Too Strong To Fall von Votani (Levi x Sakura) ================================================================================ Kapitel 19: his greatest weakness. ---------------------------------- Levi stand reglos da. Sein Blick galt der wilden Vegetation, die zwischen ihnen und dem See lag, welcher sich in der Senke gebildet hatte. Er hatte so zielstrebig nach einem Ausgang gesucht, dass er seine eigene Reaktion nicht bedacht hatte, sollten sie tatsächlich einen finden. Die letzten Jahre waren mit allerlei Ereignissen gepflastert, so dass Levi davon ausgegangen war, ihn könnte nichts mehr überraschen. Wieso spürte er also den Schock über diesen einfachen Anblick, als ob er tief in seinen Knochen und Muskeln verankert war? Die eindrucksvolle Landschaft lotste sein Team weiter, die leise miteinander tuschelten und lachten, als sie durch das Gras in die Richtung des Sees marschierten. Levi sah ihnen hinterher. Ihre Bewegungen waren locker und unvorsichtig – und Levi saßen ein paar unfreundliche Worte auf der Zunge, die es jedoch nie aus seinem Mund schafften. Stattdessen zuckte seine Hand zu dem Griff des Schwerts hinauf, das in seiner Ausrüstung steckte. Ein Stechen ging durch seine Finger und er erhob die Hand, um sich die Abschürfungen und die blutigen Kratzer anzusehen, die hässliche Ritze auf seiner Haut hinterlassen hatten. Levi verzog das Gesicht, als sein Name gerufen wurde. „Levi, kommst du?“ Petra warf auf halben Weg zum Ufer ein Lächeln über ihre Schulter zurück und winkte ihn zu sich hinüber. Eld und Oluo hatten die Pferde zu einer schattigen Stelle mit hohem Gras geführt, machten sich jedoch nicht die Mühe ihre Rosse an einem der Bäume anzubinden. Ihre Tiere waren darauf trainiert in der Nähe ihrer Reiter zu verweilen oder auf ein Pfeifen hin zu ihnen zurückzukehren. Sie konnten sich keinerlei Verzögerungen erlauben, sollte ihnen ein Titan über den Weg laufen. Es mochte friedlich hier wirken, aber strategisch konnte ihnen dieser Ort leicht zum Verhängnis werden. Die niedrigen Bäume waren zu klein, um sich auf ihnen zu retten, und ihre Stämme zu schmal, um in ihnen ihre Ausrüstung verankern zu können. All das Gestrüpp erschwerte außerdem das Manövrieren, während die hohen Berge und Felsen auf den ersten Blick nicht einmal einen Weg aus diesem Tal zeigten. Die Gedanken rasten in bekannter Schnelligkeit durch Levis Kopf, während er sich aus seiner Starre riss und hinter den anderen her stapfte. Diese Nachteile waren zu offensichtlich, als dass seine Intuition keinen Alarm schlug. Auch seine Hände pochten unangenehmen, die er immer wieder zur Faust ballte und entspannte, um die Stärke und den Griff ihnen zu testen. Die anderen hatten unlängst das Ufer erreicht, an dem die aus dem feuchten Boden sprießenden Gewächse hüfthoch wuchsen. Sakura drängte sich zwischen sie, bevor sie aus seiner Sicht verschwand, da sie in die Knie ging. Hinter ihr zum Stehen kommend beobachtete Levi, wie sie einen größeren Container hervorholte und etwas Wasser schöpfte, um die Wasserprobe zu nehmen, von der sie in der Höhle gesprochen hatte. „So oder so sollte dieser See dem Aufklärungstrupp zukünftig als Wasserquelle dienen, solange man es vorher aufkocht. Vielleicht muss man es auch filtern. Das werden wir wissen, sobald wir diese Proben analysiert haben. Ich würde noch mehr nehmen, an anderen Stellen, aber ich habe nur einen Container mitgenommen“, sagte sie, als sie sich aufrichtete, umdrehte und in das durchsichtige Gefäß starrte. „Wozu sollen mehrere Proben nützlich sein?“, erkundigte sich Levi. Sakura sah über den Rand des Containers hinweg und ihr Lächeln war hinter dem Plastik verzerrt, aber trug eindeutig etwas Belustigtes in sich. „Der See ist so groß, dass die Werte an unterschiedlichen Stellen verschieden ausfallen können. An irgendeiner Stelle kann etwas das Wasser verseuchen, was wir hier vielleicht nicht aufschnappen, aber auf der anderen Seite des Sees eben. Ein gewisses Risiko bleibt also nach wie vor bestehen.“ „Eine verseuchte Wasserquelle ist unser kleinstes Problem...“, erwiderte Levi und als wäre dies das Zauberwort gewesen, schallte ein „Captain!“ durch die Luft. Ihre Blicke ruckten zu Oluo, Petra und Eld hinüber, die sich weiter zu dem angrenzenden Wald hinüber gewagt hatten. Sie standen auf einem Platz auf dem das Gras platt und verdorrt war, aber erst beim Näherkommen erkannte Levi den Grund dafür. Die Erde war eingedrückt und hatte die Form eines gigantischen Fußes, der leicht einem Titanen zuzuordnen war. Levi stand am Rand des Fußabdrucks, während Petra, Olou und Eld mitten in ihm standen. Levis Augen wanderten von dem Fußabdruck zu hohen Bergen und klippenartigen Felsen, die den Blick auf die flache Ebene verhinderten, die sie hierher geführt hatten und die auf der anderen Seite dieser Gebirgskette lag. „Für einen winzigen Augenblick hab ich fast geglaubt, dass wir eine Art kleines Paradies gefunden hätten“, sagte Eld und er brauchte nicht weiterreden, damit sie wussten, dass er einen natürlichen Ort meinte, an dem die Titanen nicht vordringen konnten. Levi konnte nicht behaupten, dass er ähnliche Gedanken gehabt hatte. Stattdessen ging er stets davon aus, dass ein Titan hinter jedem zu breiten Baum lauerte und nur auf einen unachtsamen Moment wartete, um sich auf sie zu stürzen. Seine Nachdenklichkeit hatte viel eher den Sinneseindrücken gegolten, die wie ein Blitz in ihn eingeschlagen waren, als sie die Höhle verlassen hatten. Die wilde Freiheit hier draußen war Levis größte Schwäche. Sie hatte Kontrolle über ihn, schon seit dem aller ersten Schritt, den er nach hinter die Mauern gesetzt hatte. „Wir müssen auf der Hut bleiben“, fasste Petra zusammen. „Trotzdem... wir sollten uns erst einmal eine Verschnaufpause gönnen, bevor wir nach einem Weg zurück suchen.“ „Dem Sonnenstand nach zu urteilen ist es noch relativ früh“, sagte Eld. Er schirmte seine Augen mit einer Hand ab, als er in den Himmel hinaufspähte. Graue Wolken, die Niederschlag versprachen, ließen nur spärliches Tageslicht durch, gerade genug, um sich orientieren zu können. „Ich würde sagen, wir haben noch gute vier Stunden Tageslicht. Mehr oder weniger. Kommt drauf an, wo die Regenwolken hinziehen.“ Oluo seufzte. „Aber unser gesamter Proviant liegt irgendwo in dieser verfluchten Höhle – und mir grummelt der Magen.“ Sakura verstaute die Wasserprobe vorsichtig in ihrer Tasche und angelte stattdessen ihre Wasserflasche hervor. „Alles, was ich habe, ist eine halbvolle Flasche.“ „Halbvoll und nicht halbleer?“ Eld schmunzelte und Sakuras Mundwinkel hoben sich. „Ich habe dort hinten Beeren gesehen, wenn ich mich nicht täusche“, sagte Petra und machte eine Armbewegung zu den dichter werdenden Bäumen hinüber. „Vielleicht sind sie essbar.“ „Oder giftig für Menschen...“, bemerkte Oluo stirnrunzelnd, doch Levi ignorierte ihn, als er sich an Petra wandte. „Wie du schon gesagt hast, wir müssen aufmerksam blieben. Nimm Oluo mit und schaut sie euch an“, bemerkte er und Petra salutierte, ehe sie den anderen Soldaten am Arm mit sich schliff. Levi sah zu, wie sie sich mit den Händen an ihren Schwertgriffen dem schattigen Waldstück annäherten. „Eld.“ Der Soldat deutete ebenfalls einen Salut an, stramm und nichts von der Müdigkeit zeigend, die sie alle fühlten. „Ich werde mich ein bisschen umsehen. Vielleicht gibt es einen Pfad oder etwas Ähnliches, der uns aus dem Tal führen kann.“ Mit diesen Worten ging Eld davon, zurück zum Eingang der Höhlenformation, der sie erst vor wenigen Minuten entkommen waren. Allein wenn Levi an die engen Tunnel und die erdrückende Dunkelheit zurückdachte, ging ein Beben durch seinen Leib. „Ist dir kalt, Captain?“, fragte Sakura. Sie stand nicht weit von ihm entfernt und musterte ihn aus grünen Augen, die im Tageslicht besser zur Geltung kamen. Levi schob die Augenbrauen zusammen. „Nein.“ Obgleich seiner Antwort brachte Sakura ein Lächeln zustande. „Gut. Darf ich mir dann wenigstens deine Hände anschauen?“ Die erste Frage hatte ihn nicht überrascht, die zweite dagegen schon. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ „Ich spreche davon, dass du offenbar deine Hände verletzt hast“, sagte sie und Levi ballte sie unter ihrem Blick abermals zu Fäusten, aus reinem Reflex heraus und das brennende Ziehen ignorierend. „Ich wäre keine gute Ärztin, wenn ich keine Beobachtungsgabe besitzen würde und nicht bemerken würde, wenn es den Leuten um mir herum schlecht geht.“ Ihr Ton war freundlich genug und trotzdem sah Levi in ihrer Aussage eine Beleidigung, die ihn schnaufen ließ. „Ein paar Kratzer bedeuten noch lange nicht, dass es mir schlecht geht.“ „Doch, besonders, wenn sie dich im Umgang mit der Ausrüstung einschränken. Außerdem können sich selbst Kratzer entzünden und zu etwas Ernstem werden“, beharrte Sakura. Die Auseinandersetzung wurde mit Blicken allein fortgeführt, bis Sakura ihre Augen letztendlich senkte und ihre Finger sein Handgelenk umfassten. Ihre Geste war sanft und es wäre furchtbar einfach gewesen sich aus ihrem Griff zu befreien. Levi ließ es geschehen, das Gesicht ausdruckslos und desinteressiert. Sie drehte seine Hand in ihrer, um sich die Innenfläche anschauen zu können, auf der blutverkrustete Kratzer zu sehen waren. „Wusste ich es doch!“, verkündete sie und bugsierte ihn an der Hand zu einem umgefallenen Baumstamm hinüber, der halb mit Moos überwuchert und halb versteckt im hohen Gestrüpp lag. Mit der freien Hand auf seiner Schulter bedeutete sie ihm sich zu setzen, bevor sie neben ihm Platz nahm. Sie legte ihre Tasche zwischen ihren Stiefeln ab, die sie öffnete, um Desinfektionsmittel und ein paar Tücher hervorzuholen, mit denen sie ihre eigenen Kratzer nicht einmal vierundzwanzig Stunden zuvor hoch oben auf dem Baum versorgt hatte. Levi hatte ihr damit geholfen, weil er ihre Unfähigkeit kaum hatte mitansehen können. Scheinbar hatte sie nun Gelegenheit sich zu revanchieren… „Es ist kein Zeichen von Schwäche nach Hilfe zu fragen, weißt du?“, sagte sie, als sie etwas Desinfektionsmittel auf eines der Tücher sprühte. „Ganz besonders, da eure Gesundheit in meiner Verantwortung liegt. Erwin hat mich nicht umsonst mitgeschickt, denke ich.“ „Denkst du?“ Levi streckte beide Hände zu ihr aus, die Innenflächen nach oben zeigend. Er beobachtete sie, als sie erneut eine von ihm in ihre Hand nahm und mit dem Tuch sanft den Abschürfungen entlang tupfte. „Falls du es vergessen hast, ich kenne ihn nicht so gut wie du, Captain“, antwortete sie, sah ihn jedoch nicht an und wechselte stattdessen die Hand, um sich auch um diese Kratzer zu kümmern. Levis Augen verengten sich skeptisch. „Nenn mich nicht Captain.“ Ihr Blick hob sich und sie schnappte nach Luft. Irritation huschte über ihr Gesicht, eine Verletzlichkeit, die Levi zuvor noch nicht bei ihr gesehen hatte. „Aber du—“ „Ich habe noch nie jemanden erlebt, der sich so widersprüchlich mir gegenüber verhält“, unterbrach Levi. Er war kein gnädiger Mann, nicht einfach und auch nicht besonders nett, weshalb es ihm schwer fiel zu verstehen, was sie in ihm sah. „Die meiste Zeit über nennst du mich nur Captain, wenn du sauer auf mich bist oder wenn du dich kaum respektloser verhalten könntest. Spar’s dir.“ Einen Moment saß sie eingefroren neben ihm und hielt seine Hand, das Tuch Millimeter über seiner Handfläche schwebend, ihr Blick auf sein Gesicht gerichtet. Ihre Augen wanderten tiefer, hinab zu seinen Lippen und ein freudloses Lächeln huschte über ihre eigenen, bevor sie von ihm abließ. Sie legte das Tuch beiseite, um stattdessen ein paar Pflaster aus der Tasche hervorzuholen. Schweigend klebte sie diese über die Kratzer in seiner Haut, während Levi noch immer bewegungslos ihr gegenüber saß. Er hatte eine Erwiderung erwartet, schroffe Worte, die ihn verletzen sollten, es aber doch nie schafften. Stattdessen zeigte sie ihm die kalte Schulter, welche weniger eiskalt und mehr tränenschwer war. Nachdem sie mit einer Hand fertig war, widmete sie sich wieder der anderen. Bevor sie jedoch das Pflaster dort aufgetragen hatte, strichen Levis Finger ihr bereits ein paar rosafarbene Haarsträhnen hinter das Ohr. Ihr Blick zuckte zu ihm hinauf und ihre Wangen erröteten, als Levis Finger weiterwanderten. Die Pflaster auf seiner Handfläche berührten ihre Haut auf dem Weg in ihren Nacken. Sakura zuckte zusammen und schloss die Augen. Sie fügte sich seiner stummen Geste und ließ sich von ihm heranziehen. Auf halben Weg kam er ihr entgegen, von seinem Instinkt geleitet, denn auf diesen war immer schon mehr Verlass als auf seinen rationalen Verstand gewesen. Es war sein Instinkt, der sich nach der Welt außerhalb der Mauern sehnte, nach der Freiheit auf dem Rücken seines Pferds, nach den Stahlseilen, die er wie weitere Arme kontrollierte, wenn er durch die Lüfte sauste. Sein Herz flatterte und er presste seinen Mund gegen ihren, raue, hungrige Lippen, die schon ein Leben lang nach Freiheit und Gefahr lechzten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)