluckte schwer. Ach du großer Gott… Sie waren gerade erst aufgestanden und Katsuya hatte eine Morgenlatte. Und so wie dieser an ihn heranging, ahnte Hinata, dass er derjenige war, der das ausbaden durfte. Diese Vorahnung sollte sich auch bestätigen, als Katsuya ihm ins Ohr flüsterte „Aber weißt du… ich hab ehrlich gesagt mehr Hunger auf ein Dessert.“ „Aber…“, stammelte Hinata und merkte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. „Ach komm schon, nur ein kleiner Quickie.“ Hinata merkte so langsam, dass er es wohl nicht schaffen würde, Katsuya abzuwimmeln und dass es wohl darauf hinauslaufen würde, dass dieser ihn ins Schlafzimmer mitnehmen würde. Nun, wenn er ganz ehrlich war, wollte er es ja eigentlich auch, aber er war halt sehr zurückhaltend und schüchtern. Dann aber gab er sich geschlagen und seufzte. „Also gut“, sagte er. „Aber nicht in der Küche.“ „Ach wieso denn nicht?“ fragte Katsuya und begann an seinem Ohr zu knabbern. „Darin liegt doch der Reiz.“ „Ich mag das aber nicht“, erwiderte Hinata und so gab sich Katsuya geschlagen und verlegte das Ganze in Katsuyas Zimmer. Und sogleich holte der jüngere Zwilling seine Kiste mit dem Spielzeug hervor und grinste, wobei er Hinata fragte „Lust auf ein weiteres Experiment?“ Da Hinata nichts sagte, schien er es wohl als Zustimmung zu werten und begann dem Kunststudenten das Shirt auszuziehen. Er ging erstaunlich direkt und schnell vor, als könnte er es kaum erwarten. Für einen kurzen Augenblick fragte sich der Student, ob Katsuya nicht vielleicht Druck auf der Leitung haben könnte. Sofort bereute er diesen Gedanken, als er merkte, dass das nicht gerade eine anständige Frage war. Während er darüber nachdachte, ließ er sich bereitwillig von Katsuya die Hände auf den Rücken festbinden. Als ihm aber noch ein Knebel verpasst wurde, da musste er wieder unwillkürlich an seinen Alptraum denken und die Angst kehrte zurück. Wenn er diesen Knebel im Mund hatte, wie sollte er Katsuya sagen, was er wollte und was nicht? Wie sollte er den „Nein, stopp!“ sagen? „Keine Angst“, beruhigte ihn der Sportstudent, als er bemerkte, wie nervös Hinata wurde. „Fürs Erste wird das hier erst mal reichen. Vertrau mir einfach, ja? Ich werde nichts machen, wovon ich nicht weiß, ob du es wollen würdest oder nicht.“ Doch Hinatas Augen zeugten trotzdem von ängstlicher Scheu. Er ließ Katsuya aber gewähren und so wurde er auch der Rest seiner Kleidung entledigt. Es war ein etwas befremdliches Gefühl, dass ihm die Hände auf den Rücken gefesselt worden waren. Katsuya schien jedenfalls seinen Spaß zu haben. „Am liebsten würde ich dir noch ein dekoratives Halsband verpassen, aber ich glaube, ich lass das lieber fürs Erste. Man soll es ja nicht übertreiben, nicht wahr?“ Damit beugte er sich vor und begann Hinatas Hals zu küssen, streichelte dabei zärtlich über seine Brust und liebkoste dabei vor allem seine Brustwarzen. Hinata spürte wieder dieses heiße Kribbeln in seinem Körper und keuchte leise in den Knebel hinein. Das Atmen fiel ihm ohnehin schon nicht leicht und er merkte so langsam selbst, dass Katsuya nicht der Einzige war, der ungeduldig war. Auch sein Körper hungerte nach mehr. Als er spürte, wie sich Katsuyas Hand um seinen Penis legte, wandte er etwas verlegen den Blick ab und schämte sich ein wenig, dass er so da lag, mit gefesselten Händen auf den Rücken. Aber vor allem war er so beschämt, weil er so schnell erregt war und es nicht viel dazu gebraucht hatte. Und das Schlimmste war, dass Katsuyas Grinsen nicht gerade dafür sorgte, dass er sich weniger schämte. Eher im Gegenteil. „Wenn du so beschämt guckst, kann man eigentlich nur schwach werden“, meinte der jüngere Zwilling und begann nun Hinatas Glied zu massieren. „Weißt du… Takashi und ich haben mal ein wenig nachgedacht. Warum machen wir nicht eine WG zu dritt? Du könntest bei uns wohnen und wärst dann nicht mehr alleine. Naja, es sei denn du bist mit deinem jetzigen Leben zufrieden.“ „Mh… ng…“ „Ach ja, stimmt… du kannst ja gerade nicht antworten. Mein Fehler.“ Katsuya begann nun in der Schublade zu kramen und holte das Gleitgel heraus. Er gab etwas davon auf seine Hand wenig später spürte Hinata, wie sich zwei Finger vorsichtig ihren Weg durch seinen Schließmuskel in sein Innerstes bahnten. Dies hatte sich ganz zu Anfang noch sehr seltsam und fremd angefühlt, doch inzwischen hatte er sich immer mehr daran gewöhnt und inzwischen fühlte es sich sogar richtig gut an. Hinata winkelte seine Beine an, um Katsuya eine bessere Position zu bieten. „Du kannst wohl auch nicht mehr warten, oder?“ Der Kunststudent nickte und spürte, wie Katsuyas Finger noch tiefer vordrangen und diesen ganz besonderen Punkt berührten, keuchte Hinata und spürte, wie das heiße Kribbeln in seinem Körper stärker wurde. Er wollte mehr. Er wollte ihn tief in sich spüren. Langsam wurde sein Körper heiß und sein Herz schlug schneller. Es fühlte sich so vertraut an und als er die Augen schloss, da sah er sich in der Grotte wieder, wo er ganz alleine mit Katsuya im Wasser gewesen war und dort mit ihm das erste Mal gehabt hatte. Diese Erinnerung war für ihn von allen am stärksten im Gedächtnis geblieben und er erinnerte sich immer wieder gerne daran zurück, wenn er mit ihm alleine war. „Hinata, ich fang jetzt an.“ Der Kunststudent nickte um zu signalisieren, dass er einverstanden war. Er spürte, wie Katsuya seine Finger herauszog und kurz darauf ein heißerer und viel stärkerer Druck ausgeübt wurde. Hinata entspannte sich und spürte einen leichten stechenden Schmerz, als Katsuya in ihn eindrang. Der Schmerz war mit der Zeit weniger geworden, was vermutlich daran lag, dass sich sein Körper mehr und mehr daran gewöhnt hatte. „Mh…“ Tief drang Katsuya in ihn ein und keuchte leise. Seine Wangen glühten und er sah wieder diesen Blick bei dem Sportstudenten, der so voller Leidenschaft und Hingabe war. Ein Blick, der ihn einfach nur dahinschmelzen und ihn alles andere vergessen ließ. Ein ersticktes Stöhnen entrann ihm und sein Herz raste förmlich. Immer tiefer und härter stieß Katsuya zu und der Schmerz wich immer mehr diesem unglaublichen und intensiven Gefühl der Lust. Alles in seinem Kopf war mit einem Male wie weggewischt, als wäre er eine weiße Leinwand. Ihm wurde schwindelig, doch Katsuya machte immer weiter und trieb ihn weiter an seine Grenzen. „Sex am Morgen ist wirklich das Beste, was es gibt…“ „Ngh… mmh…“ Hinata hatte sichtlich Mühe, seine Stimme zurückzuhalten, denn er hatte Sorge, dass er schlimmstenfalls noch Takashi aufwecken würde. Doch Katsuya schien da nicht wirklich mitspielen zu wollen. Wieder legte er eine Hand um Hinatas Penis und das brachte den Kunststudenten endgültig um den Verstand und seine letzte Kraft, seine Stimme zurückzuhalten. Eine Gänsehaut überkam ihn und wieder drehte sich alles in seinem Kopf. Und als er zu seinem Orgasmus kam, wurde ihm kurz schwarz vor Augen. „Hey, Hinata…“ Er spürte, wie jemand vorsichtig seine Wange klopfte, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Kurz darauf wurde die Tür zum Zimmer geöffnet. Es war Takashi, der nach dem Rechten sehen wollte. Und als er Hinata nackt und kreidebleich auf dem Bett liegen sah, gefesselt und geknebelt, war er erst erschrocken und eilte sofort zu ihm hin. „Was zur Hölle hast du mit ihm gemacht?“ fragte er Katsuya und nahm ihm den Knebel aus dem Mund, damit er besser atmen konnte. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst ihn mit deinem Hobby in Ruhe lassen.“ „Hey, er hat das auch gewollt“, verteidigte sich Katsuya und nahm ihm die Fesseln ab. „Ich hab ihn zu nichts gezwungen, klar?“ „Ach wirklich?“ „Hey ihr beiden“, murmelte Hinata und setzte sich langsam auf. „Nicht streiten, ja? Es geht mir gut. Mir ist nur ein wenig schwindelig, mehr nicht. Könnte ich vielleicht ein Glas Wasser bekommen?“ „Klar, ich hol dir eben eines.“ Damit stand Takashi auf und ging in die Küche. Nach einer Weile erholte sich Hinata einigermaßen, allerdings war ihm immer noch ein wenig schwindelig und es sollte den Rest des Tages nicht besser werden. Na hoffentlich wurde er jetzt nicht krank… Kapitel 14: Ausflug mit Takashi ------------------------------- Wieder fand sich Hinata in seinem Zimmer wieder. Doch etwas war anders. Er saß nicht an seinem Schreibtisch und zeichnete seine Mangas, er saß stattdessen auf dem Bett und hielt einen Manga in der Hand, den er offenbar gerade noch gelesen hatte. Er war ziemlich vertieft in die Story und blätterte Seite um Seite um, nahm aber nur am Rande wahr, dass er einen Yaoi-Manga in Händen hielt und die dargestellten Szenen mehr als eindeutig waren. Er erkannte nicht genau, was das für einer war, aber der Zeichenstil kam ihm bekannt vor. Der Anblick des nackten Protagonisten, der mit Ledergurten gefesselt war, faszinierte ihn und er wollte mehr sehen. Er spürte, dass auch sein Körper reagierte und ihn der Anblick dieser Bilder erregte. Mehr… er wollte mehr davon sehen. Immer hastiger schlug er die Seiten um und überflog mehr oder weniger die Dialoge. So gebannt war er von der Handlung, dass er nicht bemerkte, wie die Tür aufging und sein Vater hereinkam. „Was machst du da?“ hörte er ihn fragen. Erschrocken fuhr Hinata auf und realisierte erst jetzt die Gefahr. Er musste den Manga schnell verschwinden lassen, bevor sein Vater das sah. „Nichts, Vater“, stammelte er ängstlich und versuchte den Manga unbemerkt verschwinden zu lassen, doch es war schon zu spät. Kurzerhand wurde ihm dieser aus den Händen gerissen und hilflos musste er mit ansehen, wie sein Vater die Seiten durchblätterte und immer wütender wurde und rot wurde. Er sah aus, als würde er gleich explodieren und davor hatte Hinata am meisten Panik. Denn er wusste, dass dies ein deutliches Zeichen dafür war, dass sein Vater kurzen Prozess mit ihm machen würde. „Vater… das… das kann ich erklären.“ „Du liest solche Schwulenpornos? So habe ich dich nicht erzogen! Mein Sohn liest keinen solchen Schweinskram. Bist du ein Homo, oder was?“ Wütend warf sein Vater den Manga beiseite und kam direkt auf ihn zu, packte ihn am Kragen und zerrte ihn hoch. „Ich hab keine gottverdammte Schwuchtel großgezogen, kapiert? Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt, als ich dir das ausdrücklich verboten habe, aber offenbar willst du nicht hören. Das reicht! Na los, die Hose runter.“ Erschrocken sah Hinata ihn an und sah seinen Vater entsetzt an. Der hatte doch nicht gerade wirklich so etwas von ihm verlangt. Das konnte doch nicht wahr sein, das musste ein Traum sein. „V… Vater…“ „Hörst du schlecht? Ich sagte, du sollst die Hose ausziehen! Na los, oder ich schlag dir die Zähne ein!“ Hinata standen die Tränen in den Augen. Er zitterte am ganzen Körper und dachte für einen Moment daran, einfach wegzurennen. Doch er hatte zu große Angst davor. Also gehorchte er, ohne Widerstand zu leisten und zog seine Jeans aus. „Na los, die Unterhose auch.“ „Vater… bitte…“ Eine Ohrfeige traf ihn heftig und Hinata stolperte nach hinten. Seine ganze linke Gesichtshälfte tat höllisch weh und unaufhörlich flossen Tränen seine Wangen hinunter. Er schluchzte leise und presste eine Hand auf die gerötete Stelle. „Hör auf zu flennen wie ein gottverdammtes Mädchen und zieh endlich die scheiß Unterhose aus!“ Und als er das sagte, zog er plötzlich ein Taschenmesser hervor. Entsetzt sah Hinata die Waffe an und realisierte, dass sein Vater ernsthaft vorhatte, ihn damit zu verletzen, wenn er nicht spurte. Also zog Hinata auch seine Unterhose aus und wich beschämt dem Blick seines Vaters aus, da er immer noch erregt war. Und das sah sein Vater natürlich ziemlich deutlich. „So, du stehst also auf so etwas“, stellt er wütend fest. „Du stehst auf solche Schwuchtelmangas wie ein Mädchen? Na schön, du willst es ja nicht anders. Dann werde ich eben ein Mädchen aus dir machen!“ Als Hinata das hörte, ergriff ihn endgültig Panik. Er versuchte zur Zimmertür zu fliehen und begann in seiner Angst zu schreien. Doch er wurde grob an den Haaren festgehalten und aufs Bett geschleudert. Ehe er überhaupt reagieren konnte, wurden seine Handgelenke an die Bettpfosten gekettet und er wurde auf die Matratze gedrückt. „Du willst von Männern gefickt werden wie ein Mädchen? Dann schneide ich ihn dir ab und mache aus dir ein Mädchen!“ Hinata sah mit Entsetzen das Messer näher kommen und schrie. Das war der Moment, in dem er aus seinem Alptraum erwachte. Hinata war ein wenig müde und fühlte sich ein wenig kraftlos. Gleich schon in der Frühe war er mit Takashi losgegangen und hatte seinen Rucksack mitgenommen. Es war bewölkt und deutlich frischer als die letzten Tage und der Weg hatte sie raus aus der Stadt geführt. Denn der ältere Zwilling wollte die Tatsache nicht ungenutzt lassen, dass er Hinata ganze drei Tage für sich hatte und mit ihm einen Ausflug alleine unternehmen. Dieses Mal führte sie die Reise allerdings nicht zu einem Strand, sondern in eine ländliche Gegend. Es gab nämlich einen kleinen Onsen, den die Familie Itamu gerne für kleine Entspannungsausflüge besuchte. Als Takashi erfahren hatte, dass Hinata noch nie in seinem Leben eine heiße Quelle besucht hatte, da hatte er kurz seinen Großvater angerufen und auch den Gesprächstermin mit Frau Kano vom Verlag auf Montag verlegt, damit er mit Hinata den Ausflug genießen konnte. Hinata war natürlich neugierig, aber er merkte selbst, dass er sich ziemlich schlapp fühlte. Er war müde und er hatte mit Schwindel zu kämpfen. Ein wenig blass war er auch geworden und ihm war, als hätte etwas ihm sämtliche Energie geraubt. Auch Takashi war das aufgefallen und er meinte, dass die heißen Quellen helfen würden, wieder zu Kräften zu kommen. Zum Glück fuhren sie mit dem Auto dorthin, den Rest des Weges ging es zu Fuß eine Vielzahl an Stufen hoch, bis sie ein großes Haus im traditionellen japanischen Stil entdeckten. Die ganze Anlage hatte etwas Altmodisches und Gemütliches an sich und erinnerte ein wenig an die Zeiten der Samurai, es gab sogar eine Vielzahl an Statuen aus der Shinto-Religion, die verschiedene Tiergeister zeigte. Eine angenehme Atmosphäre herrschte hier und sogleich wurden sie von einem älteren Ehepaar begrüßt, dass für die Verwaltung und Instandhaltung des Onsen zuständig war. Sie waren schätzungsweise bereits um die 66 Jahre alt, machten aber einen sehr sympathischen und herzlichen Eindruck, fast schon wie typische Großeltern. Nur mit dem Unterschied, dass sie Takashi gegenüber sehr respektvoll waren, was aber daran lag, weil seiner Familie dieser Onsen gehörte. Tae Morizono war eine etwas klein geratene Frau, die einen schlichten Altfrauenkimono trug und ihr ergrautes Haar ebenso schlicht zu einem Knoten gebunden hatte. Sie führte Hinata und Takashi ins Haus, während ihr Mann Kotarou noch einige Vorbereitungen zu treffen hatte. Auch das Hausinnere wirkte wie ein traditionelles japanisches Haus mit dünnen Schiebewänden, langen Gängen und Zimmern mit Tatami-Matten. Leise erklang ein Windspiel, welches am Hauseingang hin und durch den Wind in Bewegung gebracht wurde. Ein dezenter Geruch von altem Holz erfüllte das Haus und Hinata, der in seinem Leben nicht viel herumgekommen war, hatte noch nie so etwas gesehen. Er war in der Großstadt aufgewachsen, wo die Wohnungen im modernen europäischen Stil eingerichtet waren und wo man auch in ganz normalen Betten lag und nicht bloß auf Futons. Deshalb war es für ihn fast schon eine Art Zeitreise und er staunte nicht schlecht. „Und deiner Familie gehört das alles hier?“ fragte er halb ungläubig, denn die ganze Anlage erschien ihm wie ein großes Hotel. Takashi lachte und erklärte „Es gehört unserem Großvater und den Onsen nutzen wir oft für Familientreffen, manchmal laden wir auch Geschäftspartner hier ein. In entspannter Atmosphäre lässt sich besser über Geschäfte sprechen und man kann sich da näher kennen lernen. Das Schöne ist, dass wir hier unsere Ruhe haben und auch so niemand stört. Wir haben quasi den ganzen Onsen für uns.“ Sie betraten schließlich ihr Zimmer. Wie erwartet gab es auch hier kein Bett und statt einer Heizung für den Winter einen Kotatsu. Es war schlicht eingerichtet, aber es hatte durchaus seinen Reiz und kaum, dass sie ihre Sachen abgelegt hatten und Tae gegangen war, reichte Takashi ihm etwas, das wie ein Yukata aussah. „Da du keinen hast, dachte ich mir, ich hole dir einen.“ Hinata sein Geschenk entgegen und war ein klein wenig verlegen. „Danke, Takashi.“ „Schon gut, dafür musst du dich doch nicht bedanken. Hey, wie wäre es, wenn wir gleich nach dem Essen in die heiße Quelle gehen? Dann kannst du dich auch mal schön entspannen. Du siehst sowieso schon ziemlich blass aus. Kann es sein, dass du schlecht geschlafen hast?“ „Ja, ich hatte die letzten Nächte ein paar Alpträume gehabt. Aber es geht schon in Ordnung.“ Während sie ihre Sachen auspackten und sich umzogen, versuchte Takashi nachzuhaken, was Hinata denn so beschäftigte, doch dieser wich sofort aus und beteuerte, dass nichts wäre. Schließlich ging es rüber in ein kleineres Haus, wo das Ehepaar Morizono bereits damit begonnen hatten, das Essen zu servieren. Es gab traditionelle japanische Hausmannskost, die aber, wie Hinata feststellte, bei weitem besser war als das, was er selbst zustande brachte. Schließlich, nachdem sie mit dem Essen fertig waren, gingen sie nach einer kurzen Wäsche zu den heißen Quellen. Sie gelangten über die Außenterrasse dorthin und Hinata erblickte etwas, das wie eine Art Teich aussah, über den weißer Dunst hing. Die Luft war sehr feucht und ein Bambuszaun trennte den Bereich für die Männer von dem der Frauen ab. Das waren also die heißen Quellen. Hinata staunte nicht schlecht. Takashi war der Erste, der sich auszog und ins Wasser ging. „Ah“, seufzte er und lächelte zufrieden. „Das tut gut.“ Hinata zögerte noch einen kurzen Augenblick, bis er ebenfalls ins Wasser ging und das Erste, was er spürte, war die Hitze. Das Wasser war wirklich heiß und als er sich langsam ins Wasser ließ, hatte er erst das Gefühl, als würde er langsam gekocht werden. Als Takashi merkte, dass das heiße Wasser ein wenig viel für einen Anfänger wie Hinata war, riet er ihm, langsam ins Wasser zu gehen. „Das Wasser hat schon eine ordentliche Temperatur“, meinte Takashi. „Knapp 45°C. Für Anfänger ist das schon echt viel. Geh es am besten langsam an, ansonsten streikt noch dein Kreislauf.“ „Und du bist sicher, dass das auch wirklich gesund ist?“ „Na klar doch. Das heiße Wasser fördert die Durchblutung und hilft gut gegen Stress und Anspannung. Man muss nur aufpassen, dass man nicht zu lange drin bleibt. 20 Minuten sollte man maximal drin bleiben, aber ich denke, wir machen nur zehn Minuten, weil du noch ein Anfänger bist.“ Langsam tauchte Hinata in das heiße Wasser ein und setzte sich. Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn und er merkte, wie sein Körper langsam zu arbeiten anfing. Zuerst hatte er das Gefühl, als würde er in einem Kessel langsam gekocht werden, aber nach einer Weile gewöhnte er sich daran und setzte sich schließlich zu Takashi. Dieser wirkte sehr entspannt und schien das Bad richtig zu genießen. „Wie ist deine Familie darauf gekommen, hier dieses Grundstück zu kaufen?“ „Unser Großvater väterlicherseits hat hier unsere Großmutter kennen gelernt“, begann Takashi zu erzählen und ein glückseliges Lächeln spielte sich auf seine Lippen, während er in Erinnerung an die Familiengeschichte schwelgte. „Früher war das hier noch ein Hotel gewesen und er hat hier quasi eine Art Geschäftsreise gemacht. Großmutter war die Tochter des Hotelverwalters gewesen und hatte an diesem Abend Essen und Getränke serviert. Und da hat er sich in sie verliebt. Sie sind oft im Dunkeln spazieren gewesen und er kam sie oft besuchen. Hier an diesem Ort hat er auch seinen Heiratsantrag gemacht und nachdem der Hotelbesitzer starb und das Gebäude zum Verkauf stand, hat Großvater es aus sentimentalen Gründen gekauft. Auch Vater hat hier an diesem Ort in einer Sommernacht unserer Mutter einen Heiratsantrag gemacht.“ „Warum denn nachts?“ „Das wirst du heute Abend schon noch herausfinden“, antwortete Takashi geheimnisvoll und legte einen Arm um Hinata, der seinerseits seinen Kopf auf Takashis Schulter ablegte. „Hast du mich aus diesem Grund hergebracht?“ „Nun, Katsuya hat dir ja seinen besonderen Ort gezeigt, da wollte ich dir meinen zeigen. Ich verbinde mit diesem Ort viele Erinnerungen. Hier bin ich schon als kleiner Junge sehr gerne gewesen. Zwar hat auch das Strandhaus in Kamakura seine Vorzüge, aber hier hat man das, was man als die wahre japanische Seele bezeichnen kann. Es ist hier zwar ein wenig altmodisch, aber hier kann man wenigstens zur Ruhe kommen und es ist ein toller Ort, zum Fotografieren.“ Aha, dachte sich Hinata. Das ist also Takashis besonderer Ort, an den er sehr hängt. Er bedauerte es, dass er keinen Ort hatte, an dem er so sehr hing, dass er Takashi und Katsuya dorthin mitnehmen würde. Er beneidete die Zwillinge wirklich. Sie erlebten viel, sie sprachen immer das aus, was sie dachten und sie hatten eine liebevolle Familie. Im Grunde hatten sie das, was sich Hinata schon immer gewünscht hatte und es machte ihn wiederum bewusst, was an ihm alles falsch war. Trotzdem liebten ihn die beiden, weil er sie so liebte wie sie waren und weil er nicht auf die Äußerlichkeiten achtete. „Ich wünschte, ich hätte auch so eine tolle Familie“, murmelte er schließlich. Hierauf schmunzelte Takashi und meinte „Wenn du das noch laut vor unserer Mutter sagst, adoptiert sie dich noch glatt. Aber jetzt mal im Ernst: du hast einen so guten Eindruck bei unseren Eltern hinterlassen, dass sie dich doch schon längst als Teil der Familie akzeptiert haben. Nun gut, wir können deine leibliche Familie nicht vollständig ersetzen, aber bei uns hast du auf jeden Fall ein Zuhause, da mach dir keine Sorgen. Katsuya und ich hätten auch nichts dagegen, wenn du zu uns ziehen würdest und wir eine Art WG gründen.“ Ja, das hatte schon Katsuya vorgeschlagen und Hinata hatte auch schon ernsthaft darüber nachgedacht. Zugegeben, er fühlte sich schon ziemlich einsam in seiner Wohnung, seit er mit den Zwillingen so viel Zeit verbrachte. Aber er hatte sich nicht getraut, sie zu fragen, weil er sich auch nicht aufdrängen wollte. Dass Katsuya diesen Vorschlag gemacht hatte, hatte ihn natürlich riesig gefreut. „Wenn es keine Umstände macht“, sagte er schließlich, „dann gerne. Es würde mich wirklich freuen.“ „Das ist schön. Unser Haus ist eh ziemlich groß und da hättest du auch ein eigenes Zimmer.“ Als die zehn Minuten um waren, verließen die beiden Studenten die heiße Quelle und gingen danach ein wenig in der Gartenanlage spazieren. Wie sich herausstellte, gab es hier sogar einen Zen-Garten und auch hier fanden sich auch kunstvolle Statuen und sogar ein kleiner Schrein wieder. Hinata staunte nicht schlecht darüber und verstand so langsam, warum Takashi so gerne hierher kam. Es gab viel Sehenswertes und besonders im Herbst, wenn das Laub sich verfärbte, musste es ein wirklich malerischer Anblick sein. Schließlich, als es Abend wurde, gingen sie zurück in den Anbau, wo das Ehepaar Morizono das Abendessen servierte. Hier erfuhr Hinata auch, dass die beiden bereits hier gearbeitet hatten, als dies noch ein Hotel gewesen war. Da sie gute Freunde von Takashis und Katsuyas Großmutter waren, hatten sie ihre Stelle behalten können und bewohnten hier auch ein Zimmer im Anbau. Da sie aber älter wurden, hatte man weiteres Personal eingestellt. Das Putzen übernahm eine Verwandte der Morizonos, eine gewisse Kaori, die sich als tüchtige Hilfe erwies und auch sonst sehr geschickt im Haushalt war. Das Essen war wie schon das Mittagessen sehr lecker und Hinata nahm sogar einen Nachschlag. Sie saßen zusammen, Takashi erzählte ein paar Anekdoten aus seinen Kindheitstagen, die er hier verbracht hatte und welche Streiche er und sein Bruder gespielt hatten. So zum Beispiel, dass sie die Tatsache ausnutzten, dass andere Leute sie nicht voneinander unterscheiden konnten und sie dann einfach behaupteten, sie wären der andere Zwilling. Der schlimmste Streich war aber gewesen, als sie als kleine Kinder getan hatten, als wären sie Unfallopfer. „Einer von uns hat sich dann mit roter Farbe beschmiert und dann an den Straßenrand gelegt und so getan, als wäre er von einem Auto angefahren worden.“ Hinata verschluckte sich fast an seinem kalten Bier, als er das hörte. Allein der Gedanke war mehr als makaber und er fragte ungläubig „Ihr habt was?“ Takashi lachte und nickte bestätigend. „Wir haben den Leuten echt einen Schreck eingejagt. Man nannte uns damals sogar die „Teufelszwillinge“, weil wir immer etwas angestellt hatten. Dementsprechend haben wir auch oft Hausarrest gekriegt. Als Kinder waren wir ganz schöne Rabauken. Das hat sich dann aber geändert, als ein Streich in die Hose gegangen ist. Da wollten wir wieder den Unfallopfer-Streich durchführen. Dieses Mal war ich an der Reihe. Ich war da neun Jahre alt. Ich lag da mit rot angemaltem Kopf und wartete auf Passanten, da kam eine alte Frau an. Und die hatte sich so heftig erschreckt, dass sie gestürzt ist und ins Krankenhaus musste. Sie hatte sich zum Glück nur das Handgelenk verstaucht, aber ab dem Zeitpunkt war für uns Schluss mit den Streichen. Zumindest für mich. Katsuya hat oft noch irgendwelchen Blödsinn angestellt und mir ist da halt bewusst geworden, dass ich als sein großer Bruder auf ihn aufpassen muss.“ Als es ein wenig dunkler wurde und man das Licht anschalten musste, erhob sich Takashi und wandte sich an Hinata mit den Worten „Kommst du eben mit? Ich muss dir etwas zeigen.“ Nun war der Kunststudent neugierig geworden. Takashi hatte ja schon ein Geheimnis daraus gemacht, was denn das Besondere an dem Ort war und wieso sich seine Eltern und seine Großeltern ausgerechnet nachts das Eheversprechen gegeben hatten. Er folgte Takashi hinaus auf den Flur und schließlich gingen sie nach draußen. Nicht zu den heißen Quellen, sondern in Richtung Zen-Garten, wo es auch einen kleinen Teich gab. Als Takashi eine der Schiebetüren öffnete, sah Hinata erst einmal kaum etwas, da er nicht an diese spärlichen Lichtverhältnisse gewöhnt war. Doch dann hörte er den Gesang von Zikaden. Und dann sah er etwas: kleine Lichter, die in der Dunkelheit umher flogen. Es waren viele an der Zahl und sie schwirrten um den Teich und die kleine Böschung. Die Laternen brannten bereits und gaben ein schwaches, aber warmes Licht ab. Der Himmel war frei von Wolken und ein weiter Sternenhimmel war zu sehen. Auf dem Teich schwammen kleine Boote, auf denen Laternen brannten. Takashi trat näher an den Teich heran, Hinata folgte ihm und erwischte sich dabei, wie er die Hand des älteren Zwillings in die seine nahm. Noch nie hatte er so viele Glühwürmchen gesehen, geschweige denn je den Klang von Zikaden gehört. Es war eine schöne und romantische Atmosphäre, die sich durch ihr besonderes Naturschauspiel auszeichnete. Das war also das Geheimnis dieses Ortes und wieso ausgerechnet nachts Heiratsanträge gemacht wurden. „Es ist wunderschön“, sprach er leise und lehnte seinen Kopf gegen Takashis Schulter, während sich ein glückliches Lächeln auf seine Lippen schlich. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Takashis Griff um Hinatas Hand wurde fester. „Ja, das stimmt“, bestätigte er. „Und soll ich dir mal ein Geheimnis verraten?“ „Was denn?“ fragte der 20-jährige neugierig und blickte zu Takashi hoch, der einen sehr verträumten Blick angenommen hatte. „Unser Vater sagte mal zu mir: eines Tages wird dir jemand begegnen, der etwas ganz Besonderes für dich ist. Und wenn du dir sicher bist, dann bringe diese Person hierhin.“ Hinata war tief bewegt, als er das hörte. Es musste Takashi sehr viel bedeutet haben, ihn hierhin mitzunehmen. Genauso wie Katsuya ihm die Grotte in Kamakura gezeigt hatte, die für ihn sein ganz besonderer Ort war. Hinata ließ kurz Takashis Hand los, trat auf ihn zu und umarmte ihn. Und als er spürte, wie sich zwei liebevolle Arme um ihn legten und ihn festhielten und er Takashis beruhigende Wärme wahrnahm, da war ihm, als würde ihm ganz leicht ums Herz werden. Ein wunderbares und doch so seltsam ungewohntes Gefühl des Glücks überkam ihn und schließlich sah er zu Takashi auf, streckte sich ein wenig und küsste ihn. „Danke, Takashi“, sprach er mit tief bewegter Stimme. „Danke dafür, dass ich derjenige bin, den du hierhergebracht hast.“ „Das bedeutet mir sehr viel, Hinata.“ Und so lagen sie sich innig in den Armen, glücklich und bewegt von ihren Emotionen, während um sie herum die Lichter der Glühwürmchen durch die Nacht schwirrten und die Zikaden ihr Lied erklingen ließen. Kapitel 15: Hinatas Problem --------------------------- Als es langsam kühl geworden war, waren Hinata und Takashi wieder ins Haus gegangen und bereiteten ihr Nachtlager vor. Da das ehemalige Hotel noch sehr traditionell eingerichtet war, gab es hier auch keine Betten, stattdessen würden sie auf Futons schlafen. Takashi war aufgefallen, dass Hinata ein wenig geistesabwesend wirkte. Und das machte ihm Sorgen. Nicht nur, dass der 20-jährige in den letzten Nächten immer sehr unruhig geschlafen hatte, er wirkte auch sonst recht blass und das war auch Katsuya aufgefallen. Doch immer, wenn er ihn darauf ansprach, wich Hinata sofort aus. Da die Stimmung momentan sehr entspannt war, nutzte er die Gelegenheit, um ihn noch mal anzusprechen. „Sag mal Hinata, was bedrückt dich eigentlich? Irgendetwas macht dir doch zu schaffen und wir machen uns große Sorgen um dich. Du hast sehr schlimme Alpträume und schreist sogar im Schlaf, du bist so geistesabwesend und wirkst, als hättest du große Probleme. Sag schon, was ist los mit dir?“ Immer noch sah Hinata aus, als würde er mit sich hadern und wahrscheinlich spielte er wieder mit dem Gedanken, dem Thema auszuweichen, aber dann seufzte er geschlagen und senkte niedergeschlagen den Blick. „Ich habe in der letzten Zeit oft Alpträume mit meinem Vater. Weißt du… er hat bald Geburtstag und da fahre ich nach Fukuoka, um meine Eltern zu besuchen.“ „Und wieso besuchst du ihn, wenn du von deinen Eltern weg willst?“ fragte Takashi verständnislos und schüttelte den Kopf. Das machte in seinen Augen doch gar keinen Sinn. Nachdem Hinata seinen ganzen Mut aufgebracht hatte, vor seinem gewalttätigen Vater zu flüchten, kehrte er zu ihm nach Hause zurück, um ihn an seinem Geburtstag zu besuchen? Das war doch verrückt. Hinata seufzte und erklärte es ihm: „Weil sie sonst Verdacht schöpfen würden. Wenn ich den Kontakt gänzlich zu ihnen abbreche, werden sie nach mir suchen. Und wenn sie herausfinden, dass ich in Wahrheit in Tokyo bin und Kunst studiere, dann…“ Hieraufhin nahm Takashi ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. Und nun sah Hinata es auch an seinem Gesicht, dass der ältere Zwilling wirklich ernsthaft besorgt um ihn war und ihm die ganze Sache überhaupt nicht gefiel. „Ich kann deine Angst verstehen. Aber bitte geh da nicht hin. Dein Vater hat dir schon genug angetan. Und selbst wenn er nach Tokyo kommen sollte, werden Katsuya und ich für dich da sein und nicht zulassen, dass er dir etwas antut, das weißt du doch. Aber du musst uns versprechen, nicht zu gehen. Wenn du schon Alpträume bekommst, weil du ihn bald wieder siehst, tut dir das nicht gut. Du wirst dich nur damit quälen und wer weiß, ob er dann wieder gewalttätig wird.“ Zugegeben, Hinata hatte schon mal mit dem Gedanken gespielt, nicht zu gehen und einfach den Kontakt komplett abzubrechen. Vielleicht war es ja in Ordnung, wenn er einfach eine Ausrede benutzte, um nicht gehen zu müssen. Aber jedes Mal hatte er zu große Angst davor, es auch in die Tat umzusetzen. Er wollte seinen Vater nicht sehen. Es war ihm wesentlich lieber, wenn er so weit weg wie möglich von ihm war. Als er die Umarmung erwiderte, spürte er, wie er leicht zu zittern begann. Und dabei spürte er wieder diese Hilflosigkeit, die ihn schon seit Tagen quälte und ihn nicht ruhig schlafen ließ. „Warum hast du uns nichts gesagt?“ fragte Takashi und streichelte zärtlich Hinatas Kopf. „Wieso hast du die ganze Zeit geschwiegen?“ „Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht.“ „Das hatten wir bereits, nachdem du diese heftigen Alpträume hattest. Hey, du brauchst doch kein schlechtes Gewissen haben. Ich bin doch nicht sauer deswegen.“ Hieraufhin küsste Takashi ihn und drückte ihn auf den Futon nieder. Ein wenig schüchtern sah Hinata in seine hellbraunen Augen und man sah deutlich, dass er noch von seiner Angst beherrscht wurde. Doch es war nicht die Angst vor dem, was gleich folgen würde. Es waren seine Alpträume, die ihn selbst jetzt noch heimsuchten. Und Takashi merkte, dass Hinata sehr verunsichert war. „Wenn du es nicht willst, dann sag es ruhig. Du musst dich zu nichts zwingen.“ „Das ist es nicht“, begann der Kunststudent zögerlich. „Es sind nur diese Alpträume. Ich will es ja auch. Ich will mit dir und mit Katsuya glücklich sein und ich liebe die gemeinsame Zeit mit euch. Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben wirklich glücklich und ihr tut so viel für mich, aber immer wieder kommen diese Ängste hoch und ich denke mir, dass das alles nicht richtig ist. Verstehe mich bitte nicht falsch, Takashi. Du hast eine sehr liebevolle und liberale Familie, aber meine Eltern hatten immer ganz genaue Vorstellungen davon, wie der richtige Vorzeigesohn zu sein hat. Ich habe gelernt, dass es richtig ist, nach der Uni einen Job zu finden, sich ein Leben aufzubauen, eine Frau kennen zu lernen und mit ihr Kinder in die Welt zu setzen, am besten einen Sohn.“ „Willst du denn Kinder?“ „Ich bin doch erst 20 Jahre alt“, protestierte Hinata sofort. „Ich habe nicht mal die Uni fertig, wie sollte ich da schon über Familienplanung nachdenken? Und so jemand wie ich wird das doch eh nicht schaffen. Ich meine… ich kriege jedes Mal Panik, wenn ich halb nackte Frauen sehe. Wie soll ich denn da mit einer Frau erst Sex haben, wenn ich allein schon beim Anblick einer nackten Frau eine Heidenangst bekomme?“ Hierauf tätschelte Takashi ihm den Kopf und musste lachen. „Ich glaube, du machst dir da zu viele Gedanken und Sorgen. Du gehst den Weg, den du gehen willst. Nicht den, den deine Eltern für dich ausgesucht haben, auch nicht den eines anderen. Es ist dein Leben, also solltest du dir keinen Kopf darum machen, was deine Eltern dazu sagen. Ich weiß, dass das leichter gesagt ist als getan. Von den Eltern loszukommen ist immer schwer.“ „Tut mir leid, dass ihr euch so viele Sorgen um mich gemacht habt. Irgendwie schaffe ich es wohl immer wieder, andere mit meinen Problemen zu belasten.“ „Ach was. Wenn man jemanden liebt, ist es ganz normal, dass man sich auch um ihn sorgt. Das zeigt doch, dass diese Person einem auch wirklich wichtig ist.“ Damit küsste Takashi ihn und nahm ihn in den Arm. Hinata legte seinen Kopf auf die Brust des älteren Zwillings und konnte seinen Herzschlag hören. Es hatte eine so angenehm beruhigende Wirkung, dass er langsam aber sicher doch seine Sorgen wieder vergaß und die Augen schloss. Dabei dachte er über die Worte nach, die Takashi gesagt hatte. Es war allein sein Leben und es stand ihm frei zu lieben wen er wollte und den Weg zu gehen, den er als den richtigen ansah. Und da sollte er sich auch nicht mehr länger Gedanken um seinen Vater machen. Womöglich sollte er auch den Rat beherzigen und auch nicht zum Geburtstag seines Vaters gehen. Da würde es doch eh nur wieder darauf hinauslaufen, dass er sich wieder irgendwelche Schimpftiraden gefallen lassen musste. Letztes Jahr hatte sein Vater ihm in einen Wutanfall, nachdem er sich betrunken hatte, so heftig geschlagen, dass er eine gebrochene Rippe davongetragen hatte. „Takashi…“ „Ja?“ „Können… können wir anfangen?“ Nun war der ältere Zwilling ziemlich überrascht, denn damit hätte er jetzt nicht gerechnet. Der sonst so schüchterne und ängstliche Hinata stellte ihm so eine Frage. Zugegeben, er hatte schon bemerkt, dass der ängstliche Kunststudent ein klein wenig aus sich herausgekommen war. Auch wenn er nach wie vor ein sehr schwaches Ego hatte, so gab es aber auch gewisse Momente, wo er die Initiative ergriff und sich dann auch nicht mehr allzu schnell einschüchtern ließ. „Klar doch“, antwortete Takashi und begann nun damit, Hinata auszuziehen, wobei er aber nicht umhin konnte zu bemerken „Du hast dich schon verändert, weißt du das? Hat mich ja auch schon ziemlich gewundert, als du dich auf Katsuyas Fetisch eingelassen hast. Interessierst du dich für Bondage?“ Etwas unsicher zuckte Hinata mit den Schultern und wusste zuerst nicht, was er antworten sollte, da es ihm ein Stück weit auch peinlich war. Vor allem weil er auch davon ausging, dass Takashi nicht sonderlich viel von solchen Sachen hielt. „Es war gewissermaßen eine Recherche für meinen Manga.“ Hier musste Takashi kurz lachen, wofür er sich aber sogleich auch wieder entschuldigte. „Entschuldige, aber das klang einfach etwas schräg. Ich habe halt noch nie davon gehört, dass sich jemand zu Recherchezwecken auf Fesselspielchen einlässt. Und ich muss zugeben, dass ich dir so etwas gar nicht zugetraut hätte. Aber das zeigt auch, dass du inzwischen um einiges mutiger geworden bist.“ Ein schüchternes, aber auch leicht beschämtes schlich sich über Hinatas Lippen. Noch immer lag ein etwas trauriger und schwermütiger Glanz in seinen Augen, als würde ihn immer noch etwas beschäftigen. „Du stehst nicht auf solche Sachen, oder?“ fragte er zögerlich und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Takashi musste wieder schmunzeln und erklärte ihm „Naja, ich muss es nicht unbedingt haben. Es hat zwar was, aber ich hab es doch lieber etwas romantischer, wenn ich ehrlich bin. In der Hinsicht unterscheiden Katsuya und ich und eben. Was aber nicht heißt, dass ich nicht offen für Neues wäre.“ Zärtlich strich er über Hinatas blasse Wange, beugte sich zu ihm herab und küsste seinen Hals und streichelte über seinen nackten Oberkörper. Hinata schloss daraufhin die Augen und schien sich deutlich zu entspannen. Takashis zärtliche Berührungen zu spüren, ließ ihn diese schlimmen Träume langsam vergessen, genauso wie jene unangenehmen Gedanken daran, dass bald der Geburtstag seines Vaters bevorstand. All das rückte in eine angenehme weite Ferne, als er diese Dinge zu verdrängen begann. Ein wohliger Schauer überkam ihn als er spürte, wie Takashis Zunge seine Brustwarzen umspielte ein leichtes Kribbeln durch seinen Körper ging. Dieses Gefühl wurde noch stärker, als Takashi an ihnen zu saugen begann, sodass sie hart wurden. „Ah!“ Hinata keuchte, als er spürte, wie sich eine Hand ihren Weg unter seine Shorts suchte und sein Glied umfasste. Obwohl der letzte Sex erst wenige Tage zurücklag, merkte er dennoch, wie sensibel sein Körper darauf reagierte. Vielleicht lag es ja auch daran, dass er sich sowieso schon danach gesehnt hatte, wieder mit Takashi intim zu werden und die Zeit mit ihm zu genießen. Zugegeben, er liebte auch die Zeit mit Katsuya und dessen positive und vor Lebensenergie strotzender Charakter steckte halt deutlich an. Aber es gab auch mal Momente, in denen er die ruhigen und sehr gefühlvollen Momente mit Takashi genoss. Und als er diese zärtlichen Berührungen spürte, musste er an sein allererstes Mal mit Takashi denken und wie dieser ihm sozusagen seine Jungfräulichkeit genommen hatte, wenn man es so nennen konnte. Wie zärtlich und vorsichtig er dabei gewesen war. Allein seine sanfte Stimme zu hören, ließ sein Herz höher schlagen. „Takashi…“ Er spürte, wie seine Erregung stärker wurde und war nicht mehr imstande, noch eine Sekunde länger diesen trüben und beängstigenden Gedanken und Vorstellungen von gerade eben noch eine Sekunde länger nachzugehen. Alles, was ihm noch durch den Kopf ging war der Wunsch, Takashi zu spüren, seine sanften und aufmunternden Worte zu hören und wie dieser seinen Namen rief. Dieses Gefühl der Sehnsucht nach Nähe, Zuwendung und auch Leidenschaft überwältigte ihn und also kam es, dass er sich umso fester an Takashi klammerte. Und auch der ältere Zwilling bemerkte, dass Hinata etwas beschäftigte. „Hinata, was hast du?“ „Lasst mich nicht alleine“, flüsterte Hinata und das war auch alles, was er sagte. „Keine Sorge, das werden wir nicht“, versicherte Takashi ihm und küsste ihn. „Dafür darfst du uns auch nie wieder so etwas verschweigen.“ „Versprochen.“ Kaum, dass Hinata dies gesagt hatte, durchfuhr ihn ein Schauer, als er eine feuchte Zunge an seinem Ohr spürte, während Takashi weiterhin sein Glied massierte. „Ah…“ Hinata spürte, wie sein Herz immer schneller schlug und wie das Blut immer stärker zu pulsieren begann. Takashi, der anfangs noch zurückhaltend und zögerlich gewesen war, konnte sich kaum noch zurückhalten. Hinata wusste nicht wie ihm geschah und schaffte es nicht, seine Gedanken sortiert zu bekommen. Auch als Takashi etwas Gleitgel auf seine Hand gab und zwei Finger in Hinatas After einführte, war dem Kunststudenten so, als würde irgendetwas in ihm aussetzen. Als hätte er die Kontrolle über sich und über seinen Körper verloren. Fast so, als hätte eine andere Macht von seinem Körper Besitz ergriffen. Es war fast schon beängstigend, doch es hielt ihn auch nicht davon ab, weiterzumachen. Selbst dieses seltsame Gefühl, als Takashis Finger in ihn eindrangen, kam ihm nicht mehr als unangenehm vor. Nein, inzwischen hatte er sich schon längst daran gewöhnt und empfand es sogar als erregend. Inzwischen hatte er ja schon oft genug mit den Zwillingen Sex gehabt, um sich daran zu gewöhnen. Schließlich, als Takashi ihn genug vorbereitet hatte, zog er sich nun ebenfalls aus und Hinata sah seinen gut gebauten Oberkörper, der zwar nicht so trainiert war wie der von Katsuya, aber dennoch ein verdammt heißer Anblick war. Ein klein wenig schämte er sich für diesen Gedanken, aber andererseits dachte er sich auch, was daran so falsch sein konnte, den Körper seines Freundes attraktiv zu finden. Eigentlich doch nicht. „Hinata, ich fang jetzt an, okay?“ Tief atmete der Kunststudent durch und nickte. Er spürte, wie sich Takashis Finger aus seinen After zurückzogen und er wusste nun, was kommen würde. Obwohl er es eigentlich schon oft genug gemacht hatte, spürte er immer noch die Aufregung. Doch sie war nicht ängstlicher Natur wie noch zu Anfang. Nein, es war jene Art, die man verspürte, wenn man etwas nicht erwarten konnte. Eine positive Aufregung. So etwas hätte er nicht für möglich gehalten. Doch es zeigte auch, dass er etwas an Selbstvertrauen und Mut dazugewonnen hatte. Spätestens seit er Herrn Itamu gesagt hatte, dass er die Zwillinge liebte, war ihm klar, dass er nicht mehr ein ganz so bemitleidenswertes Häufchen Elend war, das nie den Mund aufbekam. Schon in den knapp vier Wochen, seit die Zwillinge ihm ihre Liebe gestanden hatten, war er sich verändert und wenn es auch nur ein kleines bisschen war. Sie hatten ihm so viel gegeben. Liebe, Zuwendung, Mitgefühl, sie hatten ihn zum Lachen gebracht und sie hatten ihm geholfen, wenn er Zweifel hatte. Und allein das zu wissen, weckte in ihm den Wunsch, ihnen auch etwas zurückzugeben. Als er einen erneuten wachsenden Druck spürte, der auf seinen Schließmuskel ausgeübt wurde, dem der bekannte anfängliche Schmerz folgte, doch das ließ ihn nicht mehr so ängstlich verkrampfen wie zu Anfang. Er blieb ruhig und konzentrierte sich allein auf seine Atmung. Dabei fiel ihm auf, dass Takashi dieses Mal nicht so langsam vorging wie früher. Und auch der Schmerz war nicht mehr so schlimm wie sonst. Hinata hielt sich an Takashis Schultern fest und keuchte leise. Immer tiefer drang der ältere Zwilling ein, zog sich dann wieder vorsichtig zurück, nur um dann wieder tief vorzustoßen. Ein heißer Schauer der Lust und Erregung jagte über Hinatas Körper und ehe er sich versah, hatte er sich dem Rhythmus von Takashis Bewegungen angepasst. Dieses unbeschreiblich intensive Gefühl ser Verbindung, des Eins seins und der tiefen Leidenschaft zwischen ihnen, das sie wie ein unsichtbares Band miteinander verband, war so wunderbar und erfüllte ihn mit dem Gedanken, dass es gut so war wie es war. Und er konnte sich in diesem Moment auch nicht erklären, wie ihm da nur der Gedanke gekommen war, dass die Beziehung zu Takashi und Katsuya falsch sein könnte. Wenn es so falsch war, warum fühlte es sich so gut an und wieso hatte er dann das Gefühl, wirklich glücklich zu sein? „Mh… ah…“ Hinatas Atem ging immer schwerer, während er spürte, wie sein Herz immer heftiger raste. Eine unbeschreibliche Hitze erfüllte ihn und er spürte, wie sich Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten. Dunkelheit umhüllte sie und nur der Gesang der Zikaden war draußen zu hören, zusammen mit dem leisen und hellen Klingeln des Windspiels. Und doch… obwohl nur sehr schwache Lichtquellen den Raum erleuchteten, konnte Hinata Takashis Augen sehen. Jene, die auch dieselbe Farbe wie Katsuya hatten und doch eine gänzlich andere Ausstrahlung hatte. Sie spiegelten Ruhe, Sanftmut, Ausgeglichenheit und Geborgenheit wieder. Und er erkannte, wie sehr er diese Augen liebte, genauso wie er auch alles andere an Takashi liebte. „Ta… Takashi…“ Hinata schaffte es nicht, weiterzusprechen, als Takashi wieder sein Glied umfasste und zu massieren begann. Stattdessen erstarben seine Worte in einem lustvollen Stöhnen. Wieder beugte sich Takashi vor und küsste ihn. In diesem Moment schlang Hinata seine Arme um ihn und erwiderte den heißen und leidenschaftlichen Zungenkuss. Dabei gelang es ihm nur schwer, sich in irgendeiner Weise zurückzuhalten. Etwas tief in ihm war entfesselt und kannte keine Ängste und keine Scheu. Er ließ sich einfach von diesem sehnlichen Wunsch führen, dieses wunderbare Gefühl der Intimität und Zärtlichkeit auszukosten und jeden Moment zu genießen. „Ich liebe dich, Takashi…“ „Ich liebe dich auch, Hinata.“ Der 20-jährige spürte, wie er immer näher an sein Limit kam. Ein unbeschreibliches Kribbeln durchfuhr seinen Körper, das Blut pulsierte immer stärker in seinen Adern und ihm war, als würde ein Feuer in seinem Inneren lodern. Sein Verstand sank in eine schwarze Tiefe, die ihn wie ein wunderbarer Mantel umhüllte und ihn alles um sich herum vergessen ließ. Sein bewusstes Denken war in eine weite Ferne gerückt und alles, was er noch wahrnahm, war diese heiße Leidenschaft und die Lust, die die anfänglichen Schmerzen vollständig ertränkt hatten. Für einen Moment wurde ihm endgültig schwarz vor Augen, als der Strom über ihn hereinbrach und er seinen Orgasmus nicht mehr zurückhalten konnte. Schwer atmend lag Hinata auf dem Futon und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dabei merkte er erst jetzt, dass ihm der Rücken ein wenig wehtat. So ein Futon war nicht so ganz bequem wie ein richtiges Bett im westlichen Stil. Schließlich spürte er aber, wie eine Hand seinen Kopf streichelte. Es war die von Takashi. „Du hast ja richtig einen draufgelegt, Hinata.“ Etwas verlegen lächelte der Kunststudent und erklärte „Ich habe es halt sehr genossen. Und… ich wollte dir auch etwas zurückgeben. Auch wenn es vielleicht nicht genug war.“ „Ach was, das ist doch Quatsch“, winkte Takashi ab. „Das musst du doch nicht, das haben wir dir doch oft genug gesagt.“ „Ich will es aber“, betonte Hinata mit erstaunlich fester Stimme und mit Nachdruck. „Es ist nicht, weil ich mich verpflichtet sehe, sondern weil es mich auch glücklich macht, euch glücklich machen zu können. Du und Katsuya… ihr seid alles für mich. Ihr habt mich immer getröstet, wenn ich traurig war, mir beigestanden wenn ich unsicher war und wir haben gemeinsam auch viel gelacht. Es ist mir wichtig, dass auch ihr glücklich seid, also lasst mir bitte auch die Chance, euch etwas zurückzugeben.“ Und wie hätte Takashi bei diesen Worten wohl weiterhin nein sagen können? Mit einem gerührten Lächeln gab er sich mit einem „in Ordnung“ geschlagen nahm Hinata in den Arm. „Wie wäre es, wenn ich uns noch was zu trinken holen gehe? Die Nacht ist ja noch nicht vorbei.“ „Ja gerne!“ Damit stand Takashi auf und zog seinen Yukata an, woraufhin er das Zimmer kurz verließ. Hinata blieb noch ein wenig liegen, suchte sich aber eine etwas bequemere Position. Dabei dachte er wieder an das, was er Takashi versprochen hatte. Er würde seinen Vater nicht an seinem Geburtstag besuchen gehen. Und in diesem Moment überkam ihm das schlechte Gewissen, denn er war nicht ehrlich zu ihm gewesen. Auch wenn er es am liebsten gar nicht tun würde, aber er würde trotzdem gehen, ohne das Wissen der Brüder. Das Risiko war einfach zu groß, dass seine Eltern ihn hier finden würden. Und wenn sein Vater hier aufkreuzen würde, dann würde er mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit auch auf Takashi und Katsuya losgehen. Katsuya war zwar ein Sportler, aber ob er auch etwas gegen diesen aggressiven und gewalttätigen Choleriker ausrichten konnte? Hinata kannte seinen Vater sehr gut und wusste, wie heftig dieser bei einem Wutanfall werden konnte, immerhin hatte er es ja oft genug zu spüren bekommen. Und allein der Gedanke, die Zwillinge könnten seinetwegen verletzt werden, war einfach unerträglich. Wie könnte er nur so etwas verantworten? Nach allem, was sie für ihn getan haben, konnte er nicht zulassen, dass sein Vater ihnen noch etwas antat. Nein, er würde nach Fukuoka reisen, aber dann würde er auch die Dinge ein für alle Male klarstellen. Wenigstens ein Mal in seinem Leben würde er seinem Vater die Stirn bieten, ganz egal wie groß seine Angst auch war. Aber er würde es trotzdem tun und wenn er sich dabei wieder Rippenfrakturen oder blaue Flecken zuzog. Er würde seinem Vater trotzdem ins Gesicht sagen, dass er niemals nach seiner Pfeife tanzen würde. Nein, er würde ihm sagen, dass er Kunst studierte, Shonen-Ai Mangas zeichnete und mit zwei Brüdern in einer Dreierbeziehung war. Und er würde ihm auch sagen, dass er sich nicht mehr von ihm verprügeln oder einschüchtern ließ. Nun, dieser Gedanke war natürlich leichter formuliert als in die Tat umgesetzt, das wusste er auch. Wahrscheinlich würde er ängstlich zusammenzucken oder ins Stottern geraten, wenn sein Vater wieder wütend wurde. Aber er musste es trotzdem tun. Ansonsten würde er nie seinen Frieden haben. Und vor allem musste er es alleine tun. Das ging niemanden außer ihm und seinem Vater etwas an und er wollte um jeden Preis vermeiden, dass Takashi und Katsuya noch verletzt oder in diese ganze Sache mit reingezogen wurden. Sie hatten ihm schon so oft geholfen, nun musste er auch sie mal in Schutz nehmen und stark sein. Kapitel 16: Unschöner Zwischenfall ---------------------------------- Am nächsten Morgen war Hinata ziemlich spät wach und musste von Takashi geweckt werden, da er ansonsten das Frühstück verpasst hätte. Dennoch fühlte sich Hinata so, als hätte er noch gut eine Weile schlafen können. Wenigstens half ein starker Kaffee, die schlafenden Lebensgeister in seinem Körper zu wecken. Beim Frühstück war er allerdings immer noch ein wenig müde und es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. „Na du scheinst ja ziemlich tief geschlafen zu haben“, bemerkte Takashi. „Ich meine du hast komplett durchgeschlafen und nicht mal geschrieen. Dann hattest du wohl hoffentlich keine Alpträume mehr.“ Hinata wusste es nicht, denn er konnte sich überhaupt nicht erinnern, was er eigentlich geträumt hatte. Das Einzige, was ihm als Erinnerungsfetzen in Erinnerung geblieben war, das war eine Rolltreppe, die eher wie eine Achterbahn verlaufen war. Also ein absoluter Nonsens-Traum, der keinerlei Logik und Bedeutung hatte. Solche abstrakten Träume hatte er schon als kleiner Junge häufig gehabt und er selber war auch froh, wenigstens ein Mal nicht von seinem Vater träumen zu müssen. „Sag mal Takashi, was wollen wir heute eigentlich machen?“ erkundigte sich Hinata und trank noch einen Schluck Kaffee. Er fühlte sich, als könnte er sich gleich wieder ins Bett legen und einfach weiterschlafen. Aber andererseits war er jetzt auch mal mit Takashi alleine, da hatte er noch später Zeit, sich schlafen zu legen. „Ich wollte gleich einen Spaziergang machen und Fotos machen. Hier in der Gegend gibt es wirklich tolle Plätze zum Fotografieren. Es gibt eine Art Wanderroute und auf der liegt auch ein Restaurant, wo wir später was essen können. Wenn du Lust hast, können wir, wenn wir wieder zurück sind, in die heiße Quelle gehen.“ Der Vorschlag klang gar nicht mal so schlecht und Hinata war einverstanden. Nach dem Frühstück kehrten sie auf ihr Zimmer zurück, um sich fertig für den kleinen Ausflug ins Grüne zu machen. Dabei gab Takashi ihm noch ein Moskitospray mit. „Sicher ist sicher“, erklärte er. „Ich hab gehört, dieses Jahr soll’s übel sein mit den ganzen Mücken. Und einige von denen sollen wohl auch Krankheiten übertragen.“ Während sich Hinata mit dem Spray einsprühte, bereitete Takashi noch seine Kamera vor. Sie sah ziemlich teuer aus, allerdings verstand Hinata auch nicht genug davon, um so etwas richtig beurteilen zu können. „Ach ja, was ich noch vergessen habe…“, murmelte Takashi. „Die haben hier auch Tischtennisplatten. Wenn du Lust hast, können wir heute Abend mal eine Runde spielen.“ „Hm ich weiß nicht…“, kam es zögerlich von Hinata, der nun das Spray wegstellte. „Ich bin nicht sonderlich gut darin.“ „Ich auch nicht. Katsuya gewinnt wirklich jedes Mal, wenn ich gegen ihn spiele. Hauptsache ist doch, dass man Spaß hat. Aber sag mal Hinata, was ist eigentlich mit dir los? Du machst irgendwie einen etwas nachdenklichen Eindruck. Ist alles in Ordnung?“ „Nein, alles okay. Ich war vorhin nur ziemlich müde.“ Nachdem Takashi noch zwei Wasserflaschen eingepackt hatte, machten sie sich auf den Weg und verließen die ehemalige Pension. Draußen herrschte bereits wunderbares Sommerwetter. Es war gefühlte 26°C warm und eine leichte Brise wehte. Takashi ging voran und führte ihn in ein Waldstück hinein, wo es einen alten zerfallenen Schrein gab, von dem inzwischen nicht mehr viel übrig geblieben war. Dennoch bot er ein schönes Motiv für Fotografen. Neugierig trat Hinata näher, um sich den alten Schrein genauer anzusehen. Dabei wollte er natürlich wissen, welchem Kami der Schrein eigentlich gewidmet war und bekam von Takashi erklärt, dass der Schrein früher dazu da war, um böswillige Youkai gnädig zu stimmen, damit sie von den Feldern fernblieben. Bevor die Pension in den 40ern gebaut wurde, gab es in der Nähe mehrere Acker gab, die aber oft von wilden Tieren verwüstet worden waren. Da man aber glaubte, es wäre das Werk von Youkai, hatte man den Schrein gebaut. Nachdem die Pension eröffnet worden war und der Ackerbau beendet wurde, hatte man auch den Schrein verkommen lassen. „Woher weißt du das alles?“ fragte Hinata erstaunt, während er eine kleine Tanuki-Statue besah, welcher der Kopf fehlte und die mit Moos bewuchert war. „Ich interessiere mich halt für solche Geschichten und Großvater kennt diese Gegend hier sehr gut, da erzählt er auch gerne solche Geschichten. Katsuya hatte da nie so wirklich ein großes Interesse dafür, aber ich hab diese Geschichten immer geliebt.“ Takashi fotografierte das alte Tor und die überwucherten Statuen und war völlig in seinem Element. Man sah ihm deutlich an, dass das Fotografieren seine große Leidenschaft war. Nachdem er genug Bilder geschossen hatte, setzten sie ihren Weg durch den Wald weiter. Dabei bemerkte Hinata schnell, dass der Weg uneben war, was wohl ein Zeichen dafür war, dass diese Pfade eher selten genutzt wurden. Teilweise musste er wirklich aufpassen, da Wurzeln aus der Erde hervorragten und leicht zur Stolperfalle werden konnten. „Sag mal Hinata, hast du eigentlich Kontakt zu deinen anderen Verwandten?“ Der Kunststudent schüttelte den Kopf und erklärte, dass seine Tante mütterlicherseits seine einzige Nebenverwandte sei und die lebte in Hokkaido und seine Großeltern hatte er nie kennen gelernt. Zwar lebten diese, aber sein Vater hatte mit aller Gewalt den Kontakt zum Rest der Verwandtschaft untersagt. „Wahrscheinlich, damit keiner erfährt, dass dein Vater dich schlägt, oder?“ „Kann sein“, murmelte Hinata mit einem unsicheren Schulterzucken. „Aber mein Vater scheint eh kein gutes Verhältnis zu meinen Großeltern zu haben. Vermutlich diese typischen Schwiegereltern- und Schwiegersohn-Probleme.“ „Also der Klassiker“, schlussfolgerte der ältere Zwilling und blieb kurz stehen, um auf Hinata zu warten, der durch die vielen Unebenheiten im Boden etwas länger brauchte. „Wie hast du denn eigentlich deine Geburtstage verbringen müssen?“ „Da brauchte ich ausnahmsweise mal nicht lernen. Wenn mein Vater gut drauf war, dann haben wir zusammen was gegessen. Aber das kam eher selten vor, weil er eigentlich fast nur schlecht drauf war. Da habe ich mich lieber in meinem Zimmer eingeschlossen oder bin mir neue Mangas einkaufen gegangen.“ „Wann hast du denn Geburtstag?“ „Am 14. März. Da hatte ich Glück, dass mein Vater an dem Tag krank war und ich mich deswegen rausreden konnte, nicht nach Hause kommen zu müssen.“ „Deinen nächsten Geburtstag werden wir so richtig feiern“, beschloss Takashi sofort. „Dann werden wir gemeinsam viel Spaß haben. Klingt doch super, oder?“ Ja, das wäre wirklich schön, wenn er seinen nächsten Geburtstag zusammen mit den Zwillingen verbringen könnte. Hauptsache er musste nicht nach Hause. In dem Moment musste er sich an seinen gestrigen Entschluss erinnern. Daran, dass er Takashi angelogen hatte und ihm verheimlichte, dass er vorhatte, seinem Vater die Meinung zu sagen und ihm die Fakten klar auf den Tisch zu legen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er das gesagt hätte, aber er wusste auch, was dann passieren würde. Takashi würde versuchen, ihn davon abzuhalten und ihm das auszureden. Oder am Ende würde es darauf hinauslaufen, dass er und Katsuya mit ihm nach Fukuoka fahren würden. Und wenn er seinem Vater erzählte, dass er mit den beiden in einer festen Beziehung war, würde dieser komplett ausrasten. Zwar war Katsuya sportlich, aber dieser hatte auch nie seinen Vater während einem totalen Wutanfall erlebt. In diesem Moment kam ihm sogar ein Bild, dass sein Vater vielleicht sogar das Küchenmesser nehmen und die beiden angreifen würde. Vielleicht war das ja übertrieben, aber diese Angst war trotzdem da. Und wenn Takashi und Katsuya seinetwegen verletzt wurden, dann würden Herr und Frau Itamu auch nicht mehr so liberal sein, sondern die Meinung vertreten, dass eine Beziehung zu ihm zu gefährlich war, vor allem mit so einem Vater. Hinata hasste es zu lügen, aber andererseits war dies die einzige Möglichkeit, die Zwillinge vor seinem Vater zu schützen. Hoffentlich gelang es ihm auch, sein Vorhaben geheim zu halten. Er hatte sogar schon überlegt gehabt, wie er aus Tokyo verschwinden konnte, ohne dass die beiden Verdacht schöpften. Er würde einfach seinen alten Lehrer Herrn Sugiyama als Vorwand nehmen. Ja, das war die beste Möglichkeit, um zu verhindern, dass die Zwillinge Verdacht schöpften. Hinata war so tief in Gedanken versunken, dass er gar nicht bemerkte, wie er mit dem Fuß an einer Wurzel hängen blieb und so konnte er auch nicht rechtzeitig genug reagieren, um den Sturz zu verhindern. Er fiel vornüber, doch Takashi fing ihn auch schon auf und hielt ihn fest. „Pass auf, Hinata. Hier sind überall Stolperfallen. Aber keine Sorge, wir kommen gleich zu einer kleinen Brücke und danach ist der Weg nicht ganz so uneben.“ Ich sollte besser aufhören, die ganze Zeit darüber nachzudenken, dachte sich Hinata und setzte den Weg fort. Zum Glück erreichten sie nach einer Weile tatsächlich eine Brücke, die über einen Bach führte. Sie blieben dort kurz stehen, damit Takashi ein paar Fotos machen konnte. Dabei erzählte er, dass er und Katsuya an diesem Bach gerne kleine Dämme gebaut hätten. Oft genug hatte ihre Großmutter erzählt, dass in diesem Bach kleine Kappas lebten. Daraufhin hatten sie versucht, einen zu fangen, was natürlich nicht geklappt hatte. Nachdem sie den Bach überquert hatten, ging es auf einem wesentlich ebeneren Weg weiter und es dauerte nicht lange, bis sie den Wald verlassen hatten. Wie Takashi schon angekündigt hatte, gab es ein kleines Restaurant, wo sie etwas essen konnten. Während Takashi kurz auf die Toilette gehen wollte, suchte sich Hinata einen schattigen Platz aus, wo er warten wollte. Das Restaurant war eine eher schlichte Gaststätte, die an einer Landstraße lag und wahrscheinlich eher von Wanderern oder Durchreisenden besucht wurde. Aber es reichte auf jeden Fall für ein einfaches Mittagessen. Dafür hatte das kleine Restaurant eine schöne Lage. Es lag direkt an einem Wald und im Sommer lohnte es sich wirklich, draußen zu sitzen. „Hey du da! Was sitzt du da auf unserem Platz?“ Hinata sah plötzlich drei ziemlich große Kerle um die 30 Jahre vor sich stehen. Sie trugen Lederwesten und wirkten wie Mitglieder einer Motorradgang. Und so wie die aussahen, waren sie auf Streit aus. Doch allein schon bei ihrem Anblick rutschte ihm das Herz in die Hose und die Stimme versagte ihm fast gänzlich. „E… Entschuldigen Sie… a…a…aber da stand nirgendwo dran, dass der Platz…“ Sofort wurde er von einem der Männer grob am Kragen gepackt und hochgezerrt. „Willst wohl auch noch frech werden, was? Anscheinend hat dir keiner Manieren beigebracht, du Waschlappen!“ Grob wurde Hinata weggestoßen und fiel zu Boden. Ein paar der anderen Gäste schauten auf, aber keiner machte Anstalten, sich da einzumischen. Nun kamen die Männer näher und einer von ihnen wollte schon zuschlagen, um dem Kunststudenten eine Abreibung zu verpassen, da knallte plötzlich eine Wasserflasche gegen seinen Kopf und fiel daraufhin zu Boden. Erschrocken suchte Hinatas Blick nach dem Werfer: es war Takashi, der wieder zurückgekommen war. Und dieser wirkte mehr als nur sauer. „Oh Entschuldigung“, rief dieser sarkastisch. „Ich hab dich offenbar mit Abfall verwechselt. Mein Fehler!“ „Takashi!“ rief Hinata entsetzt, denn er wusste, was nun folgen würde: die Männer würden auf ihn losgehen und ihn krankenhausreif schlagen. Was zum Teufel dachte sich dieser auch noch dabei, diese Kerle so dermaßen zu provozieren? War er denn verrückt geworden? Sofort wandte sich der Mann, den die Wasserflasche getroffen hatte, zu Takashi um und er sah aus, als würde er jeden Moment explodieren. „Wie war das?“ brüllte er und kam mit seinen beiden Begleitern auf ihn zu, doch Takashi sah nicht so aus, als würde er sich großartig davon beeindrucken lassen. „Willst du Stress haben oder was?“ Obwohl der Mann keifte wie ein Pitbull, dem man auf dem Schwanz getreten hatte, blieb Takashi felsenfest stehen und zeigte nicht die geringste Spur von Angst. „Muss wohl toll sein, zu dritt auf einen Jüngeren loszugehen, der sich nicht wehren kann, wie? Mein Freund hat sich einen Platz ausgesucht und es steht nicht euer Name drauf. Also macht, dass ihr wegkommt, oder sonst bin ich hier noch derjenige, der unfair spielen wird.“ Doch mit den Kerlen war nicht zu reden und als der erste auf Takashi losgehen wollte, machte er etwas, was Hinata ihm nie im Leben zugetraut hätte und was ihn erst mal sprachlos machte: Takashi packte den Arm des Mannes und schaffte es doch tatsächlich, ihn mit einem Überwurf zu Boden zu schicken. Als der zweite zuschlagen wollte, duckte er sich einfach und schlug ihm mit der Faust unter die Gürtellinie, dem dritten trat er zwischen die Beine und setzte ihn damit ebenfalls außer Gefecht. Sofort eilte Takashi zu Hinata und half ihm hoch. „Hinata, alles in Ordnung mit dir?“ „Ja, alles bestens“, stammelte der 20-jährige und sah auf die drei Gangmitglieder. „Aber wie… wie hast du…“ „In der Mittelschule waren Katsuya und ich mal im Karateverein. Meine Kenntnisse sind zwar ziemlich eingerostet, aber dafür reicht es noch alle Male. Gibst du mir mal eben meine Tasche? Ich ruf eben die Polizei an, damit diese sich um das Krawalltrio kümmert. Ich habe echt keine Lust auf eine Prügelei.“ Und wenig später war die Polizei eingetroffen, um sich um die Gangmitglieder zu kümmern und so kehrte wieder etwas Ruhe ein. Trotzdem war Hinata froh, als sie nach dem Essen wieder zurück zur ehemaligen Pension gingen und zurück waren. Immer noch steckte ihm der Schreck von vorhin tief in den Knochen, doch da war noch etwas anderes gewesen, was ihn nicht losließ: Takashi hatte keine Angst gehabt, als er sich diesen Typen entgegengestellt hatte, die so bedrohlich gewirkt hatten. Wie hatte er das nur geschafft? Genau diese Frage stellte er ihn, als sie zum Abend hin wieder in die heiße Quelle gingen, um ein wenig zu entspannen. „Takashi, diese Leute sahen gefährlich aus. Hattest du denn keine Angst gehabt?“ „Natürlich hatte ich welche“, gab der ältere Zwilling ohne weiteres zu, was den 20-jährigen nun endgültig verwunderte. Zugleich aber erklärte er noch „aber man darf sich seine Angst niemals anmerken lassen. Wenn du Angst zeigst, vermittelst du deinem Gegner Schwäche und dass du dich leicht einschüchtern lässt. Aber je selbstbewusster du rüberkommst, desto schwieriger wird es für ihn. Und vor allem muss man seine Angst im Griff haben. Wenn ich in Angst geraten würde, dann hätte ich wahrscheinlich nichts ausrichten können, aber wenn man seine Gefühle unter Kontrolle hat, kann man einer Bedrohung ganz anders gegenübertreten. Aber dazu braucht man vor allem Selbstbeherrschung und Charakterfestigkeit.“ „Für einen Moment hatte ich echt Angst um dich“, gab Hinata zu und ging noch etwas tiefer in das heiße Wasser. „Ich dachte wirklich, die bringen dich noch um.“ „Hey, ich habe dir doch gesagt gehabt, dass ich dich beschützen werde.“ Takashi kam nun zu ihm, legte einen Arm um ihn und drückte ihn dann fest an sich. „Ich habe versprochen, dass ich nicht zulassen werde, dass du wieder geschlagen wirst.“ Und damit küsste der ältere Zwilling ihn und Hinata erwiderte den Kuss. Als er in Takashis Armen lag und seine zärtliche und liebevolle Umarmung spürte, da dachte er wieder an sein heimliches Vorhaben. Eine Stimme begann sich in seinem Inneren zu regen. Eine Stimme, die ihm riet, Takashi alles zu sagen und ihn zu bitten, ihn nach Fukuoka zu begleiten. Es wäre die vernünftigste Entscheidung, immerhin war er ja auch mit diesen drei Typen fertig geworden. Doch da herrschte immer noch Widerstand in ihm und letzten Endes fällte er für sich die Entscheidung, nichts zu sagen. Das mit seinem Vater war allein sein Problem und die Zwillinge hatten schon genug für ihn getan, da war es auch mal an der Zeit, etwas selbst zu tun, anstatt sich ständig nur auf andere zu verlassen und sie alles erledigen zu lassen. Das war sein Kampf, den er alleine bestreiten musste. „Glaubst du, ich schaffe es auch mal, so stark zu sein?“ „Ganz bestimmt. Wenn du an dir arbeitest und dir deine Stärken vor Augen hältst, dann wirst du auch an Mut und Selbstvertrauen dazugewinnen. Du bist ja jetzt schon um einiges mutiger als vorher.“ Ja, aber noch lange nicht mutig genug, dachte sich Hinata, der sich wieder vor Augen halten musste, dass er immer noch ein weinerlicher Angsthase war, der sich immer nur von anderen in Schutz nehmen lassen musste. Er war es auch leid, immer in dieser Rolle festzustecken und immer der arme, ängstliche Hinata zu sein, der sofort in Tränen ausbrach, wenn es ihm zu viel wurde. Er wollte ja mutiger werden und zeigen, dass auch etwas anderes in ihm steckte, als nur eine jämmerliche Heulsuse. „Ich wünschte, ich wäre vorhin mutiger gewesen, so wie du.“ „Besser nicht“, riet Takashi ihm und schüttelte den Kopf. „Diese Kerle waren zu dritt und die hätten dich noch ziemlich verprügelt, wenn du versucht hättest, dich ihnen entgegenzustellen. Weißt du, mutig zu sein hat nicht immer was mit klug sein zu tun. Wenn du von vornherein im Nachteil bist, weil du drei Muskelprotze vor dir hast, die auf Krawall gebürstet sind, da ist es schlauer, lieber klein bei zu geben und zu gehen, ansonsten bist du derjenige, der alles abkriegt. Eine dicke Lippe riskieren sollte man da nur, wenn man einen Vorteil gegen diese Leute hat. Zugegeben… normalerweise hätte ich mich mit solchen Leuten gar nicht angelegt, sondern wäre halt gegangen, um Streit zu vermeiden, aber in der Situation blieb mir halt nichts anderes übrig. Und auch das hätte schief gehen können, nämlich das ich hinterher derjenige bin, der im Krankenhaus landet. Es ist nicht falsch, manchmal ein Feigling zu sein und es ist nicht immer gut, mutig zu sein.“ „Trotzdem wünschte ich mir, ich wäre nicht immer so eine ängstliche Heulsuse.“ Hieraufhin legte Hinata seinen Kopf mit einem etwas nachdenklichen Blick auf Takashis Schulter und eine Weile lang hielt seine Stimmung auch an. Als sie aber schließlich die heiße Quelle verließen und ins Haus gingen, um ein wenig Tischtennis zu spielen, da lachten sie zusammen und hatten gemeinsam ihren Spaß, auch wenn keiner von ihnen wirklich gut Tischtennis spielen konnte. Kapitel 17: Gespräche --------------------- Es war ein wirklich schöner Kurzurlaub gewesen und nachdem Hinata seine ersten Entwürfe auch noch fertig stellen konnte, freute er sich schon auf das Treffen mit Frau Kano, um ihr seine Entwürfe zu zeigen. Zugegeben, ein bisschen nervös war er schon, immerhin würde sie entscheiden, ob seine Idee verwertbar war, oder ob sie auf den Müll gehörte. Zum Glück aber hatte er am Montag gleich beide Zwillinge im Schlepptau, die ihm seelischen Beistand leisten würden. Mit pochendem Herzen betrat er das Büro, mit seinen Notizen und Skizzen in der Hand, die er in einer kleinen Mappe einsortiert hatte, damit auch alles beisammen blieb. Frau Kano begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln und bat ihm und den Zwillingen Platz zu nehmen. „Also Hinata, hast du dich ein bisschen schlau gemacht und schon ein paar erste Ideen für dein neues Projekt?“ Mit einem etwas zögerlichen ja antwortete der Kunststudent und machte einen ziemlich nervösen Eindruck. Dann aber legte er die Mappe auf dem Tisch und holte seine Zeichnungen und seine Notizen heraus. Er schwieg und Frau Kano sah, dass er furchtbar nervös war und so fragte sie mit ihrem freundlichen Lächeln „Willst du mir etwas darüber erzählen?“ Aufmunternd legten die Zwillinge jeweils eine Hand auf seine Schulter, um ihm Mut zu machen. Tief atmete er durch und besah noch mal kurz seine Notizen und räusperte sich schließlich. „Also ich hab mir das so gedacht. Es ist ein Shonen-Ai, der in einer Art postapokalyptischen Welt nach dem dritten Weltkrieg spielt. Und zwar ist die Menschheit durch den Krieg und eine Seuche auf ein Zehntel reduziert worden und die Überlebenden haben sich in arm und reich gespalten. Während die Reichen in schicken Häusern wohnen, hausen die so genannten Tramps in den Kanalisationen und alten U-Bahntunneln. Ihr Überleben sichern sie sich, indem sie von den Reichen stehlen.“ Nun sah sich Frau Kano die Zeichnungen an, auf denen die Skizzen seiner Hauptfiguren zu sehen waren. „Verstehe“, sagte sie schließlich. „Und deine zwei Protagonisten stammen jeweils aus einer dieser beiden Welten. Hast du auch über mögliche Konflikte nachgedacht?“ „Sie hassen sich“, erklärte Hinata und wies auf seine erste Skizze. „Die Tramps verachten die Reichen abgrundtief und die Reichen, die von ihnen bestohlen werden, tun das genauso und halten diese für dumm und schmutzig. Es wird wohl keine Liebe auf dem ersten Blick zwischen den beiden geben.“ Hinata begann immer mehr von seiner Idee zu erzählen, nachdem er seine erste, anfängliche Scheu überwunden hatte und Frau Kano hörte ihm aufmerksam zu. Sie schwieg die meiste Zeit, wenn sie keine Fragen stellte und besah sich seine Zeichnungen oder überflog die Notizen. Dann schließlich schwieg sie eine Weile und schien zu überlegen und alles genau abzuwägen. „Also so wie ich das sehe, ist deine Geschichte viel zu komplex für einen One-Shot. Sieht aus, als könnte da eine weitere Serie daraus werden. Aber die Idee hat was. Da steckt durchaus Potential drin. Und welches Ziel hat deine Story? Worauf soll es am Ende hinauslaufen?“ „Dass sie einen weiteren Krieg verhindern. Die Tramps werden versuchen, einen Krieg gegen die Reichen anzuzetteln, da sie Zugriff zu einem alten Lager haben, in denen sich alte Atomraketen und Bomben befinden.“ „Ah verstehe. Deine beiden Protagonisten schließen sich zusammen, um einen Krieg zu verhindern, der beide Welten zerstören soll.“ „Zu unoriginell?“ fragte Hinata, der ein wenig verunsichert war, nachdem Frau Kano so schnell auf seine Idee gekommen war. Doch die Redakteurin schüttelte den Kopf und erklärte „Das ist es nicht. Weißt du, ich lese Mangas schon seit meiner Jugend und habe so ziemlich alles gelesen. Und ich war auch schon an vielen Projekten beteiligt und kann deshalb sagen: es gab jede Idee schon mindestens ein Mal. Zwei Menschen, die aus verschiedenen Welten kommen und trotzdem zueinander finden, ist eine ziemlich beliebte Story, die schon oft genug verwendet wurde. Romeo und Julian, Tristan und Isolde, Hina und Kizuato oder Shion und Nezumi. Oder auch diese ganzen westlichen Märchen, wo sich ein großer Prinz in ein armes Mädchen verliebt. Wie gesagt: solche Grundideen gab es schon immer, aber was glaubst du, was diese Geschichten trotzdem so außergewöhnlich macht, dass sie einem auch im Gedächtnis bleiben?“ Hinata musste überlegen, war sich aber nicht ganz sicher, was die richtige Antwort war und so äußerte er die Vermutung „Die Umsetzung?“ „Das auch“, antwortete Frau Kano. „Um eine Story mit einem gut bewährten Konzept erfolgreich umsetzen zu können, braucht es ein besonderes Setting. Wer sich durchsetzen will, der muss auch bereit sein, etwas ganz Neues zu versuchen. Wichtig ist vor allem, dass du deinen Figuren Leben einhauchst. Deshalb setze ich auch meinen Autoren die Regel: wenn du deiner Figur fünf gute Eigenschaften gibst, musst du ihm mindestens einen Makel geben. Ein Charakter gelingt erst wirklich, wenn du dich mit ihm identifizieren kannst. Wenn du mit ihm mitfühlst, mit ihm mitfieberst und glücklich bist, wenn er es ist, dann hast du eine gute Figur erschaffen. Und wenn du das altbekannte Romeo und Julia Setting nimmst, dann brauchst du vor allem sehr charakterstarke Figuren, die deinen Lesern im Gedächtnis bleiben. Vor allem ist es wichtig, die Story so gut zu verpacken, dass es trotz bekanntem Konzept trotzdem einzigartig ist. Das kann schon beim Aussehen, oder aber beim Namen anfangen. Solange dein Charakter keinen Namen hat, ist er nicht greifbar und du kannst dich nur sehr schwer mit ihm identifizieren. Hast du vielleicht eine konkrete Vorstellung für einen Namen?“ Zugegeben, mit dem Namen hatte sich Hinata schwer getan. Fest stand jedenfalls, dass er ihm einen westlichen Namen geben wollte, aber trotzdem war es nicht gerade leicht. Es musste ein guter sein, den man sich auch einprägen konnte. Was also könnte er nehmen? Angestrengt dachte er nach und ging dutzend verschiedene Namen durch. Aber dann hatte er schließlich eine Idee und er sprach diesen Namen fast schon instinktiv aus. „Darwin!“ „Wie?“ fragte Frau Kano überrascht. „Jace Darwin“, erklärte Hinata. „Der Name des Protagonisten. Wie wäre es mit Jace Darwin? So wie Charles Darwin.“ „Ah ja!“ rief Katsuya, dem so langsam ein Licht aufging. „Das ist doch der mit der Evolutionstheorie.“ Frau Kano nickte wieder dachte darüber nach, wobei sie schließlich fragte „Willst du all deinen Figuren solche Namen geben, die von bedeutenden Persönlichkeiten stammen?“ „Nein, nur den Tramps“, erklärte Hinata und begann sofort seine Idee auf seine Notizzettel zu schreiben. „Wie wäre es, wenn alle Tramps die Nachnamen berühmter westlicher Persönlichkeiten tragen und wissen, wer diese Person auch war, auch wenn sie weder lesen noch schreiben können? Sie verfügen über ein enormes Wissen über die Geschichte vor dem dritten Weltkrieg, was die Reichen nicht haben und diese Nachnamen werden sozusagen nach ihrem Tod weitervererbt.“ „Die Idee gefällt mir“, sagte die Redakteurin direkt. „Allerdings bedeutet das auch jede Menge Recherchearbeit. Du musst dich gut mit der westlichen Geschichte auseinandersetzen und dich über diese Persönlichkeiten informieren. Es wäre auch vorteilhaft, wenn diese Personen auch ihrem Original nachempfunden sind. Wenn du zum Beispiel einen Revolutionisten nimmst, dann wäre es treffend, wenn er dementsprechend einen rebellischen Charakter hat. Das bedeutet dann auch, dass du dich dementsprechend über Charles Darwin informieren musst und anhand dieser Informationen auch deinen Protagonisten gestaltest. Deine nächste Aufgabe wird dann also sein, eine Charakterbiografie zu den wichtigsten Personen zu gestalten. Schreib auf was sie mögen, was sie hassen, welche guten und schlechten Charakterzüge sie haben und wie ihre Vergangenheit aussehen könnte. Und wenn du das fertig hast, solltest du dir als nächstes eine grobe Storyline überlegen. Lass dir dabei genug Freiraum für Änderungen und Improvisationen. Erst wenn du damit fertig bist, rufst du mich an und eventuell gebe ich dir noch ein paar Ratschläge, was man verbessern oder ändern könnte. Aber bis jetzt hört sich deine Idee gut an. Stellt sich nur die Frage, wie der Yaoi-Content gestaltet wird.“ Da Hinata sie etwas ratlos ansah, erklärte sie „Was ich meine ist, wie detailliert du zeichnen willst und wie es mit der Altersfreigabe aussehen soll. Willst du alles nur seicht andeuten, oder willst du gleich alles zeigen? Vor allem ist da auch die Frage, ob es auch Rape- oder Bondage-Content gibt.“ „Nun, das wird es wohl auch geben…“ „Dann wird für den Manga eine Altersfreigabe von P-18 festgesetzt. Okay, bevor ich es noch vergesse: du brauchst einen guten Titel für deinen Manga. Schreib dir am besten gleich mehrere Ideen auf und wir suchen uns bei der nächsten gemeinsamen Besprechungen einen aus. Aber bis jetzt klingt deine Idee sehr gut, da steckt auf jeden Fall viel Potential drin. Mach weiter so!“ Nach der Besprechung verließ Hinata das Büro und hatte das Gefühl, als würden gleich seine Beine nachgeben. Wie einen Schatz hielt er die Mappe umklammert und als er zusammen mit Katsuya und Takashi auf dem Flur stand, hatte er das Gefühl, gleich in Ohnmacht zu fallen. „Ist doch super gelaufen“, meinte Katsuya und grinste zufrieden. „Du hast sogar ein Lob für deine Idee gekriegt. Hey, das müssen wir feiern. Was meinst du, Takashi?“ „Auf jeden Fall. Hey Hinata, aus dir wird noch ein richtiger Mangaka.“ Ja, das konnte der Kunststudent genauso wenig glauben. Immer noch wie unter Schock stehend stand er da und starrte ins Leere, während er versuchte, sich selber klar zu machen, dass Frau Kano seine Idee tatsächlich gut fand und sie ihm sogar Ratschläge gab, wie er es noch besser machen konnte. Und sie hatte tatsächlich vor, eine Serie daraus zu machen. Nachdem er das erst mal verdaut hatte, umarmte er die Zwillinge überglücklich. „Danke, ihr beiden. Vielen Dank!“ „Hey, uns brauchst du doch nicht zu danken“, winkte Takashi mit einem Lächeln ab. „Das hast allein du geschafft. Es war deine Idee und deine Arbeit.“ In den nächsten Tagen tat sich viel bei Hinata. Nachdem er es geschafft hatte, kurzfristig einen Nachmieter für seine kleine Studentenwohnung zu finden (größtenteils hatte er das Takashis Hilfe zu verdanken), ging es ans Packen und er zog nun offiziell bei den Zwillingen ein. Da er nicht viele Sachen hatte und die Zwillinge tatkräftig mithalfen, dauerte es knapp zwei Tage, bis seine Wohnung leergeräumt, sein neues Zimmer gestrichen und eingerichtet war. Es war viel Arbeit und insbesondere Katsuya leistete enorme Arbeit beim Tragen der Möbel und beim Anstrich der Tapeten. Hinata revanchierte sich dementsprechend bei ihnen, indem er es sich zur Aufgabe machte, während der Arbeiten das Kochen zu übernehmen und auch die anderen Mahlzeiten zu übernehmen. Und da er inzwischen die beiden Brüder gut genug kannte, machte er ihnen auch jeden Morgen extra Tamagoyaki, um ihnen eine Freude zu machen. Die zwei Tage, in denen sie von morgens bis zum späten Nachmittag mit dem Umzug und dem Einrichten des Zimmers beschäftigt waren, schlief Hinata bei Katsuya, da ja festgelegt worden war, dass der Dienstag und Mittwoch für ihn reserviert waren. Trotzdem verbrachten sie die meiste Zeit zu dritt, saßen dann abends erschöpft aber dennoch zufrieden im Wohnzimmer und schauten sich gemeinsam Animes an. Das gestaltete sich allerdings nicht ganz so leicht, wie man es sich vielleicht vorstellte, denn sie drei hatten ganz unterschiedliche Vorzüge. So bestand Katsuya auf den Ecchi „Bokusatsu Tenshi Dokuro-chan“, Takashi war eher für „Attack on Titan“ und Hinata hätte am liebsten „No. 6“ gesehen. Am Ende kam es dann irgendwie auf „One-Punch-Man“ raus. Wie sie darauf gekommen waren, daran konnte sich später keiner mehr so wirklich erinnern, aber mit der Wahl waren sie letzten Endes auch zufrieden. Am dritten Tag, wo Hinatas Zimmer nun fertig eingerichtet war und bezogen werden konnte, musste das natürlich gefeiert werden und so wurde eine kleine Feier veranstaltet. So gingen sie an dem Abend in eine Karaoke-Bar, um dort Spaß zu haben. Das alles wirkte immer noch wie ein wunderbarer Traum auf Hinata und er fühlte sich einfach nur noch glücklich. Er war nicht mehr alleine so wie früher immer. Und auch die Zwillinge bemerkten schnell die positiven Veränderungen, die Hinatas Umzug mit sich brachte. Sie sahen ihn immer öfter lachen, er begann sogar selber von sich aus zu erzählen oder mal einen kleinen Scherz zu machen. Wenn sie sich wegen etwas zankten, war es dann Hinata, der sich ganz diskret einmischte, indem er einen Kompromiss zwischen ihnen festlegte und damit den Streit beendete. Und auch seine Ausstrahlung begann sich zu ändern. Er ging nicht mehr so geduckt wie ein geprügelter Hund und er hatte nicht mehr diese ängstliche Unsicherheit wie die eines zu Tode geängstigten Kaninchens in den Augen. Sein Gang war aufrechter geworden, seine Haltung ein klein wenig offener und er stammelte auch nicht mehr, oder vermied jeglichen Blickkontakt. Nun, das geschah meist nur in der Gegenwart der Zwillinge, denn was andere Menschen betraf, da konnte er sehr schnell wieder in dieses alte Verhaltensmuster zurückfallen und wieder zu einem verängstigten Kaninchen werden. Aber es geschah nicht mehr allzu schnell. Als Hinata schließlich wieder einen Termin bei Frau Kano hatte und zu ihr in den Verlag ging, war er dieses Mal alleine unterwegs. Die Zwillinge waren derweil zuhause geblieben und während Takashi schon mal das Essen vorbereitete, saß Katsuya am Küchentisch, um sich ein wenig mit seinem älteren Bruder zu unterhalten. „Hinata hat sich ganz schön gemacht in den letzten Tagen, oder?“ „Ist doch gut so“, meinte Takashi, der gerade dabei war, das Gemüse zu schneiden. „Etwas Selbstbewusstsein tut ihm ja auch gut und man sieht ja, dass er viel glücklicher ist als vorher.“ „Ja schon“, seufzte der Sportstudent, nahm seine Brille ab und begann die Gläser zu putzen. „Aber ich werde so das Gefühl nicht los, als hätte er was. Kann sein, dass ich mich irre, aber er wirkt irgendwie komisch und das auch nur, wenn er alleine ist. Ist irgendwas passiert, als du mit ihm weggefahren bist?“ Takashi dachte kurz nach und fragte sich, ob Hinata wegen dem Vorfall beim Restaurant noch irgendwie seltsam drauf sein könnte, aber den Gedanken verwarf er gleich wieder. Nein, das machte gar keinen Sinn. Es musste etwas anderes sein. Dann schließlich fiel es ihm aber ein. „Jetzt wo du es sagst: er erwähnte, dass sein Vater bald Geburtstag hat und er ihn jedes Jahr besuchen geht.“ „Wieso das denn? Ich dachte, der wollte seine Alten nie wieder sehen.“ „Er hat Angst, dass sie nach ihm suchen könnten und erfahren, dass er sie zwei Jahre lang belogen hat und nach Tokyo abgehauen ist, um dort Kunst zu studieren statt Jura. Ich hab ihn davon überzeugen können, lieber nicht zu gehen, weil es eh nicht gut enden würde. Er hatte deswegen sogar schon Alpträume bekommen, weil er so eine Angst davor hatte, seinen Vater wiederzusehen.“ Katsuyas Blick wurde nun ernster und er setzte die Brille nun wieder auf. Nun verstand er, was es mit Hinatas Alpträumen auf sich hatte. Es war die Angst davor, nach Fukuoka zurückzukehren und seinen Vater wiederzusehen. „Bist du sicher, dass du ihn auch wirklich überreden konntest?“ „Ich denke schon“, antwortete Takashi selbstsicher. „Er hat es mir auch versprochen gehabt, dass er nicht hingeht. Ich denke, er ist einfach nur etwas nervös, weil er Angst hat, seine Eltern könnten ihn hier finden.“ „Meinst du, wir sollten Vater um Hilfe bitten?“ „Wozu denn? Solange nichts passiert ist, kann er als Anwalt nichts machen und er kann den Amanos ja schlecht verbieten, nach ihrem Kind zu suchen. Man könnte höchstens was machen, wenn sie herkommen und Hinata finden. Dann hätte Hinata immer noch die Möglichkeit, seinen Vater wegen der Misshandlungen anzuzeigen und eine einstweilige Verfügung zu erwirken.“ Takashi sah, dass Katsuya nicht sonderlich begeistert von dieser Antwort war und er konnte ihn da ganz gut verstehen. Ihm erging es ja nicht anders, denn es ärgerte auch ihn, dass man erst etwas tun konnte, nachdem etwas passiert war. Das war halt das Gesetz und daran konnte man schlecht etwas ändern. Es blieb also nur, aufzupassen und wachsam zu sein und Hinata so gut es ging beizustehen. „Ich kann es immer noch nicht verstehen“, murmelte Katsuya und stützte seinen Kopf auf seine Handfläche, woraufhin Takashi natürlich wissen wollte, was er denn nicht verstünde. „Na das mit seinen Alten“, erklärte sein jüngerer Bruder. „Wie können solche Menschen denn Eltern sein? So etwas sollte echt verboten gehören.“ „Tja, es gibt leider viele solcher Problemfamilien, Hinata ist da kein Einzelfall. Aber wie will man so ein Verbot auch durchsetzen?“ „Weiß ich doch, aber wieso setzen die überhaupt erst Kinder in die Welt, wenn sie diese eh nur schlagen und misshandeln? Vielleicht bin ich auch zu blöd, um das zu verstehen, aber ich sehe da einfach keine Logik da drin. Sollte man sein Kind nicht eigentlich lieben und es beschützen?“ Takashi begann nun, Öl in der Pfanne zu erhitzen, um das Gemüse gleich anbraten zu können. Er konnte Katsuyas Gedanken gut verstehen, er hatte sich so etwas auch schon oft gefragt und war nie zu einer befriedigenden Antwort gekommen. Aber manchmal gab es eben Dinge, auf die man keine Antwort bekam. Oder zumindest keine, mit der man wenigstens zufrieden wäre. Vielleicht stimmte es, wenn er sagte, dass es manche Menschen gab, die einfach nicht Eltern werden sollten. Und das mochte auch mit Hinatas Familie der Fall sein. Aber sie hatten das nie gekannt. Sie waren im Vergleich zu Hinata behütet in einer liberalen Familie aufgewachsen und verstanden es wahrscheinlich deshalb nicht. Deswegen erklärte Takashi ihm auch „Ich denke, man kann das wahrscheinlich nur verstehen, wenn man selbst diese Erfahrung gemacht hat, wenn überhaupt. Aber ich denke, dass man selbst dann nicht verstehen könnte, wieso Hinata seinem Vater keinerlei Vorwürfe macht.“ „Wie meinst du das?“ „Na denk doch mal zurück. Hinata hat nie abwertend über seinen Vater gesprochen, ihn nie zum Teufel gewünscht oder ihm vorgehalten, dass er ein mieser Arsch ist, der Kinder schlägt. Er hat seinen Vater weder in Schutz genommen, noch ihm die Schuld gegeben. Ich denke, Hinata hasst seine Eltern nicht mal dafür, dass sie ihm diese Dinge angetan haben. Hinata ist auch sonst nicht der Typ dafür, der jemanden hassen könnte. Er hat Angst vor seinem Vater, aber er sieht ihn trotz all dem immer noch als seinen Vater an. Ich denke, dass Hinata nicht wirklich in der Lage ist, jemanden aufrichtig zu hassen, selbst wenn er allen Grund dazu hätte.“ Katsuya schüttelte verständnislos den Kopf. Wenn er in Hinatas Lage gewesen wäre, er hätte seinem alten Herrn sogar noch aufs Grab gespuckt und ihn verflucht. Jemand, der seinem Sohn brennende Zigaretten im Intimbereich ausdrückte, um ihn abzuhärten, verdiente nichts anderes als Hass. Er hätte ihn sogar noch vor Gericht gezerrt, um ihm das Leben schwer zu machen. „Ich kapier’s nicht, wie man so sein kann“, sagte er schließlich und goss sich Wasser in sein Glas ein. „Tja, das ist halt bei manchen Menschen. Egal wie sehr sie gedemütigt, geschlagen und gequält werden, sie können trotzdem noch positiv über denjenigen reden. Das Problem ist halt, dass Hinata in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Eltern stand. Indem sie ihn weitestgehend isolierten, hatte er sonst niemanden. Ich wette mit dir sogar, dass er seinen Vater in Schutz genommen hat, wenn er ins Krankenhaus kam. Nicht weil er Angst vor Strafen hatte, sondern weil er sich selbst die Schuld gab. Das gibt es auch oft bei Partnerschaften, wenn der eine den anderen schlägt. Ist fast ein ähnliches Phänomen wie beim Stockholm-Syndrom.“ „Ach du mit deiner Psychologie machst mich noch ganz kirre“, grummelte Katsuya und stand auf. „Mir doch egal, wie man das nennt. Ich kapier’s trotzdem nicht und ich will es auch nicht. Und wenn Hinatas alter Herr ein ehemaliger Sumo-Ringer ist. Sollte der mir je unter die Augen treten, dann wird der noch sein blaues Wunder erleben, das sag ich dir!“ Kapitel 18: Ein kleines Spiel ----------------------------- Gegen 15 Uhr kam Hinata wieder zurück und strahlte übers ganze Gesicht. Schon als die Zwillinge ihn an der Haustür empfingen, umarmte er sie und erzählte aufgeregt, dass alles gut gelaufen sei und er nun mit seiner zweiten Mangaserie beginnen konnte. Noch nie hatten die Itamu-Brüder ihn so aufgeregt erlebt und freuten sich natürlich wahnsinnig für ihn. Zur Feier des Tages gingen sie in ein recht teures Restaurant, wo sie zusammen Shabu Shabu essen wollten, Hinatas Lieblingsessen. Denn so eine tolle Nachricht musste ja natürlich gefeiert werden. So saßen sie später im Izakaya, wo Takashi einen Tisch reserviert hatte. Nachdem die ersten Getränke serviert waren, wollten die Zwillinge natürlich mehr wissen und ließen sich von Hinata erzählen, wie das Gespräch mit Frau Kano abgelaufen war. „Im Großen und Ganzen war sie mit meinen Charakterbiografien zufrieden, allerdings hatte sie noch zwei kleine Änderungen an Jaces Vergangenheit vorgenommen, weil sie nicht ganz zufrieden war. Aber wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir ihre Idee noch besser. Die Storyline ist soweit besprochen, aber sie will mir ansonsten freie Hand bei der Gestaltung der Kapitel lassen.“ „Klingt doch super“, rief Katsuya begeistert. „Dann bin ich ja mal gespannt auf deine Arbeit. Wir werden uns auf jeden Fall deine Mangas durchlesen.“ „Was?“ rief Hinata und seine Augen weiteten sich erschrocken, während sich Schamesröte auf seine Wangen abzeichnete. Beschämt verbarg er das Gesicht hinter seinen Händen und er sah wirklich niedlich aus in diesem Moment. „Das… das geht nicht“, stammelte er. „Da sind Szenen drin, die ihr lieber nicht sehen solltet.“ „Oho“, kam es daraufhin von Katsuya, der ein breites und viel sagendes Grinsen hatte. „Da hat wohl jemand eine ganz schön unanständige Fantasie.“ Hinata wich Katsuyas Blick aus und wurde nun richtig knallrot im Gesicht. Schließlich aber klopfte Takashi dem Kunststudenten auf die Schulter und sagte dazu nur „Gib nicht allzu viel auf Katsuyas Gerede. Im Grunde ist er doch der Einzige, der hier wirklich pervers ist.“ „Na und? Besser verrückt und pervers als prüde und langweilig.“ Das sagte er mit so einer Selbstüberzeugung, dass Hinata nicht anders konnte als zu lachen. So etwas passte halt zu Katsuya. Schließlich wurde das Fleisch gebracht und sie begannen nun mit dem Essen, nachdem sie gemeinsam angestoßen hatten. Es war eine sehr lustige Runde und sie hatten viel Spaß zusammen. Dabei erzählte Hinata mehr über sein Projekt, was er sich für eine Story ausgedacht hatte und was alles passieren würde. Und als er nach einem Glas Bier in Redelaune kam, da gestand er ihnen eine alte Idee, die er mal gehabt hatte. „Ich hatte da mal eine Idee für einen One-Shot, vielleicht wären es sogar noch ein oder zwei weitere Bände geworden: eine Yaoi-Version von „die kleine Meerjungfrau“. Klingt verrückt, oder?“ „Verrückt ist gut“, meinte Takashi mit einem amüsierten Schmunzeln. „Ich wette die Mädchen würden so etwas lieben.“ „Yo genau!“ pflichtete Katsuya bei und stieß seinem Bruder grinsend in die Seite. „Stell dir mal Hinata als Meerjungfrau vor. Da würde ich glatt eine Schwäche für Fisch entwickeln.“ „Hey, macht mal halblang, ihr beiden!“ Die beiden Brüder lachten und schienen sich offenbar in diesem Moment Hinata als Meermann vorzustellen. Da konnte sich selbst der ältere Bruder ein Grinsen nicht verkneifen. „Hört sofort auf damit, ihr beiden“, rief Hinata und machte einen etwas hilflosen Eindruck, während er versuchte, die Zwillinge davon abzuhalten, dass sie sich ihn mit Flosse statt Füßen vorstellen würden. „Meinst du, du könntest was mit Photoshop machen?“ fragte Katsuya seinen Bruder, ohne Hinatas Protesten und Einwänden großartig Beachtung zu schenken. Er hatte bereits einen Narren an dieser Idee gefressen und wollte es nun wissen. Und Takashi, der mindestens genauso eigensinnig wie der Sportstudent sein konnte, ging natürlich sofort auf diese Idee ein und überlegte kurz. Schließlich aber antwortete er mit einem zuversichtlichen Kopfnicken „Ja, das müsste ich hinkriegen.“ „Geil, dann will ich das Bild als Hintergrund auf meinem Desktop.“ Hinata seufzte geschlagen. Das hatte er sich nun selber eingebrockt. Was hatte er denn auch anderes erwartet? Die Zwillinge hatten halt ihren eigenen Kopf und sie waren ja auch dafür bekannt, dass sie sich das holten, was sie wollten, ohne sich von irgendjemandem dabei etwas sagen zu lassen. Also würde er sie auch nicht davon abhalten können, ihn für ein Photoshop-Projekt zu benutzen. Doch dann begann Katsuya wieder nachzudenken und sah Hinata dabei mit einem prüfenden Blick an. „Oder aber… meinst du nicht auch, dass Hinata nicht vielleicht doch mit Katzenohren süßer aussehen würde?“ „Stimmt. Katzenohren machen ja bekanntlich alles süßer.“ „Wir sind hier doch nicht bei Loveless“, protestierte Hinata. „Und ich lass mir garantiert keine Katzenohren verpassen.“ Doch ein verschwörerisches Grinsen der beiden Brüder ließ erahnen, dass jeglicher Protest zwecklos war. „Sag mal Takashi, wer wäre denn eigentlich heute mit Hinata dran?“ „Eigentlich ich. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn wir heute Abend zu dritt unseren Spaß haben.“ Hinata schluckte und schrumpfte auf seinem Stuhl zusammen. Warum nur hatte er so ein komisches Gefühl, dass der Tag dabei war, in eine völlig andere Richtung zu verlaufen, als er sich eigentlich vorgestellt hatte? Nun zeigten die Zwillinge ihr wahres Gesicht. Nachdem sie sich wochenlang zurückgehalten hatten und immer Rücksicht und Verständnis walten ließen, gingen sie nun in die Offensive. Nachdem sie Hinata mit aller Liebe und Geduld umsorgt und aufgebaut hatten, war nun der Zeitpunkt da, wo sie offensiver vorgehen konnten, ohne befürchten zu müssen, dass Hinata gleich in Tränen ausbrach und vor Angst erstarrte. Nun gut, es war nicht so als hätte der schüchterne Kunststudent nicht gewusst, worauf er sich da zu Anfang eingelassen hatte. Er wusste, dass die Itamu-Brüder ihren ganz eigenen Kopf hatten. Sie nahmen sich das, was sie wollten und sie waren in der Hinsicht auch sehr dickköpfig. „Ihr beiden macht mich echt fertig…“ „Ach komm schon, dafür liebst du uns doch!“ Dem Argument konnte er nicht sonderlich viel entgegensetzen und so lachten sie gemeinsam darüber. Auch wenn die Zwillinge ihre komischen Seiten haben konnte, er liebte sie einfach, vor allem weil er wusste, dass sie immer für ihn da sein würden, egal was auch passierte. Da konnte er auch gut mit ihren Eigenheiten leben. Nachdem sie wieder zuhause waren, ging Hinata erst mal duschen und bekam vorher von Katsuya noch ein paar Klamotten in die Hand gedrückt, die er später anziehen sollte. Und während Hinata noch im Bad war, ging Takashi bei seinem Bruder vorbeischauen, der ein ziemlich breites Grinsen im Gesicht hatte. „Du konntest es aber auch nicht lassen, was?“ fragte er ihn schmunzelnd. „Was denn? Ich denke mir halt, dass man zumindest einen Versuch wagen könnte. Inzwischen haben wir Hinata doch so weit aufgebaut, dass wir mal was Neues ausprobieren können. Und wenn er wirklich so abgeneigt wäre, dann hätte er auch nein gesagt. Ich wette mit dir, er hat an der ganzen Geschichte genauso viel Spaß wie wir.“ „Ja, das kann sein. Aber nicht gleich übertreiben, okay?“ „Schon kapiert. Dieses mal fang ich aber zuerst an.“ „Kannst du vergessen. Heute hätte ich ihn gehabt, also bin ich zuerst dran.“ „Hey, du warst schon beim letzten Mal der Erste!“ „Weil du mir auch den Vortritt gelassen hast.“ „Jetzt sei mal kein Arsch, Takashi!“ „Ist ja schon gut. Okay, dieses Mal darfst du zuerst.“ Als Hinata schließlich aus dem Badezimmer zurückkam, wirkte er ziemlich beschämt und seine Wangen glühten. Ein Hauptgrund dafür war, dass er die Accessoires trug, die Katsuya ihm gegeben hatte. Nämlich ein Paar Katzenohren, dazu noch eine rote Schleife um den Hals, an der ein Glöckchen befestigt war. Da musste selbst Takashi zugeben, dass Hinata echt verdammt süß mit den Katzenohren aussah. „Und?“ fragte der Kunststudent zögernd, ohne seine Frage weiterzuführen. Takashi blickte zu seinem Bruder und kicherte amüsiert, als er anmerkte „Hey, du läufst aus.“ Wortlos schnappte sich Katsuya ein Taschentuch, um etwas gegen sein Nasenbluten zu unternehmen. Takashi selbst wandte sich Hinata zu, befühlte kurz die flauschigen Katzenohren und küsste den 20-jährigen. „Die Katzenohren stehen dir wirklich gut. Da kann man nur schwach werden.“ „Jupp“, stimmte Katsuya zu. „Besser als so ein Meerjungfrauenschwanz. Da hätten wir sonst keinen Spaß mehr mit ihm haben können.“ Katsuya musste sich kurz setzen und ließ sich Takashis Scherze gefallen. Zugegeben, er hatte sich Hinata schon mal mit so etwas wie Katzenohren vorgestellt, auch mal im Dienstmädchenkostüm. Er hatte halt eine perverse Fantasie und stand auch dazu. Aber es auch mit eigenen Augen zu sehen, war noch mal eine andere Hausnummer. Eine Hand legte sich auf seine Schulter und er sah, dass es Hinata war, der ihn ein wenig besorgt ansah. „Alles in Ordnung mit dir, Katsuya?“ „Mach dir mal keine Sorgen um ihn“, beruhigte Takashi ihn sogleich. „Katsuya ist eben seine versaute Fantasie zu Kopf gestiegen.“ Nachdem Katsuyas Nasenbluten aufgehört hatte, kehrten die Zwillinge wieder zu ihrem eigentlichen Vorhaben zurück und Hinata nahm auf dem Bett Platz und wirkte wieder ein klein wenig nervös. Doch er ahnte noch nicht, dass Katsuya eine zusätzliche Überraschung für ihn hatte. Er verschwand kurz in sein Zimmer und kam wenig später mit Lederfesseln und einer Augenbinde zurück. „Wie wäre es, wenn wir die noch nehmen?“ „Ist das nicht ein wenig zu viel des Guten?“ fragte Takashi und wandte sich an Hinata. „Bist du dir sicher, dass du das willst?“ Hinata dachte kurz nach und war für einen Moment noch etwas unsicher. Zwar hatte er so etwas schon mit Katsuya gehabt, aber noch nie, wenn sie zu dritt waren. Auf der einen Seite war er noch ein wenig unsicher, aber da war auf der anderen Seite auch die Neugier. Er wusste, dass ihm in jedem Fall nichts passieren konnte. Die beiden würden auf ihn aufpassen und sofort aufhören, wenn er „Stopp“ sagte. Mit einem Nicken gab er sein Einverständnis und ließ sich von Katsuya bereitwillig die Handgelenke auf dem Rücken fesseln, während Takashi ihm die Augenbinde anlegte. Nun konnte er rein gar nichts mehr sehen und sein ganzes Sichtfeld war in eine völlige Schwärze getaucht. „Ach ja, wir sollten vielleicht mal ein Safeword festlegen, nur für den Fall der Fälle“, hörte er eine Stimme sagen, von der er nicht ganz sagen konnte, wem sie jetzt gehörte, denn beide Itamu-Brüder hatten auch vollkommen identische Stimmen. Aber er vermutete, dass es vielleicht Katsuya war. Verwirrt von diesem ihm unbekannten Begriff fragte der Kunststudent „Safeword? Was ist das?“ „Das wird in der BDSM-Szene benutzt. Es ist ein Sicherheitswort, welches derjenige benutzt, der gefesselt wird. Er benutzt es im Notfall, wenn etwas nicht in Ordnung ist und er sofort abbrechen will. Zum Beispiel wenn er wegen der Fesseln kurz vor einer Panik steht oder so. Bei Sado-Maso-Spielchen ist es halt schwer zu erkennen, wann ein Nein auch wirklich ein Nein ist, denn manchmal gehört so was zum Spiel dazu. Deshalb legt man Safewords fest. So wissen alle, dass es auch ein ganz klares Nein ist.“ „Und wie geht so ein Safeword?“ „Das ist ein ganz simples Wort. Das kann zum Beispiel „Mikrowelle“ oder „Zimtschnecke“ sein. Such dir am besten ein ganz leichtes aus, das du dir gut merken kannst und woran du dich auch im Notfall erinnern kannst. Es sollte am besten auch nichts mit Sex oder BDSM zu tun haben.“ Hinata dachte kurz nach. Noch nie war er in so einer Lage gewesen, dass er mal so etwas wie ein Safeword festlegen musste. So ganz verstand er auch noch nicht, warum das unbedingt nötig sein sollte, aber Katsuya hatte wahrscheinlich am besten Ahnung und so sollte er ihm wohl am besten vertrauen. Ein einfaches Wort… etwas, das ihm in jedem Fall sofort einfallen würde… „Geht auch Dusche als Safeword?“ „Ja, das ist gut. Okay Hinata, dann entspann dich mal schön.“ Hinata, der überhaupt nichts sah und nicht wusste, was gerade vor sich ging, spürte eine Bewegung auf dem Bett und dann wurde auch schon sein Oberkörper auf die Matratze niedergedrückt und daraufhin begannen zwei Hände seine Boxershorts auszuziehen. Für einen Moment befiel ihn Angst, denn er konnte nicht sehen, wem diese Hände da gehörten. Er konnte nicht sehen, was um ihn herum geschah und das war ihm unheimlich. Aber als er ein zärtliches Streicheln über seinem Rücken spürte, da erkannte er diese Hand als Takashis Hand wieder. „Keine Angst Hinata, es ist alles gut. Vergiss nicht, du kannst jederzeit abbrechen, wenn du es willst. Denk einfach daran, dein Safeword zu sagen.“ Ich sollte wirklich aufhören, mich selber immer so verrückt zu machen, dachte sich der Student und atmete tief durch. Es war alles in Ordnung. Diese Hände, die ihn berührten, gehörten keinen Fremden, sondern jenen Menschen, die ihn so oft liebkost, ihm die Tränen weggewischt und ihm Mut gemacht hatten. Er kannte diese Hände, sie waren liebevoll und zärtlich, darum gab es auch nichts, wovor er Angst zu haben brauchte. Als er mit einem Nicken signalisiert hatte, dass er bereit war, wurde er nun endgültig seiner Unterhose entledigt und dann zog ihn jemand vorsichtig hoch, sodass er wieder aufrecht saß. Kurz darauf setzte sich jemand hinter ihn und leckte über sein linkes Ohrläppchen. „Dieses Mal läuft das Spielchen anders rum“, hörte er eine Stimme in sein Ohr flüstern und von der Redensart her tippte er darauf, dass es Katsuya war, der da hinter ihm war. Und kurz darauf spürte er, wie zwei Hände damit begannen, mit seinen Brustwarzen zu spielen. Hinata keuchte kurz leise auf, als diese Stimulation ihm ein Kribbeln durch den Körper jagte, während Katsuya zärtlich aber dennoch leidenschaftlich seinen Hals küsste. „Was meinst du, Takashi? Geht’s auch, wenn wir beide gleichzeitig…“ „Schlag dir das lieber aus den Kopf!“ hörte er Takashi sofort antworten. „Das ist eine absolut schlechte Idee. Er könnte dabei noch verletzt werden.“ „Ach so. War ja nur eine spontane Idee.“ Und als er merkte, dass Hinata bei Takashis Worten wieder etwas nervöser geworden war, streichelte Katsuya ihm zärtlich über die Brust und küsste seine Halsbeuge. „Keine Sorge. Wir werden nicht zulassen, dass du verletzt wirst. Du sollst bei solchen Sachen ja auch deinen Spaß haben. Hey Takashi, was meinst du? Sollen wir das mal ausprobieren?“ „Lass mal sehen… hm… ja das sollte eigentlich gehen. Moment, ich mach das mal.“ Was hatten die beiden denn jetzt wieder vor? Hinata spürte, wie Katsuya ihm nun die Beine anwinkelte und kurz darauf sprach Takashi: „Krieg jetzt keinen Schreck, Hinata. Es könnte jetzt ein klein wenig kalt werden.“ Etwas nervös wartete der Kunststudent und spürte dann tatsächlich etwas Kaltes und Feuchtes. Durch die Kälte zuckte er kurz zusammen, was sich nicht gerade als gute Idee herausstellte, da es dadurch auch kurz wehtat, als sich sein Schließmuskel zusammenzog. Er biss sich auf die Lippen und schaffte es, sich wieder zu entspannen, woraufhin er spürte, wie Takashi irgendetwas in seinen After schob. Es fühlte sich merkwürdig an und er fragte sich, was das wohl war, doch als er dann plötzlich eine Vibration in seinem Innersten spürte, da entwich ihm ein lautes Keuchen. Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas je erlebt und für einen Moment fühlte es sich auch sehr merkwürdig und fremd an. Katsuya ließ nun seine Beine wieder los und Hinata, dessen Hände auf dem Rücken gefesselt waren, war in seiner jetzigen Situation völlig machtlos und konnte nichts tun. Dieses Vibrieren wurde immer stärker und er wusste gar nicht, wie er mit diesem neuen Gefühl umgehen sollte. Was um alles in der Welt war das bloß, was diese Vibrationen verursachte? Und dann auch noch an dieser besonders sensiblen Stelle. Ein heißer Schauer jagte über seinen Rücken, als er eine warme, feuchte Zunge an seinem Ohr spürte. Wieder begann Katsuya seine Brustwarzen zu kneten, während eine andere Hand, die wohl Takashi gehörte, sein Glied zu massieren. Hinata spürte, wie seine Erregung stärker wurde und ein Kribbeln durch seinen Körper ging. „Wie wäre es, wenn wir ein kleines Spielchen spielen?“ „Ein… ein Spiel?“ „Versuch es so lange wie möglich zurückzuhalten. Wenn du es schaffst, fünf Minuten durchzuhalten, kriegst du eine Belohnung. Schaffst du es nicht, folgt eine kleine Strafe.“ „Strafe?“ fragte Hinata erschrocken, als er das hörte. „Jep“, bestätigte Katsuya. „Strafen sind Teil des Spiels. Aber sie sind nichts Schlimmes. Du wirst sie genauso lieben wie eine Belohnung.“ „Überfordere ihn aber nicht gleich“, ermahnte Takashi ihn sogleich. „Wir wollen es ja nicht übertreiben.“ Hinata war hin und her gerissen zwischen einer leisen Angst vor dem, was folgen würde und von dem er nicht wusste, was es sein würde, und einer gewissen Neugier. Auch wenn es ihm immer noch Angst machte, dass er rein gar nichts sehen konnte, so wollte er auch ein wenig mehr darüber wissen, wie eine Belohnung oder eine Strafe aussehen würde. Vor ein paar Wochen hätte er schon das Ganze abgebrochen, wenn ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt worden wären. Doch nun sagte er sich auch, dass er auch mal etwas mutiger sein musste. Wie sollte er denn neue Erfahrungen sammeln, wenn er immer nur davonrannte, wie ein verängstigtes Kaninchen? Um aber sicherzugehen, fragte er noch mal nach. „Und… so eine Bestrafung ist wirklich nichts Schlimmes?“ „Überhaupt nicht“, versicherten ihm beide Brüder. „Bestrafungen sind wie… als würdest du auf das Erscheinen des nächsten Bandes deines Lieblingsmangas warten. Allerdings wird das Release noch mal eine Weile hinausgezögert, sodass du die Spannung kaum noch aushalten kannst. So in etwa funktioniert eine Bestrafung.“ Nun, das klang ja gar nicht so schlimm, wie er zuerst gedacht hatte. Und da er nun ein etwas klareres Bild hatte, wie das Ganze funktionierte, nahm es ihm auch wieder die Angst vor dem Bevorstehenden. Also nickte er und sagte „Okay, dann möchte ich es gerne versuchen.“ Kapitel 19: Ein Spiel und eine Bestrafung ----------------------------------------- Hinata keuchte und spürte, die ihm langsam heiß wurde. Das leise monotone Surren des Vibrators hatte schon fast etwas Hypnotisches an sich und durch die Tatsache, dass er rein gar nichts sehen konnte, war ihm, als würde er alles viel intensiver als sonst spüren. Das war nicht gerade förderlich, wo er doch versuchen musste, fünf Minuten durchzuhalten. Er spürte Katsuyas Zunge an seinem Ohrläppchen und wie seine hart gewordenen Brustwarzen umspielt wurden. Zusätzlich spürte er, wie Takashi ihn seinerseits zusätzlich stimulierte, indem er Hinatas Glied mit seiner Zunge verwöhnte. Für den schüchternen Studenten war das ein wirklich unfaires Spiel. Wie sollte er denn bitteschön fünf Minuten durchhalten? Vor allem weil die Zwillinge nicht mal sonderlich daran dachten, das Spiel zu verlieren. Sie wollten gewinnen und da sie den Vorteil auf ihrer Seite hatten, war es ja mehr als klar, dass es noch sehr schwer werden würde, die fünf Minuten zu schaffen. An sich klang es nach recht wenig Zeit, aber selbst die wenigen Minuten konnten sich unglaublich in die Länge ziehen, wenn man es kaum noch aushalten konnte. Dennoch wollte Hinata nicht so einfach das Handtuch werfen. Nein, er würde sein Bestes geben und versuchen, so lange wie möglich durchzuhalten. Das war ja auch Sinn des Spiels, oder? „Was glaubst du wohl, wie lange er das noch aushält, Takashi?“ fragte Katsuya mit einem amüsierten Ton in der Stimme. „Tja, nicht mehr lange, schätze ich. Schau mal wie er schon zittert.“ Hinata spürte, wie dieses heiße Kribbeln in seinen Lenden immer stärker wurde. Das Blut pulsierte mit stärkerer Kraft in seinen Adern und sein ganzer Körper wurde von dieser intensiven Hitze ergriffen. Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an und es kostete ihn Mühe, auch die nötige Willenskraft aufzubringen, es überhaupt zurückzuhalten. Etwas in ihm sagte auch mit aller Deutlichkeit „Warum machst du das überhaupt? Lass es doch einfach sein und verlier das Spiel. Du willst doch so oder so die Bestrafung.“ Doch da war noch eine andere Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte, er solle durchhalten, weil es sonst nur der halbe Spaß wäre. Was also sollte er tun? Solange sich die beiden Stimmen in seinem Kopf nicht einig wurden, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Spiel weiterzuspielen. „Hey Takashi, leg mal einen Zahn zu, sonst verlieren wir noch!“ rief Katsuya schließlich und daraufhin spürte Hinata, wie Takashi seinen Penis vollständig in seinen Mund gleiten ließ. Als eine warme, feuchte Zunge die Eichel umspielte, entwich Hinata ein lustvolles Stöhnen und heißer Schauer ging durch seinen Körper. Es fühlte sich so gut an, dass er es kaum in Worte fassen konnte. Vor allem weil er es nicht sehen konnte, sondern nur fühlen konnte. Das machte es zu einem ganz anderen Erlebnis. Und auch wenn es ihm noch ein bisschen unheimlich war, so konnte er nicht leugnen, dass es auch einen ganz großen Reiz hatte. Es war definitiv eine ganz neue Erfahrung, ganz außer Frage. Aber es war keine schlechte Erfahrung. „Mh…“ Hinata presste die Lippen zusammen und versuchte sein Bestes, um gegen dieses Verlangen anzukämpfen, es einfach zuzulassen und endlich zum herbeigesehnten Höhepunkt zu kommen. Doch die Zwillinge machten es ihm nicht einfach. Er konnte spüren, wie Katsuyas Hände seinen Körper streichelten und seine besonders sensiblen Stellen erforschten, während seine Lippen Hinatas Hals liebkosten. Doch das alles war nichts im Vergleich zu diesem unglaublichen Gefühl, welches Takashi ihm bescherte, während dieser ihn oral befriedigte. Ein heftiges Kribbeln ging durch seinen Körper, welches jedoch nicht vom Vibrator herrührte. Es war das immer stärker werdende Verlangen nach mehr. Und als er realisierte, dass dieses Verlangen, was er empfand, den Sex mit den beiden beinhaltete, da schämte er sich ein wenig dafür, dass er solche Gedanken hatte. Das war doch nicht er! Wie kam er denn dazu, solche unanständigen Gedanken zu entwickeln und so etwas zu verlangen? Das war nicht richtig… er war nicht so ein notgeiler Perverser. Doch je stärker der Drang nach dem erlösenden Orgasmus wurde, desto mehr befiel ihn auch eine gewisse Art von Gleichgültigkeit gegenüber seinem eigenen ziemlich prüden Schamgefühl. Warum war es denn so schlimm, solch ein körperliches Verlangen zu empfinden? War es denn nicht etwas ganz Natürliches? Musste er sich dafür schämen, dass er mit Katsuya und Takashi Sex haben wollte? Er war doch mit den beiden zusammen und inzwischen hatte er schon öfter mit ihnen geschlafen. Und da war es ihm auch nicht falsch vorgekommen. Dass er so etwas wollte, war doch eigentlich ein Zeichen dafür, wie sehr er sie liebte, oder etwa nicht? „Ah… ich… ka… kann nicht…“ „Nichts da“, hörte er Katsuya in sein Ohr flüstern. „Die fünf Minuten sind noch nicht vorbei.“ Aber ich… ich…“ Katsuya sah zu Takashi und nickte ihm stumm zu. Dieser schaltete den Vibrator nun auf die maximale Stufe und begann diesen nun in Hinatas After vorsichtig zu bewegen. Mit einem zufriedenen Grinsen hörte er das lustvolle und gleichzeitig auch fast schon verzweifelt klingende Luststöhnen des gefesselten Studenten, der sich wahrscheinlich kaum noch unter Kontrolle halten konnte. Sein Körper zitterte heftig und das kleine goldene Glöckchen an der Schleife um seinen Hals gab ein helles Klingeln von sich. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Hinata nicht mehr konnte. Aber dreieinhalb Minuten hatte er tapfer durchgehalten. Doch nun hieß es, einen Zahn zuzulegen, damit er und Katsuya das Spiel gewannen. Zugegeben, er hatte zu Anfang noch so seine Skepsis gehabt, als Katsuya ihn mal unter vier Augen auf diese Idee angesprochen hatte, Hinata beim nächsten Dreier zu fesseln. Er hatte halt nie sonderlich großes Interesse an Bondage gehabt, aber Hinata in so einem Zustand zu sehen, bereitete ihm natürlich ein gewisses Vergnügen. In der Hinsicht konnte er eine leicht sadistische Ader haben wenn er wollte. Da unterschied er sich nicht sonderlich von Katsuya, auch wenn er für gewöhnlich versuchte, diese Seite nicht rauszulassen. Er hatte sich aber vor allem auch deswegen gegen diese Idee aussprechen wollen, weil er befürchtet hatte, dass es alles zerstören könnte, was er und Katsuya bis jetzt erarbeitet hatten. Seine Sorge, dass Hinatas Vertrauen und sein Mut zu neuen Dingen nicht ausreichen würde, um so einen großen Schritt zu gehen, war groß gewesen. Katsuya hatte das alles ja ziemlich entspannt gesehen, aber das tat er ja immer und machte sich nicht sonderlich Gedanken darum, dass es eventuell darin enden würde, dass Hinata gänzlich das Vertrauen zu ihnen verlieren könnte. Letzten Endes hatte er sich dann aber doch breit quatschen lassen, nachdem Katsuya meinte, sie sollten einfach mal sehen, wie sich Hinata verhalten würde. Und nachdem er in den letzten Tagen gesehen hatte, wie mutig der anfangs so überängstliche Kunststudent geworden war, hatte er es einfach riskiert. Also hatten sie auch mal ihre andere Seite gezeigt, die sie normalerweise auch alle anderen sehen ließen. Die Seite der Itamu-Zwillinge, die ihren ganz eigenen Kopf hatten, diesen auch durchsetzten und auch mal den einen oder anderen Trick anwandten um zu bekommen, was sie wollten. Hätte Hinata da zurückhaltend oder verschreckt reagiert, dann hätte er diese ganze Aktion sofort abgebrochen, auch wenn Katsuya dann halt etwas stinkig auf ihn gewesen wäre. Aber da Hinata selbst das angenommen hatte, ohne wie ein zu Tode geängstigtes Kaninchen zu wirken, hatte er sich schließlich zu Katsuyas Idee hinreißen lassen. Mit dem Ergebnis, dass er wirklich Spaß dabei hatte. „Mh… ah… nein… ich… ich ka…“ Hinatas Keuchen war immer lauter geworden und es konnte sich nur noch eine Frage von Sekunden handeln, bis sie ihn endlich soweit hatten. Und dann endlich brach das letzte bisschen an Widerstandskraft in Hinata und er mit einem lauten Schrei kam er endlich zu seinem Höhepunkt, woraufhin er keuchend in Katsuyas Armen zusammensackte. „Und?“ fragte Katsuya. „Was sagt die Uhr?“ „4 Minuten und 43 Sekunden.“ „Tja, knapp daneben ist auch vorbei. Nicht wahr, Hinata?“ Der Kunststudent gab keine Antwort. Wahrscheinlich musste er sich erst mal kurz erholen. Und als Takashi ihn so betrachtete, kam ihm das Gefühl, dass sie irgendetwas vergessen hätten. War da nicht noch irgendetwas gewesen, was sie eigentlich noch machen wollten? Nachdem er kurz überlegt hatte, viel es ihm wieder ein. „Sag mal Katsu, kann es nicht sein, dass wir eigentlich noch in die Karaoke-Bar wollten?“ „Echt?“ Anscheinend hatte sein Bruder es genauso vergessen, oder besser gesagt er konnte sich immer noch nicht so wirklich daran erinnern. Dann aber schien er sich wieder daran zu erinnern und rief „Ach ja, da war ja was. Hey Hinata, was denkst du? Willst du nachher noch in die Karaoke-Bar, wenn wir hier fertig sind?“ „Können wir das nicht morgen machen oder so? Ich glaub nicht, dass ich danach noch irgendetwas machen kann…“ „Scheint so“, murmelte Takashi. „Du siehst ja jetzt schon fertig aus. Sorry, dass wir das irgendwie total vergessen haben.“ „Ja, aber die Vorstellung, dich mit Katzenohren zu sehen und wieder Spaß zu dritt zu haben, war halt verlockender. Sorry…“ „Hab auch nicht dran gedacht…“, gestand Hinata mit etwas schwacher Stimme. „Ihr habt mich auch mit euren Fantasien total durcheinandergebracht.“ „Tja, wir beiden sind nun mal dafür bekannt, dass wir andere um den Verstand bringen.“ Da Hinata ein wenig schwächelte, ging Takashi kurz in die Küche und holte ein Glas Wasser. Als er wieder zurück war, hielt er das Glas vorsichtig an Hinatas Lippen. „Danke“, murmelte der 20-jährige ein wenig benommen und so stellte Takashi das Glas erst mal beiseite. „Alles in Ordnung, Hinata?“ „Ja… mir war nur gerade ein wenig schwindelig zumute. Aber ich glaube, es geht wieder.“ „Super!“ rief Katsuya, der sich seinerseits wohl am meisten amüsierte. „Dann können wir ja jetzt mit der Bestrafung beginnen. Immerhin hast du keine fünf Minuten geschafft.“ Hinata spürte, wie sein Herz wie verrückt schlug und immer noch war ihm heiß zumute. Einen so heftigen Orgasmus hatte er noch nie zuvor gehabt und einen Moment hatte er echt gedacht gehabt, er würde gleich ohnmächtig werden. Zum Glück hatte sich sein Kreislauf nach ein paar Schlucken Wasser wieder einigermaßen stabilisiert. Allerdings spürte er, dass er schon wieder erregt war und daran war nur dieser blöde Vibrator schuld. „Okay, dann können wir ja jetzt mit der Bestrafung beginnen. Takashi, könntest du mal kurz in meiner Hosentasche nachsehen?“ Ein Rascheln von Kleidung war zu hören und Hinata begann sich zu fragen, was jetzt kommen würde. Das war eben der Nachteil daran, wenn man rein gar nichts sah. Schließlich hörte er Katsuya wieder reden: „Ja genau das! Legst du ihm das mal eben an?“ „Wofür hast du das eigentlich?“ wollte Takashi wissen. „Bist du unter die Masochisten gegangen?“ „Nö, hab ich extra für unseren süßen kleinen Hinata geholt. Extra für einen solch besonderen Anlass.“ Hinata verstand nicht so ganz, worum es da gerade ging und so blieb ihm nichts anderes als abzuwarten. Schließlich aber spürte er, wie etwas stramm um seinen Penis geschnürt wurde und das war nicht sonderlich angenehm. Er ließ einen kurzen Schmerzlaut vernehmen. „Au! Was… was ist das? Was machst du da, Takashi?“ „Das ist deine Strafe“, erklärte Katsuya. „Mit dem Ding wirst du erst mal nicht kommen können.“ „Wie bitte?“ fragte Hinata erschrocken. „Aber ihr habt doch gesagt, so eine Bestrafung ist nichts Schlimmes.“ „Keine Sorge, so etwas ist ungefährlich, wenn man es nicht übertreibt“, versicherte Katsuya. „Ich informiere mich immer, bevor ich mir ein neues Spielzeug zulege.“ Schließlich wurde Hinata vornüber aufs Bett gedrückt und auch wenn er nichts sehen konnte, so erahnte er zumindest, was für einen Anblick er gerade bieten musste. Mit gefesselten Händen auf den Rücken mit dem Gesicht auf der Matratze, während Katsuya einen perfekten Blick auf sein Gesäß hatte. Schließlich spürte er, wie der Vibrator ausgeschaltet und dann vorsichtig herausgezogen wurde. „Dein Arsch sieht echt verdammt süß aus“, kommentierte Katsuya. „Mindestens genauso süß wie du. Ich muss noch aufpassen, dass ich kein Diabetes kriege.“ „Oh Mann, der war jetzt aber flach“, kam es von Takashi, doch davon ließ sich Katsuya auch nicht beirren. „Ja und? Dafür lege ich ihn hier gleich flach.“ Und da musste selbst Hinata über dieses furchtbar schlechte Wortspiel lachen. Schließlich spürte er, wie erneut Druck auf seinen Anus ausgeübt wurde, als Katsuya langsam in ihn eindrang. Eine intensive, pulsierende Hitze erfüllte sein Innerstes und raubte ihm den Atem. Es war, als würde er es bis in die letzte Faser seines Körpers spüren, der unter den Wogen der Lust bebte. „Mensch, du zitterst ja regelrecht. Hast es wohl kaum erwarten können, dass es endlich zur Sache geht, nicht wahr?“ Hinata antwortete nicht. Wahrscheinlich war er auch gerade nicht in der Lage dazu. Alles, was er hervorbrachte, war ein lustvolles Stöhnen, welches nur allzu deutlich verriet, wie sehr es ihm gefiel. Kraftvoll tief stieß Katsuya zu und Hinata, der nicht mehr in der Lage war, noch klar zu denken oder über richtig und falsch nachzudenken, gab sich seinem tiefsten Verlangen hin. Wirklich alles war ihm in diesem Moment gleichgültig geworden. Alles, wonach er sich in diesem Moment sehnte war, sich einfach vollständig fallen zu lassen und Katsuya und Takashi zu spüren. Er verlor gänzlich die Kontrolle über sich selbst. Sein Körper schien einem ganz eigenen Willen zu folgen. Schweißgebadet kauerte er auf dem Bett, während Katsuya immer wieder diesen einen ganz besonderen Punkt traf, der ihn in Ekstase trieb. Doch die erwünschte Erlösung blieb wurde ihm verwehrt. Egal wie sehr er es auch gewollt hätte, er schaffte es einfach nicht zu kommen und der Drang danach wurde immer stärker. Immer und immer wieder drang Katsuya tief ein und hielt Hinatas Hüften fest. Er fühlte sich benommen, fast wie im Fieber. So heiß… es war so heiß… Ihm war, als würde ein Feuer in seinem Körper lodern, welches ihn immer mehr dahinschmelzen ließ. Als Katsuya zu seinem Höhepunkt kam, sank Hinata keuchend auf dem Bett zusammen und hatte das Gefühl, den Druck nicht mehr aushalten zu können. Alles in ihm schrie nach der rettenden Erlösung von dieser Qual. Schließlich spürte er eine Hand, die über seinen Kopf streichelte und von der er in seinem Zustand nicht sagen konnte, wem sie gehörte. „Na, Hinata? Wie fühlst du dich?“ „I… ich… ich will… bitte…“ Er schaffte es kaum noch, überhaupt ein Wort hervorzubringen. Sein ganzer Körper schrie nach der befreienden Erlösung und er spürte schließlich eine Hand, die seinen Penis umschloss, der hart wie ein Stein war. „Tut mir leid, Hinata. Aber das ist deine Bestrafung. Du musst schon noch ein bisschen durchhalten. Immerhin war ich noch nicht an der Reihe.“ Takashi… Diese Stimme gehörte Takashi. Hinata spürte, wie es eine erneute Bewegung auf dem Bett gab und wie er schließlich auf den Rücken gedreht wurde. Eine Hand streichelte zärtlich über seine Wange, dann folgte ein Kuss. „Wir lieben dich, Hinata.“ Und Hinata, schaffte es, mit einem Lächeln zu antworten „Ich liebe euch auch.“ Nachdem er diese Worte gesagt hatte, war ihm, als würde sein Bewusstsein in eine weite Ferne entschwinden und von einem dichten Nebel umhüllt werden. Er war von Reizen überflutet, als Takashi in ihn eindrang. Sein lustvolles Stöhnen klang inzwischen mehr wie flehendes Wimmern. Der Druck war kaum noch zum Aushalten. Er musste endlich kommen. Jetzt sofort! „Wenn ich ihn so sehe und höre, tut er mir fast schon leid“, kommentierte Katsuya. „Aber so wie es ihm gefällt, würde ich fast schon sagen, dass wir so etwas mal öfter machen könnten.“ „Sieht fast danach aus.“ Hinata bekam von dem Gespräch der beiden kaum etwas mit. Sein Verstand schaffte es einfach nicht, diese ganzen Informationen zu verarbeiten. Aber wahrscheinlich hätte er ohnehin darauf keine Antwort gegeben. Er war vollkommen benebelt von diesen starken Gefühlen und dieser unbeschreiblichen Lust, die ihn vollkommen lähmten und es ihm unmöglich machten, einen einzigen Gedanken zu erfassen. Er spürte Takashis heißen Atem, wie er immer wieder tief vorstieß und hörte sein schweres Atmen. Dann schließlich war es soweit und als Takashi seinem Höhepunkt nahe war, befreite er Hinatas Penis aus dieser Beengtheit und in dem Moment brach alles über den Kunststudenten herein und Sterne explodierten vor seinen Augen, als endlich der herbeigesehnte und erlösende Orgasmus über ihn kam. Hinata war für einen Moment weggetreten gewesen, denn als er wieder bei Sinnen war, hatte man ihm die Fesseln und die Augenbinde schon längst abgenommen. Die Zwillinge saßen bei ihm und als sich der 20-jährige langsam aufsetzte, spürte er jeweils eine Hand auf seinen Schultern. Er war schweißgebadet und immer noch ein wenig außer Atem. Außerdem hatte er das Gefühl, als wäre ihm jegliche Kraft geraubt worden. Die beiden hatten ihn echt geschafft. Sein Hintern fühlte sich auch ein wenig wund an, allerdings tat es nicht mehr so höllisch weh wie ganz zu Anfang. „Das war wirklich klasse von dir“, sagte Takashi schließlich. „Dass du dich das trotz deiner Angst getraut hast, war wirklich mutig von dir.“ „Hätt‘ ich nicht gedacht, dass du das bis zum Schluss durchziehen würdest“, bekräftigte Katsuya mit einem zufriedenen Grinsen und man merkte deutlich, dass er von ihnen wohl den meisten Spaß gehabt hatte. „Das können wir echt öfter machen.“ „Klar“, murmelte Hinata, der noch ein klein wenig neben der Spur war. Ein etwas müdes und schwaches Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab und dann streckte er die Arme aus und umarmte die beiden Brüder. Es fühlte sich so wunderbar an und als sie seine Umarmung erwiderten, da überkam ihn ein ganz neues Gefühl. Nein, es war kein Gefühl, sondern eher eine Gewissheit. Egal was auch passierte, sie würden zusammenbleiben. Und er würde nicht zulassen, dass ihm irgendjemand dieses Glück wegnahm. Das schwor er sich selbst ganz im Stillen, ohne dass es jemals ausgesprochen wurde. Das brauchte es auch gar nicht, denn die Zwillinge wussten es auch ohne Worte. Kapitel 20: Ein Anruf --------------------- Die Woche neigte sich ihrem Ende zu und Hinata hatte sich so langsam daran gewöhnt, bei den Zwillingen zu leben. Jeden Morgen machte er das Frühstück für die beiden, während Takashi dann das Mittagessen übernahm. Und jeden Morgen gab es natürlich auch etwas mit Ei, die Leibspeise der beiden. An diesem Freitagmorgen hatte sich Hinata etwas Besonderes ausgedacht. Er machte nämlich ein Frühstück nach europäischer Art, da er auch mal ein wenig Experimentierfreudigkeit zeigen wollte. Heute würde es Spiegelei mit gebratenem Speck geben. Dazu noch belegte Brote. Glücklicherweise gab es in der Nähe einen Supermarkt, wo man solche Sachen kaufen konnte. Hinata hatte noch nie in seinem Leben ein Frühstück auf europäische Art gegessen, was mal wieder allzu deutlich zeigte, wie weltfremd er in manchen Dingen noch war. Aber es hatte ihn schon sehr interessiert. Doch obwohl er sich auf dieses außergewöhnliche Frühstück freute, war seine Stimmung mehr als getrübt, denn etwas schlug ihm gewaltig auf dem Magen und nahm ihm auch den Appetit: am Sonntag war der Geburtstag seines Vaters und er würde morgen schon abreisen, da es nach Fukuoka eine ziemlich lange Fahrt werden. Genauer gesagt sechs Stunden Zugfahrt. Sein Ticket war schon gebucht und gleich würde er noch telefonieren müssen. Jetzt im Moment hatte er noch freie Bahn, denn Katsuya war vorhin zum Joggen rausgegangen und Takashi lag im Bett und schlief. Und der schlief so tief und fest, als befände er sich im Koma. Hinata hatte das alles noch mal sehr genau durchdacht und immer wieder mit dem Gedanken gespielt, ob er Katsuya und Takashi nicht vielleicht doch einweihen sollte. Und einmal stand er auch kurz davor, es ihnen zu sagen, doch er wollte sie nicht in diese Sache mit reinziehen. Sein Vater war sein eigenes Problem und das musste er selber lösen. Sie hatten schon so viel für ihn getan, jetzt musste er auch mal etwas alleine schaffen, ohne sich ständig hinter ihnen verstecken zu müssen. Ja, das war die richtige Entscheidung, auch wenn sie vielleicht nicht die vernünftigste sein mochte. Aber ganz unvorbereitet wollte Hinata nicht einfach so morgen losfahren. Vorher wollte er noch jemanden sprechen, dem er genauso vertraute wie den Itamu-Brüdern. Hinata schaute kurz auf die Uhr. Jetzt müsste eigentlich die perfekte Zeit sein, solange da nichts dazwischengekommen war. Die Nummer hatte er schon seit zwei Jahren in sein Handy eingespeichert und für den absoluten Notfall aufgehoben, falls seine Eltern ihn hier in Tokyo aufspüren sollten. Als er die Nummer auf seinem Handy wählte, dauerte es eine Weile, bis der Anruf angenommen wurde und sich eine vertraute, freundlich klingende Stimme meldete. Hinata räusperte sich und sagte zögernd „Guten Morgen, Sensei. Hier ist Hinata Amano. Erinnern Sie sich noch an mich?“ „Amano?“ Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang überrascht, was Hinata auch nicht verdenken konnte. Sein ehemaliger Lehrer Herr Sugiyama hatte sicherlich nicht damit gerechnet, so schnell wieder von ihm zu hören. Aber er klang auch erfreut, ihn zu hören. „Hey, ich hab ja lange nichts von dir gehört, Amano. Wie geht es dir denn? Kommst du mit deinem Studium gut voran?“ „Es geht mir sehr gut“, versicherte Hinata und ohne es zu merken, hatte sich ein glückliches Lächeln auf sein Gesicht gezeichnet und man hätte meinen können, er würde mit einem sehr guten Freund reden. „Ich arbeite neben der Uni als Freelancer für einen Manga-Verlag und ich wohne zurzeit in einer WG mit zwei Brüdern, die sich wirklich gut um mich kümmern.“ „Na das hört sich doch wunderbar an. Man merkt auch schon am Telefon, dass es dir wirklich gut zu gehen scheint. Man hört, wie du strahlst und viel selbstbewusster sprichst. Das freut mich wirklich für dich, Amano. Aber sag mal, ist irgendetwas im Argen bei dir oder wolltest du nur mal anrufen, um hallo zu sagen?“ Und schon hatte sein alter Klassenlehrer ihn durchschaut. Sonderlich schwer war das ja auch nicht. Immerhin wusste dieser, dass bei ihm einiges nicht ganz in Ordnung war und dass er damals vor seinen Eltern geflüchtet war. Herr Sugiyama hatte nie genaue Fragen gestellt und kannte keine Details. Hinata hatte ihm auch nie etwas darüber erzählt, was sein Vater ihm angetan hatte, trotzdem hatte sein Lehrer ihm sofort Hilfe angeboten und ihn sogar unterstützt, heimlich wegzuziehen. Und er hatte ihm auch versichert gehabt, jederzeit für ihn da zu sein, sollte es zu dem Fall kommen, dass seine Eltern ihn finden würden. Dass er anrief, konnte ja nur bedeuten, dass es Probleme gab. „Es gibt da tatsächlich ein Problem, bei dem Sie mir vielleicht helfen könnten, wenn es Ihnen keine Umstände macht, Sensei. Ich muss morgen zurück nach Fukuoka, weil mein Vater am Sonntag Geburtstag hat. Da sein Geburtstag immer in den Semesterferien liegt, kann ich mich leider nicht rausreden und wenn ich nicht komme, wird er nach mir suchen. Und ich habe Angst, dass er hier aufkreuzen wird und Katsuya und Takashi etwas antun wird. Die beiden wissen über alles Bescheid und wahrscheinlich würden sie mitkommen wollen, aber ich will sie da nicht mit reinziehen. Und außer Ihnen habe ich sonst niemanden, den ich fragen könnte.“ „Wobei brauchst du meine Hilfe?“ „Wenn ich morgen nach Fukuoka fahre, will ich meinem Vater endlich mal die Meinung sagen und ihm sagen, was Sache ist. Auch wenn er mich dafür wahrscheinlich wieder grün und blau schlagen wird, will ich ihm zumindest ein Mal in meinem Leben die Stirn bieten. Allerdings weiß ich nicht, wie heftig er reagieren wird. Es kann gut möglich sein, dass es noch viel schlimmer wird, als nur eine Tracht Prügel. Deshalb möchte ich Sie einfach bitten: wenn ich mich zu einem verabredeten Zeitpunkt nicht bei Ihnen melde, dass Sie die Polizei zu meinen Eltern schicken.“ Eine Weile lang herrschte Schweigen und Hinata sah kurz zur Tür um sicherzugehen, dass auch wirklich niemand zuhörte. Doch da er keine Schritte auf dem Flur hörte, konnte er eigentlich davon ausgehen, dass Takashi noch schlief. Nach einer Weile fragte sein ehemaliger Klassenlehrer mit ernster Stimme „Ist denn wirklich so Schlimmes zu befürchten?“ „Mein Vater hat mich schon mal über eine längere Zeit eingesperrt, wahrscheinlich wird er mich festhalten wollen um zu verhindern, dass ich nach Tokyo zurückkehre. Er kann sehr unberechenbar werden, wenn er wütend wird und deshalb möchte ich für den Fall vorgesorgt haben.“ „Wenn es doch so gefährlich ist, wieso willst du es dann überhaupt tun? Amano, du hast so viel auf dich genommen, um aus diesem Umfeld herauszukommen und in Ruhe dein Leben zu leben. Wieso willst du dann so etwas tun, wenn du doch genau weißt, wie gefährlich dein Vater ist?“ „Weil ich die Sache ein für alle Male abhaken will“, erklärte Hinata mit fester Stimme. „Ich bin es leid, immerzu in Angst leben zu müssen und mich für den Rest meines Lebens zu verstecken. Selbst jetzt, wo ich endlich glücklich bin, verfolgt mich die Angst vor meinem Vater immer noch. Solange ich ihn nicht gesprochen habe, kann ich einfach keinen Neuanfang machen.“ „Und ein Telefonat würde deiner Meinung nach nicht ausreichen?“ „Nein, das wäre nicht richtig. Ich will es ihm von Angesicht zu Angesicht sagen.“ Ein leises Seufzen war am anderen Ende der Leitung zu hören und eine Pause trat ein, wo keiner der beiden etwas sagte. Dann aber sagte Herr Sugiyama „Also gut. Ruf mich bitte morgen an, wenn du in Fukuoka bist.“ „Danke, Sensei. Damit würden Sie mir wirklich helfen.“ „Ich habe dir doch versprochen, für dich da zu sein, wenn etwas passieren sollte.“ Nachdem sich Hinata von seinem alten Klassenlehrer verabschiedet hatte, steckte er sein Handy wieder ein und wandte sich seinen Spiegeleiern zu. Dabei hörte er Schritte auf dem Flur und kurz darauf wurde auch schon die Tür geöffnet, als Takashi hereinkam. Müde rieb er sich die Augen und gab Hinata einen Kuss auf die Wange, woraufhin er sich an den Tisch setzte und einen Kaffee serviert bekam. „Guten Morgen, Takashi“, grüßte Hinata ihn. „Hast du gut geschlafen?“ „Zu gut“, murmelte der ältere Zwilling müde. „Aber sag mal, mit wem hast du denn eigentlich gerade geredet? Hast du mit jemandem telefoniert?“ Er hat mich gehört, durchfuhr es Hinata wie ein eisiger Schlag und für einen Moment stand er einer Panik nahe, denn wenn Takashi alles gehört hatte, dann drohte sein Vorhaben zu scheitern. Doch Hinata zwang sich zur Ruhe und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er hatte sich schon alles zurechtgelegt. „Ich hab mit Sugiyama-sensei telefoniert. Vielleicht erinnerst du dich noch. Das war mein Klassenlehrer, der mir geholfen hat, von meinen Eltern wegzukommen. Er wollte sich erkundigen, ob alles in Ordnung ist und wie es mir geht, weil ich mich ja nie gemeldet habe. Und…“ Hinata sprach nicht weiter. Er fühlte sich hundeelend, dass er im Begriff war, Takashi anzulügen, obwohl dieser so viel für ihn getan hatte. Allein wenn er an diesen wunderschönen Ausflug zum Onsen dachte und an diese wunderschöne Nacht mit dem Zikadengesang und den Glühwürmchen… bloß der Gedanke daran ließ ihn ganz flau im Magen werden, weil er umso deutlicher realisierte, dass er das alles mit Füßen treten würde. Aber es gab kein Zurück mehr. Er hatte schon den Grundstein gelegt und er würde es durchziehen. Und wenn es eben bedeutete, dass er das Vertrauen der Zwillinge für immer verspielte. Lieber belog er sie, als dass er das Risiko einging, dass sein Vater ihnen etwas antun könnte. Selbst wenn Takashi diese Gangmitglieder verprügelt hatte und genauso wie Katsuya Kampfsport beherrschte, sein Vater war unberechenbar und er würde ihm sogar zutrauen, dass er in seiner Wut jemanden umbringen könnte. „Hinata, ist irgendetwas nicht in Ordnung? Du guckst so bedrückt.“ „Sugiyama-sensei geht es nicht sehr gut“, erklärte Hinata und ihm war, als würde ein Kloß in seinem Hals stecken. „Er ist sehr krank und ich will ihn deshalb das Wochenende über besuchen gehen. Immerhin hat er mir geholfen, von meinen Eltern wegzukommen.“ „Ist es was Ernstes?“ Hinata nickte und hörte eine Stimme in seinem Kopf, die aus voller Kehle schrie, er solle endlich damit aufhören und es nicht tun. Das war nicht richtig. Es war falsch, Takashi so ins Gesicht zu lügen, aber es war schon zu spät. Er hatte es nun gesagt und konnte seine Lüge nicht mehr zurücknehmen. Nun musste er es durchziehen. „Anscheinend ist es Krebs. Was für eine Art von Krebs es ist, hat er mir nicht gesagt und er ist wohl auch schon in Behandlung. Aber solange ich nicht weiß, ob er wieder gesund wird oder nicht, will ich ihn wenigstens noch mal besuchen und mich für all das bedanken, was er für mich getan hat.“ Verständnisvoll nickte Takashi, stand auf und ging zu ihm hin, um ihn daraufhin in den Arm zu nehmen. Doch das machte es nicht besser für Hinata, sondern nur noch schlimmer. Er hasste es zu lügen, insbesondere wenn er jemanden belügen musste, dem er so viel zu verdanken hatte. Schon damals war er nie ein sonderlich guter Lügner gewesen, weil er schon immer ein Mensch mit moralischen Prinzipien gewesen war. „Das tut mir wirklich leid, Hinata. Sollen wir dich morgen begleiten?“ „Nein, ich schaffe das schon alleine.“ „Sicher?“ fragte Takashi nach und sah ihn besorgt an. „Wenn du es dir lieber wäre, komme ich gerne mit. Und Katsuya hätte sicherlich auch nichts dagegen.“ Oh Mann, das war nicht einfach… Normalerweise hätte Hinata sofort zugesagt, aber in dem Fall musste er auch mal ganz klar nein sagen, auch wenn es nicht leicht war. Zu Anfang hätte er vielleicht nicht den Mut dazu aufgebracht, aber inzwischen war er mutiger geworden und er war bereit, diesen Entschluss durchzuziehen. „Nein, das ist schon okay. Ich werde morgen früh um 4 Uhr schon losfahren und am späten Nachmittag wieder zurückfahren, dann bin ich nachts wieder hier.“ „Okay“, sagte Takashi schließlich und ließ ihn wieder los. „Wenn du lieber alleine fahren willst, verstehe ich das. Dann ruf uns morgen an, wenn du wieder auf dem Rückweg bist und wir holen dich dann vom Bahnhof ab.“ „Ja, machen wir es so.“ Als Katsuya wenig später vom Joggen zurückkam, huschte er schnell unter die Dusche und kam dann in die Küche, um sich bei einem ausgiebigen Frühstück zu stärken. Und dabei freute er sich natürlich wahnsinnig auf sein heiß geliebtes Ei zum Frühstück, wobei er natürlich wie immer den Spruch loslassen musste, dass Eier gut für die Potenz seien. Er war so ziemlich der einzige, der darüber lachte und als er die etwas merkwürdige Stimmung am Tisch bemerkte, wollte er natürlich sofort wissen, was los war. Und da erfuhr er die Geschichte von dem kranken Lehrer, den Hinata besuchen wollte. „Oh Mann, das ist echt übel“, meinte er und aß ein Stück Spiegelei mit Speck. „Ich kann schon verstehen, dass du ihn noch mal besuchen willst. Immerhin hat der Typ dir echt geholfen, als du Hilfe brauchtest. Ich glaube, da würde ich auch nicht sonderlich anders handeln. Willst du das Wochenende dort bleiben?“ „Nein, nur den Samstag. Ich fahr morgen früh los und komme spät abends dann wieder. Ich will ihn wenigstens mal besuchen kommen und mich noch mal für alles bedanken, was er für mich getan hat.“ „Dann mach das mal. Du weißt aber, du kannst es dir gerne noch anders überlegen. Wir begleiten dich gerne.“ „Danke, ihr beiden.“ So saßen sie gemeinsam am Tisch und sprachen ansonsten nicht sehr viel. Hinata war auch nicht sonderlich zum Reden zumute. Schließlich ging es um die Verteilung der Aufgaben für die nächste Woche. Da Hinata ja jetzt auch im Haus der Zwillinge wohnte, war es ganz klar gewesen, dass er auch seinen Beitrag leistete. Da die meiste Arbeit immer zuvor an Takashi hängen blieb, hatte Hinata vorgeschlagen, einen Wochenplan mit den Aufgaben zu erstellen, damit es keine Probleme gab und jeder seine Aufgabe abarbeitete. Der Vorschlag war mit Begeisterung angenommen worden und so hatte sich Hinata die Tafel und den dazugehörigen Stift geschnappt, die alten Einträge mit einem feuchten Taschentuch weggewischt und nachdem die Fläche trocken war, wandte er sich an die Zwillinge. Mit Takashi war es ziemlich leicht, denn dieser bot sich für fast alles an und konnte auch so ziemlich alles im Haushalt. Nur Katsuya war ziemlich faul, was den Haushalt betraf und er ruhte sich da auch gerne auf Takashis Schultern aus. Da musste Hinata auch mal etwas hartnäckiger sein und ihn dazu animieren, wenigstens einen Dienst am Tag zu übernehmen. Die Besprechung der Haushaltsarbeiten dauerte knapp zwanzig Minuten, da es immer wieder ein gewisses hin und her gab. Schließlich sagte Hinata „Also ich übernehme gerne das Kochen für nächstes Wochenende und wenn Katsuya mit dem Abwasch und dem Müll helfen würde, wäre das schon eine große Hilfe.“ „Am Wochenende muss noch die Wäsche gemacht werden“, ergänzte Takashi. „Das kann ich gerne übernehmen.“ „Okay, dann gehe ich auch noch morgens einkaufen“, fügte Hinata bei sich noch hinzu. „Könntest du dann die Räume durchsaugen, Katsuya?“ Nachdem die Aufgaben alle besprochen waren, gingen sie ihren Aufgaben für diesen Tag nach. Hinata übernahm das Putzen zusammen mit Takashi, während Katsuya die Einkäufe für das Wochenende erledigte. Die meiste Zeit war Hinata eher still und nachdenklich und er fühlte sich auch nicht sonderlich gut. Er hatte seit gestern auch Magenbeschwerden und leichte Übelkeit, was aber auch daran lag, dass er morgen seinen Vater besuchen würde. Nervosität, Angst, Widerwillen… in seinem Kopf drehte sich alles und er fühlte sich elend. Etwas in ihm wollte einfach nicht nach Fukuoka zurück. Er hatte Angst davor. Außerdem plagte ihn immer noch das schlechte Gewissen und er fragte sich, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, wenn er einfach heimlich verschwunden wäre. Nein, das hätte nur dafür gesorgt, dass sich Katsuya und Takashi nur noch mehr Sorgen gemacht hätten. Und er hatte doch gute Vorbereitungen getroffen. Er hatte ein Alibi, sodass die Zwillinge keinen Verdacht schöpfen würden und er hatte seinen alten Klassenlehrer angerufen und ihn gebeten, die Polizei zu rufen, falls etwas schief gehen sollte. Und wenn er abends wieder zurückkam, würde er Takashi und Katsuya die Wahrheit beichten. Auch auf das Risiko hin, dass sie danach ziemlich wütend auf ihn sein würden, weil er nicht ehrlich zu ihnen gewesen war. Immer, wenn er kurz davor stand, einzuknicken und endlich mit der Sprache rauszurücken, hielt ihn diese Stimme in seinem Kopf davon ab, die ihm sagte, dass es zu spät sei, weil er bereits gelogen hatte und es nicht mehr zurücknehmen konnte. Doch irgendwie munterte es ihn nicht sonderlich auf. Nein, im Moment war ihm eher zum Heulen zumute. Während er gerade damit beschäftigt war, das Bad zu putzen, dachte er noch mal darüber nach, was er morgen seinem Vater alles sagen und vor allem wie er es ihm sagen würde. Fakt war, dass er es ihm direkt ins Gesicht sagen musste, ansonsten würde die Botschaft nie bei ihm ankommen. Und dann hätte Hinata sich seine Fahrt nach Fukuoka auch sparen können. Auf jeden Fall würde er ihm sagen, dass er es leid war, immer nur von ihm herumgeschubst, geschlagen, gedemütigt und herumkommandiert zu werden und er sich das nicht mehr länger gefallen lassen würde. Ebenso wenig würde er noch weiter vor ihm davonlaufen und sich verstecken wie ein Feigling. Dann würde er ihm die Wahrheit sagen, dass er in Tokyo Kunst studierte und als Freelancer für einen Verlag arbeitete und bereits eine erste Serie veröffentlicht hatte und bald die nächste folgen würde. Und zu guter Letzt würde er ihm sagen, dass er in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung mit Zwillingsbrüdern war. Nun, er konnte sich jetzt schon darauf einstellen, dass die Fetzen fliegen würden. Er konnte sich sogar vorstellen, dass sein alter Herr noch die Küche zerlegen würde, wenn er wieder einen seiner berüchtigten Tobsuchtsanfälle hatte. Aber trotzdem gab es einen winzigen Teil in Hinatas Kopf, der sich auf diese Konfrontation freute. Denn endlich würde er ein einziges Mal in seinem Leben den Mut aufbringen, seinem Vater die Stirn zu bieten und ihm alles ins Gesicht zu sagen. Damit würde er nicht nur sich selbst eine große Last von den Schultern nehmen, sondern er konnte auch mit Stolz sagen, dass er sich zum ersten Mal gewehrt hatte. Vielleicht verstanden Katsuya, Takashi und Herr Sugiyama nicht, warum es ihm so wichtig war, die Konfrontation zu suchen, auch wenn er wusste, dass es nicht gut für ihn enden würde. Aber solange er das nicht getan hatte, würde er keinen Seelenfrieden haben. Dann würde immer diese Angst und Unsicherheit in seinem Hinterkopf bleiben. Er musste sich selbst beweisen, dass er stark genug war, ansonsten würde er sich für den Rest seines Lebens nur noch hinter anderen verstecken, die ihn dann beschützen mussten. Am Nachmittag gab es „Takashi’s Spezialgericht“, was sich als ein ziemlich scharfes aber dennoch verdammt leckeres Curry entpuppte. Dennoch trieb die Schärfe Hinata die Tränen in die Augen und er schaffte nicht sonderlich viel davon. Katsuya hingegen schien quasi immun gegen die Schärfe zu sein. Er aß eine Portion nach der anderen und auch Takashi schien das nichts auszumachen. Doch die beiden bemerkten schnell, dass Hinata das nicht so leicht wegsteckte. „Ist dir das zu scharf?“ erkundigte sich Takashi und als Hinata den Kopf hob, sah er auch, dass seine Wangen glutrot waren. „Ein wenig“, gestand der 20-jährige und goss sich etwas Milch ein, um die Schärfe zu neutralisieren. „Normalerweise esse ich nie scharf.“ „Dann mach ich dir beim nächsten Mal ein etwas milderes Curry. Ist dir irgendwie schwindelig?“ „Nein, nur heiß…“ Hinata schaffte noch den Rest seiner Portion und musste danach zwei Gläser Milch trinken, um das Höllenfeuer in seinem Mund irgendwie loszuwerden. Und Katsuya, der es wohl scharf liebte und sogar noch ein paar Chiliflocken über sein Essen streute, kam natürlich mit einer Geschichte an, die zu ihm passte. „Kennt ihr Yurako Hasegawa, die bei uns Literatur studiert?“ „Die nebenbei im Schwimmclub ist?“ hakte Takashi nach und bekam ein bestätigendes Nicken zur Antwort. Katsuya aß noch den letzten Bissen und erzählte, dass Yurako, von der selbst Hinata wusste, dass sie trotz Studium nicht die Hellste war, im Krankenhaus gewesen sei. Sie hatte im sozialen Netzwerk geschrieben, dass sie schlimme Beschwerden gehabt hätte, insbesondere auf der Toilette und dass sie ihre Symptome gegoogelt hätte. Dabei hat sie sich eingeredet, dass sie eine akute Blasenentzündung hätte und hatte sich daraufhin einliefern lassen. So viel hatte sie geschrieben. Nachdem sie sich einen Tag lang gar nicht gemeldet hatte, kam dann die Antwort, was die brennenden Schmerzen in ihrem Land des senkrechten Lächelns verursacht hatte: ihr Freund Keigo hatte zuvor gekocht gehabt… mit Chilischoten. Sie hatten beide in der Küche rumgemacht und dann ist er mit seiner Hand, mit der er die Chilischoten angefasst hatte, weiter südlich bei ihr gewandert. Und den Rest konnte man sich ja denken. Takashi und Hinata schüttelten schmunzelnd den Kopf bei dieser Geschichte, während Katsuya vor Lachen sogar in Tränen ausbrach und sich kaum auf seinem Platz halten konnte. Vor allem weil es seiner Meinung nach schon peinlich genug war, solche Sachen überhaupt öffentlich zu posten. Doch da wandte sich der Sportbegeisterte an Hinata, denn er war noch nicht fertig. „Und Takashi ist mal fast das Gleiche passiert“, ergänzte Katsuya, der sichtlich Mühe hatte, weiterzureden, weil er nicht aufhören konnte zu lachen. „Als er sein Spezialgericht gekocht hat, ist er nach dem Essen…“ „Katsuya!“ rief Takashi protestierend. „Hör bloß auf damit!“ Doch der jüngere Zwilling dachte nicht daran und fuhr einfach fort. „Als er sich in seinem Zimmer einen von der Palme wedeln wollte, hatte er da auch noch Rückstände von dem Chilizeug dran. Mit dem Ergebnis, dass er schreiend durch die Bude gelaufen ist und sein bestes Stück ganz rot angelaufen war.“ Da musste Hinata nun wirklich lachen, denn allein die Vorstellung war einfach zu lustig. Takashi war der Einzige, der nicht sonderlich darüber lachen konnte. Kapitel 21: Eine Lüge fliegt auf -------------------------------- Schlagartig wachte Hinata auf, als er realisierte, dass er verschlafen hatte. Obwohl er eigentlich um halb drei Uhr aufstehen wollte, war es inzwischen schon fünf Uhr und er eilte hastig ins Bad, um sich fertig zu machen. Schöne Scheiße, dachte er sich und wusch sich schnell. Jetzt musste er sich beeilen, ansonsten würde er viel zu spät in Fukuoka ankommen und dann würde es nur noch mehr Stress geben. Warum nur hatte sein Wecker denn nicht geklingelt? Er hatte ihn doch extra eingestellt gehabt. Wahrscheinlich hatte er vergessen, die Weckfunktion auch zu aktivieren. Wenn er sich jetzt beeilte, schaffte er es bis sechs Uhr zum Bahnhof und war dann um halb eins in Fukuoka. Das würde auch gehen. Er hatte seiner Mutter ja gesagt gehabt, dass er gegen Mittag kommt, allerdings noch keine genaue Uhrzeit festgelegt. Nachdem er im Bad fertig war, eilte er in sein Zimmer zurück und suchte sich die Klamotten raus, die er anziehen wollte. Dazu wählte er ein weißes T-Shirt und dazu ein grünblau-kariertes Hemd und eine 7/8-Jeans. Gerade, als er sich seine Sneakers anziehen wollte, hörte er Schritte auf dem Flur und kurz darauf tauchte einer der Zwillinge im Türrahmen auf. Es war Katsuya. „Guten Morgen“, murmelte er und gähnte laut. „Wieso denn die Eile?“ „Ich hab verschlafen“, erklärte Hinata und band sich die Schuhe zu. „Hab ich dich geweckt?“ „Nee, ich wollte eh gleich ein bisschen Frühsport machen. Willst du nicht vorher noch Frühstück?“ „Keine Zeit. Ich hol mir am Bahnhof was. Tut mir leid, ich bin jetzt auch weg.“ Damit schnappte sich Hinata noch seine Umhängetasche und seine Geldbörse, wo er auch die Tickets aufbewahrte, gab Katsuya noch schnell einen Kuss auf die Wange und war dann auch verschwunden. Müde schlurfte der jüngere Zwillingsbruder in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen, denn bevor er zum Joggen ging, musste er erst mal wach werden. Dabei wunderte er sich, wieso Hinata sich denn so abhetzte. Dann hatte er halt verschlafen, na und? Sein Lehrer war zwar krank, aber der starb doch nicht gleich weg, wenn er sich ein oder zwei Stunden verspätete. Naja, aber Hinata war eben halt jemand, der immer absolut korrekt sein wollte und da legte er auch so eine Verspätung halt auf die Waagschale, weil er es immer allen recht machen wollte. Na hoffentlich stieg er in der ganzen Hektik nicht noch in den falschen Zug. Das würde er ihm tatsächlich zutrauen, wenn er so überstürzt war. Naja, sein alter Lehrer war ihm halt sehr wichtig, immerhin hatte dieser ihm ja sehr geholfen und darum hatte er ihm auch einiges zu verdanken. Wahrscheinlich hätte er selbst auch nicht anders reagiert, wenn er bei seinem ehemaligen Lehrer so in der Schuld stand und dieser ihm quasi den Arsch gerettet hatte. Er hatte ja auch schon gestern gesehen, wie ernst und niedergeschlagen Hinata gewirkt hatte. Total in sich gekehrt, still und völlig in Gedanken versunken. Da hatte sich Katsuya halt auch große Sorgen gemacht und versucht, ihn mit ein paar lustigen Geschichten aufzumuntern, was ja auch geklappt hatte. Na hoffentlich kam Hinata zurecht und es stand nicht allzu schlimm um seinen Lehrer, Sorgen schien er sich ja offenbar schon zu machen. Schließlich kam auch Takashi hinzu, allerdings hätte man eher den Eindruck gewinnen können, er würde schlafwandeln. „Was war da gerade los?“ „Ach nichts Besonderes. Hinata hatte bloß verschlafen“, erklärte Katsuya und goss seinem Bruder auch eine Tasse Kaffee ein. „Deswegen war er halt ein bisschen in Eile.“ Ein kurzes „Ach so“, kam zur Antwort und Takashi streckte sich müde. Normalerweise schlief er ja noch und selbst Katsuya wunderte sich, wieso sein älterer Bruder bereits auf den Beinen war. Die Erklärung war recht simpel: er konnte einfach nicht mehr schlafen, das war schon alles. „Hast du dir wegen Hinata Gedanken gemacht?“ Es war für Katsuya nicht sonderlich schwer zu erraten, was sein Bruder so dachte. Immerhin waren sie Zwillinge und als solche hatten sie schon immer eine besondere Verbindung zueinander gehabt. Und genauso wusste Takashi meistens, was seinem jüngeren Bruder so durch den Kopf ging. Das war aber auch nicht immer sonderlich von Vorteil und konnte auch schon mal nervig sein. „Er machte gestern einen ziemlich niedergeschlagenen Eindruck. Und er wirkte ein wenig nervös.“ „Was hast du erwartet? Sein alter Lehrer ist schwer krank und dieser hat ihm geholfen, Fukuoka zu verlassen. Er ist halt jemand, der ziemlich sensibel ist und schnell heult.“ Ja das wusste Takashi auch, aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl. Vielleicht machte er sich ja auch zu viele Gedanken, aber etwas in ihm sagte ganz deutlich, dass etwas nicht in Ordnung war. Und er hatte sich schon mal auf sein Bauchgefühl verlassen, als diese Sumire versucht hatte, Katsuya ein Kind anzuhängen. Das war auch eine ziemlich üble Geschichte gewesen. Takashi hatte seinen Bruder schon mehrmals gewarnt gehabt, sich bloß nicht auf diese Sumire einzulassen, weil er wusste, dass sie Ärger bedeuten würde und was war? Katsuya hatte nicht auf sie gehört und seinen Spaß mit ihr gehabt. Einen Monat später hatte er sie verlassen, weil Sumire mehr auf Geld aus war und ihn quasi nur ausgenutzt hatte. Weitere drei Monate war sie zu ihm gekommen mit der Nachricht, dass sie schwanger von ihm sei und er für das Kind aufzukommen hätte. Zum Glück hatte Takashi seinem Bruder genug Vernunft eintrichtern können, dass dieser sich nicht auf dieses Spielchen einließ. Und wie sich herausgestellt hatte, war Sumire von einem anderen Typen geschwängert worden, mit dem sie vor Katsuya zusammen war. Damit hatte sich dieser Vorfall geklärt und seitdem hörte sein jüngerer Bruder auch auf ihn. Doch rührte sein jetziges Bauchgefühl nicht vielleicht bloß von seinem Beschützerinstinkt gegenüber Hinata her? Bei ihm war er ja oft genug in Sorge, weil Hinata immer so ängstlich und schüchtern war. Schließlich, nachdem Katsuya seinen Kaffee ausgetrunken hatte, stand er wieder auf, da er nun gleich joggen gehen wollte. „Manchmal machst du dir echt zu viele Sorgen, Takashi. Hinata ist bloß seinen kranken Lehrer besuchen. Echt… manchmal bist du wie eine Glucke.“ Vielleicht hat Katsuya ja Recht, dachte sich der ältere Zwillingsbruder und beschloss, sich noch ein wenig hinzulegen. Immerhin hatte er noch nicht allzu viel vor und es war noch sehr früh. Ein oder zwei Stunden konnte er ja noch schlafen. Obwohl er seinen Wecker gestellt hatte, war Takashi so tief am Schlafen, dass er das Klingeln gar nicht gehört hatte. Erst als Katsuya ihn kräftig durchrüttelte und ihn rief, wachte er wieder auf. „Takashi! Aufstehen, du Schlafmütze. Wir haben schon wieder elf Uhr!“ Ruckartig setzte sich der ältere Zwilling auf als er merkte, dass er statt bloß einer Stunde gleich fünf Stunden geschlafen hatte und damit auch völlig verpennt hatte, das Frühstück zu machen. Mit einem schläfrigen „Ach du Scheiße…“ stand er auf und versuchte sein Haar halbwegs zu ordnen. „Tut mir leid, ich wollte mich eigentlich nur mal kurz hinlegen… Warte, ich mach gleich das Frühstück.“ „Lass nur, ich hab mir schon was gemacht. Oh Mann, Takashi. In deinem letzten Leben bist du sicher ein Murmeltier gewesen oder so…“ „Ich hatte vorhin nur drei Stunden Schlaf gekriegt. Am besten geh ich mich mal fertig machen, damit ich heute noch in den Supermarkt komme. Worauf hättest du heute Lust?“ „Wie wäre es mit Takoyaki? Die sind momentan im Angebot.“ „Klingt gut, wir können…“ Ein lautes Klingeln unterbrach Takashi und für einen Moment glaubte er, es wäre sein Handy, doch es klang nicht nach der Gintama Version von Doraemon und auch nicht nach dem „IT’S OVER 9000!!!“ Gebrüll von Katsuyas Klingelton. Nein, es war ein ganz normaler Standardklingelton. Aber was war es dann? Er blieb stehen und lauschte nach der Quelle des Geräuschs, doch sein Bruder war da schneller und sammelte ein Handy vom Fußboden auf. Es war Hinatas Handy. Offenbar hatte er es in der Hektik heute Morgen verloren und gar nicht bemerkt, dass es ihm heruntergefallen war. „Katsuya starrte einen Moment auf das Display und begann plötzlich darauf herumzutippen, sehr zu Takashis Entsetzen, der sofort versuchte, ihn davon abzuhalten. „Lass den Scheiß!“ rief er. „Das ist Hinatas Handy.“ „Ja und? Kann doch sein, dass er von einer Telefonzelle aus anruft um sicherzugehen, dass er das Handy nicht unterwegs verloren hat.“ Doch Takashi hatte da so seine Zweifel und entschied, dass es vielleicht besser war, wenn er selber ranging. Wenn nämlich Hinatas Vater vielleicht einen überraschenden Anruf machte, mussten sie aufpassen, dass Hinatas Geheimnis nicht aufflog. Außerdem konnte es auch gut sein, dass es vielleicht Frau Kano war, allerdings bezweifelte er das eher, denn es war immerhin Wochenende und da hatte sie sicherlich auch Besseres zu tun. Nein, wahrscheinlich war es Hinatas Vater und wenn das der Fall war, musste er aufpassen, dass dieser Kerl keinen Verdacht schöpfte. Also nahm er den Anruf an und bevor er etwas sagen konnte, hörte er auch schon eine männliche Stimme am Telefon, die einem Mann um die 40 Jahre gehören musste. „Hallo Hinata, ich bin’s. Ich wollte mich nur erkundigen, wann du ungefähr am Bahnhof ankommst. Mir ist nämlich eingefallen, dass ich gleich kurz einen Termin habe und nicht über Handy zu erreichen bin.“ Die Stimme klang sehr freundlich und nach Takashis Einschätzung gehörte sie wahrscheinlich nicht Hinatas Vater. So wie dieser immer beschrieben wurde, hätte er mit großer Sicherheit einen ganz anderen Ton angeschlagen. „Entschuldigung, aber Hinata hat leider sein Handy vergessen. Hier spricht sein Mitbewohner. Wer ist denn da?“ „Ach herrje!“ rief die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hier ist Isao Sugiyama, ich bin Hinatas ehemaliger Klassenlehrer.“ Ach so, das war Herr Sugiyama. Nun, dann musste er wohl nicht ganz so arg mit seinen Aussagen aufpassen. „Sie sind also Amanos Mitbewohner? Können Sie mir vielleicht sagen, wie spät er ungefähr in Fukuoka eintreffen wird?“ Takashi dachte kurz zurück, wann Hinata ungefähr losgegangen war. Vor sechs Uhr hat er es definitiv nicht zum Bahnhof geschafft. Wenn er noch die nächste Linie erreichte, dann konnte er sich ungefähr denken, wann er da sein würde. „Ich würde schätzen, dass er so gegen 12:20 Uhr ankommen wird. Keine Ahnung, wie lange er von dort aus bis zum Krankenhaus brauchen wird…“ „Krankenhaus?“ fragte Herr Sugiyama irritiert. „Wieso denn Krankenhaus? Ist denn etwas passiert?“ Nun war auch Takashi verwirrt und verstand nicht so ganz die Reaktion des Lehrers. Wahrscheinlich hatte dieser gerade irgendetwas anderes im Kopf und so erklärte er, dass Hinata nach Fukuoka fahren wollte, um seinen ehemaligen Klassenlehrer zu besuchen, der mit einem Krebsleiden im Krankenhaus lag. Doch was er dann erfuhr, riss ihm fast den Boden unter den Füßen weg. „Nein, da liegt ein Irrtum vor“, erklärte Herr Sugiyama. „Hinata hat mich gestern angerufen und mir gesagt, dass er nach Fukuoka kommen wolle, um sich mit seinem Vater auszusprechen. Und er hatte mich gebeten, die Polizei zu rufen, sollte er sich nicht zu einem verabredeten Zeitpunkt bei mir melden.“ Takashi wäre in diesem Moment fast das Handy aus der Hand gefallen und selten war er in seinem Leben so erschrocken wie in diesem Moment als er realisierte, was es mit Hinatas seltsamen Verhalten wirklich auf sich hatte und was das bedeutete. Er hatte sie beide belogen und war nach Fukuoka gefahren, weil er seinem Vater die Meinung sagen wollte. Genau das, was er schon bei ihrem gemeinsamen Ausflug zum Onsen angedeutet hatte. Doch Takashi war sich sicher gewesen, dass er ihm diese Idee ausgeredet hatte. Warum nur hatte er nichts davon gesagt und hatte sie angelogen? Etwa weil er nicht wollte, dass sie ihn nach Fukuoka begleiteten oder sich Sorgen machten? „Sugiyama-san, können Sie mir vielleicht die Adresse von Hinatas Familie geben? Ich glaube, es ist besser, wenn wir so schnell wie möglich nach Fukuoka fahren.“ „Befürchten Sie etwa, Hinata könnte etwas zustoßen?“ „Wenn er das erzählt, von dem ich befürchte, dass er es tun wird, dann auf jeden Fall. Nachdem, was Hinata uns über seinen Vater erzählt hat, kann alles Mögliche passieren.“ „Okay, ich schicke Ihnen die genaue Adresse als SMS an Hinatas Handy. Und rufen Sie mich bitte an, wenn Sie Näheres wissen.“ Damit legte Takashi auf und eilte in sein Zimmer zurück, um sich schnell anzuziehen, dabei rief er Katsuya zu, er solle schon mal sein Fahrrad holen. Doch der jüngere Zwilling, der nicht ganz verstand, was denn jetzt los war, blieb stehen und hakte nach. Während Takashi sich umzog, erklärte er „Hinata ist nicht zu seinem Lehrer gefahren, wie er uns erzählt hat. Er will zu seinem Vater, um ihn zur Rede zu stellen und ihm alles zu erzählen. Angefangen von seiner Beziehung zu uns, seinem Kunststudium und seiner Karriere als Autor für Yaoi-Mangas. Und er hatte wohl gestern seinen Lehrer angerufen, um ihn zu bitten, im Notfall die Polizei zu rufen, wenn er sich nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt melden sollte.“ „Shit!“ rief Katsuya, dem nun auch langsam dämmerte, was das bedeutete. „Dann lass uns so schnell wie möglich zum Bahnhof fahren.“ Nachdem Takashi fertig war, eilten sie nach draußen, schnappten sich ihre Fahrräder und fuhren zum Bahnhof, da es mit dem Auto bei dem täglichen Verkehr eh keinen Sinn machen würde. Doch es würde trotzdem sechs Stunden dauern, bis sie in Fukuoka waren. Sechs Stunden, in denen sonst was passieren konnte. Beide waren gleichermaßen besorgt und obwohl sie versuchten, Ruhe zu bewahren, malten sie sich dennoch die schlimmsten Szenarien in ihren Köpfen aus. Vor allem Katsuya war vollkommen ratlos, wieso Hinata nicht von vornherein die Wahrheit gesagt hatte und sie angelogen hatte. Hatte es dafür irgendeinen Grund gegeben? Hatten er und Takashi ihm irgendeinen Anlass gegeben, dass er ihnen nicht die Wahrheit sagen konnte? Sie waren doch immer ehrlich zueinander gewesen. Als sie zusammen im Zug saßen, wandte sich Katsuya an seinen Bruder. „Was meinst du, Takashi? Haben wir irgendetwas falsch gemacht?“ Takashi sah, dass seinem Bruder das Ganze ziemlich an die Nieren ging. Kein Wunder, denn bisher hatte Katsuya immer nur oberflächliche Beziehungen gehabt, aber Hinata war seine erste wirklich bedeutsame Liebe und keiner von ihnen hätte gedacht, dass es so kommen würde, dass Hinata sie belog und heimlich zu seinem Vater fuhr. Aber nachdem er sich das Ganze noch mal hatte durch den Kopf gehen lassen, begann er langsam zu verstehen, warum Hinata sich so verhalten hatte. „Nein, ich glaube nicht, dass es daran liegt“, erklärte er schließlich. „Ich denke, dass Hinata uns einfach nur schützen wollte. Nach allem, was wir inzwischen über seinen Vater wissen, hatte er wohl Angst gehabt, dass wir mitkommen würden und wir seinetwegen in Gefahr geraten.“ Doch Katsuya schüttelte den Kopf und meinte „Das ist doch Blödsinn. „Wir sind zu zweit und du wirst selbst mit einem ausgewachsenen Schlägertypen fertig, genauso wie ich.“ „Das schon, aber wenn man so große Angst vor jemanden hat, dann kann man halt nicht objektiv denken. Wahrscheinlich hätte nur einen muskelbepackten Profiboxer oder aber einer Polizeistaffel zugetraut, mit seinem Vater fertig zu werden. Hinata hat uns nicht belogen, weil er uns nicht vertraut, sondern weil er uns liebt und uns aus der ganzen Sache raushalten will. Denn wenn er ihm erzählt, dass er in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung ist, dann ist es doch klar, dass wir dann auch ins Fadenkreuz seines alten Herrn geraten. Und genau das will er nicht, deshalb geht er lieber alleine.“ „Trotzdem… Wieso will er denn überhaupt zu ihm hin, wenn er doch eh nur wieder misshandelt wird? Ich kapier das nicht.“ „Vielleicht verstehen wir es nicht, weil wir aus einer intakten Familie kommen. Denk doch mal nach. Unsere Eltern haben bisher immer unsere Entscheidungen akzeptiert. Selbst die Tatsache, dass wir in einer Dreierbeziehung sind. Ich denke, es ist für Hinata einfach wichtig, dass er ein für alle Male mit diesem Kapitel abschließt und das Thema abhaken kann. Vielleicht ist es für ihn auch ein Versuch, aus dieser Opferrolle herauszukommen, indem er sich jener Person entgegenstellt, unter der er am meisten zu leiden hatte. Das zumindest wäre meine Erklärung. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht allzu schlimm wird. Hinatas Lehrer hat uns ja die Adresse gegeben und wenn Hinata ihn doch noch anrufen sollte, wird er ihm Bescheid sagen, dass wir auf dem Weg sind.“ Gedankenverloren sahen sie aus dem Fenster und sahen die Landschaft an sich vorüberziehen. „Meinst du, wir hätten es irgendwie verhindern können?“ „Vielleicht, vielleicht auch nicht…“, murmelte Takashi und betrachtete nachdenklich Hinatas Handy. „Wahrscheinlich hätten wir ihn überreden können, uns mitzunehmen, wenn wir davon gewusst hätten. Aber ich denke eher, er hätte sich irgendetwas einfallen lassen, um uns abzuschütteln und alleine zu gehen. Ich glaube, dass er wirklich versuchen will, sein Leben zu ändern und dass dies für ihn ein wichtiger Schritt ist, mit seiner Vergangenheit abzuschließen. Und ich glaube, da hätte ihn niemand aufhalten können. Weder du, noch ich.“ „Trotzdem…“ Katsuya seufzte und nahm seine Brille ab, um die Gläser zu putzen. Er war unruhig und das merkte auch Takashi allzu deutlich. So eine Situation war für ihn absolut neu und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Am schlimmsten war es dieses Warten, denn während sie im Zug saßen, konnte alles Mögliche passieren. Sie würden nicht da sein, um Hinata helfen zu können, sondern waren erst da, wenn alles schon vorbei war. Und wie das Ergebnis aussah, wusste keiner von ihnen. Aber sie ahnten nichts Gutes. „Ich schwöre dir eines, Takashi: wenn dieser Penner Hinata irgendetwas antut, dann kriegt er einen so dermaßen unter die Gürtellinie verpasst, dass ihm die Eier nach innen wachsen!“ Kapitel 22: Die Konfrontation ----------------------------- Nachdem der Zug wegen einer Panne auf der Hälfte der Strecke knapp eine Dreiviertelstunde Verspätung hatte, war Hinata gegen 13 Uhr endlich in Fukuoka und fühlte sich wie gerädert. Sechs Stunden in einem Zug zu sitzen war eben nicht ganz ohne und er war heilfroh, endlich angekommen zu sein. Nachdem er raus auf den Bahnsteig getreten war, streckte er sich erst mal und war heilfroh, sich endlich wieder richtig bewegen zu können. Das stundenlange Sitzen war aber auch echt anstrengend und zu allem Unglück war ihm auch noch der Hintern eingeschlafen. Aber wenigstens war er jetzt wieder da und es war schon ein komisches Gefühl, nach der ganzen Zeit wieder in Fukuoka zu sein. Und auch wenn der Anlass nicht gerade der beste war, so freute er sich trotzdem ein Stück weit, wieder seine Heimatstadt zu sehen. Doch das war jetzt erst mal nebensächlich, denn er hatte nämlich noch etwas anderes vor. Er musste nämlich noch Herrn Sugiyama anrufen und ihm Bescheid geben. Also begann Hinata in seiner Tasche nach seinem Handy zu suchen, fand es aber nicht. Der Schreck überkam ihn. Schnell begann er seine Tasche zu leeren, um ganz sicherzugehen, doch es war nicht da. Er musste es zuhause vergessen haben. Schöner Mist. Ausgerechnet heute musste er natürlich sein Handy vergessen. Das war ihm wohl in der Eile heute Morgen passiert. Immer, wenn er in Eile war, vergaß er schnell irgendetwas. Na dann blieb ihm wohl kaum etwas anderes übrig, als nach einer Telefonzelle zu suchen. Zum Glück gab es ja in der Nähe des Bahnhofs eine. Also verließ er den Bahnsteig und als er vor dem Bahnhof war, fand er tatsächlich ein Münztelefon und nachdem er ein paar Münzen eingeworfen hatte, wählte er sogleich Herrn Sugiyamas Nummer, die er zum Glück auswendig kannte. Und es dauerte zum Glück nicht lange, bis dieser abnahm. „Guten Tag, Sugiyama-sensei. Ich bin’s, Hinata Amano. Entschuldigen Sie, aber mein Zug hatte Verspätung und ich hab mein Handy zuhause vergessen, deswegen rufe ich gerade vom Münztelefon aus an.“ „Ja ich bin bereits im Bilde. Ich habe nämlich vor knapp zwei Stunden versucht, dich anzurufen, weil ich gleich einen Termin habe. Dein Mitbewohner hat sich gemeldet.“ Hinatas Augen weiteten sich vor Entsetzen. Herr Sugiyama hatte mit einem der Zwillinge gesprochen? Dann war seine Lüge also aufgeflogen? Verdammt, das war nicht gut… „Was… was haben Sie mit ihnen besprochen?“ „Nun, ich habe deinem Mitbewohner gesagt gehabt, dass du nach Fukuoka kommst, um mit deinem Vater zu sprechen. Er klang sehr besorgt und wollte deshalb nachkommen.“ Oh Gott, die Zwillinge wollten also auch nach Fukuoka? Das war ganz und gar nicht gut. Die beiden durften auf keinen Fall seinem Vater über den Weg laufen. Er musste sich jetzt etwas einfallen lassen. „Amano, warum hast du ihnen nicht die Wahrheit gesagt?“ „Weil ich nicht will, dass die beiden in diese Sache mit reingezogen werden und mein Vater noch auf sie losgeht. Takashi und Katsuya sind mir sehr wichtig und ich will einfach nicht, dass sie meinetwegen Probleme bekommen. Deswegen dürfen sie auch auf keinen Fall zu meinen Eltern. Bitte, Sensei!“ Er hörte ein leises Seufzen am anderen Ende der Leitung, woraufhin Herr Sugiyama schließlich sagte „Ich werde die beiden später vom Bahnhof abholen. Und du überlegst dir bitte noch mal gründlich, ob du das wirklich tun willst. Wenn die beiden da sind, werde ich mit ihnen zu deiner Familie kommen, falls du dich bis dahin nicht gemeldet hast.“ Zuerst wollte Hinata protestieren, aber andererseits war das auch ein vernünftiger Vorschlag von seinem alten Klassenlehrer. Anders ging es wohl nicht. Also gab er sich damit zufrieden und verabschiedete sich von Herrn Sugiyama. Dabei überlegte er kurz, wie viel Zeit ihm blieb. Wenn Herr Sugiyama vor zwei Stunden bei ihm angerufen hatte, konnten Takashi und Katsuya nur gegen halb zwölf oder zwölf den nächsten Zug genommen haben. Das bedeutete, dass sie spätestens um 18 Uhr hier waren. Also knapp fünf Stunden blieben ihm noch. Nun, das sollte reichen, um zu tun, weshalb er eigentlich hier war. Trotzdem war er völlig durch den Wind. Seine Lüge war aufgeflogen und obwohl Takashi und Katsuya allen Grund dazu hatten, sauer auf ihn zu sein, machten sie sich Sorgen um ihn. Er war wirklich nicht fair zu ihnen gewesen… Nun, jetzt war es auch gelaufen. Es blieb ihm nur noch, die Zeit zu nutzen und sein Vorhaben in die Tat umzuziehen. Also stieg er in den nächsten Bus, damit er schnellstmöglich zu seinen Eltern kam. Nach einer zehnminütigen Fahrt und einem anschließenden fünfminütigen Fußweg stand er nun endlich vor dem Apartment, wo seine Eltern ihre Wohnung hatten. Er atmete tief durch und bereitete sich noch mal mental auf das Bevorstehende vor. Trotzdem überkam ihn ein flaues Gefühl in der Magengegend, als er vor der Tür stand und auch die Angst kehrte wieder zurück. Dann aber betätigte er die Klingel und kurz darauf hörte er auch schon seinen Vater laut rufen. Aber das hatte nicht zu bedeuten. Er war immer laut und kannte eigentlich keinen normalen Umgangston. Schließlich wurde die Tür von einer hageren Frau geöffnet, die sich ihr Haar zu einem Knoten zusammengebunden hatte. Allerdings war die Frisur recht in Mitleidenschaft gezogen worden und ihre Nase war ein wenig krumm, so als wäre sie schon mal gebrochen worden. Sie machte einen etwas teilnahmslosen und müden Eindruck, auch ihre Augen wirkten glanzlos und leer. Es schien so, als hätte diese Frau ihr Leben schon längst hinter sich und als wäre jegliche Lebensfreude aus ihrem Körper gewichen. Es war seine Mutter Chisako. Selbst als sie ihren Sohn sah, konnte sie sich nicht zu einem Lächeln bemühen. Stattdessen sagte sie mit derselben Teilnahmslosigkeit, die sich auch auf ihrem Gesicht abzeichnete, sagte sie einfach „Ach du bist es. Komm rein, dein Vater wartet schon.“ „Mein Zug hatte leider Verspätung. Tut mir leid, Mutter.“ Doch sie sagte nichts dazu, sondern ging wieder in die Wohnung und Hinata folgte ihr. Dabei hörte er eine laute und sehr ungemütliche Stimme rufen „Wer war das?“ „Hinata ist da“, antwortete Chisako Amano und ging zusammen mit ihrem Sohn ins Wohnzimmer, wo ein fürchterliches Chaos herrschte und es stank auch. Auf dem Tisch lag überall Müll und die leeren Bierflaschen hatte auch noch niemand weggeräumt. Auch sonst machte die Wohnung einen verwahrlosten Eindruck, genauso wie jener Mann, der auf der Couch saß und sich eine Show im Fernsehen ansah. Er war stark untersetzt, hatte aber dennoch kräftige Arme. Das Gesicht erinnerte an das einer angriffslustigen Bulldogge mit blutunterlaufenen Augen. Mit dem fortschreitenden Alter war die Kopfbehaarung einer Halbglatze gewichen und Hiroshi Amano machte auch sonst alles andere als einen freundlichen Eindruck. Wie ein tyrannischer Herrscher in seinem Reich saß er da und befahl seiner Frau in einem barschen Ton, sie solle mit dem Essen anfangen. Auch wenn Hinata sich auf alles vorbereitet hatte und immer noch an seinem Entschluss festhielt, spürte er dennoch die entsetzliche Angst. Er bekam erst keinen Ton raus vor lauter Angst und fürchtete, dass ihm endgültig die Stimme versagen würde. Aber dann fand er doch noch die Kraft und grüßte seinen Vater in der höflichsten Art und Weise, die er kannte. Es war besser, ihm auf diese Art und Weise gegenüberzutreten. Dennoch schlug ihm das Herz bis zum Hals und seine Stimme zitterte. Die blutunterlaufenen Augen waren nun voll und ganz auf ihn gerichtet und dann ließ sein Vater ein mürrisches Brummen vernehmen. „Wie siehst du denn aus? Hast du dir neue Klamotten zugelegt? Dir geht es wohl zu gut an der Kurume Universität, was? Das sind doch sicher Markenklamotten. Wovon hast du die denn bitteschön bezahlt? Wohl sicher von meinem hart verdienten Geld, was ich dir für dein Jurastudium in den Arsch pumpe, damit aus dir mal ein vernünftiger Anwalt wird. Na los, sag schon. Wo hast du die her?“ „Ich hab… ich… ich habe sie geschenkt bekommen.“ Nun war sein Vater aufgestanden und kam direkt auf ihn zu. Hiroshi Amano war wirklich ein Mordskerl und selbst für einen Japaner ziemlich groß. Er war schon immer eine furchteinflößende Erscheinung gewesen und dieser bösartige und abwertende Blick, mit dem er jeden seiner Mitmenschen strafte, unterstrich dies noch. „Willst du mich eigentlich auf den Arm nehmen? Von wem willst du die denn bitte geschenkt kriegen? Einem nichtsnutzigen und unfähigen Waschlappen wie dir würde man ja nicht mal ein gebrauchtes Taschentuch schenken. Hast dich sicher irgendwo durchschmarotzt, wie?“ Hinatas Hände ballten sich zu Fäusten als er hörte, wie sein Vater über Katsuya und Takashi sprach. Er hatte doch überhaupt keine Ahnung. Die beiden hatten ihm diese Sachen geschenkt, weil sie genau wussten, dass er mehr war als nur ein ängstlicher und nichtsnutziger Feigling, der in diesen langweiligen Pullundern herumlief, weil er selber glaubte, er hätte nichts Besseres verdient. Die beiden hatten es getan, weil sie ihm wenigstens etwas Selbstwertgefühl geben wollten und deshalb hatte sein Vater kein Recht so etwas zu sagen. Und darum blieb er auch dabei, als er mit nun fester Stimme wiederholte „Ich habe sie geschenkt bekommen. Und ob du es glaubst oder nicht, aber es gibt Menschen, die mich nicht für einen Nichtsnutz, einen Schmarotzer oder einen Versager halten und denen ich auch wichtig bin.“ Doch sein Vater lachte nur spöttisch darüber und wollte das nicht so wirklich glauben. „Na das sind ja mal ganz neue Töne von dir. Glaubst du echt im Ernst, du bist jetzt etwas Besseres, nur weil du jetzt Markenklamotten anhast? Dann lass dir mal eines sagen: ein Schmarotzer wird immer ein Schmarotzer bleiben. Du warst schon immer einer und wirst auch immer einer bleiben. Anstatt dich so aufzubrezeln wie so ein Schickimicki aus der Oberschicht solltest du mal gefälligst mehr für dein Studium tun, wenn du mal erfolgreicher Anwalt werden willst. Ich zahl dir dein Studium ja nicht, damit du auf der faulen Haut liegen und dir ein schönes Leben auf meine Kosten machen kannst.“ Damit wandte sich Hiroshi ab und ging in Richtung Küche, um sich noch eine Flasche Bier zu holen. Mit den Jahren war sein Alkoholproblem schlimmer geworden, allerdings war er eine Art funktionierender Alkoholiker. Obwohl er oft trank, schaffte er es noch, arbeiten zu gehen. Doch leider wirkte sich der Alkohol umso negativer auf seinen eh schon schlechten Charakter aus und selbst die Nachbarschaft verlor kein gutes Wort über ihn. „Was bist du eigentlich schon heute hier?“ wollte er schließlich wissen. „Der Geburtstag ist erst morgen, oder willst du dich nur wieder vor dem Lernen drücken?“ Hinata atmete tief durch und versuchte, sich selbst zu beruhigen. Er durfte jetzt nicht wieder in sein altes Muster verfallen. Zwar war es schwer, gegen den eigenen Vater anzukämpfen, wenn dieser ein absoluter Bilderbuchtyrann war und nicht mal über seine eigene Familie ein gutes Wort verlor, aber er war doch nicht zum Spaß hergekommen, oder um sich wieder beschimpfen zu lassen. Darum durfte er jetzt bloß nicht kneifen. Wenn er sich nicht jetzt zur Wehr setzte, wann dann? „Ich bin hier, weil ich ein paar Dinge klären will.“ „Ach was. Du und klären? Was willst du denn schon klären? Wenn du noch mehr Kohle von uns willst, das kannst du vergessen. Geh gefälligst selber Geld verdienen, anstatt dir auf unseren Kosten ein schönes Leben zu machen, wenn es sogar für Markenklamotten reicht.“ „Ich habe gesagt, ich habe sie geschenkt bekommen!“ Nun war es Hinata, der die Stimme erhoben hatte und dies überraschte sogar seine Eltern. Doch seine Mutter nahm dieses neue Selbstbewusstsein nicht sonderlich positiv auf und ermahnte ihn in einem vorwurfsvollen Ton „So redest du nicht mit deinem Vater!“ „Halt die Schnauze und verschwinde, Chisako!“ Und damit stieß sein Vater sie weg, woraufhin sie ins Stolpern geriet und zu Boden stürzte, doch dem schenkte er überhaupt keine Beachtung. Nein, seine Aufmerksamkeit galt nun einzig und allein Hinata. Wutentbrannt starrte er ihn an und wirkte wie ein angriffslustiger Stier in der Arena. Und diesen Blick kannte Hinata nur zu gut und er hatte Angst. Unter normalen Umständen hätte er die Flucht ergriffen oder hätte eine Entschuldigung nach der anderen dahergestammelt, aber das würde heute nicht so sein. Er würde sich nicht mehr entschuldigen oder seinem Vater vor die Füße kriechen und den eingeschüchterten Angsthasen spielen wie sonst auch all die Jahre. Allein der Gedanke daran, dass Katsuya und Takashi ihm so oft beigestanden, ihn aufgebaut und ihn getröstet hatten, half ihm, standhaft zu bleiben. Er wusste nun, dass er kein Versager, kein Schmarotzer und kein wertloser Nichtsnutz war, wie ihm sein Vater schon von klein auf eingeredet hatte. Die beiden liebten ihn so wie er war und sie wussten, dass so viel in ihm steckte. Solange er sich vor Augen hielt, dass er für die beiden die große Liebe war und sie ihm so viel gaben, weil er es ihrer Meinung nach wert war, konnte er seinem Vater direkt in die Augen sehen. Darum zuckte er nicht ängstlich zusammen, als sein Vater ihn am Kragen packte und ihn fast von den Füßen riss. „Wie war das gerade?“ fragte er und eine ekelhafte Alkoholfahne wehte dem Kunststudenten entgegen. „Hast du gerade was gesagt?“ „Du hast mich genau verstanden“, entgegnete Hinata mit fester Stimme. „Und ich werde dir noch was verraten. Diese Menschen, die mir diese Sachen geschenkt haben, haben mich nie für einen Versager oder Schmarotzer gehalten. Sie haben gesagt, dass ich mehr bin als das und ich bin ihnen wichtig, genauso wie sie mir wichtig sind. Ganz egal wie oft du mich einen Nichtsnutz nennst, für diese Menschen bin ich etwas Besonderes und das werde ich mir von niemandem nehmen lassen. Insbesondere nicht von di…“ Ein Faustschlag traf Hinata ins Gesicht und durch die immense Kraft, die dahintersteckte, stürzte er zu Boden und sah für einen Moment fast Sterne. Mit schmerzverzerrtem Gesicht presste er eine Hand auf die gerötete Stelle und es tat höllisch weh. Doch er konnte von Glück reden, dass ihm kein Zahn rausgeschlagen worden und sein Kiefer noch heil war. „Wie redest du überhaupt mit mir?“ brüllte Hiroshi wutentbrannt. „Ich bin immer noch dein Vater und du hast mir gefälligst nicht zu widersprechen, wenn ich mit dir rede. Und so einen Ton dulde ich schon gar nicht bei dir. Ich reiße mir hier den Arsch für dich auf, um für dein Studium aufzukommen, damit aus dir ein anständiger Anwalt wird und du…“ „Ich werde aber niemals Anwalt werden“, rief Hinata zurück und rappelte sich auf. Mit einem Male war die Angst wie weggeblasen, stattdessen kam die Wut in ihm hoch. Er wurde von einer unbändigen Wut gegen seinen Vater erfasst und am liebsten hätte er ihn in diesem Moment in Grund und Boden geschrieen. All die Jahre hatte er alle Demütigungen und Züchtigungen still schweigend ertragen, sich niemals gewehrt und alles hingenommen. Doch nun war dieser eine Punkt gekommen, an dem der berühmte Tropfen das Fass endgültig zum Überlaufen brachte und wo selbst der schüchternste und ängstlichste Mensch nicht mehr an sich halten konnte und all das entlud, was sich so lange in ihm aufgestaut hatte. Dieser Punkt war jetzt bei Hinata angekommen. Seit seiner Geburt hatte er nie Widerworte gegeben, niemals das Wort erhoben und nie die Konfrontation gesucht. Doch nun hatte er weder die Kraft, noch den Willen, es weiterhin einfach stillschweigend hinzunehmen. Nicht nachdem er erfahren hatte, dass er jemandem wichtig war und er für zwei Menschen ein ganz wichtiger Teil ihres Lebens war. Das würde er sich nicht kaputt machen lassen, sondern es mit aller Kraft verteidigen und wenn er dafür zu jemandem wurde, der er eigentlich nicht war. Die Konsequenzen waren ihm egal, er wollte einfach nur den offenen Kampf mit seinem Vater und ihm alles entgegensetzen was er hatte. Und er wollte ihn die Wut spüren lassen, die er in sich trug und die in ihm loderte wie ein Höllenfeuer. „Ich wollte niemals Anwalt werden und ich will es jetzt auch nicht. Und ich werde auch niemals Anwalt werden, okay? Soll ich dir mal die Wahrheit erzählen: ich bin damals gar nicht nach Kurume gezogen und ich studiere dort auch gar nicht. Stattdessen bin ich heimlich nach Tokyo gezogen und studiere Kunst. Und weißt du was? Ich bin sehr gut darin. Ich habe es sogar geschafft, eine eigene Shonen-Ai Mangaserie zu veröffentlichen und ich arbeite als Freelancer neben der Uni.“ Für einen Moment war sein Vater wie erstarrt. Es sah aus, als wäre er in eine Art Schockstarre verfallen, denn so etwas hätte selbst er nicht gedacht. All die Jahre hatte er seinen Sohn unter Kontrolle gehabt und hatte nie ein Widerwort von ihm gehört und wenn, dann hatte er ihn mit einer ordentlichen Tracht Prügel wieder auf die Spur gebracht. Doch dass dieser tatsächlich die Energie aufbrachte, um zwei Jahre lang diese Scharade aufrecht zu erhalten und ihn im Glauben zu lassen, er studiere in Kurume, hätte er ihm niemals zugetraut. In diesem Moment sah er sein Lebenswerk zerstört. Der Traum von einem perfekten Anwalt als Sohn drohte zu zerplatzen und nun erfuhr er auch noch, dass sein missratener Sohn ein Künstler werden wollte und Mangas zeichnete und nicht nur das: er zeichnete Shonen-Ai Mangas. Schwulenromanzen! Das schlug dem Fass endgültig den Boden aus. Wieder schlug er zu und traf Hinata erneut ins Gesicht, ein weiterer Schlag traf seinen Brustkorb und ein dritter Schlag schleuderte Hinata gegen den Tisch, wobei er sich den Hinterkopf an der Kante stieß. Ein Blutrinnsal lief ihm denk rechten Mundwinkel hinunter und er wirkte ziemlich benommen durch die Schläge. „Du hast was?“ Hiroshi schrie sich dabei fast die Seele aus dem Leib und vor lauter Aufregung traten die Adern an seinem Hals hervor und sein Gesicht lief dabei rot an. Er sah aus, als würde er gleich explodieren. Wutentbrannt packte er Hinata an den Haaren und hielt ihn fest. „Du zeichnest Schwulenmangas? Was bist du denn? Ein gottverdammter Homo? Mein Sohn wird ganz sicher keine Schwuchtel und schon gar kein Künstler. Ich glaube, ich muss dir wohl erst mal wieder Vernunft einprügeln, damit du endlich kapierst, dass ich hier immer noch entscheide, was du tust und was nicht.“ Doch Hinata hielt seinem Blick immer noch stand und wirkte, als könne ihn in diesem Moment rein gar nichts verunsichern. „Es ist mein Leben und nicht deines“, erklärte er. „Und ich lasse mir nicht mehr länger mein ganzes Leben von dir vorschreiben. Ich werde Mangaka und ich werde nach Tokyo zurückfahren. Und es ist mir egal, ob du mich für eine Schwuchtel hältst oder nicht. Dann schaue ich mir gerne Yaois an, weil ich vor nackten Frauen Angst habe. Dann bin ich eben mit zwei älteren Jungs gleichzeitig zusammen und führe eine Dreierbeziehung. Nenn mich ruhig einen Versager, eine Schwuchtel oder einen Schmarotzer. Ich lasse mich nicht mehr von dir einschüchtern und ich lasse mir auch nicht mehr von dir mein Leben zur Hölle machen. Ich bin weder auf dich, noch auf Mutter angewiesen und ich brauche auch dein Geld nicht. Und einen Vater, der selber nichts auf die Reihe kriegt und nichts anderes kann, als seine eigene Familie zu schlagen, brauche ich erst recht nicht!“ Das war nun endgültig zu viel für Hiroshi Amano. Als er hörte, in was für eine Richtung sich sein Sohn entwickelt hatte, brannten bei ihm die Sicherungen komplett durch und er schlug zu. Er schlug wieder zu und als Hinata am Boden lag, da beschloss er, ihm diesen Schwachsinn ein für alle Male auszutreiben und ihn mit aller Macht daran zu hindern, diesen Träumen noch weiter nachzujagen. Und somit hob er seinen Fuß und trat Hinata auf den rechten Arm. Ein schmerzerfülltes Schreien erfüllte den Raum und Chisako beobachtete vom Türrahmen aus das Geschehen. Sie selbst konnte nicht glauben, wie sehr sich ihr Sohn verändert hatte. Das war nicht mehr derselbe Hinata. Ihr Hinata war gehorsam gewesen und hatte nie Gegenwehr geleistet und was war nun? Er war widerspenstig, arrogant und rebellisch geworden. So ein Verhalten kannte sie gar nicht von ihm. Und dann noch zu erfahren, dass er sie zwei Jahre lang belogen und in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung war und seinem Traum als Mangaka nachgegangen war… Was hatte nur dazu geführt, dass ihr Sohn nun so verdorben worden war? Es gab ein fürchterliches knackendes Geräusch, als Hiroshi noch mal zutrat. Hinata schrie vor Schmerz, als sein Arm unter dieser Gewalteinwirkung brach. Für Hiroshi war damit das Ende von Hinatas lächerlichen Träumen besiegelt und er hätte vielleicht an dieser Stelle Schluss gemacht und es sein gelassen. Doch seinen Sohn vor Schmerz schreiend am Boden liegend zu sehen und gleichzeitig zu wissen, was dieser sich gerade erlaubt hatte, ließ ihn sein Vorhaben gleich wieder vergessen. Das da war nicht sein Sohn. Sein Sohn war kein Künstler, kein Yaoi-lesender Schwuler, der sich so rebellisch aufführte und es wagte, so mit dem Oberhaupt dieser Familie zu sprechen. Er würde ihn lehren, was es bedeutete, sich dem Willen seines Vaters zu widersetzen. Er würde ihm all diese Verdorbenheit und Widerspenstigkeit aus dem Leib prügeln. Und wenn er ihn dafür sogar umbringen musste. Doch dieses Mal blieb es nicht mehr bei Schlägen. Mit voller Kraft trat er ihm gegen den Bauch und Hinata, der vollkommen unfähig war, körperlich oder verbal noch weiter Gegenwehr zu leisten, konnte nichts tun, als sich vor Schmerz zu krümmen. Dann traf ihn ein Tritt gegen den Kopf, der ihm fast das Bewusstsein raubte. Ein weiterer folgte und noch einer, der seine Welt endgültig in eine tiefe schwarze Dunkelheit hüllte, als er ohnmächtig wurde. Kapitel 23: Die Diagnose ------------------------ Als Takashi und Katsuya am Hauptbahnhof in Fukuoka antrafen, wurden sie bereits von Herrn Sugiyama erwartet, der sie abholen wollte. Er war ein sehr schlanker und charismatischer Mann von 41 Jahren mit einer ruhigen und sanften Erscheinung und blassen, aber sehr schönen Händen. Er begrüßte die beiden und bot an, sie in seinem Auto zu fahren, was die Zwillinge dankend annahmen. Als sie gemeinsam zum Apartmentgebäude fuhren, wo die Amanos ihre Wohnung hatten, mussten sie schnell feststellen, dass niemand da war oder zumindest niemand öffnete. Durch das laute Klopfen aufmerksam gemacht, öffnete sich die Nachbarwohnung und eine Frau um die Mitte fünfzig kam heraus. Sie wischte sich ihre Hände an der Schürze ab und musterte die drei mit einem skeptischen Blick. „Da können Sie klingeln und klopfen, so viel Sie wollen. Da ist niemand da.“ „Wissen Sie vielleicht Genaueres?“ fragte Herr Sugiyama und sogleich wanderte der Blick der Dame zur Wohnungstür der Amanos. „Heute Mittag war mal wieder nur Lärm zu hören. Wirklich eine unmögliche Familie. Und heute war es sogar noch schlimmer als sonst. Es hörte sich fast so an, als würden die sich gegenseitig umbringen wollen und da war wohl ein ziemlicher Streit im Gang. Wenn man direkt nebenan wohnt, dann muss man sich das ja leider immer wieder mit anhören und ich habe schon oft genug die Polizei wegen der Lärmbelästigung gerufen. Ich war gerade beim Stricken, als ich wieder Geschrei hörte, aber es kam dieses Mal nicht von ihm. Es klang, als würde dieser Kerl jemanden umbringen und da habe ich sofort die Polizei gerufen.“ Entsetzen zeichnete sich auf den Gesichtern der Zwillinge ab, als sie das hörten. Konnte es sein, dass Hinatas Streit mit seinem Vater eskaliert war und er wieder verprügelt worden war? Herr Sugiyama seinerseits blieb ruhig und gefasst und fragte weiter nach. „Haben Sie mitbekommen, wohin die Familie verschwunden ist?“ „Natürlich. Als die Polizei und der Rettungswagen eintrafen, haben sie diesen Choleriker direkt in Handschellen abgeführt und die Frau ist ihm gefolgt. Und kurz darauf kamen die Sanitäter mit einem jungen Mann raus. So wie er aussah, musste er ganz schön was eingesteckt haben. Da mir die Polizei aber keine genauen Auskünfte geben wollten, denke ich, dass sie diesen Verrückten erst mal festhalten werden und den Jungen haben sie dann wohl erst mal ins Krankenhaus gebracht.“ Die drei bedankten sich für die Auskunft und machten sich daraufhin auf den schnellsten Weg ins Krankenhaus. Und während der Fahrt musste Herr Sugiyama die beiden Zwillinge erst mal beruhigen, die inzwischen krank vor Sorge waren. Er versuchte ihnen zu erklären, dass es nicht unbedingt etwas Schlimmes bedeuten musste, da ein Opfer von Übergriffen vorsorglich immer erst ins Krankenhaus gebracht wird, damit ein Arzt alle Verletzungen für die polizeilichen Ermittlungen dokumentieren könne. Doch auch er hatte ein ungutes Gefühl bei dieser Geschichte. Blieb nur zu hoffen, dass es nicht so schlimm war, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Nachdem sie endlich das Krankenhaus erreicht hatten, fragten sie sich den Weg durch bis zu Hinatas Zimmer, welches auf der Intensivstation lag. Es war kein schöner Anblick, der sie erwartete. Hinata lag in einem Bett, sein rechter Unterarm war eingegipst und sein Gesicht war zerschunden von Schlägen und fast komplett bandagiert worden. Zusätzlich hatte man ihn an eine Beatmungsmaschine und an einem EKG angeschlossen. „Hinata!“ Die Zwillinge eilten zu ihm und konnten nicht fassen, was sie da sahen. Was um Gottes Willen hatte sein Vater ihm bloß angetan? Was war nur in den fünf Stunden passiert, in denen sie nicht da waren? Herr Sugiyama, der schon an der Wohnungstür der Amanos bemerkt hatte, dass die beiden Brüder Hinata sehr nahe standen, hielt sich diskret zurück und beschloss, erst mal Informationen einzuholen und verließ kurz das Zimmer, um nach einem Arzt zu suchen. Er brauchte glücklicherweise nicht lange zu suchen, bis er einen gewissen Dr. Hakase traf, der für die Intensivstation zuständig war. Dieser versprach, gleich zu kommen und nachdem der High School Lehrer wieder in Hinatas Zimmer zurückgekehrt war, kehrte kurz darauf auch der Chefarzt ein, der ein Klemmbrett mit den medizinischen Daten bei sich trug. „Sind Sie Angehörige des Patienten?“ „Nicht direkt“, gestand Takashi. „Wir beide sind mit ihm zusammen und Sugiyama-san ist sein ehemaliger Lehrer.“ „Nun“, murmelte Dr. Hakase. „Eigentlich dürften nur die Angehörigen…“ „Er hat sonst niemanden“, rief Katsuya, der dabei war, komplett die Nerven zu verlieren. „Und Hinata wurde von seinem eigenen Vater so zugerichtet. Bitte sagen Sie uns, wie schlimm es mit ihm steht.“ „Katsuya, beruhige dich“, ermahnte Takashi ihn und versuchte ihn festzuhalten. „Das bringt uns auch nicht weiter.“ „Nein, ich werde mich nicht beruhigen“, erwiderte der jüngere Zwilling und riss sich los. „Wir hätten niemals zulassen dürfen, dass Hinata nach Fukuoka fährt. Nur weil wir nichts gemerkt haben, ist das erst passiert, verdammt!“ Herr Sugiyama beschloss, seinerseits mit dem Arzt zu reden, solange die beiden Brüder so emotional aufgewühlt waren. Zwar ging das alles nicht spurlos an ihm vorbei, aber er konnte dennoch eine gewisse Objektivität bewahren, um bei der Sache zu bleiben. Er erklärte dem Arzt die Situation und nachdem dieser noch mal sein Protokoll durchging und tatsächlich bestätigen konnte, dass der Tatverdacht der häuslichen Gewalt vorlag, schilderte er den dreien Hinatas Zustand. „Er hat eine Fraktur des rechten Unterarmes sowie zwei gebrochene Rippen, außerdem wurde ihm eine Zahnprothese zersplittert. Außerdem wurde ihm mehrfach gegen den Kopf getreten, was zu einem Blutgerinnsel im Gehirn führte.“ Nun war auch Herr Sugiyama sprachlos. Herr Amano hatte seinem Sohn mehrfach gegen den Kopf getreten? Das hatte doch nichts mehr mit bloßer Misshandlung zu tun, da steckte doch Tötungsabsicht dahinter. „Und wie geht es ihm nun?“ „Sein Zustand ist stabil, allerdings mussten wir ihn in ein künstliches Koma versetzen. Die Verletzungen, die ihm zugefügt wurden, sind nicht unerheblich und er kann von Glück reden, dass er keine gravierenden Schäden davontragen wird.“ „Dann wird er also wieder gesund?“ Doch der Chefarzt zögerte noch mit seiner Antwort und versuchte erst, alles gut gegeneinander abzuwiegen und abzuschätzen, um keine falschen Hoffnungen zu machen. „Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nichts Genaueres sagen. Laut dem Bericht der Chirurgie gab es keine Komplikationen bei der Operation und solange er sich noch im künstlichen Koma befindet, lässt sich noch keine präzise Diagnose erstellen.“ „Und wie lange wird er im künstlichen Koma bleiben?“ „Bis sich sein Zustand stabilisiert hat. Aufgrund der Hirnschwellung ist es notwendig, ihn noch im künstlichen Koma zu lassen. Wenn der Heilungsprozess gut verläuft, wird er in acht bis zehn Tagen wieder aufwachen. Bis dahin sollte die Gehirnschwellung zurückgegangen sein, sodass wir mit der Aufwachphase beginnen können. Das künstliche Koma dient in erster Linie dazu, die Körperfunktionen zu regulieren und vor allem auch das Gehirn nach der Operation nicht zu überlasten. Seien Sie versichert, dass Hinata Amano bei uns in guten Händen ist.“ Herr Sugiyama nickte und gab dem Arzt seine Telefonnummer mit der Bitte, ihn zu benachrichtigen, wenn sich etwas ergeben sollte. Wenig später kamen zwei Polizisten zu ihnen, die vom Krankenhauspersonal benachrichtigt worden waren. Wie sich herausstellte, ermittelten sie in dem Fall und hatten deshalb auch ein paar Fragen zu klären. Dabei wurden sie auch befragt, wie sie zu Hinata standen und was sie über die Geschehnisse wussten. Da die Zwillinge diejenigen waren, die am meisten wussten, wurden sie als erste befragt. Inspektor Watanabe, ein mittelgroßer Mann um die 35 Jahre mit Dreitagebart und ernster Miene, pickte sich Takashi heraus, da er im Gegensatz zu Katsuya, der nervlich ziemlich am Ende wirkte, einen etwas gefassteren Eindruck machte. „Also, Sie sind der Mitbewohner von Hinata Amano, ist das richtig?“ „Ja, das stimmt“, bestätigte Takashi. „Er lebt wegen seinem Kunststudium schon seit zwei Jahren in Tokyo, aber er ist vor ein paar Tagen bei mir und meinem Bruder Katsuya eingezogen. Wir sind mit ihm zusammen.“ Der Inspektor runzelte etwas ungläubig die Stirn, als er das hörte und hakte deshalb noch mal nach. „Also Sie sind mit ihm zusammen?“ „Nein, wir beide. Hinata, Katsuya und ich führen eine Dreierbeziehung.“ Der Polizist ließ seinen Blick abwechselnd zu Katsuya und dann zu Takashi schweifen, sagte aber sonst nichts dazu und auf die Frage, wie lange diese Beziehung schon dauerte, antwortete Takashi, dass es knapp sechs Wochen wären. Schließlich wollte der Inspektor wissen, warum Hinata extra nach Tokyo gezogen wäre und ob bekannt gewesen sei, dass sein Vater ihn geschlagen hätte. Und daraufhin erzählte Takashi alles, was Hinata ihnen anvertraut hatte. Welches Martyrium er in seiner Kindheit erleiden musste, er erzählte von den Brandnarben und wie Herr Sugiyama ihm geholfen hatte, heimlich Fukuoka zu verlassen. Daraufhin wurde der High School Lehrer befragt, der seinerseits gestehen musste, nicht allzu viel über die Misshandlungen gewusst zu haben, da Hinata während der High School extrem verschlossen war und mit niemandem geredet hatte. „Und wieso haben Sie diese Farce vor seinen Eltern gespielt, wenn Sie doch nichts gewusst haben?“ „Er hat mir nie etwas Explizites gesagt, aber man hat gemerkt, dass er große Probleme hat. Er hatte vor allem und jedem Angst, konnte niemandem in die Augen sehen und er hat sich oft bewegt, als hätte er Schmerzen“, erklärte Herr Sugiyama mit Nachdruck. „Und als ich ihn ansprach und ihn fragte, ob ihn jemand schlägt, sagte er nur, er könne es nicht sagen. Als ich nachfragte, ob es sein Vater sei, bekam er Angst und lief weg. Nachdem ich ihm tagelang gut zugeredet hatte, sagte er zu mir: „Sensei, ich will nicht mehr. Wenn es nicht bald endlich aufhört, bringe ich mich lieber um.“ Er brach in Tränen aus und mir war klar, dass ich ihm helfen musste. Hinata wirkte nicht wie jemand auf mich, der übertreibt. Ich hätte ihm wirklich zugetraut, dass er sich umbringen wird und da dachte ich mir, dass es sehr schlimm sein muss, was er durchmachen muss. Deswegen hatte ich die Idee gehabt, dass er sich zum Schein in Kurume bewirbt. Mein Sohn studiert da nämlich selber. Hinata zog dort zum Schein ein, in Wahrheit zog er aber woanders hin und ich hinterließ ihm meine Nummer für den absoluten Notfall, falls seine Eltern ihn finden. Er selbst hat mir nicht gesagt, wohin er zieht. Ich dachte, es wäre das Beste, wenn ich es nicht weiß. Hätte die Familie Amano nämlich die Polizei eingeschaltet, um ihren Sohn zu suchen, hätte ich nicht lügen müssen.“ „Schlau eingefädelt“, bemerkten beide Polizisten und nun fragte Inspektor Kaburagi nach, der sich bislang zurückgehalten hatte. „Und wieso ist er extra wieder zurückgekehrt, wenn er doch eigentlich in Tokyo seine Ruhe hatte?“ „Er wollte neu anfangen“, erklärte Takashi. „Als wir ihn kennen lernten, bekam er kaum ein Wort hervor, er war überängstlich und er war sehr einsam. Katsuya und ich wollten ihm helfen, dass er wieder lachen konnte und etwas mehr Selbstbewusstsein entwickelte. Aber das mit seinem Vater hat ihn immer noch verfolgt und er litt unter der Angst, dass seine Eltern ihn finden könnten. Er wollte nicht mehr in Angst vor seinen Eltern leben und wollte deshalb seinen Vater zur Rede stellen, damit er mit diesem Thema endgültig abschließen konnte.“ „Hatte er mit Ihnen darüber gesprochen?“ „Ja, das war letzten Samstag. Er hat Andeutungen gemacht, dass er so etwas tun wollte, aber ich habe versucht, ihm das auszureden. Und er hatte auf mich gewirkt, dass er eingesehen hätte, dass es zu gefährlich war. Aber dem war nicht so gewesen. Er hat uns erzählt, dass er Sugiyama-san besuchen wollte, weil dieser mit Krebsleiden im Krankenhaus liegt. Das war allerdings eine Lüge und als wir von Sugiyama-san erfahren haben, dass Hinata zu seinem Vater fahren wollte, sind wir direkt nachgefahren. Da man von Tokyo allerdings sechs Stunden mit dem Zug braucht, sind wir erst vorhin angekommen und haben von der Nachbarin der Amanos erfahren, dass Hinata ins Krankenhaus gebracht wurde.“ Die beiden Polizisten notierten sich die Aussagen stichpunktartig und fragten noch mal zu Einzelheiten nach, dann schließlich konnte Katsuya nicht mehr an sich halten und begann nun seinerseits die beiden mit Fragen zu löchern. Verständlich, denn auch Takashi und Herr Sugiyama wollten wissen, was los war. „Nun, so wie sich der Sachverhalt darstellt, gab es einen heftigen Streit zwischen Vater und Sohn. Nach Aussagen der Mutter hatte Hinata seinen Vater damit konfrontiert, dass er nicht an der Kurume Universität studiere und sich weigere, den Wünschen der Eltern nachzukommen, Anwalt zu werden. Und als er seinem Vater gesagt hatte, dass er Shonen-Ai Mangas veröffentliche und in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sei, ist der Streit eskaliert. Der Vater hat ihn daraufhin mehrmals geschlagen und als Hinata am Boden lag, hat er auf seinen Arm getreten, bevor ihm dann mehrfach gegen den Kopf getreten habe. Die Nachbarin hatte die Polizei alarmiert, weil sie lautes Geschrei gehört hat und als wir zusammen mit den Sanitätern eingetroffen waren, hatte der Vater versucht gehabt, seinen bewusstlosen Sohn in einen Müllsack zu stecken.“ „Wie bitte?“ rief Katsuya fassungslos. „Wieso das denn?“ „Er ging davon aus, er hätte seinen Sohn totgeprügelt“, erklärte Inspektor Watanabe. „Und um die Tat zu verschleiern, hatte er vorgehabt, die vermeintliche Leiche mit dem restlichen Müll zu entsorgen.“ Fassungslos über diese Geschichte schüttelte Herr Sugiyama den Kopf und konnte nicht glauben, was für Zustände in dieser Familie herrschten und dass der Vater die Leiche seines eigenen Sohnes wie einfachen Hausmüll entsorgen wollte. Wie viel kriminelle Energie war wohl nötig, um so etwas zu tun? „Und wie geht es jetzt weiter? Kommt Hinatas Vater ins Gefängnis?“ „Seine Eltern sitzen zurzeit in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft will wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ermitteln. Der Vater hat auch bereits gestanden, seinen Sohn notfalls umzubringen, wenn er ihn nicht zur Vernunft bringen würde. Und gegen die Mutter wird Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und der Beihilfe zur Verschleierung einer Straftat erstellt.“ „Und wird man Hinatas Vater wegsperren?“ „Tja, das wird bei der Gerichtsverhandlung entschieden. Wenn Sie drei noch mal Ihre Aussage bei uns auf dem Revier geben, kann es auch möglich sein, dass die Staatsanwaltschaft die Anklage von versuchtem Totschlag auf versuchtem Mord ändern wird.“ Nachdem alles soweit geklärt war und Takashi, Katsuya und Herr Sugiyama noch mal auf dem Polizeirevier ihre Aussagen wiederholten, war es langsam spät geworden. Da um diese Uhrzeit an eine Rückfahrt nicht zu denken war, bot der High School Lehrer den Brüdern an, die Nacht bei ihm zu verbringen. In seinem Haus gab es zum Glück ein Gästezimmer. Die beiden Brüder nahmen das Angebot dankend an und so saßen sie am Abend im Haus der Familie Sugiyama auf dem Sofa und bekamen von Frau Sugiyama, einer sehr hübschen Frau mit dunkelbraunem Haar, Tee serviert. Sie schien auch sonst nichts gegen den Besuch zu haben und zeigte auch Verständnis für die Entscheidung ihres Mannes. Während sie in die Küche verschwand um das Abendessen vorzubereiten, blieb Herr Sugiyama bei den beiden Brüdern. Nun war auch bei Takashi die Erschöpfung zu sehen und auch er wirkte sehr niedergeschlagen. Er konnte es ihnen nicht verdenken, immerhin war das auch eine furchtbare Geschichte und wenn die beiden wirklich so einer engen Beziehung zu Hinata standen, konnte er gut verstehen, wenn sie auch in Hinatas Nähe bleiben wollten. „Eines verstehe ich nicht“, begann Katsuya nach einer Weile des Schweigens. „Was ist denn jetzt der große Unterschied zwischen versuchten Mord oder Totschlag?“ Herr Sugiyama gab sich etwas Zucker in den Tee und überlegte, wie er es am besten erklären konnte. „Nun, ein Totschlag geschieht meist im Affekt, zum Beispiel wenn eine Provokation oder emotionale Gründe dahinterstecken. Ein Mord geschieht aus Boshaftigkeit, Habgier, niederen Beweggründen oder wenn ein erkennbares Maß an Grausamkeit vorliegt. Das kann sich sehr deutlich auf das Strafmaß auswirken. Da Hinata seinen Vater mit diesen ganzen Geschichten konfrontiert hat, spräche dies zumindest für versuchten Totschlag, weil sein Vater emotional aufgewühlt war. Aber bezieht man die Tatsache ein, dass es schon in der Vergangenheit zu Übergriffen kam, können diese Tritte gegen den Kopf als Tötungsversuch gewertet werden. Wenn Hinatas Vater wegen versuchten Mordes angeklagt und verurteilt wird, kann es eventuell darauf hinauslaufen, dass er lebenslänglich ins Gefängnis kommt. Aber das entscheidet allein die Staatsanwaltschaft.“ „Ich hoffe, die sperren diesen Bastard für den Rest seines Lebens weg! Dem gehört im Knast der Arsch aufgerissen! Wenn dieser Wichser nicht schon in Untersuchungshaft wäre, würde ich ihm die Zähne einzeln rausschlagen!“ Mit diesen Worten schlug Katsuya mit der Faust auf den Tisch. Er war wütend und aufgebracht und das konnte ihm keiner verdenken. Auch Takashi hatte Mühe, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Er war wütend, fassungslos und geschockt und er konnte einfach nicht begreifen, wie jemand so gewalttätig und grausam sein konnte, dass man seinem eigenen Kind mehrmals gegen den Kopf tritt, um es zu töten. Das entzog sich seinem Verständnis und er wollte es auch nicht verstehen. Jemand, der so etwas tat, war einfach nur verrückt. Und auch wenn er es nicht laut ausgesprochen hätte, war er mit Katsuya ein und derselben Meinung. Ein solcher Mensch hatte nichts Besseres verdient. Doch er dachte bei weitem vernünftiger nach als Katsuya und überlegte, was er denn tun konnte. Fakt war, dass etwas geschehen musste, damit Hinatas Vater das höchstmögliche Strafmaß bekam. „Ich ruf gleich mal unseren Vater an. Als Anwalt bekommt er genauere Einsicht in die Polizeiermittlungen und vielleicht kann er etwas für Hinata tun.“ Damit holte Takashi sein Handy hervor und verließ das Wohnzimmer, um in Ruhe telefonieren zu können. Mit einem besorgten Blick betrachtete Herr Sugiyama den jüngeren Zwillingsbruder, der deutlich danach aussah, als wolle er gleich alles kurz und klein schlagen. „Ich kann verstehen, dass du aufgebracht bist. Aber jemandem Gewalt anzutun ist nicht die Lösung.“ „Ach verschonen Sie mich mit ihrer Gandhipredigt. Der Typ hätte es verdient, verdammt noch mal.“ „Das bestreitet ja keiner, aber sich zu solchen Dingen hinreißen zu lassen wird niemandem helfen, genauso wenig wie es Amano helfen wird. Wir müssen stark sein, weil wir die einzigen sind, die er hat. Und du hast den Arzt ja gehört. Er hat wahnsinniges Glück gehabt. Er hätte in ein richtiges Koma fallen oder einen Hirntod erleiden können. Zwar wird er noch eine Weile im Krankenhaus bleiben, aber es wird ihm bald wieder besser gehen. Na komm, es bringt nichts, sich irgendwelche Vorwürfe zu machen oder sich aufzuregen. Ihr beide hattet sicher einen anstrengenden Tag. Ich gehe schon mal das Gästezimmer vorbereiten.“ Damit ging nun auch Herr Sugiyama, doch Katsuya blieb noch sitzen und fühlte sich elend. Denn viel schlimmer noch als die Wut gegen Hinatas Vater waren die Schuldgefühle, die ihn plagten. Er hatte Hinata noch heute Morgen gesehen gehabt. Wenn er ihn aufgehalten hätte, dann wäre es niemals so weit gekommen. Dann läge Hinata jetzt nicht auf der Intensivstation im künstlichen Koma. Es war seine Schuld, weil er es versäumt hatte, ihn aufzuhalten und zu beschützen. Kapitel 24: Hinata wacht auf ---------------------------- Es regnete und stürmte draußen und auch sonst war es sehr ungemütlich geworden. Radio und in den TV-Nachrichten waren sogar Unwetterwarnungen rausgegeben worden und wenn man aus dem Fenster sah, hätte man meinen können, es wäre der Weltuntergang gewesen. Doch das alles hatte Katsuya und Takashi nicht davon abhalten können, nach Fukuoka zu fahren, nachdem sie nach zwölf Tagen des Wartens endlich eine Nachricht von Herrn Sugiyama erhalten hatten, dass die Ärzte das künstliche Koma beendet hatten und Hinata nach einer schwierigen Aufwachphase wieder bei Bewusstsein war. Da hatte die beiden nichts mehr in Tokyo halten können und bei der Gelegenheit war auch ihr Vater mitgekommen, der Hinata als Anwalt vertreten wollte. Nachdem er erfahren hatte, was passiert war, hatte er Herrn Amano in der Untersuchungshaft besucht und ihn zur Rede gestellt. Nicht als Anwalt, sondern als Vater. Und da hatte er ihm in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, wie er darüber dachte. So hatte Herr Itamu ihm gesagt „Die Hände eines Vaters sollten dazu da sein, sein Kind auf dem Arm zu halten, wenn es klein ist oder an der Hand zu halten, wenn es laufen lernt. Die Hände eines Vaters sind dazu da, sein Kind zu beschützen und nicht, um es zu quälen und zu schlagen. Deshalb sind Sie in meinen Augen kein Vater, sondern ein verabscheuungswürdiger Tyrann und ich verspreche Ihnen, ich werde dafür sorgen, dass Sie nie wieder in Hinatas Nähe kommen.“ Hinata juristisch zur Seite zu stehen, war nicht nur ein Gefallen, weil dieser mit seinen Söhnen zusammen war. Es war nun auch eine Herzensangelegenheit geworden, da er nicht akzeptieren konnte, dass ein Vater sein Kind gezielt zu Tode prügeln wollte, weil dieses seinen eigenen Weg im Leben gehen wollte. Und dann noch Tritte gegen den Kopf. Für ihn hatte der Fall ganz eindeutig nach versuchtem Mord ausgesehen und in den letzten Tagen hatte er sich auch mit der Staatsanwaltschaft von Fukuoka in Verbindung gesetzt und die Untersuchungsergebnisse der Polizei angefordert. Und so wie die Beweislage momentan aussah, würde es tatsächlich auf eine Anklage wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und der versuchten Verdeckung einer Straftat hinauslaufen. Allein als er gehört hatte, dass Herr Amano seinen bewusstlosen und schwer verletzten Sohn in einen Müllsack gestopft hat, um ihn zu entsorgen wie Abfall, war dem zweifachen Vater das Grausen gekommen und wenn es nicht wahr gewesen wäre, hätte er es nicht geglaubt. Nachdem sie nach einer sechsstündigen Zugfahrt in Fukuoka angekommen waren, wurden sie von Herrn Sugiyama empfangen, der sie zum Krankenhaus fahren wollte. Immerhin fühlte er sich auch ein Stück weit für Hinata verantwortlich und bei dem Unwetter gab es ohnehin einige Ausfälle bezüglich der Buslinien. Und zu Fuß zum Krankenhaus gehen, war sowieso undenkbar bei dem gewaltigen Regenguss. Doch obwohl Herr Sugiyama direkt vor dem Bahnhof parkte und sich Vater und Söhne zum Wagen beeilten, hatten sie dennoch einiges vom Regen abbekommen. „Wirklich ein furchtbares Wetter“, murmelte der Lehrer und startete den Wagen. „Da haben Sie wirklich Glück gehabt, dass es mit dem Zugverkehr so problemlos geklappt hat.“ „Ja das stimmt. Aber für heute werden wir im Hotel übernachten. Es wäre heute Abend ohne hin etwas spät für eine Rückfahrt und zum Nachmittag hin wird wahrscheinlich eh der Zugverkehr stark eingeschränkt werden. Aber ich möchte mich bei Ihnen noch mal bedanken, dass Sie meinen Söhnen geholfen und ihnen die Übernachtungsmöglichkeit gegeben haben.“ Doch Herr Sugiyama lächelte nur verlegen und winkte ab. Offenbar gehörte er zu der hilfsbereiten, aber auch bescheidenen Sorte Mensch. „Ich helfe gerne und da ich mich für Amano als Vertrauensperson verantwortlich fühle, ist es für mich auch selbstverständlich, jenen zu helfen, die ihm wichtig sind. Ich war ehrlich gesagt sprachlos, als ich erfuhr, dass Hinata mit den beiden in einer festen Beziehung ist. In der High School war er absolut menschenscheu gewesen und ich hätte nicht gedacht, dass er je fähig sein würde, sich auf andere Menschen einzulassen. Selbst mir gegenüber hat er sich nie geöffnet, aber Ihre Söhne haben es tatsächlich geschafft. Sie können wirklich stolz auf sie sein.“ „Ja, meine Jungs haben sich, soweit ich das richtig verstanden habe, sehr aufmerksam um Amano gekümmert und er selber ist auch ein anständiger Junge.“ „Was ist denn eigentlich mit der Mutter?“ wollte Herr Sugiyama nun wissen, der sich natürlich brennend für den aktuellen Stand der Dinge interessierte. „Hat sich da etwas ergeben?“ „Da sie nur wegen unterlassener Hilfeleistung und Beihilfe zur Verschleierung einer Straftat belangt werden kann, ist sie wieder auf freiem Fuß, aber ihr Mann sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft und der Staatsanwalt will ihn bis zum Beginn der Gerichtsverhandlung auch dortbehalten. Und die Mutter will er auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren festsetzen. Immerhin hat sie nicht einmal etwas unternommen, als der Vater auf seinen Sohn eingetreten und ihm den Arm gebrochen hat. Es schien ihr sogar recht gleichgültig zu sein, was da passiert war.“ Verständnislos schüttelte der High School Lehrer den Kopf und fragte sich, was denn wohl in dieser Familie schief gelaufen war, dass es der Mutter scheinbar völlig gleichgültig war, wenn ihr eigener Sohn fast totgeprügelt wurde. Es blieb nur noch zu hoffen, dass beide ein hohes Strafmaß bekommen würden und die Verurteilung bei Herrn Amano auf versuchten Mord hinauslaufen würde und nicht auf versuchten Totschlag. Aber jetzt war es erst mal wichtig, zum Krankenhaus zu kommen und mit Hinata und dem Chefarzt zu reden. Nachdem sie nach einer knapp viertelstündigen Fahrt das Krankenhaus erreicht hatten, wurden sie an der Rezeption auf Station drei verwiesen, da Hinata inzwischen auf die reguläre Station verlegt worden war, nachdem sein Zustand stabil und er aus dem künstlichen Koma geholt worden war. Dabei erfuhren sie, dass sich Hinatas Zustand in den letzten Tagen erheblich gebessert habe und keine bleibenden Schäden festgestellt worden waren. Allerdings war er wohl noch ein wenig schläfrig, was aber auch an den letzten Nachwirkungen der Narkose lag und weil sein Körper während des künstlichen Komas eine sehr niedrige Temperatur gehabt hatte. Da Symptome wie Halluzinationen, aggressives Verhalten und Panik nicht auszuschließen seien, ermahnte Dr. Hakase sie ausdrücklich, Hinata nicht zu überfordern und ihn nicht allzu sehr aufzuregen. Und während Herr Itamu sich noch ein wenig mit dem Arzt unterhielt, gingen die Zwillinge zusammen mit Herrn Sugiyama in das Krankenzimmer. Inzwischen hatte man auch die künstliche Beatmung beendet und ohne diese ganzen Gerätschaften sah es nicht mehr allzu besorgniserregend wie noch vor zwölf Tagen aus. Zwar waren Hinatas Kopf und seine linke Gesichtshälfte immer noch bandagiert und auch der eingegipste Unterarm sah nicht schön aus, aber zu sehen, dass er die Augen geöffnet hatte, war dennoch eine Riesenerleichterung. Der 20-jährige wirkte noch sehr benommen und er war auch blass im Gesicht. Selbst als die Zwillinge an seinem Bett standen, wirkte er etwas teilnahmslos und sah sie mit matten Augen an. Aber da er nach zwölf Tagen das erste Mal wieder aufgewacht war, schien es wohl nichts Ungewöhnliches zu sein, dass er sich so verhielt und einen etwas orientierungslosen Eindruck machte. „Hey, Hinata…“ Takashi trat näher und ergriff vorsichtig Hinatas unversehrte Hand, wobei er sich dennoch erschreckte, dass sie sich so kalt anfühlte. „Wie geht es dir denn?“ Langsam wanderten die Augen des Verletzten zu dem älteren Zwilling, betrachteten ihn eine Weile und immer noch verzog sich kein einziger Muskel in Hinatas Gesicht. Keine Freude darüber, die beiden zu sehen, kein Glanz in den Augen, kein Lächeln. Die Zwillinge schoben es zuerst auf die Nachwirkungen des künstlichen Komas, dass er noch nicht ganz bei Sinnen war und vielleicht eine Weile brauchte, um zu realisieren, wo er war und was passiert war. Dann schließlich, nachdem er die beiden gemustert hatte, fragte er sie mit schwacher Stimme: „Wer… wer seid ihr?“ Takashi zog seine Hand zurück, als er das hörte und erschrak zutiefst. Seine Brust schnürte sich zusammen, als er diesen ratlosen Blick in Hinatas Augen sah und für einen Moment lang stand er wie unter Schock. Katsuya hingegen begann ungläubig zu lachen und dachte, es sei alles nur ein schlechter Scherz, als Hinata diese Frage stellte. „Der war gut“, sagte er mit gezwungener Scherzhaftigkeit, doch man hörte nur allzu deutlich heraus, dass ihm alles andere als zum Lachen zumute war. „Na komm schon, jetzt tu doch noch nicht so. Das ist… das ist wirklich nicht lustig, okay? Komm schon, Hinata! Jetzt lass bitte die Späße, ja?“ Doch Hinata sah die beiden ratlos an und dann wandte er sich an Dr. Hakase. „Sensei, wer sind diese Leute? Was hat das alles zu bedeuten und was wollen sie von mir?“ „Hinata!“ Nun klang Katsuya fast schon verzweifelt. „Das ist wirklich kein Spaß, hörst du? Du kannst jetzt damit aufhören. Du kannst doch nicht so tun, als ob…“ „Katsuya“, rief Takashi und packte ihn an den Schultern. „Hör auf damit.“ „Ich denke, es ist besser, wenn wir gehen“, schlug Herr Sugiyama vor, der als Einziger geistesgegenwärtig genug reagierte und lieber die beiden mit nach draußen nahm, bevor sich Hinata zu sehr aufregte. Doch draußen auf dem Gang eskalierte es endgültig. Katsuya verlor endgültig die Nerven und wollte wissen, warum Hinata sich so merkwürdig verhielt. Takashi, der selbst kaum mit dieser Nachricht fertig wurde, dass Hinata sich anscheinend nicht mehr an sie erinnern konnte, schrie seinen Bruder an. Wahrscheinlich wusste er sich selber gerade im Moment nicht anders zu helfen, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. „Verdammt noch mal, Katsuya, halt endlich den Rand! Du machst alles nur noch schlimmer! Es ist keinem geholfen, wenn du jetzt noch komplett durchdrehst.“ Doch der jüngere Bruder schüttelte nur den Kopf und verstand das Ganze nicht. „Wieso? Warum erkennt uns Hinata plötzlich nicht mehr? Ich dachte, er wäre wieder gesund.“ „Jetzt beruhigt euch mal alle beide“, ermahnte nun Herr Sugiyama in einem deutlichen Ton. „Wir sind hier in einem Krankenhaus und es wird niemandem etwas bringen, wenn hier jetzt alle die Nerven verlieren. Ihr beide beruhigt euch erst mal wieder und ich frage eben den Arzt, was mit Amano ist.“ Damit ging Herr Sugiyama eben zu Dr. Hakase, der ihnen erklärte, dass Hinata aufgrund dieser schweren Kopfverletzung eine Amnesie erlitten hatte. „Eine retrograde Amnesie ist nichts Ungewöhnliches bei Menschen, die eine Kopfverletzung erlitten haben, allerdings unterscheidet sich auch hier der Grad dieser Amnesie. Meistens können sich die Betroffenen nicht mehr an den Zeitraum vor ihrer Verletzung erinnern, in seltenen Fällen betrifft es all ihre persönlichen Erinnerungen.“ „Dann soll das heißen… Hinata hat wirklich alles vergessen?“ „Nun, es betrifft ausschließlich die so genannten autobiographischen Erinnerungen. Er kann sich weder an seinen Namen, noch an sonst etwas aus seiner Vergangenheit erinnern, allerdings sind die Handlungsroutinen wie zum Beispiel das Bedienen eines Kugelschreibers oder das Bedienen eines Telefons im Gedächtnis geblieben.“ Katsuya wurde kreidebleich und senkte den Blick. Er sah geschockt und fassungslos aus. Nie hätte er gedacht, dass es so weit kommen würde. Hinata hatte sie vergessen und das nur wegen dieser Kopfverletzung. Und in diesem Moment ergriff die Angst den Sportstudenten. Wenn Hinata sich nicht mehr an sie erinnerte, was bedeutete das dann für ihre Beziehung? Was wenn Hinata sich für den Rest seines Lebens nicht mehr erinnerte und sie für immer Fremde für ihn bleiben würden? Wie musste er sich wohl fühlen, wenn er sich nicht einmal mehr an seinen eigenen Namen erinnern konnte? Allein der Gedanke daran war entsetzlich. Und das alles war nur deshalb passiert, weil er ihn an diesem Morgen nicht aufgehalten hatte. „Gibt es eine Chance, dass er sich wieder erinnert?“ „Nun“, murmelte Dr. Hakase nachdenklich. „Es besteht immer eine Chance. Eine retrograde Amnesie dauert meist ein paar Tage oder Wochen, in seltenen Fällen länger. Wichtig ist, dass er geschont wird und er sich selbst nicht unter Druck setzt. Es ist aber immer hilfreich, wenn er versucht, langsam und Schritt für Schritt in sein altes Leben zurückzukehren. Sie können ihm Bilder und Erinnerungsstücke zeigen oder ihm Orte zeigen, die vielleicht einen prägnanten Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Aber haben Sie Geduld. Erinnerungen kann man nicht erzwingen.“ Nun, es war schon mal eine gute Nachricht, dass es die Chance bestand, dass Hinata sein Gedächtnis wieder zurückerlangte. Doch die Angst blieb immer noch und Katsuya wollte es deshalb genau wissen „Kommt es auch vor, dass sich solche Menschen nie wieder erinnern?“ „Das ist nur äußerst selten der Fall. Es kann sein, dass gewisse Gedächtnislücken zurückbleiben werden, aber für gewöhnlich erlangen die Betroffenen den größten Teil ihres Gedächtnisses mit der Zeit wieder zurück.“ Nun, das war zumindest eine gute Nachricht, dass die Chancen gut standen, dass Hinata sich wieder erinnern konnte, aber Katsuya konnte dies nicht beruhigen. Viel eher sah er das Szenario vor seinen Augen, dass sich Hinata für den Rest seines Lebens nicht mehr erinnern konnte und es seine Schuld war. Niedergeschlagen ließ er sich auf einem Stuhl nieder und wirkte wie ein gebrochener Mann. Und auch Takashi entging nicht, dass seinem Bruder etwas schwer auf der Seele lastete. „Was ist los, Katsu? Du hast doch gehört, dass sich Hinata wieder erinnern wird.“ „Ja aber was wenn seine Erinnerungen nie wieder zurückkommen? Das alles wäre niemals passiert, wenn ich ihn an diesem Morgen aufgehalten hätte. Ich hatte die Chance dazu gehabt und nur weil ich es nicht getan habe, ist er fast umgebracht worden und liegt nun mit einem totalen Gedächtnisverlust im Krankenhaus. Es ist alles meine Schuld…“ Nun verstand Takashi das Verhalten seines Bruders und warum er schon seit Tagen so niedergeschlagen war. Er legte eine Hand auf Katsuyas Schulter und sah ihn fest an. „Jetzt hör mir mal zu: das war doch nicht deine Schuld, dass das passiert ist. Du konntest doch nicht wissen, was Hinata vorhatte. Wenn sich hier jemand Vorwürfe machen müsste, dann eigentlich ich, weil ich von seinen Gedanken wusste und trotzdem keinen Verdacht geschöpft habe, als er sagte, er wolle nach Fukuoka fahren. Und dass es so enden würde, konnte keiner von uns wissen. Außerdem sollten wir versuchen, das Ganze positiv zu sehen: Hinata lebt und er hat keine bleibenden Schäden davongetragen. Es könnte noch viel schlimmer sein.“ „Und was sollen wir jetzt tun?“ „Na du hast doch den Arzt gehört. Wenn Hinata das Krankenhaus verlassen kann, kommt er zu uns in die WG zurück und wir helfen ihm, sich wieder zu erinnern. Zwar weiß er nicht mehr, wer wir sind, aber das heißt doch noch lange nicht, dass wir nie wieder mit ihm zusammenkommen können. Wir haben es doch schon einmal geschafft, dass er sich in uns verliebt, warum soll es nicht noch mal klappen? Hey, wir werden das schon schaffen. Wir dürfen nur nicht den Mut verlieren.“ Nachdem Takashi ihm eine Weile gut zugesprochen hatte, schien sich Katsuya wieder ein wenig zu fangen und so kehrten sie wieder ins Krankenzimmer zurück. Hinata sah die beiden mit einem immer noch ratlosen und etwas orientierungslosen Blick an und er machte auch einen teils hilflosen Eindruck. Kein Wunder, denn er wusste ja weder, was passiert war, wieso er in einem Krankenhaus lag und wer all diese Leute waren, die zu ihm kamen. Takashi, der Katsuya nicht zumuten konnte, in seiner jetzigen Gefühlslage ruhig zu bleiben, wenn er versuchte, mit Hinata zu reden, beschloss nun selber, den Versuch zu wagen. „Tut mir leid wegen dem Durcheinander gerade eben. Mein Bruder und ich waren nur sehr erschrocken, dass du dich an nichts mehr erinnern kannst. Mein Name ist Takashi Itamu und das ist mein jüngerer Bruder Katsuya.“ Hinata sah die beiden abwechselnd an und immer noch verzog sich seine Miene kein bisschen. „Danke, dass ihr mich besuchen kommt, aber… ich kann mich an nichts erinnern. Sind wir irgendwie verwandt oder befreundet?“ „Wir drei wohnen zusammen und man könnte uns als Freunde bezeichnen. Aber ich erkläre dir das später, wenn es dir etwas besser geht. Weißt du, wir gehen zusammen zur Tokyo Universität und dort haben wir uns auch kennen gelernt.“ „Wieso denn in Tokyo? Der Arzt sagte mir, ich komme aus Fukuoka und wir wären auch hier.“ Takashi überlegte, wie er seine Worte am besten formulieren konnte. Jetzt zu erzählen, dass Hinata wegen seinem gewalttätigen Vater Fukuoka verlassen hatte und nun mit ihnen in einer Dreierbeziehung war, wäre zu viel auf einmal. Das würde ihn nur aufregen und so etwas konnte er in seinem jetzigen Zustand überhaupt nicht gebrauchen. Darum erklärte Takashi ihm auch deshalb „Es gab da große Schwierigkeiten mit deiner Familie. Du wolltest lieber Kunst als Jura studieren und deshalb bist du vor zwei Jahren nach Tokyo gezogen, um deinen eigenen Weg zu gehen.“ Hinata dachte nach und versuchte wohl, sich diese Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen, doch er schaffte es nicht. In seinem Gedächtnis war da nichts als Leere. Selbst dieser Name, mit dem ihm die beiden Zwillingsbrüder ansprachen, klang ihm ganz fremd. Und noch eine Frage beschäftigte ihn. Er hatte sie schon dem Arzt gestellt, doch dieser war dieser Frage ausgewichen, weil er meinte, dass er sich erst einmal schonen sollte. „Was ist mit meiner Familie? Ihr beide seid da, dann dieser Sugiyama-san, der offenbar mein alter Lehrer sein soll, aber ansonsten ist keiner gekommen. Kommen meine Eltern denn gar nicht?“ „Sie… sie können nicht kommen“, erklärte Takashi und überlegte angestrengt, wie er das denn jetzt erklären sollte. Das war immerhin eine sehr schwierige Frage und der ältere Zwillingsbruder wusste auch nicht so wirklich, wie er es ihm möglichst schonend beibringen sollte. „Deine Eltern haben großen Ärger am Hals, vor allem dein Vater.“ „Ist es wegen meinen Verletzungen?“ fragte Hinata. „Als ich aufgewacht bin, habe ich zwei Krankenschwestern miteinander reden können. Sie sagten, mein Vater soll mir gegen den Kopf getreten haben. Mehrmals sogar. Stimmt das? Und wieso hat er das getan?“ „Dein Vater ist nicht damit klar gekommen, dass du lieber etwas anderes machen willst, als Anwalt zu werden und weil du dich nicht mehr von ihm unterbuttern lassen wolltest.“ „Katsuya!“ ermahnte Takashi ihn. „Nimm dich mal etwas mehr zurück. Hinata soll sich nicht so aufregen.“ Doch der Verletzte schüttelte nur den Kopf und meinte „Schon gut. Ich kann mich ja sowieso an nichts erinnern. Aber ist denn da niemand anderes?“ Auch hier musste Takashi ihn enttäuschen und man merkte Hinata deutlich an, dass er ziemlich betroffen war, dass es anscheinend niemanden sonst in seiner Familie gab. Klar musste ihm das schwer zu schaffen machen, denn was tat ein Mensch mit Amnesie als Erstes? Er suchte nach seinen Wurzeln und da suchte man eben halt auch instinktiv den Kontakt zur Familie. Doch das war in diesem Fall nicht möglich. „Mach dir keine Sorgen, wir kriegen das schon hin. Du hast ja noch uns und auch Sugiyama-san ist hier, weil er sich um dich sorgt. Komm erst mal wieder zu Kräften und wenn du das Krankenhaus verlassen kannst, werden wir dir schon helfen, dich wieder zu erinnern. Mach dir keine Sorgen, du bist nicht alleine und wir werden dich nicht hängen lassen. Ruh dich aus und erhol dich, der Rest kommt mit der Zeit.“ Und hier schlich sich ein schwaches Lächeln über Hinatas Lippen. Ein zurückhaltendes und schüchternes Lächeln, welches den Zwillingen so vertraut war und das ihnen das Gefühl gab, als wäre wenigstens ein kleines bisschen von Hinatas altem Selbst wieder zurückgekehrt. „Danke.“ Und dieses schüchterne Lächeln ließ die Zwillinge hoffen, dass sich Hinata trotz seiner Amnesie nicht vollständig verändert hatte. Es war immer noch derselbe Hinata Amano, dem sie beide vor eineinhalb Monaten ihre Gefühle offenbart hatten und darum erschien es selbst Katsuya nicht mehr ganz so unmöglich, dass sie es ein zweites Mal schaffen konnten, Hinatas Herz zu erobern. Kapitel 25: Extra: Chisako -------------------------- Die Befragung der Polizei und die Aufnahme der Personalien hatte sich eine gefühlte Ewigkeit lang hingezogen und als Chisako Amano auf die Straße trat, wurde sie nun endgültig von Erschöpfung übermannt. Insbesondere seelisch war die Erschöpfung groß und sie wollte einfach nur nach Hause. Diese beiden Polizisten hatten sie immer und immer wieder mit Fragen gelöchert und Chisako hatte gefühlte hundert Male dieselbe Geschichte erzählt. Sie hatte ohne Umschweife ausgesagt gehabt, dass ihr Ehemann Hinata geschlagen hatte. Man hatte sie nicht einmal unter Druck setzen müssen, damit sie ebenso von den Tritten erzählte und von dem Versuch, die vermeintliche Leiche ihres Sohnes in einen Müllsack zu stecken und ihn dann zu entsorgen. Sie hatte sofort zugegeben, dass sie zugesehen und nichts unternommen hatte, als ihrem Sohn der Arm gebrochen worden war oder er durch die Tritte gegen den Kopf schwer verletzt worden war. Dass ihr nun eine Anzeige und schlimmstenfalls eine Haftstrafe drohte, hatte sie hingenommen. Genauso wie sie so vieles in ihrem Leben hingenommen hatte, ohne sich zu wehren oder den Versuch zu machen, etwas zu ändern. Nein, das hatte sie schon sehr früh aufgegeben. Als Chisako die Straßen entlangging, um zu Fuß nach Hause zu gehen, dachte sie an Hiroshi und dass dieser Inspektor Kaburagi gesagt hatte, dass er eventuell lebenslänglich ins Gefängnis kam. Doch selbst da hatte sie keine sonderlichen Reaktionen gezeigt. So etwas war von ihr schon lange nicht mehr zu erwarten. Sie wusste selbst, dass ihr Herz kalt war. Nichts vermochte sie mehr sonderlich zu erschüttern oder zu erfreuen. Lediglich als sie gesehen hatte, wie sich ihr eigener Sohn gegen seinen Vater zur Wehr gesetzt hatte, als dieser ihn wie so oft schon gedemütigt und beschimpft hatte, war sie fassungslos gewesen und wusste nicht wirklich, was dazu geführt hatte, dass er sich so gegen seinen Vater auflehnte, obwohl doch von Anfang an klar gewesen war, dass es wieder eskalieren würde. Also warum hatte er das getan? Wieso hatte er nicht einfach klein bei gegeben und den Wünschen seines Vaters Folge geleistet? Dann wäre es doch nicht so weit gekommen. Sie dachte daran, was Hinata gesagt hatte. Er hatte es tatsächlich geschafft, Mangaka zu werden und war in einer homosexuellen Beziehung. Und er war einfach nach Tokyo gezogen, um Kunst zu studieren. Einfach unfassbar. Nach allem, was sein Vater ihm angetan hatte, hatte er trotzdem die Kraft gefunden, um zu rebellieren. Woher hatte er das nur? Von ihr jedenfalls nicht, Chisako hatte noch nie diesen Kampfgeist besessen, denn sie hatte schon als junges Mädchen gelernt, die Dinge so hinzunehmen wie sie waren. Sie hatte es damals hingenommen, als ihr Vater sie und ihre Mutter geschlagen hatte, wenn er wegen irgendetwas frustriert gewesen war. Und als ihr Vater sie angefasst hatte und ihre Mutter ihr keinen Glauben geschenkt hatte, genauso wie auch niemand anderes sonst, nicht einmal die Polizei, da hatte sie für sich erkannt gehabt, dass es sinnlos war, die Dinge ändern zu wollen. Niemand hatte ihr je geglaubt oder geholfen. Sie hatte es von ihren strengen Eltern schon früh eingetrichtert bekommen, dass sie, wenn sie mal heiraten sollte, den Worten ihres Mannes Folge zu leisten habe. Eine gute Ehefrau hatte ihrem Mann zu gehorchen und keine Widerworte zu leisten. Das war ihr immer und immer wieder gepredigt worden. Und nachdem sie während ihrer Jugendzeit immer wieder von ihrem Vater geschlagen und angefasst worden war, war etwas in ihr gestorben und danach waren auch ihre Gefühle im Allgemeinen abgestumpft. Als sie Hiroshi kennen lernte, waren ihre Gefühle nie sonderlich tief gegangen und sie hatte auch nie vorgehabt, eine ernste Beziehung mit ihm anzufangen. Als sie aber dann von ihm geschwängert worden war, hatten ihre konservativen Eltern sie zur Heirat gezwungen und Chisako hatte gehorcht wie eine gute Tochter ihren Eltern nun mal gehorchte und hatte Hiroshi geheiratet. Als sie ihren Job als Verkäuferin in einer Boutique aufgrund ihrer Schwangerschaft verlor und Hiroshi sie das erste Mal schlug und sie als unfähige dumme Schlampe bezeichnete, hatte sie nichts gesagt und es einfach akzeptiert. Auch als er ihr bei einem weiteren Ausraster die Nase und zwei Finger brach, erstattete sie keine Anzeige, noch verlor sie ein Wort darüber. Manche Dinge waren halt so, dachte sie sich in solchen Momenten. Chisakos Seele verödete im wahrsten Sinne des Wortes und mit den Jahren vereiste ihr Herz immer mehr. Sie arrangierte sich wirklich mit allen Dingen, die ihr widerfuhren und so empfand sie weder Hass, noch aufrichtige Liebe für ihren Mann. Ihr Pflichtgefühl als gute und gehorsame Ehefrau zwang sie dazu, bei Hiroshi zu bleiben und die Schläge und Demütigungen zu akzeptieren, die mit der Zeit immer schlimmer wurden. Sie selbst empfand ihren Mangel an tieferen Emotionen als nicht wirklich besorgniserregend oder schlimm. Nein, sie sagte sich einfach, dass es nun mal das Leben war, welches ihr vorherbestimmt war. So hatte sie ihr Leben ohne ein großes Ziel und ohne sonderliche Zukunftspläne gelebt. Und als Hiroshi sie nach einem Saufgelage ans Bett fesselte und vergewaltigte und sie danach nicht einmal weinte, sondern für sich selbst still und ohne Theater selbst diese Erniedrigung akzeptierte, hatte sie für sich selbst erkennen müssen, dass sie sich aufgegeben hatte. Und nicht nur sich selbst, sondern eigentlich ihr ganzes Leben. Das Leben bestand für sie im Grunde nur noch daraus, ihre Pflichten zu erfüllen, die von ihr verlangt wurden und dann auf das Ende zu warten, egal wie es auch aussehen mochte. Ob Hiroshi entweder an einem Herzinfarkt starb oder betrunken vors Auto lief, sie von ihm im Zorn erschlagen wurde oder selbst an irgendeinem Leiden verreckte oder im hohen Alter starb. Was soll’s… Sie hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, etwas vom Leben zu erwarten. Die Dinge zu akzeptieren wie sie waren, das war für sie der einzige Weg gewesen, selbst die schlimmsten Demütigungen und Schmerzen zu ertragen, ohne verrückt zu werden oder selber die Beherrschung zu verlieren. Somit waren nicht einmal mehr die Vergewaltigungen ihres Ehemannes schlimm für sie gewesen. Sie hatte nie darüber gesprochen, nicht einmal vor der Polizei, sondern es einfach für sich behalten und sich gedacht, dass das Leben nun mal so wäre und sie nichts anderes zu erwarten hätte. Als Hinata auf die Welt kam, wurde ihr das Ausmaß ihrer seelischen Verarmung im vollen Umfang bewusst, als sie dieses weinende Baby im Arm hielt und es nicht lieben konnte. Es schrie und alles, was sie empfand, war der Ärger darüber, dass es nicht endlich zu schreien aufhörte. Doch sie ging trotzdem ihrer Pflicht als Mutter nach, so wie es in ihrem konservativen Elternhaus stets verlangt worden war. Sie fütterte und wickelte das Kind, aber das war auch schon alles. Liebe konnte sie ihm keine schenken. Sie hätte es nicht mal mit jemand anderem gekonnt. Als Hinata älter wurde und Hiroshi den Entschluss fasste, aus ihm einen Anwalt zu machen, unterstützte Chisako pflichtbewusst dieses Vorhaben und ließ ihren Ehemann die strengen und grausamen Bestrafungen durchführen, wenn ihr Sohn ihn enttäuschte. Beschützt hatte sie ihr Kind nie. Sie sah sich in erster Linie als gute Ehefrau verpflichtet, alles zu tun, was ihr Mann verlangte. So war sie erzogen worden, so hatte sie es nicht anders gelernt. Und so hatte sie es auch akzeptiert. Wenn Hinata weinend zu ihr kam und Trost bei ihr suchte, empfand Chisako weder Liebe noch Mitleid für ihr Kind, welchem sie das Leben geschenkt hatte. Emotional konnte sie einfach keine Bindung zu ihm aufbauen. Darum war auch das Einzige, was sie in diesen Momenten sagte „Wenn du dich mehr anstrengen würdest, dann müsste dein Vater dich auch nicht bestrafen.“ Sie hatte erwartet, dass auch er lernte, die Dinge so zu akzeptieren wie sie waren. Es wäre das Beste für ihn gewesen. Und doch hatte er es nicht getan. Er hatte sich dem Zwang seines Vaters entzogen und war seinen eigenen Weg gegangen. Er hatte im Gegensatz zu ihr dieses Leben nicht akzeptiert, sondern für ein besseres Leben gekämpft. Doch der Gedanke daran, es ihm gleich zu tun, kam ihr nicht. Sie fragte sich nur, was sie in ihrer Rolle als Mutter falsch gemacht hatte, dass sie so sehr versagt hatte, dass ihr Sohn nicht gelernt hatte, gehorsam zu sein und es ihr gleich zu tun. Als Chisako ihr Wohnviertel erreichte, stand dort auch schon eine Gruppe Frauen ihres Alters zusammen und redeten miteinander. Sie kannte diese Frauen, es waren Nachbarinnen, die sich oft zum Tratschen trafen. Als sie an ihnen vorbei ging, rief Sachiko Takada, die selbst Mutter zweier Kinder war „Schämen Sie sich eigentlich nicht, mit einem solchen Mann verheiratet zu sein, der sein Kind fast totgetreten hat? Eine Rabenmutter sind Sie!“ Chisako reagierte nicht darauf und ging einfach weiter. Es war ihr gleich, was diese Frauen da über sie erzählten. Sie hatte sich aus ihrer eigenen Hinsicht eigentlich nichts vorzuwerfen, denn sie hatte ihr Kind auf die Weise erzogen, wie sie es für richtig erachtet hatte. War es denn ihre Schuld, dass sie außer Stande war, eine emotionale Bindung zu ihrem Sohn aufbauen zu können und dass es ihr deshalb auch nicht wehgetan hatte, mit anzusehen, wie Hinata fast totgetreten worden war? Sie hatte alles in ihrer Macht stehende getan, um ihren Sohn anständig zu erziehen und dass sie gescheitert war, lag nicht an ihr. Ihr Sohn war eben nicht wie sie. Er hatte seinen eigenen Kopf und er war halt hoffnungslos, so zumindest war ihre Sichtweise. Als sie in die Wohnung eintrat und sie sich erinnerte, dass sie von nun an ganz alleine hier leben würde, kam ihr die Frage auf, wie es denn jetzt weitergehen sollte. Sollte sie fortgehen und einen Neuanfang machen? Wo sollte sie denn schon hin und was sollte sie denn jetzt noch einen Neuanfang machen? Sie war schon über die vierzig drüber. Für einen Neuanfang war es schon zu spät. In diesem Alter würde sie keinen Mann mehr finden und für eine berufliche Neuorientierung oder Weiterbildung war es ebenfalls schon zu spät. Außerdem würde sie wahrscheinlich sowieso eine Freiheitsstrafe verbüßen müssen, da würde es sich auch nicht lohnen, nach einem Job zu suchen. Sie würde einfach warten, bis die Gerichtsverhandlung beginnen und sie ihre Strafe bekommen würde. Sie würde das Urteil hinnehmen, egal wie es ausfiel und dann sehen wie es weiterging. So und nicht anders würde es aussehen. Darum hatte sie auch keinerlei Ambitionen, noch überhaupt etwas aus ihrem Leben zu machen oder die Chance zu nutzen, um von den Fesseln ihrer Ehe loszukommen. So wie es aussah, würde Hiroshi sowieso nicht so schnell aus dem Gefängnis rauskommen. Das Einzige, was sie sich noch vorstellen konnte war, nach dem Verbüßen ihrer Strafe einen Job als Putzfrau zu suchen, denn keiner würde eine vorbestrafte Frau als Verkäuferin einstellen, eine kleine Wohnung beziehen und Hiroshi im Gefängnis besuchen, wie es von einer guten Ehefrau erwartet wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)