Too Strong To Fall von Votani (Levi x Sakura) ================================================================================ Kapitel 13: first fight. ------------------------ Ein spitzer Schrei vermischte sich mit dem von Eld. Bevor Sakura realisierte, dass er aus ihrer eigenen Kehle stammte, hatte sie sich von dem Ast, auf dem sie stand, abgestoßen. Sie fiel. Der Wind wischte ihr die Haarsträhnen aus dem Gesicht und ihre Augen tränten. Doch sie ignorierte es. Sie zwang sich ihre Augen offenzuhalten. Sie musste sehen. Instinkt hatte die Kontrolle an sich gerissen. Sakura agierte wie im Training, wie eine Maschine, wie die Soldatin, die sie sein sollte. Die Stahlseile fuhren sich auf Knopfdruck nacheinander aus und verankerten sich in Baumstämmen. Sie ließen Sakura blitzschnell, schneller als sie sich erträumt hätte, durch die Lüfte gleiten. Proteste erklangen, Levis Stimme, welche die merkwürdige Stille in Sakuras Kopf durchbrach und sie doch nicht erreichte. Trotz der Geschwindigkeit war ihr Verstand klar und ihre Kontrolle über die Ausrüstung vorhanden. Alle Sinne waren auf den Titanen fixiert, auf Eld, der sich zu befreien versuchte und doch nicht gegen die enorme Stärke des Ungestüms ankam. Nicht, bevor die Klingen ihrer Schwerter ihre Arbeit vollrichtet hatten. Das Handgelenk besaß zu massive Knochen und zu viel Fleisch, um es abtrennen zu können. Es waren die Finger, die Sakura anvisierte. Die scharfen Klingen trennten die drei mittleren Finger von der Hand. Schwer fielen sie zu Boden, verpufft, bevor sie ihn erreichten. Rausch stieg von dem erhitzten Fleisch auf, mehr als dass es blutete. Eld rutschte zwischen dem letzten Finger und dem Daumen hindurch, nur Zentimeter von dem Mund des Titanen entfernt. Er fiel durch Blätter und Äste, weiter unter Sakura hinweg. Zeit blieb ihr keine, um sich um ihn Gedanken zu machen. Die andere Hand schoss bereits zu ihr hinauf. Dreckige Fingernägel, spitz und doch furchtbar menschlich, sausten unter ihr vorbei. Die Kuppen der Finger streiften ihr Bein. Mit der Kraft dahinter war es wie ein Schlag ins Gesicht, der ihre Flugbahn durcheinander brachte. Sie wollte an seinem Kopf vorbeifliegen und auf einem hohen Ast außer Reichweite landen. Doch der Winkel stimmte nicht mehr, die Kollision ließ sie auf den Baumstamm zusteuern. Sie glitt an dem Titan vorbei, dessen Augen ihr folgten, riesig und starr, furchtbar ausdruckslos, obwohl sie eine Gier in ihnen vermutete. Sakura beobachtete die Geste, instinktiv und in den Bann gezogen. Ihre Schwerter rutschten ihr aus den Händen, die sie schützend vor ihr Gesicht schlug, bevor sie mit dem Baum kollidierte. Ihre Unterarme und ihre Hüfte fingen den Aufprall ab. Schmerz explodierte in ihrem Körper und die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst. Doch der erwartete Sturz blieb aus, stattdessen ließ das verankerte Seil hinter ihr sie rückwärts schwingen, fort von dem harten Baumstamm, mit dem sie soeben Bekanntschaft gemacht hatte und zurück zu dem Titan. Finger krallten sich in die Rinde, doch der Schwung war zu stark und sie wurde fortgerissen. Sie hatte vergessen das Stahlseil zu lösen! Panisch wanderten ihre zittrigen Finger an ihrer Hüfte entlang und griffen erfolglos nach dem Kabel, welches die Schwerter mit der Ausrüstung verband. Wo war es? Es musste irgendwo hinter ihr sein. Wo war es nur? Ihr wurde schwummrig vor Augen, doch die tanzenden Flecke schwanden, als sie das Kabel ertastete und die Finger darum schloss. Sie hing mitten in der Luft, fast wie ein Käfer, der in einem Spinnennetz gefangen war. Der Titan hatte sie nicht aus den Augen verloren. Mit einem gewaltigen Schritt stieg er über einige Büsche hinweg und trat zwischen den Bäumen hervor. Sakura befand sich auf der Höhe seiner Stirn, zu weit unten, um der riesigen Hand, die keine Finger verloren hatte, ein zweites Mal zu entgehen. Aus den Augenwinkeln konnte sie die andere Hand sehen, an der die Finger nachwuchsen. Auch darüber hatte sie gelesen, denn als Rekrut stand einem ein ganzer Haufen Bücher zu Verfügung, die kein Normalbürger zu sehen bekam. Komisch, dass ihr das ausgerechnet jetzt einfiel. Ist dies das Gefühl, das man bekam, wenn man dem Tod ins Auge schaute? War das ihr Leben, welches Revue passierte? Es bestand nur aus dem Training und theoretisches Wissen? Sie bekam ihr Schwert mit schwitziger Hand zum Greifen, zusammen mit der eingebauten Steuerung am Griff. Finger streckten sich ihr entgegen, doch da gab das Stahlseil nach. Mit einem Ruck fiel sie in den Laub, landete halb auf ihrer Tasche und rollte nur Seite. Die Hand folgte ihr, langsam, aber doch schnell genug, um sie am Unterschenkel zu packen. Ein weiterer Schrei entfuhr ihrer Kehle, als sie kopfüber angehoben wurde. Sie ruderte mit den Armen und hielt sich die Tasche aus dem Gesicht, ehe sie das Schwert mit beiden Händen umklammerte und damit herumfuchtelte. Bevor ihre Klinge auch nur die Nähe des Titanen erreichen konnte, sauste eine Silhouette auf sie zu. Sie bewegte sich zwischen Sakura und dem Titan, viel zu schnell, um erkennbar zu sein – und trotzdem wusste Sakura sofort, dass es Levi war. Seine Klingen zogen scharfe, blutige Abgründe in die Haut des Titans. Sie reichten von einer Wange über ein Auge und den Nasenrücken zum anderen Auge hinüber. Nicht einmal Schmerz zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, doch er schüttelte den gewaltigen Kopf von links nach rechts, als versuchte er eine lästige Fliege zu verscheuchen. Sakura wurde hin- und hergeschleudert. Zeitgleich konnte sie spüren, wie ihr Bein zwischen den Fingern hindurchrutschte. Ein gehetzter Blick ging in die Tiefe, zu den Büschen und dem bunten Laub, auf dem sie soeben schon einmal gelandet war. Sie musste nur dafür sorgen, dass sie nicht auf ihr eigenes Schwert fiel. Sie musste— Der Gedanke fand kein Ende, denn ihr Stiefel rutschte ihr vom Fuß, der von dem Titan festgehalten wurde, und sie fiel. Sie machte eine Drehung in der Luft, um auf der Seite zu landen. Schwerfällig rollte sie sich auf den Rücken und ein Stechen ging bei jedem zittrigen Atemzug durch ihre Seite. Sie hatte eindeutig ein paar Rippen erwischt. Erschöpft sah sie in die Höhe und kämpfte sich gleichzeitig auf die Beine. Über ihr manövrierte Levi sich noch immer zwischen den Bäumen hindurch, während er Kreise um den Titan zog. Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde und als wäre dies das Stichwort gewesen, schlug Levi einen Haken in der Luft und hielt beide Schwerter parallel zueinander. Er vergrub sie im Nacken des Titans, dessen Knie augenblicklich einknickten. Stumm sackte er wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Sakura stolperte rückwärts und in Sicherheit, um nicht von ihm getroffen zu werden. Ein Schwall Hitze stieß ihr entgegen und sie musste die Augen mit einer Hand abschirmen. Es war vorbei. Der Gedanke war so klar und deutlich. Vorerst zumindest. Für den Moment, obwohl sich das hier draußen genauso schnell ändern konnte. Trotz dieses Wissens ließ sich Sakura nach hinten fallen. Sie stützte sich mit den Händen hinter sich ab und ließ den Blick von dem Skelett des Titans zu dem grauen Himmel hinaufwandern, der zwischen den kahlen Stellen in den Baumkronen zu sehen war. Es gab keinen Muskel, der nicht vor Anstrengung schrie, keinen Gliedmaßen, der nicht pochte und schmerzte und auch die Müdigkeit war einnehmend, obwohl sie sich noch nie dermaßen lebendig gefühlt hatte. Levi landete vor ihr. Die Stahlseile fuhren sich surrend ein und er reinigte die Schwertklingen am unteren Ende seines Umhangs, bevor er sie wegsteckte. Sein Blick war emotionslos, doch Sakura konnte den Schweiß sehen, der sich auf seiner Stirn gesammelt hatte. Die schwarzen Haare waren wirrer als zuvor, auch wenn seine Maske perfekter denn je war. „Das war dumm.“ Unter anderen Umständen hätte Sakura empört nach Luft geschnappt. Dazu fehlte ihr im Moment jedoch die Kraft. Stattdessen sah sie ihn aus trüben Augen an, schweigend und müde, während sie ihre Atmung unter Kontrolle bekam und das Adrenalin aus ihren Arterien wich. Ohne dieses nahm der Schmerz zu, aber es erlaubte ihr auch festzustellen, ob sie schwere Verletzungen davon getragen hatte. Gut... gegen innere Verletzungen konnte sie nichts tun, doch das war unwahrscheinlich. Ihr Sturz war nicht tief genug gewesen und sie war relativ günstig gelandet. Jedenfalls hätte es weitaus schlimmer sein können, dessen war sie sich bewusst. Es erinnerte sie an den Soldaten, der einst in Trost von der Mauer gefallen war und seine Ausrüstung nicht getragen hatte. Sie hatten nichts mehr für ihn tun können, außer ihm ein paar starke Schmerzmittel zu geben. Sakura schluckte bei der Erinnerung, bevor sich ihr Blick festigte und sie zu Levi aufsah. Er stand noch immer vor ihr und starrte auf sie hinunter. Er blinzelte genauso wenig wie der Titan es getan hatte, obwohl er so furchtbar menschlich war, auch wenn er davon vermutlich nichts hören wollte. Sakura hätte sich gewünscht wütend sein zu können, doch er hatte recht. Sie war leichtsinnig gewesen. Sie hatte ihre Position vergessen und hatte sich stattdessen von einem blinden Impuls leiten lassen. „Ich war dumm“, bestätigte sie. Die Worte waren Glas in ihrem Mund, denn ihre Motive waren edel gewesen. Zumindest wollte sie sich dies einreden, obgleich sie in jenem Augenblick nicht nachgedacht hatte. Sie hatte nicht an Eld gedacht, nicht an Levi und auch nicht an sich selbst. Sie hatte nicht gedacht, denn ihr Kopf war leer gewesen. „W-Was ist mit Eld?“ Die Frage suchte sich nur bebend den Weg aus ihrer Kehle. Sie wusste nicht, was sie denken und fühlen sollte – was sie tun sollte – wenn Eld es nicht überlebt hatte. Wenn Levi ihn problemlos hätte retten können, aber sie dazwischen gefunkt und ihn deswegen auf dem Gewissen hatte. Ihre Augenwinkel brannten und ihre Sicht verschwamm. Levi ging vor ihr in die Hocke. Sein Blick war unbeeindruckt, als er mit dem Daumen über seine Schulter deutete. Sie folgte seiner Geste, ebenso wie sie es in Trost getan und Kakashis grauen Haarschopf in der Menschenmenge ausgemacht hatte. Nur diesmal war es Eld, den sie entdeckte. Er stand an einigen hohen Bäumen und lockte ihre Pferde aus ihrem Versteck hervor. Ein paar Blätter steckten in seinen Haaren und sein Umhang war zerrissen, doch er war auf den Beinen und scheinbar größtenteils unverletzt. Sakura stieß den Atem aus, von dem sie nicht gewusst hatte, dass sie ihn angehalten hatte. Die Tränen, die sich in ihren Augen gesammelt hatten, flossen ihren Wangen hinab und tropfen von ihrem Kinn, aber sie machte sich nicht die Mühe sie fortzuwischen und zu verstecken. Levi saß direkt vor ihr. Sie konnte ihm ohnehin nichts vormachen. „Du hast ihm das Leben gerettet“, sagte er mit monotoner Stimme. Nur Levi konnte ein Kompliment wie einen simplen Fakt und eine Beleidigung zugleich wirken lassen. Sakura blinzelte und ihre Sicht klärte sich auf. „Ich war zu weit weg“, fuhr er unbeirrt fort. „Ich hätte es nicht rechtzeitig zu ihm geschafft. Trotzdem hast du deine Befehle missachtet. Es ist deine Aufgabe dich aus den Kämpfe rauszuhalten und deine Kameraden zu verarzten, nicht dich in Gefahr zu bringen und dich retten zu lassen.“ „Es... Ich hab es nicht geplant. Es ist einfach passiert“, erklärte sie, obwohl sie wusste, dass es keinen Unterschied machte. Es kam ihr ungefragt über die Lippen und sie schloss seufzend die Augen, um sich zu sammeln. Die Berührung an ihrer Wange ließ sie jedoch sogleich wieder die Augen aufreißen, doch es war nur Levi. Ihr Teamleiter strich ihr die Überreste verflossener Tränen von der Haut. Sakura starrte ihn an, nahm die zusammengepressten Lippen und die schmale Falte wahr, die sich zwischen seine Augenbrauen gegraben hatte. Sein Blick war auf seine Finger gerichtet, die er nach einigen Sekunden sinken ließ und an seiner Hose abschmierte, als seien ihre Tränen dreckig. „Kannst du aufstehen?“, fragte er. „Wie schlimm sind deine Verletzungen?“ Sakura öffnete den Mund, aber kein Laut entkam ihr. Das beständige Pochen in ihrem Körper war kurzzeitig in dem Durcheinander ihrer Gefühle untergegangen. Nun konzentrierte sich Sakura wieder darauf und räusperte sich, um ihre Stimme wiederzufinden. „Ein paar Rippen auf der linken Seite sind geprellt“, entrann es ihr und sie tastete die schmerzhafte Stelle an ihrem Brustkorb ab. „Ansonsten dürften es wohl nur Kratzer und blaue Flecke sein.“ „Und ein vermisster Stiefel“, sagte Eld, der hinter Levi auftauchte. Er hatte ihre Pferde bei sich. Selbst Levis Reittiere waren dabei, die ein paar Gräser zwischen dem Laub fanden und zum Fressen herausrissen. Doch Sakuras Blick blieb an ihrem Stiefel hängen, den Eld an den Schnürsenkeln festhielt. „Ich hab ihn zufällig dort drüben gefunden.“ Sein Lächeln war müde und zaghaft, als er ihn Sakura reichte. „Danke“, entwich es ihr, als sie ihn über die dunkle Socke zog und zuschnürte. „Ich danke dir“, erwiderte Eld, als Levi schweigend aufstand und sich zurückzog, um den Proviant der Satteltaschen zu überprüfen. „Ohne dich wäre ich Titanenfutter geworden, Sakura.“ Er hielt ihr die Hand hin und zog sie auf die Beine, wobei sie die Zähne zusammenbeißen musste. Während Levi ihre Position anhand des Tageslichts, das durch die Bäume drang, überprüfte, stützte Eld sie ungefragt zu den Pferden hinüber und half ihr beim Aufsteigen. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln, obwohl es nicht ganz so herzlich war, wie sich Sakura gewünscht hätte. Doch der egoistische Gedanke, dass sie lieber Levi gehabt hätte, der ihr aufhalf, schlich sich ein. Am liebsten hätte sie sich dafür selbst geohrfeigt. „Wo müssen wir lang?“, erkundigte sie sich und Levis betrachtete sie aus den Augenwinkeln. Er machte eine Handbewegung in westliche Richtung, obwohl seine Worte diese Geste durchkreuzten. „Aber erst einmal suchen wir uns einen Unterschlupf und legen eine Pause ein.“ Seine Schritte führten ihn zu seinem Pferd hinüber und er schwang sich auf seinen Rücken. Eld und Sakura ritten dicht hinter ihm, als sie sich den Weg durch den stillen Wald suchten, in dem nicht einmal mehr ein Vogel zwitscherte. Auch von ihren Kameraden, von Petra, Oluo und Gunther, war keine Spur zu entdecken. Wo waren sie? War etwas passiert, dass sie nicht zu ihnen zurückgekommen waren? Sakura biss sich auf die Unterlippe und hielt sich die Rippen, die bei dem schnellen Galopp schmerzten. Doch das spielte keine Rolle, denn wenigstens waren sie alle drei noch am Leben und zusammen. Sakura wüsste nicht, was sie tun würde, wenn sie sich allein hier draußen wiederfinden würde, weswegen sie ihren Blick auf Levis Rücken richtete und wenigstens so an ihm festhielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)