Bananeneis von Raija ================================================================================ Kapitel 9: Gibt's da auch was von Ratiopharm? --------------------------------------------- Dunkelheit. Tiefschwarze, alles verschlingende Dunkelheit. Das war alles was er erkennen konnte. Er versuchte sich zu bewegen, doch spürte er seine Gliedmaßen nicht. Alles, außer seinem Kopf und seiner Brust, war taub. Was ist hier los? Verzweifel versuchte er etwas zu sehen, doch die Welt um ihn blieb schwarz. Das Einzige, was er wahrnahm, war ein leises Säuseln, das durch den Druck auf seinen Ohren unverständlich zu ihm vordrang. Was zum Teufel geht hier vor sich? Ein drückendes Gewicht setzte sich in seiner Brust fest und nahm ihm die Luft zum Atmen. Es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen, während sich seine Kehle immer weiter zuschnürte. Verdammt, schrie er aus, doch war sich nicht sicher, ob überhaupt ein Ton über seine Lippen gelangt war. Das Säuseln wurde lauter, bis mit einem Bloppen seine Ohren aufgingen und er tatsächlich Worte wahrnehmen konnte. „... den Tubus entfernt, da er nun aus eigener Kraft atmen kann. Außerdem haben die letzten Tests ergeben, dass seine Hirnaktivitäten ansteigen. Wir haben Grund zur Annahme, dass Ihr Bruder uns hören kann“, hörte er eine Männerstimme sagen. „Versteht er auch, was wir sagen?“ Mara. Die Stimme seiner Schwester drang hell und klar in seine Ohren. Er klammerte sich an deren Klang, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Mara, was passiert hier? „Vermutlich“, ertönte wieder die Männerstimme. „Wir möchten weitere Tests durchführen, doch wollen wir ihm etwas Ruhe gönnen, da ihn die Untersuchungen sehr erregt haben.“ Welche Untersuchungen? Über was redeten sie da? Mara, du Rindvieh, jetzt antworte mir gefälligst! „Gibt es denn irgendwelche Anzeichen dafür, dass er demnächst aufwacht?“ Ignorierte sie ihn mit Absicht oder wieso bemerkte ihn denn niemand? War das alles ein schlechter Scherz? „Im Moment keine, aber er ist auf dem aufsteigenden Ast. Es würde sicher helfen, wenn Sie sein Hirn stimulieren. Lesen Sie ihm etwas vor oder erzählen Sie ihm etwas.“ „Danke Dr. Wolf.“ Levi vernahm Schritte, dann das Schließen einer Tür. Stille breitete sich in dem Raum aus und er fragte sich, ob er nun allein war. Plötzlich spürte er eine warme Berührung an seiner Wange. „Duuuu, Levi?“, fragte seine Schwester, die anscheinend bei ihm geblieben war. „Hörst du mich?“ Natürlich, du Idiot! „Du musst ganz schön verwirrt sein, wenn du etwas hiervon mitbekommst.“ Allerdings.... „Kannst du dir vorstellen, wie blöd es sich anfühlt mit jemandem zu reden, von dem man nicht weiß, ob er zuhört?" Jetzt sag endlich was Sache ist! Wieso sollte ich dich nicht hören können? „Mh, es fühlt sich seltsam an." Mara machte eine Pause und seufzte, ehe sie weiter sprach. „Wo fange ich an? Du hattest einen Unfall und liegst seitdem im Koma. Erwin - der Lackaffe - hat dich ins Sina Hospital verlegen lassen und nun meint der Doktor, du könntest hören, was in deiner Gegenwart gesprochen wird." Was sagst du da? Levi hatte das Gefühl an Maras Worten zu ersticken. Das Gewicht auf seiner Brust wurde schwerer und raubte ihm den letzten Rest Beherrschung. Nein, das ist nicht wahr! „Der Doc meinte, ich solle dein Hirn stimulieren, indem ich dir etwas vorlese." Mara tätschelte erneut seine rasierte Wange. Das Personal hatte sich große Mühe gegeben, um ihn wieder einigermaßen gut aussehen zu lassen. Sein Haar war geschnitten worden und sein Gesicht rasiert. Auch seine Kleidung lag sauber und ordentlich an seinem Körper. „Ich werde dir nächstes Mal ein schönes Buch mitbringen. Wie wäre es mit Twilight?" Sie kicherte. „Bestimmt wirst du dann aufwachen, um mir das Buch um die Ohren zu hauen." Kurz erfreute sie sich an diesem Gedanken. Dabei hatte sie keine Ahnung, wie aufgewühlt ihr Bruder, der versuchte diese Informationen zu verarbeiten, war. „Allerdings hast du noch ein paar Tage Schonfrist, denn der Lackaffe hat mich zu einem Wochenendausflug überredet. Morgen ist nämlich Feiertag und dadurch verlängertes Wochenende", erzählte sie weiter. „Nur hat Erwin noch nicht verraten, wohin es geht." Wie schon die letzten Tage grübelte sie, was er vorhaben könnte. Er hatte nur erwähnt, dass er sie für ein paar Tage aus ihrem Trott holen wollte. „Weißt du eigentlich, was für ein Tag heute ist?“, fragte sie, erhielt jedoch keine Antwort. Natürlich konnte er nicht antworten und diese Tatsache trübte ihre gute Laune. „Naja, ist ja auch unwichtig.“ „Isabel und Farlan wollen morgen vorbei kommen“, erwähnte sie, um wieder zu ihrem fröhlichen Ich zurückzukehren. In diesem Moment öffnete sich die Zimmertür und Erwin trat ein. Er schenkte ihr eines seiner bezaubernden Lächeln, die ihr immer wieder den Atmen raubten und ihr Herz höher schlagen ließ. „Da bist du ja schon“, begrüßte sie ihn. Erwin fuhr sich durch das gepflegte blonde Haar. „Ich habe nur ein paar Dinge mit Shadis besprechen wollen“, meinte er, beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss an die Schläfe. Maras Herz vollführte einen doppelten Salto. Automatisch bildete sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. „Du kennst den Klinikleiter?“, fragte sie dann. „Ja, wir waren einst zusammen beim Militär“, antwortete er. „Bist du bereit für den Ausflug?“ „Klar, wobei ich gerne wüsste, wohin es geht“, versuchte sie mehr Informationen aus ihm heraus zu kitzeln. „Na, na. Dann wäre es ja keine Überraschung mehr“, tadelte er sie. Mara seufzte schwer, ehe sie sich von ihrem Bruder verabschiedete. Gleichzeitig schulterte Erwin ihre Tasche und zusammen verließen sie Hand in Hand die Klinik. Sie waren einige Stunden in Erwins Volvo über die Autobahn Richtung Osten unterwegs. Gegen Mittag hielten sie bei einem italienischen Restaurant, wo Mara die beste Lasagne überhaupt zu essen bekam. Danach ging es weiter, bis Erwin schließlich auf einen kleinen Rastplatz fuhr. „Was hast du vor?“, wollte Mara wissen, doch Erwin grinste nur verschwörerisch und löste den Knoten seiner Krawatte. „Ich werde dir jetzt die Augen verbinden“, sagte er lediglich und legte ihr die Krawatte um den Kopf. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Mara nichts mehr sah, fuhr er weiter. „Alles in Ordnung?“, fragte er nach einiger Zeit, in der Mara recht still war. „Ja“, antwortete diese schlicht. „Du klingst aber nicht so“, stellte er fest, wobei ein Anflug von Belustigung in seiner Stimme mitschwang. „Ich bin aufgeregt“, gestand Mara. Dabei kreuzte sie ihre Finger miteinander und löste sie kurz darauf wieder. Anhand der hubbeligen Straßenverhältnisse vermutete sie, dass sie sich nicht mehr auf der Autobahn befanden. Doch wo führte er sie nur hin? Ihr Magen flatterte aufgeregt, während die Lasagne wie ein Stein in ihrem Bauch lag. Hätte sie doch bloß nicht so viel gegessen. „Ich kann dir das Fenster ein Stück öffnen, wenn du das möchtest“, schlug er vor, als wüsste er, was in ihr vorging. „Gerne.“ Sie hörte das Surren des Motors, der die Scheibe zu ihrer Rechten senkte. Frische Luft drang in den Innenraum des Wagens und begann sogleich mit einigen Strähnen ihres Haares zu spielen. Der Duft von salzigem Wasser und nassem Sand stieg ihr in die Nase, während sie fernes Rauschen wahrnahm. Sie runzelte die Stirn. Waren sie tatsächlich so weit gefahren? Als sie dann auch noch der Schrei einer Möwe erklang, war sie sich sicher. „Wir fahren ans Meer?“ „Richtig erraten“, bestätigte Erwin mit einem Lächeln auf den Lippen. Keine zehn Minuten später hielt der Wagen. Erwin stieg aus und öffnete die Tür auf der Beifahrerseite. Er nahm Mara bei den Händen, half ihr aus dem Auto und führte sie ein Stück. Dann stoppte er. „Bist du bereit?“, raunte er in ihr Ohr, was ihr einen Schauder über den Rücken jagte. „Ja.“ Sie nickte. Was würde sie nun erwarten? Erwin löste den Knoten an ihrem Hinterkopf und die Krawatte rutschte von ihren Augen. Vor sich erkannte sie ein kleines zweistöckiges Gebäude. Sie musterte das Haus, roch dabei deutlich das Meer, während eine Möwe über ihren Köpfen kreiste. „Komm“, sagte Erwin und nahm sei bei der Hand. Er schloss die Tür auf und deutete ihr voran zu gehen, indem er einen Diener machte. Mara legte sich lachend die Hand vor den Mund und trat ein. Keine drei Schritte später blieb sie sprachlos stehen und ließ den Blick durch den großen Raum wandern. Es war der einzige Raum in diesem Geschoss. Zum einen war eine moderne offene Küche eingebaut, ein hölzerner Esstisch mit Stühlen, sowie eine Ledercouch befanden sich darin und eine Treppe, die nach oben führte. Das Beeindruckbarste war die Fensterfront, die sich vom Boden bis an die Decke zog und die ruhigen Wellen zeigte, die über den Strand strichen. „Wow“, brachte Mara irgendwann hervor, weshalb Erwin auflachte. „Gefällt es dir?“, fragte er. „Es ist wunderbar“, rief sie aus und ging weiter in den Raum. Neugierig sah sie sich um, bis sie schließlich vor der Glaswand zum Stehen kam. Zufrieden beobachtet Erwin sie dabei. „Wollen wir an den Strand?“ Augenblicklich wandte sie sich zu ihm um und strahlte ihm entgegen. „Ja, bitte.“ Abermals nahm er ihre Hand in seine. So verließen sie das Haus und liefen die wenige Meter zum Strand, wo sie ihre Schuhe abstreiften. Barfuß spazierten sie durch den Sand und durch das kühle Wasser. „Ist das dein Haus?“, fragte Mara auf dem Rückweg und betrachtete das Haus aus der Ferne. „Ja, ich habe es vor ein paar Jahren gekauft“, sagte Erwin und sah ebenfalls zu dem kleinen Gebäude. Amüsiert schüttelte Mara den Kopf. Was hatte sie auch anderes erwartet? „Was machst du eigentlich, dass du solch einen Lebensstil führen kannst?“ Zuvor waren seine beruflichen Tätigkeiten noch nicht zur Sprache gekommen. „Ich bin Inhaber eines Pharmaunternehmens“, meinte er und beobachtete ihre Reaktion aus dem Augenwinkel. Ihre Lippen bildeten ein stummes O. „Gibt's da auch was von Ratiopharm?“, witzelte sie dann und zwinkerte ihm zu. „Ja so ähnlich“, lachte er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)