Einem fernen Tage von Silberfrost ================================================================================ Kapitel 64: und Naivität ------------------------ 狐 Daiyōkai existierten wahrlich in einer anderen Sphäre. Kōhei galt als einer der besten Illusionisten des südlichen Heeres und hätte dennoch Mühe gehabt, die Barriere der Panther zu finden, während überall Auren aufflackerten. Saburō hingegen flog wie von einem unsichtbaren Band geleitet. Kōhei gab sich Mühe, die Konsequenzen ihrer letzten Unterhaltung möglichst tief in seinem Verstand zu begraben. Er fand neben einer viel zu lauten Leere jedoch wenig Gedanken, die dazu fähig waren. Ein Teil von ihm rang unverändert mit Saburōs Angebot, sich Minorus anzunehmen. Der Junge war für seine Pläne zu wichtig, als dass Saburō eine unmittelbare Gefahr für ihn war. Doch auch wenn er wusste, dass er als General nicht eine Sekunde an die Sicherheit eines feindlichen Erben hätte verschwenden dürfen, ohne dass es dem Hochverrat gefährlich nah kam, wollte er als Person verflucht sein, wenn er abermals die Hände in den Schoß legte. Aber das war ein sehr einfaches Bild, in dem man Person und Stellung sauber voneinander trennen konnte. In Wahrheit stellte er sein Belange über die des Reiches und würde damit nicht nur die Panther gegen den Süden richten, sondern auch die Drachen. Das Schlimmste daran war, dass es einem Teil von ihm gleichgültig war, ob sich die Hunde damit im Gegenzug besänftigen ließen - es war derselbe irrationale Anteil, der Sesshōmaru nur zu gern eine saftige Ohrfeige verpasst hätte. Immerhin war der Verstand lauter; schalt ihn Heuchler und Verräter. Es war Hochverrat. Daran änderten auch Saburōs schlüssige Argumente nichts. Aber genug davon. Wenn er zurück sah, war er verloren. Dann würde er begreifen, was für eine bodenlose Dummheit er beging, und sich wieder in die Reihen fügen. Endgültig. Nahe der Barriere pulsierte Yōki im Rauch und kondensierte die Schwaden zu feinem Nebel, der sich auf den schwarzen Federn des Raben niederschlug. Saburō flog eine enge Kurve und touchierte mit der Flügelspitze die Illusionswand. Die Luft an der Stelle brach für einen Augenblick flackernd das Licht. Sie segelten die Barriere entlang, bis das Yōki kräftiger wurde und unter ihnen Stimmen zu hören waren. Panther fixierten alle paar dutzend Meter die Illusion mit frisch abgezogenen Blättern am Stamm des jeweiligen Baumes. Eine wandernde Barriere. Das warf mehr Fragen auf, als Kōhei lieb war. Shunrans Lager befand sich in entgegengesetzter Richtung, jenseits von Schlachten und Waldbränden. Unmöglich, dass sie versuchen würden, ihre Gefangenen bis dorthin zu eskortieren. Hätten sie Minoru nur festsetzen wollen, wäre dieser Aufwand nicht nötig gewesen. Wozu das also? Gab es einen Treffpunkt? Saburō ließ sich zu ihm zurückfallen. Er blickte erst zu Kōhei, dann hoch in die Bäume und wurde schließlich zu einem winzigen Zaunkönig, der im Geäst verschwand. Arbeitsteilung also. Während Saburō auf Erkundung ging, schwang sich Kōhei in die Krone einer großen Eiche und blickte in den Kessel des Sichtwalls hinab. Er umfasste ein weitläufiges Areal und umgab gleich drei Inu. Zwei Herzschläge lang vergaß Kōhei zu atmen. Zwanzig Jahre. Wie konnte ein Alter, das ihm eben noch zu jung erschienen war, so erwachsen sein? Hatte er wirklich erwartet, denselben Jungen vorzufinden, der ihm vor einigen Jahren begegnet war? Wild, abgemagert und so feindselig, dass es schmerzte? Nein. Schlimmer. Die letzte Begegnung war so kurz gewesen, dass seine Erinnerungen stets das Bild eines elfjährigen Kindes wach gerufen hatten. Schmal, blass, mit gesenktem Kopf und wahlweise gehetztem oder abwesenden Blick. Das war das Gefährliche an Erinnerungen: Sie verklärten Tatsachen bis zur Unkenntlichkeit und verweigerten sich der unausweichlichen Veränderung. Insgesamt nichts, das einem Realitätsabgleich unbeschadet überstand - nicht einmal auf hundert Meter. Hätte Masuko ihn nun so sehen können: Gradlinig, die Spinnenseide blutdurchtränkt und den langen Zopf wirr geflochten - ihr Fächer hätte ein halbes Dutzend Mal höchst elegant Luft in ihr versteinertes Gesicht gewedelt, während sie verbissen zu verbergen suchte, wie viel Angst sie vor ihm hatte. In Kōheis Augen hatte er nie besser ausgehen. Fließende Seide, Rüstung und gleich zwei Klingen. Das allein hätte nichts bedeutet. Seine Familie hatte genug Einfluss, um jeden räudigen Straßenköter in derlei Prunk zu stecken. Sein Auftreten aber verlieh dem Zierrat Substanz. Er war nicht übermäßig groß oder breitschultrig, wie das Halbblut an seiner Seite, aber die Leichtigkeit, mit der er sich durch dichtes Unterholz bewegte, zeugte von Erfahrung und einer Selbstsicherheit, die Kōhei von ihm nicht kannte. Das hätte ihn nicht überraschen sollen. Minoru war beinahe so lang auf sich allein gestellt gewesen, wie er unter Masukos Fuchtel gelebt hatte. Natürlich änderte sich in dieser Zeit eine Menge. Sich damit jedoch konfrontiert zu sehen, in dem Wissen, dass beinahe ein Jahrzehnt verstrichen war… . Es schmerzte. Zu sehr, als dass Kōhei sich dem nun ergeben konnte. Eine herannahende Aura löste seine Aufmerksamkeit zumindest so weit von Minorus Anblick, dass Saburō ihm nicht gleich bei der Landung ein wissendes Lächeln ins Gesicht schleuderte, sondern erst ein paar Sekunden später, nachdem er den Erben des Westens selbst in Augenschein genommen hatte: „Schade. Sein gutes Aussehen hat er schon mal nicht von dir. Bleibt die Hoffnung auf den Charakter.“ Kōhei gönnte ihm die Genugtuung einer Reaktion nicht. „Hast du etwas herausgefunden?“ „Diese adrette Eskorte hält auf den Waldrand zu. Danach folgt eine weitläufige Fläche aus Wiesen und Seen. Bislang kämpft dort niemand. Ich vermute, Shunran hätte lieber etwas Publikum, wenn sie ihm ein Messer in die Kehle rammt.“ Gut einsehbar und wenig aufwendig für jede Illusion. Ein ungestörter Platz für etwaige Racheakte, die im besten Fall das eigene Ansehen wiederherstellten. Wobei man darüber streiten konnte, ob der Mord an einem Halbwüchsigen unter Zuhilfenahme einer solchen Konstruktion wirklich ruhmreich war. „Wie viele Panther?“ „Viergruppen an drei Barrierenseiten.“ „Wundervoll.“ Damit war dann auch die Hoffnung dahin, die Panther unbemerkt aus dem Weg zu räumen. Saburō schenkte ihm ein wissendes Lächeln, wandte seine Aufmerksamkeit dann jedoch den Panthern zu, die unter ihnen leise fluchen begonnen hatten. Kōheis Blick flog zu Minoru, der soeben keinen Zweifel daran ließ, dass die nahende Gegnergruppe, die sie mit Leichtigkeit hätten umgehen können, fallen sollte. Eine Gegnergruppe, die aus Luft gesponnen war, denn wie man den Gesprächen der Panther entnehmen konnte, handelte es sich nur um einen von vielen fingierten Angriffen, die die Laufrichtung der Inu lenken sollte. Nur, dass die dieses Mal nicht mitspielten. „Muss er auf den letzten Metern den Feldherrn raushängen lassen?“, fauchte eine Katze. Sie hielt ihre Stimme gedämpft, doch allein, dass sie etwas zu sagen wagte… die Barriere war nicht so simpel, wie er angenommen hatte. Wäre sie gänzlich schalldicht gewesen, wäre der Schwindel den Hunden sofort aufgefallen. Eine zu durchlässige Wand jedoch hätte den Geruch, die Aura oder auch das leiseste Geräusch in den Innenraum getragen. Sie rechneten mit den empfindlichen Sinnen der Inu und es wäre leichtsinnig gewesen, nach Shunrans Verwundung nicht auch Vorsicht hinsichtlich ihrer Illusionserkennung walten zu lassen, zumal - „Schwarze Rüstung und weiße Rauten“, begann Saburō, der offenbar genau denselben Gedanken gehabt hatte. „Ist das östlicher Westen?“ Auch Kōhei betrachtete nun den vorausgehenden Inu, der sich Minorus Anweisung nur zögerlich fügte. Er hätte die Symbole des ehemaligen Generalleutnants auch dann erkannt, wenn der Westen aus tausenden Clans bestanden hätte. Yûseis Familienspross war der älteste der Gruppe und sicher nicht begeistert, dass er zwei Halbwüchsige geleiten musste, von denen der eine besser nicht während seiner Wacht starb und der andere so weit unter seinem Stand rangierte, dass er auch hätte kriechen können. „Ja. Das Oberhaupt des Clans hat einen Ratssitz inne und seine Männer sind an Grenzkonflikte mit Panthern gewöhnt.“ Nachdenklich betrachtete er die Barriere. „Das werden die Panther einkalkuliert haben.“ „Wenn du damit meinst, dass es mehr als ein einfacher Sicht- und Geräuschwall ist - ja. Aber es ist zu verwoben und Illusionen sind nicht unbedingt mein Steckenpferd. Wenn du die Komponenten nicht entwirren kannst, kann ich es auch nicht.“ Mit großen Augen wandte sich Kōhei zu ihm um. Saburō zuckte mit den Achseln. „Ich denke, ich brilliere auf anderen Gebieten ausreichend, um das nicht entschuldigen zu müssen.“ „Du bist ein Silberfuchs“, sagte Kōhei, als sei die Aufteilung in die Verwandlungskunst der Rotfüchse und die Illusionsaffinität der Inseln Garant für jedermanns Vorlieben. „Zur Hälfte“, erwiderte Saburō, dann huschte sein Blick zu Kōheis Hand. Der fuhr zusammen und ließ sie im Aufschlag seines Ärmels verschwinden, als könne das über die verdammten, schwarzen Klauen hinweg täuschen. „Wie auch immer“, fuhr Saburō fort und Kōhei fragte sich, wie er es sich verdient hatte, dass der Erbe ihn neuerdings aus dem Spießrutenlauf entließ, statt sich nach aller Kunst in seinem Elend zu suhlen. „Wir sollten nicht vergessen, dass Shunran dir nur Späher nachgesandt hat. Du bräuchtest nur Minuten, um dieses Konstrukt niederzureißen und ihre Soldaten auszuschalten. Sie sind sich ihrer Sache zu-“ Er hielt inne. Das bisschen Farbe, das die letzten Tage in sein Züge gebracht hatten, schwand. Kōhei rechnete mit jedem erdenklichen Unheil, als er seinem Blick folgte und war für einen Sekundenbruchteil irritiert, nur den ohnehin erwarteten Kampf zwischen den Inu und der Dämonengruppe entbrannt zu sehen. Dann aber bemerkte er den weißen Hund. Es war Jahre her, dass er einmal einen Streuner in der Schafherde eines Menschen hatte wüten sehen. Das Blöken der Schafe ebenso ohrenbetäubend wie das wilde Bellen des Hundes, der ein Schaf nach dem anderen angesprungen war; mal dieses, mal jenes Bein gepackt und daran gerissen hatte, nur um sich dem nächsten Opfer zuzuwenden, während das andere noch atmete. Vollkommenes Chaos. Hier gellten nur die Schreie der Schafe. Minoru tauchte unter Schwertstößen und Axthieben hinweg und stob durch die Gegner wie ein weißer Schatten. Die Wucht, mit der er auf einen Dämon traf und sich in seinem Arm verbiss, riss den Mann von den Beinen. Die Zähne lösten sich blitzschnell aus dem Fleisch, fanden die Kehle und zerrissen ruckartig Muskeln und Adern in einer Tiefe, die jede Rettung unmöglich machte. Eine niederfahrende Naginata ließ ihn ausweichen. Der Hund rollte von dem sterbenden Körper, kam prompt auf alle Viere und nahm sich dieses Mal die Hauptader am Oberschenkel des Gegners vor, dessen Waffe zu lang für eine Parade war. Es gab kein aufgebrachtes Bellen, kein Schwanzwedeln, nichts überflüssiges. Jede Bewegung war kalkuliert, perfektioniert, tödlich. Unter ihnen fluchten die Panther, die schwer damit beschäftigt waren, die Illusionen glaubhaft kämpfen, bluten und sterben zu lassen. Das Schauspiel dauerte nur wenige Minuten, dann reinigten die anderen beiden mehr oder weniger achtsam ihre Waffen, während Minoru durch die Leichen schritt und zum Grauen aller Dachsblut aus der hohlen Hand trank. Dass Kōhei unvermittelt übel wurde, war nichts im Vergleich zu der Reaktion der Panther, die zuerst vollkommen perplex und dann offenkundig damit überfordert waren, ihrer Illusion die nötige Glaubwürdigkeit zu verpassen. Wer hätte das auch aus dem Hut zaubern können? Kōhei bezweifelte sogar, dass er angemessen darauf hätte reagieren können. Er spürte, wie Saburōs Blick auf ihm brannte. „’Unverfängliche Ausbildung’, ja?“ „Das habe ich ihm so nicht beigebracht.“ „Er hat sie ausgespielt wie Narren.“ „Nicht wie Narren“, sagte Kōhei. Die Panther hatten alle Register gezogen und eine mehr als glaubwürdige Illusion geboten, die Kampf und Sterben bis ins Detail simuliert hatte. Was sie zu Fall gebracht hatte, waren Konventionen und Anstand - oder eher ein Mangel davon. Als er neben sich ein leises Schnauben vernahm, sah Kōhei zu Saburō und stellte fest, dass er trotz des Vorangegangenen schief lächelte. „Wenn du mir je wieder Neid unterstellen willst, dann bitte ihm gegenüber.“ „Warum das?“ „Weil er Blut von seiner Handfläche trinken kann wie Sake und du so stolz bist, als hätte er gerade laufen gelernt.“ Ehre, wem Ehre gebührt, dachte Kōhei, auch wenn er wusste, dass es nicht das war, was Saburō gemeint hatte. Er wollte gerade widersprechen, da hörte er Minoru deutlich aus der Unterhaltung der Inu heraus: „Es ist ein Sichtwall. Geräuschdurchlässig. Ich weiß nur nicht, wo er beginnt.“ ☾ Minoru spuckte aus, um den schalen Geschmack falschen Blutes von der Zunge zu bekommen. Kaito hatte recht behalten: Manchmal ging es um ihn. Er war so von all den Feinden geblendet gewesen, die sein Vater und sein Status ihm eingebracht hatten, dass er eine offene Rechnung ganz aus den Augen verloren hatte. Shunran. Die Ähnlichkeit zu Takerus Gefangenschaft war zu augenfällig. Ein nach oben geöffneter, halbdurchlässiger Sichtwall - die Panther mussten sie unbemerkt eingekesselt haben. Die Nachlässigkeit war ein herber Schlag ins Gesicht. Hisoka ging an ihm vorüber und trieb sein Schwert in die Brust des Dachses. Die Illusion zerplatzte zu heißer Luft und Farbschlieren. Nun, das war unerwartet. Für einen Moment wurde es still. Sie sahen einander an. Es sprach für Hisoka, dass er den Anstand besaß, nun zu schweigen. Die Eigenschaft ging Kaito wie üblich ab. „Und? Bereust du schon, den Scheiß gesoffen zu haben?“ Als Minoru nichts erwiderte, verschränkte er die Arme vor der Brust: „Könnten wir jetzt reden, bevor dir noch so etwas einfällt? Ich würde mein ohnehin mageres Frühstück gern drin behalten.“ „Stell dich nicht so an“, erwiderte Minoru, auch wenn er sehr genau wusste, dass es in Wahrheit nicht sein dramatischer Einfall mit dem Blut gewesen war, der Kaito störte. „Ich dachte, ich hätte mich letzte Nacht klar ausgedrückt. Jeder Alleingang ist mir lieber als eine mies organisierte Gruppe. Solange wir also zusammen unterwegs sind, erwarte ich, dass so etwas“, er deutete auf die Stelle, wo der Dachs gelegen hatte, „keine verdammte Überraschung ist! Warum haben sich die übrigen Illusionen nicht unter dem Schwert aufgelöst? Und wenn die uns beobachten, haben wir jetzt wohl erst recht ein Problem.“ „Niemand zwingt dich, hier zu sein, Halbblut“, erwiderte Hisoka kalt. „Ach ja? Und wer hat dich eingeladen?“ Hisokas quetschte den Griff seines Schwertes, bis das Leder knarrte. „Das reicht.“ Minoru packte Kaito am Arm und zog ihn dichter an Hisoka heran; Widerstand und Knurren ignorierte er. „Kaito hat recht. Heute ist kein Platz für Stolz und Verschwiegenheit. Also, kann Eure Waffe die Barriere zerschlagen?“ Hisoka sah sie nacheinander an. Es war unschwer zu erkennen, dass er aus verschiedenen Gründen mit keinem von ihnen sprechen wollte. Kaito hätte er vielleicht ignorieren können, aber die Kombination ließ ihm nur wenig Wahl, wenn er sich gleich am ersten Tag mit dem Erben seines Fürsten anlegen wollte. „Es ist nicht die Klinge. Sie ist aurageschmiedet, damit sie dämonische Energien leitet, aber die Zerstörung basiert auf der Interferenz zwischen den Amplituden der Auren in Schwert und Illusion.“ Kaito wandte sich an Minoru. „Nochmal für den Praxisgebrauch.“ „Er muss die Illusion berühren, um das Yōki bewusst überlagern zu können.“ „Definiere ‘bewusst’.“ „Es braucht Einfühlungsvermögen. Den Schwingungen nachspüren, die Wellenlänge annehmen und einen genauen Gegenwert erzeugen, der die Illusion auslöscht. Wir müssen also die Wand selbst finden und ihm Zeit verschaffen, falls die Panther eingreifen. Viel Zeit. Die Barriere wird sicher nicht so einfach gestrickt sein wie die Yōkai. Und mit Pech ziehen sie einfach neue dahinter hoch.“ Mit Kōhei hatte er am See nicht einmal Steine über das Wasser werfen können, ohne dass er sich in derartiger Thematik verloren hatte. Eine Aura war nichts anderes als Wellen dämonischer Energien. Trafen sich die Wellen im richtigen Rhythmus, löschten sie sich gegenseitig aus oder verstärkten einander. Er hatte aus beinahe allem eine Lehrstunde zimmern können, um die Stille zu füllen. Rückblickend war es wohl dumm gewesen, niemals auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass mehr hinter diesem Mann stecken mochte, als ein einfacher Soldat. Hisoka starrte ihn an. Als Minoru seinen Blick auffing, wechselte Blässe zu milder Schamesröte. „Ihr… ich hätte nicht gedacht… nun…“ „Dass ich fern vom westlichen Hof mehr gelernt hätte, als Kaninchen abzuschlachten?“, half Minoru ihm aus. „Überlasst die Gerüchte besser der Dienerschaft, Hisoka. Das ist unter Eurer Würde. Zumindest hatte ich Euer Haus bislang ehrenhafter eingeschätzt.“ Der Ältere sog die Luft scharf ein und sah schließlich zur Seite. Na bitte. Ein wenig Bescheidenheit hatte noch niemandem geschadet. „Prächtig.“ Kaito schulterte Shiokiri und wandte sich dem Wald zu. „Dann suchen wir mal eine unsichtbare, papierdünne Wand - oder zehn hintereinander. Ich liebe diesen Tag jetzt schon.“ Kaito wirkte wie ein unzufriedenes Kind, dem man die Aussicht auf einen angenehmen Sommertag am See vor der Nase weggeschnappt und durch stundenlanges Pauken ersetzt hatte. Er hakte die Klaue hinter eine Perle und drehte murrend die Kette an seinem Hals umher. Natürlich! Minoru griff den Aufschlag seines Kimono und tastete nach dem Lederband, auf das Yumiko in weiser Voraussicht die Perlen des zerrissenen Armbands gefädelt hatte. Sobald die Fuchskoralle in seine Hände fiel, verzerrte sie seine Aura zu einem Grad, der ihm so fremd vorkam, dass er nicht daran denken mochte, wie er jahrelang mit diesem Gefühl gelebt hatte. Kaito machte einen Schritt zurück und Hisokas schwarze Augen wurden weit. „Ihr tragt Fuchskoralle?“ „Nicht mehr.“ Er zog eine der Perlen von dem Band herunter, wandte sich in die Richtung aus der eben die Dämonen gekommen waren und warf. Die Perle flog durch die Luft, dann fiel sie zu Boden. Nichts. Minoru lief ihr nach, nahm dieselbe Perle wieder auf und schleuderte sie in dieselbe Richtung. Erneut flog sie einige Dutzend Meter, dann war sie plötzlich nicht mehr zu sehen. An der Stelle, wo sie verschwunden war, schimmerte die Luft wie die durchsichtigen Flügel eines Insekts. „Du bist ein schrecklicher Streber“, bemerkte Kaito, als er an ihm vorüber schritt. „Aber solange das nicht nur Grünzeug betrifft, könnte es nützlich sein.“ „Wie großzügig.“ „Immer gern.“ Als Hisoka eintraf und die Klinge in die freie Luft hielt, kniete Minoru nieder, um einige Perlen mit dem Knauf seines Schwertes zu Pulver zu zerstoßen. Jetzt bereute er, bei seiner neuen Kleidung auf eng anliegende Ärmel bestanden zu haben, die er nicht schützend über die Handflächen ziehen konnte. Kaito versteifte sich neben ihm und trat dennoch näher heran, die Klinge bereit, ihm etwaige Angreifer vom Hals zu halten. „Danke“, sagte Minoru laut, dann senkte er die Stimme zu einem Flüstern. „Verwandeln kann ich mich trotzdem.“ Wenn das früher trotz des gesamten Armbandes möglich gewesen war, würde ihn ein wenig Staub nun nicht davon abhalten. Das musste aber wahrlich nicht jeder wissen, der gerade auf der anderen Seite der Barriere lauschte. „Konzentriert Euch“, befahl er Hisoka, dann blies er das Pulver am Schwert entlang. Die Barriere flackerte flächig auf, wurde löchrig und barst. Der erwartete Geruch von Panthern schlug Minoru ins Gesicht, gemischt mit dem beißenden Gestank von Rauch, der hier viel deutlicher war als noch hinter der Barriere. Darüber hinaus aber dieselbe Geräuschkulisse und - nichts. Kein Gegenangriff. „Eins von zehn“, brummte Kaito. „Vermutlich.“ Aber immerhin schlossen die neuen Gerüche aus, dass sie die zweite Barriere unmittelbar hinter der ersten hochgezogen hatten. „Weiter.“ 狐 Die Panther huschten durcheinander wie aufgescheuchte Hasen, befestigten neue Blätter an den Bäumen und erweiterten die Illusion primär in Laufrichtung der Inu. Die Abstände zwischen den einzelnen Schichten wurde mit Vorrücken der Inu immer kleiner. Kōhei betrachtete das Schauspiel. Die ausbrechende Unruhe beleidigte seine Ansprüche an Soldaten. War es wirklich so viel verlangt, dass sie im Angesicht einer unerwarteten Stresssituation ruhig blieben und ihre Arbeit koordinierten? Einer der Panther blieb jedoch gefasst. Er bekräftigte die Illusion gewissenhaft, ließ das Geschehen nicht aus den Augen und hatte damit Kōheis Misstrauen sicher. Während die Inu eine weitere hastig errichtete Barriere zum Einsturz brachten, tippte Saburō mit der Klaue auf dem Eichenstamm. „Ich nehme an, du hast ihn davor gewarnt, solche Illusionen einfach zu durchlaufen?“ „Eingehend“, bestätigte Kōhei, der selbst nicht nur einmal Gegner von einer Barriere in die nächste, noch kompliziertere Illusion hatte rennen lassen. Auch reale Flüsse, Klippen oder wartende Armeen hatten sich als amüsant erwiesen. Wieder fiel eine Wand. Mit der Perlen fanden sie nicht nur die Barrieren schneller, der Staub senkte auch das Yōki punktuell so weit herab, dass Akios Brut den Zauber einfacher brechen konnte. Das bemerkten auch die Panther. Als sich die Jungen an der nächsten Illusion zu schaffen machten und die Panther eine weitere aufbauen wollten, hob ihr Anführer die Hand. „Fürstin Toran war sehr deutlich. Den Wünschen der Herrin Shunran ist nur bis zu einem gewissen Punkt zu entsprechen.“ Augenblicklich brach der Aufruhr ab. Sie stellten die Illusionen ein, ihr Anführer griff in seinen Ärmel. Kōhei reagierte ohne jeden weiteren Gedanken. „Mino! Hört sofort auf!" Der Panther warf ein violett glimmendes Blatt auf die letzte Wand, die die Inu von ihnen trennte. Die Katastrophe war eine Frage von Sekunden. Das Blatt berührte die Illusion. Kōheis Wurfmesser traf den Hals des Panthers nur einen Augenblick, bevor die Klinge seines Mitstreiters denselben durchtrennte. Doch die Jungen hatte die Barriere bereits durchbrochen. Sie zerbarst in unzählige, flickernde Teile, die gen Himmel schossen und einen strahlend violetten Ring ins Blau zeichneten. Der von Saburō übernommene Panther hatte derweil einen weiteren seiner Freunde getötet, doch der übrige, sowie alle umliegenden Gruppen entließen nacheinander Leuchtsignale. Sofort spürte Kōhei eine Veränderung in der Luft; ein Aufflammen von Yōki in der Ferne, das den Luftdruck rasch senkte. Weit draußen auf den nun umkämpften Wiesen erhaschte er einen letzten Blick auf den zusammenfallenden Sichtwall. Die Schuppen der Drachen glänzten im Sonnenlicht - und im Widerschein der Energiebälle, die sie vor sich zusammenzogen. Kōhei fuhr herum und stellte entsetzt fest, dass Minoru dastand und in seine Richtung sah. „Drachen!“, brüllte er ihn an. „Lauf! Verdammt, lauf!“ ☾ „Drachen!“ Minoru erstarrte beim Klang dieser Stimme. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er den Vater gefürchtet, der ihn zurück in den Süden schleifen würde. Und heute? Heute wusste er weder. wer dieser Mann war, noch warum sich die vertraute Stimme wie ein Dolch in seinen Rücken grub. Warum musste es ausgerechnet jetzt noch dieses Messer sein? Nun, wo er es am allerwenigsten brauchen konnte. Für einen Moment schlug Minoru die Verbindung zu den Illusionen, doch er kannte Kōheis Aura und Magie. Das war nicht seine Handschrift. Nichts davon. Erst im nächsten Moment dämmerte ihm, was Kōhei eigentlich gerufen hatte. Einen Herzschlag lang stand Minoru wie angewurzelt da. Drachen… Fluchend stieß er die anderen beiden voran, die stolpernd ins Laufen gerieten und seine Befehle zum Glück nicht hinterfragten. Sie preschten durch den Wald. Seitlich zu der Laufrichtung, die die Panther für sie vorgesehen hatten, möglichst weit weg von diesem sonderbaren Leuchten. Dieser verfluchten Zielscheibe, die die Barriere ihnen über die Köpfe gezeichnet hatte. Nur wenige hundert Meter jenseits der Illusion tobte der Kampf. Das reinste Chaos inmitten von Rauchsäulen und Bränden. Kaito fluchte hinter ihm, als sie blindlings durch Oni, Dachse und Wildschweine rannten, die mit Sado-Inu kämpften. „Lauft südwärts!“, rief Minoru den Inu zu. „Sofort!“ Sein Befehl ging in einem Schwall aus Vogelstimmen aller Art unter, die plötzlich durch den Wald schallten. Ein Tengu warf sich ihnen in den Weg. Minoru wollte ausweichen, als ein gleißender Energieblitz die Menge teilte und Wald wie Dämon mit sich riss. Steine, Fleisch und Knochen flogen durch die Luft und Stämme vom Ausmaß eines Oni barsten wie Glas in abertausende Splitter, die sich Geschossen gleich durch Kleidung und Muskel fraßen. Minoru konnte sich nicht erinnern, wie er auf den Boden gekommen war. Sein Rücken schickte flammenden Schmerz bis in die Beine und seine Wahrnehmung war schwammig. Eine Last wich von seiner Brust, als Kaito sich von ihm herunter wuchtete. Sein sonst schwarzes Haar flimmerte von Lichtflecken und Minoru konnte über dem anhaltenden Pfeifen in seinen Ohren nur erahnen, dass sein Vetter weitere Flüche ausstieß. Zu hastig versuchte er aufzustehen und stolperte unbeholfen zwei Schritte über einen Boden, der sich anfühlte, als sei er von einer meterdicken Moosschicht bedeckt. Ehe er stürzen konnte, hatte Kaito die Klauen in einen abgerissenen Baumstamm geschlagen und ihn am Arm gepackt. Keuchend rangen sie noch um Atem, als unweit von ihnen ein weiterer Lichtstrahl folgte. Dann noch einer und plötzlich war es, als schlügen Peitschen durch den Wald. Das Bersten der Bäume und die Schreie sterbender Männer gingen in dem Pfeifen unter, das sich nur tiefer in ihre Köpfe fraß. Minorus Kopf wurde herumgerissen. Kaito hielt ihn mit beiden Händen gepackt und brüllte ihm etwas entgegen, das sich vollends im Schlachtenlärm verlor. Minoru starrte ihn an, als fokussiere sich seine Welt nur auf ihn. Auf die Platzwunde an seiner Stirn, die dickes Blut über sein Gesicht schickte und die Lippen, die stumme Worte schrien. Er versuchte sie zu entziffern, dann aber schwankte sein Blick auf die Schneise der Verwüstung, die der erste Einschlag in den Boden gegraben hatte. Auf einem geborstenen Stamm lag Hisokas Leiche. Das Holz hatte sich durch seinen Rücken gebohrt und war an der Brust wieder ausgetreten. Seine schwarzen Augen blickten leer in den Sommerhimmel. Neben seiner Leiche kämpfte sich ein Oni auf die Beine und taumelte einige Schritte, bevor er zu Boden fiel und zwischen den Überresten der anderen voran kroch. Es war absurd. Das alles hier war absurd und unwirklich. Die Einschläge, die immer noch im gesamten Wald niedergingen, sickerten in Zeitlupe in seinen Verstand und wirkten doch so entrückt von der Wirklichkeit, dass Minoru sie sah, aber doch nicht begriff. Erst als Kaito ihn zur Seite schob und er zurück stolperte, kehrte er ein Stück weit in die Realität zurück. Eine Realität, die einen Augenblick später Grauen wich, als Kaito die Leiche eines Mädchens unter einem Oni hervorzog. Die Glieder seltsam verdreht und schlaff, der Kopf in groteskem Winkel abgestellt, wirkte sie wie eine lieblos fortgeworfene Puppe. Als Minoru ihr blasses Gesicht erkannte, fuhr es ihm eiskalt in die Knochen. Honoka. Kaito kniete neben seiner Schwester. Er betastete mit zitternden Händen ihre Arme, ihr Gesicht und legte seine Stirn an ihre. Schreiend, weinend und mit einer Wut, die lodernd heiß ins Unterholz fegte, zog er die Leiche seiner Schwester an sich. Für einen Augenblick glaubte Minoru, Kaitos Aura schlage an ihm empor. Doch die Welle war vorüber. Dennoch durchfuhr es ihn wie ein zweiter Herzschlag, der in seiner Brust dröhnte und ihm den Atem nahm. Keuchend wich er zurück, stieß gegen eine gewaltige Baumwurzel, die eben noch tief im Erdreich gesteckt hatte. Trockene Erde rieselte auf ihn nieder; kleine Brocken, die ihn in all der Benommenheit und Taubheit wie Ziegelsteine trafen. Dann ein weiterer Schlag. Er presste die Zähne zusammen und erduldete das Gefühl. Nicht Kaito. Die Aura war im Kern ähnlich, aber dennoch lag etwas viel Vertrauteres darin, das ihm genau deswegen entgangen war. Er spürte sich ebenso wenig selbst wie er die eigene Witterung hätte verfolgen können. Doch es war sein eigenes Yōki, das ihm entgegenschlug. Die Waffe an seiner Seite zitterte so heftig wie seine Hände. Fahrig tastete er sich am schmucklosen Holz entlang. Der Griff der Klinge war heiß, als er sie aus der Scheide zog. Dunkle Gestalten, groß wie Kinderhände, krabbelten über Honokas toten Körper, zerrten an ihrer Kleidung, schnüffelten an ihren Haaren und stießen zischende Laute aus. „Leg sie hin.“ Es war seine eigene Stimme, aber er konnte sich nicht daran erinnern, die Worte formuliert zu haben. Geschweige denn, dass er dazu fähig gewesen wäre, dabei diesen ruhigen Ton anzuschlagen. Kaito starrte ihn an. Tränen hatten das Blut verdünnt, das immer noch aus der Wunde an seiner Stirn rann. Er hielt den leblosen Körper an sich gepresst, in seinen Augen das stumme Versprechen, jeden in der Luft zu zerfetzen, der sich unerlaubt näherte. „Leg sie hin, Kaito. Dann hol Hisoka.“ Kaitos Blick flog von Tenseiga zu Minoru. Er knurrte, zitterte. Dann aber schluckte er und bettete sie so sanft vor sich auf den Boden, als fürchte er, sie aus einem leichten Schlaf wecken zu können. Hisoka hingegen wirbelte Aschewolken auf, als Kaito den Inu von seinen Schultern auf den Boden wuchtete. Minoru ließ den Daumen über die Griffbindungen wandern und spürte der Aura der Waffe nach, die nun im Gleichklang mit seinem Herzschlag pulsierte. Eine warme, einnehmende Präsenz, die eine sonderbare Ruhe einkehren ließ. Sie radierte die Fragen aus, die sich in Anbetracht dieser krabbelnden Wesen hätten stellen müssen. Aber Wie und Warum verliefen in Bedeutungslosigkeit. Und mehr noch: Er ahnte instinktiv, was zu tun was. Instinkt?… Nein. Es war Tenseiga. Das Schwert umgarnte ihn und verwob sich mit seiner Aura. Die Klinge glühte in einem samtigen Blau und ließ die Gestalten aufschrecken. Fauchend wandten sie sich ihm zu und fletschten die Zähne. Tenseiga raffte sie mit einem Streich dahin. Sie vergingen in Kreischen und Rauch. Rauch, der über die toten Leiber zog und in Honokas verrenkte Glieder drang. Hisokas Verletzungen lagen tiefer. Gefäße wuchsen zusammen und Gewebe bildete sich neu. Wo zuvor eine Wunde geklafft hatte, lag intakte Haut unter zerrissener Kleidung und einige Holzsplitter, die das heilende Fleisch hinaus gedrängt hatte. Beide schlugen die Augen auf. Während Hisoka sich aufrichtete, war Kaito sofort bei Honoka und presste sie an sich, als wolle er erneut das Leben aus ihr herausquetschen. Er redete auf sie ein, küsste ihre Stirn, ihre Wangen. Doch was er sagte, verlor sich. Zumindest für Minoru. Sein Blick wanderte über die Schneise, die der Energieblitz gerissen hatte. Sie verlief schnurgerade durch den Wald. Wurzeln stachen aus der zerwühlten Erde hervor und reckten sich nutzlos gen Himmel. In der Verwüstung wimmelte es von Todesdienern. Sie hafteten an jedem einsamen Stück Fleisch, das die Druckwelle mitgerissen hatte. Wie geschäftige Ameisen krabbelten sie über die Leichen, zerrten an Armen und stritten um die besten Teile. Die Dunkelheit, die sie wie Rauch umgab, zog den sommerlichen Waldmittag in eine frühe Dämmerung und verwandelte die Szene in das trostlose Schlachtfeld, das es war. Minoru trat in die Schneise und blickte gen Osten. Wo der Wald endete und sich eine freie Fläche andeutete, erhob sich eine graue Wand vor dem Horizont. Rauchgrau. Wabernd und sich regend wirkte sie mehr wie ein lebendiges, atmendes Wesen auch wenn sie ganz genau das Gegenteil war. Drachen. Umgeben von unzähligen Todesdienern reflektierte die Sonne dumpf auf den Schuppen der Bestien. Schwache Schimmer von Rot, Grün und Blau drangen durch die Rauchschwaden, in denen sich die Drachen wie gewaltige Würmer regten. Das war die eigentliche Armee. Nicht die Drachen, die ihre Aufmerksamkeit vom Wald abgewandt und den Kampf auf freiem Feld eröffnet hatten. Nicht die Panther oder die Yōkai, die sich den angreifenden Gruppen der Inu entgegenstellten. Nein. Abertausende von Todesdienern, die ihre Meister wieder und wieder aufs Neue erhoben. Minoru verstärkte den Griff um die Waffe und Tenseiga nahm seine Anspannung bereitwillig auf. Der blaue Schimmer im Mantelstahl wurde eisig. Er wusste, dass er zu weit ging und doch nicht weit genug. Dass er nicht ausreichte und das Feld aus Leichen eines unter vielen war. Tropfen auf den heißen Stein, solange die Drachen das Feuer schürten; solange all das hier als glorreich galt. Aber es war alles, was er tun konnte. Der Schwertstreich zerschnitt die Luft. Ein bläulicher Schimmer, der über das Feld hinweg fuhr und die Todesdiener wie Herbstlaub von den Leichen fegte. Minoru spürte den Wind, den Widerstand von Luft und Tod; die Druckwelle der Aura, die den Staub zu Boden und die Luft aus seinen Lungen presste, während sie über das Feld flog. Nicht weit genug. Er biss die Zähne zusammen und umklammerte das Schwert, das sofort reagierte. Rhythmische Einheit wich Peitschenhieben, die wütend durch seinen Körper schlugen. Jeder Puls nun ein Dolchstoß ins Herz, Säure in seinen Adern. Der bläuliche Schimmer wuchs, breitete seine Schwingen aus und ließ ein schauriges Kreischen erklingen, ehe der glühende Phönix mit einem Flügelschlag den Tod vom Schlachtfeld trieb und seine Klauen in die Brust eines Drachen schlug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)