Lilith & Lucifer von LauraFrye (Teil 1) ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Nachdem ich dem Taxifahrer, die Adresse gegeben habe, fahren wir nur ungefähr zehn Minuten. Es wären fünf gewesen, aber es war mal wieder Stau. Das bin ich aber gewohnt, schließlich bin ich hier aufgewachsen. Und in New York City, ist einfach immer irgendwo Stau. Das kann man in so einer großen Stadt, mit so vielen Einwohnern und Touristen, nicht vermeiden. „3 Dollar“ Ich hole fünf zerknüllte Eindollarscheine heraus und drücke sie dem Fahrer in die Hand. „Schönen Tag noch.“, ruft er mir beim aussteigen zu und ich erwidere das mit einem freundlichen lächeln. Es gibt selten, so freundliche Taxifahrer. Den meisten, kann ich das nicht einmal übel nehmen. Den ganzen Tag, in einem stickigen Auto zu sitzen, egal ob Schnee, Regen, Hitze, Unfälle, Stau oder Zombieapokalypse, muss hart sein. Ehe ich zu Mike gehe, kaufe ich in einem laden um die Ecke, zwei Kaffee und drei Sandwiche's. Für mich zwei, weil ich riesigen Hunger habe. Bis ich vor seiner Tür stehe, habe ich eines schon angefangen zu essen. Weil ich keine freie Hand habe, klopfe ich mit meinem Ellenbogen an seiner Haustür und es dauert ein paar Augenblicke, bis die Tür auf geht. „Hey“, begrüße ich ihn und er reibt sich die Augen und gähnt. „Hi. Was machst du hier?“ Es ist komisch, dass er mich das fragt, statt mich erst einmal herein zu bitten und mir etwas abzunehmen. Ich schiebe es einfach auf seine Müdigkeit. Er ist, offensichtlich, da er nur in Boxershorts vor mir steht, sicher gerade erst aufgestanden und deshalb noch etwas neben sich. „Darf ich vielleicht rein kommen? Oder hast du Besuch?“, erkundige ich mich. „Nein, komm rein.“ Er nimmt mir den Kaffee ab und schließt hinter mir die Tür. Ich gehe in die Küche und lege die Tüte mit den Sandwiche's, auf den Holztisch. Dann rümpfe ich die Nase, weil es hier drin komisch riecht. So riecht es immer, wenn man Tagelang das Fenster nicht mehr geöffnet hat. Das ist typisch für ihn. Weil er sicher nicht darauf kommt, das zu tun, mache ich es für ihn. Erst öffne ich die Vorhänge im Wohnzimmer, damit Licht in die Wohnung kommt, und dann ein Fenster. Zurück in der Küche, nehme ich zwei Teller aus dem Schrank, stelle sie auf den Holztisch und platziere die Sandwiche's darauf. Mike steht dabei am Türrahmen und beobachtet mich aufmerksam, mit verschränkten Armen. „Ist alles in Ordnung?“, frage ich, weil er mir schon wieder komisch vorkommt. Er zuckt mit den Schultern. „Ja, ich bin nur überrascht, dass du hier bist, sonst nichts.“ „Sicher? Du wirkst schon wieder, als hätte ich deine Katze überfahren.“ „Meine Katze überfahren?“ Er fängt an zu lachen und setzt sich an den Tisch. „Hör auf zu lachen, mir ist nichts besseres eingefallen.“ Er lehnt sich zurück, mit seinem Sandwich in der Hand und beißt hinein. „Tut mir leid.“, faselt er mit vollem Mund und ich schüttle mit dem Kopf. „Du hast immer noch keine Tischmanieren.“ Ich setze mich auch an den Tisch und esse erst mein angefangenes Sandwich zu Ende und dann mein anderes, nur bis zur Hälfe. Den Rest, gebe ich Mike, der größeren Hunger hat, als ich dachte. „Ich wollte mich noch wegen gestern entschuldigen.“ Er nickt, stopft sich den letzten Bissen in den Mund und spült alles mit einem Schluck Kaffee herunter. „Für was? Dafür, dass du mich weggeschickt hast oder dafür, dass du einfach mit diesem Typen abgehauen bist?“ Seine Stimme ist so ausdruckslos, dass ich nicht erkennen kann, ob er wütend ist. „Lucifer hat dir doch Bescheid gesagt, oder nicht?“ „Ja, das hat er.“ Wieder lässt er sich nichts ansehen. „Wieso bist du dann sauer?“ „Ich bin nicht sauer. Ich fand es nur... komisch.“ Ich sehe ihn verwirrt an. „Inwiefern: Komisch?“ Was ist daran komisch, mit dem Teufel ins Hotel zu fahren? Bei dem Gedanken, fange ich beinahe an zu lachen. „Naja, du kennst ihn kaum. Ich mache mir einfach nur sorgen um dich. Ich will nicht, dass du verletzt wirst.“, erklärt er. Er redet, als würde er ihn so gut kennen, um bereits wissen zu können, dass das mit Lucifer und mir nicht gut geht. Ich meine, zwischen ihn und mir ist nichts, da gibt es einfach nichts, was falsch laufen könnte. „Wie gut kennst du ihn denn?“ Er zuckt wieder mit den Achseln. „Lang genug, um dich vor ihn zu warnen.“ Weiß er etwa auch, was er ist? Nie im Leben. Das würde er mir sagen. Obwohl ich das an seiner Stelle, nicht tun würde. Wie reagiert wohl jemand darauf, der an Gott und den ganzen Kram nicht glaubt, wenn man ihn sagt: „Weißt du, der Typ mit dem du dich triffst, ist eigentlich der Teufel persönlich. Halte dich lieber von ihm fern, bevor es zu spät ist und er dir deine Seele oder was auch immer raubt.“ „Was weißt du denn von ihm?“, frage ich, natürlich aus reiner Neugier. „Ich weiß, dass er mit Drogen was am Hut hat und noch anderen illegalen scheiß. Dazu ist er nicht sehr dafür bekannt, Beziehungen zu führen.“ Drogen? Illegalem scheiß? Ich erschrecke allein bei dem Gedanken daran, in irgendwas davon, hinein gewickelt zu werden. Und das ist absurd. Ich sollte schon allein bei dem Gedanken, dass er Satan ist, zurückschrecken. Tue ich aber nicht, komischerweise. „Woher weißt du das alles?“ „Solch Dinge sprechen sich herum. Vor allem, wenn man als Reporter bei der New York Times arbeitet, findet man so was schnell heraus.“ „Also kennst du ihn nicht persönlich?“, hake ich noch nach, während ich die Informationen über Lucifer erst einmal verdauen muss. So kommt er also an sein ganzes Geld? Das kommt ja nicht von irgendwoher und vor allem nicht, von einem Nachtclub, selbst wenn er so exklusiv ist. „Spielt das eine Rolle?“ Etwas an seinen scharfen Ton, verrät mir, dass er nicht weiter darüber reden möchte, also belasse ich es dabei. „Nein. Jedenfalls tut es mir leid, wegen gestern.“ „Es ist mir relativ egal, mit dem du dich abgibst und mit wem du... du weißt schon was tust. Nur eben nicht mit ihm.“, erklärt er mir ruhig, ohne auf meine Entschuldigung einzugehen und trinkt aus seinem Kaffeebecher. Ich tue das gleiche. Der Kaffee schmeckt gut, ist stark und hilft mir, wieder klar zu denken, nach den gestrigen Abend, was ich dringend nötig habe. „Ich glaube, ich entscheide selbst, was ich tue, schließlich bin ich alt genug, Mike. Und du bist nicht mein Aufpasser.“ Mike sieht mich an. Da ist er. Der Blick, der mich so an meinen Vater erinnert. Er sieht mich immer genauso an, wenn ich behaupte, dass ich für etwas alt genug sei. Nur ist Mike um einiges Jünger als er. Aber der Blick, hat die selbe Wirkung. Es nervt mich unbeschreiblich, wenn man mich so ansieht. So als würde ich dummes Zeug reden und wüsste nicht, was ich tue. Vielleicht bin ich in vielen Hinsichten noch sehr unerfahren. Vielleicht auch ein wenig naiv und ein bisschen gutgläubig. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich nicht weiß, was ich tue. Jedenfalls in den meisten Momenten. Gestern Nacht war eine Ausnahme. „Sieh mich nicht so an, als wärst du 50 Jahre älter als ich und hättest mehr Erfahrung im Leben.“ „So sehe ich dich nicht an.“, sagt er und beugt sich nach vorn. „Ich denke nur, auch wenn du das nicht so siehst, du könntest einen Aufpasser gebrauchen.. Und wenn das jemand ist, dann ich. Schließlich habe ich dir bisher aus all deinen Notlagen helfen können. Und werde es auch weiterhin tun.“ „Du willst also meinen Schutzengel in der Not spielen?“ „Wenn du es so siehst, ja.“ Er lächelt und auch wenn es mir nicht gefällt, dass er so denkt, erwidere ich sein Lächeln. Ich weiß, dass Mike nur das beste für mich möchte. Wir sind seit 4 Jahren befreundet und er hat irgendwie recht. Er hat mir geholfen, als ich nach New York zurück kam und meine Eltern nicht bitten wollte, dass ich bei ihnen wohnen darf. Er half mir, eine akzeptable Wohnung in Brooklyn zu finden, welche ich bezahlen konnte. Ebenfalls half er mir, als ich meinen Kellnerjob verlor, weil der Laden Pleite ging und besorgte mir den Job im Verlag. Und er half mir, als ich es nicht mehr in dieser schäbigen Wohnung ausgehalten habe. Ich durfte bei ihm wohnen und im Gegenzug, habe ich gekocht, die Wäsche gemacht und geputzt. Er hat mir immer aus der Not geholfen, wenn ich keine andere Lösung sah. Vielleicht ist er wirklich so etwas wie mein Schutzengel. Aber das möchte ich nicht. Ich will nicht, dass er sich für mich verantwortlich fühlt. „Das möchte ich nicht.“, sage ich, bevor ich es auf halten kann. Mike hebt die Brauen. „Warum nicht? Du hattest sonst auch kein Problem damit.“ Es hört sich nicht im geringsten wie ein Vorwurf an. Es klingt eher, wie eine allgemeine Feststellung, wie zB. das es gerade sonnig ist, und der Herbst bevor steht. „Ich möchte es einfach nicht.“ Mike wendet seinen Blick ab. Starrt auf seine ineinandergefassten Hände und zuckt dann mit den Schultern. „Ok.“, sagt er. Er herrscht für ein paar Sekunden stille, bevor er mich fragt: „Magst du ihn?“ Ich weiß sofort, von wem er redet und ich antworte, wie aus der Kanone geschossen. „Nein!“ Mikes Blick seht aus, als glaube er mir nicht. „Ich kenne ihn kaum. Und das, was ich kenne, macht ihn nicht sehr sympathisch.“ „Was weißt du denn alles?“ Die Frage überrascht mich. „Ich weiß, dass er sich an unseren ersten Date nackt ausgezogen hat.“ Als ich es ausgesprochen habe, weiten sich Mikes Augen. Aber dann zucken seine Mundwinkel verräterisch und er fängt an zu lachen. „Er hat sich ausgezogen? Einfach so?“ „Tu nicht so, als hättest du das noch nie gemacht!“, lache ich und erinnere mich daran, wie ich von der Arbeit nach Hause kam, mal wieder etwas früher als sonst und er nackt auf der Couch lag und auf eines seiner Betthäschen wartete. Ich Frage mich wirklich, wie wir je Freunde werden konnten, da wir so verschieden sind. Vielleicht ist es auch gerade das, was unsere Freundschaft so ausmacht? Mell und ich sind ja auch so verschieden, verstehen uns aber blendend. Mike hebt einen Finger, als würde er es absolut ernst meinen. „Das war was vollkommen anderes!“, grinst er und lässt seine Hand sinken. Vielleicht ein wenig anders, aber es ist vergleichbar. „Und was noch? Was war gestern? Mell hat gestern etwas angedeutet.“ So eine Plapertasche! „Was hat sie gesagt?“ Mike zögert. „Sie hat die ganze Zeit wirres Zeug geredet.“ „Was für wirres Zeug, wenn ich Fragen darf? Raus mit der Sprache. Ich hab nicht Ewig Zeit.“ Ich grinse, damit die Worte nicht allzu ernst klingen und er lächelt sanft und hinreißend. Das ist dieses Lächeln, mit welcher er sicher jede Frau ins Bett bekommen kann. Jede Frau, außer mich. „Sie sagte, ihr wärt euch näher gekommen.“ Ich bin mir sicher, dass es etwas anderes gesagt hat. „Ich war betrunken und um dich zu beruhigen: Ich halte mich von ihm fern.“ Das tue ich wirklich. Ich weiß nur nicht, ob er das tun wird. Denn wenn nicht, weiß ich nicht, ob ich es noch tun werde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)