Einem fernen Tage von Silberfrost ================================================================================ Kapitel 46: nicht blind zu folgen. ---------------------------------- Einige Stunden, länger hatte die Reise an den Hof nicht gedauert. Das war in mehrerer Hinsicht zu schnell gegangen. Die vergangenen Tage, in denen sie gemächlich durch den Wald gezockelt waren – die Zeitspanne hätte Kōhei gebraucht, um einen Ausweg aus diesem tödlichen Dilemma zu finden, das sich sein Opfer lediglich noch nicht ausgesucht hatte. Denn ob jemand sterben würde, das war längst nicht mehr Gegenstand irgendeiner Überlegung. Wobei Kōhei das dumpfe Gefühl beschlich, das man von ihm erwartete, dem unentschlossenen Gevatter Tod die nächste Beute schmackhaft zu machen wie einem Kleinkind das Gemüse – und Saburō warf sich mit derart offenen Augen in den Abgrund, das man es kaum mitansehen mochte. Die Geschwindigkeit hatte Kōhei nicht nur um seine wertvolle Bedenkzeit gebracht, die, wenn er ehrlich war, auch in einigen Jahren noch keine sinnvollen Ergebnisse geliefert hätte. Viel närrischer war die Menge an Energie, die dieses Unterfangen eingefordert hatte. Yōki war eine feine Sache, aber auch nicht unerschöpflich. Gerade Kitsune, die einen schmalen Pfad zwischen verehrtem Naturgeist und gefürchteten Dämon beschritten, waren Grenzen gesetzt, die man nur mit viel Selbstdisziplin, Fleiß und Erfahrung zu seinen Gunsten verschieben konnte – und selbstzerstörerische Dauersprints in Elementarform fielen eindeutig nicht darunter! Saburō schien hingegen geübter oder von Wut beflügelt, denn obwohl dieser wahnsinnige Noch-Erbe nur mit wenigen Sekunden Vorsprung abgereist war, hatte Kōhei ihn nicht einholen können. Er landete erst auf dem Palastvorplatz, als Saburō längst im Palast verschwunden war. Sobald er wieder Gestalt angenommen hatte, machte sein Körper deutlich, was er von einem derartigen Umgang hielt: Mit Hochdruck rauschte ihm das Blut durch die Ohren und seine Seite fühlte sich an, als habe ihm jemand einen Dolch in die Milz gejagt. Wie ein blutiger Anfänger! Die Wachen am Haupteingang rührten sich nicht, doch waren sie deswegen noch lange nicht blind und taub. Mühevoll versuchte der General seine übliche Leichtfüßigkeit aufrecht zu halten und nicht so auszusehen, wie seine Rekruten nach einem Strafmarsch. Das Gerede hätte ihm sonst die nächsten Jahrhunderte nachgehangen. Also Schritt halten, die Atmung in ruhige Bahnen zwingen, gelassen aussehen. Andererseits – warum noch um die Außenwirkung sorgen, wenn das Innenleben zu erkalten drohte? Je nach Laune des Fürsten und Wendung in diesem Chaos waren sie bereits verloren – Saburō ohnehin, nachdem er nun ausgelaugt und unvorbereitet mit wehenden Fahnen ins Verderben rannte. Am Liebsten hätte Kōhei diesen Bastard gepackt und geschüttelt, bis seine Zähne aufeinander schlugen und der Verstand wieder an die richtige Stelle rutschte! Was dachte er sich dabei, ihm diese Entscheidung vor die Füße zu werfen, als handle es sich um einen dreckigen Lappen? Leben präsentierte man auf einem Silbertablett mit viel Bitte und einer Garnitur aus Wehmut – nicht dahingespuckt wie ausgekotzt. Saburō mochte scharfzüngig und beunruhigend manipulativ sein, aber die Gemütssprünge des Fürsten waren nicht kalkulierbar, wenn man sie nicht am eigenen Leib erfahren hatte. Die Hinrichtung seiner Begleitung war dabei nichts als ein Auftakt und die Tatsache, dass die Leiche der Dame sie nicht am Haupttor angenagelt begrüßt hatte, eher schlechtes Vorzeichen als Entwarnung. Die Anspannung innerhalb der Festungsmauern war spürbar. Ein Zeichen, dass die Geschehnisse der letzten Nacht bewusst nicht hinter verschlossenen Türen gehalten worden waren. So war es Jirō der ihm als erster auf den Fluren den Weg abschnitt. Seine Augen huschten unruhig über die kreuzenden Gänge und ruhten schließlich auf seinem General. „Der Fürst -“ „Ich weiß.“ Er wollte vorübergehen, doch Jirō trat ihm entgegen. „Wenn ich mir anmaßen darf Euch einen Rat zu geben: Wartet, bis er nach Euch schickt.“ Kōhei schüttelte den Kopf und ging vorüber. Er bemerkte, wie der Riese sein Gewicht unbehaglich verlagerte. „Hat das Zeit bis nachher?“, erkundigte er sich nach dem Unausgesprochenen. „Ja. Aber es wird Euch interessieren.“ „Dann nachher.“ Der General ließ den Vertrauten stehen und beschleunigte seine Schritte durch die leergefegten Gänge. Bei rund vierzig direkten Nachkommen, einem guten Dutzend Wachen allein für den offiziell zugänglichen Bereich des Palastes und sicher doppelt so vielen Köpfen Dienerschaft war diese Leere verwunderlich. In der Regel herrschte hier reges Treiben – wenn sich nicht jeder seiner Haut wehrte und vor dem Gemüt des Fürsten in die nächste Versenkung duckte. Die Fusuma zum Empfangssaal standen offen, als Kōhei sich ihnen näherte. Saburō war unmittelbar hinter der Schwelle stehen geblieben und hatte ihm den Rücken zugewandt. Der eisernen Stille nach, die ihn umgab, war er allein. Kōhei trat bewusst lauter auf, während er sich ihm näherte – und erstarrte ebenfalls im Türrahmen. Manchmal verfluchte er die Akuratesse seiner Einschätzungen – auch wenn sein Vorstellungsvermögen der schlimmstmöglichen Szene die Wahrheit um mehrere Stufen unterbot. Hayato hatte die Kitsune nicht einfach hingerichtet. Er hatte sie ausgeweidet. Ihr Innenleben über mehrere Meter verteilt und sie in ihrem eigenen Blut auf dem Tatami der Empfangshalle verrecken lassen. Der Gestank war eine unerträgliche Mischung aus Verwesung und eingetrocknetem Körperinhalt. Scharen von Fliegen hatten sich seit dem Vorabend auf der Leiche versammelt und liefen über ihre in der Sommerhitze längst geschlüpften, sich windenden Nachkommen. Den hübschen Kopf des Mädchens hatte der Fürst jedoch nicht angerührt. Er steckte immer noch an ihrem schlanken Hals, unversehrt. Nicht geköpft. Der Hohn schrie jedem Zeugen ins Gesicht: Er hatte sie leiden lassen bis zum bitteren Ende. Bis ihr Leben sie verließ und die dunklen Augen nur Leere fanden. Wenn dies der Umgang mit einem unschuldigen Mädchen war, dessen einziges Vergehen die Liebe zum falschen Mann darstellte... Kōhei wurde zum ersten Mal in seinem Leben wirklich schlecht. Wo dunkle Augen eben noch fahl zur Decke gestarrt hatten, schimmerte dumpf ein schwacher Goldton, klebten weiße Strähnen im angetrockneten Blut. Nein. Das war nicht real. Das war sie nicht. Sie war längst nur noch Knochen. Er hatte sie nicht sterben sehen. Wusste nicht, wie sie ausgesehen haben mochte. Was er ihr angetan hatte. Saburōs Frau. Hiromi. Nicht Reika. Die verdrehte, unfertige Gestalt vor Saburōs Füßen nicht Minoru. „Du bist schon zurück?“, die Stimme des Fürsten ließ Kōheis Blut in den Adern gefrieren. Jegliches Gefühl stellte seine Existenz ein. Es war als habe man seinen Geist so leer gefegt wie die Gänge, bis er das Nichts in seiner Brust physisch spüren konnte. Unmittelbar hinter dem Brustbein. Wenn er einatmete, legte sich seine Lunge allein um diesen Abgrund. Er nahm wahr, wie Hayato an ihm vorbeischritt und begriff es doch nicht; als liefe das Leben an ihm vorbei, einfach ohne ihn weiter. „Sehnsucht? Deine Liebste hat sich ohne dich nicht besonders gut gehalten. Zäh, aber enttäuschend.“ Er blieb mit einigem Abstand zu seinem Sohn stehen und musterte dessen Züge, als wolle er nicht riskieren, irgendeine Nuance seiner Reaktion ungesehen verstreichen zu lassen. Er genoss es sichtlich, als ihm Abscheu wie Hass ungezügelt heiß entgegenschlugen. Dann fiel sein Blick auf das Bündel unter Saburōs Arm. „Was hast du mitgebracht?“ Der Silberfuchs ließ die Klauen über den Stoff gleiten, als streichle er den darunterliegenden Schädel. „Einen Fehler“, antwortete er ohne jedweden Klang in der Stimme und warf ihm den Kopf der Inu, die keine war, plump vor die Füße. Er rollte aus dem Stoff und blieb auf der Wange liegen, die Haut mittlerweile weiß von der Blutleere. Kōhei hatte erwartet, dass Saburō die Nerven verlieren würde, vor Wut und Hass und Entrüstung rasen; seinen Erzeuger verwünschend, jegliche Hemmung verlierend. Doch er war verstörend gefasst. Hier standen sich wahrlich zwei Bestien gegenüber, deren Abneigung füreinander jedes andere Gefühl überschattete. Aus der Kehle des Fürsten löste sich ein halbherziges Lachen: „Fehler? Ich erwürge dich mit den vertrockneten Eingeweiden deiner Hure, wann immer mir der Sinn danach steht – also wähle deine Drohungen weise.“ „Ich muss euch nicht drohen. Euer Ende ist geschrieben, seit Ihr Euch mit dieser Hexe eingelassen habt.“ Der Fürst stieg über den Kopf hinweg und packte seinen Sohn grob am Kiefer, zwang ihn die wenigen Zentimeter hinauf zu sehen, um die er ihn überragte. „Sie fürchten sich vor dir. Der Rat, die Soldaten, jeder närrische Diener. Weil du es wagst, mich herauszufordern. Weil deine kindischen Spielchen ihnen Überlegenheit und Verstand vorgaukeln. Possenreißer. Ich hätte dir als Säugling den Kopf abbeißen sollen. Das hätte deiner Mutter Gehorsam gelehrt. Stattdessen muss ich mich nun mit deiner Existenz und ihrem nächtlichen Unwillen herumplagen. Du hast nützliche Eigenschaften, die du mir angedeihen lassen wirst. Vielleicht sehe ich dann davon ab, dasselbe hier mit deiner Mutter zu tun. Du liebst deine Mama, nicht wahr? Dann sollte das ein Geschäft sein, das auch für deinen verdrehten Verstand deutlich genug formuliert ist.“ Er ließ Saburō los, nur um ihn im nächsten Moment mit der Schwertscheide zu Boden zu schlagen. Seine Lippe war aufgeplatzt, als er sich inmitten der Eingeweide wieder hochstemmte. Der Fürst trat währenddessen auf den am Boden liegenden Kopf, im Glauben, es sei seine einstige Verbündete, und drehte ihn mit einem verächtlichen Tritt. „Was meinen Untergang anbelangt, den du so sehr herbeisehnst, so wird er sich wohl auf unabsehbare Zeit verschieben: Sesshōmaru hat andere Sorgen als mich. Die Drachen haben seine Festung niedergebrannt, seine Mutter leider nur beinahe umgebracht und seinen Sohn in den Osten entführt, wo er allerdings nie angekommen ist. Es soll einen Zwischenfall in den Ebenen gegeben haben. Seither ist der Junge verschwunden – und da selbst die schnüffelnden Köter ihn bislang nicht finden konnten, vermutlich tot. Der Westen ist am Ende. Unsere Truppen sind an die Grenze verlegt. Es wird sich zeigen, in welche Richtung der Hund beißt, wenn man ihn in die Ecke drängt.“ Der Klang der Worte sickerte in Bruchteilen in seinen Verstand, doch das dumpfe Gefühl schirmte Kōhei von der Außenwelt ab. Sein Blick war weiterhin auf die Überreste der Frau gerichtet, in deren Innereien Saburō sich langsam wieder auf die Beine brachte. „Was ist mit dem Rest der Leiche, Kōhei?“ „Verbrannt.“ Es dauerte, bis er begriff, dass er angesprochen worden war und nochmal so lange, bis ihm bewusst wurde, dass das Wort seine Kehle von allein verlassen hatte. Er hob den Blick zu seinem Fürsten, mit gefasster aber leerer Stimme. „Ich bestand darauf, Euch Kopf und Rumpf zu bringen. Wir nahmen sie mit in das Gasthaus, in dem wir als menschliche Gäste untergekommen waren. Als jedoch ein Bote mit Nachrichten der hiesigen Geschehnisse kam, verlor Saburō-sama die Fassung.“ Er blickte erneut zu dem dunklen Fuchs hinüber und doch durch ihn hindurch. „Wir wurden enttarnt. Ich tötete zwei Samurai und brannte das Gasthaus nieder. Den Rumpf ließ ich auf den Befehl des Kōtaishis zurück. Er hätte die Rückreise verzögert. Wünscht Ihr, dass ich veranlasse, die verbliebenen Knochen zu Euch zu bringen?“ Der Fürst musterte ihn eine Weile, dann winkte er ab. „Lasst nur den Kopf in Salz konservieren. Mehr brauchen wir nicht. Ich habe Euch ohnehin zu viele Aufgaben jenseits Eurer Pflichten aufgebürdet. Die Männer geraten ohne Euch in Unruhe.“ „Ganz wie Ihr wünscht“, erwiderte der General folgsam und verneigte sich tief. Seine Männer waren es gewohnt, die Befehle direkt von ihm zu erhalten. Wahrscheinlich irritiert es sie, wenn nun jemand anderes an sie herangetreten war. Hatte der Fürst nicht etwas von einem Zwischenfall mit dem Westen gesagt? „Meine Unzulänglichkeit, die Truppe auf meine Abwesenheit vorzubereiten, ist unentschuldbar. Ich werde mich dieses Defizits schnellstmöglich annehmen.“ „Sobald es Euch möglich ist, werdet Ihr an den Grenzen zu ihnen stoßen. Bis dahin aber solltet Ihr Euch ausruhen. Ihr seht blass aus.“ „An den Grenzen“, wiederholte Kōhei bedeutungslos und überlegte fieberhaft, wie das ins Bild passen sollte. Dass der Fürst auf ihn zutrat, nahm er nur verschwommen wahr: „Ist Euch nicht wohl, General?“ „Der Rückweg war ein wenig -“, Kōhei griff hinter sich und hielt sich im Türrahmen fest. Der Boden schwankte bedrohlich. „Verzeiht.“ „Jirō!“, die Stimme des Fürsten knallte einer Peitsche gleich über die Flure. Dann wandte er sich an seinen Sohn. „Was hast du mit ihm angestellt?“ „Gar nichts!“ „Ist das deine Art von Rache?“ „Ich habe Euren teuren General nicht angerührt!“ Es war nur ein schwer verständliches Murmeln, das Kōhei noch zustande brachte. Dann verlor er gänzlich den Boden unter den Füßen. In der Ferne donnerte die Stimme des Fürsten, gellten Schreie durch den Palast, die Kōhei noch weiter fort trieben. Jirōs tiefe Stimme brummte beruhigend über ihm, während der Riese die unauffälligsten Wege wählte, um den General zu seinen Gemächern zu schaffen. „Ich lasse Eure Eskorte in Bereitschaft versetzen“, versicherte er. „Sobald Ihr Euch erholt habt, brechen wir auf.“ ☾ Mehr als drei Jahre waren vergangen, seit er die Augen auf einem Federbett aufgeschlagen und betäubt von all diesem Lärm und Gestank in die Leere gestarrt hatte. Drei Jahre, die sich hingeschleppt hatten wie lange, nervenzehrende Jahrzehnte. Der Anfang war ein Albtraum gewesen. Er hatte sich die Krallen am Grunde des Brunnens blutig gekratzt. Hatte tagelang auf dem Rand gesessen und in die dunkle Tiefe gestarrt – bis zur Erschöpfung. Es gab kein Entkommen. Der Knochenfressende Brunnen kümmerte sich nicht um sein Toben. Regte sich nicht durch Flehen oder Warten. Zu akzeptieren, dass er machtlos war, dass weder Verzweiflung noch Verharren irgendetwas ändern würden, war schmerzlich gewesen. Bittere Resignation. Jeder Schritt voran, jede Annäherung an diese Welt, hatte sich wie eiskalter Verrat angefühlt. Gleich was er tat, es war entweder aussichtslos oder falsch – bis er verstanden hatte, dass dies die Ängste eines verzweifelten Kindes waren. Eines Kindes, das ein Urteil fürchtete. Sich selbst handlungsunfähig machte, weil es jede Entscheidung nach der Außenwirkung bemaß und nicht nach ihrer Effizienz. Es existierte keine höhere Macht, die tröstete, wenn man nur laut genug weinte und Erbarmen zeigte, sobald man es nur besonders intensiv wünschte. Hätte es sie jemals gegeben, hätte ein Blitzschlag seine Mutter auf offenem Feld geröstet. Hätte er sich damals diesem Irrglauben hingegeben, säße er immer noch in einer Holzhütte in den Bergen und müsste die Launen dieser Frau erdulden. Nur Handlung brachte Veränderung – und wenn er schon keinen Einfluss auf den Brunnen nehmen konnte, lag es doch an ihm, die Zeit sinnvoller zu nutzen. Es war möglich, voranzugehen, ohne das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren. Geschickt schlüpfte Minoru an einem Touristenpärchen vorbei, das den richtigen Winkel für ein Selfie suchte, und zog die Kapuze zum Schutz gegen den Nieselregen tiefer ins Gesicht. Selbst bei der Kälte lockte das Neujahr die Menschen bis tief in die Nacht auf die Straßen. Dicht wie Ameisen manövrierten die Massen über die Haupt- und Nebenstraßen. Was für ein dummes, naives Kind er doch gewesen war, sich vor dem Treiben jenseits des Honmaru zu fürchten. Ein Hochhaus voller Wohnungen beherbergte mehr Bewohner als die Festung seines Vaters je hätte fassen können. Über ein Jahr war vergangen, bevor Minoru sich in diese Menschenmengen gewagt hatte. Mittlerweile störte es ihn kaum noch. Längst nicht jedes unerwartete Geräusch beschleunigte seinen Herzschlag und inmitten des Gedränges bedurfte es mehr als einiger Mühe, um ihn nun noch aus seinen Gedanken hochschrecken zu lassen und seine Aufmerksamkeit zu erregen. An Silvester jedoch zog er es vor, sich weit vor Mitternacht zurückzuziehen. Die Böller und Raketen vermochten einige simplere Erscheinungen in Angst und Schrecken zu versetzen – ihm gingen sie in erster Linie gehörig auf die Nerven. Doch bis Mitternacht waren es noch viele Stunden und so ließ er sich abgestumpft in der Menge treiben. Dicht hinter ihm folgte ein silberner Schatten jedem seiner Schritte. Der gestromte Akita war längst nicht mehr der halbwüchsige Welpe, der sich in sein Leben geschmuggelt hatte. Sein kompakter Körper reichte Minoru bis an die Hüfte und auch der massige Kopf trug dazu bei, dass Passanten immer wieder vor Ichirou zurückwichen. Unnötig, wenn man bedachte, dass er Menschen abscheulich zugeneigt war und sich wahllos alles Dargebotene ins Maul schob, sobald Minoru nur einen Moment wegsah. Als Welpe ausgesetzt zu werden hatte offensichtlich nicht gereicht, um seinen unerschütterlichen Glauben mit etwas Skepsis zu segnen. „Beeil dich“, brummte Minoru schließlich, als der Hund abermals die Nase in den Wind reckte, um die Düfte verschiedener Imbissbuden zu prüfen. Mit einem verdrießlichen Schnauben setzte er sich wieder in Bewegung. Ohne ihn wäre er schneller in der Stadt gewesen, aber Ichirou blieb nur selten ohne anstrengende Diskussionen zurück. Abgesehen davon würde der Junge gnädiger gestimmt sein, wenn der Hund ihn abholte – und an einem Tag wie diesem, wo Familienkrisen um jede Ecke lauerten, war das wünschenswert. Sōma Higurashi war sechs Jahre alt, in eine adrette Schuluniform gekleidet und zog bei Minorus Anblick ein Gesicht, als sei soeben all das Leid seines jungen Lebens gesammelt über ihn hereingebrochen. Sogar Ichirou, der schwanzwedelnd auf ihn zutrabte, schien dieses Mal kein Trost zu sein. „Wo ist Papa?“, forderte er augenblicklich zu wissen und stampfte mit der Spitze seines Regenschirmes auf den Gehweg auf. „Er hat versprochen mich heute abzuholen! Er hat gesagt, er schafft das!“ „Wie du siehst, schafft er es nicht“, erwiderte Minoru glatt. Er hatte keine Muße, einen enttäuschten, kleinen Jungen zu trösten, der dazu neigte, derlei Gefühle in Widerwillen zu wandeln und es jedem entgegenzuschleudern, der ihm zu nahe kam. „Dann warte ich eben hier!“, murrte er und sah missmutig zu Ichirou, der ihm sanft die Nase an die Wange drückte. Der Junge war kaum größer als der Hund, schob jedoch die Schnauze weg, als handle es sich um ein Stofftier und nicht etwa um eine Reihe sehr effektiver Zähne. „Ichirou kann auf mich aufpassen. Du kannst gehen.“ Minoru musterte ihn und schob die Hände tiefer in die Taschen seiner Lederjacke. Er hasste es, wenn dieser Zwerg es sich herausnahm, ihn herumzukommandieren wie einen billigen Dienstboten. „Entlässt mich Eure Hoheit?“, fragte er scharf und sah herablassend auf das Kind herunter. Der blähte trotzig die Wangen auf, sagte jedoch nichts. Er kannte den Ton und wusste, dass er eine Grenze überschritten hatte. Mal wieder. „Schön. Warte. Aber außer mir wird dich heute niemand holen. Du findest zur Not bestimmt allein nach Hause. Die richtige S-Bahn, der Bus. Was soll schon schief gehen? Immerhin bist du schon Grundschüler. Und wenn alle Stricke reißen, fängt die Schule nach den Feiertagen wieder an. Schade um deine Geschenke, aber wir finden sicherlich ein Kind, das sie gerne nimmt.“ Damit ließ er den perplexen Jungen stehen, der seine Hand in das Fell des Hundes gekrallt hatte und fieberhaft über eine gute Erwiderung nachdachte. „Ach – und Ichirou bleibt selbstverständlich nicht bei dir“, fügte Minoru mit einem Blick über die Schulter hinzu. „Komm.“ Der Hund sah den Jungen aus tiefen, braunen Augen an, tappte von einer Pfote auf die andere und lief dann eilig zu Minoru. „Du kannst ihn doch nicht allein lassen“, knurrte er vorwurfsvoll, als er aufgeschlossen hatte. „Er wird sich verlaufen. Oder erfrieren. Menschenwelpen sind hilflos.“ Minoru ging unbeirrt weiter. „Lass mich bei ihm bleiben. Hörst du mir überhaupt zu? Mino!“ „Warte!“ Sōmas Rucksack wippte unbeholfen auf seinem Rücken umher, während er über den regennassen Asphalt eilte. Hitomi und ihr Sohn sahen im Wohnzimmer fern, während Minoru der Hausherrin in der Küche half. Keiko Higurashi war eine schlanke Frau um die siebzig, mit kurzem, grauen Haar und Lachfalten um Mund und Augen. Ihre beiden Kinder hatte sie nach dem Tod ihres Mannes allein großgezogen und nachdem ihr Vater vor einigen Jahren verstorben war, auch das Gelände des Shinto-Schreins eigenständig erhalten. Sie war schwer aus der Ruhe zu bringen, quittierte angespannte Situationen zumeist mit einem Lächeln und so konnte man ihr auch schwerlich Kleinigkeiten nachtragen – wie etwa die Tatsache, dass sie bei jeder Gelegenheit Essen in Ichirou hineinstopfte. „Hatten wir das nicht besprochen?“ Ichirou bemühte sich wenigstens, seine Schnauze unauffällig zu lecken. Sie kraulte den Akita zwischen den Ohren und scheuchte ihn freundlich aus der Küche hinaus. „Sei doch nicht so streng. Es ist Neujahr.“ „War es vorgestern nicht.“ „Jeder Tag ist ein besonderer Tag.“ Sie schmunzelte über sein unzufriedenes Brummeln und schob ihm eine gekochte Kastanie zu, die er beiläufig in den Mund steckte. „Es ist also doch Futterneid.“ „Keine Hundewitze vor dem Essen. Auf nüchternen Magen vertrage ich die nicht.“ Sie stockte: „Junger Mann, wann hast du bitte das letzte Mal gegessen?“ Bevor er sich eine ausweichende Antwort überlegen konnte, drang Sōtas Stimme aus dem Flur, der sich überschwänglich entschuldigte. Das Haus geriet in Bewegung. Sōma stürmte aus dem Wohnzimmer und auch Keiko wischte die Hände an ihrer Schürze ab, um ihren Sohn zu begrüßen – jedoch nicht ohne Minoru darauf hinzuweisen, dass sie von ihm mindestens einen zweiten Teller erwarte. Großmütter aller Arten schienen eine versorgende Ader zu teilen, die sich auf Nahrungsmittel fokussierte. Minoru blieb in der Küche und kümmerte sich um die köchelnde Suppe, bis der Sturm auf dem Gang abgeebbt war und Sōta von allein zu ihm kam. Er sah abgekämpft aus, mit dunklen Rändern unter den Augen, blass und nicht wirklich in Festtagsstimmung. Obwohl sie sich nicht länger um tobenden Krieg, die Ernte oder einen Dämonenangriff sorgen mussten, wirkten viele Menschen mehr von Sorge und Stress geplagt, als Minoru es vor fünfhundert Jahren wahrgenommen hatte. Aber das mochte ein verschobener Blickwinkel sein. Er hatte nicht viele Menschen gekannt und Sōta stand durch seine hohe Position in einer wichtigen Firma unter permanentem Druck. Nichtsdestotrotz war diese Zeit schnelllebiger, das bemerkte auch er. Was heute noch in Stein gemeißelt schien, war morgen schon vergessen. Geschriebenes und gesprochenes Wort wurden über Mobiltelefone gleichermaßen in Sekundenschnelle über Kontinente transportiert. JetLag, der Zustand, wenn die Reisegeschwindigkeit jede körperliche Anpassung an einen Ort überschritt. Solche ,Zeitreisen', die der Körper erst einmal begreifen musste, waren für den Verstand der Menschen Alltag. Essen gab es aus dem Kühlregal, Kinder aus Gläsern und Strom aus der Steckdose. „Es tut mir leid, dass du ihn heute Mittag holen musstest. Im Büro war die Hölle los. Ich konnte nicht eher weg. Hätte ich gewusst, dass es so läuft, hätte ich ihn heute nicht zum Zusatzunterricht geschickt. Aber du weißt ja -“ Minoru unterbrach ihn mit einem Zungenschnalzen: „Sōta. Der Tag an dem ein sechsjähriger Menschenjunge mir Kopfzerbrechen bereitet, wird vermutlich mein letzter sein. Es sollte dir jedoch Sorgen machen, dass er schon damit zu rechnen scheint, dass du Termine mit ihm nicht einhalten kannst.“ „Ich konnte nicht eher-“ „Das sagtest du bereits.“ Mit einem gedehnten Seufzer zog Sōta den Kühlschrank auf und nahm eine Limonade heraus. „Was soll ich deiner Meinung nach tun? Ich kann schlecht einfach die Arbeit verlassen.“ Minoru sah ihn aus den Augenwinkeln an: „Du solltest es besser wissen, als einen zwanzigjährigen Yōkai um seine Meinung in Erziehungsfragen zu bitten. Frag' deine Mutter. Die hat dich immerhin auch irgendwie hinbekommen.“ Sōta lachte herb: „Warum klingt das bei dir, als sei ich das Problemkind? Meine Schwester hat im Mittelalter drei dämonische Kinder und du bist ein Yōkai.“ „Ich bin seit fast zehn Jahren erfolgreich selbstverziehend“, erwiderte Minoru ernst, während er Sōta einen Topf voller Suppe überreichte und ihn damit ins Esszimmer scheuchte. Die wenigen Monate bei seinem Vater zählten kaum und er würde sich nicht andichten lassen, von einer Menschenfrau auch nur ein bisschen erzogen worden zu sein. Sōtas Mutter war eine herzensgute Dame, die ihn schon halb zur Familie hatte rechnen wollen, bevor jemand festgestellt hatte, dass Inuyasha in der Tat sein Onkel war. Sie war überrascht gewesen, dass Inuyasha seinen Halbbruder nie erwähnt hatte. Minoru hingegen hatte es nicht gewundert. Auch sein Vater sprach kein Wort über Inuyasha, wenn es nicht aus abstrusesten Gründen erforderlich war – und dann nie in guten Tönen. Natürlich hatte die Familie ihn daraufhin ins Kreuzverhör genommen. Wie erging es Kagome und Inuyasha? War es friedlich geblieben, nachdem sie das Juwel vernichtet hatten? Hatten sie Kinder? Wohlauf und mit ebenso niedlichen Hundeohren? Und verheiratet waren sie dann doch sicherlich auch. Ein Haus? Gesundheit? Nach einer Weile hatte er diese Fragen bereitwillig beantwortet, auch wenn seine Aussagen über ihr Befinden nichts als bloße Spekulation waren. Immer, wenn sie ihn baten, über Kaito zu sprechen, wurde sein Mund trocken. Er hatte ihnen nicht eröffnet, wie seine letzten Stunden im Mittelalter ausgesehen hatten. Dass Kaito vor seinen Augen in einem dichten Giftnebel zusammengebrochen war, den seine einstigen Verbündeten selbst gezündet hatten. Es war das letzte Bild, das er aus seiner Zeit vor Augen hatte: Kaito sterbend am Boden, mit abflachender Atmung, während die beiden Taijiya sich ihm näherten. Dann war da nur noch ein gleißendes Licht und das Gefühl eines tiefen Falls. Das Nächste, an das er sich dann erinnerte, war das künstliche Flimmern einer Deckenlampe und Kagomes altes Federbett, in das ihre Mutter ihn gelegt hatte, nachdem sie am Brunnen des Schreins über einen leblosen Jungen gestolpert war. Sie hatte die Pfeilwunde an seiner rechten Schulter versorgt, die bis heute Probleme bereitete, und gutmütig in diesem sonderbaren Neuzeitdialekt auf ihn eingeredet, bis er wieder zu sich gekommen war. Wenn die Taijiya sich nicht vergangener Tage erinnert und ihn geschont hatten, war Kaito tot. Das war die bittere Wahrheit, die Minoru seither zur Seite schob. Als er sich von dem Drachen hatte lösen können, war er dem einzig bekannten Weg gefolgt, der ihm im Schock eingefallen war und in die Ebenen geflohen. Ein Spießrutenlauf, in dem nur die dichten Wälder verhinderten, dass das Reptil ihn erneut mit in die Luft nahm. Er hatte nicht darüber nachgedacht, ob ein Dorf voller Menschen in der Lage war, sich diesem Biest zu erwehren. Retrospektiv wunderte ihn, dass sein Onkel sich dem Drachen nicht entgegengestellt hatte. Die Gruppe hatte am See zwei der Echsen auf offenem Feld erlegt. Etwas an diesem Kampf leuchtete ihm nicht ein, aber wenn er ehrlich war, wusste er ohnehin nicht mehr, was alles geschehen war. Die Erinnerungen waren bruchstückhaft und trüb. Es war möglich, dass sie allesamt tot waren. Das ganze Dorf vernichtet in einer einzelnen Nacht, so wie sie auch die Festung seines Vaters binnen Stunden niedergebrannt hatten. Er hatte die Flammen gesehen, als er in den Klauen des Drachen in die Lüfte hinaufgetragen worden war. Schwere, rote Zungen, die die äußeren Wehrkreise zerfraßen und schwarze Rauchsäulen nährten. Für Kaitos Familie gab es einen Funken Hoffnung. Immerhin lebten die Higurashis auch fünfhundert Jahre später am selben Ort. Menschen, das wohl, aber derselbe Name. Wer mochte da an Zufall glauben? Sein eigenes Volk jedoch... „Minoru?“ Eine Berührung auf dem Schulterblatt ließ ihn herumfahren. Keiko sah ihn besorgt an. „Schätzchen, hast du mich nicht gehört? Wir können essen.“ „Entschuldige bitte. Ich komme schon.“ Sie hielt ihn an der Hand zurück, ungeachtet der Klauen, vor denen sie ohnehin nie zurückgeschreckt war: „Geht es dir gut?“ Er lächelte matt: „Natürlich. Ich war nur in Gedanken. Nichts besonderes.“ Der Abend verlief wie in den Jahren zuvor. Die Familie Higurashi war nicht nur seit Generation der Wache dieses Schreines verschrieben, sondern hatte auch an anderen Stellen die alten Wege beibehalten. So wurden zu Neujahr Osechi gereicht. Diese traditionellen Gerichte stammten aus einer Zeit ohne Kühlung und waren dementsprechend entweder gesüßt oder gesäuert, um sie auch über die Wintermonate haltbar zu machen. Vorab gab es Miso- und Zōni-Suppe mit Gemüsebeilage, später Thunfisch in Seetang und Süßkartoffelpüree mit Kastanien. Die Fischpaste, die man immer wieder auch auf diversen Surimi fand, ließ Minoru unangetastet. Etwas widerstrebte ihm bei dem Gedanken, Fisch zu pürieren und in Förmchen zu pressen. Im Anschluss an das Essen wurden die Karten herausgeholt. Alte und noch von Hand bemalte Hanafuda für mindestens zwölf Runden Koi-Koi, an deren Ende wieder einmal klar wurde, dass Hitomis Wagemut im Spiel von unverschämten Glück begleitet wurde. „Ich gebe mich hochoffiziell geschlagen“, Minoru legte die übrigen Karten vor sich auf den Tisch. „Nichts zu machen.“ „Ha!“, triumphierend lehnte sich die junge Frau zurück und sah Minoru neckisch an. „Wer kann schon behaupten einen Dämonenlord geschlagen zu haben?“ „Genau genommen-“ „Ruinier' mir nicht den Sieg, Minoru.“ „Es ist Glücksspiel“, erwiderte der, als schmälere das die Niederlage. „Auch wenn es bei dir eher an Eingebung grenzt.“ In einem früheren Leben hätte sie einen hervorragenden Kitsune abgegeben. Zufrieden nippte sie an ihrem Sake und sah sich in der Runde nach einem neuen Opfer um. „Ein Spiel schaffen wir vor Mitternacht noch. Freiwillige?“ Ihr Sohn ließ sich neben Minoru hinabsinken und linste verstohlen über die Tischkante. „Sōma.“ „Du gewinnst doch eh, Mama.“ „Papperlapapp. Was ist denn das für eine Einstellung? Setz dich vernünftig hin und lass uns spielen.“ „Und die Geschenke?“ „Später.“ Minoru schob dem Jungen die Karten hin und erhob sich. „Bevor es draußen gleich nicht mehr auszuhalten ist, gehe ich noch etwas Luft schnappen.“ Ichirou war sofort auf den Beinen, sprang aus dem Hundebett, das man ihm vor die Heizung gestellt hatte und tappte zur Tür. Auch Sōta stand auf und folgte ihnen. Unter dem Vordach des Hauses blieben sie stehen. Bindfäden von Regen rannen über die Dachrinne und ein kalter Nordwestwind fuhr um das Gebäude herum. Nur Ichirou störte sich nicht an dem Wetter und streunte über den Hofplatz.Wirklich winterlich war das dennoch nicht. Minoru hatte in den Wäldern Wochen voller Tiefschnee erlebt, in denen seine Pfoten nur selten den Waldboden gefunden hatten und jede Jagd mit einem Maul voll Schnee einherging. „Widerliches Wetter“, kommentierte auch Sōta. „Keine Augenweide jedenfalls“, Minoru lehnte sich mit dem Rücken an die Fassade und sah ihn die Nacht hinaus, bis Sōta ihm ein Päckchen vor die Nase hielt; in dunkelblaues Tuch geschlagen mit einer helleren Schleife. Am Brunnen standen bereits zwei Rucksäcke voller Geschenke, Briefe, Fotoalben und allerlei nützlichen Utensilien, die die Higurashis für ihre Liebsten in der Vergangenheit gepackt hatten. Für den Fall, dass der Brunnen sich eines Tages erbarmte. „Für Kagome oder die Kinder?“ „Weder noch. Es ist für dich.“ „Wir waren uns einig, dass wir uns nichts schenken.“ Sōta lachte: „Ein Geheimnis der menschlichen Psychologie: Solche Absprachen funktionieren nie. Sieh es doch als Dankeschön. Dafür wird keine Gegenleistung erwartet.“ „Wofür?“ „Du leistest meiner Mutter seit Jahren Gesellschaft, hilfst ihr beim Einkauf, im Haus und im Garten, holst meinen Sohn ab-“ „Als Ausgleich für Kost und Logie. Dieser dämliche Brunnen befindet sich nun einmal bedauerlicherweise auf eurem Grundstück und ich will niemandem etwas schuldig bleiben, weil ihr mich hier duldet und versorgt.“ „Das ist doch selbstverständlich. Du gehörst zur Familie.“ Mit Nachdruck hielt er ihm das Paket mit beiden Händen hin. „Nimm es bitte. Du musst es auch nicht gleich aufmachen. Menschen finden das unhöflich.“ „Ihr seid ein komisches Volk“, brummte Minoru und nahm ihm das eingewickelte Quadrat ab, das mühelos in seine Handfläche passte. „Ich versuche meine Schulden gering zu halten und ihr glaubt, es sei Freundlichkeit und beschenkt mich dafür.“ Zufrieden lächelnd beobachtete Sōta, wie es in Minorus Jackentasche verschwand. „Vermutlich sind wir das. Aber auch wenn deine Motivation zunächst ein reiner Ausgleich war, glaube ich doch, dass wir dir nicht gleichgültig sind. Zumindest nicht mehr.“ Mit ernster Miene betrachtete Minoru ihn. Sōta war Mitte dreißig und wie auch seine Mutter stets freundlich. Er war sportlich gebaut, wenngleich nicht besonders kräftig und ein Stück kleiner als Minoru, der durch das reichliche und leicht verfügbare Essen der letzten Jahre einige Wachstumsdefizite ausgeglichen hatte. Seine politischen Meinungen waren zumeist kritisch und in Diskussionen konnte er zuweilen energisch einen Standpunkt vertreten, solange das Thema niemanden am Tisch persönlich verletzte. Fürsorge war eine seiner Stärken, aber den humanitären Rahmen hätte er um seiner Familie Willen nicht verlassen. Minoru hätte sie alle binnen Minuten auslöschen können – und dies auch umgehend getan, wenn es ihn nur nach Hause gebracht hätte – während Sōta auch dann noch zögern würde, die Waffe gegen ihn zu erheben, wenn er den Kopf seines Sohnes im Maul zerquetschte. Nicht, weil ein Kampf ohnehin aussichtslos gewesen wäre. Es fehlte ihm schlicht der nötige Biss. „Ihr seid zu gutgläubig“, meinte Minoru schließlich. „Die Anwesenheit eines Dämons sollte euch nicht zu Geschenken bewegen. Jemand anderes hätte deine Mutter bei der ersten Begegnung getötet oder schlimmeres. Ihr solltet vorsichtiger sein. Gerade wenn dieser Brunnen irgendwann wieder funktioniert, wisst ihr nicht, was beim nächsten Mal herauskommt.“ „Du magst recht haben. Doch in deinem Fall war es mehr Segen als Fluch. Wir sind in deiner Gegenwart so sicher wie nirgends sonst. Ohne dich wäre Mama allein auf diesem riesigen Gelände. Eine wehrlose, alte Dame und ein unbeaufsichtigter Schrein – da kommen Leute auf dumme Gedanken.“ Manchmal lag die Annahme nah, dass sie schlicht verdrängten, was sie hätte verstören können. Und vermutlich war das der groteske Unterschied zu Rin. Einer, der sich Minoru bislang nicht aufgedrängt hatte. Sowohl Rin als auch Kagomes Familie waren absonderlich ruhig in Gegenwart von bestimmten Dämonen. Ganz als handle es sich um ein Exemplar ihrer eigenen Art, wenn man von einigen offensichtlichen Merkmalen absah. Man sprach dieselbe Sprache, aß zusammen. Menschen suchten Gemeinsamkeiten, um sich jemandem anzunähern. Sogar in ihren Katzen und Hunden taten sie das: Interpretierten menschliche Züge in ein Verhalten, das davon nicht weiter hätte entfernt sein können, weil sie die Perspektive des anderen nicht begriffen. Doch Rin wusste, was sie wirklich waren. Sie hatte den Fürsten töten sehen, wusste um die Selbstverständlichkeit, mit der ihm das von der Hand ging, die Ansprüche, die er stellte. Sie verdrängte nicht, sondern akzeptierte die Konsequenzen und Gefahren, die seine Nähe bereit hielt. Hätte sein Vater vor Rin einen Mann ausgeweidet, sie hätte vielleicht Mitleid mit dem Wurm verspürt, die Notwendigkeit in Frage gestellt, aber niemals Angst vor dem Daiyōkai an ihrer Seite entwickelt. Weil sie wusste, wozu er fähig war. Weil es ihrem Bild von ihm nicht entgegenstand. Käme Minoru jedoch tatsächlich in die missliche Lage, diese Familie einmal vor etwas oder jemandem verteidigen zu müssen, würden sie ihn nie wieder mit denselben vertraulichen Gesten bedenken wie bislang. Es war eine Frage von Wahrnehmung und Verleugnung; ein Weltbild, das beim Zusammenbruch eine gewaltige Kluft hinterlassen würde. Rin hingegen hatte dieses Trugbild nie gekannt oder schnell verworfen und selbiges galt sicherlich für Kagome. Es lag nicht in Minorus Absicht, ihre Familie zu verstören oder ihr gar zu schaden. Er sah keinen Sinn darin, Menschen oder anderen Lebensformen Leid zuzufügen, die von Anfang an gut zu ihm gewesen waren. Zumindest nicht, solange er keinen unmittelbaren Gewinn daraus zog. Und dann war da noch Kaito. Dank schloss nicht gerade ein, jemandes Großmutter und Onkel in Stücke zu reißen. Aber letztlich waren das nur Entschuldigungen. Wenn er ehrlich war, mochte er diese Menschen. Irgendwie. Auch wenn ihre Naivität selbstzerstörerische Züge aufwies. „Danke.“ „Ach, und Mama hat deine Kendō-Stunden für nächstes Jahr bezahlt.“ Es war das erste Mal seit Langem, dass ein Anflug dämonischer Aura durch die Luft wirbelte und den vom Dach fallenden Regen auf den Hofplatz schleuderte. Minorus Stimme wurde eisig und leiser: „Wie bitte?“ Auch wenn er das Yōki nicht bemerkt hatte, zuckte Sōta zusammen. „Das Dōjō rief an, weil du den Vertrag neulich gekündigt und Einzelunterricht im Vorfeld abgelehnt hast. Sie würden dich dort gern weiter unterrichten. Warum willst du sonst aufhören?“ „Es war meine Entscheidung, Sōta.“ „Nicht, wenn sie nur deshalb gefallen ist, weil du es dir nicht leisten kannst. Du willst dich ja nicht für deine Hilfe bezahlen -“ „Ich werde dir die Zusammenhänge nicht noch einmal vorbeten.“ Sōta verschränkte die Arme vor der Brust: „Schon klar. Du willst Menschen nichts schulden. Ums Verrecken nicht – aber das muss man doch nicht so wörtlich nehmen! Wir wünschen uns für dich von Herzen, dass du bald nach Hause zurückkehren kannst – und dort lange lebst. Oder hattest du andere Gründe?“ Minoru steckte die Hände in die Taschen und ließ sich mit dem Rücken gegen die Hauswand fallen, was seine rechte Schulter umgehend mit einem stechenden Schmerz quittierte. „Nein.“ Er hatte niemals Geld besessen, doch in dieser Zeit schien es essentiell. Zu Beginn hatte er Teile seiner Kleidung verkauft, die ihn aufgrund von Yūseis Handwerkskunst sehr lange über Wasser gehalten hatten. Doch drei Jahre in dieser Zeit waren teuer. Kleidung, Essen, Zugfahrten, Alltägliches. Die Kendo-Stunden hatten an seinen Ersparnissen gefressen und seitdem er Ichirou aufgenommen hatte, hatte auch der örtliche Tierarzt einiges gekostet. Allmählich wurde es eng. Für richtige Arbeit fehlten ihm ironischer Weise wichtige Dokumente, die ihn als Kind dieses Landes auswiesen. Die Stunden im Dojo hätte er sich im kommenden Jahr nicht leisten können. „Deine Argumente sind miserabel“, bemerkte er, als Sōta gerade wieder ins Haus gehen wollte. „Deine Mutter hätte mir auch einen Strickkurs finanziert.“ Mit einem hinterhältigen Grinsen ging Sōta zurück ins Haus. Sobald er verschwunden war, kehrte Ichirou unter das Vordach zurück und schüttelte das Wasser aus dem dichten Fell. Als eine verfrühte Silvesterrakete den Himmel in grelles Grün tauchte, sprang er fiepend gegen Minorus Bein, der ihm eine Hand zwischen die Ohren legte und sein nasses Fell streichelte. Wieder beruhigter, sah der Akita zu ihm auf. „Warum bist du wütend geworden?“ „Das hast du bemerkt?“ „Natürlich. Hast du dich mit Sōta gestritten?“ Minoru schüttelte den Kopf. „Sie sind freundlich zu mir. Aber auch wenn ich nicht glaube, dass sie dabei Hintergedanken haben, ist es mir unangenehm. Und ich mag nicht, wenn jemand über mich entscheidet.“ „Ich mag sie“, erwiderte er mit einem knappen Schwanzwedeln. „Ich weiß. Aber denk daran, dass die wenigsten sind wie sie. Menschen können grausam sein, Dämonen erst recht. Und die Schlimmsten behaupten zunächst, dir Gutes zu wollen.“ Eine weitere Rakete folgte der ersten und streute goldenen Regen vor die dunklen Wolken. „Das wird die halbe Nacht so weitergehen. Wir sollten zu Bett und darauf warten, dass es aufhört.“ Er ging um das Haus herum, klopfte noch einmal ans Wohnzimmerfenster und winkte knapp, bevor er Ichirou mit zum kleinen Brunnenhaus nahm, in dem er sein Lager aufgeschlagen hatte. Die Familie kannte es an Silvester nicht anders von ihm. Er konnte die lauten Raketen und Böller nicht ausstehen, die man traditionell nutzte, um das neue Jahr vor bösen Geistern zu schützen. Wobei der schwefelig-beißende Geruch vermutlich ausgereicht hätte, um jeden niederen Yōkai für die nächsten Wochen aus der Stadt zu treiben. Nur dass es dafür längst keinen Anlass mehr gab. In all der Zeit hatte ihn nicht die geringste Aura eines anderen Dämons gestreift. Nichts. Sie waren verschwunden. Und nicht nur hier – auch im Westen nichts als Menschen und Städte und Wälder und Landwirtschaft. Er war allein. Halbherzig rieb er Ichirou trocken, legte Jeans und Jacke zur Seite und rollte sich mit einer Jogginghose auf der alten Matratze zusammen, die er auf dem Grund des Brunnenhauses unterhalb der Treppe platziert hatte. Die Unterlage war angenehm weich und die Bettdecken rochen frisch nach gewaschener Wäsche und dem Fett des Weichspülers. Im Innern des Brunnenhauses blieb von dem Regen nur das beruhigende Prasseln auf dem Dach und ein gelegentliches Ruckeln des Windes an der Tür. Es war trocken, wenn auch kaum wärmer als draußen und der Brunnen keine zwei Meter von ihm entfernt. Keiko hatte ihm Kagomes Zimmer angeboten, immer wieder, doch er fühlte sich wohl in diesem Häuschen, das abseits des Wohnhauses lag und damit allein ihm gehörte. So nah am Brunnen blieb außerdem zu hoffen, dass er bemerkte, wenn die Pforte sich erneut öffnete. Die gepackten Rucksäcke standen griffbereit an das alte Holz gelehnt. Einer für Kagome und Inuyasha, der andere für ihre Kinder. Minoru betrachtete sie eine Weile, dann zog er seine Lederjacke heran und das kleine Paket aus der Tasche. Ichirou stellte die Ohren auf und legte den Kopf schief, musterte die hübsche Verpackung ebenso wie Minoru und streckte schließlich die Nase vor, um daran zu schnuppern. „Was zum Essen?“ Minoru tippte ihm sanft mit dem Finger auf die Nase und lächelte in sich hinein. Wie typisch. Den ganzen Tag nur Futter im Kopf. „Wir teilen.“ Er löste die Schleife und band sie Ichirou an das Halsband, zu dem ihm die städtischen Gesetze verpflichteten. Etwas verdutzt beäugte der Akita das hellblaue Bändchen, dann ließ er zufrieden die Zunge heraushängen und beobachtete, wie der Inu die übrige Verpackung von dem weißen, flachen Kästchen entfernte, auf dem einige goldene Schnörkel den Namen des Herstellers verkündeten, den Minoru ohnehin nicht kannte. Als er den Deckel hob und die darin liegende Kette ansah, erstarrte er. Ichirou war sofort auf den Beinen. „Mino? Ist es gefährlich? Was ist es?“ Er schob sich an ihn heran und spähte selbst in das Kästchen. „Menschenschmuck.“ „Ja.“ Minoru nahm die fein gearbeitete Silberkette hervor. Der Anhänger war ein schlichter Sichelmond in der Größe einer Münze. Die polierte Seite zeigte eine abnehmende Formation, während man auf der Rückseite seinen Namen eingraviert hatte. In die Öse zur Kette war eine winzige '925' geprägt worden. Der Schmuck roch nach Mensch und Verpackung und Metall. Kein Hinweis auf dämonischen Ursprung wie etwa bei dem Fuchskorallen-Armband, das er immer noch bei sich trug. Er legte die Kette um seinen Hals und bekam nach einigen Versuchen auch den Verschluss zu. Kühl lag das Silber auf seiner Haut – und schnürte ihm die Kehle zu. Vor nicht allzu langer Zeit wäre ihm egal gewesen, wo er schlief. In welcher Zeit er sich aufhielt. Dieses Brunnenhaus war komfortabler als viele Ruheplätze, die er sich hatte suchen müssen. Die Menschen waren freundlich, das Leben in der Neuzeit ungewöhnlich annehmlich und Kriege selten. Es wäre leichter gewesen, das alte Leben zu vergessen. Hier am Schrein zu bleiben und die Jahre vergehen zu lassen, als wäre er niemand; ein verlorener Köter ohne Vergangenheit, ohne Verpflichtungen und ohne Zukunft. Denn das war er doch ohnehin, oder nicht? Fünfhundert Jahre nach seiner Zeit war von der Festung seines Vaters kaum noch etwas übrig. Grundmauern, so abgelegen, dass auch die aufdringlichsten Touristen sich nur selten dorthin verirrten. Menschen hatten jeden Winkel des Landes überflutet, den sie urbar machen konnten, respektierten nur sich selbst und ihr Streben nach mehr Wachstum und Fortschritt. Dämonen waren wie vom Erdboden verschluckt. Die Vergangenheit schien keine Zukunft zu haben. Wozu also zurückkehren? Und hatte er das nicht immer gewollt? Niemand sein. Tun, was er wollte, ohne all den Hunger und die Sorge, am nächsten Tag gefressen zu werden. Das lag nun vor ihm. Aber es war falsch. Es waren Gedanken aus einem völlig anderen Leben, die schemenhaft in das jetzige hineinragten. Relikte eines egozentrischen Kindes, das der Welt den Rücken zuwenden wollte; das Veränderungen ebenso fürchtete wie Verantwortung. In Wahrheit wollte er nichts lieber als diese neue Welt hinter sich lassen. Zurück in die Stille der tiefen Wälder, unwegsamen Gebirge und wenn nötig auch zu den Schlachtfeldern seiner Zeit. Es war nicht sein Wunsch, hier festzusitzen, und doch hatte sein Leben am gedeckten Tisch der Neuzeit einen faden Beigeschmack, wenn er daran dachte, dass die Drachen den Westen überfielen, seine Heimat zerstörten und seine Familie bedrohten, während hierzulande die meisten Schlachten am Bildschirm gefochten wurden. Er war mitnichten scharf auf einen Kampf. Die Anwesenheit eines Zwanzigjährigen hätte ohnehin keinen Unterschied bewirkt – Daiyōkai hin oder her. Doch das war nicht ausschlaggebend. Der Westen war sein Land. Seine Heimat. Um das zu begreifen hatte er es erst verlieren müssen; den Ort und all jene, die den Westen zu etwas gemacht hatten, nach dem er sich nun sehnte. Wäre Myōga bei ihm gewesen, wäre all das leichter zu ertragen; weniger surreal. Aber auch der würde ihm nur raten, Ruhe und einen klaren Kopf zu bewahren, Auswege zu suchen, die Hoffnung nicht zu verlieren. Leicht gesagt. Drei Jahre hatte es bei Kagome gedauert, bis der Brunnen sich ihrer erbarmt und eine einzelne Passage zugelassen hatte, nachdem er lange Zeit nach Belieben nutzbar gewesen war – allerdings nur für sie und Inuyasha. Danach fast zwanzig Jahre Stille. Ein launisches Ding dieser Brunnen aus dem Holz der gewaltigen Eiche, die draußen auf dem Gelände des Schreines einen neuen Jahreswechsel miterlebte. Nun, Minoru hatte Zeit. Aber auch jenseits des Brunnens tickten die Uhren weiter – und das war es, was ihm Sorge bereitete: Sie konnten längst tot sein. Alles was er kannte zerstört. Kaito seinetwegen ums Leben gekommen, der Palast niedergebrannt, die Inu vernichtet und die ganze Insel in den Klauen größenwahnsinniger Reptilienzombies. Vermutlich hielt man ihn selbst längst für tot oder – noch schlimmer – flüchtig. Auch denkbar war, dass die Drachen mit den Panthern dieselbe perfide Strategie anwandten und seinen Vater in dem Glauben ließen, ihn als Geisel zu halten. Wobei anzuzweifeln blieb, dass der Inu no Taishō ebenso sentimental agierte, wie Kōga und Ayame es getan hatten. Minoru konnte es sich nicht vorstellen und hoffte innigst, dass er in diesem Fall recht behielt. Er wollte nicht der Grund für die Ruinen der Neuzeit sein. Diese Ungewissheit und die schlechten Aussichten, die diese Welt fünfhundert Jahre später propagierte, schmerzten – und nicht nur seinen Kopf schien er bei diesen Überlegungen regelmäßig zu zermartern. Die tausend Nadelstiche, die sich in seiner Brust festsetzten, wurden von Jahr zu Jahr unerträglicher. Verdammtes Heimweh! Nass fuhr Ichirous Zunge über sein Gesicht. Der massige Hund drängte sich auf seinen Schoß, als habe er die überschaubaren Ausmaße einer Schmusekatze, und stupste fiepend mit der Nase in Minorus Gesicht herum. „Herrje, lass das Gesabber! Weißt du eigentlich wie schwer du bist?“ Er schob den Hund unsanft von sich herunter und wischte mit dem Handrücken durch sein Gesicht. „Was soll das?“ „Du sahst traurig aus.“ „Und mich unter dir zu begraben sollte mich aufmuntern?“ „Früher mochtest du das.“ „Da hast du auch noch keine vierzig Kilo gewogen.“ Unsicher, was er davon halten sollte, kratzte sich der Akita ausgiebig hinter dem Ohr. Minoru seufzte und hob die Bettdecke gerade weit genug, dass Ichirou darunter schlüpfen konnte. Das große Tier ließ sich kein zweites Mal bitten. Mit einem Satz war er auf der Matratze und legte sich der Länge nach an ihn heran. Minoru ließ den Kopf auf das Kissen fallen und vergrub eine Hand im gestromten Fell. Ichirou schloss die Augen und tat einen zufriedenen, tiefen Atemzug ehe er einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)